Benedikt XVI Predigten 308

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PILGERREISE VON PAPST BENEDIKT XVI.

INS HEILIGE LAND

(8.-15. MAI 2009)

BESUCH DER ARMENISCH-APOSTOLISCHEN PATRIARCHALKIRCHE

DES HL. JAKOBUS


Jerusalem
Freitag, 15. Mai 2009


Eure Seligkeit!

Ich grüße Sie mit brüderlicher Zuneigung im Herrn, versichere Ihnen mein Gebet und bekunde Ihnen meine besten Wünsche für Ihre Gesundheit und Ihren Hirtendienst. Ich bin dankbar für die Gelegenheit, diese Kathedralkirche des heiligen Jakobus im Herzen des alten armenischen Viertels von Jerusalem zu besuchen und dem verehrten Klerus des Patriarchats gemeinsam mit den Gläubigen der armenischen Gemeinde in der Heiligen Stadt begegnen zu können.

Unsere heutige von einer Atmosphäre der Herzlichkeit und der Freundschaft geprägte Zusammenkunft ist ein weiterer Schritt auf dem Weg zur Einheit, die der Herr für alle seine Jünger erbittet. In den vergangenen Jahrzehnten sind wir durch Gottes Gnade Zeugen eines bedeutenden Wachstums in den Beziehungen zwischen der katholischen Kirche und der armenisch-apostolischen Kirche geworden. Ich empfand es als einen großen Segen, im vergangenen Jahr dem Obersten Patriarchen und Katholikos aller Armenier Karekin II. und dem Katholikos von Kilikien Aram I. zu begegnen. Ihre Besuche beim Heiligen Stuhl und die Zeiten des Gebets, die wir miteinander verbrachten, haben unsere gegenseitige Verbundenheit gestärkt und bekräftigten unseren Einsatz für die heilige Aufgabe der Förderung der Einheit der Christen.

In Dankbarkeit gegenüber dem Herrn möchte ich auch meine Anerkennung für das nicht nachlassende Engagement der armenisch-apostolischen Kirche für den theologischen Dialog zwischen der katholischen Kirche und den orthodoxen Ostkirchen zum Ausdruck bringen. Dieser vom Gebet getragene Dialog hat durch die Überwindung der Belastungen von Mißverständnissen der Vergangenheit Fortschritte gemacht und geht einer vielversprechenden Zukunft entgegen. Ein besonderes Zeichen der Hoffnung ist das jüngste Dokument über das Wesen und die Sendung der Kirche, das die Gemischte Kommission erarbeitet hat und das den Kirchen zum Studium und zur Bewertung vorgelegt wurde. Laßt uns gemeinsam die Arbeit der Gemischten Kommission einmal mehr dem Geist der Weisheit und der Wahrheit anvertrauen, damit sie reiche Frucht für das Wachstum der Einheit der Christen bringen und die Verbreitung des Evangeliums unter den Menschen unserer Zeit fördern kann.

Seit den ersten christlichen Jahrhunderten hat die armenische Gemeinschaft in Jerusalem eine bewundernswerte Geschichte durchlaufen, die nicht zuletzt von einer außerordentlichen Blüte des monastischen Lebens und von der Kultur geprägt wurde, die mit den heiligen Stätten und den dort hervorgegangenen liturgischen Traditionen verbunden ist. Diese ehrwürdige Kathedralkirche gibt gemeinsam mit dem Patriarchat und den mit ihm verbundenen diversen Bildungs- und Kultureinrichtungen Zeugnis für diese lange und außergewöhnliche Geschichte. Ich bete, daß Ihre Gemeinschaft aus diesen reichen Traditionen beständig neues Leben schöpfen und im Zeugnis für Jesus Christus und für die Macht seiner Auferstehung (vgl. Phil Ph 3,10) bestärkt werde. Ebenso versichere ich alle hier versammelten Familien und vor allem die Kinder und Jugendlichen meines besonderen Gedenkens im Gebet. Liebe Freunde, auch meinerseits bitte ich Sie, mit mir zu beten, daß alle Christen im Heiligen Land mit Großzügigkeit und Eifer bei der Verkündigung der Frohbotschaft unserer Versöhnung in Christus und des Kommens seines Reiches der Heiligkeit, der Gerechtigkeit und des Friedens zusammenarbeiten.

Eure Seligkeit, Ich danke Ihnen noch einmal für den zuvorkommenden Empfang und erbitte von Herzen Gottes überreichen Segen für Sie und für alle Geistlichen und Gläubigen der armenisch-apostolischen Kirche im Heiligen Land. Die Freude und der Friede des auferstandenen Christus seien allezeit mit euch.
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PILGERREISE VON PAPST BENEDIKT XVI.

INS HEILIGE LAND

(8.-15. MAI 2009)

ABSCHIEDSZEREMONIE

Internationaler Flughafen "Ben Gurion" - Tel Aviv
Freitag, 15. Mai 2009


Herr Präsident!
Herr Premierminister!
Exzellenzen, Damen und Herren!

Bevor ich mich zur Rückkehr nach Rom aufmache, möchte ich einige der tiefen Eindrücke mit Ihnen teilen, die meine Pilgerreise in das Heilige Land bei mir hinterlassen hat. Ich hatte fruchtbare Gespräche mit zivilen Autoritäten sowohl in Israel wie auch in den Palästinensischen Gebieten und wurde Zeuge der großen Bemühungen, die beide Regierungen unternehmen, um das Wohlergehen der Menschen zu erhalten. Ich bin den Amtsträgern der katholischen Kirche im Heiligen Land begegnet und freue mich zu sehen, wie sie bei der Sorge um die Herde des Herrn zusammenarbeiten. Ich hatte auch Gelegenheit, die Oberhäupter anderer christlicher Kirchen und kirchlicher Gemeinschaften wie auch die Führer anderer Religionen im Heiligen Land zu treffen. Dieses Land ist wirklich ein fruchtbarer Boden für die Ökumene und für den interreligiösen Dialog, und ich bete, daß die reiche Vielfalt religiösen Zeugnisses in der Region in wachsendem gegenseitigen Verständnis und Respekt Frucht tragen wird.

Herr Präsident, Sie und ich haben einen Olivenbaum bei Ihrer Residenz am Tag meiner Ankunft in Israel gepflanzt. Der Olivenbaum ist, wie Sie wissen, ein Bild, das vom heiligen Paulus gebraucht wird, um die sehr engen Beziehungen zwischen Christen und Juden zu beschreiben. Paulus führt im Römerbrief aus, daß die Kirche der Völker wie ein wilder Oliventrieb ist, der in den edlen Olivenbaum des Bundesvolkes eingepfropft wurde (vgl. 11,17-24). Wir werden von den gleichen spirituellen Wurzeln genährt. Wir begegnen uns als Brüder – Brüder, die in unserer Geschichte gelegentlich ein gespanntes Verhältnis zueinander hatten, die aber unter der festen Verpflichtung stehen, Brücken für eine beständige Freundschaft zu bauen.

Auf die Zeremonie beim Präsidentenpalast folgte einer der feierlichsten Augenblicke meines Aufenthalts in Israel – mein Besuch in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem, wo ich den Opfern der Schoah meine Ehre erwiesen habe. Dort traf ich auch mit einigen Überlebenden zusammen. Diese tief bewegenden Begegnungen brachten mir meinen Besuch vor drei Jahren im Vernichtungslager Auschwitz in Erinnerung, wo so viele Juden – Mütter, Väter, Eheleute, Söhne, Töchter, Brüder, Schwestern, Freunde – durch ein gottloses Regime, das eine Ideologie des Antisemitismus und des Hasses verbreitete, brutal ausgetilgt worden sind. Dieses entsetzliche Kapitel der Geschichte darf nie vergessen oder geleugnet werden! Im Gegenteil, diese furchtbaren Erinnerungen sollten uns in der Entschiedenheit stärken, enger zusammenzurücken als Zweige des gleichen Olivenbaums, die von den gleichen Wurzeln genährt werden und in brüderlicher Liebe geeint sind.

Herr Präsident, ich danke Ihnen für die Herzlichkeit Ihrer Gastfreundschaft, die ich sehr zu schätzen weiß, und ich möchte festhalten, daß ich in dieses Land als Freund der Israelis zu Besuch gekommen bin, genauso wie ich auch ein Freund des palästinensischen Volkes bin. Freunde verbringen gerne ihre Zeit miteinander, und es betrübt sie sehr zu sehen, wie der andere leidet. Ein Freund der Israelis und der Palästinenser kann nur traurig sein über die weiter bestehende Spannung zwischen Ihren beiden Völkern. Ein Freund kann nur weinen angesichts des Leids und des Verlusts von Menschenleben, die beide Völker in den vergangenen sechs Jahrzehnten erlitten haben. Erlauben Sie mir, diesen Appell an alle Menschen dieser Länder zu richten: Kein Blutvergießen mehr! Keine Kämpfe mehr! Kein Terrorismus mehr! Kein Krieg mehr! Laßt uns statt dessen den Teufelskreis der Gewalt durchbrechen! Laßt bleibenden Frieden herrschen, der auf Gerechtigkeit gründet, laßt echte Versöhnung und Heilung walten. Es möge allgemein anerkannt werden, daß der Staat Israel das Recht hat, zu existieren und Frieden und Sicherheit innerhalb international vereinbarter Grenzen zu genießen. Ebenso möge anerkannt werden, daß das palästinensische Volk ein Recht auf eine souveräne, unabhängige Heimat, auf ein Leben in Würde und auf Reisefreiheit hat. Die Zwei-Staaten-Lösung möge Wirklichkeit werden und nicht ein Traum bleiben. Von diesen Ländern her soll sich der Frieden ausbreiten, sie sollen als ein „Licht für die Völker“ (Is 42,6) dienen und den vielen anderen Regionen, die unter Konflikten leiden, Hoffnung bringen.

Einer der traurigsten Anblicke während meines Besuchs hier war für mich die Mauer. Als ich an ihr vorbeikam, habe ich für eine Zukunft gebetet, in der die Völker des Heiligen Landes in Frieden und Eintracht zusammenleben können, ohne solche Instrumente der Sicherheit und der Trennung zu brauchen, sondern vielmehr in gegenseitiger Achtung und Vertrauen zueinander sowie unter Verzicht auf alle Formen der Gewalt und Aggression. Herr Präsident, ich weiß, wie hart es sein wird, dieses Ziel zu erreichen. Ich weiß, wie schwierig Ihre Aufgabe ist, genau wie jene der palästinensischen Autonomiebehörde. Ich versichere Sie jedoch meiner Gebete, und die Gebete der Katholiken in aller Welt begleiten Sie in Ihren weiteren Bemühungen, einen gerechten und dauerhaften Frieden in dieser Region zu schaffen.

So bleibt mir nur, allen von Herzen zu danken, die auf so vielfältige Weise zu meinem Besuch beigetragen haben. Der Regierung, den Organisatoren, den Freiwilligen, den Medien, allen, die mich und meine Begleiter gastlich aufgenommen haben, bin ich zu tiefem Dank verpflichtet. Seien Sie gewiß, daß Sie einen festen Platz in meinen Gebeten haben. Ihnen allen sage ich: Vielen Dank! Der Herr stehe Ihnen bei. Shalom!
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PILGERREISE VON PAPST BENEDIKT XVI.

INS HEILIGE LAND

(8.-15. MAI 2009)

GRUSSWORTE VON BENEDIKT XVI.

AN DIE JOURNALISTEN

WÄHREND DES RÜCKFLUGES NACH ROM Freitag, 15. Mai 2009

Liebe Freunde!


Danke für Ihre Arbeit. Ich kann mir vorstellen, wie schwierig sie gewesen ist, bei den zahlreichen Problemen, Ortswechseln etc. Und ich möchte Ihnen dafür danken, daß Sie all diese Schwierigkeiten auf sich genommen haben, um die Welt über diese Pilgerfahrt zu informieren und so auch andere zu einer Pilgerfahrt zu diesen heiligen Stätten einzuladen.

In der Ansprache auf dem Flughafen habe ich diese Reise bereits kurz zusammengefaßt, und ich möchte jetzt nicht mehr viel hinzufügen. Ich könnte viele, sehr viele Details erwähnen: den bewegenden Abstieg an den tiefsten Punkt der Erde, zum Jordan, der für uns auch ein Symbol für das Hinabsteigen Gottes ist, des Hinabsteigens Christi in die tiefsten Punkte der menschlichen Existenz; den Abendmahlssaal, wo der Herr uns die Eucharistie geschenkt hat, wo das Pfingstereignis stattgefunden hat, die Herabkunft des Heiligen Geistes; dann das Heilige Grab, und so viele andere Eindrücke. Aber es scheint mir jetzt nicht der richtige Augenblick zu sein, um genauer darauf einzugehen.

Aber vielleicht könnte ich doch einige kurze Bemerkungen machen. Es gab drei grundlegende Eindrücke: der erste ist, daß ich überall, im muslimischen, christlichen und jüdischen Umfeld, eine entschiedene Bereitschaft zum interreligiösen Dialog vorgefunden habe, zur Begegnung, zur Zusammenarbeit zwischen den Religionen. Und es ist wichtig, daß dies von allen nicht nur als ein – so könnten wir sagen – in der gegebenen Situation von politischen Motiven inspiriertes Handeln angesehen wird, sondern als Frucht, die aus dem Wesenskern des Glaubens selbst hervorgeht. Denn an den einen Gott zu glauben, der uns alle geschaffen hat, der unser aller Vater ist, an diesen Gott zu glauben, der die Menschheit als eine Familie erschaffen hat, zu glauben, daß Gott die Liebe ist und will, daß die Liebe die dominierende Kraft in der Welt ist, impliziert diese Begegnung, die Notwendigkeit der Begegnung, des Dialogs, der Zusammenarbeit – als Erfordernis des Glaubens selbst.

Der zweite Punkt: Ich habe auch ein sehr ermutigendes ökumenisches Klima vorgefunden. Es gab viele sehr herzliche Begegnungen mit der Orthodoxie; ich konnte auch mit einem Vertreter der anglikanischen Kirche sprechen sowie mit zwei lutherischen Vertretern, und man sieht sehr gut, daß diese Atmosphäre des Heiligen Landes auch die Ökumene ermutigt.

Und der dritte Punkt: Es gibt sehr große Schwierigkeiten – das wissen wir, und das haben wir gesehen und gehört. Aber ich habe auch gesehen, daß auf allen Seiten ein tiefer Wunsch nach Frieden vorhanden ist. Die Schwierigkeiten sind sichtbarer, und wir dürfen sie nicht verstecken: Es gibt sie, und sie müssen geklärt werden. Der allgemeine Wunsch nach Frieden, nach Brüderlichkeit ist zwar nicht so augenfällig, aber mir scheint, wir müssen auch darüber sprechen und alle in diesem Willen ermutigen, um die sicherlich nicht einfachen Lösungen für diese Schwierigkeiten zu finden.

Ich bin als Pilger des Friedens gekommen. Die Pilgerfahrt ist ein wesentliches Element vieler Religionen, auch des Islams, der jüdischen Religion und des Christentums. Sie ist auch ein Bild für unser Leben, das ein Vorwärtsgehen ist, auf Gott hin und so auch auf die Gemeinschaft der Menschheit zu.

Ich bin als Pilger gekommen, und ich hoffe, daß viele diesen Spuren folgen werden, auf diese Weise die Einheit der Völker dieses Heiligen Landes fördern und ihrerseits zu Boten des Friedens werden.

Danke!

AN DIE BISCHÖFE VON PERU

ANLÄSSLICH IHRES «AD-LIMINA»-BESUCHES


Montag, 18. Mai 2009


Herr Kardinal,
liebe Mitbrüder im bischöflichen Dienst!

1. Das Herz erfüllt von österlicher Freude, Geschenk des auferstandenen Herrn, und als Nachfolger Petri heiße ich euch herzlich willkommen, während ich »Gott jederzeit euretwegen danke« (1Co 1,4). Ich danke dem Erzbischof von Trujillo und Vorsitzenden der Peruanischen Bischofskonferenz, Héctor Miguel Cabrejos Vidarte, für die ehrerbietigen Worte, die er im Namen aller an mich gerichtet hat. In ihnen erkenne ich die Liebe und Hingabe, mit der ihr eure Teilkirchen hütet.

2. Der Besuch »ad limina Apostolorum« ist eine bedeutsame Gelegenheit, um die Bande der Gemeinschaft mit dem Römischen Papst und unter euch zu festigen, da ihr wißt, daß unter euren Hirtensorgen die Einheit der ganzen Kirche immer gegenwärtig sein muß, damit eure Gemeinden als lebendige Steine zum Aufbau des ganzen Gottesvolkes beitragen (vgl. 1 Petr 2,4–5). Denn »als rechtmäßige Nachfolger der Apostel und Glieder des Bischofskollegiums sollen sich die Bischöfe immer einander verbunden wissen und sich für alle Kirchen besorgt zeigen« (Christus Dominus CD 6). Die Erfahrung sagt uns allerdings, daß diese Einheit niemals endgültig erreicht wird und, ohne vor den objektiven und subjektiven Schwierigkeiten zu kapitulieren, unablässig aufgebaut und vervollkommnet werden muß, mit dem Vorsatz, das wahre Gesicht der einen und einzigen katholischen Kirche zu zeigen.

Wie im Laufe der ganzen Kirchengeschichte ist es auch heute unerläßlich, durch Wertschätzung der Eigenschaften jedes der Brüder, die die göttliche Vorsehung uns zur Seite gestellt hat, den Geist der Gemeinschaft zu pflegen. Auf diese Weise gelingt es den verschiedenen Gliedern des Leibes Christi, sich gegenseitig zu helfen, um die tägliche Arbeit voranzubringen (vgl. 1 Kor 12,24–26; Phil 2,1–4; Gal 6,2–3). Deshalb ist es notwendig, daß die Bischöfe das ständige Bedürfnis verspüren, die kollegiale Liebe lebendig zu erhalten und konkret zu praktizieren, »stellt sie doch eine äußerst wertvolle Hilfe dar, aufmerksam die Zeichen der Zeit zu lesen und klar zu erkennen, was der Geist den Kirchen sagt« (Johannes Paul II., Apostol. Schreiben Pastores gregis, 73).

3. Die glaubwürdige Einheit in der Kirche ist immer eine unerschöpfliche Quelle des Geistes der Evangelisierung. Was das betrifft, so weiß ich, daß ihr in eure Pastoralprogramme den missionarischen Impuls aufnehmt, der von der in Aparecida abgehaltenen V. Generalversammlung der Bischöfe Lateinamerikas und der Karibik gefördert wurde, und vor allem die »kontinentale Mission«, damit jeder Gläubige durch eine persönliche Beziehung zu Jesus, dem Herrn, nach der Heiligkeit strebt, indem er ihn beharrlich liebt und sein eigenes Leben nach den Kriterien des Evangeliums gestaltet, so daß Kirchengemeinden entstehen, die ein intensives christliches Leben aufweisen. Gewiß relativiert eine missionarische Kirche ihre internen Probleme und blickt voll Hoffnung und Begeisterung in die Zukunft. Es geht darum, den missionarischen Geist wieder zu beleben, nicht aus Angst vor der Zukunft, sondern weil die Kirche eine dynamische Wirklichkeit ist und der echte Jünger Jesu Christi Freude daran findet, sein göttliches Wort unentgeltlich den anderen zu übermitteln und mit ihnen die Liebe zu teilen, die aus der durchbohrten Seite am Kreuz strömt (vgl. Mt Mt 10,8 Joh 13,35–35; 19,33–34; 1Co 9,16). Wenn die Schönheit und Wahrheit Christi unsere Herzen erobert, erleben wir die Freude darüber, seine Jünger zu sein, und nehmen überzeugt den Auftrag an, seine erlösende Botschaft zu verkünden. In diesem Zusammenhang fordere ich euch auf, alle lebendigen Kräfte eurer Diözesen einzuladen, von Christus her ihren Weg zu gehen und dabei immer das Licht seines Antlitzes zum Strahlen zu bringen, besonders für die Brüder, die, weil sie sich vielleicht wenig geschätzt oder hinsichtlich ihrer geistlichen und materiellen Bedürfnisse nicht ausreichend unterstützt fühlen, in anderen religiösen Erfahrungen Antwort auf ihre Unsicherheit suchen.

4. Ihr, liebe Mitbrüder im bischöflichen Dienst, die ihr dem Vorbild des hl. Toribio de Mogrovejo und vieler anderer heiliger Hirten folgt, seid gleichfalls dazu aufgerufen, als mutige Jünger und Sendboten des Herrn zu leben. Die regelmäßigen Pastoralbesuche bei den Kirchengemeinden – auch den entlegensten und bescheidensten –, das ständige Gebet, die sorgfältige Vorbereitung der Verkündigung, eure väterliche Aufmerksamkeit für die Priester, für die Familien, die Jugendlichen, die Religionslehrer und die anderen Seelsorgehelfer sind die beste Möglichkeit, um in allen das brennende Verlangen zu wecken, Boten der Frohen Heilsbotschaft zu sein, während sich euch zugleich die Pforten des Herzens der Menschen in eurer Umgebung, vor allem der Kranken und Bedürftigsten, öffnen.

5. Die Kirche in eurer Nation konnte seit ihren Anfängen auf die positive Anwesenheit selbstloser Mitglieder des geweihten Lebens zählen. Es ist äußerst wichtig, daß ihr die in euren Teilkirchen lebenden Ordensmänner und Ordensfrauen weiterhin brüderlich begleitet und sie ermuntert, damit sie, während sie die evangelischen Räte ihrem Charisma gemäß getreu leben, nicht aufhören, ein starkes Zeugnis ihrer Gottesliebe, ihrer unverbrüchlichen Treue zum Lehramt der Kirche und ihrer eifrigen Zusammenarbeit mit den Pastoralplänen der Diözesen zu geben.

6. Ich denke jetzt vor allem an die Peruaner, die keine Arbeit haben und denen keine angemessenen Dienste in Bildung und Gesundheitswesen zur Verfügung stehen, und an jene, die am Rande der Großstädte und in abgeschiedenen Gegenden leben. Ich denke ebenso an diejenigen, die Opfer der Drogenabhängigkeit oder der Gewalt geworden sind. Wir dürfen uns nicht von diesen unseren schwächsten und von Gott geliebten Brüdern fernhalten, denn wir sind uns immer bewußt, daß uns die Liebe Christi drängt (vgl. 2Co 5,14 Röm 12,9;13,8;15,1–3).

7. Zum Abschluß dieser herzlichen Begegnung bitte ich Jesus, den Herrn, daß er euch in eurem pastoralen Dienst am Volk Gottes erleuchte. Mitunter wird euch Mutlosigkeit befallen, aber jenes Wort Christi an den hl. Paulus soll euch bei der Ausübung eurer Verantwortung stärken: »Meine Gnade genügt dir; denn sie erweist ihre Kraft in der Schwachheit« (2Co 12,9).

Mit dieser lebendigen Hoffnung bitte ich euch, den emeritierten Bischöfen, den Priestern, Diakonen und Seminaristen, den Ordensgemeinschaften und den Gläubigen in Peru meinen herzlichen Gruß zu überbringen.

Die allerseligste Jungfrau Maria, Unsere Liebe Frau der Evangelisierung, beschütze euch immer mit ihrer mütterlichen Liebe! Während ich um ihre und die Fürsprache aller bei euch besonders verehrten heiligen Männer und Frauen bitte, erteile ich euch von Herzen den Apostolischen Segen.

AN HERRN GEORGI PARVANOV,

PRÄSIDENT DER REPUBLIK BULGARIEN


Freitag, 22. Mai 2009


Herr Staatspräsident,
sehr geehrte Damen und Herren der Regierungsdelegation,
sehr verehrte Vertreter
der orthodoxen Kirche und
der katholischen Kirche!

Ich freue mich ganz besonders, bei dieser Begegnung anläßlich des jährlichen Festes der hll. Cyrill und Methodius einen jeden von Ihnen sehr herzlich zu begrüßen. Bei dieser freudigen Gelegenheit möchte ich meine Empfindungen der Freundschaft gegenüber dem geliebten bulgarischen Volk erneuern, dessen geistliche Wurzeln – wie Ihr heutiger Besuch noch einmal bezeugt – bis zur Verkündigung des Evangeliums durch die heiligen Mitpatrone Europas zurückreichen. Ich begrüße einen jeden von Ihnen mit Hochachtung und schließe in diese Empfindungen die Autoritäten und das gesamte bulgarische Volk ein, ebenso wie die Verantwortlichen und die Gläubigen der orthodoxen Kirche und der katholischen Kirche, die in eurem geliebten Land leben.

Diese Begegnung gibt uns Gelegenheit, erneut an das Evangelisierungswerk und die soziale Tätigkeit dieser beiden herausragenden heiligen Zeugen des Evangeliums, die Cyrill und Methodius waren, zu denken. Ihr geistliches Erbe hat das Leben der slawischen Völker geprägt; ihr Vorbild hat das Zeugnis und die Treue unzähliger Christen gestützt, die im Laufe der Jahrhunderte ihr Leben der Verbreitung der Heilsbotschaft gewidmet und gleichzeitig für den Aufbau einer gerechten und solidarischen Gesellschaft gewirkt haben. Möge ihr geistliches Zeugnis in Ihrer Nation lebendig bleiben, damit auch Bulgarien, indem es aus dieser Quelle des Lichts und der Hoffnung schöpft, wirkkräftig zum Aufbau eines Europa beiträgt, das seinen christlichen Wurzeln treu bleibt. Die Werte der Solidarität und der Gerechtigkeit, der Freiheit und des Friedens, die heute immer wieder hervorgehoben werden, finden in der Tat noch mehr Kraft und Beständigkeit in der ewigen Lehre Christi, die im Leben seiner Jünger zu allen Zeiten umgesetzt wird.

Diese Gedanken möchte ich einem jeden von Ihnen übermitteln, und ich versichere Sie meiner Wertschätzung und meiner geistlichen Nähe. Seien Sie auch versichert, daß der Heilige Stuhl die Entwicklung Ihrer Nation und die Bemühungen aller, die für ihr Wohl arbeiten, weiterhin aufmerksam verfolgen wird. Von ganzem Herzen rufe ich auf jeden von Ihnen die Fülle des göttlichen Segens herab.



AN HERRN GJEORGE IVANOV,

PRÄSIDENT DER

EHEMALIGEN JUGOSLAWISCHEN REPUBLIK MAZEDONIEN


Freitag, 22. Mai 2009


Herr Staatspräsident,
verehrte Mitglieder der Delegation,
ehrwürdige Brüder der orthodoxen Kirche und der katholischen Kirche!

Sehr herzlich begrüße ich Sie auch in diesem Jahr anläßlich des liturgischen Gedenktags der hll. Cyrill und Methodius. Sie sind gekommen, um die Mitpatrone Europas zu verehren, und ich freue mich, daß Sie in diesem Rahmen den Wunsch zum Ausdruck gebracht haben, mir zu begegnen, wie es bereits zur Tradition geworden ist. Ich danke Ihnen für diese freundliche Geste und heiße einen jeden von Ihnen herzlich willkommen. Gleichzeitig spreche ich Ihnen meine Hochachtung aus für die Empfindungen, von denen Sie bei dieser Begegnung erfüllt sind. Mein besonderer Willkommensgruß gilt den Autoritäten sowie der ganzen Bevölkerung der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien. Besondere Grüße übermittle ich auch den Gläubigen und jenen, die in Ihrem Land pastorale Verantwortung tragen. Bei dieser Gelegenheit möchte ich auch die Wertschätzung und Freundschaft zum Ausdruck bringen, die den Heiligen Stuhl mit dem geliebten mazedonischen Volk verbinden.

Die jährliche Feier des Festes der hll. Cyrill und Methodius, Lehrer des Glaubens und Apostel der slawischen Völker, ist eine Einladung an uns alle, die wir durch den einen Glauben an Jesus Christus vereint sind, über ihr heroisches Zeugnis für das Evangelium nachzudenken. Gleichzeitig stehen wir vor der Herausforderung, das Erbe der Ideale und Werte zu wahren, das sie durch Wort und Tat weitergegeben haben. Tatsächlich ist dies der wertvollste Beitrag, den Christen leisten können zum Aufbau eines Europas des dritten Jahrtausends, das nach einer Zukunft des Fortschritts, der Gerechtigkeit und des Friedens für alle strebt.

Ihre geliebte Heimat, die vom Einfluß dieser beiden großen Heiligen geprägt ist, bemüht sich, immer mehr zu einem Ort der friedlichen Begegnung und des Dialogs zwischen den vielen sozialen und religiösen Sphären des Landes zu werden. Es ist meine Hoffnung – die ich heute aus ganzem Herzen erneuere –, daß Sie auch weiterhin auf diesem Weg voranschreiten mögen. Während ich den göttlichen Schutz auf die Autoritäten Ihrer Nation herabrufe und ihnen erneut die Nähe des Apostolischen Stuhls zusichere, möchte Sie alle meiner persönlichen Wertschätzung und Freundschaft versichern.

Noch einmal entbiete ich einem jeden von Ihnen an diesem Festtag die herzlichsten und besten Wünsche und bitte den Herrn inständig für alle Anwesenden und für das ganze mazedonische Volk.



AN DIE GEMEINSCHAFT DER

PÄPSTLICHEN DIPLOMATENAKADEMIE


Samstag, 23. Mai 2009


Exzellenz,
liebe Brüder im Priesteramt!

Es ist mir eine Freude, euch alle zu empfangen und zu begrüßen. Auch in diesem Jahr seid ihr gekommen, um dem Nachfolger Petri eure Zuneigung und eure Treue zu bezeugen. Ich begrüße den Präsidenten der Päpstlichen Diplomatenakademie, Erzbischof Beniamino Stella, und danke ihm für die freundlichen Worte, die er an mich gerichtet hat, sowie für den Dienst, den er mit großer Hingabe ausübt. Ich begrüße seine Mitarbeiter, die Franziskaner-Missionsschwestern vom Kind Jesu und euch alle, die ihr euch in diesen Jahren als junge Priester darauf vorbereitet, der Kirche und ihrem universalen Hirten zu dienen durch den einzigartigen Dienst, der in den Päpstlichen Vertretungen ausgeübt wird.

Die Tätigkeit in den Apostolischen Nuntiaturen kann in der Tat gewissermaßen als eine besondere priesterliche Berufung betrachtet werden, als ein Hirtendienst, der eine spezifische Eingliederung in die Welt und ihre oft sehr komplexen Problematiken sozialer und politischer Art mit sich bringt. Es ist daher wichtig, daß ihr lernt, sie zu entschlüsseln, im Wissen, daß sozusagen der »Code«, der zur Analyse und zum Verständnis dieser Dynamiken dient, nur das Evangelium und das beständige Lehramt der Kirche sein kann. Ihr sollt lernen, die menschlichen und gesellschaftlichen Wirklichkeiten aufmerksam zu deuten, ausgehend von einer gewissen persönlichen Sensibilität, die jeder Diener des Heiligen Stuhls besitzen muß. Dabei wird euch eine besondere Erfahrung nützlich sein, die ihr in diesen Jahren gewinnen müßt. Darüber hinaus erfordert jene Fähigkeit zum Dialog mit der Moderne, die von euch verlangt wird, ebenso wie der Kontakt mit den Personen und den Einrichtungen, die sie vertreten, eine starke innere Struktur und eine geistliche Festigkeit, durch die eure christliche und priesterliche Identität gewahrt werden, ja sogar immer besser hervortreten kann. Nur so werdet ihr vermeiden können, die negativen Auswirkungen der weltlichen Mentalität zu spüren und euch nicht von einer allzu irdischen Logik anziehen oder anstecken lassen.

Der Herr selbst bittet euch darum, diese Sendung in der Kirche durchzuführen, durch den Ruf eures Bischofs, der euch auswählt und dem Heiligen Stuhl zur Verfügung stellt; daher müßt ihr immer und vor allem auf den Herrn selbst Bezug nehmen. Richtet in Augenblicken der Dunkelheit und der inneren Schwierigkeiten euren Blick auf Christus, der euch eines Tages liebevoll angeschaut und euch berufen hat, bei ihm zu sein und in seiner Schule Sorge zu tragen für sein Reich. Denkt immer daran, daß es für das Priesteramt, auf welche Weise auch immer man es ausübt, wesentlich und grundlegend ist, stets eine persönliche Beziehung zu Christus zu pflegen. Er will, daß wir seine »Freunde« sind: Freunde, die seine Vertrautheit suchen, seiner Lehre folgen und sich dafür einsetzen, daß alle Menschen ihn kennenlernen und lieben. Der Herr will, daß wir »Heilige«, also ganz die »Seinen« sind: nicht darum besorgt, uns eine Karriere aufzubauen, die menschlich gesehen interessant oder angenehm ist, nicht auf der Suche nach Beifall und Erfolg bei den Menschen, sondern ganz dem Seelenheil hingegeben und bereit, bis zum Äußersten unsere Pflicht zu tun im Bewußtsein, »unnütze Sklaven « zu sein, und froh, unseren armseligen Beitrag zur Verbreitung des Evangeliums leisten zu können.

Liebe Priester, seid in erster Linie Männer des tiefen Gebets, die eine Gemeinschaft der Liebe und des Lebens mit dem Herrn pflegen. Wie solltet ihr ohne diese feste geistliche Grundlage in eurem Dienst verharren können? Wer so im Weinberg des Herrn arbeitet, weiß, daß das, was man mit Hingabe, unter Opfern und aus Liebe verwirklicht, niemals verloren geht. Und wenn wir zuweilen den Kelch der Einsamkeit, des Unverstandenseins und des Leidens kosten müssen, wenn der Dienst zuweilen schwer ist und es manchmal hart zu sein scheint, das Kreuz zu tragen, dann möge uns die Gewißheit stützen und trösten, daß Gott all dies fruchtbar machen kann. Wir wissen, daß die Dimension des Kreuzes, die gut versinnbildlicht wird im Gleichnis vom Weizenkorn, das in die Erde fällt und stirbt, um Frucht zu bringen – ein Bild, das Jesus kurz vor seinem Leiden gebraucht hat – ein wesentlicher Teil des Lebens jedes Menschen und jeder apostolischen Sendung ist. In jeder Situation müssen wir freudig unsere Treue zum Evangelium bezeugen, indem wir die Einladung des Apostels Paulus annehmen, uns allein des Kreuzes Christi zu rühmen, im einzigen Bestreben, in uns selbst das zu ergänzen, was an den Leiden des Herrn noch fehlt, für seinen Leib, die Kirche (vgl. Kol Col 1,24).

Eine äußerst kostbare Gelegenheit, eure großherzige Antwort auf den Ruf des Herrn zu erneuern und zu bekräftigen, um eure Beziehung zu ihm zu vertiefen, ist das Priesterjahr, das am kommenden 19. Juni beginnen wird, dem Hochfest des Heiligsten Herzens Jesu und Weltgebetstag zur Heiligung der Priester. Meßt dieser Gelegenheit den größten Wert bei, um Priester nach dem Herzen Jesu zu sein, wie der hl. Johannes Maria Vianney, der heilige Pfarrer von Ars, dessen 150. Todestag wir in Kürze begehen. Seiner Fürbitte sowie der des heiligen Abtes Antonius, Patron der Akademie, vertraue ich diese Anliegen und Wünsche an. Maria, die Mutter der Kirche, wache mütterlich über euch und behüte euch. Ich danke euch meinerseits für euren heutigen Besuch und versichere euch meines besonderen Gebetsgedenkens. Einem jedem von euch, den Ordensschwestern, dem Hauspersonal und allen, die euch nahestehen, erteile ich von Herzen den Apostolischen Segen.


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ERÖFFNUNG DER PASTORALTAGUNG DER DIÖZESE ROM ZUM THEMA: "KIRCHLICHE ZUGEHÖRIGKEIT UND PASTORALE MITVERANTWORUNG"

Basilika St. Johann im Lateran
Dienstag, 26. Mai 2009




Herr Kardinal,
verehrte Mitbrüder im bischöflichen und priesterlichen Dienst,
liebe Ordensmänner und Ordensfrauen,
liebe Brüder und Schwestern!

Nunmehr einem guten Brauch folgend freut es mich, auch in diesem Jahr die Pastoraltagung der Diözese zu eröffnen. Jedem von euch, die ihr hier die gesamte Diözesangemeinschaft vertretet, gilt mein herzlicher Gruß und mein aufrichtiger Dank für die Pastoralarbeit, die ihr leistet. Durch euch richte ich auch an alle Pfarreien meinen herzlichen Gruß mit den Worten des Apostels Paulus: »An alle in Rom, die von Gott geliebt sind, die berufenen Heiligen: Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus« (Rm 1,7). Ich danke dem Herrn Kardinalvikar von Herzen für die ermutigenden Worte, die er in eurem Namen an mich gerichtet hat, sowie für die Unterstützung, die er mir zusammen mit den Weihbischöfen im täglichen apostolischen Dienst gibt, in den der Herr mich als Bischof von Rom berufen hat.

Gerade wurde in Erinnerung gerufen, daß die Diözese im vergangenen Jahrzehnt ihre Aufmerksamkeit zunächst drei Jahre lang der Familie gewidmet hat und dann für die folgenden drei Jahre der Erziehung der neuen Generationen zum Glauben. Dabei wurde versucht, auf den »Erziehungsnotstand« zu antworten, der für alle eine nicht einfache Herausforderung ist. Zuletzt habt ihr euch, ebenfalls in bezug auf die Erziehung und ermutigt durch die Enzyklika Spe salvi, dem Thema der Erziehung zur Hoffnung zugewandt. Gemeinsam mit euch danke ich dem Herrn für all das Gute, das zu vollbringen er uns gewährt hat; ich denke dabei besonders an die Pfarrer und an die Priester, die bei der Leitung der ihnen anvertrauten Gemeinden keine Mühen scheuen. Auch möchte ich meine Anerkennung aussprechen bezüglich der pastoralen Entscheidung, Zeit zu investieren, um den bisher beschrittenen Weg zu überprüfen, und im Licht der gelebten Erfahrung einige grundlegende Bereiche der ordentlichen Pastoral hervorzuheben, mit dem Ziel, sie genauer zu umschreiben und besser bekannt zu machen. Grundlage für diese Aufgabe, die ihr bereits seit einigen Monaten in allen Pfarreien und in den anderen kirchlichen Wirklichkeiten durchführt, muß eine erneuerte Bewußtwerdung unseres Kirche-Seins und unserer pastoralen Mitverantwortung sein, die wahrzunehmen wir im Namen Christi alle berufen sind. Und eben auf diesen Aspekt möchte ich jetzt genauer eingehen. Das Wesen der Kirche – ein Mysterium der Gemeinschaft

Das Zweite Vatikanische Konzil, das die Lehre über die Kirche, die im Laufe von 2000 Jahren herangereift ist, rein und unverkürzt weitergeben wollte, hat dieser »eine besser durchdachte Definition« gegeben, indem es vor allem ihr Wesen als Mysterium erläutert, also als eine »Wirklichkeit, die durchdrungen ist von der göttlichen Gegenwart und die daher immer neu und tiefer ergründet werden kann« (Paul VI., Eröffnungsansprache der zweiten Sitzungsperiode, 29. September 1963). Nun ist die Kirche, die im dreifaltigen Gott ihren Ursprung hat, ein Mysterium der Gemeinschaft. Als Gemeinschaft ist die Kirche nicht nur eine geistliche Wirklichkeit, sondern sie lebt sozusagen in Fleisch und Blut in der Geschichte. Das Zweite Vatikanische Konzil beschreibt sie als »gleichsam das Sakrament, das heißt Zeichen und Werkzeug für die innigste Vereinigung mit Gott wie für die Einheit der ganzen Menschheit« (Lumen gentium LG 1). Und das Wesen des Sakraments besteht gerade darin, daß man im Sichtbaren das Unsichtbare berührt, daß das Sichtbare und Berührbare die Tür öffnet für Gott selbst. Die Kirche, so haben wir gesagt, ist eine Gemeinschaft, eine Gemeinschaft von Personen, die durch das Wirken des Heiligen Geistes das Volk Gottes bilden, das gleichzeitig der Leib Christi ist. Denken wir ein wenig über diese beiden Schlüsselwörter nach. Der Begriff »Volk Gottes« kommt aus dem Alten Testament und hat sich dort entwickelt: Um in die Wirklichkeit der menschlichen Geschichte einzutreten, hat Gott ein bestimmtes Volk, das Volk Israel, als sein Volk auserwählt. Hinter dieser besonderen Erwählung steht der Wille, durch wenige zu den vielen zu gelangen und von den vielen zu allen. Hinter der besonderen Erwählung steht mit anderen Worten der Wille zur Universalität. Durch dieses Volk tritt Gott wirklich konkret in die Geschichte ein. Und diese Öffnung zur Universalität wurde im Kreuz und in der Auferstehung Christi verwirklicht. Am Kreuz, so sagt der hl. Paulus, riß Christus die trennende Wand nieder. Er gibt uns seinen Leib und vereint uns so in diesem seinem Leib, um uns eins werden zu lassen. In der Gemeinschaft des »Leibes Christi« werden wir alle zu einem einzigen Volk, dem Volk Gottes, wo – um noch einmal den hl. Paulus zu zitieren – alle eins sind und es keine Trennung, keinen Unterschied mehr gibt zwischen Griechen und Juden, Beschnittenen und Unbeschnittenen, Fremden, Skythen, Sklaven, Juden, sondern Christus alles und in allen ist. Er hat die trennende Wand zwischen Völkern, Rassen und Kulturen niedergerissen: Wir alle sind in Christus vereint. So sehen wir, daß die beiden Begriffe – »Volk Gottes« und »Leib Christi« – einander ergänzen und zusammen den neutestamentlichen Begriff der Kirche bilden. Und während »Volk Gottes« die Kontinuität der Kirchengeschichte zum Ausdruck bringt, bringt »Leib Christi« die Universalität zum Ausdruck, die im Kreuz und in der Auferstehung des Herrn ihren Anfang nahm. Für uns Christen ist also »Leib Christi« nicht nur ein Bild, sondern ein wahrer Begriff, weil Christus uns wirklich seinen Leib schenkt und nicht nur ein Bild. Als Auferstandener vereint Christus uns alle im Sakrament, um uns zu einem einzigen Leib zu machen. Daher ergänzen die Begriffe »Volk Gottes« und »Leib Christi« einander: In Christus werden wir wirklich das Volk Gottes. »Volk Gottes« bedeutet daher »alle«: vom Papst bis hin zum zuletzt getauften Kind. Das Erste Eucharistische Hochgebet, der sogenannte Römische Kanon, der im 4. Jahrhundert geschrieben wurde, unterscheidet zwischen Dienern – »wir, deine Diener«– und »plebs tua sancta«; wenn man also unterscheiden will, spricht man von Dienern und »plebs sancta«, während die Bezeichnung »Volk Gottes« alle zusammen in ihrem gemeinsamen Kirche-Sein zum Ausdruck bringt.

Nach dem Konzil hat diese ekklesiologische Lehre große Annahme gefunden, und durch Gottes Gnade sind viele gute Früchte in der christlichen Gemeinschaft herangereift. Wir müssen jedoch auch bedenken, daß die Rezeption dieser Lehre in der Praxis und demzufolge ihre Übernahme in das kirchliche Bewußtsein nicht immer und überall ohne Schwierigkeiten und einer richtigen Auslegung entsprechend erfolgt sind. Wie ich in der Ansprache an die Römische Kurie vom 22. Dezember 2005 gesagt habe, wollte eine Interpretationsrichtung unter Berufung auf einen angeblichen »Konzilsgeist« eine Diskontinuität, ja sogar einen Gegensatz zwischen der Kirche vor und der Kirche nach dem Konzil einführen. Dabei wurden manchmal die Grenzen überschritten, die objektiv zwischen dem hierarchischen Dienstamt und der Verantwortung der Laien in der Kirche bestehen. Besonders der Begriff »Volk Gottes« wurde von einigen rein soziologisch ausgelegt, in fast ausschließlich horizontaler Form und unter Ausschluß des vertikalen Bezugs zu Gott. Diese Auffassung steht in offenem Gegensatz zum Buchstaben und zum Geist des Konzils, das keinen Bruch, keine andere Kirche wollte, sondern eine wahre und tiefe Erneuerung, in der Kontinuität des einen Subjekts Kirche, das mit der Zeit wächst und sich entfaltet, dabei aber stets dasselbe eine Subjekt des pilgernden Volkes Gottes bleibt.

Zweitens muß eingeräumt werden, daß die Wiedererweckung geistlicher und pastoraler Kräfte im Laufe dieser Jahre nicht immer den erwünschten Zuwachs und die erwünschte Entwicklung hervorgebracht hat. In einigen kirchlichen Gemeinschaften läßt sich nämlich feststellen, daß auf eine Periode des Eifers und des Aufbruchs eine Zeit gefolgt ist, in der die Bemühungen nachließen, sich eine gewisse Müdigkeit einstellte, man manchmal fast an einen toten Punkt gelangte, in der auch Widerstand herrschte und ein Widerspruch zwischen der Konzilslehre und verschiedenen Ideen, die im Namen des Konzils formuliert wurden, in Wirklichkeit aber zu seinem Geist und seinem Buchstaben im Gegensatz stehen. Auch aus diesem Grund widmete sich die Ordentliche Versammlung der Bischofssynode im Jahre 1987 dem Thema der Berufung und Sendung der Laien in der Kirche und in der Welt. Das zeigt uns, daß die großartigen Texte, die das Konzil den Laien gewidmet hat, im Bewußtsein der Katholiken und in der pastoralen Praxis noch nicht ausreichend umgesetzt und verwirklicht worden waren. Einerseits besteht immer noch die Tendenz, die Kirche einseitig mit der Hierarchie gleichzusetzen und die gemeinsame Verantwortung, die gemeinsame Sendung des Volkes Gottes, das wir alle in Christus sind, zu vergessen. Andererseits gibt es auch weiterhin noch die Tendenz, das Volk Gottes so zu verstehen wie ich gerade gesagt habe: einer rein soziologischen oder politischen Auffassung entsprechend, unter Vernachlässigung der Neuheit und des Besonderen jenes Volkes, das erst in Gemeinschaft mit Christus zum Volk wird.

Liebe Brüder und Schwestern, jetzt stellt sich die Frage: An welchem Punkt befindet sich unsere Diözese Rom? In welchem Maße wird die pastorale Mitverantwortung aller, besonders der Laien, anerkannt und gefördert? In den vergangenen Jahrhunderten hat die christliche Gemeinde durch das großherzige Zeugnis vieler Getaufter, die ihr Leben der Erziehung der neuen Generationen zum Glauben, der Pflege der Kranken und der Unterstützung der Armen gewidmet haben, den Einwohnern von Rom das Evangelium verkündet. Diese Sendung ist heute uns anvertraut, in verschiedenen Situationen, in einer Stadt, in der nicht wenige Getaufte dem Weg der Kirche nicht mehr folgen und diejenigen, die keine Christen sind, die Schönheit unseres Glaubens nicht kennen. Die Diözesansynode, die auf Wunsch meines geliebten Vorgängers Johannes Paul II. einberufen wurde, war eine wirkliche »receptio« der Konzilslehre, und das »Synodenbuch« hat die Diözese dazu verpflichtet, immer mehr zur lebendigen und tätigen Kirche mitten in der Stadt zu werden, durch das koordinierte und verantwortungsbewußte Handeln aller ihrer Glieder. Dann folgte in Vorbereitung auf das Große Jubiläum des Jahres 2000 die Stadtmission, durch die unsere kirchlichen Gemeinschaften sich der Tatsache bewußt werden konnten, daß der Evangelisierungsauftrag nicht nur einige, sondern alle Getauften betrifft. Sie war eine heilsame Erfahrung, die dazu beigetragen hat, in den Pfarreien, in den Ordensgemeinschaften, in den Vereinigungen und in den Bewegungen das Bewußtsein der Zugehörigkeit zum einen Volk Gottes heranreifen zu lassen, das – nach den Worten des Apostels Petrus – Gottes besonderes Eigentum wurde, damit es seine großen Taten verkündet (vgl. 1P 2,9). Und dafür wollen wir an diesem Abend danken.

Es liegt jedoch noch ein langer Weg vor uns. Zu viele Getaufte fühlen sich nicht der kirchlichen Gemeinschaft zugehörig, leben am Rande von ihr und wenden sich nur bei bestimmten Anlässen an die Pfarreien, um religiöse Dienste zu erhalten. Unter den Einwohnern der einzelnen Pfarreien, auch unter denen, die sich zum katholischen Glauben bekennen, gibt es immer noch verhältnismäßig wenige Laien, die sich bereitwillig zur Arbeit in den verschiedenen apostolischen Bereichen zur Verfügung stellen. Gewiß gibt es viele Schwierigkeiten kultureller und sozialer Natur, aber treu dem Gebot des Herrn können wir uns nicht darauf beschränken, das Bestehende zu bewahren. Im Vertrauen auf die Gnade des Geistes, die der auferstandene Christus uns zugesagt hat, müssen wir den Weg mit erneuerter Kraft wieder aufnehmen. Welche Wege können wir beschreiten? Zunächst müssen wir uns wieder um eine sorgfältigere und gewissenhaftere Ausbildung bemühen, die die Sicht der Kirche vermittelt, von der ich gesprochen habe, und zwar sowohl von seiten der Priester als auch der Ordensleute und der Laien, um immer besser zu verstehen, was die Kirche ist, das Volk Gottes im Leib Christi. Gleichzeitig ist es notwendig, den pastoralen Ansatz zu verbessern, um unter Achtung der Berufungen und der Rollen der geweihten Personen und der Laien die Mitverantwortung aller Glieder des Volkes Gottes schrittweise zu fördern. Dazu bedarf es einer Änderung der Mentalität besonders in bezug auf die Laien, die nicht mehr nur als »Mitarbeiter« des Klerus betrachtet werden dürfen, sondern als wirklich »mitverantwortlich « für das Sein und Handeln der Kirche erkannt werden müssen, um die Festigung eines reifen und engagierten Laienstandes zu fördern. Das gemeinsame Bewußtsein aller Getauften, Kirche zu sein, vermindert nicht die Verantwortung der Pfarrer. Es ist eure Aufgabe, liebe Pfarrer, das geistliche und apostolische Wachstum aller zu unterstützen, die sich bereits unermüdlich in den Pfarreien einsetzen: Sie sind das Herzstück der Gemeinde, das für die anderen zum Sauerteig wird. Damit diese Gemeinden, auch wenn sie manchmal zahlenmäßig klein sind, nicht ihre Identität und ihre Kraft verlieren, es ist nötig, sie zum betenden Hören auf das Wort Gottes zu erziehen, durch die Praxis der lectio divina, die von der kürzlich abgehaltenen Bischofssynode inständig gewünscht wurde. Nähren wir uns wirklich vom Hören, von der Betrachtung des Wortes Gottes. Unsere Gemeinden dürfen nie das Bewußtsein verlieren, daß sie »Kirche« sind, denn Christus, das ewige Wort des Vaters, ruft sie zusammen und macht sie zu seinem Volk. Der Glaube ist nämlich einerseits eine zutiefst persönliche Beziehung zu Gott, aber er besitzt auch ein wesentliches gemeinschaftliches Element, und diese beiden Dimensionen lassen sich nicht voneinander trennen. So können auch die Jugendlichen die Schönheit und die Freude erfahren, Kirche zu sein und sich als Kirche zu fühlen. Sie sind am stärksten dem zunehmenden Individualismus der gegenwärtigen Kultur ausgesetzt, deren unvermeidliche Folge die Schwächung der zwischenmenschlichen Beziehungen und des Zusammengehörigkeitsgefühls ist. Im Glauben an Gott sind wir im Leib Christi vereint und werden alle im selben Leib eins. So können wir, gerade durch den tiefen Glauben, auch die Gemeinschaft untereinander erfahren und die Einsamkeit des Individualismus überwinden.

Das Wort ruft die Gemeinschaft zusammen, und die Eucharistie macht sie zu einem Leib. Der hl. Paulus schreibt: »Ein Brot ist es. Darum sind wir viele ein Leib; denn wir alle haben teil an dem einen Brot« (1Co 10,17). Die Kirche ist also nicht das Resultat einer Summe von Individuen, sondern die Einheit jener, die von dem einen Wort Gottes und von dem einen Brot des Lebens genährt werden. Die Gemeinschaft und die Einheit der Kirche, die aus der Eucharistie entstehen, sind eine Wirklichkeit, die wir uns immer mehr zu Bewußtsein bringen müssen, auch beim Empfang der heiligen Kommunion. Wir müssen uns immer stärker bewußt werden, daß wir in die Einheit mit Christus eintreten und so unter uns eins werden. Wir müssen immer wieder lernen, diese Einheit zu wahren und sie gegen Rivalitäten, Streit und Eifersüchteleien, die innerhalb der kirchlichen Gemeinschaften und zwischen ihnen entstehen können, zu verteidigen. Ich richte eine Bitte vor allem an die Bewegungen und Gemeinschaften, die nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil entstanden sind und die auch in unserer Diözese ein wertvolles Geschenk sind, für das wir dem Herrn stets danken müssen: Ich möchte sie bitten – und ich wiederhole: sie sind ein Geschenk –, stets dafür zu sorgen, daß ihre Mitglieder durch Unterweisung dahin geführt werden, ein wirkliches Zugehörigkeitsgefühl zur Pfarrgemeinde zu entwickeln. Der Mittelpunkt des Lebens der Pfarrei ist wie gesagt die Eucharistie und insbesondere die sonntägliche Feier. Wenn die Einheit der Kirche aus der Begegnung mit dem Herrn erwächst, dann ist es nicht nebensächlich, die Anbetung und die Eucharistiefeier mit großer Sorgfalt zu gestalten, damit alle, die daran teilnehmen, die Schönheit des Geheimnisses Christi erfahren können. Die Schönheit der Liturgie »ist nicht nur bloßer Ästhetizismus, sondern eine Art und Weise, wie die Wahrheit der Liebe Gottes in Christus uns erreicht, uns fasziniert, uns begeistert« (Sacramentum caritatis, 35); daher ist es wichtig, daß die Eucharistiefeier durch die sakramentalen Zeichen das göttliche Leben offenbart und vermittelt und den Männern und Frauen dieser Stadt das wahre Antlitz der Kirche zeigt.

Das geistliche und apostolische Wachstum der Gemeinschaft führt diese auch dazu, durch überzeugtes missionarisches Handeln ihr Wachsen zu fördern. Bemüht euch daher, wie zu Zeiten der Stadtmission in jeder Pfarrei kleine Gruppen oder Hauskreise zu bilden, in denen die Gläubigen Christus und sein Wort verkündigen – Orte, an denen es möglich ist, den Glauben zu erfahren, die Nächstenliebe zu üben, der Hoffnung eine Struktur zu geben. Wenn die großen Stadtpfarreien so in eine wachsende Zahl kleiner Gemeinschaften unterteilt werden, wird ein größerer Missionsradius ermöglicht, der die Dichte der Bevölkerung sowie ihr oft sehr unterschiedliches soziales und kulturelles Erscheinungsbild in Betracht zieht. Es wäre wichtig, diese pastorale Methode auch an den Arbeitsplätzen wirksam zur Anwendung zu bringen. Hier muß die Evangelisierung heute in Form einer Pastoral stattfinden, die das Umfeld berücksichtigt, denn aufgrund der hohen sozialen Mobilität verbringt die Bevölkerung einen großen Teil des Tages am Arbeitsplatz.

Schließlich darf auch das Zeugnis der Nächstenliebe nicht vergessen werden, das die Herzen vereint und zur kirchlichen Zugehörigkeit hin öffnet. Auf die Frage, wie der Erfolg des Christentums in den ersten Jahrhunderten zu erklären ist, der Aufstieg einer vermeintlichen jüdischen Sekte zur Reichsreligion, antworten die Historiker, daß besonders die Erfahrung der christlichen Nächstenliebe die Welt überzeugt hat. Die Nächstenliebe zu leben ist die vorrangige Form der Mission. Das verkündigte und gelebte Wort wird dann glaubwürdig, wenn es zur Solidarität und zum Teilen wird, zu Gesten, die das Antlitz Christi als wahren Freund des Menschen zeigen. Das stille, tägliche Zeugnis der Nächstenliebe, das die Pfarreien dank des Engagements vieler gläubiger Laien geben, möge auch weiterhin immer mehr Verbreitung finden, damit die Notleidenden die Nähe der Kirche spüren und die Liebe des barmherzigen Vaters erfahren. Seid also »barmherzige Samariter«, bereit, die materiellen und geistlichen Wunden eurer Brüder zu heilen. Die Diakone, die durch die Weihe Christus, dem Knecht, gleichförmig geworden sind, können einen nützlichen Dienst leisten, indem sie eine erneuerte Aufmerksamkeit gegenüber alten und neuen Formen der Armut fördern. Darüber hinaus denke ich an die Jugendlichen: Meine Lieben, ich lade euch ein, eure Begeisterung und Kreativität in den Dienst Christi und des Evangeliums zu stellen und zu Aposteln eurer Altersgenossen zu werden, bereit, dem Herrn großherzig zu antworten, wenn er euch beruft, ihm aus nächster Nähe nachzufolgen, im Priestertum oder im geweihten Leben.

Liebe Brüder und Schwestern, die Zukunft des Christentums und der Kirche in Rom hängt auch vom Engagement und vom Zeugnis eines jeden von uns ab. Dafür erbitte ich die mütterliche Fürsprache der allerseligsten Jungfrau Maria, die in der Basilika »Santa Maria Maggiore« seit Jahrhunderten als »Salus populi romani« verehrt wird. Wie sie mit den Aposteln im Abendmahlssaal das Pfingstereignis erwartete, so möge sie auch bei uns sein und uns ermutigen, der Zukunft mit Vertrauen entgegenzusehen. Mit diesen Empfindungen danke ich euch für eure unermüdliche Arbeit und erteile allen von Herzen einen besonderen Apostolischen Segen.



AN DIE VOLLVERSAMMLUNG DER

ITALIENISCHEN BISCHOFSKONFERENZ


Donnerstag, 28. Mai 2009


Liebe italienische Mitbrüder im Bischofsamt!

Ich freue mich, erneut mit euch allen zusammenzutreffen zu diesem wichtigen Anlaß, der euch jedes Jahr zu eurer Vollversammlung zusammenführt, damit ihr die Sorgen und Freuden eures Dienstes in den Diözesen der geliebten italienischen Nation miteinander austauscht und teilt. Eure Versammlung bringt die Gemeinschaft, von der die Kirche lebt und die sich auch in der Übereinstimmung der Initiativen und der pastoralen Arbeit verwirklicht, sichtbar zum Ausdruck und fördert sie. Durch meine Anwesenheit will ich jene kirchliche Gemeinschaft stärken, die ich ständig wachsen und sich festigen gesehen habe. Ich danke besonders dem Kardinalvorsitzenden, der im Namen aller die brüderliche Verbundenheit und herzliche Gemeinschaft mit dem Lehramt und dem Hirtendienst des Nachfolgers Petri bekräftigt und auf diese Weise neuerlich die einzigartige Einheit bestätigt hat, die die Kirche in Italien mit dem Apostolischen Stuhl verbindet. Ich habe in den vergangenen Monaten viele wirklich bewegende Zeugnisse dieser Treue erfahren können. Ich kann euch nur von ganzem Herzen sagen: Danke! In diesem Klima der Verbundenheit kann man das christliche Volk, das tief eingefügt in sein Land, den lebendigen Sinn des Glaubens und die aufrichtige Zugehörigkeit zur kirchlichen Gemeinschaft erlebt, mit dem Wort Gottes und der Gnade der Sakramente fruchtbringend nähren: Dies alles dank eurer pastoralen Führung, dank dem hochherzigen Dienst so vieler Priester und Diakone, Ordensleute und gläubiger Laien, die voll eifriger Hingabe das kirchliche Gefüge und das tägliche Leben der zahlreichen, in jedem Winkel des Landes verstreuten Pfarrgemeinden unterstützen. Wir verbergen voreinander nicht die Schwierigkeiten, auf die sie stoßen, wenn sie ihre Mitglieder zur vollen Zustimmung zum christlichen Glauben in unserer Zeit heranführen. Nicht zufällig wird von verschiedenen Seiten ihre Erneuerung im Zeichen einer wachsenden Mitarbeit der Laien und deren missionarischer Mitverantwortung gefordert.

Aus diesen Gründen habt ihr in der pastoralen Arbeit das missionarische Engagement, das den Weg der Kirche in Italien nach dem Konzil geprägt hat, dadurch angemessen vertiefen wollen, daß ihr die fundamentale Aufgabe der Erziehung in den Mittelpunkt der Reflexionen eurer Vollversammlung gestellt habt. Wie ich schon mehrmals betonen konnte, handelt es sich um ein ständiges und konstitutives Erfordernis des Lebens der Kirche, das heute Züge einer dringlichen Aufgabe, ja eines Notstands annimmt. Ihr hattet in diesen Tagen Gelegenheit, zuzuhören, nachzudenken und über die Notwendigkeit zu beraten, euch mit einem Erziehungsentwurf zu befassen, der aus einer konsequenten und vollständigen Sicht des Menschen entstehen soll, wie sie einzig und allein aus dem vollkommenen Bild und der Verwirklichung hervorgehen kann, die wir davon in Christus Jesus haben. Er ist der Lehrmeister, in dessen Schule wir die Erziehungsaufgabe als eine höchste Berufung wiederentdecken, zu der jeder Gläubige in je verschiedener Weise aufgerufen ist. In einer Zeit, in der relativistische und nihilistische Lebensauffassungen starke Anziehungskraft genießen und selbst die Berechtigung der Erziehung in Frage gestellt wird, ist der wichtigste Beitrag, den wir anbieten können, Zeugnis zu geben von unserem Vertrauen in das Leben und in den Menschen, in seine Vernunft und in seine Liebesfähigkeit. Dieses Vertrauen ist nicht Frucht eines naiven Optimismus, sondern entsteht aus jener »verläßlichen Hoffnung« (Spe salvi, 1), die uns durch den Glauben an die von Jesus Christus vollbrachte Erlösung geschenkt wird. Mit Bezugnahme auf diese wohlbegründete Liebestat für den Menschen kann eine Erziehungsallianz zwischen all jenen entstehen, die in diesem komplexen Bereich des gesellschaftlichen und kirchlichen Lebens Verantwortung tragen.

Der Abschluß der dreijährigen »Agorà der italienischen Jugendlichen« am kommenden Sonntag, in der sich eure Konferenz mit einem klar artikulierten Ansatz für die Belebung der Jugendpastoral engagiert hat, ist eine Aufforderung dazu, den Erziehungsweg umzusetzen und neue Projekte in Angriff zu nehmen – für eine äußerst umfassende und für die erzieherische Verantwortung unserer Kirchengemeinden und der ganzen Gesellschaft bedeutsame Adressatengruppe, nämlich die jungen Generationen. Die Bildungsarbeit muß aber schließlich auch auf das Erwachsenenalter ausgedehnt werden, das von einer echten Verantwortung für die ständige Weiterbildung nicht ausgeschlossen werden darf. Niemand ist von der Aufgabe ausgenommen, sich um sein eigenes Wachstum und das Wachstum der anderen hin zum »Maß der Fülle in Christus« (Ep 4,13) zu kümmern.

Die Schwierigkeit, echte Christen heranzubilden, ist verflochten, ja vermischt sich oft mit der Schwierigkeit, verantwortungsvolle und reife Männer und Frauen heranzubilden, bei denen das Bewußtsein für die Wahrheit und das Gute und die freie Zustimmung zu diesen Werten im Zentrum des Erziehungsplanes stehen, der imstande sein soll, einem Weg des Wachstums Gestalt zu verleihen, der gebührend vorbereitet und begleitet wird. Dazu braucht es – zusammen mit einem entsprechenden Entwurf, der auf das Erziehungsziel hinweist, das im Lichte des beschlossenen Modells erreicht werden soll –, angesehene Erzieher, auf welche die jungen Generationen voll Vertrauen blicken können. In diesem Paulusjahr, das wir in der Vertiefung des Wortes und Beispiels des großen Völkerapostels erlebt haben und das ihr auf verschiedene Weise in euren Diözesen und erst gestern alle gemeinsam in der Basilika Sankt Paul vor den Mauern begangen habt, erklingt mit einzigartiger Wirksamkeit seine Aufforderung: »Nehmt mich zum Vorbild!« (1Co 11,1). Ein mutiges Wort, aber ein wahrer Erzieher setzt an erster Stelle seine Person ein und versteht es, bei der Aufgabe, die ihm anvertrauten jungen Menschen zu erziehen, Autorität und Vorbildlichkeit miteinander zu verbinden. Wir selbst sind uns dessen bewußt, sind wir doch mitten unter das Gottesvolk als Leitbilder gestellt, an die der Apostel Petrus seinerseits die Aufforderung richtet, die Herde Gottes zu weiden, indem wir »Vorbilder für die Herde« werden (1P 5,3). Auch dies sind Worte, über die wir nachdenken sollten.

Es erweist sich daher als äußerst glücklicher Umstand, daß wir gleich nach dem Jahr, das dem Völkerapostel geweiht war, ein Jahr des Priesters begehen. Wir sind zusammen mit unseren Priestern aufgerufen, die Gnade und Aufgabe des Priesteramtes wiederzuentdecken. Dieses Amt ist ein Dienst an der Kirche und am christlichen Volk, der eine tiefe Spiritualität erfordert. In Antwort auf die göttliche Berufung muß sich diese Spiritualität aus dem Gebet und einer tiefen persönlichen Verbundenheit mit dem Herrn nähren, um ihm durch die Verkündigung, die Sakramente, ein geordnetes Gemeindeleben und die Hilfe für die Armen in den Brüdern dienen zu können. Im ganzen priesterlichen Dienst ragt somit die Bedeutung des erzieherischen Einsatzes hervor, damit freie, wirklich freie, das heißt verantwortungsvolle Personen, reife und bewußte Christen heranwachsen.

Es besteht kein Zweifel, daß jenes Solidaritätsgefühl, das im Herzen der Italiener tief verwurzelt ist und das in manchen dramatischen Lebenssituationen des Landes mit besonderer Intensität zum Ausdruck gebracht wird – wie es zuletzt bei dem verheerenden Erdbeben der Fall war, das einige Gebiete in den Abruzzen heimgesucht hat –, aus dem christlichen Geist immer neue Lebenskraft schöpft. Wie euer Präsident bereits gesagt hat, konnte ich persönlich bei meinem Besuch in jenen so tragisch betroffenen Gebieten die Trauer, den Schmerz und die von dem schrecklichen Erdbeben angerichteten Schäden wahrnehmen, mich aber auch von der Seelenstärke jener Bevölkerung, verbunden mit der sofort einsetzenden Solidaritätsbewegung aus wirklich allen Teilen Italiens überzeugen, und dies war für mich besonders beeindruckend. Unsere Gemeinschaften haben mit großer Hochherzigkeit auf das Hilfsersuchen aus jener Region geantwortet und unterstützen die von der Bischofskonferenz durch die Caritas eingeleiteten Initiativen. Ich möchte den Bischöfen aus den Abruzzen und durch sie den Ortsgemeinden die Zusicherung meines steten Gebetes und meiner andauernden liebevollen Nähe erneuern.

Seit Monaten registrieren wir die Folgen einer Finanz- und Wirtschaftskrise, die die heutige Welt hart getroffen und in unterschiedlichem Ausmaß alle Länder erreicht hat. Trotz der auf verschiedenen Ebenen ergriffenen Maßnahmen sind die sozialen Auswirkungen der Krise besonders auf die schwächsten Schichten der Gesellschaft und auf die Familien noch immer auch hart zu spüren. Ich möchte deshalb meine Anerkennung und Ermutigung für die Initiative des Solidaritätsfonds »Anleihe der Hoffnung« zum Ausdruck bringen, der sich am nächsten Sonntag an der gemeinsamen nationalen Spendensammlung beteiligen wird, die die Grundlage des Fonds selbst bildet. Dieses erneute Ersuchen um Freigiebigkeit, das sich den vielen, von zahlreichen Diözesen angesagten Initiativen anschließt und an die Geste der vom Apostel Paulus durchgeführten Kollekte für die Kirche von Jerusalem erinnert, ist ein sprechendes Zeugnis dafür, daß die Lasten miteinander geteilt werden. In einer schwierigen Zeit, die besonders jene betrifft, die ihre Arbeit verloren haben, wird das zu einem wahren Akt des Dienstes an Gott, der aus der vom Geist des Auferstandenen im Herzen der Gläubigen geweckten Liebe entsteht. Es ist eine beredte Botschaft von der durch das Evangelium bewirkten inneren Bekehrung und ein bewegendes Zeichen kirchlicher Gemeinschaft.

Eine wesentliche Form der Liebe, der sich die Gemeinden in Italien sehr verpflichtet fühlen, ist auch die geistig-intellektuelle Liebe. Ein gewichtiges Beispiel dafür ist die engagierte Förderung einer verbreiteten Mentalität zugunsten des Lebens in jedem seiner Aspekte und Phasen, mit besonderer Aufmerksamkeit für das von großer Gebrechlichkeit und Unsicherheit gezeichnete Leben. Gut bezeugt wird dieses Engagement von dem Manifest »Frei sein zum Leben. Das Leben bis zum Schluß lieben«, das die katholischen Laien Italiens einträchtig dafür eintreten sieht, daß im Land das Bewußtsein für die volle Wahrheit über den Menschen und die Förderung des echten Wohls der Personen und der Gesellschaft nicht fehlt. Das »Für« und »Wider«, das hier zum Ausdruck kommt, zeichnet in Umrissen eine echte Erziehungstätigkeit nach und ist Ausdruck einer starken und konkreten Liebe zu jedem Menschen. Damit kehrt unsere Aufmerksamkeit also zum Zentralthema eurer Vollversammlung zurück – der dringenden Aufgabe der Erziehung, die die Verwurzelung im Wort Gottes und die geistliche Unterscheidung, die organisatorische Fähigkeit im kulturellen und sozialen Bereich sowie das Zeugnis der Einheit und der Selbstlosigkeit erfordert.

Liebe Mitbrüder, nur wenige Tage trennen uns vom Pfingstfest, an dem wir die Gabe des Geistes feiern werden, der die Grenzen niederreißt und uns für die Erkenntnis der ganzen Wahrheit offen macht. Flehen wir den Tröster an, daß er keinen verlasse, der sich an ihn wendet, und vertrauen wir ihm den Weg der Kirche in Italien und jeden Menschen an, der in diesem geliebten Land lebt. Der Geist des Lebens komme auf uns alle herab und entzünde unsere Herzen mit dem Feuer seiner unendlichen Liebe.

Von Herzen segne ich euch und eure Gemeinden!

AN HERRN DANZANNOROV BOLDBAATAR,

NEUER BOTSCHAFTER DER MONGOLEI BEIM HL. STUHL Freitag, 29. Mai 2009

Exzellenz!

Anläßlich der Übergabe des Beglaubigungsschreibens, durch das Sie als außerordentlicher und bevollmächtigter Botschafter der Mongolei beim Heiligen Stuhl akkreditiert werden, freue ich mich, Sie herzlich willkommen zu heißen. Ich danke Ihnen für den freundlichen Gruß von seiten Ihres Staatspräsidenten, Herrn Nambaryn Enkhbayar, und erwidere ihn mit meinen besten Wünschen für seine Gesundheit und sein Wohlergehen. Ihn und alle Bürger der Mongolei versichere ich meines Gebets in ihrem Bemühen, den Frieden und die soziale Eintracht im In- und Ausland weiter zu fördern.
Ich bin dankbar, Herr Botschafter, daß der Geist der Zusammenarbeit, der die diplomatischen Beziehungen zwischen der Mongolei und dem Heiligen Stuhl auszeichnet, viele Früchte getragen hat. Durch die ausdrückliche und gegenseitige Anerkennung des Vorteils, der aus diplomatischen Beziehungen entsteht, wurde der Weg für die Errichtung der Apostolischen Präfektur von Ulaanbaatar geebnet. Das ermöglichte eine bessere Koordinierung der Seelsorge für die Katholiken in der Mongolei und gab ihrer karitativen Arbeit zum Wohl aller Ihrer Mitbürger neuen Auftrieb. Ein besonderes Zeichen für diese fruchtbare Zusammenarbeit war die Weihe der Kathedrale der hll. Petrus und Paulus im Juli 2002, die aus dem feierlichen Anlaß des 10. Jahrestages der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen der Mongolei und dem Heiligen Stuhl stattfand. Ich möchte persönlich meinen tiefen Dank zum Ausdruck bringen für alles, was Ihre Regierung und die örtlichen zivilen Obrigkeiten getan haben, um dieses historische Ereignis möglich zu machen. Es hat nicht nur dazu beigetragen, ein Bewußtsein der Einheit zwischen den katholischen Gläubigen in Ihrem Land und ihren Glaubensbrüdern in der ganzen Welt zu schaffen, sondern es war auch ein deutliches Zeugnis für die Achtung der Religionsfreiheit in der Mongolei, die eine lange Geschichte hat. Dank dieses grundlegenden Menschenrechts, das in der Verfassung der Mongolei verankert ist und das ihre Bürger als förderlich für die volle Entwicklung der menschlichen Person anerkennen, können sie nach der Wahrheit suchen, Dialoge führen und frei von äußeren Zwängen ihrer gottesdienstlichen Pflicht nachkommen.

Die Möglichkeit, daß Angehörige unterschiedlicher Religionen miteinander sprechen und einander zuhören, spielt eine wesentliche Rolle bei der Festigung der Menschheitsfamilie. Sie haben die mutige Initiative Dschingis Khans erwähnt, der im 13. Jahrhundert Muslime, Christen, Buddhisten und Daoisten einlud, zusammen in der mongolischen Steppe zu leben. Diese Geste findet immer noch Ausdruck in der Offenheit des mongolischen Volkes, das religiöse Bräuche, die von Generation zu Generation weitergegeben werden, zu schätzen weiß und auch fremden Traditionen große Achtung entgegenbringt. Diese tiefe Religiosität wurde besonders deutlich, als die Mongolei aus der jahrelangen Unterdrückung durch ein totalitäres Regime herauskam. Heute, in einer Zeit größeren Friedens und größerer Stabilität, ermutige ich aufrichtig zur Schaffung von Foren, die den freundschaftlichen Gedankenaustausch über die Religion und ihren Beitrag zum Wohl der Zivilgesellschaft erleichtern. Völker, die religiöse Toleranz praktizieren, sind verpflichtet, die Weisheit dieses Grundsatzes mit der gesamten Menschheitsfamilie zu teilen, damit alle Männer und Frauen die Schönheit friedlicher Koexistenz erfahren und den Mut haben, eine Gesellschaft aufzubauen, die die Menschenwürde achtet und nach dem göttlichen Gebot der Nächstenliebe handelt (vgl. Mk Mc 12,32).

Exzellenz, dieser Geist brüderlicher Zusammenarbeit wird der Mongolei dienlich sein in ihrem Streben, die Entwicklungsziele der kommenden Jahre zu erreichen. Wie Sie angemerkt haben, steht unter ihnen die Verringerung von Armut und Arbeitslosigkeit an erster Stelle. Diese Ziele sind Teil des Gesamtwirtschaftswachstums und der gerechten Güterverteilung, die Ihr Land für die Zukunft langfristig anstrebt. Die Werte der Fairneß und des Vertrauens in die Marktwirtschaft, die das mongolische Volk vertritt, liefern eine sichere Grundlage, um diese Ziele zu erreichen. Die Kriterien zur Aufstellung von Plänen zu diesem Zweck müssen sowohl die soziale als auch die ausgleichende Gerechtigkeit in Betracht ziehen (vgl. Kompendium der Soziallehre der Kirche, 303); sie müssen den objektiven Wert der geleisteten Arbeit berücksichtigen, die Würde der Subjekte, die sie ausführen, die unterschiedlichen Bedürfnisse der Bürger und den Verdienst, der der Art der Arbeit rechtmäßig entspricht (vgl. Centesimus annus CA 35).
Die Mongolei ist ein Land, das anerkennt, daß das menschliche Wohlergehen nicht nur am Reichtum bemessen werden kann. Erziehung und Bildung – für die literarische und künstlerische Leistungen verläßliche Indikatoren sind – ist auch ein wesentliches Merkmal für eine gedeihende Gesellschaft. Ich weiß es zu schätzen, daß Ihr Land die Notwendigkeit hervorhebt, dem ganzen Volk bessere Bildungschancen zu geben. Die Unterrichtssysteme dürfen natürlich die technische Ausbildung nicht vernachlässigen: Sie versetzt die Studenten in die Lage, in dieser Zeit rascher Globalisierung und technischen Fortschritts einen einträglichen Arbeitsplatz zu bekommen und zu behalten. Gleichzeitig berücksichtigt eine ganzheitliche Erziehung und Bildung den ganzen Menschen und nicht nur seine Produktionsfähigkeit. Insbesondere die jungen Menschen verdienen eine umfassende intellektuelle und geistliche Ausbildung, die ihnen die Augen öffnet für die Würde jeder menschlichen Person und sie anspornt, die Tugenden zu pflegen, die notwendig sind, um sich in den Dienst der ganzen Menschheit zu stellen. Ich ermutige daher die Initiative Ihrer Regierung, den Zugang zu Erziehung und Bildung zu erweitern und diese zu untermauern durch einen klaren Blick auf das, was für den Menschen wirklich gut ist.

Ihrerseits ist die katholische Gemeinde, obwohl sie in der Mongolei noch klein ist, eifrig darauf bedacht, dazu beizutragen, den interreligiösen Dialog und die Entwicklung zu fördern, die Bildungschancen zu erweitern und die edlen Ziele voranzubringen, die die Solidarität der Menschheitsfamilie stärken und ihren Blick auf das Wirken des Göttlichen in der Welt richten. Die katholische Kirche erkennt die rechtmäßige Autonomie der politischen Gemeinschaft an und sieht sich gleichzeitig veranlaßt, mit der Zivilgesellschaft zusammenzuarbeiten, in einer Form, die den zeitlichen und örtlichen Gegebenheiten, in denen beide gemeinsam leben, entspricht.

Daher danke ich Ihnen, Herr Botschafter, für die freundliche Zusicherung des Wunsches der Mongolei, auf den Ergebnissen aufzubauen, die aus den diplomatischen Beziehungen zwischen Ihrer Nation und dem Heiligen Stuhl hervorgegangen sind. Während Sie Ihre Mission aufnehmen, versichere ich Ihnen, daß die verschiedenen Dikasterien der Römischen Kurie bereit sind, Ihnen bei der Erfüllung Ihrer Pflichten zur Seite zu stehen, und rufe den überreichen Segen Gottes, des Allmächtigen, auf Sie, Ihre Familienangehörigen und alle Bürger der Mongolei herab.

AN FRAU CHITRA NARAYANAN,

NEUE BOTSCHAFTERIN INDIENS BEIM HL. STUHL


Freitag, 29. Mai 2009



Frau Botschafterin!

Ich freue mich, Sie heute willkommen zu heißen und das Beglaubigungsschreiben entgegenzunehmen, durch das Sie als außerordentliche und bevollmächtigte Botschafterin der Republik Indien beim Heiligen Stuhl akkreditiert werden. Ich danke Ihnen für die freundlichen Worte, die Sie in Ihrem eigenen Namen und auch von seiten der Regierung an mich gerichtet haben, und möchte Sie bitten, Ihrer Exzellenz, Frau Staatspräsidentin Pratibha Patil, sowie dem wiedergewählten Premierminister, Seiner Exzellenz Herrn Manmohan Singh, auch meinerseits einen ehrerbietigen Gruß zu übermitteln und sie meines Gebets für ihr Wohlergehen und für das des ganzen indischen Volkes zu versichern.

Indien ist ein Land, in dem die antike Weisheit reiche Frucht trägt. Sein Volk, in dem viele verschiedene Religionen und Kulturen vertreten sind, ist empfänglich dafür, daß Selbsterkenntnis, Integrität und einträchtiges Zusammenleben mit dem Nächsten für das allgemeine persönliche und soziale Wohlergehen notwendig sind. Die immense Vielfalt in Ihrem Land öffnet eine Reihe von Möglichkeiten für den Dialog zwischen Philosophien und religiösen Traditionen, die darauf bedacht sind, den tiefsten Fragen des Lebens nachzugehen. Die Pflege dieses Dialogs bereichert nicht nur Ihre eigene Nation, sondern dient auch anderen Nationen in ganz Asien, ja in der ganzen Welt als Vorbild.

Trotz der finanziellen Schwierigkeiten, denen die ganze Weltgemeinschaft zur Zeit gegenübersteht, hat Indien in den letzten Jahren beachtliche wirtschaftliche Fortschritte gemacht. Fleiß, menschlicher Einfallsreichtum und Weitblick haben zum Wachstum Ihres Landes beigetragen und waren für andere Nationen eine Quelle der Inspiration. Größerer Wohlstand erfordert erhöhte Wachsamkeit, um die Armen sicher zu schützen vor der Ausbeutung durch ungehemmte Wirtschaftsmechanismen, aus denen oft nur eine kleine Elite Nutzen zieht. Das ist der Beweggrund für das ehrgeizige Projekt Ihres Landes, Arbeitsplätze auf dem Land zu schaffen. Es wurde entwickelt, um den Benachteiligten – besonders der armen Landbevölkerung – zu helfen, durch Beteiligung an Bauvorhaben und anderen kooperativen Maßnahmen ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Solche Projekte zeigen, daß Arbeit niemals nur ein reines Erzeugnis ist, sondern eine spezifisch menschliche Aktivität. Die Projekte müssen daher so umgesetzt werden, daß die Menschenwürde gewahrt bleibt und jegliche Versuchung in Form von Begünstigungen, Bestechlichkeit oder Betrug zurückgewiesen wird.
Das Subsidiaritätsprinzip ist in diesem Zusammenhang von besonderer Bedeutung. Eine Gesellschaft, die hierarchisch tiefer stehenden Gemeinschaften erlaubt, ihren eigenen Aktivitäten nachzugehen, ermutigt die Bürger, sich aktiv am Aufbau des Gemeinwohls zu beteiligen, indem sie sich in den Dienst der anderen stellen und sich zu einer gerechten und friedlichen Lösung von Konflikten verpflichtet.

Die Subsidiarität setzt individuelle Verantwortung voraus und fördert sie, da sie alle Glieder der Gesellschaft ermahnt, nach dem Wohl anderer wie nach ihrem eigenen Wohl zu streben. Bürokratische Strukturen sind zwar notwendig, man sollte jedoch stets im Auge behalten, daß die verschiedenen Regierungsebenen – die nationale, die regionale und die lokale Ebene – auf den Dienst an den Bürgern ausgerichtet sind und daß auch sie selbst von den Bürgern verwaltet werden.

Demokratische Regierungssysteme müssen durch umfassende soziale Beteiligung kontrolliert werden. Indien, das vor kurzem eine wichtige nationale Wahlrunde hinter sich gebracht hat, hat der Welt gezeigt, daß dieser entscheidende demokratische Prozeß nicht nur möglich ist, sondern in einer geordneten und friedlichen Atmosphäre vonstatten gehen kann. Die Neugewählten stehen jetzt den Herausforderungen gegenüber, die vor ihnen liegen, und ich bin zuversichtlich, daß stets ein Geist geduldiger Zusammenarbeit herrschen wird, der sie unterstützt in ihrer schwerwiegenden Verantwortung, Gesetze zu entwerfen und sozialpolitische Entscheidungen herbeizuführen. Mögen sie bereit sein, Teilinteressen unterzuordnen, indem sie sie in den größeren Kontext des Gemeinwohls hineinstellen, das eine der wesentlichen und unverzichtbaren Zielsetzungen der politischen Autorität darstellt (vgl. Kompendium der Soziallehre der Kirche, 409).

Frau Botschafterin, als oberster Hirte der katholischen Kirche schließe ich mich den Religionsführern und Regierungsträgern in der ganzen Welt an, die den gemeinsamen Wunsch haben, daß alle Mitglieder der Menschheitsfamilie die Freiheit genießen mögen, ihre Religion auszuüben und sich am öffentlichen Leben zu beteiligen, ohne Angst vor negativen Auswirkungen wegen ihres Glaubens. Ich muß daher meine tiefe Besorgnis zum Ausdruck bringen um die Christen, die in einigen Gegenden Ihres Landes unter Gewaltausbrüchen leiden mußten. Heute habe ich Gelegenheit, meinen Dank auszusprechen für die Bemühungen Ihres Landes, den Betroffenen Schutz und Beistand, Hilfe und Heilung zu geben, und ebenso für die Maßnahmen, die ergriffen wurden, um strafrechtliche Untersuchungen und faire Gerichtsverhandlungen zur Lösung dieser Probleme durchzuführen. Ich appelliere an alle, die Menschenwürde zu achten, indem sie Haß ablehnen und auf jede Form von Gewalt verzichten.

Die katholische Kirche in Ihrem Land wird ihrerseits auch weiterhin eine Rolle spielen in der Förderung von Frieden, Eintracht und Versöhnung zwischen den Anhängern aller Religionen, insbesondere durch Erziehung und Bildung in den Tugenden der Gerechtigkeit, der Toleranz und der Liebe. In der Tat ist dies das Ziel jeder wahren Form von Erziehung, denn diese ist – der Würde der menschlichen Person entsprechend und in Übereinstimmung der Berufung aller Männer und Frauen zu einem Leben in Gemeinschaft – darauf angelegt, sittliche Tugenden zu fördern und junge Menschen auf die Übernahme ihrer sozialen Verantwortung vorzubereiten, mit einem feinen Gespür für das Gute, das Gerechte und das Edle.

Frau Botschafterin, während Sie Ihre Verantwortungen innerhalb der beim Heiligen Stuhl akkreditierten diplomatischen Gemeinschaft übernehmen, entbiete ich Ihnen meine guten Wünsche für die erfolgreiche Erfüllung Ihrer hohen Mission. Ich versichere Ihnen, daß die verschiedenen Dikasterien und Ämter der Römischen Kurie stets bereit sein werden, Ihnen beizustehen. Auf Sie und das geliebte Volk von Indien rufe ich den überreichen göttlichen Segen herab.

AN HERRN CHARLES BORROMÉE TODJINOU,

NEUER BOTSCHATER VON BENIN BEIM HL. STUHL


Freitag, 29. Mai 2009



Herr Botschafter,

ich freue mich, Sie anläßlich der Übergabe des Schreibens, durch das Sie als außerordentlicher und bevollmächtigter Botschafter von Benin beim Heiligen Stuhl akkreditiert werden, im Vatikan zu empfangen. Ich möchte Ihnen sowohl für die liebenswürdigen Worte, die Sie an mich gerichtet haben, als auch für die herzliche Botschaft, die Sie mir von seiten Seiner Exzellenz, dem Präsidenten der Republik Boni Yayi übermittelt haben, meine Dankbarkeit zum Ausdruck bringen. In der freudigen Erinnerung an den Besuch, den er mir im Vatikan abgestattet hat, wäre ich Ihnen dankbar, wenn sie ihm meinerseits meinen Dank und die Versicherung meiner herzlichen Wünsche für die ganze Nation zukommen ließen, daß sie mutig auf dem Weg der menschlichen und geistlichen Entwicklung voranschreiten möge.

Sie haben es in Ihrer Rede angesprochen, Herr Botschafter: die derzeitige internationale Finanzkrise könnte möglicherweise die verdienstvollen Anstrengungen gefährden, die zahlreiche Länder für ihre Entwicklung unternommen haben. Zudem ist es mehr denn je erforderlich, daß alle Komponenten der Nation im Dienst für das Gemeinwohl zusammenarbeiten. Das erfordert, daß eine echte Demokratie eingerichtet wird, die auf einem korrekten Verständnis der menschlichen Person gründet. Im Laufe der letzten Jahre hat sich Ihr Land – besonders mit der Unterstützung der katholischen Kirche und anderer religiöser Gruppen – mutig um diesen Weg bemüht. Die Entwicklung eines solchen Demokratisierungsprozesses stellt eine Garantie für den sozialen Frieden, die Stabilität und die Einheit des Landes dar, wenn er sich auf die Würde jeder Person, auf die Achtung der Menschenrechte sowie auf das als Ziel und Kriterium für die Ordnung des politischen Lebens anerkannte »Gemeinwohl« stützt (vgl. Kompendium der Soziallehre der Kirche, 407). In dieser Hinsicht ist die Einrichtung eines aufrichtigen Dialogs unter den Menschen und unter den Institutionen von großer Bedeutung.

Ich möchte auch den Einsatz Ihres Landes für die Konsolidierung des Friedens und der Stabilität in verschiedenen Gebieten der Welt begrüßen. Dieses Zeichen der Solidarität mit den schwer getroffenen Nationen vor allem in Afrika ist ein beachtlicher Beitrag für die Förderung der Werte des Guten, der Wahrheit und der Gerechtigkeit sowie für den Schutz unschuldigen Lebens. Die Suche nach Frieden und Versöhnung ist eine große Verantwortung für diejenigen, die die Aufgabe haben, die Nationen zu führen, denn Gewalt kann die Probleme niemals lösen und stellt eine unannehmbare Verletzung der Würde des Menschen dar.

Daß Sie, Herr Botschafter, am heutigen Vormittag hier anwesend sind, bezeugt die guten Beziehungen, die zwischen Benin und dem Heiligen Stuhl bestehen. Erlauben Sie mir hier in diesem Rahmen an die hervorragende, von Kardinal Bernardin Gantin geleistete Arbeit zu erinnern, der dem Leben der katholischen Gemeinschaft Ihres Landes einen besonderen Impuls gegeben hat und dessen Persönlichkeit immer noch von allen Einwohnern Benins respektiert und bewundert wird. Möge sein großherziger Einsatz für die Kirche, für Benin und für Afrika für viele Ihrer Mitbürger ein Beispiel der Opferbereitschaft und der Selbsthingabe für die anderen bleiben!

Wie Sie, Exzellenz, bereits herausgestellt haben, ist Benin ein freundliches, ein gastliches und ein tolerantes Land. Die katholische Kirche, die im Volk von Benin seit vielen Jahren verwurzelt ist, führt ihre Arbeit im Dienst des Landes fort und bietet so in vielen Bereichen ihren eigenen Beitrag zur Entwicklung des Landes an, vor allem in der Erziehung, im Gesundheitswesen und in der Förderung des Menschen. Damit möchte sie sich dem nationalen Bemühen anschließen, damit jeder Mensch und jede Familie in Würde leben. Das Mitwirken der Kirche am gesellschaftlichen Leben ist ein wichtiger Bestandteil ihrer Sendung. Da die Kirche das Evangelium innerhalb der gesellschaftlichen Beziehungen verkünden und aktualisieren möchte, kann sie gegenüber einigen Tatsachen, die das Leben der Menschen ausmachen, nicht gleichgültig bleiben. Ich freue mich also zu wissen, daß die Arbeit der Kirche von der Bevölkerung geschätzt wird und daß sie sich außerdem der Unterstützung durch die Behörden erfreut.

Die Entwicklung harmonischer Beziehungen zwischen Katholiken und Mitgliedern anderer Religionen, die in Ihrem Land zumeist von gegenseitigem Verständnis geprägt sind, muß ebenfalls ermutigt werden. Die kulturellen oder religiösen Verschiedenheiten sollen eine qualitative Bereicherung der gesamten Gesellschaft erlauben. Wie ich kürzlich Gelegenheit zu sagen hatte: »Wir müssen durch unsere gegenseitige Achtung und Solidarität gemeinsam zeigen, daß wir uns selbst als Glieder einer Familie betrachten: der Familie, die Gott von der Schöpfung der Welt bis zum Ende der menschlichen Geschichte geliebt und um sich gesammelt hat« (Ansprache an die Teilnehmer am katholisch-muslimischen Forum, 6. November 2008). Es ist also wünschenswert, daß eine immer echtere und klarere beiderseitige Kenntnis den Ausdruck eines Einvernehmens hinsichtlich der fundamentalen Werte zulassen möge, vor allem hinsichtlich der Werte, die den Schutz und die Förderung des Lebens und der Familie betreffen, sowie eine Zusammenarbeit in allen Bereichen, die das gemeinsame Wohlergehen fördern.
Gestatten Sie mir, Herr Botschafter, durch Sie die katholische Gemeinschaft Ihres Landes zu grüßen, die um ihre Bischöfe vereint ist. Ich wünsche mir, daß die Katholiken in der Bevölkerung von Benin Hoffnung und Frieden säen können. Ich lade sie dazu ein, mit allen zusammenzuarbeiten, um eine immer solidarischere und brüderlichere Gesellschaft zu schaffen.

Herr Botschafter, an diesem Tag, an dem Sie Ihre Mission beim Apostolischen Stuhl beginnen, spreche ich Ihnen meine besten Wünsche zu einem guten Gelingen aus und versichere Ihnen, daß Sie bei meinen Mitarbeitern stets Verständnis und Unterstützung für eine frohe Erfüllung Ihrer Arbeit finden werden.

Von ganzem Herzen bitte ich den Allmächtigen um die Fülle seines Segens für Sie, für Ihre Familie, für Ihre Mitarbeiter sowie für die Bevölkerung von Benin und ihre Regierenden.

AN HERRN ROBERT CAREY MOORE-JONES,

NEUER BOTSCHAFTER VON NEUSEELAND BEIM HL. STUHL


Freitag, 29. Mai 2009


Herr Botschafter!

Ich freue mich, Sie im Vatikan willkommen zu heißen und das Beglaubigungsschreiben entgegenzunehmen, durch das Sie als außerordentlicher und bevollmächtigter Botschafter von Neuseeland beim Heiligen Stuhl akkreditiert werden. Ich möchte Sie bitten, dem Generalgouverneur sowie Premierminister John Key und seiner Regierung zusammen mit dem ganzen Volk von Neuseeland meine besten Wünsche und die Zusicherung meines Gebets für das Wohlergehen des Landes zu übermitteln.

Der Einsatz der Kirche in der Zivilgesellschaft ist in ihrer Überzeugung verankert, daß wahrer menschlicher Fortschritt – sowohl für den Einzelnen als auch für die Gemeinschaften – von der Anerkennung der geistlichen Dimension abhängt, die jeder Person zu eigen ist. Von Gott erhalten Männer und Frauen ihre grundlegende Würde (vgl. Gen Gn 1,27) und die Fähigkeit, über Einzelinteressen hinauszugehen, um nach der Wahrheit und nach dem Guten zu suchen und so ein Ziel und einen Sinn in ihrem Leben zu finden. Dieser weite Blickwinkel schafft einen Rahmen, in dem es möglich ist, jeder Tendenz zur Übernahme oberflächlicher sozialpolitischer Ansätze entgegenzutreten, die statt der Wurzeln nur die Symptome negativer Trends im Familienleben und in den Gemeinschaften angehen. Wenn das geistliche Herz der Menschheit ans Licht gebracht wird, dann wird der Einzelne dahin geführt, über sich selbst hinauszugehen, um über Gott und die Wunder des menschlichen Lebens nachzudenken: über Sein, Wahrheit, Schönheit, sittliche Werte und Beziehungen, die die Würde der anderen achten. Auf diese Weise läßt sich eine sichere Grundlage finden, um die Gesellschaft zusammenzuführen und eine gemeinsame Sichtweise der Hoffnung zu wahren.

Die jungen Menschen von Aotearoa stehen zu Recht in dem Ruf, großherzig zu sein und einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn zu besitzen. Sie wissen die vielen Privilegien, die ihnen geboten werden, zu schätzen und engagieren sich bereitwillig im Ehrenamt und im Dienst an anderen, während sie die Chancen wahrnehmen, die ihnen in bezug auf ihre persönlichen Ziele sowie auf ihre kulturelle und akademische Entwicklung reichlich geboten werden. Der Weltjugendtag, der letztes Jahr zum ersten Mal in Ozeanien stattfand, hat mir Gelegenheit gegeben, etwas vom Geist der Tausenden jungen Neuseeländer, die daran teilnahmen, zu erleben. Ich bete dafür, daß diese neue Generation von Christen in Neuseeland ihre Begeisterung darauf ausrichten wird, über jede Kluft hinweg Freundschaften zu schließen und Orte lebendigen Glaubens in unserer Welt und für unsere Welt zu schaffen, Orte der Hoffnung und der tätigen Nächstenliebe. Auf diese Weise können sie anderen jungen Menschen helfen, die vielleicht durch die Verlockung falscher Versprechungen von Glück und Erfüllung in die Irre geleitet wurden oder die sich mühsam am Rande der Gesellschaft durchschlagen müssen.

Exzellenz, die kulturellen Unterschiede bringen viel Reichtum in das heutige gesellschaftliche Gefüge Neuseelands. Die zunehmende Präsenz von Migrantengemeinschaften aus verschiedenen religiösen Traditionen und die gleichzeitige wachsende Beteiligung der Regierung an pazifischen und asiatischen Angelegenheiten hat das Bewußtsein für die Frucht gestärkt, die aus dem interreligiösen Dialog erwachsen kann. Vor nicht allzu langer Zeit war Ihre Nation Gastgeber des »Third Asian-Pacific Regional Interfaith Dialogue«, der am historischen Ort Waitangi stattfand. Dennoch stellen einige auch weiterhin den Platz der Religion im öffentlichen Leben in Frage und können sich nur schwer vorstellen, wie sie der Gesellschaft dienen kann, besonders in einer hochgradig säkularen Kultur. Das erhöht natürlich die Verantwortung der Gläubigen, Zeugnis zu geben von der Bedeutung der grundlegenden Beziehung jeden Mannes und jeder Frau zu Gott, als dessen Ebenbild sie geschaffen sind. Wenn die menschliche Vernunft, die eine Gabe Gottes ist, mit Bezug auf die Wahrheit genutzt wird, die er uns offenbart, dann wird unsere Denkfähigkeit mit Weisheit versehen. So übersteigt sie das Empirische und das Willkürliche und verleiht statt dessen unseren tiefsten gemeinsamen menschlichen Bestrebungen Ausdruck. Auf diese Weise bleibt die öffentliche Debatte nicht im engen Horizont bestimmter Interessengruppen stecken, sondern wird erweitert und trägt Verantwortung vor der wahren Quelle des Gemeinwohls und der Würde eines jeden Glieds der Gesellschaft. Weit davon entfernt, die Toleranz gegenüber Unterschieden oder kultureller Vielfalt zu bedrohen, ermöglicht die Wahrheit einen Konsens. Sie stellt sicher, daß politische Entscheidungen von Grundsätzen und Werten bestimmt sind, und bereichert die Kultur mit all dem, was gut, erbaulich und gerecht ist.

Die diplomatische Arbeit Neuseelands, die im Pazifikraum tonangebend ist und in Asien und darüber hinaus eine wichtige Rolle spielt, ist von einem starken Einsatz für Gerechtigkeit und Frieden, guter Regierungsführung, nachhaltiger wirtschaftlicher Entwicklung und der Förderung der Menschenrechte geprägt. Ihr großherziger personeller Einsatz für Initiativen zur Friedenssicherung ist von den Salomonen bis in den Sudan erkennbar, und die Entwicklung des Ökotourismus in Afghanistan ist ein hervorragendes neueres Beispiel für die innovativen Ansätze Neuseelands in der Auslandshilfe. Wie Sie, Exzellenz, erwähnten, hat der Heilige Stuhl eng mit Neuseeland bei der Entwicklung der Konvention zum Verbot von Streumunition zusammengearbeitet. Diese Leistung zeigt sehr anschaulich, daß die Notwendigkeit einer Ethik, die der Wahrheit der menschlichen Person entspringt, die Grundlage für alle internationalen Beziehungen ist.
Herr Botschafter, die katholische Kirche in Neuseeland tut auch weiterhin alles, was in ihren Kräften steht, um die christlichen Grundlagen des öffentlichen Lebens zu wahren. Sie ist in die geistliche und intellektuelle Ausbildung der Jugendlichen stark eingebunden, besonders durch ihre Schulen. Zusätzlich ist ihre karitative Arbeit auf jene ausgerichtet, die am Rande der Gesellschaft leben, und ich bin zuversichtlich, daß sie durch ihre Sendung des Dienstes neuen sozialen Herausforderungen, die auftreten mögen, großherzig begegnen wird. In diesem Zusammenhang möchte ich die Gelegenheit nutzen, jenen Familien in Neuseeland meine geistliche Nähe zum Ausdruck zu bringen, die wie viele andere auf der ganzen Welt unter den Auswirkungen der gegenwärtigen wirtschaftlichen Unsicherheit leiden. Ich denke besonders an jene, die ihren Arbeitsplatz verloren haben und an die jungen Menschen, die Schwierigkeiten haben, eine Arbeit zu finden.

Exzellenz, ich vertraue darauf, daß Ihre Ernennung dazu dienen wird, die freundschaftlichen Bande, die zwischen Neuseeland und dem Heiligen Stuhl bereits bestehen, weiter zu stärken. Bei der Übernahme Ihrer neuen Verantwortungen werden Sie sehen, daß die zahlreichen Dikasterien der Römischen Kurie Sie bereitwillig bei der Erfüllung Ihrer Pflichten unterstützen werden. Auf Sie und Ihre Mitbürger rufe ich von Herzen den überreichen Segen des allmächtigen Gottes herab.

AN HERRN GEORGE JOHANNES,

NEUER BOTSCHAFTER VON SÜDAFRIKA

BEIM HL. STUHL


Freitag, 29. Mai 2009


Exzellenz!

Ich freue mich, Sie im Vatikan begrüßen zu dürfen und von Ihnen das Beglaubigungsschreiben zu erhalten, mit dem Sie als außerordentlicher und bevollmächtigter Botschafter der Republik Südafrika beim Heiligen Stuhl akkreditiert werden. Ich danke Ihnen für den freundlichen Gruß und die guten Wünsche, die mir Präsident Jacob Zuma durch Sie übermitteln ließ. Ich erwidere sie gerne und bitte Sie, Seiner Exzellenz meinen Glückwunsch zum Antritt seines Präsidentenamtes zu übermitteln. Mein Gruß geht auch an die zivilen Autoritäten und alle Menschen Ihres Landes.

Der rasche und friedliche Übergang Südafrikas zu einer demokratischen Regierung wurde weithin begrüßt, und der Heilige Stuhl hat diese historische Periode der Veränderung mit zustimmendem Interesse verfolgt. Niemand kann bezweifeln, daß der erreichte Fortschritt zu einem großen Teil den herausragenden politischen Fähigkeiten und menschlichen Qualitäten des früheren Präsidenten Nelson Mandela zu verdanken ist. Er hat sich für Vergebung und Aussöhnung eingesetzt und genießt nicht nur den Respekt Ihres Landes, sondern der gesamten internationalen Gemeinschaft. Ich möchte Sie freundlich bitten, ihm meine besten Wünsche für gute Gesundheit und Wohlergehen zu übermitteln. Ich möchte auch auf das Verdienst all jener einfachen Männer und Frauen hinweisen, die durch ihre Integrität und den damit verbundenen ehrlichen Arbeitseifer ebenfalls maßgeblich dazu beigetragen haben, die Grundlagen für eine Zukunft des Friedens und Wohlergehens aller zu legen.

Die Größe Südafrikas, seine Bevölkerung, seine wirtschaftlichen Ressourcen und die Großzügigkeit seines Volkes machen es zu einer der einflußreichsten Nationen des Kontinents. Dadurch bietet sich Ihrem Land die einzigartige Gelegenheit, anderen afrikanischen Ländern bei ihren Bemühungen um Stabilität und wirtschaftlichen Fortschritt hilfreich zur Seite zu stehen. Nachdem die Isolation der Apartheid-Ära überwunden werden konnte, hat sich Ihr Land, aus seiner eigenen schmerzlichen Erfahrung schöpfend, mit Hilfe seiner Friedenstruppen und diplomatischen Initiativen intensiv für die Herbeiführung der Aussöhnung in anderen Ländern engagiert. Länder wie Ruanda, Angola, Mosambik, Malawi und Simbabwe sind in den Genuß dieses Beistands gekommen. Ich rufe Südafrika auf, sich verstärkt für die noble Sache der Unterstützung anderer Nationen zu engagieren, die auf dem Weg zu Frieden und Aussöhnung sind. Gerade in diesen wirtschaftlich schwierigen Zeiten ist es wichtig, daß Südafrika weiter seine beachtlichen menschlichen und materiellen Ressourcen einsetzt, um seine Nachbarländer auf dem Weg einer guten Regierungsführung und des Wohlstands zu unterstützen. Zweifelsohne stellen sich auf diesem Weg viele Herausforderungen, nicht zuletzt die große Zahl der Flüchtlinge in Ihrer Region. Ich bin jedoch zuversichtlich, daß diese Schwierigkeiten mit demselben Geist der Solidarität und Großherzigkeit bewältigt werden können, den die Südafrikaner bereits unter Beweis gestellt haben.

Herr Botschafter, Sie haben einige soziale Herausforderungen angesprochen, vor denen Ihr Land steht, und die Entwicklungspläne erwähnt, mit denen man sie in den Griff bekommen will. Die in einigen Gebieten weiter bestehende Armut sowie fehlende grundlegende Dienstleistungen und Arbeitsmöglichkeiten haben viele neue Probleme aufgeworfen wie Gewalt und Unsicherheit, Suchtmittelmißbrauch, ethnische Spannungen und Korruption. Die durch Armut, Arbeitslosigkeit und zerrüttete Familien ausgelösten Existenzängste und Aggressionen machen ein Einschreiten der Regierung umso dringlicher. In diesem Zusammenhang möchte ich nicht nur auf die bereits eingeleiteten Initiativen zur Förderung internationaler Investitionen hinweisen, sondern auch auf die Bemühungen um die Schaffung besserer Möglichkeiten im Bildungs- und Beschäftigungssektor, vor allem für junge Menschen.

Exzellenz, in Ihrer Grußadresse haben Sie erwähnt, welche Errungenschaft eine universale Durchsetzung der Demokratie als Grundlage für ein besseres Leben für alle ist. Beim Kampf gegen die Ungerechtigkeiten der Vergangenheit haben die Menschen Südafrikas eine bemerkenswerte Zivilcourage und Klugheit an den Tag gelegt. Ich bin zuversichtlich, daß derselbe Mut, dieselbe Klugheit auch im jetzigen Kampf gegen Armut und Korruption zum Tragen kommen werden. Ihre Regierung bemüht sich zu Recht darum, die Dienstleistungen im Gesundheitswesen und im Bildungssektor auszubauen und einen nachhaltigen wirtschaftlichen Fortschritt zu erreichen. Nur so kann die Armut ausgemerzt und ein Klima der Sicherheit geschaffen werden. Den Bedürfnissen der Familien muß Rechnung getragen, die Familie als unentbehrliches Element für den Bau einer gesunden Gesellschaft anerkannt werden. Kinder und Jugendliche haben das Recht, nicht nur von einer angemessenen Ausbildung und außerschulischen Aktivitäten profitieren zu dürfen, sondern auch ihre Eingliederung in die Arbeitswelt garantiert zu wissen. Korruption macht geschäftliche Initiativen und Investitionen unattraktiv und führt letztendlich dazu, den Menschen die Hoffnung zu nehmen. Das starke Engagement Südafrikas für den Kampf gegen die Korruption ist daher ausgesprochen wichtig und muß von allen Bürgern anerkannt und unterstützt werden. Vor allem die zivilen Verantwortlichen müssen dafür sorgen, daß der Kampf gegen die Korruption unparteilich unterstützt wird. Damit einhergehen muß der Respekt vor einer unabhängigen Judikative und die kontinuierliche Heranbildung hochprofessioneller Polizeikräfte. Diese anspruchsvollen Aufgaben kann ich nur gutheißen und ermutigen. Ich bin zuversichtlich, daß etwaige Hindernisse auch in Zukunft überwunden werden können.

Die katholische Kirche ist überzeugt, daß sich die von ihr angebotenen Dienstleistungen im Bildungs-, Gesundheits- und Sozialwesen positiv auf das Leben in Ihrem Land auswirken. Die katholische Kirche unterstützt die moralische Faser des Gesellschaftsgewebes, indem sie für Integrität, Gerechtigkeit und Frieden eintritt und den Respekt vor dem Leben vom Augenblick der Empfängnis an bis zum natürlichen Tode lehrt. Besonders ernst nimmt die Kirche ihr Engagement für die Kampagne gegen die Ausbreitung von HIV/Aids, im Rahmen derer sie zur Treue in der Ehe und Enthaltsamkeit außerhalb der Ehe aufruft. Sie steht bereits auf dem afrikanischen Kontinent und auf der ganzen Welt den von dieser Krankheit Betroffenen mit praktischer Hilfe zur Seite. Ich ermutige die Menschen und Institutionen Ihres Landes, weiterhin in ihrer Heimat wie auch in der gesamten Region all jenen zu helfen, die durch ihren Einsatz im Bereich der Forschung, durch praktische Hilfeleistung und geistlichen Beistand das Leid der Menschen lindern wollen.

Herr Botschafter, ich wünsche Ihnen für Ihren Auftrag viel Erfolg und versichere Sie der bereitwilligen Unterstützung der Römischen Kurie. Der allmächtige Gott schenke Ihnen, Exzellenz, Ihrer Familie und der von Ihnen repräsentierten Nation reichen Segen, Wohlergehen und Frieden!





AN HERRN BEYON LUC ADOLPHE TIAO,

NEUER BOTSCHAFTER VON BURKINA FASO

BEIM HL. STUHL


Freitag, 29. Mai 2009


Herr Botschafter,

gerne empfange ich Sie anläßlich der Überreichung des Beglaubigungsschreibens, durch das Sie als außerordentlicher und bevollmächtigter Botschafter von Burkina Faso beim Heiligen Stuhl akkreditiert werden. Ich danke Ihnen für die freundlichen Worte, die Sie an mich gerichtet haben, sowie für die respektvollen Grüße, die Sie mir von Seiten Seiner Exzellenz des Präsidenten der Republik, Herrn Blaise Compaoré, übermittelt haben. Würden Sie Ihm bitte auch von meiner Seite meine hohe Wertschätzung für seine Person und das Volk von Burkina Faso zum Ausdruck bringen, dem ich wünsche, in Frieden und Brüderlichkeit leben zu können.

Herr Botschafter, die derzeitige internationale Wirtschaftskrise schwächt die afrikanische Wirtschaft noch mehr, und die Familien sehen sich vor allem aufgrund von zunehmender Armut, Arbeitslosigkeit und Krankheiten vor wachsende Schwierigkeiten gestellt. In diesem Umfeld werden die jungen Menschen dazu geführt, ihr Land zu verlassen, um sich eine bessere Zukunft zu suchen und ihren Familien zu helfen. Ich wünsche sehr, daß sich zwischen den reichen und den ärmeren Ländern eine echte Solidarität zeigen möge. In Krisenzeiten ist es besonders notwendig, daß die Entwicklungshilfe nicht zurückgeht, sondern daß die mehrfach gegebenen Versprechen tatsächlich verwirklicht werden. Jedenfalls müssen, wie ich aus Anlaß meiner jüngsten Reise nach Afrika gesagt habe, »die Afrikaner selbst … Hauptakteure ihrer Entwicklung sein, indem sie zusammen für das Wohl ihrer Gemeinschaften arbeiten« (Luanda, 20. März 2009). So werden die wirklichen Werte der Afrikaner berücksichtigt werden können, und nur so wird sich vermeiden lassen, daß sie nicht nur einfache Empfänger von Plänen sind, die andere erarbeitet haben. In dieser Hinsicht freue ich mich über den wichtigen Dienst, den die Stiftung Johannes Paul II. für die Sahelzone geleistet hat, die gerade in Ouagadougou den 25. Jahrestag ihres Bestehens gefeiert hat. Sie ist ein beredtes Zeichen für die Solidarität der katholischen Kirche mit den Ländern der Sahelzone, die besonders unter Trockenheit, Hunger und fortschreitender Wüstenbildung leiden, sowie für die wirksame Mitarbeit, welche die Kirche im Kampf gegen die Übel leistet, die ein Leben der Bevölkerung in Würde gefährden.

Damit es zu einer wirklichen Entwicklung der Gesellschaft kommen kann, sind die Wiederherstellung der Eintracht und der Sicherheit in der Region, mit der Ihr Land besonders verbunden ist, von wesentlicher Bedeutung. Die bereits erreichten Resultate zeigen, daß sich die Meinungsverschiedenheiten nur durch einen geduldigen Dialog überwinden lassen und daß nur so Frieden und Gerechtigkeit geschaffen werden können. Ich möchte die um Frieden bemühten Männer und Frauen und besonders die Menschen, die in der Gesellschaft Verantwortung tragen, dazu anspornen, sich weiterhin mutig dafür einzusetzen, daß die wiedergefundene Ruhe und Stabilität es erlauben mögen, die Beziehungen der Brüderlichkeit und der Solidarität zwischen den Völkern der Region in tiefem gegenseitigen Vertrauen zu stärken.

Herr Botschafter, wie Sie herausgestellt haben, setzt sich die katholische Kirche durch ihre Arbeit in den Bereichen des Gesundheitswesens, der Erziehung und der Sozialarbeit sehr in der Gesellschaft von Burkina Faso ein. Durch ihren Dienst für die Bevölkerung möchte sie an dem ihr eigenen Platz dazu beitragen, Antworten auf die zahlreichen und wichtigen Herausforderungen zu finden, vor denen die Familien stehen. Die Bewahrung der familiären Werte muß allen ein wichtiges Anliegen sein, da die Familie die wichtigste Säule des gesellschaftlichen Gebäudes darstellt. Daher können die Zeichen einer Auflösung des familiären Gefüges nur zu Situationen führen, deren Opfer häufig Kinder und Jugendliche sind. Die Erziehung und die Ausbildung der jungen Generation sind für die Zukunft der Nation ebenfalls von vorrangiger Bedeutung. Angesichts der Schwierigkeiten des Lebens ist es erforderlich, daß die Gesellschaft den jüngeren Menschen Gründe zum Leben und zur Hoffnung gibt.

Um zum Aufbau der Nation beizutragen ist die Stärkung der freundschaftlichen Beziehungen unter allen Gläubigen eine Aufgabe, die unablässig verfolgt werden muß. Ich freue mich besonders über die guten Beziehungen und die Zusammenarbeit, die sich in Ihrem Land seit Jahren zwischen Christen und Muslimen entwickelt hat. Auf der Suche nach einem immer besseren Verständnis in gegenseitigem Respekt und unter Ablehnung jeder Form von Gewalt und Intoleranz legen die Gläubigen vor Gott ein beredtes Zeugnis ab und tragen zum Fortschritt des Gemeinwohls bei.

Herr Botschafter, zum Schluß dieser Begegnung möchte ich durch Sie auch die Bischöfe von Burkina Faso sowie alle Mitglieder der katholischen Gemeinschaft grüßen, deren Tatkraft mir bekannt ist. Während wir uns darauf vorbereiten, die Zweite Sonderversammlung der Bischofssynode für Afrika abzuhalten, lade ich sie besonders dazu ein, die Vorbereitung und den Ablauf dieses wichtigen kirchlichen Ereignisses mit ihren Gebeten zu unterstützen und in Zusammenarbeit mit allen ihren Landsleuten Stifter von Versöhnung, Gerechtigkeit und Frieden zu sein.

Nun da Sie, Herr Botschafter, Ihre Mission beim Heiligen Stuhl beginnen, begleiten Sie meine herzlichen Wünsche für ein gutes Gelingen. In dem Wunsch, daß die harmonischen Beziehungen zwischen Burkina Faso und dem Heiligen Stuhl anhalten und sich weiterentwickeln mögen – die kürzlich erfolgte Eröffnung einer Apostolischen Nuntiatur in Ouagadougou ist dafür ein glückliches Zeichen –, versichere ich Sie der Hilfsbereitschaft meiner Mitarbeiter, bei denen Sie immer freundliche Aufnahme und herzliches Verständnis finden werden.

Ich bitte den Allmächtigen, Seine Exzellenz, Ihre Familie und die Mitarbeiter Ihrer Botschaft, sowie alle Verantwortlichen und alle Bürger Burkina Fasos mit der Fülle Seiner Wohltaten zu segnen.



AN HERRN NEVILLE MELVIN GERTZE,

NEUER BOTSCHAFTER VON NAMIBIA BEIM HL. STUHL


Freitag, 29. Mai 2009


Exzellenz,

ich freue mich, Sie im Vatikan begrüßen zu dürfen und von Ihnen das Beglaubigungsschreiben in Empfang zu nehmen, mit dem Sie als außerordentlicher und bevollmächtigter Botschafter der Republik Namibia beim Heiligen Stuhl akkreditiert werden. Ich danke Ihnen für den freundlichen Gruß, den mir Staatspräsident Hifikepunye Pohamba durch Sie übermitteln ließ. Bitte versichern Sie ihn meiner Dankbarkeit und meiner besten Wünsche. Ich grüße auch die Regierungsmitglieder, die zivilen Autoritäten und alle Bürger Ihres Landes.

Die diplomatischen Beziehungen zwischen dem Heiligen Stuhl und den einzelnen Ländern dienen dazu, einen Rahmen zu schaffen, in dem gemeinsame Interessen verfolgt und gewahrt werden. Das gibt beiden Parteien auch die Gelegenheit, auf nationaler und internationaler Ebene gemeinsame Werte zu fördern. Ich bin zufrieden mit den vielen positiven Resultaten, die der Heilige Stuhl und Namibia schon in der relativ kurzen Zeit ihrer Zusammenarbeit erreichen konnten.

Herr Botschafter, wie Sie wohl wissen, verfügt Afrika über ein breites Spektrum politischer, sozialer und wirtschaftlicher Realitäten. Einige dieser Initiativen sind von Erfolg gekrönt, andere wiederum haben die Erwartungen der Völker, denen sie dienen sollten, nicht erfüllt. Namibia gehört erst seit relativ kurzer Zeit zur Familie der unabhängigen Staaten. Die Bürger Ihres Landes und deren gewählte Regierungsvertreter haben sich vom Beispiel anderer Länder inspirieren lassen und im Laufe der Zeit die Notwendigkeit erkannt, die Bodenschätze des Landes im Bereich Bergbau und Landwirtschaft zu schützen, deren zweckmäßigen Abbau und den Gewinn zu kontrollieren und für das Gemeinwohl zu nutzen. Den Uranabbau und die Diamantenbearbeitung einer verantwortlichen Kontrolle zu unterstellen, sind positive Initiativen. In der Tat sind Transparenz, ehrliche Geschäftspraktiken und gute Regierung wesentlich für einen nachhaltigen wirtschaftlichen Fortschritt. Es freut mich feststellen zu können, daß in der Verfassung Ihres Landes ein klares Bewußtsein der ökologischen Verantwortung des Staates enthalten ist. Während sie weiter für eine gerechte Verteilung des Reichtums und somit auch für bessere Entwicklungsmöglichkeiten Benachteiligter kämpfen, rufe ich die Nation auf, den Weg zur Stärkung des Gemeinwohls nicht zu verlassen, die demokratischen Institutionen und Praktiken zu konsolidieren und nach Gerechtigkeit für alle zu streben.

Herr Botschafter, der Heilige Stuhl ist zuversichtlich, daß Ihr Land zu positiven Entwicklungen in Afrika und in der internationalen Gemeinschaft beitragen kann. Aufgrund seiner Geschichte der friedlichen Unabhängigkeit und Integration, seiner Einheit in der Verschiedenheit und dem verantwortungsvollen Umgang mit Bodenschätzen kann Namibia der Entwicklung anderer Völker zum Vorbild gereichen. Es ist auch wichtig, daß sich Namibia bei internationalen Begegnungen Gehör verschafft. Nur so können die derzeitigen Bedürfnisse und Erwartungen der Völker Ihres Kontinents objektiv und aus einer afrikanischen Perspektive zum Ausdruck gebracht werden, und nicht auf eine Weise, die allein die Interessen anderer vertritt.

Die katholische Kirche ist froh darüber, ihre Sendung in einem Klima der Religionsfreiheit ausüben zu können. Welchen Beitrag die Kirche zum zivilen Leben leistet, sieht man nicht nur an dem, was einzelne Christen oder Institutionen vollbracht haben, sondern auch an der Wirkung ihrer Botschaft. Indem die Kirche das Evangelium verkündet und zu einer von Glaube, Hoffnung und Liebe getragenen Haltung anregt, lädt sie die Menschen zu einem Leben ein, das im Zeichen der Werte steht. Einem Leben, das von jener geistlichen und moralischen Stärke getragen wird, die aus dem Glauben kommt und in Integrität, dem verantwortlichen Gebrauch der Freiheit, Respekt und Toleranz anderen gegenüber Ausdruck findet. Menschen, die von diesen oder ähnlichen moralischen und geistlichen Perspektiven inspiriert sind, tragen positiv zum Wohl der Gesellschaft in ihrer sozialen, wirtschaftlichen und politischen Dimension bei. Das gilt besonders für Personen in politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Führungspositionen.

Der Evangelisierungsauftrag der Kirche schließt ein großzügiges Engagement für Initiativen mit ein, mit denen Bedürftigen geholfen werden soll. Wie Sie, Herr Botschafter, in Ihrer Grußadresse gesagt haben, konnte die Kirche in Ihrer Heimat im Lauf der Jahre eine Vielzahl von Gemeinschaften und Institutionen guten Willens ins Leben rufen, die sich nicht nur der Pastoral widmen, sondern auch der Erziehung und Berufsausbildung sowie der Betreuung von Menschen, die sich in Schwierigkeiten befinden. Durch Schulen und spezialisierte Ausbildungszentren, Krankenhäuser und wohltätige Einrichtungen praktiziert die Kirche jene Nächstenliebe, die im obersten Gebot so unmißverständlich gefordert wird. Ich bete darum, daß die katholischen Institutionen des Landes ihre Erfahrung auch weiterhin in den Dienst der Förderung und Entwicklung des namibischen Volkes stellen und dessen gegenwärtige und zukünftige Bedürfnisse nicht aus den Augen verlieren.

Ich weiß, daß es eine der Prioritäten des Regierungsprogramms ist, größeres Augenmerk auf die Volksgesundheit zu legen, vor allem auf die Betreuung der vielen HIV/Aids-Infizierten. In diesem Bereich bietet die Kirche gerne auch weiter ihre Hilfe an. Sie ist überzeugt davon, daß der Ausbreitung dieser Krankheit nur durch eine Strategie vorgebeugt werden kann, die auf Erziehung zu individueller Verantwortung und einer moralischen Sicht der Sexualität basiert, mit besonderem Augenmerk auf der ehelichen Treue. Gerne bietet die Kirche hier ihre Mitarbeit an. Vor allem im Bereich der Erziehung, wo junge Menschen zu aktiven und verantwortungsvollen Mitgliedern der Gesellschaft herangebildet werden.

Herr Botschafter, ich habe hier einige Gedanken zur gegenwärtigen Situation Ihres Landes geäußert und mich dabei von der Liebe zu Ihrem Volk und der zuversichtlichen Hoffnung für die Zukunft Namibias inspirieren lassen. Für Ihren Auftrag wünsche ich Ihnen viel Erfolg. Bitte zögern Sie nicht, sich an die Dikasterien der Römischen Kurie zu wenden, die Ihnen jederzeit gerne zur Seite stehen. Der allmächtige Gott schenke Ihnen, Ihrer Familie und der von Ihnen repräsentierten Nation reichen und anhaltenden Segen, Wohlergehen und Frieden!

AN HERRN ROLF TROLLE ANDERSEN,

NEUER BOTSCHAFTER VON NORWEGEN BEIM HL. STUHL Freitag, 29. Mai 2009


Exzellenz!

Ich freue mich, Sie im Vatikan willkommen zu heißen und das Beglaubigungsschreiben entgegenzunehmen, durch das Sie als außerordentlicher und bevollmächtigter Botschafter des Königreichs Norwegen beim Heiligen Stuhl akkreditiert werden. Ich möchte meine Dankbarkeit für die guten Wünsche zum Ausdruck bringen, die Sie von seiten König Haralds V. überbringen. Bitte übermitteln Sie Seiner Majestät meinen herzlichen Gruß und versichern Sie ihn meines ständigen Gebets für das ganze Volk Ihrer Nation. Besonders passend erscheint es, daß die heutige Zeremonie, ein wichtiger Meilenstein unserer diplomatischen Beziehungen, fast genau am 20. Jahrestag des historischen Besuchs von Papst Johannes Paul II. in den skandinavischen Ländern stattfindet.

Ihr Land ist nicht nur mit beachtlichem Wohlstand gesegnet, sondern es steht auch in dem hervorragenden Ruf, anderen Ländern, die sich in einer weniger glücklichen Lage befinden, zu Hilfe zu kommen. Auf die Umwälzungen in der Finanzwelt der letzten Monate hat Norwegen schnell reagiert und anderen Ländern seine erfahrene Unterstützung angeboten, um ihnen zu helfen, den Sturm zu überstehen, obgleich es durch die Krise selbst von wirtschaftlichen Schwierigkeiten betroffen ist. Norwegen hat einer großen Zahl von Flüchtlingen und Einwanderern seine Türen geöffnet und sich so über viele Jahre hinweg als großherzige und gastfreundliche Nation erwiesen. Wie Sie, Exzellenz, erwähnten, hat dieser Zustrom in der norwegischen Gesellschaft, und besonders in der kleinen katholischen Gemeinschaft, zu einer viel größeren kulturellen und ethnischen Vielfalt geführt. Dies wiederum hat eine tiefere Reflexion über die Voraussetzungen und Werte angeregt, die das Leben im heutigen Norwegen und seinen Platz in der modernen Welt bestimmen.

»Selig, die Frieden stiften.« Diese Worte Jesu (Mt 5,9) haben sich die Norweger, deren Kultur stark von ihrer 1000jährigen christlichen Geschichte geprägt ist, sehr zu Herzen genommen. Norwegens Engagement in der Friedenssicherung wird dadurch deutlich, daß es auf höchster Ebene in die Organisation der Vereinten Nationen eingebunden ist. Ihr erster Generalsekretär, Trygve Lie, kam aus Norwegen, ebenso wie eine Reihe der derzeitigen höheren Amtsträger. Der Heilige Stuhl ist Ihrem Land sehr dankbar für seinen Beitrag zur Lösung von Konflikten an einigen der größten Brennpunkte der Welt. Von Sri Lanka bis Afghanistan, vom Sudan bis nach Somalia, vom Tschad bis zur Demokratischen Republik Kongo: Überall hat Norwegen eine Rolle gespielt, sei es durch Friedensverhandlungen, durch den Aufruf an die Beteiligten, das internationale Recht zu beachten, durch humanitäre Hilfe, durch Hilfe beim Wiederaufbau und bei der Friedenssicherung oder durch die Förderung der Demokratie und fachmännischen Rat beim Aufbau der sozialen Infrastruktur. Da ich gerade von meinem Apostolischen Besuch im Heiligen Land zurückgekehrt bin, bin ich mir der wichtigen Arbeit, die Ihr Land bei der Aushandlung von Friedensübereinkommen zwischen Israel und der palästinensischen Autonomiebehörde geleistet hat, besonders bewußt. Ich hoffe und bete, daß der Geist der Versöhnung und die Suche nach Gerechtigkeit, die zu den Abkommen von Oslo geführt haben, eines Tages die Oberhand gewinnen und den Völkern jener gemarterten Region dauerhaften Frieden bringen werden.

Zusätzlich zu diesen humanitären Anliegen nehmen die Norweger die Erfordernisse der natürlichen Umwelt sehr ernst. Sie messen der Entwicklung erneuerbarer Energiequellen besondere Bedeutung bei und schenken den Gründen für den Klimawandel und seinen Folgen Aufmerksamkeit. Bezeichnend für die Weitsicht Ihres Landes in bezug auf das Wohl des Planeten und seiner Bewohner ist das »Global Seed Vault« (Globaler Saatgut-Tresor), dessen Absicht es ist, das Überleben zahlreicher Formen pflanzlichen Lebens zu gewährleisten, damit insbesondere lebenswichtige Nahrungsressourcen vor einem möglichen Aussterben geschützt werden können.

Bei all diesen Unternehmungen ist Ihr Land durch die ethischen Grundwerte motiviert, von denen Sie, Exzellenz, gesprochen haben. Diese Werte sind in Norwegens christlicher Kultur verwurzelt und stehen daher im Mittelpunkt der Perspektiven und Ziele, die es mit dem Heiligen Stuhl teilt. In weniger als 30 Jahren diplomatischer Beziehungen zwischen uns ist viel erreicht worden. Die enge Zusammenarbeit zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Königreich Norwegen – sowie anderen Nationen – bei der Ausarbeitung und Ratifizierung der Konvention zum Verbot von Streumunition ist ein gutes Beispiel dafür. Auch ich freue mich, unsere hervorragenden Beziehungen in vielen verschiedenen Bereichen weiterzuentwickeln und zu festigen, in der Absicht, die uns gemeinsame ethische Sichtweise zu fördern, um eine menschlichere und gerechtere Welt aufzubauen.

Was das Inland betrifft, so ist die katholische Gemeinschaft in Norwegen, obwohl sie nur klein ist, eifrig darauf bedacht, sich am Leben der Nation zu beteiligen und in der öffentlichen Debatte ihre Stimme vernehmen zu lassen. Ich habe vorhin die tiefe Reflexion erwähnt, die gegenwärtig hinsichtlich der Voraussetzungen und Werte stattfindet, die die norwegische Gesellschaft bestimmen, und hier kann die katholische Gemeinschaft mit ihrem reichen Erbe der Soziallehre einen wertvollen Beitrag leisten. Wie viele Länder im heutigen Europa ist Norwegen zunehmend aufgefordert, die Bedeutung des Rechts auf Religionsfreiheit im Kontext einer liberalen und pluralistischen Gesellschaft zu untersuchen. Ich bin zuversichtlich, daß die hohen ethischen Prinzipien und die Großherzigkeit, die für Norwegens Handeln auf der internationalen Bühne bezeichnend sind, auch im Inland vorherrschend sein werden, damit alle Bürger Ihres Land die Freiheit haben, ihre Religion auszuüben, und all die verschiedenen Religionsgemeinschaften die Freiheit haben, ihre Angelegenheiten in Übereinstimmung mit ihrem Glauben und ihrem Rechtssystem zu ordnen und auf diese Weise ihren besonderen Beitrag zum Gemeinwohl zu leisten.

Exzellenz, ich entbiete Ihnen meine besten Wünsche für den Erfolg Ihrer Mission und möchte Ihnen versichern, daß die verschiedenen Ämter der Römischen Kurie bereit sind, Hilfe und Unterstützung bei der Erfüllung Ihrer Pflichten zu bieten. Auf Sie, Exzellenz, Ihre Familie und das ganze Volk des Königreichs Norwegen rufe ich von Herzen Gottes reichen Segen herab.



AN DIE NEUEN BOTSCHAFTER BEIM HL. STUHL

ANLÄSSLICH DER GEMEINSAMEN ÜBERGABE

DER BEGLAUBIGUNGSSCHREIBEN Freitag, 29. Mai 2009

Exzellenzen!

Es ist mir eine Freude, Sie heute vormittag anläßlich der Übergabe der Schreiben zu empfangen, durch die Sie beim Heiligen Stuhl als außerordentliche und bevollmächtigte Botschafter Ihrer Länder akkreditiert werden: der Mongolei, Indiens, der Republik Benin, Neuseelands, der Republik Südafrika, Burkina Fasos, Namibias und Norwegens. Ich danke Ihnen, daß Sie mir die freundlichen Worte Ihrer jeweiligen Staatsoberhäupter übermittelt haben. Ich bitte Sie, ihnen meinerseits meine herzlichen Grüße und besten Wünsche sowohl für sie persönlich als auch für ihren wichtigen Auftrag im Dienst für ihr Land und ihr Volk zukommen zu lassen. Ich erlaube mir ebenfalls, durch Sie alle zivilen und religiösen Obrigkeiten Ihrer Nationen sowie Ihre Landsleute zu grüßen. Meine Gebete und meine Gedanken richten sich besonders an die katholischen Gemeinschaften in Ihren Ländern. Seien Sie versichert, daß diese gerne auf brüderliche Weise am nationalen Aufbau mitwirken, indem sie nach besten Kräften ihren persönlichen, auf dem Evangelium begründeten Beitrag leisten.

Meine Damen und Herren Botschafter, der Einsatz im Dienst für den Frieden und die Stärkung der brüderlichen Beziehungen zwischen den Nationen stehen im Mittelpunkt Ihres Auftrags als Diplomaten. In der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Krise, die die Welt heute erlebt, ist es dringend erforderlich, sich erneut bewußt zu machen, daß wirksam dafür gekämpft werden muß, im Hinblick auf eine für alle gerechtere und glücklichere Welt echten Frieden zu schaffen. Tatsächlich stellen die häufig deutlichen Ungerechtigkeiten zwischen den einzelnen Nationen oder innerhalb der Nationen, sowie alle Vorgänge, die dazu beitragen, Spaltungen zwischen den Völkern hervorzurufen oder sie zu marginalisieren, gefährliche Beeinträchtigungen für den Frieden dar und schaffen ernsthafte Konfliktrisiken. Infolgedessen sind wir alle aufgerufen, entsprechend unserer jeweiligen Verantwortung unseren Beitrag für das Gemeinwohl und für den Frieden zu leisten. Wie ich am vergangenen 1. Januar in meiner Botschaft zum Weltfriedenstag geschrieben habe: »Einer der besten Wege zur Schaffung des Friedens ist eine Globalisierung, die auf die Interessen der großen Menschheitsfamilie ausgerichtet ist. Um die Globalisierung zu lenken, bedarf es jedoch einer starken globalen Solidarität zwischen reichen und armen Ländern sowie innerhalb der einzelnen Länder, auch wenn sie reich sind« (Nr. 8). Der Frieden kann nur dadurch geschaffen werden, daß man mutig versucht, die durch ungerechte Systeme erzeugten Ungleichheiten auszumerzen, um allen einen Lebensstandard zu garantieren, der ein würdiges und zufriedenes Dasein erlaubt.

Diese Ungleichheiten sind durch die derzeitige Finanz- und Wirtschaftskrise, die sich über verschiedene Kanäle in den Ländern mit schwachen Einkünften ausbreitet, noch deutlicher geworden. Ich begnüge mich damit, einige davon zu erwähnen: der Rückgang der ausländischen Investitionen, der Einbruch der Nachfrage nach Rohstoffen und die abnehmende Tendenz der internationalen Hilfe. Hinzu kommt der Rückgang der Mittel, die von den emigrierten Arbeitern an die in ihrem Land gebliebenen Familien geschickt werden. Sie sind Opfer der Rezession, die auch die Länder trifft, in denen sie aufgenommen werden. Diese Krise kann sich für die Einwohner vieler schwacher Länder in eine humanitäre Katastrophe verwandeln. Diejenigen, die bereits in äußerster Armut gelebt haben, sind als erste betroffen, da sie am verletzlichsten sind. Die Krise läßt auch Menschen in die Armut abgleiten, die bislang auf annehmbare Weise leben konnten, ohne dabei besonders wohlhabend zu sein. Die Armut nimmt zu und hat schwere und manchmal irreversible Folgen. So kann die durch die Wirtschaftskrise bewirkte Rezession für zahllose Menschen zu einer Existenzbedrohung werden. Die Kinder sind die ersten unschuldigen Opfer und müssen in erster Linie geschützt werden. Die Wirtschaftskrise hat auch einen weiteren Effekt. Die Verzweiflung, die sie hervorruft, führt einige Menschen zur angstvollen Suche nach einer Lösung, die ihnen das tägliche Überleben ermöglicht. Diese Suche wird manchmal leider von individuellen oder kollektiven Gewaltakten begleitet, die zu internen Konflikten führen können, welche die geschwächten Gesellschaften noch weiter zu destabilisieren drohen. Um der derzeitigen Krisensituation zu begegnen und eine Lösung für sie zu finden, haben einige Länder beschlossen, ihre Hilfe für die am stärksten bedrohten Länder nicht einzuschränken, und sich vorgenommen, diese vielmehr aufzustocken. Es wäre notwendig, daß andere reiche Länder ihrem Beispiel folgen, um den bedürftigen Ländern zu erlauben, ihre Wirtschaft zu stützen und soziale Maßnahmen zu ergreifen, die dazu bestimmt sind, die bedürftigsten Bevölkerungsgruppen zu schützen. Ich rufe zu mehr Brüderlichkeit und Solidarität auf sowie zu einer wirklich gelebten globalen Großherzigkeit. Dieses Teilen fordert von den reichen Ländern, wieder den Sinn für das Maß und die Nüchternheit in der Wirtschaft und im Lebensstil zu finden.

Meine Damen und Herren Botschafter, es ist Ihnen nicht unbekannt, daß sich in den letzten Jahren neue Formen der Gewalt entwickelt haben, die sich unglücklicherweise auf den Namen Gottes berufen, um ihre schädigenden Maßnahmen zu rechtfertigen. Hat Gott nicht selbst, da er die Schwäche des Menschen kennt, am Sinai die Worte offenbart: »Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes, nicht mißbrauchen; denn der Herr läßt den nicht ungestraft, der seinen Namen mißbraucht« (Ex 20,7)? Solche Ausuferungen haben manchmal dazu geführt, in den Religionen eine Bedrohung für die Gesellschaften zu sehen. Sie werden folglich mit der Behauptung, sie würden nicht zum Frieden beitragen, angegriffen und diskreditiert. Die religiösen Verantwortlichen haben die Pflicht, die Gläubigen zu begleiten und sie aufzuklären, damit sie in der Heiligkeit fortschreiten und die göttlichen Worte in der Wahrheit interpretieren können. Man muß also die Entwicklung einer Welt begünstigen, in der Religionen und Gesellschaften sich dank der Öffnung, die sie in ihrem Inneren und untereinander praktizieren, einander öffnen können. Das würde bedeuten, ein echtes Lebenszeugnis zu geben. Das würde bedeuten, einen Raum zu schaffen, der den Dialog sachlich und erforderlich machen würde. Indem die katholische Kirche in der Welt ihren Beitrag leistet, möchte sie eine positive Sicht der Zukunft der Menschheit bezeugen. Ich bin überzeugt von »der unersetzlichen Funktion der Religion für die Gewissensbildung« sowie von dem Beitrag, »den die Religion gemeinsam mit anderen zur Bildung eines ethischen Grundkonsenses innerhalb der Gesellschaft erbringen kann« (Ansprache im Elysée-Palast, Paris, 12. September 2008).

Ihre Mission beim Heiligen Stuhl, meine Damen und Herren Botschafter, hat gerade begonnen. Sie werden bei meinen Mitarbeitern die notwendige Unterstützung finden, um sie zu erfüllen. Ich spreche Ihnen erneut meine herzlichsten Wünsche für das gute Gelingen ihrer schwierigen Aufgabe aus. Möge der Allmächtige Ihnen persönlich, Ihren Angehörigen, Ihren Mitarbeitern und all Ihren Landsleuten beistehen! Möge Gott Sie mit der Fülle seines Segens beschenken!

BEGEGNUNG VON BENEDIKT XVI.

MIT DEN KINDERN DES

PÄPSTLICHEN KINDERMISSIONSWERKES Audienzenhalle

Samstag, 30. Mai 2009


Frage:

Ich heiße Anna Filippone und bin zwölf Jahre alt. Ich bin Ministrantin und komme aus Kalabrien, aus der Diözese Oppido Mamertina-Palmi. Papst Benedikt, mein Freund Giovanni hat einen italienischen Vater und eine Mutter aus Ecuador, und er ist sehr glücklich. Glaubst Du, daß die verschiedenen Kulturen eines Tages im Namen Jesu zusammenleben können, ohne zu streiten?

Benedikt XVI.: Ich habe verstanden, daß ihr wissen wollt, wie es uns als Kindern gelungen ist, uns gegenseitig zu helfen. Dazu muß ich sagen, daß ich die Grundschuljahre in einem kleinen Ort mit 400 Einwohnern verbracht habe, weit weg von den großen Städten. Wir waren also ganz einfache Kinder, und in diesem Ort gab es einerseits sehr reiche Landwirte, und auch andere, die nicht so reich waren, aber doch über einen gewissen Wohlstand verfügten, und auf der anderen Seite arme Angestellte, Handwerker. Unsere Familie war kurz vor Beginn der Grundschulzeit aus einem anderen Dorf dort angekommen, deshalb waren wir ein bißchen fremd für sie, auch der Dialekt war anders. In dieser Schule spiegelten sich also sehr verschiedene soziale Situationen wider. Trotzdem gab es unter uns eine sehr schöne Gemeinschaft. Sie haben mir ihren Dialekt beigebracht, den ich noch nicht kannte. Wir haben gut zusammengearbeitet, und ich muß sagen, daß wir manchmal natürlich auch gestritten haben. Aber anschließend haben wir uns versöhnt und haben vergessen, was geschehen war.

Das scheint mir wichtig zu sein. Manchmal scheint es im Leben unausweichlich zu sein, daß man miteinander streitet; aber wichtig bleibt dennoch die Kunst, sich zu versöhnen, die Vergebung zu suchen, neu anzufangen und keine Bitternis im Herzen zu behalten. Dankbar erinnere ich mich daran, wie wir alle zusammengearbeitet haben: einer half dem anderen, und wir gingen zusammen unseren Weg. Wir waren alle katholisch, und das war natürlich eine große Hilfe. So haben wir gemeinsam die Bibel kennengelernt, angefangen von der Schöpfung bis zum Opfer Jesu am Kreuz und dann auch die Anfänge der Kirche. Wir haben zusammen den Katechismus gelernt, wir haben zusammen beten gelernt, wir haben uns zusammen auf die erste Beichte vorbereitet, auf die erste heilige Kommunion: das war ein wunderbarer Tag. Wir haben verstanden, daß Jesus selbst zu uns kommt und daß er kein weit entfernter Gott ist: er kommt in mein eigenes Leben, in meine Seele. Und wenn derselbe Jesus zu jedem von uns kommt, sind wir Brüder, Schwestern, Freunde und müssen uns auch so verhalten.

Für uns waren diese Vorbereitungen – sowohl auf die erste Beichte als Reinigung unseres Gewissens, unseres Lebens, und dann auch auf die erste heilige Kommunion als konkrete Begegnung mit Jesus, der zu mir kommt, der zu uns allen kommt – Faktoren, die dazu beigetragen haben, unsere Gemeinschaft zu formen. Sie haben uns geholfen, gemeinsam voranzugehen, zusammen zu lernen, uns zu versöhnen, wenn dies nötig war. Wir haben auch kleine Theaterstücke aufgeführt: Es ist auch wichtig zusammenzuarbeiten, aufmerksam füreinander zu sein. Dann bin ich mit acht oder neun Jahren Meßdiener geworden. Damals gab es noch keine Meßdienerinnen, aber die Mädchen lasen besser als wir. Sie trugen also in der Messe die Lesungen vor, und wir waren Ministranten. Zu jener Zeit gab es noch viele lateinische Texte, die man auswendig lernen mußte, so mußte sich jeder Mühe geben. Wie ich bereits gesagt habe, waren wir keine Heiligen. Wir haben uns auch gestritten, aber dennoch gab es eine schöne Gemeinschaft, wo die Unterschiede zwischen reich und arm, zwischen intelligent und weniger intelligent nicht zählten. Es war Gemeinschaft mit Jesus auf dem gemeinsamen Glaubensweg und in gemeinsamer Verantwortung, beim Spielen und beim Arbeiten. Wir haben die Fähigkeit gefunden zusammenzuleben, Freunde zu sein und obwohl ich seit 1937, das heißt seit mehr als 70 Jahren, nicht mehr in diesem Dorf war, sind wir immer Freunde geblieben. Wir haben also gelernt, einander anzunehmen, einer die Last des anderen zu tragen.

Das scheint mir wichtig: Trotz unserer Schwächen nehmen wir einander an, und mit Jesus, mit der Kirche finden wir gemeinsam den Weg des Friedens und lernen, recht zu leben.

Frage:

Ich heiße Letizia und möchte Dir eine Frage stellen. Lieber Papst Benedikt XVI., was bedeutete für Dich, als Du Kind warst, das Motto »Kinder helfen Kindern«? Hättest Du je gedacht, daß Du einmal Papst wirst?

Benedikt XVI.: Um die Wahrheit zu sagen, ich hätte nie gedacht, daß ich einmal Papst werde. Denn, wie ich schon gesagt habe, war ich ein recht einfacher Junge in einem kleinen Dorf weit weg von den großen Zentren, in der vergessenen Provinz. Wir waren glücklich, auf dem Land zu sein, und dachten nicht an andere Dinge. Natürlich haben wir den Papst – damals war es Pius XI. – gekannt, verehrt und geliebt, aber für uns war er in unerreichbarer Höhe, fast in einer anderen Welt: er war für uns ein Vater, aber doch in einer Wirklichkeit, die uns alle weit überstieg. Und ich muß sagen, noch heute fällt es mir schwer, zu verstehen, warum der Herr an mich denken konnte, warum er mich für dieses Amt bestimmt hat. Aber ich nehme es aus seinen Händen an, auch wenn es erstaunlich ist und weit über meine Kräfte zu gehen scheint. Aber der Herr hilft mir.

Frage:

Lieber Papst Benedikt, ich heiße Alessandro. Ich wollte Dich fragen: Du bist der erste Missionar. Wie können wir Kinder Dir helfen, das Evangelium zu verkünden?

Benedikt XVI.: Ich würde sagen, eine erste Möglichkeit besteht darin, mit dem Päpstlichen Kindermissionswerk zusammenzuarbeiten. So seid ihr Teil einer großen Familie, die das Evangelium in die Welt trägt. So seid ihr Teil eines großen Netzwerks. Jetzt sehen wir, wie sich hier die Familie der verschiedenen Völker widerspiegelt. Ihr gehört zu dieser großen Familie: Jeder trägt seinen Teil dazu bei, und gemeinsam seid ihr Missionare, Teil der Missionstätigkeit der Kirche. Ihr habt ein schönes Programm, das eure Sprecherin bereits aufgezeigt hat: zuhören, beten, kennenlernen, teilen, solidarisch sein. Das sind die wesentlichen Elemente, die wirklich eine Art und Weise sind, missionarisch zu sein, zum Wachstum der Kirche und der Gegenwart des Evangeliums in der Welt beizutragen. Einige dieser Punkt möchte ich besonders hervorheben.

Vor allem das Beten. Das Gebet ist eine Wirklichkeit: Gott hört uns, und wenn wir beten, tritt Gott in unser Leben ein, wird gegenwärtig unter uns und handelt. Beten ist etwas sehr Wichtiges, das die Welt verändern kann, weil es die Kraft Gottes gegenwärtig macht. Und es ist wichtig, im Gebet einander zu helfen: beten wir gemeinsam in der Liturgie, beten wir gemeinsam in der Familie. Und hier meine ich, daß es wichtig ist, den Tag mit einem kleinen Gebet zu beginnen und dann auch den Tag mit einem kleinen Gebet zu beenden: für die Eltern beten, vor dem Mittag- und dem Abendessen beten, und bei der gemeinsamen Sonntagsfeier. Ein Sonntag ohne die heilige Messe, das große gemeinschaftliche Gebet der Kirche, ist kein echter Sonntag: Es fehlt das Herz des Sonntags und damit auch das Licht für die ganze Woche. Und ihr könnt auch den anderen helfen – besonders wo man vielleicht zu Hause nicht betet, das Gebet nicht kennt –, ihr könnt andere lehren zu beten: ihr könnt mit ihnen beten und so andere zur Gemeinschaft mit Gott führen.

Dann das Hören, das heißt: wirklich zu verstehen, was Jesus uns sagt. Und auch die Heilige Schrift, die Bibel kennen. Durch die Geschichte Jesu lernen wir – wie der Kardinal gesagt hat – das Antlitz Gottes kennen, wir erfahren, wie Gott ist. Es ist wichtig, Jesus tief und persönlich zu kennen. So tritt er in unser Leben ein und durch unser Leben in die Welt.

Und auch das Teilen: die Dinge nicht nur für sich selbst haben wollen, sondern für alle; mit den anderen teilen. Und wenn wir jemanden sehen, der etwas braucht, der weniger hat, müssen wir ihm helfen und so die Liebe Gottes ohne große Worte gegenwärtig machen in unserer eigenen kleinen Welt, die ein Teil der großen Welt ist. Und so werden wir gemeinsam eine Familie, wo einer den anderen achtet: den anderen annehmen in seinem Anders-Sein, auch die Unsympathischen akzeptieren, nicht zulassen, daß einer an den Rand gedrängt wird, sondern ihm helfen, sich in die Gemeinschaft einzufügen. Das alles bedeutet einfach, in der großen Familie der Kirche zu leben, in dieser großen missionarischen Familie. Die wesentlichen Punkte zu leben – das Teilen, das Kennenlernen Jesu, das Gebet, das einander Zuhören und die Solidarität – ist ein missionarisches Werk, denn es trägt dazu bei, daß das Evangelium in unserer Welt Wirklichkeit wird.
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Benedikt XVI Predigten 308