Benedikt XVI Predigten 276

276

APOSTOLISCHE REISE

VON PAPST BENEDIKT XVI.

NACH KAMERUN UND ANGOLA

(17.-23. MÄRZ 2009)

BEGEGNUNG MIT DEN BISCHÖFEN VON ANGOLA UND SÃO TOMÉ

Kapelle der Apostolischen Nuntiatur - Luanda
Freitag, 20. März 2009

Herr Kardinal,

liebe Bischöfe von Angola und São Tomé!

Es ist mir eine große Freude, euch an diesem Sitz treffen zu können, den Angola dem Nachfolger Petri – für gewöhnlich in der Person seines Vertreters – vorbehalten hat. Dieser Ort ist sichtbares Zeichen für die Bande, die eure Völker mit der katholischen Kirche verbinden, die sich seit über fünfhundert Jahren darüber freut, euch zu ihren Kindern zählen zu können. Unser einmütiger und inniger Lobpreis soll zu Gottvater aufsteigen, der durch das Wirken und die Gnade des Heiligen Geistes nicht aufhören möge, den mystischen Leib seines Sohnes mit den für Angola und São Tomé charakteristischen Zügen hervorzubringen, ohne deshalb die jüdischen, römischen, portugiesischen und viele andere, schon früher angeeignete Charaktermerkmale zu verleugnen, »denn ihr alle, die ihr auf Christus getauft seid […], seid ›einer‹ in Christus Jesus« (Ga 3,27 Ga 3,28). Um dieses Werk der Hervorbringung des ganzen Christus durch den Glauben und die Taufe heute weiter voranzubringen, hat es dem guten Gott gefallen, mich und euch, liebe Brüder, daran teilhaben zu lassen; man braucht sich also nicht zu wundern, daß die Geburtswehen bei uns so lange zu spüren sind, bis Christus im Herzen eures Volkes vollkommen Gestalt angenommen hat (vgl. Gal Ga 4,10). Gott wird euch für eure apostolische Arbeit belohnen, die ihr unter schwierigen Bedingungen, sowohl während des Krieges wie derzeit inmitten so vieler Einschränkungen, erbracht habt; auf diese Weise tragt ihr dazu bei, der Kirche in Angola und São Tomé und Príncipe jene Dynamik zu verleihen, die alle dankbar anerkennen.

Im Bewußtsein des Amtes, zu dessen Erfüllung im Dienst der kirchlichen Gemeinschaft ich berufen bin, bitte ich euch: Macht euch zu Übermittlern meiner ständigen Sorge um eure Gemeinschaften, die ich in der Person jedes einzelnen Mitglieds dieser Bischofskonferenz mit aufrichtiger Liebe grüße! Einen besonderen Gruß richte ich an euren Vorsitzenden, Erzbischof Damião Franklin, dem ich für die in eurem Namen an mich gerichteten Begrüßungsworte danke; er hat darin eure Bemühungen um gewissenhafte Unterscheidung und einen daraus folgenden einheitlichen Plan dargelegt, der in euren Diözesangemeinschaften verwirklicht werden soll, um die Brüder »für den Aufbau des Leibes Christi zu rüsten […], damit wir alle zum vollkommenen Menschen werden und Christus in seiner vollendeten Gestalt darstellen« (Ep 4,12 Ep 4,13). Denn gegen einen verbreiteten Relativismus, der nichts als endgültig anerkennt und dazu neigt, das eigene Ich und seine Launen zum letzten Maßstab zu machen, setzen wir einen anderen Maßstab entgegen: den Sohn Gottes, der auch wahrer Mensch ist. Er ist der Maßstab des wahren Humanismus. Ein Christ mit einem mündigen und reifen Glauben ist nicht jemand, der den Modeströmungen und letzten Neuigkeiten folgt, sondern jemand, der tiefverwurzelt in der Freundschaft Christi lebt. Diese Freundschaft öffnet uns für alles Gute und bietet uns das Kriterium, um zwischen Irrtum und Wahrheit zu unterscheiden.

Für die Zukunft des Glaubens und für die gesamte Ausrichtung des Lebens des Landes ist mit Sicherheit der Bereich der Kultur entscheidend, in dem die Kirche angesehene akademische Einrichtungen besitzt. Für sie sollte es eine Ehrensache sein, zu erreichen, daß in der Kulturdebatte der Nation die Stimme der Katholiken immer präsent ist. Dadurch sollen die Möglichkeiten erweitert werden, die vielen Fragen, die in den verschiedenen Wissenschafts- und Lebensbereichen auftauchen, im Lichte des Glaubens vernünftig zu behandeln. Außerdem werden heutzutage die Kultur und die Verhaltensvorbilder zunehmend bestimmt und geprägt von den Bildern, die die Kommunikationsmitteln anbieten; lobenswert ist deshalb jedes Bemühen eurerseits, auch in diesem Bereich eine Kommunikationsfähigkeit zu besitzen, um allen eine christliche Interpretation der Ereignisse, der Probleme und der menschlichen Wirklichkeiten bieten zu können.

Eine dieser menschlichen Realitäten, die heute vielen Schwierigkeiten und Bedrohungen ausgesetzt ist, ist die Familie, die es besonders nötig hat, evangelisiert und konkret unterstützt zu werden, da zu der inneren Zerbrechlichkeit und Instabilität vieler Ehen die in Gesellschaft und Kultur verbreitete Tendenz hinzukommt, den einzigartigen Charakter und den eigentlichen Auftrag der auf die Ehe gegründeten Familie in Abrede zu stellen. Laßt in eurer Hirtensorge gegenüber jedem Menschen nicht darin nach, zur Verteidigung der Heiligkeit des menschlichen Lebens und des Wertes der Institution der Ehe und für die Förderung der Rolle der Familie in Kirche und Gesellschaft eure Stimme zu erheben, indem ihr wirtschaftliche und gesetzliche Maßnahmen fordert, die die Eltern in ihrer Entscheidung für Kinder und bei deren Erziehung unterstützen.

Ich freue mich, daß es in euren Ländern so viele glaubensbegeisterte Gemeinschaften mit einem engagierten Laientum gibt, das sich zahlreichen Werken des Apostolats widmet, sowie eine beachtliche Zahl von Berufungen zum Priesteramt und zum Ordensleben, besonders zu kontemplativen Orden. Sie stellen ein echtes Hoffnungszeichen für die Zukunft dar. Während euer Klerus zunehmend aus dem eigenen Land kommt, möchte ich der geduldigen und unerschrockenen Arbeit, die von den Missionaren vollbracht wurde, um Christus und sein Evangelium zu verkünden und die christlichen Gemeinden entstehen zu lassen, für die ihr heute Verantwortung tragt, meine Anerkennung aussprechen. Ich fordere euch auf, eure Priester aus der Nähe zu begleiten, indem ihr euch um ihre ständige theologische und geistliche Weiterbildung kümmert, auf ihre Lebensbedingungen und die Ausübung ihrer Mission achtet, damit sie glaubwürdige Zeugen des Wortes, das sie verkünden, und der Sakramente, die sie feiern, sind. Mögen sie in der Selbsthingabe an Christus und an das Volk, dessen Hirten sie sind, den Anforderungen ihres Standes treu bleiben und ihr Priesteramt als einen echten Weg der Heiligkeit leben, indem sie sich bemühen, heilig zu werden, um in ihrer Umgebung neue Heilige zu wecken.

Verehrte Brüder, indem ich mich eurem Gebetsgedenken beim Herrn anvertraue, versichere ich euch meinerseits eines besonderen Gebets an Ihn, der der wahre Bräutigam der Kirche ist, die von ihm geliebt, beschützt und genährt wird: der eingeborene Sohn des lebendigen Gottes, Jesus Christus unser Herr. Er unterstütze mit seiner Gnade eure pastoralen Anstrengungen, damit sie nach dem Vorbild und unter dem Schutz des Unbefleckten Herzens der jungfräulichen Mutter fruchtbar werden. Mit diesen Empfindungen erteile ich einem jeden von euch, euren Priestern, den Personen des geweihten Lebens, den Seminaristen, den Katechisten und allen gläubigen Laien, Gliedern der Herde, die Gott euch anvertraut hat, meinen Segen.

277

APOSTOLISCHE REISE

VON PAPST BENEDIKT XVI.

NACH KAMERUN UND ANGOLA

(17.-23. MÄRZ 2009)

BEGEGNUNG MIT DEN JUGENDLICHEN

Stadion "dos Coqueiros" - Luanda
Samstag, 21. März 2009




Liebe Freunde!

Ihr seid sehr zahlreich erschienen – auch stellvertretend für viele andere, die im Geiste bei uns sind –, um dem Nachfolger Petri zu begegnen und zusammen mit mir allen die Freude zu verkünden, an Jesus Christus zu glauben und das Versprechen zu erneuern, seine treuen Jünger in unserer Zeit zu sein. Eine ähnliche Begegnung fand hier in dieser Stadt am 7. Juni 1992 mit dem geliebten Papst Johannes Paul II. statt. Nun steht der jetzige Nachfolger Petri vor euch – er sieht zwar etwas anders aus, hat aber dieselbe Liebe im Herzen –, der euch alle in Jesus Christus umarmt. Christus ist »derselbe gestern, heute und in Ewigkeit« (He 13,8).

Zunächst möchte ich mich bei euch für dieses Fest bedanken, das ihr mir bereitet, für dieses Fest, das ihr seid, für eure Anwesenheit und eure Freude. Ich richte einen herzlichen Gruß an die verehrten Brüder im Bischofs- und im Priesteramt sowie an eure Gruppenleiter. Von Herzen danke ich allen, die diese Begegnung vorbereitet haben, und grüße sie, insbesondere die bischöfliche Kommission für Jugend und Berufungen mit ihrem Vorsitzenden, Bischof Almeida Kanda, dem ich für den herzlichen Willkommensgruß danke, den er an mich gerichtet hat. Ich grüße alle Jugendlichen – die katholischen und die nichtkatholischen –, die auf der Suche sind nach einer Antwort auf ihre Fragen. Einige dieser Probleme haben eure Vertreter sicherlich angesprochen; ich habe ihren dankbar zugehört. Als ich sie umarmte, galt diese Umarmung natürlich euch allen.

Den Jugendlichen zu begegnen tut allen gut! Sie haben manchmal viele Schwierigkeiten, aber sie bringen viel Hoffnung mit sich, viel Begeisterung, viel Willen zu einem Neubeginn. Liebe junge Freunde, ihr tragt die Dynamik der Zukunft in euch. Ich lade euch ein, es mit den Augen des Apostels Johannes zu betrachten: »Dann sah ich einen neuen Himmel und eine neue Erde … Ich sah die heilige Stadt, das neue Jerusalem, von Gott her aus dem Himmel herabkommen; sie war bereit wie eine Braut, die sich für ihren Mann geschmückt hat. Da hörte ich eine laute Stimme vom Thron her rufen: Seht, die Wohnung Gottes unter den Menschen!« (Offb 21,1–3). Liebe Freunde, Gott macht den Unterschied: von der friedlichen Vertrautheit zwischen Gott und dem Menschenpaar im Garten Eden über die göttliche Herrlichkeit, die vom Bundeszelt ausstrahlte inmitten des Volkes Israel auf seinem Weg durch die Wüste, bis hin zur Menschwerdung des Sohnes Gottes, der untrennbar eins geworden ist mit dem Menschen in Jesus Christus. Jesus selbst nimmt den Weg durch die menschliche Wüste wieder auf, indem er durch den Tod hindurchgeht und zur Auferstehung gelangt. Er nimmt dabei die gesamte Menschheit mit sich zu Gott. Jetzt ist Jesus nicht mehr an einen Ort und eine bestimmte Zeit gebunden, sondern sein Geist, der Heilige Geist, geht von ihm aus und gelangt in unsere Herzen. So vereint er uns mit Jesus und durch ihn mit dem Vater – mit dem einen und dreifaltigen Gott.

Ja, meine lieben Freunde! Gott macht den Unterschied… Mehr noch: Gott macht uns anders, er macht uns neu. Das ist die Verheißung, die er selbst uns gibt: »Seht, ich mache alles neu« (Off 21,5). Und das ist wahr! Das sagt uns der Apostel Paulus: »Wenn also jemand in Christus ist, dann ist er eine neue Schöpfung: Das Alte ist vergangen, Neues ist geworden. Aber das alles kommt von Gott, der uns durch Christus mit sich versöhnt … hat« (2 Kor 5,17–18). Jesus Christus ist zum Himmel aufgefahren und in die Ewigkeit eingegangen und ist so zum Herrn aller Zeiten geworden. Daher kann er in der Gegenwart bei uns sein und hält das Buch unserer Tage in seiner Hand: In ihr hält er unsere Vergangenheit fest, mit den Ursprüngen und Grundlagen unseres Seins; in ihr hält er eifersüchtig die Zukunft verborgen und läßt uns das schönste Morgenrot unseres ganzen Lebens erahnen, das von ihm ausstrahlt: die Auferstehung in Gott. Die Zukunft der neuen Menschheit ist Gott; eine allererste Vorwegnahme dessen ist seine Kirche. Wenn ihr könnt, lest aufmerksam ihre Geschichte: Ihr werdet merken, daß die Kirche im Laufe der Jahre nicht altert, sondern im Gegenteil immer jünger wird, weil sie dem Herrn entgegengeht und sich immer mehr der einzigen und wahren Quelle nähert, der die Jugend, die Erneuerung, die Lebenskraft entspringt.

Liebe Freunde, die ihr mir zuhört, die Zukunft ist Gott. Gerade haben wir gehört: »Er wird alle Tränen von ihren Augen abwischen: Der Tod wird nicht mehr sein, keine Trauer, keine Klage, keine Mühsal. Denn was früher war, ist vergangen« (Off 21,4). Ich sehe unterdessen, daß einige der vielen tausend jungen Angolaner hier anwesend sind, die der Krieg und die Minen zu Invaliden gemacht haben. Ich denke an die unzähligen Tränen, die viele von euch wegen des Verlusts von Familienangehörigen vergossen haben, und es ist nicht schwer, sich die grauen Wolken vorzustellen, die noch immer den Himmel eurer schönsten Träume bedecken… Und ich sehe in euren Herzen einen Zweifel, den ihr mir entgegenhaltet: »Das haben wir ja alles! Was du uns sagst, das sieht man nicht. Die Verheißung trägt das göttliche Siegel – und wir glauben das –, aber wann wird Gott sich erheben, um alles neu zu machen?« Die Antwort Jesu ist dieselbe, die er seinen Jüngern gegeben hat: »Euer Herz lasse sich nicht verwirren. Glaubt an Gott und glaubt an mich! Im Haus meines Vaters gibt es viele Wohnungen. Wenn es nicht so wäre, hätte ich euch dann gesagt: Ich gehe, um einen Platz für euch vorzubereiten?« (Joh 14,1–2). Aber ihr, liebe Jugendliche, sagt wiederum: »Einverstanden! Aber wann wird das geschehen?« Als ihm die Apostel dieselbe Frage stellten, antwortete Jesus: »Euch steht es nicht zu, Zeiten und Fristen zu erfahren, die der Vater in seiner Macht festgesetzt hat. Aber ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen, der auf euch herabkommen wird; und ihr werdet meine Zeugen sein … bis an die Grenzen der Erde« (Apg 1,7–8). Wie ihr seht, hat Jesus immer eine Antwort für uns. Er sagt uns eines ganz deutlich: Die Erneuerung beginnt im Innern; ihr werdet eine Kraft aus der Höhe erhalten. Die dynamische Kraft der Zukunft liegt in euch.

Sie liegt in uns…, aber wie? So wie das Leben in einem Samenkorn enthalten ist: So hat Jesus es in einer schwierigen Stunde seiner Sendung erklärt. Sie rief am Anfang große Begeisterung hervor, denn die Menschen sahen, daß Kranke geheilt, Dämonen ausgetrieben und das Evangelium verkündigt wurde. Aber ansonsten war die Welt nicht anders als vorher: Die Römer herrschten immer noch; das tägliche Leben war schwer, trotz dieser Zeichen, dieser schönen Worte. Und die Begeisterung ließ langsam nach, viele Jünger verließen sogar den Meister (vgl. Joh Jn 6,66), der zwar predigte, aber die Welt nicht veränderte. Und alle fragten sich: Was ist diese Botschaft letztendlich wert? Was bringt uns dieser Prophet Gottes? Da sprach Jesus von einem Sämann, der den Samen auf den Acker der Welt streute, und erklärte dann, daß der Same sein Wort ist (vgl. Mk 4,3–20), seine Heilungen, die er gewirkt hat – in der Tat nur sehr wenig verglichen mit den enormen Mängeln und Schwierigkeiten der täglichen Wirklichkeit. Und dennoch ist im Samenkorn die Zukunft gegenwärtig, weil das Samenkorn das Brot von morgen, das Leben von morgen in sich trägt. Das Samenkorn scheint fast nichts zu sein, es ist jedoch die Gegenwart der Zukunft, es ist die schon heute gegenwärtige Verheißung; wenn es auf guten Boden fällt, bringt es dreißigfach, ja sechzigfach und hundertfach Frucht.

Meine Freunde, ihr seid die Saat, die Gott auf dem Acker aussät und die im Herzen eine Kraft aus der Höhe trägt, die Kraft des Heiligen Geistes. Der einzige Weg jedoch, um von der Verheißung des Lebens zur Frucht zu gelangen, ist der, das Leben aus Liebe hinzugeben, aus Liebe zu sterben. Das hat Jesus selbst gesagt: »Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein; wenn es aber stirbt, bringt es reiche Frucht. Wer an seinem Leben hängt, verliert es; wer aber sein Leben in dieser Welt geringachtet, wird es bewahren bis ins ewige Leben« (Joh 12,24–25). So sprach Jesus, und so handelte er: Seine Kreuzigung scheint das völlige Scheitern zu sein, sie ist es aber nicht! Jesus hat »sich selbst kraft ewigen Geistes Gott als makelloses Opfer dargebracht« (He 9,14). Indem er so als Samenkorn in die Erde fiel, konnte er zu jeder Zeit und im Laufe der Zeiten Frucht tragen. Und dort habt ihr das neue Brot, das Brot des zukünftigen Lebens, die Allerheiligste Eucharistie, die uns nährt und die das dreifaltige Leben im Herzen der Menschen zur Entfaltung bringt.

Liebe junge Freunde, die ihr gleichsam von der Kraft des ewigen Geistes erfüllte Samenkörner seid, entfaltet euch durch die Wärme der Eucharistie, in der das Vermächtnis des Herrn umgesetzt wird: Er schenkt sich uns hin, und wir antworten darauf, indem wir uns den anderen hinschenken aus Liebe zu ihm. Das ist der Weg des Lebens; aber ihr könnt ihn nur dann gehen, wenn ihr im ständigen Dialog mit dem Herrn und im wahren Dialog untereinander steht. Die vorherrschende gesellschaftliche Kultur hilft euch weder, das Wort Jesu zu leben, noch unterstützt sie die Selbsthingabe, zu der er euch einlädt nach dem Plan des Vaters. Liebe Freunde, die Kraft ist in euch, wie sie in Jesus war, der sagte: »Der Vater, der in mir bleibt, vollbringt seine Werke… Wer an mich glaubt, wird die Werke, die ich vollbringe, auch vollbringen, und er wird noch größere vollbringen, denn ich gehe zum Vater (Jn 14,10 Jn 14,12). Habt daher keine Angst, endgültige Entscheidungen zu treffen. Es fehlt euch nicht an Großherzigkeit – das weiß ich! Aber ihr habt Angst vor dem Risiko, euch für das ganze Leben zu binden, in der Ehe oder in einem Leben besonderer Weihe: »Die Welt ist immer in Bewegung, und das Leben ist voller Möglichkeiten. Kann ich in diesem Augenblick über mein ganzes Leben verfügen, ohne zu wissen, welche Überraschungen es für mich bereithält? Setze ich durch eine endgültige Entscheidung nicht meine Freiheit aufs Spiel und fessele mich mit eigenen Händen?« Diese Bedenken kommen euch, und durch die gegenwärtige individualistische und hedonistische Kultur werden sie noch unterstützt. Aber wenn ein junger Mensch sich nicht entscheidet, läuft er Gefahr, auf ewig ein Kind zu bleiben!

Ich sage euch: Habt Mut! Wagt endgültige Entscheidungen, denn in Wahrheit stehen sie der Freiheit nicht entgegen, sondern sie lenken sie vielmehr in die richtige Bahn. Sie machen es möglich, voranzugehen und etwas Großes im Leben zu erreichen. Das Leben hat zweifellos nur dann einen Wert, wenn ihr den Mut zum Abenteuer habt, wenn ihr darauf vertraut, daß der Herr euch niemals verlassen wird. Jugend von Angola, setze in dir den Heiligen Geist frei, die Kraft aus der Höhe! Indem du wie Jesus auf sie vertraust, wage sozusagen diesen Sprung in die Endgültigkeit und gib dadurch dem Leben eine Chance! So werden unter euch Inseln, Oasen und schließlich große Flächen christlicher Kultur entstehen, in denen »die heilige Stadt, die von Gott her aus dem Himmel herabkommt, bereit wie eine Braut, die sich für ihren Mann geschmückt hat«, sichtbar wird. Das ist das lebenswerte Leben, das ich euch von Herzen wünsche. Es lebe die Jugend von Angola!
278

APOSTOLISCHE REISE

VON PAPST BENEDIKT XVI.

NACH KAMERUN UND ANGOLA

(17.-23. MÄRZ 2009)

BEGEGNUNG MIT VERTRETERN KATHOLISCHER BEWEGUNGEN

ZUR FÖRDERUNG DER FRAU


Pfarrgemeinde "Santo António", Luanda
Sonntag, 22. März 2009




Liebe Brüder und Schwestern!

»Sie haben keinen Wein mehr« – mit diesem Anliegen wandte sich Maria an Jesus, damit die Hochzeit weiter gefeiert werden konnte. So muß es im übrigen immer sein: »Die Hochzeitsgäste können nicht fasten, solange der Bräutigam bei ihnen ist« (vgl. Mk Mc 2,19). Dann ging die Mutter Jesu zu den Dienern, um sie zu ermahnen: »Was er euch sagt, das tut« (vgl. Joh 2,1–5). Und durch diese mütterliche Fürsprache konnte der »gute Wein« entstehen, der eine Vorahnung gibt von dem neuen Bund zwischen der göttlichen Allmacht und dem armen, aber fügsamen menschlichen Herzen. Dasselbe war bereits in der Vergangenheit geschehen, wie wir in der Ersten Lesung gehört haben: »Das ganze Volk antwortete einstimmig und erklärte: Alles, was der Herr gesagt hat, wollen wir tun« (Ex 19,8).

Diese Worte steigen auch aus unserem Herzen empor. Wir sind hier in der Kirche »Santo António« versammelt, die durch die verdienstvolle Missionsarbeit der Kapuziner-Minderbrüder entstanden ist. Sie sollte ein neues Bundeszelt sein, Zeichen der Gegenwart Gottes inmitten des pilgernden Volkes. Ihnen und allen, die an der hier erteilten Seelsorge und Sozialfürsorge teilhaben, gibt der Papst seinen Segen als Zeichen des Wohlwollens und der Ermutigung. Ich grüße alle Anwesenden sehr herzlich: die Bischöfe, Priester, geweihten Männer und Frauen und insbesondere euch, die gläubigen Laien, die ihr bewußt die Pflicht zu christlichem Engagement und zum Zeugnis übernehmt, die im Taufsakrament und für die Verheirateten auch im Ehesakrament verankert ist. Der Hauptgrund für unsere Versammlung veranlaßt mich zu einem Gruß voll Hochachtung und Hoffnung an die Frauen, denen Gott die Quellen des Lebens anvertraut hat: Lebt und setzt auf das Leben, denn der lebendige Gott setzt auf euch! Mit dankbarem Herzen grüße ich die Verantwortlichen und Leiter der kirchlichen Bewegungen, die sich insbesondere für die Förderung der angolanischen Frau einsetzen. Ich danke Herrn Erzbischof José de Queirós Alves und euren Vertretern für die Worte, die sie an mich gerichtet haben und in denen sie mir die Sorgen und Hoffnungen so vieler stiller Heldinnen, der Frauen in dieser geliebten Nation, dargelegt haben.

Ich fordere alle auf, sich wirklich die Benachteiligung zu Bewußtsein zu führen, der viele Frauen unterworfen waren – und es noch immer sind –, und darüber nachzudenken, in welchem Maß das Verhalten und die Einstellungen der Männer, denen es manchmal an Einfühlungsvermögen oder Verantwortungsbewußtsein mangelt, der Grund dafür sein könnte. Gott hat einen anderen Plan. Wir haben in der Lesung gehört, daß das Volk einstimmig antwortete: »Alles, was der Herr gesagt hat, wollen wir tun.« Die Heilige Schrift sagt, daß Gott, der Schöpfer, als er sein Werk betrachtete, sah, daß etwas fehlte: Alles war sehr gut, wenn nur der Mensch, der Mann, nicht allein gewesen wäre! Wie konnte der Mann allein Abbild des einen und dreifaltigen Gottes sein, des Gottes, der Gemeinschaft ist? »Es ist nicht gut, daß der Mensch allein bleibt. Ich will ihm eine Hilfe machen, die ihm entspricht« (Gn 2,18). Aufs neue machte Gott sich ans Werk, um die Hilfe zu schaffen, die fehlte, und er stattete sie in bevorzugter Weise mit Gaben im Hinblick auf die Ordnung der Liebe aus, die er in der Schöpfung nicht ausreichend vertreten sah.

Wie ihr wißt, Brüder und Schwestern, gehört diese Ordnung der Liebe zum inneren Leben Gottes, zum Leben des dreifaltigen Gottes, da der Heilige Geist die personhafte Verkörperung der Liebe ist. So schrieb der unvergeßliche Papst Johannes Paul II.: »Auf der Grundlage des ewigen Planes Gottes ist die Frau diejenige, in der die Ordnung der Liebe in der geschaffenen Welt der Personen das Erdreich für ihr erstes Wurzelfassen findet« (Apostolisches Schreiben Mulieris dignitatem MD 29). Und wirklich, beim Anblick des Liebreizes, der von der Frau ausgeht aufgrund der inneren Gnade und Anmut, die Gott ihr gegeben hat, erhellt sich das Herz des Mannes, und er erkennt sich selbst in ihr: »Das endlich ist Bein von meinem Bein und Fleisch von meinem Fleisch« (Gn 2,23). Die Frau ist ein anderes »Ich« im gemeinsamen Menschsein. Die Gleichheit der Würde von Mann und Frau muß anerkannt, bekräftigt und verteidigt werden: Beide sind Personen, im Unterschied zu den anderen Lebewesen der Welt, die sie umgibt.

Beide sind berufen, in tiefer Gemeinschaft zu leben, in gegenseitiger Anerkennung und Selbsthingabe. Sie müssen zusammen für das Gemeinwohl arbeiten mit ihren männlichen und weiblichen Eigenschaften, die einander ergänzen. Wer verspürt heute nicht die Notwendigkeit, dem, »was das Herz sagt«, mehr Raum zu geben? In der heutigen Welt, die von der Technik beherrscht wird, verspürt man die Notwendigkeit dieser ergänzenden Eigenschaften der Frau, damit der Mensch in ihr leben kann, ohne völlig entmenschlicht zu werden. Man denke an jene Zonen, in denen Armut herrscht, an die vom Krieg heimgesuchten Gebiete, an so viele tragische Situationen, die mit der – erzwungenen oder freiwilligen – Migration verbunden sind… Fast immer sind es die Frauen, die die menschliche Würde aufrechterhalten, die Familie verteidigen und die kulturellen und religiösen Werte bewahren.

Liebe Brüder und Schwestern, in der Geschichte finden wir fast nur die Errungenschaften von Männern verzeichnet, aber sehr viel ist dem maßgeblichen, beharrlichen und wohltätigen Einsatz von Frauen zu verdanken. Gestattet mir, zu euch über zwei der vielen außergewöhnlichen Frauen zu sprechen: Teresa Gomes und Maria Bonino. Teresa Gomes war Angolanerin; sie ist im Jahre 2004 in der Stadt Sumbe gestorben, nach einem glücklichen Eheleben, aus dem sieben Kinder hervorgegangen sind. Ihr christlicher Glaube war unerschütterlich, und sie zeigte einen bewundernswerten apostolischen Eifer, vor allem in den Jahren 1975 und 1976, als eine heftige ideologische und politische Propaganda die Pfarrei »Nossa Senhora das Graças« in Porto Amboim erschütterte, so daß die Kirche beinahe ihre Tore schließen mußte. Teresa wurde damals zur Anführerin der Gläubigen, die diese Situation nicht hinnahmen. Sie unterstützte sie, verteidigte mutig die Gemeindestrukturen und tat alles, damit die heilige Messe wieder gefeiert wurde. Ihre Liebe zur Kirche machte sie unermüdlich in der Evangelisierungsarbeit unter Anleitung der Priester.

Maria Bonino ihrerseits war eine italienische Kinderärztin, die sich als freiwillige Helferin verschiedenen Missionen im geliebten Afrika zur Verfügung gestellt hatte. In ihren letzten beiden Lebensjahren leitete sie die kindermedizinische Abteilung des Provinzkrankenhauses von Uíje. Maria widmete sich täglich mit Hingabe der Behandlung Tausender von Kindern, die dort eingeliefert wurden, und mußte während einer schrecklichen Epidemie des hämorrhagischen Marburgfiebers, bei der auch sie sich ansteckte, an diesem Ort das höchste Opfer für ihren Dienst darbringen. Sie wurde zwar nach Luanda gebracht, verstarb jedoch hier und wurde am 24. März 2005 hier beigesetzt – übermorgen werden es vier Jahre sein. Die Kirche und die menschliche Gesellschaft wurden und werden auch weiterhin enorm bereichert durch die Gegenwart und die Tugenden von Frauen, besonders jener, die sich dem Herrn geweiht haben und sich auf ihn gestützt in den Dienst der anderen gestellt haben.

Heute, liebe Angolaner, sollte niemand mehr daran zweifeln, daß die Frauen, auf der Grundlage der Gleichheit der Würde von Mann und Frau, »das volle Recht haben, sich aktiv in sämtliche Bereiche des öffentlichen Lebens einzuschalten, und ihr Recht ist dort, wo es sich als notwendig erweist, auch durch gesetzliche Mittel zu bestätigen und zu schützen. Eine solche Anerkennung der öffentlichen Rolle der Frauen darf jedoch nicht ihre unersetzliche Rolle innerhalb der Familie schmälern: Hier ist ihr Beitrag zum Wohl und zum sozialen Fortschritt, obwohl kaum beachtet, von wirklich unschätzbarem Wert« (Botschaft zur Feier des Weltfriedenstages 1995, Nr. 9; in O.R. dt. Nr. 50, 16.12.1994, S. 8). Auf persönlicher Ebene erhält die Frau ein Bewußtsein von ihrer eigenen Würde nicht so sehr durch die Behauptung von Rechten auf juridischem Gebiet, sondern vielmehr als direkte Folge der materiellen und geistlichen Zuwendung, die sie innerhalb der Familie erfahren hat. Die Anwesenheit der Mutter innerhalb der Familie ist sehr wichtig für die Stabilität und das Wachstum dieser Grundzelle der Gesellschaft, die auf jede nur erdenkliche Weise anerkannt, geschätzt und unterstützt werden muß. Aus demselben Grund muß die Gesellschaft auch die Ehemänner und Väter zur Verantwortung gegenüber ihrer Familie rufen.

Liebe Familien, ihr habt sicher schon gemerkt, daß kein Ehepaar allein und nur aus eigenen Kräften den Kindern auf angemessene Weise die Liebe und den Sinn des Lebens vermitteln kann. Um zu jemandem sagen zu können: »Dein Leben ist gut, obwohl ich deine Zukunft nicht kenne«, bedarf es einer höheren Autorität und Glaubwürdigkeit als jene, die die Eltern allein bieten können. Die Christen wissen, daß diese größere Autorität jener weiteren Familie anvertraut ist, die Gott durch seinen Sohn Jesus Christus und das Geschenk des Heiligen Geistes in der Geschichte der Menschheit geschaffen hat: der Kirche. Wir sehen hier jene ewige und unerschütterliche Liebe am Werk, die unser aller Leben einen bleibenden Sinn verleiht, auch wenn wir die Zukunft nicht kennen. Aus diesem Grund geschieht der Aufbau jeder christlichen Familie innerhalb jener größeren Familie, der Kirche, die sie unterstützt und in ihrer Mitte aufnimmt und damit sicherstellt, daß jetzt und in Zukunft das »Ja« des Schöpfers auf ihr ruht.

»Sie haben keinen Wein mehr«, sagt Maria zu Jesus. Liebe angolanische Frauen, laßt sie eure Fürsprecherin beim Herrn sein. So kennen wir sie seit der Hochzeit in Kana: als gütige Frau, voll mütterlicher Fürsorge und Mut, als Frau, die die Nöte der anderen wahrnimmt und sie in dem Wunsch, Abhilfe zu schaffen, vor den Herrn bringt. Zusammen mit ihr können wir alle, Frauen und Männer, jenen inneren Frieden und jenes Vertrauen wiedererlangen, die uns in Gott unser Glück finden lassen und uns unermüdlich machen im Kampf für das Leben. Möge die Muttergottes von Muxima der Stern eures Lebens sein, der euch in der Einheit mit der großen Familie Gottes bewahrt. Amen.
279

APOSTOLISCHE REISE

VON PAPST BENEDIKT XVI.

NACH KAMERUN UND ANGOLA

(17.-23. MÄRZ 2009)

ABSCHIEDSZEREMONIE

Internationaler Flughafen "4 de Fevereiro", Luanda
Montag, 23. März 2009



Verehrter Herr Staatspräsident,
sehr geehrte Obrigkeiten aus dem zivilen, militärischen und kirchlichen Bereich,
liebe Brüder und Schwestern in Christus,
liebe angolanische Freunde!

Lebhaft berührt durch Ihre Anwesenheit, Herr Präsident, möchte ich Ihnen zu dieser Stunde meiner Abreise meine Wertschätzung und Dankbarkeit sowohl für die ausgezeichnete Behandlung zum Ausdruck bringen, die Sie mir vorbehalten haben, als auch für die getroffenen Maßnahmen, um den Ablauf der verschiedenen Begegnungen zu erleichtern, die zu erleben ich die Freude hatte. Sowohl an die zivilen und militärischen Obrigkeiten als auch an die Bischöfe und Verantwortlichen der kirchlichen Gemeinschaften und Einrichtungen, die an den genannten Begegnungen teilgenommen haben, richte ich meinen herzlichsten Dank für die Liebenswürdigkeit, mit der sie meiner Person während dieser Tage, die ich unter euch verbringen durfte, die Ehre erwiesen haben. Ein Wort des Dankes gilt auch den Medienvertretern, den Sicherheitsbeamten sowie allen freiwilligen Helfern, die großherzig, effizient und diskret zum guten Gelingen meines Besuches ihren Beitrag geleistet haben.

Ich danke Gott, daß ich eine lebendige und trotz aller Schwierigkeiten von Begeisterung erfüllte Kirche vorgefunden habe, die es verstanden hat, auf ihre Schultern ihr Kreuz und das der anderen zu nehmen, und die auf diese Weise vor allen Menschen Zeugnis für die heilbringende Kraft der Botschaft des Evangeliums abgelegt hat. Sie fährt fort zu verkündigen, daß die Zeit der Hoffnung gekommen ist, indem sie sich für den Frieden in den Herzen einsetzt und zur Ausübung einer brüderlicher Nächstenliebe einlädt, die sich für die Annahme aller in Achtung der Ideen und Gefühle eines jeden einzelnen zu öffnen vermag. Es ist nun die Zeit gekommen, mich zu verabschieden und nach Rom zurückzureisen, traurig darüber, euch verlassen zu müssen, aber zufrieden, ein mutiges und zu einem Neuanfang entschlossenes Volk kennengelernt zu haben. Trotz der Widerstände und Hindernisse beabsichtigt dieses Volk, seine Zukunft aufzubauen, indem es Wege der Vergebung, Gerechtigkeit und Solidarität einschlägt.

An dieser Stelle sei es mir gestattet, einen letzten Appell zu machen: Ich möchte darum bitten, daß die gerechte Verwirklichung der grundlegenden Bestrebungen der bedürftigsten Bevölkerungsteile die hauptsächliche Sorge all jener bilde, die öffentliche Ämter bekleiden, da es – dessen bin ich mir gewiß – ihre Absicht ist, die übernommene Aufgabe nicht für sich selbst, sondern im Hinblick auf das Gemeinwohl zu erfüllen. Unser Herz kann nicht zur Ruhe kommen, solange es Brüder und Schwestern gibt, die aufgrund von Mangel an Nahrung, Arbeit, einer Wohnung oder anderen grundlegenden Gütern leiden. Um zu einer konkreten Antwort für diese unsere Brüder und Schwestern in der Menschlichkeit zu gelangen, besteht die erste Herausforderung, der wir uns stellen müssen, in der Solidarität: Solidarität unter den Generationen, Solidarität unter den Nationen und Kontinenten, die eine immer gerechtere Verteilung der Ressourcen der Erde unter allen Menschen verlangt.

Von Luanda aus erstreckt sich mein Blick auf ganz Afrika, wobei ich mich mit euch für den kommenden Monat Oktober in der Vatikanstadt verabrede, wenn wir uns zur Zweiten Sonderversammlung der Bischofssynode für Afrika treffen werden, die diesem Kontinent gewidmet sein wird, auf dem das menschgewordene Wort in Person Zuflucht gefunden hat. Ich bete jetzt zu Gott, auf daß er seinen Schutz und seine Hilfe die zahllosen Flüchtlinge und Vertriebenen spüren lasse, die in Erwartung auf eine Rückkehr in ihre Heimat umherziehen. Der Herr des Himmels ruft ihnen erneut zu: »Selbst wenn eine Mutter dich vergessen würde: ich vergesse dich nicht« (vgl. Jes Is 49,15). Wie Söhne und Töchter liebt euch Gott; er wacht über eure Tage und Nächte, über eure Mühen und Hoffnungen.

Brüder und Schwestern, Freunde aus Afrika, liebe Angolaner, Mut! Werdet nicht müde, den Frieden auszubauen, indem ihr Gesten der Vergebung vollbringt und für die nationale Versöhnung arbeitet, damit nie die Gewalt die Vorherrschaft über den Dialog habe, die Angst und die Entmutigung über das Vertrauen, der Feindseligkeit über die brüderliche Liebe. Und dies wird möglich sein, wenn ihr euch als Kinder des einen Vaters im Himmel erkennt. Gott segne Angola! Er segne ein jedes seiner Kinder! Er segne die Gegenwart und die Zukunft dieser geliebten Nation. Lebt wohl!



PASTORALBESUCH IN DER RÖMISCHEN PFARRGEMEINDE

"SANTO VOLTO DI GESÙ" IM STADTTEIL "MAGLIANA"

GRUSSWORTE VON BENEDIKT XVI.

V. Sonntag der Fastenzeit, 29. März 2009




AN DIE GLÄUBIGEN VOR DER HEILIGEN MESSE

Liebe Brüder und Schwestern, danke daß ihr an diesem schönen Sonntag mit mir zusammen seid. Es regnet zwar leider, aber die Sonne kommt auch schon ein bißchen heraus. Vielleicht ist das ein Zeichen für diese vorösterliche Zeit, in der wir die Leiden unseres Herrn und alle Probleme der Welt von heute spüren, jeder auf seine Weise. Aber wir wissen, daß die Sonne, auch wenn sie oft verborgen ist, existiert; wir wissen, daß Gott nahe ist, uns hilft und uns begleitet. In diesem Sinn wollen wir jetzt dem Osterfest entgegengehen: im Bewußtsein, daß Leiden und Schwierigkeiten zu unserem Leben gehören, aber auch in dem Wissen, daß dahinter Sonne der göttlichen Güte steht. In diesem Sinne grüße ich euch alle herzlich: danke für eure Anwesenheit. Und einen gesegneten Sonntag dieser schönen Pfarrei. Alles Gute!



AN DIE ERSTKOMMUNIONKINDER

Liebe Kinder, zuerst wünsche ich euch einen schönen Sonntag. Ich bin glücklich, heute bei euch zu sein, auch wenn das Wetter schlecht ist und wir wegen der Umstellung auf die Sommerzeit eine Stunde früher aufgestanden sind. Aber trotz allem sind wir hier versammelt. Ich weiß, daß ihr euch auf die Erstkommunion vorbereitet, auf die Begegnung mit Jesus. Im heutigen Evangelium haben wir gehört, daß Menschen aus Griechenland gesagt haben: Wir wollen Jesus sehen. Wir alle wollen Jesus, der unter uns gegenwärtig ist, sehen und ihn kennenlernen. Jetzt geht ihr den Weg der Vorbereitung, und dann wird Jesus euch im Augenblick der Erstkommunion ganz nahe sein, und ihr werdet spüren können, daß er bei euch ist. An Ostern werden wir durch die Schönheit des Festes besser begreifen können, was für ein Fest die Gegenwart des auferstandenen Jesus für unser Herz ist. Jetzt wünsche ich euch einen schönen Sonntag, eine gute Vorbereitung auf Ostern und auf die heilige Kommunion und viel Freude in den Ferien und dann natürlich ein frohes Fest der Erstkommunion: Der Mittelpunkt ist nicht das Festessen, sondern Jesus selbst wird der Mittelpunkt sein. Dann kann auch das Festessen gut schmecken. Alles Gute euch allen. Betet für mich, ich bete für euch.




AN DEN PFARRGEMEINDERAT

Liebe Freunde, in diesem Augenblick kann ich nur Danke sagen für all das, was ihr für den Aufbau der lebendigen Kirche in diesem Stadtviertel Roms tut. Die Existenz der Gemeinderäte scheint mir eines der Geschenke des Zweiten Vatikanischen Konzils zu sein: Hier stellen sich Laien als Vertreter der gesamten Gemeinde gemeinsam mit dem Pfarrer und anderen Priestern den Problemen der lebendigen Kirche eines Stadtviertels, sie unterstützen den Aufbau der Kirche, sie helfen, das Wort Gottes zu vergegenwärtigen und die Gläubigen für die Gegenwart Jesu Christi in den Sakramenten sensibel zu machen. In dieser Zeit, in der der Säkularismus stark ist und alle Eindrücke, die aus unserem Umfeld auf uns einströmen, sich eher ein wenig in Gegensatz zur Gegenwart Gottes stellen, gegen die Fähigkeit, diese Gegenwart wahrzunehmen, ist es um so wichtiger, daß der Priester nicht alleingelassen wird, sondern von Gläubigen umgeben ist, die mit ihm zusammen den Samen des Wortes Gottes zu den Menschen bringen und helfen, daß der Same auch in unserer Zeit lebendig ist und wachsen kann. Daher danke ich euch für diese eure Initiativen. Es ist wichtig die Leidenden zu trösten, ihnen zu helfen und beizustehen, sie die Nähe der Gläubigen spüren zu lassen, die sich allen, die ein Leid zu tragen haben, besonders nahe fühlen.

Das habe ich in Afrika gesehen: In Yaoundé in Kamerun gibt es ein großes Zentrum, das Kardinal Léger geschaffen hat, ein Kanadier, ein bedeutender Vater des Konzils, auf dem ich ihn kennengelernt habe. Nach dem Konzil 1968 spürte er, daß es für ihn notwendig war, nicht nur zu predigen und die Gläubigen zu leiten, sondern auch ein einfacher Priester zu sein, um den Leidenden beizustehen. Er ist nach Kamerun gegangen und hat dieses Zentrum geschaffen, das heute dem Staat gehört, wo aber vor allem Ordensleute und Priester arbeiten. Man sieht dort die ganze Skala des Leidens: Aids, Lepra, alles. Aber man sieht auch die Kraft des Glaubens, man sieht auch Menschen, die von der Kraft des Glaubens und der aus dem Glauben geborenen Liebe beseelt sind und sich ganz zur Verfügung stellen. So wird das Leiden verwandelt und auch die Menschen, die helfen, werden verwandelt, werden menschlicher, christlicher: Man spürt etwas von der Liebe Gottes. Deshalb wollen auch wir in unserem Umfeld immer sensibel sein für das Leid, die Leidenden, die Armen, die Bedürftigen in den verschiedenen Formen der Armut, auch der geistlichen Armut. Sie warten auf uns, in ihnen wartet der Herr auf uns. Vielen Dank für alles, was ihr tut.

Der Tradition gemäß ist der Rat eine Gabe des Heiligen Geistes, und ein Pfarrer – und noch mehr ein Papst – braucht für die Entscheidungsfindung einen Rat, eine Hilfe. Deshalb verwirklichen die Gemeinderäte auch ein Werk des Heiligen Geistes und bezeugen seine Gegenwart in der Kirche.

Danke für alles, was ihr tut; der Herr stehe euch immer bei und schenke euch Osterfreude für das ganze Jahr. Danke.




Benedikt XVI Predigten 276