Benedikt XVI Predigten 297

297

PILGERREISE VON PAPST BENEDIKT XVI.

INS HEILIGE LAND

(8.-15. MAI 2009)

BESUCH DER GEDENKSTÄTTE "YAD VASHEM"

Jerusalem
Montag, 11. Mai 2009


„Ihnen allen errichte ich in meinem Haus und in meinen Mauern ein Denkmal, ich gebe ihnen einen Namen … Einen ewigen Namen gebe ich ihnen, der niemals ausgetilgt wird“ (Is 56,5).

Diese Stelle aus dem Buch des Propheten Jesaja liefert die beiden schlichten Worte, die feierlich die tiefe Bedeutung dieser ehrwürdigen Stätte zum Ausdruck bringen: yad – „Denkmal“; shem – „Name“. Ich bin gekommen, um in Stille vor diesem Denkmal zu stehen, das zur ehrenvollen Erinnerung an die Millionen in der schrecklichen Tragödie der Schoah getöteten Juden errichtet wurde. Sie haben ihr Leben verloren, doch niemals werden sie ihre Namen verlieren: Diese sind fest in die Herzen ihrer Lieben, ihrer Mitgefangenen, die überlebt haben, und all jener eingeschrieben, die entschlossen sind, niemals zuzulassen, daß eine solche Grausamkeit wieder über die Menschheit hereinbricht. Mehr als alles andere sind ihre Namen für immer in das Gedächtnis des Allmächtigen Gottes eingeprägt.

Man kann einen Mitmenschen seines Besitzes, seiner Chancen oder seiner Freiheit berauben. Man kann ein heimtückisches Netz von Lügen spinnen, um andere zu überzeugen, daß gewisse Gruppen keine Achtung verdienen. Doch sosehr sich einer auch bemüht, man kann niemals den Namen eines Mitmenschen wegnehmen.

Die Heilige Schrift lehrt uns die Wichtigkeit der Namen, wenn jemandem eine einzigartige Aufgabe oder eine besondere Gabe verliehen wird. Gott nannte Abram „Abraham“, weil er zum „Stammvater einer Menge von Völkern“ werden sollte (Gn 17,5). Jakob wurde „Israel“ genannt, weil er „mit Gott und mit Menschen gestritten und gewonnen“ hat (Gn 32,29). Die in diesem ehrwürdigen Denkmal bewahrten Namen werden auf immer einen heiligen Platz unter den zahllosen Nachfahren Abrahams einnehmen. Wie bei ihm wurde ihr Glaube geprüft. Wie Jakob wurden sie in das mühevolle Ringen, die Pläne des Allmächtigen zu erkennen, hineingestellt. Mögen die Namen dieser Opfer niemals vergehen! Möge ihr Leid nie geleugnet, herabgesetzt oder vergessen werden! Und mögen alle Menschen guten Willens weiter wachsam darauf achten, aus dem Herzen des Menschen auszumerzen, was immer zu Tragödien wie dieser führen könnte!

Die katholische Kirche, in Verpflichtung zur Lehre Jesu und in der Absicht, seine Liebe zu allen Menschen nachzuahmen, empfindet tiefes Mitgefühl für die Opfer, derer hier gedacht wird. Ebenso ist sie all denen nahe, die heute aufgrund von Volkszugehörigkeit, Hautfarbe, Lebensbedingungen oder Religion verfolgt werden – sie teilt ihre Leiden und macht sich ihre Hoffnung auf Gerechtigkeit zu eigen. Als Bischof von Rom und Nachfolger des Apostels Petrus bekräftige ich – wie meine Vorgänger –, daß die Kirche verpflichtet ist, unablässig zu beten und zu arbeiten, um zu gewährleisten, daß der Haß nie wieder in den Herzen der Menschen herrsche. Der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs ist der Gott des Friedens (vgl. Ps Ps 85,9).

Die Schriften lehren, daß es unsere Aufgabe ist, die Welt daran zu erinnern, daß Gott lebt, auch wenn wir es manchmal schwierig finden, seine geheimnisvollen und unergründlichen Wege zu verstehen. Er hat sich selbst geoffenbart und wirkt weiterhin in der menschlichen Geschichte. Er allein regiert die Welt in Gerechtigkeit und spricht den Völkern ein gerechtes Urteil (vgl. Ps Ps 9,9).

Wenn man auf die Gesichter blickt, die sich im Becken spiegeln, das innerhalb der Gedenkstätte in Stille ruht, kann man nicht anders, als sich daran erinnern, daß ein jedes davon einen Namen trägt. Ich kann mir nur die freudige Erwartung ihrer Eltern vorstellen, als sie sehnsüchtig auf die Geburt ihrer Kinder warteten. Welchen Namen sollen wir diesem Kind geben? Was wird aus ihm oder ihr werden? Wer hätte sich vorstellen können, daß sie zu einem solch beklagenswerten Schicksal verurteilt werden würden!

Wenn wir hier in Stille stehen, hallt ihr Schrei in unseren Herzen wider. Es ist ein Schrei gegen jeden Akt von Ungerechtigkeit und Gewalt. Es ist ein ständiger Vorwurf gegen das Vergießen von unschuldigem Blut. Es ist der Schrei Abels, der vom Erdboden zum Allmächtigen aufsteigt. Wir bekennen unser unerschütterliches Vertrauen in Gott und verleihen diesem Schrei Stimme mit den Worten aus dem Buch der Klagelieder, das für Juden wie für Christen voller Bedeutung ist:

„Die Huld des Herrn ist nicht erschöpft, sein Erbarmen ist nicht zu Ende.
Neu ist es an jedem Morgen; groß ist deine Treue.
Mein Anteil ist der Herr, sagt meine Seele, darum harre ich auf ihn.
Gut ist der Herr zu dem, der auf ihn hofft, zur Seele, die ihn sucht.
Gut ist es, schweigend zu harren auf die Hilfe des Herrn.“ (Lm 3,22-26).

Liebe Freunde, Gott und Ihnen bin ich äußerst dankbar für die Gelegenheit, hier in Stille zu verweilen: eine Stille, um zu gedenken, eine Stille, um zu beten, eine Stille, um zu hoffen.
298

PILGERREISE VON PAPST BENEDIKT XVI.

INS HEILIGE LAND

(8.-15. MAI 2009)

BEGEGNUNG MIT DEN ORGANISATIONEN

FÜR DEN INTERRELIGIÖSEN DIALOG


Auditorium des "Notre Dame of Jerusalem Center" - Jerusalem
Montag, 11. Mai 2009


Liebe Mitbrüder im Bischofsamt!
Sehr geehrte Religionsführer!
Liebe Freunde!

Es ist mir eine große Freude, Ihnen an diesem Abend zu begegnen. Ich möchte dem Patriarchen, Seiner Seligkeit Fouad Twal, für seinen herzlichen Willkommensgruß danken, den er im Namen aller Anwesenden ausgesprochen hat. Ich erwidere seine freundlichen Worte und grüße Sie alle sowie die Mitglieder der Gruppen und Organisationen, die Sie vertreten, sehr herzlich.

„Der Herr sprach zu Abram: Zieh weg aus deinem Land, von deiner Verwandtschaft und aus deinem Vaterhaus in das Land, das ich dir zeigen werde. ... Da zog Abram weg ... Abram nahm seine Frau Sarai mit“ (Gn 12,1-5). Gottes Ruf, der in die Welt hineinbricht und mit dem die Geschichte unserer Glaubenstradition beginnt, erging mitten in das tägliche Leben der Menschen hinein. Und die Geschichte, die dann folgte, war nicht von Isolierung bestimmt, sondern von der Begegnung mit der ägyptischen, hethitischen, sumerischen, babylonischen, persischen und griechischen Kultur.

Der Glaube wird immer innerhalb einer Kultur gelebt. Die Religionsgeschichte zeigt, daß eine Gemeinschaft von Gläubigen nach und nach in Treue zu Gott ihren Weg geht und dabei aus der Kultur, der sie begegnet, schöpft und diese prägt. Dieselbe Dynamik findet sich in den einzelnen Gläubigen der großen monotheistischen Traditionen: Indem wir – wie Abraham – auf Gottes Stimme hören, antworten wir auf seinen Ruf und ziehen aus, wir suchen nach der Erfüllung seiner Verheißungen, streben danach, seinem Willen zu gehorchen und ebnen einen Weg in unserer eigenen Kultur.

Heute, etwa viertausend Jahre nach Abraham, findet die Begegnung der Religionen mit der Kultur nicht nur auf geographischer Ebene statt. Bestimmte Aspekte der Globalisierung und insbesondere die Welt des Internet haben eine weitgreifende virtuelle Kultur geschaffen, die im Wert so unterschiedlich ist wie ihre zahllosen Erscheinungsformen. Zweifellos ist viel erreicht worden, um ein Bewußtsein der Nähe und der Einheit innerhalb der weltweiten Menschheitsfamilie zu schaffen. Zugleich kann jedoch die grenzenlose Anzahl der Portale, durch die die Menschen so einfachen Zugang zu den verschiedensten Informationsquellen haben, leicht zu einem Mittel immer größerer Zersplitterung werden: Die Einheit des Wissens zerfällt, und die komplexen Fähigkeiten der Kritik, der Unterscheidungsfindung und des Urteilsvermögens, die durch akademische und ethische Traditionen erlernt worden sind, werden manchmal umgangen oder außer acht gelassen.

Dann stellt sich natürlich die Frage, welchen Beitrag die Religion auf dem Hintergrund der raschen Globalisierung zu den Kulturen der Welt leistet. Da viele schnell damit zur Hand sind, auf die offensichtlichen Unterschiede zwischen den Religionen hinzuweisen, stehen wir als gläubige oder religiöse Menschen vor der Herausforderung, deutlich unsere Gemeinsamkeiten zu verkünden.

Abrahams erster Schritt im Glauben und unsere Schritte, die zur Synagoge, zur Kirche, zur Moschee oder zum Tempel hinführen oder von dort herkommen, hinterlassen eine Spur in unserer persönlichen menschlichen Geschichte, die sich sozusagen auf dem Weg zum ewigen Jerusalem hin entfaltet (vgl. Offb Ap 21,23). Ebenso verleiht jede Kultur durch die ihr innewohnende Fähigkeit zu geben und zu empfangen der einen menschlichen Natur Ausdruck. Dennoch kann die Kultur den Einzelnen niemals vollkommen zum Ausdruck bringen. Er oder sie übersteigt die eigene Kultur auf der ständigen Suche nach etwas Höherem. Aus dieser Perspektive heraus, liebe Freunde, sehen wir, daß eine Einheit möglich ist, die nicht von der Gleichförmigkeit abhängt. Zwar können die Unterschiede, die Gegenstand des interreligiösen Dialogs sind, uns manchmal als Hindernisse erscheinen, sie brauchen aber nicht die gemeinsame Ehrfurcht und Achtung vor dem Universalen, dem Absoluten und der Wahrheit zu überschatten, durch die religiöse Menschen überhaupt dazu gebracht werden, das Gespräch miteinander zu suchen. In der Tat ist es gerade die gemeinsame Überzeugung, daß diese transzendenten Wirklichkeiten ihre Quelle im Allmächtigen haben – und Spuren von ihm in sich tragen –, die die Gläubigen voreinander, vor unseren Organisationen, unserer Gesellschaft, unserer Welt hochhalten. Auf diese Weise bereichern wir nicht nur die Kultur, sondern prägen sie: Ein Leben in Treue zur Religion ist ein Widerhall von Gottes Gegenwart, die in unsere Welt hineinbricht, und läßt eine Kultur entstehen, die sich nicht innerhalb zeitlicher oder räumlicher Grenzen definiert, sondern vor allem von den Grundsätzen und durch das Handeln geprägt ist, die aus dem Glauben kommen.

Religiöser Glaube setzt Wahrheit voraus. Wer glaubt, sucht nach der Wahrheit und lebt aus ihr. Zwar ist das Mittel, durch das wir die Entdeckung und Weitergabe der Wahrheit verstehen, teilweise von Religion zu Religion verschieden, wir sollten uns aber nicht von unseren Bemühungen abhalten lassen, die Macht der Wahrheit zu bezeugen. Gemeinsam können wir verkünden, daß Gott existiert und daß man ihn erkennen kann, daß die Erde seine Schöpfung ist, daß wir seine Geschöpfe sind und daß er jeden Menschen aufruft, so zu leben, daß er seinen Plan für die Welt achtet. Liebe Freunde, wenn wir glauben, daß wir ein Urteils- und Unterscheidungskriterium besitzen, das göttlichen Ursprungs ist und das für die ganze Menschheit gilt, dann dürfen wir nicht müde werden, dafür zu sorgen, daß dieses Wissen im öffentlichen Leben zum Tragen kommt. Die Wahrheit sollte allen angeboten werden; sie dient allen Gliedern der Gesellschaft. Sie wirft Licht auf die Grundlage von Moral und Ethik und verleiht der Vernunft die Kraft, ihre eigenen Grenzen zu übersteigen, um unsere tiefsten gemeinsamen Bestrebungen zum Ausdruck zu bringen. Die Wahrheit ist weit davon entfernt, die Toleranz gegenüber Unterschieden oder kultureller Pluralität zu gefährden. Vielmehr ermöglicht sie einen Konsens und macht die öffentliche Diskussion rational, aufrichtig und verantwortungsbewußt; sie öffnet dem Frieden das Tor. Wenn wir den Willen hegen, der Wahrheit gehorsam zu sein, wird unser Vernunftbegriff und sein Anwendungsradius erweitert und ein echter Dialog der Kulturen und Religionen ermöglicht, der heute so dringend notwendig ist.

Jeder der hier Anwesenden weiß jedoch auch, daß man Gottes Stimme heute weniger deutlich hört und daß die Vernunft in so vielen Fällen gegenüber dem Göttlichen taub geworden ist. Dennoch herrscht in dieser „Leere“ keine Stille. Im Gegenteil, der Lärm egoistischer Forderungen, leerer Versprechen und falscher Hoffnungen dringt so oft gerade dort ein, wo Gott uns sucht. Gemeinsam können wir Räume schaffen – Oasen des Friedens und der tiefen Reflexion –, wo man Gottes Stimme wieder hören kann, wo man seine Wahrheit in der Allgemeingültigkeit der Vernunft entdecken kann, wo jeder einzelne ungeachtet seiner Herkunft, ethnischen Zugehörigkeit, politischen Couleur oder seines religiösen Glaubens als Person, als Mitmensch geachtet werden kann. In einer Zeit des unmittelbaren Zugangs zur Information und sozialer Tendenzen, die eine Art Monokultur erzeugen, stärkt eine tiefe Reflexion auf dem Hintergrund von Gottes Gegenwart die Vernunft. Außerdem regt sie den schöpferischen Geist an, erleichtert die kritische Wertschätzung kultureller Bräuche und schützt den universalen Wert der Religion.

Liebe Freunde, die Einrichtungen und Gruppen, die Sie vertreten, widmen sich dem interreligiösen Dialog und der Förderung kultureller Initiativen auf vielen verschiedenen Ebenen. Von akademischen Einrichtungen – und hier möchte ich die hervorragenden Leistungen der „Bethlehem University“ besonders erwähnen – bis hin zu Selbsthilfegruppen verwaister Eltern, von Initiativen im Bereich von Musik und Kunst bis hin zum mutigen Vorbild einfacher Mütter und Väter, von Gruppen, die sich dem offiziellen Dialog widmen, bis hin zu karitativen Organisationen: Jeder von Ihnen zeigt täglich seinen Glauben, daß unsere Pflicht vor Gott nicht nur im Gottesdienst Ausdruck findet, sondern auch in unserer Liebe und Fürsorge gegenüber der Gesellschaft, der Kultur, unserer Welt und gegenüber allen, die in diesem Land leben. Einige wollen uns glauben machen, daß unsere Unterschiede zwangsläufig Anlaß zur Uneinigkeit geben und sie daher höchstens toleriert werden können. Manche vertreten sogar die Ansicht, daß unsere Stimmen einfach zum Schweigen gebracht werden sollten. Wir aber wissen, daß unsere Verschiedenheiten niemals fälschlich als unvermeidlicher Grund für Reibereien oder Spannungen hingestellt werden dürfen, weder unter uns selbst noch in der Gesellschaft im ganzen. Vielmehr geben sie Menschen unterschiedlicher Religion eine wunderbare Gelegenheit, in tiefer gegenseitiger Achtung, Wertschätzung und Anerkennung zusammenzuleben und einander auf Gottes Wegen zu ermutigen. Mit Hilfe des Allmächtigen und von seiner Wahrheit erleuchtet mögen Sie auch weiterhin mutig auf Ihrem Weg voranschreiten, indem sie all das achten, was uns unterscheidet, und all das fördern, was uns vereint als Geschöpfe, die den Wunsch haben, unseren Gemeinschaften und unserer Welt Hoffnung zu bringen. Möge Gott uns auf diesem Weg leiten!
299

PILGERREISE VON PAPST BENEDIKT XVI.

INS HEILIGE LAND

(8.-15. MAI 2009)

HÖFLICHKEITSBESUCH BEIM GROSSMUFTI

Moscheenplatz - Jerusalem
Dienstag, 12. Mai 2009


Liebe muslimische Freunde!
As-salámu ‘aláikum! Der Friede komme über euch!

Herzlich danke ich dem Großmufti, Muhammad Ahmad Hussein, gemeinsam mit dem Direktor der Jerusalemer islamischen Waqf-Stiftung, Scheich Mohammed Azzam al-Khatib al-Tamini, und dem Leiter des Awqaf-Rats, Scheich Abdel Azim Salhab, für den freundlichen Empfang, den sie mir in Ihrem Namen bereitet haben. Ich bin sehr dankbar für die Einladung, diesen heiligen Ort zu besuchen, und bekunde Ihnen und den Verantwortlichen der islamischen Gemeinschaft in Jerusalem meine Hochachtung.

Der Felsendom regt unser Herz und unseren Verstand zum Nachdenken über das Geheimnis der Schöpfung und über den Glauben Abrahams an. Hier treffen sich die Pfade der drei großen monotheistischen Religionen, und wir werden an all das erinnert, was sie gemeinsam haben. Jede von ihnen glaubt an einen Gott, den Schöpfer und Lenker des Alls. Jede sieht in Abraham einen ihrer Vorfahren, einen Mann des Glaubens, den Gott mit einem besonderen Segen beschenkt hat. Jede hat im Lauf der Jahrhunderte eine große Zahl von Gläubigen versammelt und wurde zur Inspiration für ein reiches geistliches, intellektuelles und kulturelles Erbe.

In einer Welt, die leider durch Trennungen zerrissen ist, stellt dieser heilige Ort einen Ansporn dar und fordert die Menschen guten Willens heraus, sich für die Überwindung von Mißverständnissen und Konflikten vergangener Tage einzusetzen und den Weg eines aufrichtigen Dialogs einzuschlagen, der auf den Aufbau einer Welt der Gerechtigkeit und des Friedens für die nachfolgenden Generationen abzielt.

Die Lehren der Religionsgemeinschaften behandeln letztlich die Wirklichkeit Gottes, den Sinn des Lebens und das gemeinsame Ziel der Menschheit, also all das, was uns am heiligsten und am kostbarsten ist. Daher kann die Versuchung aufkommen, in einen solchen Dialog mit Widerwillen und mit Unsicherheit über seine Erfolgsaussichten einzutreten. Wir können jedoch zum Ausgangspunkt den Glauben nehmen, daß der eine Gott die unendliche Quelle der Gerechtigkeit und des Erbarmens ist, da in ihm diese beiden in vollkommener Einheit existieren. Die seinen Namen bekennen, haben den Auftrag, unermüdlich nach Rechtschaffenheit zu streben und zugleich seine Vergebungsbereitschaft nachzuahmen, denn beides ist wesentlich auf das friedliche und harmonische Zusammenleben der Menschheitsfamilie ausgerichtet.

Aus diesem Grund ist es so wichtig, daß jene, die den einen Gott anbeten, sichtbar machen, daß sie sowohl auf dem Boden der Einheit der ganzen Menschheitsfamilie stehen als auch auf sie ausgerichtet sind. Man könnte mit anderen Worten sagen, daß die Treue zu dem einen Gott, dem Schöpfer, dem Allerhöchsten, dazu führt anzuerkennen, daß alle Menschen grundlegend miteinander verbunden sind, da alle ihr Dasein einer einzigen Quelle verdanken und auf ein gemeinsames Ziel hingeordnet sind. Ihnen allen ist das unauslöschliche Abbild des Göttlichen eingeprägt und sie sind dazu berufen, aktiv an der Heilung der Trennungen mitzuarbeiten und die Solidarität unter den Menschen zu fördern.

Dies erlegt uns eine große Verantwortung auf. Die den einen Gott verehren, glauben, daß er von den Menschen Rechenschaft für ihr Tun einfordern wird. Die Christen halten fest, daß die Gaben der Vernunft und der Freiheit dieser Rechenschaftspflicht zugrunde liegen. Die Vernunft öffnet den Geist für die Erkenntnis des gemeinsamen Wesens und des gemeinsamen Ziels der Menschheitsfamilie, während die Freiheit das Herz anspornt, den anderen anzunehmen und ihm in Liebe zu dienen. So werden die ungeteilte Liebe zu dem einen Gott und die Liebe zum Nächsten zum Angelpunkt, um den sich alles andere dreht. Aus diesem Grund arbeiten wir unermüdlich daran, die Herzen der Menschen vor Haß, Groll und Rachegelüsten zu bewahren.

Liebe Freunde, ich bin auf einer Reise des Glaubens nach Jerusalem gekommen. Ich danke Gott für diese Gelegenheit, Ihnen als Bischof von Rom und als Nachfolger des Apostels Petrus zu begegnen, aber auch als ein Sohn Abrahams, „durch den alle Völker der Erde Segen erlangen“ (Gn 12,3 vgl. Röm Rm 4,16-17). Ich versichere Ihnen, daß die Kirche den innigen Wunsch hat, zum Wohl der Menschheitsfamilie beizutragen. Sie glaubt fest, daß die Erfüllung des Versprechens, das Gott Abraham gegeben hat, ihrem Ziel nach universal ist und alle Menschen unabhängig von ihrer Herkunft oder ihrem gesellschaftlichen Status umfaßt. Ich bete, daß Moslems und Christen bei der Weiterführung des bereits begonnen respektvollen Dialogs darüber nachdenken, wie das Einsein Gottes untrennbar mit der Einheit der Menschheitsfamilie verbunden ist. Mögen alle Angehörigen dieser Religionen, wenn sie sich Gottes liebevollem Plan für die Schöpfung fügen, wenn sie das Gesetz erforschen, das dem Kosmos eingeschrieben und dem Herz des Menschen eingeprägt ist, und wenn sie über das geheimnisvolle Geschenk der Selbstoffenbarung Gottes nachdenken, ihren Blick fest auf sein absolutes Gutsein richten und nie aus den Augen verlieren, wie diese Güte sich in den Gesichtern der Mitmenschen wiederspiegelt.

Mit diesen Gedanken bitte ich den Allmächtigen demütig, daß er Ihnen Frieden schenke und alle Glieder des geliebten Volkes dieser Region segne. Bemühen wir uns, in einem Geist der Harmonie und der Zusammenarbeit zu leben und durch unseren großzügigen Dienst am Nächsten für den einen Gott Zeugnis abzulegen. Vielen Dank!
300

PILGERREISE VON PAPST BENEDIKT XVI.

INS HEILIGE LAND

(8.-15. MAI 2009)

HÖFLICHKEITSBESUCH BEI DEN

GROSSRABBINERN VON JERUSALEM


"Hechal-Shlomo"-Zentrum - Jerusalem
Dienstag, 12. Mai 2009


Verehrte Rabbiner!
Liebe Freunde!

Ich bin für die Einladung dankbar, Hechal Shlomo zu besuchen und Ihnen während meiner Reise in das Heilige Land als Bischof von Rom begegnen zu können. Ich danke dem sephardischen Rabbi Shlomo Amar und dem aschkenasischen Rabbi Yona Metzger für ihre freundlichen Worte der Begrüßung, mit denen sie auch den Wunsch geäußert haben, die Bande der Freundschaft weiter zu festigen, welche die katholische Kirche und das Großrabbinat in den letzten Jahrzehnten zu schmieden sich mit Sorgfalt bemüht haben. Ihre Besuche im Vatikan in den Jahren 2003 und 2005 sind ein Ausdruck des guten Willens, der diese Entwicklung kennzeichnet.

Verehrte Rabbiner, ich erwidere die guten Wünsche, indem ich Ihnen und Ihren Gemeinschaften meine Gefühle der Achtung und Wertschätzung bekunde. Ich versichere Sie zugleich meines Wunsches, das gegenseitige Verständnis und die Zusammenarbeit zwischen dem Heiligen Stuhl, dem Großrabbinat Israels und den jüdischen Menschen auf der ganzen Welt zu vertiefen.

Eine wahrer Grund zur Genugtuung seit dem Beginn meines Pontifikats war für mich die Frucht aus dem laufenden Dialog zwischen der Delegation der Kommission für die religiösen Beziehungen mit dem Judentum seitens des Heiligen Stuhls und dem Großrabbinat der israelischen Delegation für die Beziehungen mit der katholischen Kirche. Ich möchte den Mitgliedern beider Delegationen für ihren Einsatz und ihre harte Arbeit bei der Umsetzung dieser Initiative danken, die mein geschätzter Vorgänger Papst Johannes Paul II. so sehnlichst erwartete, wie er während des Großen Jubiläumsjahrs 2000 sagte.

Unsere Begegnung heute bietet eine höchst passende Gelegenheit, dem allmächtigen Gott für die vielen Segnungen Dank zu sagen, die den von der bilateralen Kommission geführten Dialog begleitet haben. Zugleich wollen wir mit Zuversicht auf die kommenden Sitzungen vorausschauen. Die Bereitschaft der Delegierten, offen und geduldig nicht nur die Punkte der Übereinstimmung, sondern auch die Differenzen zu besprechen, hat schon den Weg zu einer wirksameren Zusammenarbeit im öffentlichen Leben geebnet. Juden wie Christen kommt es darauf an, die Achtung vor der Heiligkeit des menschlichen Lebens, die Zentralität der Familie, eine gediegene Ausbildung für die Jugend und die Freiheit der Religion sowie das Bewußtsein für eine gesunde Gesellschaft zu gewährleisten. Diese Themen des Dialogs stellen nur die Anfangsphase eines, wie wir hoffen, stetigen Voranschreitens auf dem Weg zu einem größeren gegenseitigen Verständnis.

Ein Anzeichen für die Möglichkeiten dieser Reihe von Treffen wird leicht ersichtlich an unserem gemeinsamen Bemühen angesichts des moralischen Relativismus und seiner gezielten Angriffe gegen die Würde der menschlichen Person. Bei der Behandlung der dringendsten ethischen Fragen unserer Zeit sehen sich unsere Gemeinschaften vor die Herausforderung gestellt, Menschen guten Willens auf der Ebene der Vernunft anzusprechen, während sie gleichzeitig auf die religiösen Grundlagen verweisen, die am besten bleibende moralische Werte aufrecht erhalten. Möge der begonnene Dialog weiterhin Ideen hervorbringen, wie Christen und Juden zusammenarbeiten können, um das Verständnis der Gesellschaft für den besonderen Beitrag unserer religiösen und ethischen Traditionen zu steigern. Hier in Israel, wo die Christen nur einen kleinen Teil der Gesamtbevölkerung ausmachen, schätzen sie besonders die Gelegenheiten zum Dialog mit ihren jüdischen Nachbarn.

Vertrauen ist unbestritten ein wesentliches Element eines wirksamen Dialogs. Heute habe ich die Gelegenheit zu wiederholen, daß die katholische Kirche sich unwiderruflich zu dem Weg verpflichtet hat, der auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil für eine echte und andauernde Versöhnung zwischen Christen und Juden gewählt wurde. Wie die Konzilserklärung Nostra Aetate klarstellt, schätzt die Kirche weiterhin das gemeinsame spirituelle Erbe der Christen und Juden. Sie strebt durch biblische und theologische Studien wie auch durch den brüderlichen Dialog ein immer tieferes Verständnis füreinander und einen gegenseitigen Respekt an. Mögen die sieben Treffen der bilateralen Kommission, die zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Großrabbinat bereits stattgefunden haben, hierfür ein Beweis sein! Ich bin daher dankbar für die Zusicherung Ihrerseits, daß die Beziehung zwischen der katholischen Kirche und dem Großrabbinat in der Zukunft in Achtung und Verständnis weiter wachsen wird.

Meine Freunde, ich bringe erneut meine tiefe Dankbarkeit für den Empfang zum Ausdruck, den Sie mir heute bereitet haben. Ich bin zuversichtlich, daß unsere Freundschaft weiterhin ein Beispiel für das Vertrauen in den Dialog zwischen Juden und Christen in aller Welt gibt. Wenn wir auf das bereits Erreichte blicken und uns von den Heiligen Schriften inspirieren lassen, können wir zuversichtlich auf eine noch intensivere Zusammenarbeit zwischen unseren Gemeinschaften ausschauen – gemeinsam mit allen Menschen guten Willens – zur Überwindung von Haß und Verfolgung in aller Welt. Ich bete, daß Gott, der unsere Herzen erforscht und unser Denken kennt (Ps 139,23), uns weiterhin mit seiner Weisheit erleuchtet, so daß wir seinen Geboten, ihn zu lieben mit unserem ganzen Herzen, unserer Seele und unserer Kraft (vgl. Dtn Dt 6,5), und unseren Nächsten zu lieben wie uns selbst (Lv 19,18), zu folgen vermögen. Danke.
301

PILGERREISE VON PAPST BENEDIKT XVI.

INS HEILIGE LAND

(8.-15. MAI 2009)

BESUCH IN DER LATEINISCHEN KONKATHEDRALE

Jerusalem
Dienstag, 12. Mai 2009


Eure Seligkeit, ich danke Ihnen für Ihren Willkommensgruß. Ich grüße auch den emeritierten Patriarchen und versichere Sie beide meiner guten Wünsche und meines mitbrüderlichen Gebets.

Liebe Brüder und Schwestern in Christus, ich freue mich, heute hier in dieser Konkathedrale bei euch zu sein, wo die christliche Gemeinde in Jerusalem weiterhin zusammenkommt, so wie sie es jahrhundertelang seit den ersten Tagen der Kirche getan hat. Hier in dieser Stadt hat Petrus zuerst am Pfingsttag die Frohe Botschaft von Jesus Christus verkündet, als der Gemeinschaft der Jünger etwa dreitausend Menschen hinzugefügt wurden. Hier hielten die ersten Christen „an der Lehre der Apostel fest und an der Gemeinschaft, am Brechen des Brotes und an den Gebeten“ (Ac 2,42). Von Jerusalem ging das Evangelium „in die ganze Welt hinaus ... bis zu den Enden der Erde“ (Ps 19,4), doch die Missionsarbeit der Kirche wurde stets von den Gebeten der Gläubigen getragen, die um den Altar des Herrn versammelt waren und die mächtige Kraft des Heiligen Geistes auf den Dienst der Verkündigung herabriefen.

Vor allem trägt das Gebet all jener das Werk der Evangelisierung, die nach den Worten der heiligen Theresia von Lisieux dazu berufen sind, „tief im Herzen der Kirche die Liebe“ zu sein (Brief an Sr. Marie vom Herzen Jesu). Ich möchte ein besonderes Wort der Anerkennung für das verborgene Apostolat der kontemplativen Ordensleute aussprechen, die hier zugegen sind, und euch für eure großherzige Hingabe an euer Leben des Gebets und der Selbstverleugnung danken. Besonders dankbar bin ich für eure Gebete für meinen universalen Hirtendienst und bitte euch, mein Wirken im Dienst am Volk Gottes auf der ganzen Welt weiterhin dem Herrn anzuempfehlen. Mit den Worten des Psalmisten bitte ich euch auch, Frieden für Jerusalem zu erbitten (vgl. Ps Ps 122,6) und ohne Unterlaß für ein Ende des Konflikts zu beten, der so viel Leid über die Menschen dieses Landes gebracht hat. So erteile ich euch nun meinen Segen.


PILGERREISE VON PAPST BENEDIKT XVI.

INS HEILIGE LAND

(8.-15. MAI 2009)

BEGRÜSSUNGSZEREMONIE

Platz vor dem Präsidentenpalast - Betlehem
Mittwoch, 13. Mai 2009


Herr Präsident!
Liebe Freunde!

Ich grüße Sie alle von Herzen und danke Präsident Mahmoud Abbas für seine freundlichen Begrüßungsworte. Meine Pilgerreise in die Länder der Bibel würde ohne einen Besuch in Betlehem, der Stadt Davids und dem Geburtsort Jesu Christi, unvollständig bleiben. Ebensowenig hätte ich ins Heilige Land kommen können, ohne die freundliche Einladung von Präsident Abbas anzunehmen, diese Gebiete zu besuchen und das palästinensische Volk zu grüßen. Ich weiß, wie sehr Sie an der seit Jahrzehnten in diesem Land herrschenden Unruhe gelitten haben und weiter leiden. Mein Herz wendet sich all jenen Familien zu, die kein Zuhause mehr haben. Heute nachmittag werde ich das Aida Refugee Camp besuchen, um den Menschen, die so viel verloren haben, meine Solidarität zu bekunden. All jenen unter Ihnen, die über den Verlust von Angehörigen und Freunden in den gewaltsamen Auseinandersetzungen und besonders in den jüngsten Konflikten in Gaza trauern, versichere ich mein tiefes Mitgefühl und mein häufiges Gebetsgedenken. Ja, ich bete jeden Tag für Sie alle, und ich bitte den Allmächtigen aufrichtig um Frieden, um einen gerechten und dauernden Frieden in den Palästinensischen Gebieten und in der ganzen Region.

Herr Präsident, der Heilige Stuhl unterstützt das Recht Ihres Volkes auf eine eigenständige palästinensische Heimat im Land seiner Vorfahren in Sicherheit und in Frieden mit seinen Nachbarn innerhalb von international anerkannten Grenzen. Auch wenn die Verwirklichung dieses Ziels heute noch fern erscheint, fordere ich Sie und Ihr Volk auf, die Flamme der Hoffnung am Leben zu erhalten, einer Hoffnung, daß ein Weg gefunden werden kann, die legitimen Ansprüche beider Seiten, der Israelis und der Palästinenser, zu erfüllen. In den Worten des verstorbenen Papstes Johannes Pauls II. gibt es „keinen Frieden ohne Gerechtigkeit und keine Gerechtigkeit ohne Vergebung“ (Botschaft zum Weltfriedenstag 2002). Ich rufe alle Parteien dieses langandauernden Konflikts auf, alle Ressentiments und Spaltungen zu überwinden, die der Versöhnung noch im Weg stehen, und großzügig und mitfühlend auf alle ohne Unterschied zuzugehen. Ein gerechtes und friedliches Zusammenleben zwischen den Völkern des Nahen Ostens kann nur durch einen Geist der Zusammenarbeit und des gegenseitigen Respekts erreicht werden, in dem die Rechte und die Würde aller anerkannt und geachtet werden. Ich bitte Sie alle, ich bitte Ihre Verantwortungsträger, einen erneuten verbindlichen Entschluß zu fassen, auf diese Ziele hinzuarbeiten. Insbesondere rufe ich die internationale Staatengemeinschaft dazu auf, ihren Einfluß zugunsten einer Lösung geltend zu machen. Glauben und vertrauen Sie, daß durch einen ehrlichen und ausdauernden Dialog unter voller Achtung der Anforderungen der Gerechtigkeit wirklich ein dauerhafter Friede für diese Länder erreichbar ist.

Ich habe die feste Hoffnung, daß die ernsten Bedenken bezüglich der Sicherheit in Israel und in den Palästinensischen Gebieten bald hinreichend beschwichtigt werden können, so daß eine größere Bewegungsfreiheit möglich wird, vor allem hinsichtlich des Kontakts zwischen Familienangehörigen und hinsichtlich des Zugangs zu den heiligen Stätten. Palästinenser haben wie alle anderen ein natürliches Recht, zu heiraten, Familien zu gründen und zu Arbeit, Ausbildung und Gesundheitsfürsorge Zugang zu erhalten. Ich bete auch dafür, daß mit Hilfe der internationalen Staatengemeinschaft der Wiederaufbau rasch voranschreiten kann, wo immer Wohnhäuser, Schulen und Spitäler beschädigt oder zerstört worden sind, insbesondere während der jüngsten Kampfhandlungen im Gazastreifen. Dies ist wesentlich, damit alle Menschen dieses Landes in Umständen leben können, die zu Frieden und Wohlstand führen. Eine stabile Infrastruktur wird Ihren jungen Menschen bessere Möglichkeiten eröffnen, sich wertvolle Fähigkeiten anzueignen und eine einträgliche Arbeitsstelle zu finden, damit sie so ihren Teil zum Aufbau des Lebens Ihrer Gemeinschaften beitragen können. An die vielen jungen Menschen im Bereich der Palästinensischen Gebiete richte ich diesen Appell: Laßt nicht zu, daß der Verlust von Leben und die Zerstörung, die ihr mit ansehen mußtet, in euren Herzen Bitterkeit und Groll wachsen lassen. Habt den Mut, jeder vielleicht von euch verspürten Versuchung zu widerstehen, Gewalt anzuwenden oder terroristische Akte zu begehen. Was ihr erfahren habt, soll vielmehr eure Entschlossenheit erneuern, Frieden zu stiften. Es soll euch mit dem tiefen Verlangen erfüllen, einen bleibenden Beitrag zur Zukunft Palästinas zu leisen, damit es auf der Weltbühne den ihm zustehenden Platz einnehmen kann. Es soll in euch Gefühle des Mitleids für alle Leidenden wecken, Eifer für die Versöhnung und einen festen Glauben, daß eine bessere Zukunft möglich ist.

Herr Präsident, liebe Freunde, die hier in Betlehem zusammengekommen sind, ich bitte für das ganze palästinensische Volk um den Segen und den Schutz unseres himmlischen Vaters und ich bete innig, daß der Gesang, den die Engel an diesem Ort erklingen ließen, in Erfüllung gehe: Friede auf Erden, guter Wille unter den Menschen. Vielen Dank. Gott sei mit euch.
302
Benedikt XVI Predigten 297