Benedikt XVI Predigten 330

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BEITRAG DES ÄTHIOPISCH-ORTHODOXEN PATRIARCHEN

AUF DER 3. GENERALKONGREGATION DER

ZWEITEN SONDERVERSAMMLUNG DER BISCHOFSSYNODE FÜR AFRIKA

ANTWORT VON BENEDIKT XVI.

AUF DIE WORTMELDUNG VON PATRIARCH ABUNA PAULOS


Dienstag, 6. Oktober 2009




Heiligkeit,

von ganzem Herzen danke ich Ihnen für Ihre meditative Stellungnahme und dafür, daß Sie meiner Einladung zur Teilnahme an der Zweiten Sonderversammlung der Bischofssynode für Afrika gefolgt sind. Ich bin sicher, daß meine Dankbarkeit und meine Anerkennung von allen Mitgliedern der Versammlung geteilt werden.

Ihre Anwesenheit ist ein vielsagendes Zeugnis der antiken und reichen Tradition der Kirche in Afrika. Schon zur Zeit der Apostel gab es unter den zahlreichen Menschen, die den Wunsch verspürten die Heilsbotschaft Chrsiti zu hören, auch solche, die aus Äthiopien kamen (vgl. Apg 8,26– 40). Die Treue des äthiopischen Volkes zum Evangelium zeigt sich nicht nur dadurch, daß es das Gesetz der Liebe befolgt, sondern auch, wie Sie uns daran erinnerten, durch die Ausdauer während der Verfolgung und durch das äußerste Opfer des Martyriums im Namen Christi.

Heiligkeit, Sie haben daran erinnert, daß die Verkündigung des Evangeliums nicht von dem Auftrag getrennt werden kann, eine mit Gottes Willen übereinstimmende Gesellschaft aufzubauen, die den Segen seiner Schöpfung respektiert sowie die Würde und die Unschuld aller seiner Kinder schützt. Wir wissen, daß eine Wiederversöhnung in Christus möglich ist, Gerechtigkeit überwiegen und der Frieden andauern kann! Das ist die Botschaft der Hoffnung, die wir alle zu verkünden aufgerufen sind. Das ist die Verheißung, deren Erfüllung die Völker Afrikas herbeisehnen.

Laßt uns daher beten, daß unsere Kirchen sich der Einheit, die ein Geschenk des Heiligen Geistes ist, nähern und gemeinsam Zeugnis ablegen von der Hoffnung, die uns das Evangelium bringt. Laßt uns die Arbeit fortsetzen für eine ganzheitliche Entwicklung aller afrikanischen Völker und so die Familien stärken – das Bollwerk der afrikanischen Gesellschaft– sowie für eine Bildung der Jugendlichen, die die Zukunft Afrikas sind, und damit einen Beitrag leisten für den Aufbau einer Gesellschaft, die von Ehrenhaftigkeit, Integrität und Solidarität geprägt ist. Mögen unsere Entscheidungen, die wir in diesen Wochen treffen, den Nachfolgern Christi helfen, auf dem Kontinent überzeugende Vorbilder der Redlichkeit, Barmherzigkeit und des Friedens zu sein und ein Licht, das den Weg der künftigen Generationen erleuchtet.

Heiligkeit, nochmals danke ich Ihnen für Ihre Anwesenheit und die wertvolle Meditation. Ihre Teilnahme an dieser Synode möge ein Segen für unsere Kirchen sein!


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KONZERT "JUGEND GEGEN DEN KRIEG"

DES INTERREGIONALEN JUGENDSINFONIEORCHESTERS (IRO)

ANLÄSSLICH DES 70. JAHRESTAGES DES BEGINNS

DES ZWEITEN WELTKRIEGES

Auditorium in der Via della Conciliazione

Donnerstag, 8. Oktober 2009




Herr Präsident der Italienischen Republik,
meine Herren Kardinäle, verehrte Synodenväter,
meine Herren Botschafter, sehr geehrte Damen und Herren!

Mit Freude habe ich die Einladung zu diesem Konzert angenommen: »Youth against war concert – 70 Jahre nach dem Beginn des Zweiten Weltkriegs: Jugend gegen den Krieg«. Es wird gemeinsam veranstaltet vom Päpstlichen Rat zur Förderung der Einheit der Christen, der Kommission für die religiösen Beziehungen mit dem Judentum, der Deutschen Botschaft beim Heiligen Stuhl und dem »Europäischen KulturForum Mainau«, unter der Schirmherrschaft des Internationalen Jüdischen Komitees für Interreligiöse Gespräche. Allen Veranstaltern und Organisatoren gilt mein Gruß und mein herzlicher Dank; insbesondere danke ich Kardinal Walter Kasper dafür, daß er die gemeinsamen Empfindungen zum Ausdruck gebracht hat. Einen ehrerbietigen Gruß richte ich an den Präsidenten der Italienischen Republik und seine sehr verehrte Gattin, denen ich für ihre Anwesenheit danke. Durch die universale Sprache der Musik will diese Initiative die Jugendlichen ermutigen, gemeinsam die Zukunft der Welt aufzubauen, indem sie sich an den Werten des Friedens und der Brüderlichkeit unter den Menschen inspirieren. Ich grüße die Herren Kardinäle, die Synodenväter, die verehrten Mitglieder des Diplomatischen Korps beim Heiligen Stuhl, die Sponsoren und alle Anwesenden.

... auf deutsch: Ganz herzlich danke ich den jungen Musikern aus 15 Ländern, die sich im Inter-Regionalen Jugend-Sinfonieorchester zusammengefunden haben, mit ihren beiden Dirigenten Professor Wolfgang Gönnenwein und Jochem Hochstenbach für die hervorragende Darbietung. In gleicher Weise gilt mein Dank der Solistin Frau Michelle Breedt für den ausdrucksstarken Gesang und Herrn Professor Klaus Maria Brandauer für die lebendige Interpretation der literarischen Texte. Und ich schließe in diesen Dank alle ein, die diesen Abend möglich gemacht haben: Das Internationale Jüdische Komitee für Interreligiöse Gespräche (IJCIC) als Schirmherr dieses Konzerts wie auch den Päpstlichen Rat zur Förderung der Einheit der Christen, die deutsche Botschaft beim Heiligen Stuhl und das Europäische Kulturforum Mainau als dessen Veranstalter.

... auf italienisch: Liebe Freunde! Heute abend kehren wir in Gedanken zur Tragödie des Zweiten Weltkriegs zurück, ein schmerzhafter, von Gewalt und Unmenschlichkeit geprägter Abschnitt der Geschichte, der den Tod von Millionen Menschen verursacht, die Sieger gespalten und ein Europa zurückgelassen hat, das wiederaufgebaut werden mußte. Der vom Nationalsozialismus gewollte Krieg hat viele unschuldige Bevölkerungsteile in Europa und auf anderen Kontinenten getroffen, und er hat mit dem Drama der Shoah vor allem das jüdische Volk verletzt, das Gegenstand einer gezielten Auslöschung war. Und doch fehlte es nicht an Aufrufen zur Vernunft und zum Frieden, die sich auf vielen Seiten erhoben. Hier in Rom erhob sich eindringlich die Stimme meines verehrten Vorgängers Pius XII. In der Radiobotschaft vom 24. August 1939 – unmittelbar vor dem Ausbruch des Krieges – sagte er mit Entschiedenheit: »Nichts ist verloren durch den Frieden, alles kann verloren werden durch den Krieg« (vgl. AAS, XXXI, 1939, S. 334). Leider gelang es jedoch niemandem, die bevorstehende Katastrophe aufzuhalten: erbarmungslos überwog die Logik des Egoismus und der Gewalt. Dieser traurigen Ereignisse zu gedenken möge vor allem für die jungen Generationen eine Mahnung sein, niemals mehr der Versuchung des Krieges zu erliegen.

Wie Kardinal Kasper in Erinnerung gerufen hat, gedenken wir in diesem Jahr eines weiteren bedeutsamen Jahrestages: 20 Jahre seit dem Fall der Berliner Mauer, der ein vielsagendes Symbol für das Ende der totalitären kommunistischen Regime in Osteuropa ist. »Der Fall von Mauern sowie der Sturz gefährlicher Götzenbilder und einer unfrei machenden Ideologie haben gezeigt, daß grundlegende Freiheiten, die dem menschlichen Leben Sinn verleihen, auf Dauer nicht unterdrückt oder gar erstickt werden können«, schrieb Johannes Paul II. (Botschaft anläßlich des 90. Katholikentages in Berlin; O.R. dt., Nr. 22, 1.6.1990, S. 1). Europa, ja die ganze Welt dürstet nach Freiheit und Frieden! Gemeinsam muß die wahre Zivilisation errichtet werden, die nicht auf Macht gegründet ist, sondern »vielmehr die Frucht des Sieges über sich selbst« ist, »über die Mächte von Ungerechtigkeit, Egoismus und Haß, die den Menschen sogar ganz und gar entstellen können« (Johannes Paul II., Apostolisches Schreiben zum 50. Jahrestag des Beginns des Zweiten Weltkriegs, 12; O.R. dt., Nr. 35, 1.9.1989, S. 10). Die ökumenische Bewegung, die im Zweiten Weltkrieg einen Katalysator fand – wie Kardinal Kasper zu Recht unterstrichen hat –, kann dazu beitragen diese Zivilisation aufzubauen, indem sie mit den Juden und allen Gläubigen zusammenarbeitet. Gott segne uns und gewähre der Menschheit die Gabe seines Friedens. Liebe Freunde, nochmals herzlichen Dank für Ihre Anwesenheit.
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ROSENKRANZGEBET MIT DEN UNIVERSITÄTSSTUDENTEN

"MIT AFRIKA UND FÜR AFRIKA"

Audienzenhalle

Samstag, 10. Oktober 2009


Gemeinsames Mariengebet der Synodenväter mit den römischen Universitätsstudenten sowie den Studenten von acht afrikanischen Hauptstädten, die per Satellit mit dem Vatikanischen Fernsehzentrum verbunden sind: Kairo (Ägypten), Nairobi (Kenia), Khartoum (Sudan), Johannesburg (Südafrika), Onitsha (Nigeria), Kinshasa (Demokratische Republik Kongo), Maputo (Mosambique) unde Ouagadougou (Burkina Faso).
(Video)




Verehrte Synodenväter,
liebe Brüder und Schwestern, liebe Universitätsstudenten!

Zum Abschluß dieser Begegnung zum Mariengebet richte ich an alle meinen herzlichen Gruß, wobei ich den anwesenden Synodenvätern besondere Dankbarkeit zum Ausdruck bringe. Ich danke den italienischen Autoritäten, die diese Initiative unterstützt haben, und vor allem dem Generalsekretariat der Bischofssynode sowie dem Büro für die Hochschulseelsorge des Vikariats von Rom, die sie ins Leben gerufen und organisiert haben.

Liebe Freunde, liebe Studenten der römischen Universitäten, auch euch gilt natürlich ein aufrichtiges »Dankeschön« dafür, daß ihr meiner Einladung so zahlreich gefolgt seid. Wie ihr wißt, findet in diesen Tagen im Vatikan die Zweite Sonderversammlung der Bischofssynode für Afrika statt. Die Tatsache, daß der Nachfolger Petri und zahlreiche Hirten der Kirche in Afrika sowie viele andere fachkundige Experten sich versammeln, ist ein Grund zur Freude und zur Hoffnung; es bringt die Gemeinschaft zum Ausdruck und nährt sie. Bereits die Kirchenväter verglichen die christliche Gemeinschaft mit einem wohlgeordneten und harmonischen Orchester oder Chor – wie jene, die unser Gebet musikalisch unterstützt haben und denen unser Dank gilt.

Wie schon bei früheren Gelegenheiten hat man sich auch heute abend die modernen Telekommunikationstechniken zunutze gemacht, um »ein Netz auszuwerfen« – ein Gebetsnetz! –, das Rom mit Afrika verbindet. Und so konnten dank der Zusammenarbeit von »Telespazio«, des Vatikanischen Fernsehzentrums und Radio Vatikan zahlreiche Universitätsstudenten mehrerer afrikanischer Städte zusammen mit ihren Hirten am Rosenkranzgebet teilnehmen. An sie richte ich einen herzlichen Gruß.

... auf französisch: Brüder und Schwestern französischer Sprache, ich grüße euch sehr herzlich, besonders diejenigen, die sich uns von Burkina Faso, der Demokratischen Republik Kongo und Ägypten aus angeschlossen haben. Ich lade euch ein, mit den Bischöfen aus ganz Afrika, die in Rom zur Synode versammelt sind, im Gebet vereint zu bleiben, damit die Kirche einen wirksamen Beitrag zur Versöhnung, zur Gerechtigkeit und zum Frieden auf diesem geliebten Kontinent leisten kann und sie ein echtes Zeichen der Hoffnung für alle afrikanischen Völker sein möge, »Salz der Erde … und Licht der Welt«. Die Jungfrau Maria, Unsere Liebe Frau von Afrika, erhalte euch im Frieden und führe euch zu ihrem Sohn Jesus, dem Retter! Gott segne euch!

... auf englisch: Liebe Freunde, von Herzen grüße ich die vielen jungen Studenten, besonders diejenigen aus Kenia, Nigeria, Südafrika und Sudan, die sich unserem Gebet an Maria, die Mutter Jesu, angeschlossen haben. Ihrem mütterlichen Schutz haben wir das gute Gelingen der Zweiten Sonderversammlung der Bischofssynode für Afrika anvertraut. Möge ihre Fürbitte die Christen in aller Welt und besonders die Völker Afrikas stützen, und möge ihr Vorbild uns lehren, uns dem Herrn zuzuwenden und in Freud und Leid im Gebet zu verharren. Mein besonderer Gruß gilt den jungen Männern und Frauen Afrikas, die in meinem Herzen und in meinem Gebet präsent sind. Seid stets kompromißlose Zeugen und aktive Förderer der Gerechtigkeit, der Versöhnung und des Friedens!

... auf portugiesisch: Ich grüße die Universitätsstudenten, die mit dem Rosenkranz in der Hand und dem Namen Marias auf den Lippen in Maputo versammelt sind, wo sie mit Afrika und für Afrika dafür beten, daß die gläubigen Christen vom Heiligen Geist erfüllt die von Christus empfangene Sendung erfüllen können: das Salz einer gerechten Erde zu sein und das Licht, das die Welt zur Versöhnung und zum Frieden führt. Ich danke euch, meine Freunde, für euer Gebet und für euer christliches Zeugnis! Über euch wache die jungfräuliche Mutter, der ich alle jungen Menschen anvertraue, in Mosambik und in den anderen afrikanischen Ländern, in denen Portugiesisch die Amtssprache ist.

... auf italienisch: In Vorbereitung auf die heutige Begegnung fand in Rom ein Kongreß statt, der von der Generaldirektion für Zusammenarbeit und Entwicklung des Außenministeriums organisiert wurde und unter folgendem Thema stand: »Für eine neue Kultur der Entwicklung in Afrika: die Rolle der universitären Zusammenarbeit«. Indem ich meine Anerkennung für dieses Projekt zum Ausdruck bringe und zu seiner Fortsetzung ermutige, möchte ich hervorheben, wie wichtig die Ausbildung junger Intellektueller sowie die wissenschaftliche und kulturelle Zusammenarbeit zwischen den Hochschulen ist, um in Afrika und in den anderen Kontinenten eine ganzheitliche menschliche Entwicklung anzubieten und aktiv zu unterstützen. In diesem Zusammenhang habe ich euch, liebe junge Menschen, symbolisch die Enzyklika Caritas in veritate anvertraut, in der ich auf die dringende Notwendigkeit verweise, eine neue humanistische Synthese zu erarbeiten (vgl. Nr. 21), die die Verbindung zwischen Anthropologie und Theologie wieder herstellt. In der Betrachtung der Geheimnisse des Rosenkranzes sind wir erneut dem wahren Antlitz Gottes begegnet, der uns in Jesus Christus seine Gegenwart im Leben eines jeden Volkes offenbart. Der Gott Jesu Christi begleitet den Menschen: Und durch ihn ist es möglich, die Zivilisation der Liebe aufzubauen (vgl. ebd., 39). Liebe Universitätsstudenten in Rom und in Afrika, ich bitte euch, in der Kirche und in der Gesellschaft Vermittler der intellektuellen Nächstenliebe zu sein. Sie ist notwendig, um den großen Herausforderungen der Geschichte unserer Zeit zu begegnen. Seid in den Universitäten aufrichtige und leidenschaftliche Sucher der Wahrheit und baut akademische Gemeinschaften von hohem intellektuellem Niveau auf, wo man jene offene und weite Vernunft üben und genießen kann, die den Weg zur Begegnung mit Gott öffnet. Schafft Brücken wissenschaftlicher und kultureller Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Hochschulen, vor allem mit den afrikanischen. Euch, liebe afrikanische Studenten, lade ich besonders ein, die Studienzeit als Vorbereitung auf einen Dienst kultureller Bildungsarbeit in euren Ländern zu leben. Die Neuevangelisierung in Afrika zählt auch auf euren großherzigen Einsatz.

Liebe Brüder und Schwestern, durch das Rosenkranzgebet haben wir die Zweite Synode für Afrika der mütterlichen Fürsprache der allerseligsten Jungfrau anvertraut. In ihre Hände legen wir die Hoffnungen, Erwartungen und Pläne der afrikanischen Völker ebenso wie ihre Schwierigkeiten und ihr Leid. Allen, die von verschiedenen Teilen Afrikas her mit uns verbunden sind, sowie allen hier Anwesenden erteile ich von Herzen den Apostolischen Segen.

AN HERRN YVES GAZZO,

VERTRETER DER KOMMISSION DER

EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN BEIM HL. STUHL Montag, 19. Oktober 2009



Herr Botschafter!

Ich freue mich, Eure Exzellenz zu empfangen und Sie als Vertreter der Kommission der Europäischen Gemeinschaft beim Heiligen Stuhl zu akkreditieren. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie Seiner Exzellenz Herrn José Barroso, der kürzlich an die Spitze der Kommission wiedergewählt wurde, für ihn persönlich und für den neuen Auftrag, der ihm anvertraut ist, sowie für alle seine Mitarbeiter meine herzlichen Wünsche aussprechen.

In diesem Jahr gedenkt Europa des 20. Jahrestages des Falls der Berliner Mauer. Ich habe dieses Ereignis in besonderer Weise gewürdigt, als ich in die Tschechische Republik reiste. In diesem vom Joch einer schmerzlichen Ideologie heimgesuchten Land konnte ich für das Geschenk der wiedererlangten Freiheit danken, die dem europäischen Kontinent die Wiedergewinnung seiner Integrität und Einheit ermöglicht hat.

Sie, Herr Botschafter, haben soeben die Wirklichkeit der Europäischen Union als »einen Raum des Friedens und der Stabilität« bezeichnet, »der 27 Staaten vereint, die auf dieselben Grundwerte bauen«. Das ist eine gelungene Definition. Es ist jedoch richtig zu betonen, daß sich die Europäische Union diese Werte nicht selbst gegeben hat, sondern daß es vielmehr diese gemeinsamen Werte sind, die diese Union überhaupt erst haben entstehen lassen und die gleichsam die Gravitationskraft für die verschiedenen Nationen darstellten, die sich dann im Laufe der Zeit dem Kern der Gründerländer angeschlossen haben. Diese Werte sind Frucht einer langen und verwickelten Geschichte, in der – was keiner leugnen wird – das Christentum eine herausragende Rolle gespielt hat. Die gleiche Würde aller Menschen, die Freiheit des Glaubensaktes als Wurzel aller anderen bürgerlichen Freiheiten, der Friede als entscheidendes Element des Gemeinwohls, die menschliche Entwicklung – in intellektueller, sozialer und wirtschaftlicher Hinsicht – als göttliche Berufung (vgl. Caritas in veritate, 16–19) und der sich daraus ableitende Sinn der Geschichte sind weitere zentrale Elemente der christlichen Offenbarung, die die europäische Zivilisation bis in die heutige Zeit prägen.

Wenn die Kirche an die christlichen Wurzeln Europas erinnert, tut sie das nicht, weil sie für sich selbst eine privilegierte Stellung anstreben möchte. Sie will historische Gedächtnisarbeit leisten, indem sie zunächst an eine – zunehmend in Vergessenheit geratene – Wahrheit erinnert, nämlich an die entschieden christliche Inspiration der Gründungsväter der Europäischen Union. Tiefergehend möchte sie auch zum Ausdruck bringen, daß die Grundlage der Werte vor allem aus dem christlichen Erbe stammt, das sie noch heute nach wie vor nährt.

Diese gemeinsamen Werte sind keine planlose oder zufällige Ansammlung, sondern bilden ein zusammenhängendes Ganzes, das historisch von einem klaren Menschenbild her geordnet und gegliedert ist. Kann Europa das ursprüngliche organische Prinzip dieser Werte vergessen, das den Menschen seine herausragende Würde und zugleich die Tatsache erkennen ließ, daß seine persönliche Berufung ihn für alle anderen Menschen offen macht, mit denen zusammen er berufen ist, eine einzige Familie zu bilden? Diesem Vergessen nachzugeben – hieße das nicht, sich der Gefahr auszusetzen, mitanzusehen, wie diese großen und schönen Werte in Konkurrenz oder in Konflikt zueinander treten? Oder aber, daß sie Gefahr laufen, von einzelnen und Gruppen instrumentalisiert zu werden, die Druck ausüben, um Sonderinteressen durchzusetzen – zum Schaden eines von den Europäern erwarteten, gemeinsamen und ehrgeizigen Projekts für den Kontinent und unsere ganze Welt? Diese Gefahr ist bereits von zahlreichen Beobachtern, die ganz verschiedenen Bereichen angehören, wahrgenommen und angeprangert worden. Es ist wichtig, daß Europa nicht zuläßt, daß sich sein Zivilisationsmodell Stück für Stück auflöst. Sein ursprünglicher Elan darf nicht vom Individualismus oder vom Zweckdenken erstickt werden.

Die immensen intellektuellen, kulturellen und wirtschaftlichen Ressourcen des Kontinents werden weiterhin Früchte tragen, wenn sie von der transzendenten Sicht der menschlichen Person befruchtet werden, die den wertvollsten Schatz des europäischen Erbes bildet. Diese humanistische Tradition, in der sich viele, mitunter sehr unterschiedliche Denkrichtungen wiedererkennen, befähigt Europa dazu, sich den Herausforderungen von morgen zu stellen und auf die Erwartungen der Bevölkerung zu antworten. Es handelt sich vor allem um das Suchen nach dem richtigen und delikaten Gleichgewicht zwischen der wirtschaftlichen Effizienz und den sozialen Erfordernissen, dem Schutz der Umwelt und vor allem der unverzichtbaren und notwendigen Unterstützung für das menschliche Leben von der Empfängnis bis zum natürlichen Tod und für die auf die Ehe zwischen einem Mann und einer Frau gegründete Familie. Europa wird nur dann wirklich es selbst sein, wenn es seine Ursprünglichkeit zu bewahren versteht, die seine Größe ausmacht und imstande ist, Europa auch in der Zukunft zu einem der Hauptakteure bei der Förderung der ganzheitlichen Entwicklung der Menschen zu machen, die die Kirche als den einzigen Weg ansieht, der die in unserer Welt vorhandenen Störungen zu heilen vermag.

Aus all diesen Gründen, Herr Botschafter, verfolgt der Heilige Stuhl mit Achtung und großer Aufmerksamkeit die Tätigkeit der europäischen Institutionen mit dem Wunsch, daß sie durch ihre Arbeit und ihre Kreativität Europa zur Ehre gereichen, das mehr als ein Kontinent ist, sondern vielmehr ein »geistiges Zuhause« (vgl. Ansprache an die zivilen Autoritäten und das Diplomatische Korps, Prag, 26. September 2009). Die Kirche möchte den Aufbau der Europäischen Union »begleiten «. Deshalb erlaubt sie sich, diese an die wesentlichen Grundwerte der europäischen Gesellschaft zu erinnern, damit sie zum Wohl aller gefördert werden können.

In dem Augenblick, in dem Sie Ihre Mission beim Heiligen Stuhl antreten, möchte ich erneut meine Zufriedenheit über die ausgezeichneten Beziehungen zum Ausdruck bringen, die die Europäische Gemeinschaft und der Heilige Stuhl unterhalten, und spreche Ihnen, Herr Botschafter, meine besten Wünsche für die gute Erfüllung Ihrer ehrenvollen Aufgabe aus. Sie dürfen gewiß sein, daß Sie bei meinen Mitarbeitern die Aufnahme und das Verständnis finden werden, das Sie hierzu benötigen.

Auf Eure Exzellenz, auf Ihre Familie und auf Ihre Mitarbeiter rufe ich von ganzem Herzen die Fülle des göttlichen Segens herab.

AN DIE DOZENTEN, STUDENTEN UND ANGESTELLTEN DES

PÄPSTLICHEN BIBELINSTITUTES Sala Clementina

Montag, 26. Oktober 2009




Meine Herren Kardinäle,
hochwürdigster Generaloberer der Gesellschaft Jesu,
verehrter Herr Rektor,
verehrte Dozenten und liebe Studenten des Päpstlichen Bibelinstituts!

Mit aufrichtiger Freude begegne ich euch aus Anlaß des 100. Jahrestages der Gründung eures Instituts, das nach dem Willen meines heiligen Vorgängers Pius X. entstanden ist, um in Rom – wie bereits gesagt wurde – ein Zentrum für Fachstudien zur Heiligen Schrift und für die damit verbundenen Fächer zu errichten. Ich begrüße ehrerbietig Kardinal Zenon Grocholewski, dem ich für die höflichen Worte danke, die er in eurem Namen an mich gerichtet hat. Ebenso begrüße ich den Generaloberen Pater Adolfo Nicolás Pachón und nehme gern die Gelegenheit wahr, der Gesellschaft Jesu meine aufrichtige Dankbarkeit dafür zu bekunden, daß sie mit beachtlichem Engagement bei der Leitung der Fakultät für den Alten Orient, der Fakultät für Bibelwissenschaft hier in Rom und des Sitzes des Instituts in Jerusalem finanzielle Mittel und menschliche Ressourcen aufbietet. Ich begrüße den Rektor und die Dozenten, die ihr Leben in ständigem Hinhören auf das Wort Gottes dem Studium und der Forschung gewidmet haben. Ferner grüße ich das Personal und danke den Angestellten und Arbeitern für ihre wertvolle Mitarbeit sowie auch den Wohltätern, die die notwendigen finanziellen Mittel für die Erhaltung der Strukturen und für die Aktivitäten des Päpstlichen Bibelinstituts zur Verfügung gestellt haben und dies auch weiterhin tun. Ich grüße die ehemaligen Studenten, die in dieser Stunde geistig mit uns verbunden sind, und ganz besonders begrüße ich euch, liebe Studenten, die ihr aus allen Teilen der Welt kommt.

Hundert Jahre sind seit der Errichtung des Päpstlichen Bibelinstituts vergangen. Im Laufe dieses Jahrhunderts ist das Interesse an der Bibel sicher gestiegen, und dank des Zweiten Vatikanischen Konzils, vor allem der dogmatischen Konstitution Dei Verbum – deren Ausarbeitung ich als direkter Zeuge miterlebt habe, da ich als Theologe an den der endgültigen Verabschiedung vorausgehenden Diskussionen teilnahm –, wurde die Bedeutung des Wortes Gottes im Leben und in der Sendung der Kirche viel stärker wahrgenommen. Das hat in den christlichen Gemeinschaften eine echte spirituelle und pastorale Erneuerung begünstigt, die vor allem die Predigt, die Katechese, das Theologiestudium und den ökumenischen Dialog betrifft. Zu dieser Erneuerung hat euer Päpstliches Institut mit der wissenschaftlichen Bibelforschung, mit der Lehre der biblischen Disziplinen und der Veröffentlichung von qualifizierten Studien und Fachzeitschriften einen bedeutsamen Beitrag geleistet. Im Laufe der Jahrzehnte folgten aufeinander mehrere Generationen berühmter Dozenten – ich möchte hier unter anderen Kardinal Bea erwähnen –, die über 7000 Professoren für Bibelwissenschaft und Förderer von Bibelgruppen sowie auch viele Experten ausgebildet haben, die heute in allen Gegenden der Welt in verschiedenen kirchlichen Diensten tätig sind. Wir danken dem Herrn für eure Tätigkeit, die sich darum bemüht, die biblischen Texte in dem Geist auszulegen, in dem sie geschrieben wurden (vgl. Dei Verbum DV 12), und die für den Dialog mit den anderen Disziplinen, mit den verschiedenen Kulturen und Religionen offen ist. Auch wenn es für eure Arbeit schwierige Zeiten gegeben hat, ist sie stets in Treue zum Lehramt durchgeführt worden, wie es den Zielsetzungen eures Instituts entspricht, das eben dazu errichtet wurde, »damit in der Stadt Rom ein Zentrum für höhere Studien der Heiligen Schrift entstehe, um auf möglichst wirksame Weise die Bibelwissenschaft und alle zu ihr gehörigen Studien im Geiste der katholischen Kirche zu fördern« (Pius X., Apostol. Schreiben Vinea electa (7. Mai 1909): AAS 1 (1909), 447–448).

Liebe Freunde, das Hundertjahrjubiläum stellt ein Ziel und zugleich einen Ausgangspunkt dar. Bereichert mit der Erfahrung der Vergangenheit setzt ihr euren Weg mit erneuertem Engagement fort, wobei ihr euch des Dienstes an der Kirche, der von euch verlangt wird, bewußt seid: nämlich die Bibel dem Leben des Volkes Gottes nahezubringen, damit es die neuen Herausforderungen, die die modernen Zeiten an die Neuevangelisierung stellen, entsprechend zu bewältigen vermag. Es ist der gemeinsame Wunsch, daß die Heilige Schrift in dieser säkularisierten Welt nicht nur zur Seele der Theologie wird, sondern auch zur Quelle der Spiritualität und der Glaubenskraft aller Christgläubigen. Das Päpstliche Bibelinstitut möge daher als kirchliches Studienzentrum von hoher Qualität im Bereich der Bibelforschung weiter wachsen, indem es sich der modernen kritischen Methoden bedient und mit den Fachgelehrten in Dogmatik und in anderen theologischen Bereichen zusammenarbeitet; es möge eine sorgfältige Ausbildung für die künftigen Professoren für Bibelwissenschaft sicherstellen, damit sie, wenn sie sich der biblischen Sprachen und der verschiedenen exegetischen Methoden bedienen, direkten Zugang zu den biblischen Texten finden können.

Die bereits erwähnte dogmatische Konstitution Dei Verbum hat in diesem Zusammenhang die Legitimität und Notwendigkeit der historischkritischen Methode unterstrichen und sie auf drei wesentliche Elemente zurückgeführt: die Berücksichtigung der literarischen Gattungen; die Erforschung des historischen Umfeldes; die Prüfung dessen, was man üblicherweise »Sitz im Leben« nennt. Das Konzilsdokument hält gleichzeitig am theologischen Charakter der Exegese fest und weist auf die Stärken der theologischen Methode bei der Textauslegung hin. Das geschieht deshalb, weil die Grundvoraussetzung, auf der das theologische Verständnis der Bibel beruht, die Einheit der Schrift ist, und dieser Voraussetzung entspricht als methodologischer Weg die »analogia fidei«, das heißt das Verständnis der einzelnen Texte vom Gesamten her. Der Konzilstext fügt noch einen weiteren methodologischen Hinweis hinzu. Da die Heilige Schrift ein Ganzes ist, ausgehend vom einen Volk Gottes, das sie durch die Geschichte getragen hat, bedeutet folglich das Lesen der Schrift als einer Einheit, sie ausgehend vom Volk Gottes, von der Kirche als ihrem lebenswichtigen Ort zu lesen und den Glauben der Kirche für den wahren Auslegungsschlüssel zu halten. Wenn die Exegese auch Theologie sein will, muß sie anerkennen, daß der Glaube der Kirche jene Form von »sym-pathia« ist, ohne die die Bibel ein versiegeltes Buch bleibt: die Tradition verschließt nicht den Zugang zur Schrift, sondern öffnet ihn vielmehr; andererseits steht der Kirche in ihren institutionellen Organen das entscheidende Wort bei der Auslegung der Schrift zu. Es ist nämlich die Kirche, der das Amt anvertraut ist, das geschriebene und überlieferte Wort Gottes authentisch auszulegen, indem sie ihre Autorität im Namen Jesu Christi ausübt (vgl. Dei Verbum DV 10).

Liebe Brüder und Schwestern, während ich euch für euren willkommenen Besuch danke, ermuntere ich euch, euren kirchlichen Dienst in ständigem Festhalten am Lehramt der Kirche fortzusetzen. Ich sichere einem jeden von euch die Unterstützung durch das Gebet zu und erteile euch allen als Unterpfand der göttlichen Gnaden von Herzen den Apostolischen Segen.

AN DEN NEUEN BOTSCHAFTER DER ISLAMISCHEN REPUBLIK IRAN, ALI AKBAR NASERI Donnerstag, 29. Oktober 2009



Herr Botschafter!

Ich freue mich, Sie heute zur Entgegennahme des Schreibens zu empfangen, mit dem Sie als außerordentlicher und bevollmächtigter Botschafter der Islamischen Republik Iran beim Heiligen Stuhl akkreditiert werden. Ich danke Ihnen für die liebenswürdigen Worte, die Sie an mich gerichtet haben, sowie für die Wünsche, die Sie mir von Seiner Exzellenz Herrn Mahmoud Ahmadinejad, Präsident der Republik, überbracht haben.

Ihre Anwesenheit hier am heutigen Vormittag bringt das Interesse Ihres Landes an der Entwicklung guter Beziehungen mit dem Heiligen Stuhl zum Ausdruck. Wie Sie, Herr Botschafter, durch Ihre Präsenz in den internationalen Einrichtungen und durch Ihre bilateralen Beziehungen mit zahlreichen Ländern wissen, ist es der Wunsch des Heiligen Stuhls, die Würde des Menschen zu verteidigen und zu fördern. Er will dem Wohl der Menschheitsfamilie dadurch dienen, daß er den ethischen, moralischen und humanitären Aspekten der Beziehungen zwischen den Völkern besondere Aufmerksamkeit entgegenbringt. Aus dieser Sicht möchte der Heilige Stuhl seine Beziehungen zur Islamischen Republik Iran festigen und das gegenseitige Verständnis und die Zusammenarbeit mit Blick auf das Gemeinwohl fördern.

Der Iran ist eine große Nation mit wichtigen spirituellen Traditionen, und sein Volk besitzt eine tiefe religiöse Sensibilität. Das kann ein Grund zur Hoffnung auf eine wachsende Öffnung und eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der internationalen Gemeinschaft sein. Der Heilige Stuhl wird seinerseits immer dazu bereit sein, in Harmonie mit denjenigen zu arbeiten, die der Sache des Friedens dienen und die Würde fördern, mit der der Schöpfer jedes menschliche Wesen bedacht hat. Heute müssen wir alle eine neue Phase internationaler Zusammenarbeit erhoffen und unterstützen, die stärker auf humanitäre Prinzipien und auf die wirksame Hilfe für die Leidenden gegründet ist und weniger abhängt von kalten Berechnungen und technischen oder wirtschaftlichen Vorteilen.

Der Glaube an den einen Gott soll alle Gläubigen einander näherbringen und sie dazu anhalten, gemeinsam für die Verteidigung und Förderung der menschlichen Grundwerte zu arbeiten. Unter den universellen Rechten haben die Religions- und die Gewissensfreiheit einen vorrangigen Platz, denn sie sind die Grundlage der anderen Freiheiten. Die Verteidigung anderer Rechte, die sich aus der Würde der Personen und der Völker ergeben – besonders die Förderung des Lebensschutzes, der Gerechtigkeit und der Solidarität – müssen ebenso Gegenstand einer echten Zusammenarbeit sein. Im übrigen ist, wie ich schon oft Gelegenheit hatte zu betonen, die Herstellung freundlicher Beziehungen zwischen den Gläubigen verschiedener Religionen eine dringende Notwendigkeit unserer Zeit, um eine menschlichere Welt aufzubauen, die dem Plan Gottes mit der Schöpfung besser entspricht. Ich freue mich daher, daß es nach mehreren Jahren jetzt wieder regelmäßig zu Begegnungen kommt, die gemeinsam vom Päpstlichen Rat für den Interreligiösen Dialog und von der Organisation für islamische Kultur und Beziehungen zu Themen von gemeinsamen Interesse abgehalten werden. Solche Begegnungen tragen dazu bei, gemeinsam nach dem zu suchen, was wahr und gerecht ist, und ermöglichen dadurch allen, sich gegenseitig besser kennenzulernen und mitzuwirken an der Reflexion über die großen Probleme, die das Leben der Menschheit betreffen.

Andererseits sind die Katholiken seit den ersten Jahrhunderten des Christentums im Iran präsent, und sie sind immer ein integrierender Bestandteil des Lebens und der Kultur der Nation gewesen. Diese Gemeinschaft ist wirklich iranisch, und ihre jahrhundertelange Erfahrung des Zusammenlebens mit den muslimischen Gläubigen ist für die Förderung eines tieferen Verständnisses und einer engeren Zusammenarbeit von großem Nutzen. Der Heilige Stuhl vertraut darauf, daß die iranischen Obrigkeiten den Christen verstärkt die Freiheit zum Bekenntnis ihres Glaubens gewährleisten und der katholischen Gemeinde die wesentlichen Voraussetzungen für ihr Dasein sicherstellen werden; dazu gehören insbesondere die Möglichkeit, ausreichend religiöses Personal zu haben, sowie Erleichterungen bei der Bewegungsfreiheit im Land, um den religiösen Dienst an den Gläubigen sicherzustellen. Aus dieser Sicht wünsche ich, daß sich ein vertrauensvoller und aufrichtiger Dialog mit den Institutionen des Landes entwickelt, um die Lage der christlichen Gemeinschaften und ihrer Aktivitäten im Rahmen der Zivilgesellschaft zu verbessern und ihren Sinn für die Zugehörigkeit zum Leben der Nation wachsen zu lassen. Der Heilige Stuhl, zu dessen Wesen und Sendung es gehört, sich direkt um das Leben der Ortskirchen zu kümmern, will die notwendigen Anstrengungen unternehmen, um der katholischen Gemeinschaft im Iran zu helfen, die Zeichen der christlichen Präsenz in einem Geist wohlwollender Verständigung mit allen lebendig zu erhalten.

Herr Botschafter, ich möchte schließlich diese erfreuliche Gelegenheit wahrnehmen, um die katholischen Gemeinden im Iran sowie ihre Hirten zu grüßen. Der Papst ist allen Gläubigen nahe und betet für sie, daß sie, während sie treu an ihrer Identität festhalten und ihrem Land verbunden bleiben, mit allen ihren Landsleuten großzügig für die Entwicklung der Nation zusammenarbeiten.

Exzellenz, da nun Ihre Mission beim Heiligen Stuhl beginnt, spreche ich Ihnen meine besten Wünschen für ein gutes Gelingen aus. Ich darf Ihnen versichern, daß Sie bei meinen Mitarbeitern stets Verständnis und Hilfe für die Erfüllung Ihrer Aufgabe finden werden.

Aus ganzem Herzen rufe ich auf Sie persönlich, auf Ihre Familie, Ihre Mitarbeiter sowie auf alle Iraner den reichen Segen des Allmächtigen herab.

AN DIE TEILNEHMER DER VOLLVERSAMMLUNG DES

PÄPSTLICHEN RATES FÜR DIE SOZIALEN KOMMUNIKATIONSMITTEL Donnerstag, 29. Oktober 2009



Meine Herren Kardinäle,
verehrte Mitbrüder im Bischofs- und im Priesteramt,
liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Mit großer Freude heiße ich euch anläßlich der Vollversammlung des Päpstlichen Rates für die sozialen Kommunikationsmittel herzlich willkommen. Ich möchte zunächst dem Präsidenten eures Päpstlichen Rates, Herrn Erzbischof Claudio Maria Celli, für die freundlichen Worte danken, die er in euer aller Namen an mich gerichtet hat. Mein Gruß richtet sich auch an seine Mitarbeiter sowie an alle Anwesenden. Ich danke euch für euren Beitrag zu den Arbeiten der Vollversammlung sowie für den Dienst, den ihr der Kirche auf dem Gebiet der sozialen Kommunikationsmittel erweist.

In diesen Tagen denkt ihr über die neuen Kommunikationstechnologien nach. Auch ein wenig aufmerksamer Betrachter kann unschwer erkennen, daß in unserer Zeit durch die modernsten Technologien eine wahre Revolution im Bereich der sozialen Kommunikationsmittel stattfindet, die immer mehr in das verantwortungsvolle Bewußtsein der Kirche rückt. Diese Technologien ermöglichen in der Tat eine schnelle und umfassende Kommunikation mit einem umfangreichen Austausch von Ideen und Meinungen; sie machen es einfacher, Informationen und Nachrichten in detaillierter und allen zugänglicher Form zu erhalten. Der Päpstliche Rat für die sozialen Kommunikationsmittel verfolgt schon seit langer Zeit diese erstaunliche und rasche Entwicklung der Medien und macht sich dabei die Beiträge des kirchlichen Lehramts zunutze. Ich möchte hier insbesondere zwei Pastoralinstruktionen in Erinnerung rufen: die unter Papst Paul VI. veröffentlichte Pastoralinstruktion Communio et Progressio und die Pastoralinstruktion Aetatis Novae, die auf Wunsch von Papst Johannes Paul II. entstand. Diese beiden maßgeblichen Dokumente meiner verehrten Vorgänger haben in der Kirche zu einer großen Sensibilisierung in bezug auf diese Thematiken geführt und sie gefördert. Außerdem gab und gibt der große soziale Wandel, der in den letzten 20 Jahren stattgefunden hat, Anlaß zu einer sorgfältigen Untersuchung der Präsenz und der Arbeit der Kirche in diesem Bereich. Der Diener Gottes Johannes Paul II. sagte in der Enzyklika Redemptoris missio (1990): »Die Einbeziehung der Massenmedien hat jedenfalls nicht nur den Zweck, die Botschaft des Evangeliums vielen zugänglich zu machen. Es handelt sich um eine weitaus tiefere Angelegenheit, da die Evangelisierung der modernen Kultur selbst zum großen Teil von ihrem Einfluß abhängt.« Und er fügte hinzu: »Es genügt also nicht, sie nur zur Verbreitung der christlichen Botschaft und der Lehre der Kirche zu benutzen; sondern die Botschaft selbst muß in diese, von der modernen Kommunikation geschaffene ›neue Kultur‹ integriert werden« (Nr. 37c). Tatsächlich entspringt die moderne Kultur den Inhalten, vor allem jedoch der bloßen Existenz neuer Kommunikationsformen, die neue Sprachen gebrauchen, sich neuer Techniken bedienen und neue psychologische Grundlagen schaffen. All das stellt eine Herausforderung für die Kirche dar, die berufen ist, den Menschen des dritten Jahrtausends das Evangelium zu verkünden. Der Inhalt des Evangeliums darf dabei nicht verändert werden, es muß jedoch auch durch Mittel und Wege verständlich gemacht werden, die der Mentalität und den Kulturen von heute entsprechen.

Die sozialen Kommunikationsmittel – sie wurden im Konzilsdekret Inter Mirifica so genannt – besitzen heute Möglichkeiten und Funktionen, die damals vielleicht nur schwer vorstellbar gewesen wären. Der multimediale Charakter und die strukturelle Interaktivität der einzelnen neuen Medien haben in gewisser Weise die besonderen Eigenschaften des einzelnen Mediums vermindert und allmählich eine Art globales Kommunikationssystem erzeugt. Auch wenn jedes Kommunikationsmittel seinen Eigencharakter bewahrt, muß man aufgrund der gegenwärtigen Entwicklung der Kommunikationswelt immer mehr von einer einzigen Kommunikationsform sprechen, die die verschiedenen Stimmen zusammenfaßt oder sie in enge Beziehung zueinander setzt. Viele von euch, liebe Freunde, sind Experten auf diesem Gebiet und können mit größerem Fachwissen die verschiedenen Dimensionen dieses Phänomens untersuchen, auch und vor allem die anthropologischen Dimensionen. Ich möchte diese Gelegenheit wahrnehmen, um all jene, die in der Kirche im Bereich der Kommunikation tätig sind und pastorale Verantwortung tragen, einzuladen, die Herausforderungen anzunehmen, die diese neuen Technologien an die Evangelisierung stellen.

In der diesjährigen Botschaft zum Welttag der sozialen Kommunikationsmittel habe ich die Bedeutung der neuen Technologien hervorgehoben und die Verantwortlichen der Kommunikationsprozesse auf allen Ebenen ermutigt, eine Kultur des Respekts für die Würde und den Wert der menschlichen Person zu fördern, einen Dialog, der verwurzelt ist in der aufrichtigen Suche nach der Wahrheit und nach der Freundschaft, die kein Selbstzweck ist, sondern die fähig ist, die Gaben jedes einzelnen zu entwickeln, um sie in den Dienst der menschlichen Gemeinschaft zu stellen. Auf diese Weise übt die Kirche das aus, was wir als »Diakonie der Kultur« auf dem heutigen »digitalen Kontinent« bezeichnen können: Sie muß ihn durchschreiten, um das Evangelium zu verkünden, das einzige Wort, das den Menschen retten kann. Aufgabe des Päpstlichen Rates für die sozialen Kommunikationsmittel ist es, jedes Element der neuen Medienkultur zu vertiefen, angefangen bei den ethischen Aspekten, und einen Dienst der Orientierung und der Leitung auszuüben, um den Teilkirchen zu helfen, die Bedeutung der Kommunikation zu erkennen, die nunmehr einen unverzichtbaren Fixpunkt eines jeden Pastoralplans darstellt. Im übrigen ermöglichen gerade die Eigenschaften der neuen Kommunikationsmittel ein beratendes, mitteilendes und koordinierendes Handeln auch in großem Maßstab und in der globalisierten Dimension, die es angenommen hat. Dadurch wird die Verbreitung der Botschaft des Evangeliums nachhaltig gefördert und zuweilen außerdem eine unnötige Vergeudung von Kräften und Ressourcen vermieden. Bei den Gläubigen muß die notwendige Wertschätzung der neuen Medientechnologien jedoch stets von einer festen Glaubenshaltung getragen sein. Sie müssen sich bewußt sein, daß die Wirkkraft der Verkündigung des Evangeliums nicht nur von den angewandten Mitteln abhängt, sondern darüber hinaus in erster Linie vom Wirken des Heiligen Geistes, der die Kirche und den Weg der Menschheit leitet.

Liebe Brüder und Schwestern, in dieses Jahr fällt der 50. Gründungstag der Vatikanischen Filmothek, die auf Wunsch meines verehrten Vorgängers Johannes XXIII. eingerichtet wurde und in der Filmmaterial aus der Zeit von 1896 bis heute gesammelt und katalogisiert wird, das die Kirchengeschichte veranschaulichen kann. Die Vatikanische Filmothek besitzt also ein reiches kulturelles Erbe, das der ganzen Menschheit gehört. Ich bringe meinen aufrichtigen Dank zum Ausdruck für das, was bereits getan wurde, und ermutige gleichzeitig zur Fortführung dieser interessanten Sammlung, die die Wegabschnitte des Christentums durch eindrucksvolle Bildzeugnisse dokumentiert, um diese Güter zu bewahren und zur Kenntnis zu bringen. Euch allen, die ihr heute hier anwesend seid, danke ich noch einmal für den Beitrag, den ihr für die Kirche leistet in einem so wichtigen Bereich wie dem der sozialen Kommunikationsmittel, und ich versichere euch meines Gebets, auf daß die Arbeit eures Päpstlichen Rates auch weiterhin viele Früchte tragen möge. Für einen jeden erbitte ich die Fürsprache der Muttergottes und erteile euch allen den Apostolischen Segen.

AN FRAU DELIA CÁRDENAS CHRISTIE,

NEUE BOTSCHAFTERIN VON PANAMA BEIM HL. STUHL


Freitag, 30. Oktober 2009




Frau Botschafterin!

1. Ich freue mich, Sie zu diesem feierlichen Akt zu empfangen, bei dem Ihre Exzellenz das Schreiben vorlegt, mit dem Sie als außerordentliche und bevollmächtigte Botschafterin der Republik Panama beim Heiligen Stuhl akkreditiert werden.

Ich danke Ihnen für die liebenswürdigen Worte, die Sie an mich gerichtet haben, sowie auch für den ehrerbietigen Gruß von seiten des Präsidenten der Republik, Seiner Exzellenz Herrn Ricardo Mantinelli Berrocal. Ich bitte Sie, die Güte zu haben, ihm meine besten Wünsche für die Erfüllung seines Amtes zu übermitteln, während ich mit Hochschätzung an die Höflichkeit und Freundlichkeit denke, die er bei unserer Begegnung in Castel Gandolfo an den Tag gelegt hat.

Ihre Exzellenz kommt in Vertretung einer Nation, die reibungslose und fruchtbare bilaterale Beziehungen zum Heiligen Stuhl unterhält. Der Besuch des Herrn Präsidenten von Panama, den ich eben erwähnt habe, ist ein ausdrucksvoller Beweis für das bestehende gute Einvernehmen, das bereits bei dem am 1. Juli 2005 unterzeichneten Abkommen deutlich wurde, dessen baldige Ratifizierung zu erhoffen ist, so daß eine Kirchenprovinz zur pastoralen Betreuung der Sicherheitskräfte Panamas errichtet werden kann.

Im Rahmen der jeweiligen Zuständigkeiten und des gegenseitigen Respekts kann sich die Arbeit der Kirche, die aufgrund ihrer Sendung nicht mit der des Staates zu verwechseln ist, mit keinem politischen Programm identifizieren; sie bewegt sich in einem Bereich religiöser und spiritueller Natur, dem es um die Förderung der Würde des Menschen und um den Schutz seiner Grundrechte geht. Diese Unterscheidung beinhaltet jedoch weder Gleichgültigkeit noch gegenseitige Unkenntnis, denn Kirche und Staat wirken, wenn auch in verschiedener Begründung, beide für das gemeinsame Wohl der gleichen Bürger im Dienst an deren persönlicher und gesellschaftlicher Berufung (vgl. Gaudium et spes GS 76). Ebenso trachten die diplomatischen Ämter danach, die große Sache des Menschen zu fördern und die Eintracht unter den Völkern wachsen zu lassen, und aus diesem Grund legt der Heilige Stuhl großes Augenmerk und hohe Wertschätzung auf die Aufgabe, deren Erfüllung Ihre Exzellenz heute übernimmt.

2. Die Identität Ihres Landes, das sich im Laufe von Jahrhunderten als ein Mosaik von Ethnien, Völkern und Kulturen herausgebildet hat, ist vor der ganzen Menschheitsfamilie ein beredtes Zeichen dafür, daß ein friedliches Zusammenleben zwischen Personen verschiedener Herkunft in einem Klima von Gemeinschaft und Zusammenarbeit möglich ist. Diese menschliche Vielfalt muß als ein bereicherndes Element und als eine Quelle angesehen werden, aus der täglich immer mehr geschöpft werden muß, da wir uns dessen bewußt sind, daß der Mensch das erste zu schützende und zu nutzende Kapital ist (vgl. Caritas in veritate, 25). Aus dieser Sicht ermuntere ich alle Ihre Landsleute dazu, für eine größere soziale, wirtschaftliche und kulturelle Gleichheit zwischen den verschiedenen Gruppen der Gesellschaft zu arbeiten, so daß durch Verzicht auf egoistische Interessen, durch Stärkung der Solidarität und versöhnliche Abstimmung der Wünsche – nach den Worten Pauls VI. – »der Skandal schreiender Ungerechtigkeit gebannt wird« (Populorum progressio PP 9).

3. Die Botschaft des Evangeliums hat bei der Ausprägung der Identität Panamas eine grundlegende und konstruktive Rolle entfaltet und gehört zum geistigen Erbe und kulturellen Reichtum dieser Nation. Ein leuchtendes Zeugnis dafür ist die Bulle Pastoralis officii debitum, mit der Papst Leo X. am 9. September 1513 die kanonische Errichtung der Diözese Santa María La Antigua, der ersten Diözese auf dem Festland des amerikanischen Kontinents, vornahm. Um des 500. Jahrestages dieses bedeutsamen Ereignisses zu gedenken, bereitet die Kirche im Land verschiedene Initiativen vor, die zeigen sollen, wie tief in Ihrer Heimat die kirchliche Gemeinschaft verwurzelt ist, die nichts anderes als das Wohl des Volkes im Blick hat, zu dem sie gehört und dem sie mit edlen Zielen und Hochherzigkeit gedient hat und weiter dient. Ich bitte Gott darum, daß dieses Jubiläum das christliche Leben aller geliebten Söhne und Töchter dieser Nation stärke, so daß in ihr nach wie vor der Glaube die inspirierende Quelle bleibt, um sich auf positive Weise den Herausforderungen zu stellen, mit denen sich diese Republik zur Zeit auseinandersetzen muß.

In diesem Zusammenhang ist die Anerkennung der zahlreichen Aktivitäten zur menschlichen und sozialen Förderung angebracht, die die Diözesen, die Pfarreien, die Ordensgemeinschaften, die Laienvereinigungen und die apostolischen Bewegungen in Panama durchführen und dadurch entscheidend dazu beitragen, der Gegenwart eine Dynamik zu verleihen und das Verlangen nach einer verheißungsvollen Zukunft für ihre Heimat zu beleben. Besondere Bedeutung kommt der Präsenz der Kirche im Erziehungsbereich und bei der Hilfe für die Armen, Kranken, Gefangenen und Emigranten zu; dasselbe gilt für die Verteidigung grundlegender Aspekte, wie den Einsatz für soziale Gerechtigkeit, den Kampf gegen die Korruption, den tätigen Einsatz für den Frieden, die Unverletzlichkeit des Rechts auf das menschliche Leben vom Augenblick seiner Empfängnis bis zu seinem natürlichen Tod sowie auch für den Schutz der auf die Ehe zwischen einem Mann und einer Frau gegründeten Familie. Das sind die unersetzlichen Elemente, um ein gesundes soziales Gefüge herzustellen und eine Gesellschaft aufzubauen, die stark ist aufgrund der Zuverlässigkeit der moralischen Werte, die sie tragen, adeln und ihr Würde verleihen.

In diesem Zusammenhang kann ich nicht umhin, das Engagement anzuerkennen, das die panamaischen Obrigkeiten wiederholt an den Tag gelegt haben, nämlich die demokratischen Institutionen und ein auf starke ethische Beständigkeiten gegründetes öffentliches Leben zu festigen. Diesbezüglich darf man nicht mit Kräften sparen, um ein effizientes und unabhängiges Rechtssystem zu stärken, und muß in allen Bereichen mit Ehrlichkeit und Transparenz in der Führung der Gemeinschaft handeln und mit Fachkenntnis und Sorgfalt an die Lösung der Probleme herangehen, die die Bürger betreffen. Das wird die Entwicklung einer gerechten und brüderlichen Gesellschaft begünstigen, in der sich keine Gruppe der Bevölkerung vergessen oder der Gewalt und Ausgrenzung ausgesetzt sieht.

4. Der heutige Anlaß lädt uns alle ein – die Institutionen und die für das Schicksal der Völker Verantwortlichen –, ernsthaft über die Ereignisse und Vorgänge nachzudenken, die sich auf internationaler und lokaler Ebene zeigen. Erwähnenswert ist die wertvolle Rolle, die Panama für die politische Stabilität des zentralamerikanischen Raumes in Zeiten entfaltet, in denen uns die gegenwärtige Konjunktur vor Augen führt, daß ein dauerhafter und harmonischer Fortschritt der menschlichen Gemeinschaft nicht einzig und allein von der wirtschaftlichen Entwicklung oder den technischen Erfindungen abhängt. Diese Aspekte müssen notwendigerweise durch jene anderen, das heißt die ethischen und geistlichen Dimensionen ergänzt werden, da eine Gesellschaft vor allem dann vorankommt, wenn es in ihr genügend innerlich aufrechte Menschen von untadeligem Verhalten und mit dem festen Willen gibt, sich für das Gemeinwohl einzusetzen, und die zudem die jungen Generationen einen echten Humanismus lehren, der in der Familie und in der Schule gepflegt wird, so daß die Lebenskraft der Nation Frucht des ganzheitlichen Wachstums der Person und aller Personen ist (vgl. Caritas in veritate, 61; 70).

5. Frau Botschafterin, vor Abschluß unserer Begegnung erneuere ich meinen Willkommensgruß an Sie, Exzellenz, und an Ihre Lieben, und ich wünsche Ihnen gleichzeitig eine fruchtbare Arbeit, zusammen mit dem Personal dieser diplomatischen Vertretung, zum Wohl Ihres Landes, das dem Herzen des Papstes so nahe ist.

Mit dieser Gesinnung lege ich in die Hände der allerseligsten Jungfrau Maria, Unserer Lieben Frau von La Antigua, die Hoffnungen und Herausforderungen des geliebten panamaischen Volkes, für das ich vom Herrn reichen Segen erbitte.

AN DIE TEILNEHMER DER TAGUNG DER

VATIKANISCHEN STERNWARTE ZUM

INTERNATIONALEN JAHR DER ASTRONOMIE Freitag, 30. Oktober 2009

Eminenz,

sehr geehrte Damen und Herren!

Es freut mich, diese Versammlung namhafter Astronomen aus der ganzen Welt zur Feier des Internationalen Jahres der Astronomie im Vatikan begrüßen zu können. Ich danke Herrn Kardinal Giovanni Lajolo für seine herzlichen Eröffnungsworte. Diese Feier zum 400. Jahrestag der ersten Himmelsbetrachtung Galileo Galileis mit dem Teleskop erinnert uns daran, welch große Fortschritte die wissenschaftliche Forschung in der Neuzeit gemacht hat. Sie lädt uns aber auch in besonderer Weise ein, unseren Blick erneut zum Himmel zu richten in einem Geist des Staunens, der Kontemplation und mit dem festen Vorsatz, nach der Wahrheit zu streben, wo immer diese zu finden ist.

Dieses Treffen fällt auch mit der Einweihung des neuen Sitzes der Vatikanischen Sternwarte in Castel Gandolfo zusammen. Wie Sie wissen, ist die Geschichte der Sternwarte nicht nur mit der Gestalt Galileo Galileis und den von seinen Forschungen ausgelösten Kontroversen verbunden, sondern auch mit dem Versuch der Kirche, ein korrektes und fruchtbares Verständnis der Beziehung zwischen Wissenschaft und Religion zu erlangen. Bei dieser Gelegenheit möchte ich mich für die sorgfältigen Studien bedanken, die den präzisen historischen Kontext der Verurteilung Galileo Galileis klären konnten. Mein Dank gilt aber auch all jenen, die sich um die Fortführung des Dialogs und der Reflexion über die Komplementarität von Glaube und Vernunft im Dienst eines ganzheitlichen Verständnisses des Menschen und seines Platzes im Universum bemüht haben. Besonders dankbar bin ich dem Personal der Sternwarte, sowie allen Freunden und Wohltätern der »Vatican Observatory Foundation« für ihre Bemühungen um die Förderung der Forschung, der Bildungsmöglichkeiten und des Dialogs zwischen der Kirche und der Welt der Wissenschaft.

Das Internationale Jahr der Astronomie will den Menschen auf der ganzen Welt wieder jenes Staunen und jene Begeisterungsfähigkeit nahebringen, die die Epoche der großen Entdeckungen im 16. Jahrhundert geprägt haben. Ich denke hier beispielsweise an die Begeisterung, die die Wissenschaftler des Römischen Kollegs empfanden, als sie sich nur einen Steinwurf von hier entfernt an die Beobachtungen und Berechnungen machten, denen wir den in den meisten Teilen der Welt gültigen Gregorianischen Kalender zu verdanken haben. Auch in unserem Zeitalter, das vielleicht noch größere und bedeutungsvollere wissenschaftliche Entdeckungen bereithält, wären diese Ehrfurcht und dieser Wunsch nach einer wahren humanistischen Synthese des Wissens nützlich, von denen die Väter der modernen Wissenschaft beseelt waren. Denn wer sollte leugnen können, daß die Verantwortung für die Zukunft der Menschheit, der Respekt vor der Natur und der uns umgebenden Welt heute mehr denn je sorgfältige Beobachtung, Urteilsvermögen, Geduld und Disziplin erfordern? Dinge also, die für die moderne wissenschaftliche Methode wesentlich sind. Gleichzeitig gemahnen uns die großen Wissenschaftler des Zeitalters der Entdeckungen auch daran, daß wahres Wissen immer auf den Weg der Weisheit führt, den Blick des Verstandes also nicht einengt, sondern uns vielmehr einlädt, ihn zu den höheren Sphären des Geistes zu erheben.

Das Wissen muß also, kurz gesagt, in seiner ganzen befreienden Weite verstanden und gesucht werden. Es kann zwar auf Berechnungen und Experimente reduziert werden, wenn es aber Weisheit sein will, die fähig ist, den Menschen im Licht seiner ersten Anfänge und seiner letzten Bestimmung zu führen, muß es nach jener letzten Wahrheit streben, die wir zwar nie vollkommen erfassen können, die aber doch der Schlüssel zu unserer wahren Glückseligkeit und Freiheit ist (vgl. Joh Jn 8,32), das Maß unseres wahren Menschseins und das Kriterium für eine rechte Beziehung zur physischen Welt und zu unseren Brüdern und Schwestern in der großen Menschheitsfamilie.

Liebe Freunde, die moderne Kosmologie hat uns gezeigt, daß weder wir noch die Erde, auf der wir stehen, der Mittelpunkt unseres Universums sind, das aus Milliarden von Galaxien mit unzähligen Sternen und Planeten besteht. Doch wie sollten wir nun, da wir der Einladung dieses Jahres folgen wollen – unseren Blick gen Himmel zu richten, um dort die Antwort auf die Frage zu finden, wo unser Platz im Universum ist –, nicht auch von dem Staunen ergriffen werden, das schon der Psalmist empfand, als er einst, in die Betrachtung des Sternenhimmels versunken, voller Bewunderung zum Herrn ausrief: »Seh’ ich den Himmel, das Werk deiner Finger, Mond und Sterne, die du befestigt: Was ist der Mensch, daß du an ihn denkst, des Menschen Kind, daß du dich seiner annimmst?« (Ps 8,4–5). Ich hoffe, daß uns das Staunen und die Begeisterung, die uns dieses Internationale Jahr der Astronomie wieder nahebringen will, über die Kontemplation der Wunder der Schöpfung hinaus zur Kontemplation des Schöpfers und jener Liebe führen werden, die seiner Schöpfung zugrundeliegt: »Die Liebe, die beweget Sonn’ und Sterne«, wie es Dante Alighieri formulierte (Paradies, XXXIII. Gesang, 145). Die Offenbarung sagt uns, daß das Wort, durch das alle Dinge gemacht wurden, in der Fülle der Zeit gekommen ist, um unter uns zu wohnen. In Christus, dem neuen Adam, erkennen wir den wahren Mittelpunkt des Universums und der ganzen Geschichte. Und in ihm, dem fleischgewordenen Logos, sehen wir das ganze Ausmaß unserer Größe als menschliche Wesen, die mit Verstand ausgestattet und zu einer ewigen Bestimmung berufen sind.

Mit diesen Überlegungen, liebe Freunde, entbiete ich Ihnen allen meinen respektvollen Gruß und meine guten Wünsche für Ihre Forschungs- und Lehrtätigkeit. Mit der Versicherung meiner Hochachtung und meines Gebets erbitte ich für Sie alle, Ihre Familien und alle Menschen, die Ihnen nahestehen, von Herzen den Segen des allmächtigen Gottes. Er schenke Ihnen Weisheit, Freude und Frieden.

AN HERRN NIKOLA IVANOV KADULOV,

NEUER BOTSCHAFTER DER REPUBLIK BULGARIEN BEIM HL. STUHL


Samstag, 31. Oktober 2009




Herr Botschafter!

Es freut mich, Sie anläßlich der feierlichen Überreichung des Beglaubigungsschreibens begrüßen zu dürfen, mit dem Sie als außerordentlicher und bevollmächtigter Botschafter der Republik Bulgarien beim Heiligen Stuhl akkreditiert werden. Ich danke Ihnen für Ihre herzlichen Worte und bitte Sie, Herrn Staatspräsident Georgi Parvanov meine besten Wünsche zu überbringen. Dem bulgarischen Volk wünsche ich viel Glück und Erfolg.

Ich freue mich über die guten Beziehungen zwischen Bulgarien und dem Heiligen Stuhl. Diese Beziehungen, die seit dem Besuch meines Vorgängers Johannes Paul II. in Ihrem Land im Jahr 2002 intensiviert werden konnten, müssen weiter ausgebaut werden. Es freut mich daher sehr, daß Sie den festen Wunsch haben, sich engagiert für die Ausweitung ihres Handlungsspielraumes einzusetzen.

In diesem Herbst gedenken wir des 20. Jahrestages des Falls der Berliner Mauer. Ein Ereignis, das Bulgarien ermöglicht hat, sich für die Demokratie zu entscheiden und freie, autonome Beziehungen zum gesamten europäischen Kontinent aufzubauen. Ich weiß, daß sich Ihr Land um eine stärkere Integration in die Europäische Union bemüht, in die es am 1. Januar 2007 aufgenommen wurde. Es ist wichtig, daß die einzelnen Völker dem Prozeß des Aufbaus Europas nicht ihre eigene kulturelle Identität opfern, sondern daraus Früchte ziehen, die die gesamte Europäische Gemeinschaft bereichern werden. Angesichts der geographischen und kulturellen Lage Ihres Landes ist es besonders lobenswert, daß sich Ihre Nation – wie Sie bereits gesagt haben – nicht nur um ihr eigenes Schicksal sorgt, sondern auch um das ihrer Nachbarländer und den Ausbau ihrer Beziehungen zur Europäischen Union. Bulgarien spielt also nicht nur eine wichtige Rolle beim Aufbau harmonischer Beziehungen zu seinen Nachbarländern, sondern auch bei der Verteidigung und Förderung der Menschenrechte.

Wie Sie soeben betont haben, darf diese Sorge um das Gemeinwohl der Völker nicht auf den europäischen Kontinent beschränkt sein. Es ist vielmehr erforderlich, auch die Bedingungen für eine gelungene Globalisierung zu schaffen. Damit letztere zu einer positiven Erfahrung werden kann, muß sie im Dienst »des ganzen Menschen und aller Menschen« stehen. Dieses Prinzip wollte ich auch in meiner jüngsten Enzyklika Caritas in veritate herausstellen. Es ist nämlich wichtig, daß die zu Recht angestrebte Entwicklung nicht nur den wirtschaftlichen Bereich betrifft, sondern die menschliche Person in ihrer Gesamtheit in Betracht zieht. Das Maß des Menschen liegt nicht in dem, was er besitzt, sondern in der Entwicklung aller in seiner Natur verborgenen Potentiale. Dieses Prinzip findet seinen letzten Grund in der schöpferischen Liebe Gottes, die das göttliche Wort in ihrer ganzen Fülle enthüllt. Damit die Entwicklung des Menschen und der Gesellschaft also wahre Entwicklung sein kann, muß sie auch ein geistig-geistliches Wachstum umfassen (Nr. 76-77). Die öffentlichen Entscheidungsträger fordere ich auf, sich ihrer moralischen Verantwortung stets bewußt zu sein. Nur so können sie die ihnen übertragene Autorität effizient und uneigennützig ausüben. Die christliche Kultur, von der Ihr Volk so tief durchdrungen ist, ist nicht nur ein Erbe vergangener Tage, sondern auch die Garantie für eine vielversprechende Zukunft. Dieses wertvolle Erbe schützt den Menschen nämlich vor den Versuchungen, die ihn nicht nur seine eigene Größe vergessen lassen, sondern auch die Einheit des Menschengeschlechts und die dafür unbedingt erforderliche Solidarität.

In diesem Sinne hat die katholische Gemeinde Bulgariens den Wunsch, sich für die Entwicklung der gesamten Bevölkerung einzusetzen. Diese gemeinsame Sorge um das Wohl der Nation ist eines der Elemente, die den Dialog zwischen den zahlreichen Religionsgemeinschaften, die das kulturelle Panorama Ihrer altehrwürdigen Nation ausmachen, erleichtern sollten. Damit dieser Dialog ehrlich und konstruktiv sein kann, bedarf es gegenseitiger Kenntnis und Achtung, Dinge also, die die öffentlichen Entscheidungsträger durch die Achtung, die sie den verschiedenen spirituellen Familien entgegenbringen, fördern können. Die katholische Gemeinde hat den Wunsch, großherzig für alle offen zu sein und mit allen zusammenzuarbeiten, was sie durch die sozialen Werke, die sie nicht nur ihren eigenen Gliedern zugute kommen lassen will, kontinuierlich unter Beweis stellt.

Ich bitte Sie, Herr Botschafter, den Bischöfen, Priestern, Diakonen und allen Gläubigen der katholischen Gemeinschaft Bulgariens meinen herzlichen Gruß zu überbringen. Ich fordere sie alle auf, nicht zu vergessen, welch großen Reichtum Gott in seiner unermeßlichen Barmherzigkeit in ihre gläubigen Herzen gelegt hat. Ich bitte Sie daher, mit allen Bürgern guten Willens so eng wie möglich zusammenzuarbeiten und auf allen Ebenen unerschrocken Zeugnis abzulegen für die Würde, mit der Gott den Menschen ausgestattet hat.

Exzellenz, für den Beginn Ihrer Mission beim Heiligen Stuhl und deren gutes Gelingen wünsche ich Ihnen viel Erfolg. Ich versichere Ihnen, daß Ihnen meine Mitarbeiter stets die Ihrem hohen Amt gebührende Aufmerksamkeit und das notwendige Verständnis entgegenbringen werden. In gleicher Weise versichere ich Sie auch der Zuneigung, die der Nachfolger Petri Ihrem Land entgegenbringt. Ich bitte die Jungfrau Maria und die Heiligen Cyrill und Methodius um ihre Fürsprache und bete darum, daß der Herr Ihnen, Ihrer Familie und Ihren Mitarbeitern sowie dem gesamten bulgarischen Volk und seinen Regierenden reichen Segen schenken möge.

                                                                     November 2009
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Benedikt XVI Predigten 330