Katechismus KK 1997 257

IV Die Werke Gottes und die trinitarischen Sendungen

257 "O seliges Licht, Dreifaltigkeit und Ureinheit!" (LH, Hymnus "O lux beata, Trinitas"). Gott ist ewige Glückseligkeit, unsterbliches Leben, nie schwindendes Licht. Gott ist Liebe: Vater, Sohn und Heiliger Geist. Aus freiem Willen will Gott die Herrlichkeit seines glückseligen Lebens mitteilen. Darin besteht der "gnädige Ratschluß" (Vgl. Ep 1,9), den er in seinem geliebten Sohn schon vor der Erschaffung der Welt gefaßt hat. Er hat uns ja "im voraus dazu bestimmt, seine Söhne zu werden durch Jesus Christus" (Ep 1,5), das heißt "an Wesen und Gestalt seines Sohnes teilzuhaben" (Rm 8,29) dank dem "Geist -.., der ... zu Söhnen macht" (Rm 8,15). Dieser Plan ist eine "Gnade, die uns schon vor ewigen Zeiten ... geschenkt wurde" (2Tm 1,9) und unmittelbar aus der trinitarischen Liebe hervorging. Er entfaltet sich im Schöpfungswerk, in der ganzen Heilsgeschichte nach dem Sündenfall, in den Sendungen des Sohnes und des Geistes, die in der Sendung der Kirche weitergeführt werden (Vgl. AGD AGD 2-9) (Vgl. dazu auch CEC 221 CEC 758 CEC 292 CEC 850).

258 Die gesamte göttliche Ökonomie ist das gemeinsame Werk der drei göttlichen Personen. So wie die Dreifaltigkeit ein und dieselbe Natur hat, so hat sie auch nur ein und dasselbe Wirken (Vgl. 2. K. v. Konstantinopel 553: DS 421). "Der Vater und der Sohn und der Heilige Geist sind nicht drei Ursprünge der Schöpfung, sondern ein Ursprung" (K. v. Florenz 1442: DS 1331). Und doch wirkt jede göttliche Person das gemeinsame Werk gemäß ihrer persönlichen Besonderheit. Im Anschluß an das Neue Testament (Vgl. 1Co 8,6) bekennt die Kirche: Es ist "ein Gott und Vater, aus dem alles, ein Herr Jesus Christus, durch den alles, und ein Heiliger Geist, in dem alles" ist (2. K. v. Konstantinopel 553: DS 421). Vor allem die göttlichen Sendungen der Menschwerdung und der Spendung des Heiligen Geistes lassen die Eigenarten der göttlichen Personen zutage treten (Vgl. dazu auch CEC 236 CEC 686).

259 Als zugleich gemeinsames und persönliches Werk läßt die göttliche Ökonomie sowohl die Eigenart der göttlichen Personen als auch ihre einzige Natur erkennen. Darum steht das ganze christliche Leben in Gemeinschaft mit jeder der göttlichen Personen, ohne sie irgendwie zu trennen. Wer den Vater preist, tut es durch den Sohn im Heiligen Geist; wer Christus nachfolgt, tut es, weil der Vater ihn zieht (Vgl. Jn 6,44) und der Geist ihn bewegt (Vgl. Rm 8,14) (Vgl. dazu auch CEC 236).

260 Das letzte Ziel der ganzen göttlichen Ökonomie ist die Aufnahme der Geschöpfe in die vollständige Vereinigung mit der glückseligen Trinität (Vgl. Jn 17,21-23). Aber schon jetzt sind wir dazu berufen, eine Wohnstätte der heiligsten Dreifaltigkeit zu sein. Der Herr sagt: "Wenn jemand mich liebt, wird er an meinem Wort festhalten; mein Vater wird ihn lieben, und wir werden zu ihm kommen und bei ihm wohnen" (Jn 14,23) (Vgl. dazu auch CEC 1050 CEC 1721 CEC 1997).

"O mein Gott, Dreifaltiger, den ich anbete, hilf mir, mich ganz zu vergessen, um in dir, begründet zu sein, unbewegt und friedvoll, als weilte meine Seele schon in der Ewigkeit. Nichts vermöge meinen Frieden zu stören, mich herauszulocken aus dir, o mein Wandelloser; jeder Augenblick trage mich tiefer hinein in deines Geheimnisses Grund! Stille meine Seele, bilde deinen Himmel aus ihr, deine geliebte Bleibe und den Ort deiner Ruhe. Nie will ich dort dich alleinlassen, sondern als ganze anwesend sein, ganz wach im Glauben, ganz Anbetung, ganz Hingabe an dein erschaffendes Wirken ..."

(Elisabeth von der Dreifaltigkeit, Gebet) (Vgl. dazu auch CEC 2565).



KURZTEXTE



261 Das Mysterium der heiligsten Dreifaltigkeit ist das zentrale Geheimnis des christlichen Glaubens und Lebens. Einzig Gott kann uns von ihm Kenntnis geben, indem er sich als Vater, Sohn und Heiliger Geist offenbart.

262 Die Menschwerdung des Sohnes Gottes offenbart, daß Gott der ewige Vater und daß der Sohn eines Wesen mit dem Vater ist, das heißt, daß er in ihm und mit ihm der einzige Gott ist.

263 Die Sendung des Heiligen Geistes, der vom Vater im Namen des Sohnes (Vgl. Jn 14,26) und vom Sohn "vom Vater aus" (Jn 15,26) gesandt wird, offenbart, daß er zusammen mit ihnen der gleiche einzige Gott ist. Er wird "mit dem Vater und dem Sohn angebetet und verherrlicht".

264 "Der Heilige Geist geht vom Vater als dem ersten Ursprung aus und da dieser es ohne zeitlichen Abstand (auch) dem Sohn schenkt, vom Vater und vom Sohn gemeinsam" (Augustinus, Trin. 15, 26, 47).

265 Durch die Gnade der Taufe "im Namen des Vater und des Sohnes und des Heiligen Geistes" sind wir dazu berufen, am Leben der glückseligen Dreifaltigkeit teilzuhaben, hier auf Erden im Dunkel des Glaubens und jenseits des Todes im ewigen Licht (Vgl. SPF 9).

266 "Der katholische Glaube ... besteht darin, daß wir den einen Gott in der Dreifaltigkeit in der Einheit verehren, indem wir weder die Personen vermischen noch die Substanz trennen: Eine andere nämlich ist die Person des Vaters, eine andere die (Person) des Sohnes, eine andere die (Person) des Heiligen Geistes; aber Vater, Sohn und Heiliger Geist besitzen eine Gottheit, gleiche Herrlichkeit, gleich ewige Erhabenheit" (Symbolum "Quicumque": DS 75).

267 Unzertrennlich in dem, was sie sind, sind die göttlichen Personen auch unzertrennlich in dem, was sie tun. Doch im gemeinsamen göttlichen Handeln äußert jede Person der Trinität ihre Eingenart, vor allem in den göttlichen Sendungen der Menschwerdung des Sohnes und der Gabe des Heiligen Geistes.






ABSATZ 3 DER ALLMÄCHTIGE

268 Von den Attributen Gottes wird im Symbolum einzig die Allmacht angeführt; sie zu bekennen, ist für unser Leben von großer Bedeutung. Wir glauben, daß sie sich auf alles erstreckt, denn Gott, der alles erschaffen hat (Vgl. Gn 1,1 Jn 1,3), lenkt alles und vermag alles. Wir glauben auch, daß sie liebend ist, denn Gott ist unser Vater (Vgl. Mt 6,9) ferner, daß sie geheimnisvoll ist, denn einzig der Glaube vermag sie auch dann wahrzunehmen, wenn sie "ihre Kraft in der Schwachheit" erweist (2Co 12,9) (Vgl. 1Co 1,18). (Vgl. dazu auch CEC 222)



"Alles, was ihm gefällt, das vollbringt er"

269 Die Heiligen Schriften bekennen wiederholt, daß sich die Macht Gottes auf alles erstreckt. Sie nennen ihn den "Starken Jakobs" (Vgl. Is 1,24), den "Herrn der Heerscharen" (Ps 24,10), "stark und gewaltig" (Ps 24,8). Gott ist "im Himmel" und "auf der Erde" allmächtig (Ps 135,6), denn er hat sie erschaffen. Für ihn ist darum "nichts unmöglich" (Vgl. Jr 32,17 Lc 1,37), und er waltet über sein Werk nach seinem Ermessen (Vgl. Jr 27,5). Er ist der Herr des Alls, dessen Ordnung er festgesetzt hat und das ihm gänzlich untersteht und gehorcht; er ist der Herr der Geschichte; er lenkt die Herzen und die Geschehnisse nach seinem Willen (Vgl. Est 4,17 Pr 21,1 Tb 13,2): "Du bist immer imstande, deine große Macht zu entfalten. Wer könnte der Kraft deines Arms widerstehen?" (Sg 11,21). (Vgl. dazu auch CEC 303)


"Du hast mit allen Erbarmen, weil du alles vermagst"

270 Gott ist der allmächtige Vater. Seine Vaterschaft und seine Macht erhellen sich gegenseitig. Er zeigt ja seine väterliche Allmacht dadurch, daß er für uns sorgt (Vgl. Mt 6,32), daß er uns als seine Kinder annimmt (ich will "euer Vater sein, und ihr sollt meine Söhne und Töchter sein, spricht der Herr, der Herrscher über die ganze Schöpfung": 2Co 6,18); er zeigt seine Allmacht auch durch sein unendliches Erbarmen, denn er erweist sie vor allem dadurch, daß er uns aus freien Stücken die Sünden vergibt. (Vgl. dazu auch CEC 2777 CEC 1441)

271 Die göttliche Allmacht ist keineswegs Willkür: "In Gott ist Macht und Wesenheit und Wille und Verstand und Weisheit und Gerechtigkeit dasselbe. Daher kann nichts in Gottes Macht stehen, was nicht auch in seinem gerechten Willen und in seinem weisen Verstande sein kann" (Thomas v. A., s. th. I 25,5, ad 1).



Das Mysterium der scheinbaren Ohnmacht Gottes

272 Durch die Erfahrung des Bösen und des Leides kann der Glaube an den allmächtigen Vater auf eine harte Probe gestellt werden. Zuweilen erscheint Gott abwesend und nicht imstande, Schlimmes zu verhüten. Nun aber hat Gott der Vater seine Allmacht auf geheimnisvollste Weise in der freiwilligen Erniedrigung und in der Auferstehung seines Sohnes gezeigt, durch die er das Böse besiegt hat. Somit ist der gekreuzigte Christus "Gottes Kraft und Gottes Weisheit. Denn das Törichte an Gott ist weiser als die Menschen, und das Schwache an Gott ist stärker als die Menschen" (1Co 1,24-25). In der Auferweckung und Erhöhung Christi hat der Vater "das Wirken seiner Kraft und Stärke" entfaltet und zeigt, "wie überragend groß seine Macht sich an uns, den Gläubigen, erweist" (Ep 1,19) (Vgl. dazu auch CEC 309 CEC 412 CEC 609 CEC 648).

273 Einzig der Glaube kann den geheimnisvollen Wegen der Allmacht Gottes zustimmen. Dieser Glaube rühmt sich der Schwachheiten und zieht so die Kraft Christi auf sich (Vgl. 2Co 12,9 Ph 4,13). Das leuchtendste Beispiel dieses Glaubens ist die Jungfrau Maria. Sie glaubte, daß "für Gott ... nichts unmöglich" ist (Lc 1,37), und konnte den Herrn lobpreisen: "Der Mächtige hat Großes an mir getan, und sein Name ist heilig" (Lc 1,49) (Vgl. dazu auch CEC 148).

274 "Nichts vermag daher unseren Glauben und unsere Hoffnung so zu bestärken als wenn wir es in unseren Herzen verankert tragen, daß Gott alles vermag. Was darüber hinaus zu glauben ist - so groß, so wunderbar, so sehr es auch alle Ordnung und alles Maß der Dinge übertrifft - dem wird die menschliche Vernunft leicht und ohne jedes Zögern zustimmen, wenn sie die Kunde vom allmächtigen Gott erfaßt hat" (Catech. R. 1,2,13) (Vgl. dazu auch CEC 1814 CEC 1817 CEC 2119).



KURZTEXTE



275 Mit Ijob, dem Gerechten, bekennen wir: "Ich hab' erkannt, daß du alles vermagst; kein Vorhaben ist dir verwehrt" (Jb 42,2).

276 Treu dem Zeugnis der Schrift richtet die Kirche ihr Gebet oft an den "allmächtigen, ewigen Gott" (omnipotens sempiterne Deus..), denn sie glaubt fest, daß für Gott nichts unmöglich ist (Vgl. Gn 18,14 Lc 1,37 Mt 19,26).

277 Gott zeigt seine Allmacht darin, daß er uns von unseren Sünden bekehrt und durch die Gnade wieder zu seinen Freunden macht ("Gott, du offenbarst deine Macht vor allem im Erbarmen und im Verschonen": MR, Tagesgebet, 26. Sonntag).

278 Wie sollen wir glauben, daß der Vater uns erschaffen, der Sohn uns erlösen, der Heilige Geist uns heiligen kann, ohne zu glauben, daß die Liebe Gottes allmächtig ist?





ABSATZ 4 DER SCHÖPFER



279 "Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde" (Gn 1,1). Mit diesen feierlichen Worten beginnt die Heilige Schrift. Das Glaubensbekenntnis übernimmt diese Worte, indem es Gott, den Vater, den Allmächtigen, als den "Schöpfer des Himmels und der Erde" bekennt, "der die sichtbare und die unsichtbare Welt" geschaffen hat. Wir werden zunächst über den Schöpfer, dann über die Schöpfung und schließlich über den Sündenfall sprechen, von dem Jesus Christus, der Sohn Gottes, uns durch sein Kommen wieder aufgerichtet hat.

280 Die Schöpfung ist "der Beginn der Heilsökonomie", "der Anfang der Heilsgeschichte" (DCG 51), die in Christus gipfelt. Umgekehrt ist das Christusmysterium die entscheidende Erhellung des Schöpfungsmysteriums; es enthüllt das Ziel, auf das hin Gott "im Anfang ... Himmel und Erde" schuf (Gn 1,1). Schon von Anfang an hatte Gott die Herrlichkeit der Neuschöpfung in Christus vor Augen (Vgl. Rm 8,18-23) (Vgl. dazu auch CEC 288 CEC 1043).

281 Aus diesem Grund beginnen die Lesungen der Osternacht, der Feier der Neuschöpfung in Christus, mit dem Schöpfungsbericht. Desgleichen bildet in der byzantinischen Liturgie der Schöpfungsbericht stets die erste Lesung der Vigilien der Hochfeste des Herrn. Nach dem Zeugnis der frühen Christenheit folgt die Belehrung der Katechumenen über die Taufe dem gleichen Weg von der Schöpfung zur Neuschöpfung (Vgl. Egeria, pereg. 46; Augustinus, catech. 3,5) (Vgl. dazu auch CEC 1095).



I Die Katechese über die Schöpfung

282 Die Katechese über die Schöpfung ist entscheidend wichtig. Sie betrifft ja die Grundlagen des menschlichen und des christlichen Lebens, denn sie formuliert die Antwort des christlichen Glaubens auf die Grundfragen, die sich die Menschen aller Zeiten gestellt haben: "Woher kommen wir?", "wohin gehen wir?", "woher stammen wir?", "wozu sind wir da?", "woher kommt alles, was da ist, und wohin ist es unterwegs?" Die beiden Fragen, die nach dem Ursprung und die nach dem Ziel, lassen sich nicht voneinander trennen. Sie sind für den Sinn und die Ausrichtung unseres Lebens und Handelns entscheidend. (Vgl. dazu auch CEC 1730)

283 Die Frage nach den Ursprüngen der Welt und des Menschen ist Gegenstand zahlreicher wissenschaftlicher Forschungen, die unsere Kenntnis über das Alter und die Ausmaße des Universums, über das Werden der Lebensformen und das Auftreten des Menschen unerhört bereichert haben. Diese Entdeckungen sollten uns anregen, erst recht die Größe des Schöpfers zu bewundern, ihm für all seine Werke und für die Einsicht und Weisheit zu danken, die er den Gelehrten und Forschern gibt. Mit Salomo können diese sagen: "Er verlieh mir untrügliche Kenntnis der Dinge, so daß ich den Aufbau der Welt und das Wirken der Elemente verstehe ..., denn es lehrte mich die Weisheit, die Meisterin aller Dinge" (Sg 7,17 Sg 7,21) (Vgl. dazu auch CEC 159 CEC 341).

284 Das große Interesse für diese Forschungen wird stark angespornt durch eine Frage anderer Ordnung, die über das eigentliche Feld der Naturwissenschaften hinausgeht. Es handelt sich nicht bloß um die Frage, wann und wie der Kosmos materiell entstanden und der Mensch aufgetreten ist, sondern es geht um den Sinn dieses Werdens: ob es durch Zufall, durch ein blindes Schicksal, eine namenlose Notwendigkeit bestimmt wird oder aber von einem intelligenten und guten höheren Wesen, das wir Gott nennen. Und wenn die Welt aus der Weisheit und Güte Gottes stammt, warum dann das Übel? Woher kommt es? Wer ist dafür verantwortlich? Und gibt es eine Befreiung von ihm?

285 Von Anfang an standen dem christlichen Glauben in der Frage nach den Ursprüngen Antworten gegenüber, die anders lauteten als die christliche Antwort. In den alten Religionen und Kulturen finden sich zahlreiche Mythen über die Ursprünge der Welt. Gewisse Philosophen sagten, alles sei Gott; die Welt sei Gott oder das Werden der Welt sei das Werden Gottes (Pantheismus). Andere sagten, die Welt sei ein notwendiger Ausfluß Gottes; sie entströme ihm und münde wieder in ihn. Wieder andere behaupteten, es gebe zwei ewige Prinzipien, das Gute und das Böse, das Licht und die Finsternis; diese würden beständig miteinander ringen (Dualismus; Manichäismus). Nach gewissen Auffassungen wäre die Welt (zumindest die materielle Welt) schlecht, eine Verfallserscheinung, und somit zurückzuweisen oder hinter sich zu lassen (Gnosis). Andere geben zwar zu, daß die Welt von Gott geschaffen ist, aber wie von einem Uhrmacher, der sie nach ihrer Herstellung sich selbst überlassen habe (Deismus). Andere schließlich anerkennen keinen höheren Ursprung der Welt, sondern erblicken in ihr bloß das Spiel einer Materie, die schon immer existiert habe (Materialismus). Alle diese Lösungsversuche zeugen davon, daß die Frage nach den Ursprüngen dauernd und überall gestellt wird. Dieses Suchen ist dem Menschen eigen (Vgl. dazu auch CEC 295 CEC 28).

286 Gewiß kann schon der menschliche Verstand eine Antwort auf die Frage nach den Ursprüngen finden. Das Dasein eines Schöpfergottes läßt sich dank dem Licht der menschlichen Vernunft aus seinen Werken mit Gewißheit erkennen (Vgl. DS 3026), wenn auch diese Erkenntnis oft durch Irrtum verdunkelt und entstellt wird. Darum bestärkt und erhellt der Glaube die Vernunft, damit sie diese Wahrheit richtig versteht: "Aufgrund des Glaubens erkennen wir, daß die Welt durch Gottes Wort erschaffen worden und daß so aus Unsichtbarem das Sichtbare entstanden ist" (He 11,3) (Vgl. dazu auch CEC 32 CEC 37).

287 Die Wahrheit von der Schöpfung ist für das ganze menschliche Leben so wichtig, daß Gott in seiner Güte seinem Volk alles offenbaren wollte, was hierüber zu wissen für das Heil bedeutsam ist. Über die jedem Menschen mögliche natürliche Erkenntnis des Schöpfers (Vgl. Ac 17,24-29 Rm 1,19-20) hinaus hat Gott dem Volk Israel nach und nach das Mysterium der Schöpfung geoffenbart. Er, der die Patriarchen berufen, das von ihm erwählte Volk Israel aus Ägypten herausgeführt, geschaffen und geformt hat (Vgl. Is 43,1), offenbart sich als der, dem alle Völker der Erde und die ganze Welt gehören, als der, der ganz allein "Himmel und Erde gemacht hat" (Ps 115,15 Ps 124,8 Ps 134,3) (Vgl. dazu auch CEC 107).

288 Somit läßt sich die Offenbarung der Schöpfung nicht trennen von der Offenbarung und Verwirklichung des Bundes, den Gott, der Einzige, mit seinem Volk geschlossen hat. Die Schöpfung wird geoffenbart als der erste Schritt zu diesem Bund, als das erste, universale Zeugnis der allmächtigen Liebe Gottes (Vgl. Gn 15,5 Jr 33,19-26). Die Wahrheit von der Schöpfung kommt auch in der Botschaft der Propheten (Vgl. Is 44,24), im Gebet der Psalmen (Vgl. Ps 104) und der Liturgie sowie in den Weisheitssprüchen (Vgl. Pr 8,22-31) des auserwählten Volkes immer stärker zum Ausdruck (Vgl. dazu auch CEC 280 CEC 2569).

289 Unter allen Aussagen der Heiligen Schrift über die Schöpfung nehmen die drei ersten Kapitel des Buches Genesis einen einzigartigen Platz ein. Literarisch können diese Texte verschiedene Quellen haben. Die inspirierten Autoren haben sie an den Anfang der Schrift gestellt. In ihrer feierlichen Sprache bringen sie so die Wahrheit über die Schöpfung, deren Ursprung und Ziel in Gott, deren Ordnung und Gutsein, über die Berufung des Menschen und schließlich über das Drama der Sünde und über die Hoffnung auf Heil zum Ausdruck. Im Lichte Christi, in der Einheit der Heiligen Schrift und in der lebendigen Überlieferung der Kirche gelesen, bleiben diese Aussagen die Hauptquelle für die Katechese über die Mysterien des "Anfangs": Schöpfung, Sündenfall, Heilsverheißung (Vgl. dazu auch CEC 390 CEC 111).



II Die Schöpfung - Werk der heiligsten Dreifaltigkeit

290 "Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde" (Gn 1,1). Drei Dinge werden in diesen ersten Worten der Schrift ausgesagt: Der ewige Gott hat alles, was außer ihm existiert, ins Dasein gerufen; er allein ist Schöpfer (das Zeitwort "erschaffen" (hebr. "bara") hat stets Gott zum Subjekt); alles, was existiert - "Himmel und Erde" -, hängt von Gott ab, der das Dasein gibt (Vgl. dazu auch CEC 326).

291 "Im Anfang war das Wort ... und das Wort war Gott ... Alles ist durch das Wort geworden, und ohne das Wort wurde nichts, was geworden ist" (Jn 1,1-3). Das Neue Testament offenbart, daß Gott alles durch das ewige Wort, seinen geliebten Sohn, erschaffen hat. "In ihm wurde alles erschaffen im Himmel und auf Erden ... alles ist durch ihn und auf ihn hin geschaffen. Er ist vor aller Schöpfung, in ihm hat alles Bestand" (Col 1,16-17). Der Glaube der Kirche bezeugt auch das Schöpferwirken des Heligen Geistes: Dieser ist der, der "lebendig macht" (Credo von Nizäa-Konstantinopel), der "Schöpfergeist" ("Veni, Creator Spiritus": LH, Hymnus), der "Quell alles Guten" (Byzantinische Liturgie, Tropar der Pfingstvesper) (Vgl. dazu auch CEC 241 CEC 331 CEC 703).

292 Die unzertrennliche Einheit des Schöpferwirkens des Sohnes und des Geistes mit dem des Vaters wird im Alten Testament angedeutet (Vgl. Ps 33,6 Ps 104,30 Gn 1,2-3), im Neuen Bund geoffenbart, in der Glaubensregel der Kirche schließlich klar ausgesprochen: "Nur einer ist Gott und Schöpfer ... er ist der Vater, er ist Gott, er der Schöpfer, der Urheber, der Bildner, der durch sich selbst, das heißt durch sein Wort und seine Weisheit ... alles gemacht hat" (Irenäus, haer. 2,30,9), "durch den Sohn und den Geist", die gleichsam "seine Hände" sind (ebd., 4,20,1). Die Schöpfung ist das gemeinsame Werk der heiligsten Dreifaltigkeit (Vgl. dazu auch CEC 699 CEC 257).



III "Die Welt ist zur Ehre Gottes geschaffen"

293 Die Schrift und die Überlieferung lehren und preisen stets die Grundwahrheit: "Die Welt ist zur Ehre Gottes geschaffen" (1. Vatikanisches K.: DS 3025). Wie der hl. Bonaventura erklärt, hat Gott alles erschaffen "nicht um seine Herrlichkeit zu mehren, sondern um seine Herrlichkeit zu bekunden und mitzuteilen" (sent. 2,1,2,2,1). Gott hat nämlich keinen anderen Grund zum Erschaffen als seine Liebe und Güte: "Die Geschöpfe gingen aus der mit dem Schlüssel der Liebe geöffneten Hand (Gottes) hervor" (Thomas v. A., sent. 2, prol. 2SN 1,0). Und das Erste Vatikanische Konzil erklärt (Vgl. dazu auch CEC 337 CEC 344 CEC 1361):

"Dieser alleinige wahre Gott hat in seiner Güte und ,allmächtigen Kraft' - nicht um seine Seligkeit zu vermehren, noch um (Vollkommenheit) zu erwerben, sondern um seine Vollkommenheit zu offenbaren durch die Güter, die er den Geschöpfen gewährt - aus völlig freiem Entschluß ,von Anfang der Zeit an aus nichts zugleich beide Schöpfungen geschaffen, die geistige und die körperliche"' (DS 3002) (Vgl. dazu auch CEC 759).

294 Gottes Ehre ist es, daß sich seine Güte zeigt und mitteilt. Dazu ist die Welt geschaffen. "Er hat uns aus Liebe im voraus dazu bestimmt, seine Söhne zu werden durch Jesus Christus und nach seinem gnädigen Willen zu ihm zu gelangen, zum Lob seiner herrlichen Gnade" (Ep 1,5-6). "Denn Gottes Ruhm ist der lebendige Mensch; das Leben des Menschen aber ist die Anschauung Gottes. Wenn ja schon die Offenbarung Gottes durch die Schöpfung allen, die auf Erden leben, das Leben verleiht, wieviel mehr muß dann die Kundgabe des Vaters durch das Wort denen, die Gott schauen, Leben verleihen" (Irenäus, haer. 4,20,7). Das letzte Ziel der Schöpfung ist es, daß Gott "der Schöpfer von allem, endlich ,alles in allem' (1Co 15,28) sein wird, indem er zugleich seine Herrlichkeit und unsere Seligkeit bewirkt" (AGD 2) (Vgl. dazu auch CEC 2809 CEC 1722 CEC 1992).



IV Das Mysterium der Schöpfung



Gott erschafft in Weisheit und Liebe

295 Wir glauben, daß Gott die Welt nach seiner Weisheit erschaffen hat (Vgl. Sg 9,9). Sie ist nicht das Ergebnis irgendeiner Notwendigkeit, eines blinden Schicksals oder des Zufalls. Wir glauben, daß sie aus dem freien Willen Gottes hervorgeht, der die Geschöpfe an seinem Sein, seiner Weisheit und Güte teilhaben lassen wollte: "Denn du bist es, der die Welt erschaffen hat, durch deinen Willen war sie und wurde sie erschaffen" (Ap 4,11). "Herr, wie zahlreich sind deine Werke! Mit Weisheit hast du sie alle gemacht" (Ps 104,24). "Der Herr ist gütig zu allen, sein Erbarmen waltet über all seinen Werken" (Ps 145,9) (Vgl. dazu auch CEC 216 CEC 1951).



Gott erschafft "aus nichts"

296 Wir glauben, daß Gott zum Erschaffen nichts schon vorher Existierendes und keinerlei Hilfe benötigt (Vgl. 1. Vatikanisches K.: DS 3022). Die Schöpfung ist auch nicht zwangsläufig aus der göttlichen Substanz ausgeflossen (Vgl. 1. Vatikanisches K.: Os 3023-3024). Gott erschafft in Freiheit "aus nichts" (DS 800 DS 3025) (Vgl. dazu auch CEC 285).

"Falls Gott die Welt aus einem schon vorher existierenden Stoff gezogen hätte, was wäre dann dabei außerordentlich? Wenn man einem menschlichen Handwerker das Material gibt, macht er daraus alles, was er will. Die Macht Gottes hingegen zeigt sich gerade darin, daß er vom Nichts ausgeht, um alles zu machen, was er will" (Theophil v. Antiochien, Autol. 2,4).

297 Der Glaube an die Schöpfung "aus nichts" wird in der Schrift als eine verheißungs- und hoffnungsvolle Wahrheit bezeugt. So ermutigt im zweiten Buch der Makkabäer eine Mutter ihre sieben Söhne zum Martyrium mit den Worten (Vgl. dazu auch CEC 338):

"Ich weiß nicht, wie ihr in meinem Leib entstanden seid, noch habe ich euch Atem und Leben geschenkt; auch habe ich keinen von euch aus den Grundstoffen zusammengefügt. Nein, der Schöpfer der Welt hat den werdenden Menschen geformt, als er entstand; er kennt die Entstehung aller Dinge. Er gibt euch gnädig Atem und Leben wieder, weil ihr jetzt um seiner Gesetze willen nicht auf euch achtet ... Ich bitte dich, mein Kind, schau dir den Himmel und die Erde an; sieh alles, was es da gibt, und erkenne: Gott hat das aus dem Nichts erschaffen, und so entstehen auch die Menschen" (2M 7,22-23 2M 7,28).

298 Weil Gott aus nichts erschaffen kann, kann er durch den Heiligen Geist Sündern das Leben der Seele schenken, indem er in ihnen ein reines Herz erschafft (Vgl. Ps 51,12), und den Verstorbenen das Leben des Leibes, indem er diesen auferweckt, denn er ist der "Gott, der die Toten lebendig macht und das, was nicht ist, ins Dasein ruft" (Rm 4,17). Und da er imstande war, durch sein Wort aus dem Dunkel das Licht erstrahlen zu lassen (Vgl. Gn 1,3), kann er auch denen, die ihn nicht kennen, das Licht des Glaubens schenken (Vgl. 2Co 4,6) (Vgl. dazu auch CEC 1375 CEC 992).



Gott erschafft eine geordnete und gute Welt

299 Weil Gott mit Weisheit erschafft, ist die Schöpfung geordnet: "Du aber hast alles nach Maß, Zahl und Gewicht geordnet" (Sg 11,20). Im ewigen Wort und durch das ewige Wort, "das Ebenbild des unsichtbaren Gottes" (Col 1,15), ist die Schöpfung erschaffen. Für den Menschen, der nach Gottes Bild ist (Vgl. Gn 1,26), ist sie bestimmt; an ihn, der zu einer persönlichen Beziehung zu Gott berufen ist, richtet sie sich. Was uns Gott durch seine Schöpfung sagt (Vgl. Ps 19,2-5), kann unser Verstand, der am Licht des göttlichen Verstandes teilhat, vernehmen, allerdings nicht ohne große Mühe und nur in einer demütigen, ehrfürchtigen Haltung gegenüber dem Schöpfer und seinem Werk (Vgl. Jb 42,3). Weil die Schöpfung aus der göttlichen Güte hervorgegangen ist, hat sie an dieser Güte teil ("Gott sah, daß es gut war..., sehr gut": Gn 1,4 Gn 1,10 Gn 1,12 Gn 1,18 Gn 1,21 Gn 1,31). Die Schöpfung ist von Gott gewollt als ein Geschenk an den Menschen, als ein Erbe, das für ihn bestimmt und ihm anvertraut ist. Die Kirche mußte wiederholt dafür einstehen, daß die Schöpfung, einschließlich der materiellen Welt, gut ist (Vgl. DS 286 DS 455-463 DS 800 DS 1333 DS 3002) (Vgl. dazu auch CEC 339 CEC 41 CEC 1147 CEC 358 CEC 2415).

Gott ist über die Schöpfung erhaben und in ihr zugegen

300 Gott ist unendlich größer als all seine Werke (Vgl. Si 43,28). "Über den Himmel breitest du deine Hoheit aus" (Ps 8,2); "seine Größe ist unerforschlich" (Ps 145,3). Doch weil er der erhabene, freie Schöpfer, die Erstursache von allem ist, was existiert, ist er im Innersten seiner Geschöpfe zugegen: "In ihm leben wir, bewegen wir uns und sind wir" (Ac 17,28). Nach dem hl. Augustinus ist Gott "höher als mein Höchstes und innerlicher als mein Innerstes" (conf. 3,6,11) (Vgl. dazu auch CEC 42 CEC 223).



Gott erhält und trägt die Schöpfung

301 Nach der Schöpfung überläßt Gott sein Geschöpf nicht einfach sich selbst. Er gibt ihm nicht nur das Sein und das Dasein, sondern er erhält es auch in jedem Augenblick im Sein, gibt ihm die Möglichkeit zu wirken und bringt es an sein Ziel. Diese völlige Abhängigkeit vom Schöpfer zu erkennen, fuhrt zu Weisheit und Freiheit, zu Freude und Vertrauen (Vgl. dazu auch CEC 396 CEC 1951).

"Du liebst alles, was ist, und verabscheust nichts von allem, was du gemacht hast; denn hättest du etwas gehaßt, so hättest du es nicht geschaffen. Wie könnte etwas ohne deinen Willen Bestand haben, oder wie könnte etwas erhalten bleiben, das nicht von dir ins Dasein gerufen wäre? Du schonst alles, weil es dein Eigentum ist' Herr, du Freund des Lebens" (Sg 11,24-26).



V Gott verwirklicht seinen Plan: die göttliche Vorsehung

302 Die Schöpfung hat ihre eigene Güte und Vollkommenheit. Sie ging jedoch aus den Händen des Schöpfers nicht ganz fertig hervor. Sie ist so geschaffen, daß sie noch "auf dem Weg" (in statu viae) zu einer erst zu erreichenden letzten Vollkommenheit ist, die Gott ihr zugedacht hat. Wir nennen die Fügungen, durch die Gott seine Schöpfung dieser Vollendung entgegenführt, die "göttliche Vorsehung".

"Alles, was er geschaffen hat, schützt und lenkt Gott durch seine Vorsehung, ,sich kraftvoll von einem Ende bis zum anderen erstreckend und alles milde ordnend' (
Sg 8,1). ,Alles nämlich ist nackt und bloß vor seinen Augen' (He 4,13), auch das, was durch die freie Tat der Geschöpfe geschehen wird" (1. Vatikanisches K.: DS 3003).

303 Das Zeugnis der Schrift lautet einstimmig: Die Fürsorge der Vorsehung ist konkret und unmittelbar; sie kümmert sich um alles, von den geringsten Kleinigkeiten bis zu den großen weitgeschichtlichen Ereignissen. Die heiligen Bücher bekräftigen entschieden die absolute Souveränität Gottes im Lauf der Ereignisse: "Unser Gott ist im Himmel; alles, was ihm gefällt, das vollbringt er" (Ps 115,3). Und Christus ist der, "der öffnet, so daß niemand mehr schließen kann, der schließt, so daß niemand mehr öffnen kann" (Ap 3,7). "Viele Pläne faßt das Herz des Menschen, doch nur der Ratschluß des Herrn hat Bestand" (Pr 19,21) (Vgl. dazu auch CEC 269).

304 So schreibt der Heilige Geist, der Hauptautor der Heiligen Schrift, Taten oft Gott zu, ohne Zweitursachen zu erwähnen. Das ist nicht eine primitive Redeweise, sondern eine tiefsinnige Art, an den Vorrang Gottes und seine absolute Herrschaft über die Geschichte und die Welt zu erinnern (Vgl. Is 10,5-15 Is 45,5-7 Dt 32,39 Si 11,14) und so zum Vertrauen auf ihn zu erziehen. Das Psalmengebet ist die große Schule dieses Vertrauens (Vgl. z. B. Ps 22 Ps 32 Ps 35 Ps 103 Ps 138) (Vgl. dazu auch CEC 2589).

305 Jesus verlangt eine kindliche Hingabe an die Vorsehung des himmlischen Vaters, der sich um die geringsten Bedürfnisse seiner Kinder kümmert: "Macht euch also keine Sorgen und fragt nicht: Was sollen wir essen? Was sollen wir trinken? ... Euer himmlischer Vater weiß, daß ihr das alles braucht. Euch aber muß es zuerst um sein Reich und um seine Gerechtigkeit gehen; dann wird euch alles andere dazugegeben" (Mt 6,31-33) (Vgl. Mt 10,29-31) (Vgl. dazu auch CEC 2115).



Die Vorsehung und die Zweitursachen

306 Gott ist souverän Herr über seinen Ratschluß. Aber um ihn auszuführen, bedient er sich auch der Mitwirkung der Geschöpfe. Das ist nicht ein Zeichen von Schwäche, sondern der Größe und Güte Gottes. Denn Gott gibt seinen Geschöpfen nicht nur das Dasein, sondern auch die Würde, selbst zu handeln, Ursache und Ursprung voneinander zu sein und so an der Ausführung seines Ratschlusses mitzuarbeiten (Vgl. dazu auch CEC 1884 CEC 1951).

307 Den Menschen gewährt Gott sogar die Möglichkeit, in Freiheit an seiner Vorsehung teilzunehmen, indem er ihnen die Verantwortung anvertraut, sich die Erde zu "unterwerfen" und über sie zu herrschen (Vgl. Gn 1,26-28). Gott ermöglicht so den Menschen, vernünftige, freie Ursachen zu sein, um das Schöpfungswerk zu vervollständigen und zu ihrem und der Mitmenschen Wohl seine Harmonie zu vervollkommnen. Die Menschen sind oft unbewußt Mitarbeiter Gottes, können jedoch auch bewußt auf den göttlichen Plan eingehen durch ihre Taten, ihre Gebete, aber auch durch ihre Leiden (Vgl. Col 1,24). Dadurch werden sie voll und ganz "Mitarbeiter Gottes" (1Co 3,9 1Th 3,2) und seines Reiches (Vgl. Col 4,11) (Vgl. dazu auch CEC 106 CEC 373 CEC 1954 CEC 2427 CEC 2738 CEC 618 CEC 1505).

308 Vom Glauben an Gott den Schöpfer läßt sich somit die Wahrheit nicht trennen, daß in jedem Tun seiner Geschöpfe Gott tätig ist. Er ist die Erstursache, die in und durch die Zweitursachen wirkt. "Denn Gott ist es, der in euch das Wollen und das Vollbringen bewirkt, nach seinem Wohlgefallen" (Ph 2,13) (Vgl. 1Co 12,6). Diese Wahrheit beeinträchtigt die Würde des Geschöpfes keineswegs, sondern erhöht sie. Durch die Macht, Weisheit und Güte Gottes aus dem Nichts gehoben, vermag das Geschaffene nichts, wenn es von seinem Ursprung abgeschnitten ist, denn "das Geschöpf sinkt ohne den Schöpfer ins Nichts" (GS 36,3). Erst recht kann es ohne die Hilfe der Gnade sein letztes Ziel nicht erreichen (Vgl. Mt 19,26 Jn 15,5 Ph 4,13) (Vgl. dazu auch CEC 970).




Katechismus KK 1997 257