Katechismus KK 1997 436

II Christus

436 "Christus" ist das griechische Wort für den hebräischen Ausdruck "Messias", der "Gesalbter" bedeutet. Zum Eigennamen Jesu wird es deshalb, weil Jesus die göttliche Sendung, die "Christus" bedeutet, vollkommen erfüllt. In Israel wurden nämlich im Namen Gottes die Menschen gesalbt, die vom Herrn für eine erhaltene Sendung geweiht ,wurden. Das war bei den Königen der Fall (Vgl. 1S 9,16 1S 10,1 1S 16,1 1S 16,12-13 1R 1,39), bei den Priestern (Vgl. Ex 29,7 Lv 8,12) und in seltenen Fällen bei den Propheten (Vgl. 1R 19,16). Vor allem sollte dies der Fall sein beim Messias, den Gott senden würde, um sein Reich endgültig zu errichten (Vgl. Ps 2,2 Ac 4,26-27). Der Messias sollte durch den Geist des Herrn (Vgl. Is 11,2) zugleich zum König und zum Priester (Vgl. Sach Za 4,14 Za 6,13), aber auch zum Propheten (Vgl. Is 61,1 Lc 4,16-21) gesalbt werden. Jesus hat in seinem dreifachen Amt als Priester, Prophet und König die messianische Hoffnung Israels erfüllt. (Vgl. dazu auch CEC 690 CEC 695 CEC 783 CEC 711-716)

437 Der Engel verkündete den Hirten die Geburt Jesu, des für Israel verheißenen Messias: "Heute ist euch in der Stadt Davids der Retter geboren; er ist der Messias, der Herr" (Lc 2,11). Von Anfang an ist Jesus der, "den der Vater geheiligt und in die Welt gesandt hat" (Jn 10,36), da er im jungfräulichen Schoß Marias als "heilig" (Vgl. Lk l,35) empfangen wurde. Josef wird von Gott aufgefordert, Maria als seine Frau zu sich zu nehmen - "denn das Kind, das sie erwartet, ist vom Heiligen Geist" (Mt 1,20) -, damit Jesus, "der der Christus genannt wird", von der Frau Josefs als messianischer Nachkomme Davids geboren werde (Mt 1,16) (Vgl. Röm l,3; 2Tm 2,8 Ap 22,16) (Vgl. dazu auch CEC 525 CEC 486).

438 Die Weihe Jesu zum Messias bekundet seine göttliche Sendung. "Der Name Christus bedeutet den, der salbt, den, der gesalbt wurde, und die Salbung selbst, mit der er gesalbt wurde. Es salbte aber der Vater, gesalbt wurde der Sohn in dem Geiste, der die Salbung ist" (Irenäus, haeer. 3, 18,3). Seine ewige messianische Salbung wurde in der Zeit seines Erdenlebens bei seiner Taufe durch Johannes geoffenbart, als ihn Gott salbte "mit dem Heiligen Geist und mit Kraft" (Ac 10,38), "damit er Israel offenbar würde" (Jn 1,31) als sein Messias. Seine Werke und seine Worte bekunden, daß er "der Heilige Gottes" ist (Mc 1,24 Jn 6,69 Ac 3,14) (Vgl. dazu auch CEC 727 CEC 535).

439 Viele Juden und selbst einzelne Heiden, die ihre Hoffnung teilten, erkannten in Jesus die Grundzüge des messianischen "Davidssohnes", den Gott Israel verheißen hatte (Vgl. Mt 2,2 Mt 9,27 Mt 12,23 Mt 15,22 Mt 20,30 Mt 21,9 Mt 21,15). Jesus hat den Titel Messias, auf den er Anspruch hatte (Vgl. Jn 4,25-26 Jn 11,27), gelten lassen, aber nicht vorbehaltlos, denn dieser Titel war mißverständlich, wurde er doch von einem Teil seiner Zeitgenossen allzumenschlich (Vgl. Mt 22,41-46), im Grunde politisch (Vgl. Jn 6,15 Lc 24,21) aufgefaßt (Vgl. dazu auch CEC 528-529 CEC 547).

440 Jesus nahm das Glaubensbekenntnis des Petrus, der ihn als Messias anerkannte, entgegen, kündigte aber im Anschluß daran das dem Menschensohn bevorstehende Leiden an (Vgl. Mt 16,16-23). Er offenbarte, daß sein Messiaskönigtum sowohl in seiner göttlichen Herkunft als Menschensohn liege, "der vom Himmel herabgestiegen ist" (Jn 3,13) (Vgl. Jn 6,62 Da 7,13), als auch in seiner Erlösersendung als leidender Gottesknecht: "Der Menschensohn ist nicht gekommen, um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen und sein Leben hinzugeben als Lösegeld für viele" (Mt 20,28) (Vgl. Is 53,10-12). Darum wird der wahre Sinn seines Königtums erst vom Kreuz herab kundgetan (Vgl. Jn 19,19-22 Lc 23,39-43). Erst nach seiner Auferstehung kann sein Messiaskönigtum von Petrus vor dem .Gottesvolk verkündet werden: "Mit Gewißheit erkenne also das ganze Haus Israel: Gott hat ihn zum Herrn und Messias gemacht, diesen Jesus, den ihr gekreuzigt habt" (Ac 2,36) (Vgl. dazu auch CEC 552 CEC 550 CEC 445).



III Gottes eingeborener Sohn

441 "Gottessohn" ist im Alten Testament ein Titel, der den Engeln gegeben wird (Vgl. Dt 32,8 LXX; Jb 1,6), dem auserwählten Volk (Vgl. Ex 4,22 Os 11,1 Jr 3,19 Si 36,11 Sg 18,3), den Kindern Israels (Vgl. Dt 14,1 Os 2,1) und seinen Königen (Vgl. 2S 7,14 Ps 82,6). Er bedeutet eine Adoptivsohnschaft, die zwischen Gott und seinem Geschöpf eine besonders innige Verbindung herstellt. Wenn der verheißene MessiasKönig "Sohn Gottes" genannt wird (Vgl. 1Ch 17,13 Ps 2,7), so heißt das dem wörtlichen Sinn dieser Texte nach nicht unbedingt, daß er mehr als ein bloßer Mensch ist. Jene, die Jesus als den Messias Israels (Vgl. Mt 27,54) so bezeichneten, wollten vielleicht damit nicht mehr sagen (Vgl. Lc 23,47-18).

442 Das gilt nicht für Petrus, wenn er Jesus als den "Messias, den Sohn des lebendigen Gottes" bekennt (Mt 16,16), denn dieser antwortet darauf feierlich: "Nicht Fleisch und Blut haben dir das offenbart, sondern mein Vater im Himmel" (Mt 16,17). Ebenso sagt Paulus im Blick auf seine Bekehrung auf dem Weg nach Damaskus: "Als aber Gott, der mich schon im Mutterleib auserwählt und durch seine Gnade berufen hat, mir in seiner Güte seinen Sohn offenbarte, damit ich ihn unter den Heiden verkündige, da zog ich keinen Menschen zu Rate ..." (Ga 1,15-16). "Und sogleich verkündete er Jesus in den Synagogen und sagte: Er ist der Sohn Gottes" (Ac 9,20). Dieses Bekenntnis war von Anfang an (Vgl. 1Th 1,10) das Zentrum des apostolischen Glaubens (Vgl. Jn 20,31). Als erster hat Petrus diesen Glauben als Fundament der Kirche bekannt (Vgl. Mt 16,18) (Vgl. dazu auch CEC 552 CEC 424).

443 Petrus konnte den transzendenten Charakter der Gottessohnschaft Jesu, des Messias, deshalb erkennen, weil Jesus diesen deutlich zu verstehen gegeben hatte. Auf die Frage seiner Ankläger: "Du bist also der Sohn Gottes?" antwortete Jesus vor dem Hohen Rat: "Ihr sagt es - ich bin es" (Lc 22,70) (Vgl. Mt 26,64 Mc 14,61). Schon lange vorher hatte er sich als den "Sohn" bezeichnet, der den Vater kennt (Vgl. Mt 11,27 Mt 21,37-38) und sich von den "Knechten" unterscheidet, die Gott früher seinem Volk geschickt hatte (Vgl. Mt 21,34-36), und der sogar höher steht als die Engel (Vgl. Mt 24,36). Er unterschied seine Sohnschaft von derjenigen der Jünger, indem er nie "unser Vater" sagte (Vgl. Mt 5,48 Mt 6,8 Mt 7,21 Lc 11,13), außer um ihnen aufzutragen: "So sollt ihr beten: Unser Vater" (Mt 6,9). Ja, er hob den Unterschied deutlich hervor. "mein Vater und euer Vater (Jn 20,17) (Vgl. dazu auch CEC 2786).

444 Wie die Evangelien berichten, ertönte in zwei feierlichen Momenten, bei der Taufe und der Verklärung Christi, die Stimme des Vaters, der ihn als seinen "geliebten Sohn" bezeichnete (Vgl. Mt 3,17 Mt 17,5). Jesus nennt sich Gottes "eingeborenen (einziggezeugten) Sohn" (Jn 3,16) und bekräftigt damit seine ewige Präexistenz (Vgl. Jn 10,36). Er verlangt, "an den Namen des eingeborenen Sohnes Gottes" (Jn 3,18) zu glauben. Dieses christliche Bekenntnis erscheint schon im Ausruf des Hauptmanns angesichts des am Kreuze hängenden Jesus: "Wahrhaftig, dieser Mensch war Gottes Sohn!" (Mc 15,39). Denn erst im Pascha-Mysterium kann der Glaubende dem Titel "Sohn Gottes" seine volle Bedeutung geben (Vgl. dazu auch CEC 536 CEC 554).

445 Nach der Auferstehung Jesu tritt seine Gottessohnschaft in der Macht seiner verherrlichten Menschennatur zutage: Er ist "dem Geist der Heiligkeit nach eingesetzt ... als Sohn Gottes in Macht seit der Auferstehung von den Toten" (Rm 1,4) (Vgl. Ac 13,33). Die Apostel können dann bekennen: "Wir haben seine Herrlichkeit gesehen, die Herrlichkeit des einzigen Sohnes vom Vater, voll Gnade und Wahrheit" (Jn 1,14) (Vgl. dazu auch CEC 653).



IV Herr

446 In der griechischen Übersetzung der Bücher des Alten Testamentes (LXX) wird der nicht auszusprechende Name JHWH, unter dem sich Gott offenbart hat (Vgl. Ex 3,14), mit "Kyrios" (Herr) wiedergegeben. "Herr" wird somit zur gebräuchlichsten Bezeichnung für die Gottheit des Gottes Israels. In diesem strengen Sinn verwendet das Neue Testament den Titel "Herr" für den Vater, aber auch zugleich - und das ist das Neue - für Jesus, der so als Gott selbst anerkannt wird (Vgl. 1Co 2,8) (Vgl. dazu auch CEC 209).

447 Jesus selbst nahm auf verhüllte Weise diesen Titel in Anspruch, als er mit den Pharisäern über den Sinn des Psalmes 110 diskutiert (Vgl. Mt 22,41-46 sowie Ac 2,34-36 He 1,13). Ausdrücklich gebraucht er den Titel "Herr" im Gespräch mit den Jüngern (Vgl. Jn 13,13). Während seines ganzen öffentlichen Lebens zeigen seine Taten, daß er Herr ist über die Natur, die Krankheiten, die Dämonen, den Tod und die Sünde und somit göttliche Herrschaft besitzt (Vgl. dazu auch CEC 548).

448 In den Berichten der Evangelien nennen Menschen, die sich an Jesus wenden, ihn sehr oft "Herr". In dieser Betitelung äußern sich die Hochachtung und das Vertrauen derer, die sich Jesus nahen und von ihm Hilfe und Heilung erwarten (Vgl. z. B. Mt 8,2 Mt 14,30 Mt 15,22). Wenn vom Heiligen Geist eingegeben, spricht aus dieser Anrede die Erkenntnis des göttlichen Mysteriums Jesu (Vgl. Lc 1,43 Lc 2,11). In der Begegnung mit dem auferweckten Jesus wird sie zur Anbetung: "Mein Herr und mein Gott!" (Jn 20,28). "Herr" erhält dann einen Klang von Liebe und Zuneigung, der in der christlichen Tradition immer mitschwingen wird: "Es ist der Herr!" (Jn 21,7) (Vgl. dazu auch CEC 208 CEC 683 CEC 641).

449 Die ersten Glaubensbekenntnisse der Kirche legen Jesus von Anfang an den göttlichen Würdetitel "Herr" bei (Vgl. Ac 2,34-36). Damit sagen sie, daß die Macht, die Ehre und Herrlichkeit, die Gott gebühren, auch Jesus zukommen (Vgl. Rm 9,5 Tt 2,13 Ap 5,13), weil er "Gott gleich" ist (Ph 2,6). Der Vater hat diese Herrscherwürde Jesu kundgetan, indem er ihn von den Toten auferweckte und in seine Herrlichkeit erhob (Vgl. Rm 10,9 1Co 12,3 Ph 2,9-11) (Vgl. dazu auch CEC 461 CEC 653).

450 Vom Beginn der christlichen Geschichte an bedeutet die Aussage, daß Jesus Herr über die Welt und die Geschichte ist (Vgl. Ap 11,15), auch, daß der Mensch seine personale Freiheit keiner irdischen Gewalt absolut unterwerfen darf, sondern einzig Gott dem Vater und dem Herrn Jesus Christus: Nicht Cäsar ist "der Herr" (Vgl. Mc 12,17 Ac 5,29). "Die Kirche glaubt ..., daß in ihrem Herrn und Meister der Schlüssel, der Mittelpunkt und das Ziel der ganzen Menschheitsgeschichte zu finden ist" (GS 10,2) (10 Vgl. GS 45,2) (Vgl. dazu auch CEC 668-672 CEC 2242).

451 Der Titel "Herr" gibt dem christlichen Gebet sein Gepräge. Denken wir an die Gebetseinladung "Der Herr sei mit euch" oder an den Gebetsschluß "durch Jesus Christus, ... unseren Herrn" oder auch an den vertrauens- und hoffnungsvollen Ruf "Maran atha" (Der Herr kommt) oder "Marána tha" (Komm, Herr!) (1Co 16,22). "Amen. Komm, Herr Jesus!" (Ap 22,20). (Vgl. dazu auch CEC 2664-2665 CEC 2817).



KURZTEXTE



452 Der Name "Jesus" bedeutet "Gott rettet". Das Kind der Jungfrau Maria wird "Jesus" genannt, "denn er wird sein Volk von seinen Sünden erlösen" (Mt 1,21). "Es ist uns Menschen kein anderer Name unter dem Himmel gegeben, durch den wir gerettet werden sollen" (Ac 4,12).

453 "Christus" bedeutet "Gesalbter", "Messias". Jesus ist der Christus, weil "Gott Jesus von Nazaret gesalbt hat mit dem Heiligen Geist und mit Kraft" (Ac 10,38). Er war "der, der da kommen soll" (Lc 7,19), die "Hoffnung Israels" (Ac 28,20).

454 "Sohn Gottes" besagt die einzigartige, ewige Beziehung Jesu Christi zu Gott, seinem Vater: Er ist der eingeborene Sohn des Vaters (Vgl. Jn 1,14 Jn 1,18 Jn 3,16 Jn 3,18), ja Gott selbst (Vgl. Jn 1,1). Um Christ zu sein, muß man glauben, daß Jesus Christus der Sohn Gottes ist (Vgl. Ac 8,37 1Jn 2,23).

455 "Herr" bezeichnet die göttliche Herrschergewalt. Jesus als Herrn bekennen oder anrufen heißt an seine Gottheit glauben. "Keiner kann sagen: Jesus ist der Herr!, wenn er nicht aus dem Heiligen Geist redet" (1Co 12,3).







ARTIKEL 3 "JESUS CHRISTUS IST

EMPFANGEN DURCH DEN

HEILIGEN GEIST, GEBOREN

VON DER JUNGFRAU MARIA"




ABSATZ 1 DER SOHN GOTTES IST MENSCH GEWORDEN



I Warum ist das Wort Fleisch geworden?

456 Wir antworten, indem wir mit dem Credo von Nizäa-Konstantinopel bekennen: "Für uns Menschen und zu unserem Heil ist er vom Himmel gekommen, hat Fleisch angenommen durch den Heiligen Geist von der Jungfrau Maria und ist Mensch geworden".

457 Das Wort ist Fleisch geworden, um uns mit Gott zu versöhnen und uns so zu retten: Gott hat "uns geliebt und seinen Sohn als Sühne für unsere Sünden gesandt" (1Jn 4,10). Wir wissen, daß "der Vater den Sohn gesandt hat als den Retter der Welt" (1Jn 4,14), "daß er erschienen ist, um die Sünde wegzunehmen" (1Jn 3,5)(Vgl. dazu auch CEC 607):

"Es bedurfte des Arztes unsere kranke Natur; es bedurfte des Aufhebers der gefallene Mensch; es bedurfte des Lebendigmachers der des Lebens Verlustige; es bedurfte des Zurückführers zum Guten der der Verbindung mit dem Guten Beraubte; es sehnte sich nach der Ankunft des Lichtes der in Finsternis Gehüllte; es verlangte nach dem Retter der Gefangene, nach dem Erlöser der Gebundene, nach dem Befreier der vom Sklavenjoch Niedergedrückte. Sind das zu geringfügige und zu unbedeutende Dinge, als daß sie hätten Gott bestimmen dürfen, wie ein Arzt zum Besuch der menschlichen Natur herabzusteigen, nachdem nun einmal die Menschheit sich in einer so kläglichen und armseligen Lage befand?" (Gregor v. Nyssa, or. catech. 14) (Vgl. dazu auch CEC 385).

458 Das Wort ist Fleisch geworden, damit wir so die Liebe Gottes erkennen: "Die Liebe Gottes wurde unter uns dadurch offenbart, daß Gott seinen eingeborenen Sohn in die Welt gesandt hat, damit wir durch ihn leben" (1Jn 4,9). "Denn Gott hat die Welt so sehr geliebt, daß er seinen eingeborenen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht zugrunde geht, sondern das ewige Leben hat" (Jn 3,16) (Vgl. dazu auch CEC 219).

459 Das Wort ist Fleisch geworden, um für uns Vorbild der Heiligkeit zu sein: "Nehmt mein Joch auf euch und lernt von mir ..." (Mt 11,29). "Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater außer durch mich" (Jn 14,6). Und auf dem Berg der Verklärung gebietet der Vater: "Hört auf ihn!" (Mc 9,7) (Vgl. Dt 6,4-5). Jesus ist ja das Inbild der Seligpreisungen und die Norm des neuen Gesetzes: "Liebt einander, so wie ich euch geliebt habe!" (Jn 15,12). Diese Liebe verlangt, in seiner Nachfolge sich selbst hinzugeben (Vgl. Mc 8,34) (Vgl. dazu auch CEC 520 CEC 823 CEC 2012 CEC 1717 CEC 1965).

460 Das Wort ist Fleisch geworden, um uns "Anteil an der göttlichen Natur" zu geben (2P 1,4): "Dazu ist das Wort Gottes Mensch geworden und der Sohn Gottes zum Menschensohn, damit der Mensch das Wort in sich aufnehme und, an Kindesstatt angenommen, zum Sohn Gottes werde" (Irenäus, haeer. 3,19,1). Das Wort Gottes "wurde Mensch, damit wir vergöttlicht würden" (Athanasius, inc. 54,3). "Weil uns der eingeborene Sohn Gottes Anteil an seiner Gottheit geben wollte, nahm er unsere Natur an, wurde Mensch, um die Menschen göttlich zu machen" (Thomas v. A., opusc. 57 in festo Corp. Chr. 1) (Vgl. dazu auch CEC 1265 CEC 1391 CEC 1988).



II Die Menschwerdung

461 Im Anschluß an die Sprechweise des hl. Johannes ("Verbum caro factum das Wort ist Fleisch geworden": Jn 1,14) nennt die Kirche das Geschehnis, daß der Sohn Gottes eine menschliche Natur annahm, um in ihr unser Heil zu wirken, "Inkarnation" (Fleisch- oder Menschwerdung). In einem beim hl. Paulus bezeugten Hymnus besingt die Kirche das Inkarnationsgeheimnis (Vgl. dazu auch CEC 653 CEC 661 CEC 449):

"Seid untereinander so gesinnt, wie es dem Leben in Christus Jesus entspricht: Er war Gott gleich, hielt aber nicht daran fest' wie Gott zu sein, sondern er entäußerte sich und wurde wie ein Sklave und den Menschen gleich. Sein Leben war das eines Menschen; er erniedrigte sich und war gehorsam bis zum Tod, bis zum Tod am Kreuz" (Ph 2,5-8) (Vgl. LH, Canticum 1. Sonntagsvesper).

462 Der Hebräerbrief sagt vom gleichen Mysterium:

"Darum spricht Christus bei seinem Eintritt in die Welt: Schlacht- und Speiseopfer hast du nicht gefordert, doch einen Leib hast du mir geschaffen; an Brand- und Sündopfern hast du kein Gefallen. Da sagte ich: Ja, ich komme ..., um deinen Willen, Gott, zu tun" (
He 10,5-7 Ps 40,7-9 LXX anführend).

463 Der Glaube an die tatsächliche Menschwerdung des Sohnes Gottes ist das entscheidende Kennzeichen des christlichen Glaubens: "Daran erkennt ihr den Geist Gottes: Jeder Geist, der bekennt, Jesus Christus sei im Fleisch gekommen, ist aus Gott" (1Jn 4,2). Das ist von Anfang an die freudige Überzeugung der Kirche. Sie besingt "das große Geheimnis der Frömmigkeit": "Er wurde offenbart im Fleisch" (1Tm 3,16) (Vgl. dazu auch CEC 90).



III Wahrer Gott und wahrer Mensch

464 Das ganz einzigartige und einmalige Ereignis der Menschwerdung des Sohnes Gottes bedeutet nicht, daß Jesus Christus zum Teil Gott und zum Teil Mensch wäre oder daß er das Ergebnis einer unklaren Vermischung von Göttlichem und Menschlichem wäre. Er ist wahrhaft Mensch geworden und dabei doch wahrhaft Gott geblieben. Jesus Christus ist wahrer Gott und wahrer Mensch. Im Laufe der ersten Jahrhunderte mußte die Kirche diese Glaubenswahrheit gegenüber mißdeutenden Irrlehren verteidigen und klären (Vgl. dazu auch CEC 88).

465 Die ersten Häresien haben weniger die Gottheit Christi als sein wahres Menschsein geleugnet (gnostischer Doketismus). Schon zur Zeit der Apostel betonte der christliche Glaube die wahre Menschwerdung des Sohnes Gottes, der "im Fleisch gekommen" ist (Vgl. 1Jn 4,2-32 Jn 7). Bereits im 3. Jahrhundert aber mußte die Kirche auf einem in Antiochien versammelten Konzil gegenüber Paul von Samosata bekräftigen, daß Jesus Christus von Natur aus und nicht durch Adoption Sohn Gottes ist. In seinem Credo bekannte im Jahr 325 das erste Ökumenische Konzil, das Konzil von Nizäa, daß der Sohn Gottes "gezeugt, nicht geschaffen, eines Wesens mit (homoúsios) dem Vater" ist. Es verurteilte Arius, der behauptete, "der Sohn Gottes (sei) aus nichts" (DS 130) und "aus einer anderen Substanz oder Wesenheit" als der Vater (DS 126) (Vgl. dazu auch CEC 242).

466 Die nestorianische Häresie erblickte in Christus eine mit der göttlichen Person des Sohnes Gottes verbundene menschliche Person. Dieser Irrlehre gegenüber bekannten der hl. Cyrill von Alexandrien und das dritte Ökumenische Konzil, das 431 in Ephesus versammelt war, "daß das Wort, indem es das mit einer vernunftbegabten Seele beseelte Fleisch mit sich selbst der Hypostase (Person) nach einte, ... Mensch geworden" ist (DS 250). Die menschliche Natur Christi hat kein anderes Subjekt als die göttliche Person des Sohnes Gottes, die sie angenommen und schon bei der Empfängnis sich zu eigen gemacht hat. Deswegen hat das gleiche Konzil verkündet, daß Maria dadurch, daß sie den Sohn Gottes in ihrem Schoß empfing, wirklich "Gottesgebärerin" geworden ist, "nicht etwa, weil die Natur des Wortes beziehungsweise seine Gottheit den Anfang des Seins aus der heiligen Jungfrau genommen hätte, sondern weil der vernünftig beseelte heilige Leib aus ihr geboren wurde; mit ihm hat sich das Wort der Hypostase (Person) nach geeint, und deshalb wird von ihm gesagt, es sei dem Fleische nach geboren worden" (DS 251) (Vgl. dazu auch CEC 495).

467 Die sogenannten Monophysiten behaupteten, die menschliche Natur habe als solche in Christus zu bestehen aufgehört, als sie von seiner göttlichen Person, dem Sohne Gottes, angenommen wurde. Gegenüber dieser Häresie hat 451 das vierte Ökumenische Konzil, das von Chalkedon, erklärt:

"In der Nachfolge der heiligen Väter lehren wir alle übereinstimmend, unseren Herrn Jesus Christus als ein und denselben Sohn zu bekennen; derselbe ist vollkommen in der Gottheit und derselbe ist vollkommen in der Menschheit; derselbe ist wahrhaft Gott und wahrhaft Mensch aus vernunftbegabter Seele und Leib; derselbe ist der Gottheit nach dem Vater wesensgleich und der Menschheit nach uns wesensgleich, ,in allem uns gleich außer der Sünde' (
He 4,15). Derselbe wurde einerseits der Gottheit nach vor den Zeiten aus dem Vater gezeugt, andererseits der Menschheit nach in den letzten Tagen unsertwegen und um unseres Heiles willen aus Maria, der Jungfrau (und) Gottesgebärerin, geboren.

Ein und derselbe ist Christus, der einziggeborene Sohn und Herr, der in zwei Naturen unvermischt, unveränderlich, ungetrennt und unteilbar erkannt wird, wobei nirgends wegen der Einung der Unterschied der Naturen aufgehoben ist, vielmehr die Eigentümlichkeit jeder der beiden Naturen gewahrt bleibt und sich in einer einzigen Person und einer einzigen Hypostase vereinigt" (DS 301-302).

468 Nach dem Konzil von Chalkedon faßten einige die menschliche Natur Christi als eine Art eigenständige Person auf. Ihnen gegenüber bekannte 553 das fünfte Ökumenische Konzil, das von Konstantinopel, in bezug auf Christus "eine einzige Hypostase (Person) ..., die der Herr Jesus Christus ist, einer der heiligen Dreifaltigkeit" (DS 424). Alles an der Menschennatur Christi ist somit seiner göttlichen Person als ihrem eigentlichen Träger zuzuschreiben (so schon das K. v. Ephesus: DS 255), nicht nur die Wunder, sondern auch die Leiden (Vgl. DS 424) und sogar der Tod, weil unser "im Fleisch gekreuzigter Herr Jesus Christus wahrer Gott und Herr der Herrlichkeit und einer der heiligen Dreifaltigkeit ist" (DS 432) (Vgl. dazu auch CEC 254 CEC 616).

469 Die Kirche bekennt so, daß Jesus untrennbar wahrer Gott und wahrer Mensch ist. Er ist wirklich der Sohn Gottes, Mensch geworden, unser Bruder, und dies ohne aufzuhören, Gott, unser Herr zu sein (Vgl. dazu auch CEC 212):

"Er blieb, was er war, und nahm an, was er nicht war", singt die römische Liturgie (LH, Antiphon der Laudes vom 1. Januar) (Vgl. hl. Leo d. Gr., serm. 21, 2-3). Und die Liturgie des hl. Johannes Chrysostomus verkündet und singt: "O eingeborener Sohn und Wort Gottes, obwohl unsterblich, hast du dich um unseres Heiles willen gewürdigt, Fleisch anzunehmen von der heiligen Gottesmutter und allzeit jungfräulichen Maria. Du bist ohne Veränderung Mensch geworden und gekreuzigt worden, o Christus, Gott; du hast durch deinen Tod den Tod vernichtet; du bist einer der heiligen Dreifaltigkeit, mit dem Vater und dem Heiligen Geist verherrlicht; rette uns!" (Troparion "O monogenis").



IV Wie der Sohn Gottes Mensch ist

470 Da in der Fleischwerdung, dieser geheimnisvollen Vereinigung, "die menschliche Natur angenommen, nicht aufgehoben wurde" (GS 22,2), sah sich die Kirche im Lauf der Jahrhunderte veranlaßt, die volle Wirklichkeit der menschlichen Seele Christi, mit ihren Verstandes- und Willenstätigkeiten, wie auch seines menschlichen Leibes zu bekennen. Doch gleichzeitig mußte sie jeweils daran erinnern, daß die menschliche Natur Christi der göttlichen Person des Sohnes Gottes angehört, von der sie angenommen worden ist. Alles, was Christus in seiner Person ist und tut, ist und tut "einer der Dreifaltigkeit". Der Sohn Gottes teilt also seiner Menschennatur seine eigene, persönliche Daseinsweise in der Trinität mit. In seiner Seele wie in seinem Leibe bringt folglich Christus das Leben der heiligsten Dreifaltigkeit menschlich zum Ausdruck (Vgl. Jn 14,9-10) (Vgl. dazu auch CEC 516 CEC 626):

"Denn er, der Sohn Gottes, hat ... mit menschlichen Händen ... gearbeitet, mit menschlichem Geist gedacht, mit einem menschlichen Willen gehandelt, mit einem menschlichen Herzen geliebt. Geboren von Maria, der Jungfrau, ist er in Wahrheit einer aus uns geworden, in allem uns gleich außer der Sünde" (GS 22,2) (Vgl. dazu auch CEC 2599).



Die menschliche Seele und die menschliche Erkenntnis Christi

471 Apollinaris von Laodizäa behauptete, in Christus sei das Wort an die Stelle der Seele oder des Geistes getreten. Gegenüber diesem Irrtum hat die Kirche bekannt, daß der ewige Sohn auch eine vernunftbegabte menschliche Seele angenommen hat (Vgl. DS 149) (Vgl. dazu auch CEC 363).

472 Diese menschliche Seele, die der Sohn Gottes angenommen hat, ist mit wahrhaft menschlicher Erkenntnisfähigkeit begabt. Diese kann an sich nicht unbegrenzt sein: sie betätigte sich in den geschichtlichen Verhältnissen seines Daseins in Raum und Zeit. Deshalb wollte der Sohn Gottes, als er Mensch wurde, auch "an Weisheit und Alter und Gnade" zunehmen (Lc 2,52). Er wollte das erfragen, was man als Mensch durch Erfahrung lernen muß (Vgl. z. B. Mc 6,38 Mc 8,27 Jn 11,34). Das entsprach seiner freiwilligen Annahme der "Knechtsgestalt" (Ph 2,7).

473 Gleichzeitig aber kam in dieser wahrhaft menschlichen Erkenntnis des Sohnes Gottes das göttliche Leben seiner Person zum Ausdruck (Vgl. Gregor d. Gr.: DS 475). "Die menschliche Natur des Sohnes Gottes kannte und bekundete in sich - nicht von sich aus, sondern aufgrund ihrer Vereinigung mit dem Wort - alles, was Gott zukommt" (Maximus der Bekenner, qu. dub. 66). Das gilt in erster Linie von der unmittelbaren, innigen Kenntnis, die der menschgewordene Gottessohn von seinem Vater hat (Vgl. z. B. Mc 14,36 Mt 11,27 Jn 1,18 Jn 8,55). Der Sohn zeigte auch in seinem menschlichen Erkennen göttlichen Einblick in die geheimen Gedanken des Menschenherzens (Vgl. z.B. Mc 2,8 Jn 2,25 Jn 6,61) (Vgl. dazu auch CEC 240).

474 Weil Christus in der Person des menschgewordenen Wortes mit der göttlichen Weisheit vereint war, wußte seine menschliche Erkenntnis voll und ganz um die ewigen Ratschlüsse, die zu enthüllen er gekommen war (Vgl. Mc 8,31 Mc 9,31 Mc 10,33-34 Mc 14,18-20 Mc 14,26-30). Von dem, was er in dieser Hinsicht nicht zu wissen gesteht (Vgl. Mc 13,32), erklärt er an anderer Stelle, er sei nicht beauftragt, es zu enthüllen (Vgl. Ac 1,7).



Der menschliche Wille Christi

475 Dementsprechend hat die Kirche auf dem sechsten Ökumenischen Konzil (3. K. v. Konstantinopel 681) ihren Glauben daran bekannt, daß Christus von Natur aus zwei Weisen des Wollens und Handelns - eine göttliche und eine menschliche - besitzt. Diese widerstreben einander nicht, sondern wirken so zusammen, daß das menschgewordene Wort im Gehorsam gegenüber seinem Vater als Mensch alles wollte, was es als Gott zusammen mit dem Vater und dem Heiligen Geist zu unserem Heil beschlossen hatte (Vgl. DS 556-559). Der menschliche Wille Christi ist "folgsam und widerstrebt und widersetzt sich nicht, sondern ordnet sich seinem göttlichen und allmächtigen Willen unter" (DS 556) (Vgl. dazu auch CEC 2008 CEC 2824).



Der wahre Leib Christi

476 Da das Wort Fleisch wurde und eine wahre Menschennatur annahm, war Christus "im Leib begrenzt" (Vgl. Syn. im Lateran 649: DS 504). Infolgedessen läßt sich das menschliche Antlitz Jesu "vor Augen stellen" (Ga 3,1). Auf dem siebten Ökumenischen Konzil (2. K. v. Nizäa 787) (Vgl. DS 600-603) hat die Kirche es als berechtigt anerkannt, Christus auf heiligen Bildern darzustellen.

(Vgl. dazu auch CEC 1159-1162 CEC 2129-2132)

477 Die Kirche hat auch von jeher anerkannt, daß wir "in der sichtbaren Gestalt des Erlösers den unsichtbaren Gott erkennen" (MR, Präfation von Weihnachten). In der Tat bringen die individuellen Besonderheiten des Leibes Christi die göttliche Person des Gottessohnes zum Ausdruck. Dieser hat sich die Züge seines menschlichen Leibes sosehr zu eigen gemacht, daß sie in einer Abbildung auf einem heiligen Bild verehrt werden dürfen, denn der Gläubige, der sein Bild verehrt, "verehrt in ihm die Person des darin Abgebildeten" (2. K. v. Nizäa: DS 601).



Das Herz des menschgewordenen Wortes

478 Jesus hat während seines Lebens, seiner Todesangst am Ölberg und seines Leidens uns alle und jeden einzelnen gekannt und geliebt und sich für jeden von uns hingegeben: Der "Sohn Gottes" hat "mich geliebt und sich für mich hingegeben" (Ga 2,20). Er hat uns alle mit einem menschlichen Herzen geliebt. Aus diesem Grund wird das heiligste Herz Jesu, das durch unsere Sünden und um unseres Heiles willen durchbohrt wurde (Vgl. Jn 19,34), "als vorzügliches Kennzeichen und Symbol für jene .... Liebe angesehen, mit der der göttliche Erlöser den ewigen Vater und alle Menschen beständig liebt" (Pius XII., Enz. "Haurietis aquas": DS 3924) (Vgl. DS 3812) (Vgl. dazu auch CEC 487 CEC 368 CEC 2669 CEC 766).



KURZTEXTE



479 Zu der von Gott festgesetzten Zeit ist der eingeborene Sohn des Vaters, das ewige Wort und Wesensbild des Vaters, Fleisch geworden: er hat, ohne die göttliche Natur zu verlieren, die menschliche Natur angenommen.

480 Jesus Christus ist wahrer Gott und wahrer Mensch in der Einheit seiner göttlichen Person; deshalb ist er der einzige Mittler zwischen Gott und den Menschen.

481 Jesus Christus hat zwei Naturen, die göttliche und die menschliche; sie sind nicht miteinander vermischt, sondern in der einzigen Person des Sohnes Gottes vereint.

482 Da Christus wahrer Gott und wahrer Mensch ist, hat er einen menschlichen Verstand und einen menschlichen Willen. Diese stehen mit seinem göttlichen Verstand und göttlichen Willen, die er mit dem Vater und dem Heiligen Geist gemeinsam hat, völlig in Einklang und sind ihnen untergeordnet.

483 Die Inkarnation (Menschwerdung) ist somit das Mysterium der wunderbaren Vereinigung der göttlichen und der menschlichen Natur in der einen Person des Wortes.






ABSATZ 2 "... EMPFANGEN DURCH DEN

HEILIGEN GEIST, GEBOREN VON

DER JUNGFRAU MARIA"



I Empfangen durch den Heiligen Geist ...

484 Die Verkündigung an Maria eröffnet die "Fülle der Zeit" (Ga 4,4): Die Verheißungen gehen in Erfüllung, die Vorbereitungen sind vollendet. Maria ist berufen, den zu empfangen, in dem "die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig" wohnen wird (Col 2,9). Die göttliche Antwort auf ihre Frage: "Wie soll das geschehen, da ich keinen Mann erkenne?" (Lc 1,34) verweist auf die Macht des Geistes: "Der Heilige Geist wird über dich kommen" (Lc 1,35) (Vgl. dazu auch CEC 461 CEC 721).

485 Die Sendung des Heiligen Geistes ist stets mit der des Sohnes verbunden und auf sie hingeordnet (Vgl. Jn 16,14-15). Der Heilige Geist wird gesandt, um den Schoß der Jungfrau zu heiligen und göttlich zu befruchten; er, "der Herr ist und lebendig macht", bewirkt, daß sie den ewigen Sohn des Vaters empfängt, der aus ihr die menschliche Natur annimmt (Vgl. dazu auch CEC 689 CEC 723).

486 Der eingeborene Sohn des Vaters, der im Schoß der Jungfrau Maria als Mensch empfangen wird, ist "Christus", das heißt gesalbt durch den Heiligen Geist (Vgl. Mt 1,20 Lc 1,35), von Beginn seines menschlichen Daseins an, auch wenn das nur schrittweise kundgetan wird: zuerst den Hirten (Vgl. Lk2,8-20), dann den Sterndeutern (Vgl. Mt 2,1-12), Johannes dem Täufer (Vgl. Jn 1,31-34) und den Jüngern (Vgl. Jn 2,11). Das ganze Leben Jesu wird offenbaren, daß ihn "Gott ... gesalbt hat mit dem Heiligen Geist und mit Kraft" (Ac 10,38) (Vgl. dazu auch CEC 437).



II ... geboren von der Jungfrau Maria

487 Was der katholische Glaube von Maria glaubt und lehrt, gründet auf dem Glauben an Christus, es erhellt aber auch den Glauben an Christus (Vgl. dazu auch CEC 963).



Die Vorherbestimmung Marias

488 "Gott hat seinen Sohn gesandt" (Ga 4,4). Um aber diesem "einen Leib zu bereiten" (He 10,5), sollte nach seinem Willen ein Geschöpf in Freiheit mitwirken. Zu der Aufgabe, Mutter seines Sohnes zu sein, hat Gott von aller Ewigkeit her eine Tochter Israels, eine junge Jüdin aus Nazaret in Galiläa, auserwählt, eine Jungfrau, die "mit einem Mann namens Josef verlobt (war), der aus dem Haus David stammte. Der Name der Jungfrau war Maria" (Lc 1,26-27).

"Der Vater der Erbarmungen wollte, daß vor der Menschwerdung die vorherbestimmte Mutter ihr empfangendes Ja sagte, damit auf diese Weise so, wie eine Frau zum Tode beigetragen hat, auch eine Frau zum Leben beitrüge" (LG 56) (Vgl. LG 61).

489 Während des ganzen Alten Bundes wurde die Berufung Marias durch die Sendung heiliger Frauen vorbereitet.Trotz ihres Ungehorsams wird Eva schon zu Beginn verheißen, sie werde einen Nachkommen erhalten, der den Bösen besiegen (Vgl. Gn 3,15) werde, und die Mutter aller Lebendigen sein (Vgl. Gn 3,20). Kraft dieser Verheißung empfängt Sara trotz ihres hohen Alters einen Sohn (Vgl. Gn 18,10-14 Gn 21,1-2). Wider alle menschliche Erwartung wählt Gott das, was als machtlos und schwach gilt (Vgl. 1Co 1,27), um zu zeigen daß er seiner Verheißung treu bleibt: Hanna, die Mutter Samuels (10 Vgl. 1S 1), Debora, Rut, Judit und Ester sowie viele andere Frauen. Maria "ragt unter den Demütigen und Armen des Herrn hervor, die das Heil mit Vertrauen von ihm erhoffen und empfangen. Mit ihr als der erhabenen Tochter Sion ist schließlich nach langer Erwartung der Verheißung die Zeit erfüllt und hat die neue Heilsökonomie begonnen" (LG 55) (Vgl. dazu auch CEC 722 CEC 410 CEC 145 CEC 64).




Katechismus KK 1997 436