Katechismus KK 1997 2493

V Gebrauch der Massenmedien

2493 In der modernen Gesellschaft spielen die Massenmedien bei der Weitergabe von Information, der Förderung der Kultur und in der Bildung eine bedeutende Rolle. Infolge der technischen Fortschritte, des Umfangs und der Vielfalt der übermittelten Inhalte sowie aufgrund ihres Einflusses auf die öffentliche Meinung wird diese Rolle immer wichtiger.

2494 Die Information durch Medien steht im Dienst des Gemeinwohls (Vgl. IM IM 11). Die Gesellschaft hat das Recht auf eine Information, die auf Wahrheit, Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität gründet (Vgl. dazu auch CEC 1906).

"Der richtige Gebrauch (dieses) Rechtes fordert aber, daß die Mitteilung inhaltlich stets der Wahrheit entspricht und bei Beachtung der durch Recht und menschliche Rücksichtnahme gezogenen Grenzen vollständig ist. Auch in der Form muß sie ethisch einwandfrei sein, das heißt beim Sammeln und Verbreiten von Nachrichten müssen die ethischen Grundsätze sowie die Rechte und Würde des Menschen beachtet werden" (IM 5).

2495 "Darum müssen alle Glieder der Gesellschaft ihren Verpflichtungen zu Gerechtigkeit und Liebe auch in diesem Bereich nachkommen und mit Hilfe dieser Mittel ebenfalls zur Bildung und Verbreitung richtiger öffentlicher Meinungen beitragen" (IM 8). Solidarität ergibt sich aus einer wahren und rechten Kommunikation und dem Fluß von Ideen, die Kenntnis und Achtung anderer Menschen fördern (Vgl. dazu auch CEC 906).

2496 Die Kommunikationsmittel, vor allem die Massenmedien, können bei den Benützern eine gewisse Passivität erzeugen, indem sie diese zu wenig aufmerksamen Konsumenten von Worten und Bildern machen. Die Benützer sollen die Massenmedien maß- und zuchtvoll gebrauchen und sich ein klares und rechtes Gewissen bilden, um schlechten Einflüssen leichter zu widerstehen (Vgl. dazu auch CEC 2525).

2497 Schon aufgrund ihrer Berufsaufgabe im Pressewesen haben Journalisten die Verpflichtung, bei der Verbreitung von Informationen der Wahrheit zu dienen und das Liebesgebot nicht zu verletzen. Sie sollen sich in gleichem Maße bemühen, den Fakten gerecht zu werden und die Grenzen des kritischen Urteils über Personen zu achten. Sie sollen sich vor Verleumdung hüten.

2498 "Die öffentliche Gewalt hat hier mit Rücksicht auf das Gemeinwohl ... besondere Verpflichtungen ... Im Rahmen ihrer Zuständigkeit hat sie die wahre und rechte Freiheit der Information ... zu verteidigen und zu schützen" (IM 12). Indem die Behörden entsprechende Gesetze erlassen und darauf achten, daß diese auch eingehalten werden, sollen sie dafür sorgen, daß der schlechte Gebrauch der Massenmedien "nicht schwere Schäden für die öffentliche Sitte und den Fortschritt der Gesellschaft" verursacht (IM 12). Sie sollen die Verletzung der Rechte eines jeden auf seinen guten Ruf und auf die Achtung seines Privatlebens bestrafen. Sie sollen rechtzeitig und aufrichtig die Informationen vermitteln, die das Gemeinwohl betreffen, und auf begründete Besorgnisse der Bevölkerung antworten. Die Verbreitung von Fehlinformationen, um die öffentliche Meinung durch die Medien zu manipulieren, ist durch nichts zu rechtfertigen. Behördliche Eingriffe dürfen die Freiheit von Einzelpersonen und Gruppen nicht beeinträchtigen (Vgl. dazu auch CEC 2237 CEC 2286).

2499 Die Moral verurteilt die Mißstände in den totalitären Staaten, wo die Wahrheit systematisch verfälscht wird, wo durch die Medien eine politische Herrschaft über die öffentliche Meinung ausgeübt wird, bei Schauprozessen die Angeklagten und Zeugen manipuliert werden und wo die Machthaber meinen, sie könnten ihre Tyrannei dadurch sichern, daß sie alles, was sie als "Gesinnungsdelikte" ansehen, im Keim ersticken und unterdrücken (Vgl. dazu auch CEC 1903).



VI Wahrheit, Schönheit und sakrale Kunst

2500 Das Tun des Guten ist mit geistiger Freude und moralischer Schönheit verbunden. Desgleichen bringt die Wahrheit Freude und den Glanz geistiger Schönheit mit sich. Die Wahrheit ist von sich aus schön. Die Wahrheit des Wortes ist rationaler Ausdruck der Erkenntnis der geschaffenen und der unerschaffenen Wirklichkeit. Sie ist für den vernunftbegabten Menschen notwendig. Die Wahrheit kann aber auch andere, ergänzende menschliche Ausdrucksformen finden, vor allem dann, wenn das angesprochen werden soll, was sich an ihr nicht in Worte fassen läßt: die Tiefen des menschlichen Herzens, die Erhebungen der Seele und das Mysterium Gottes. Bevor sich Gott dem Menschen in Worten der Wahrheit offenbart, offenbart er sich ihm durch die allgemeine Sprache der Schöpfung, des Werkes seines Wortes, seiner Weisheit, in der Ordnung und Harmonie des Kosmos, die sowohl das Kind als auch der Wissenschaftler entdecken kann. "Von der Größe und Schönheit der Geschöpfe läßt sich auf ihren Schöpfer schließen" (Sg 13,5), "denn der Urheber der Schönheit hat sie geschaffen" (Sg 13,3) (Vgl. dazu auch CEC 1804 CEC 341 CEC 2129).

Die Weisheit "ist ein Hauch der Kraft Gottes und reiner Ausfluß der Herrlichkeit des Allherrschers; darum fällt kein Schatten auf sie. Sie ist der Widerschein des ewigen Lichts, der ungetrübte Spiegel von Gottes Kraft, das Bild seiner Vollkommenheit" (Sg 7,25-26). "Sie ist schöner als die Sonne und übertrifft jedes Sternbild. Sie ist strahlender als das Licht; denn diesem folgt die Nacht, doch über die Weisheit siegt keine Schlechtigkeit" (Sg 7,29-30). "Ich fand Gefallen an ihrer Schönheit" (Sg 8,2).

2501 Weil der Mensch nach dem Bilde Gottes geschaffen (Vgl. Gn 1,26) ist, bringt er die Wahrheit seiner Beziehung zu Gott, dem Schöpfer, auch durch die Schönheit seiner Kunstwerke zum Ausdruck. Die Kunst ist eine dem Menschen eigentümliche Ausdrucksform. Sie geht über das allen Lebewesen gemeinsame Streben nach dem Lebensnotwendigen hinaus; sie ist ein freies Überströmen des inneren Reichtums des Menschen. Einem vom Schöpfer geschenkten Talent und der Anstrengung des Menschen entstammend, ist die Kunst eine Form der praktischen Weisheit. In ihr vereinen sich Erkenntnis und Können (Vgl. Sg 7,17), um der Wahrheit einer Wirklichkeit in einer dem Sehen oder dem Hören verständlichen Sprache Gestalt zu verleihen. Soweit sich die Kunst von der Wahrheit der Geschöpfe und der Liebe zu ihnen inspirieren läßt, weist sie eine gewisse Ähnlichkeit mit der Tätigkeit Gottes in der Schöpfung auf. Wie jede andere menschliche Tätigkeit hat die Kunst ihr absolutes Ziel nicht in sich selbst, sondern empfängt ihre Ordnung vom letzten Ziel des Menschen und wird durch dieses veredelt (Vgl. Pius XII., Ansprachen vom 25. Dezember 1955 und vom 3. September 1950) (Vgl. dazu auch CEC 339).

2502 Die sakrale Kunst ist wahr und schön, wenn sie durch die Form ihrer Berufung entspricht: im Glauben und in der Anbetung das transzendente Mysterium Gottes erahnen zu lassen und zu verherrlichen - die unsichtbare, über alles erhabene Schönheit der Wahrheit und Liebe, die in Christus erschienen ist, der "Abglanz" von Gottes "Herrlichkeit und ... Abbild seines Wesens" (He 1,3) ist, und in dem "die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig" wohnt (Col 2,9). Diese geistige Schönheit spiegelt sich in der seligen Jungfrau und Gottesmutter, den Engeln und den Heiligen wider. Die wahre sakrale Kunst versetzt den Menschen in Anbetung, in Gebet und Liebe zu Gott dem Schöpfer und Retter, dem Heiligen und Heiligmachenden (Vgl. dazu auch CEC 1156-1162).

2503 Deswegen sollen die Bischöfe entweder selbst oder durch Beauftragte dafür sorgen, daß die alte und die neue sakrale Kunst in allen ihren Formen gefördert werden. Mit der gleichen religiösen Sorgfalt sollen sie von der Liturgie und den Kultgebäuden alles fernzuhalten suchen, was der Glaubenswahrheit und der echten Schönheit der sakralen Kunst nicht entspricht (Vgl. SC 122-127).



KURZTEXTE



2504 "Du sollst nicht falsch gegen deinen Nächsten aussagen" (Ex 20 Ex 16). Die Jünger Christi haben den neuen Menschen angezogen, "der nach dem Bild Gottes geschaffen ist in wahrer Gerechtigkeit und Heiligkeit" (Ep 4 Ep 24).

2505 Die Wahrheit oder Wahrhaftigkeit ist die Tugend, die darin besteht, daß sich der Mensch in seinen Handlungen wahr verhält und in seinen Worten das Wahre sagt, indem er sich vor Doppelzüngigkeit, Verstellung und Heuchelei hütet.

2506 Der Christ hat sich "des Zeugnisses für unseren Herrn" in Wort und Tat nicht zu schämen (2Tm 1,8). Das Martyrium ist das erhabenste Zeugnis für die Wahrheit des Glaubens.

2507 Die Rücksicht auf den guten Ruf und die Ehre der Menschen verbietet üble Nachrede und Verleumdung in Haltung oder Worten.

2508 Die Lüge besteht darin, die Unwahrheit zu sagen in der Absicht, den Nächsten, der ein Recht auf die Wahrheit hat, zu täuschen.

2509 Eine Verfehlung gegen die Wahrheit verlangt Wiedergutmachung.

2510 Die Goldene Regel läßt in konkreten Situationen unterscheiden, ob die Wahrheit dem, der nach ihr fragt, mitgeteilt werden soll oder nicht.

2511 "Das Beichtgeheimnis ist unverletzlich" (CIC 983 § 1). Berufsgeheimnisse sind zu wahren. Vertrauliche Mitteilungen, die anderen schaden könnten, dürfen nicht verbreitet werden.

2512 Die Gesellschaft hat Anrecht auf eine Information, die auf Wahrheit, Freiheit und Gerechtigkeit beruht. Beim Gebrauch der Massenmedien hat man maß- und zuchtvoll zu sein.

2513 Die schönen Künste, vor allem die sakrale Kunst, sind "ausgerichtet auf die unendliche Schönheit Gottes, die in menschlichen Werken zum Ausdruck kommen soll, und sie sind um so mehr Gott, seinem Lob und seiner Herrlichkeit geweiht, als ihnen kein anderes Ziel gesetzt ist, als durch ihre Werke den Sinn der Menschen in heiliger Verehrung auf Gott zu wenden" (SC 122).






ARTIKEL 9 DAS NEUNTE GEBOT



"Du sollst nicht nach dem Haus deines Nächsten verlangen. Du sollst nicht nach der Frau deines Nächsten verlangen, nach seinem Sklaven oder seiner Sklavin, seinem Rind oder seinem Esel oder nach irgend etwas, das deinem Nächsten gehört" (Ex 20,17).

"Wer eine Frau auch nur lüstern ansieht, hat in seinem Herzen schon Ehebruch mit ihr begangen" (Mt 5,28).

2514 Der hl. Johannes unterscheidet drei Arten der Begehrlichkeit oder Begierde: die Begierde des Fleisches, die Begierde der Augen und die Hoffart der Welt (Vgl. 1Jn 2,16). Gemäß der katholischen katechetischen Tradition verbietet das neunte Gebot die fleischliche Begierde, das zehnte die Begierde nach fremdem Besitz (Vgl. dazu auch CEC 377 CEC 400).

2515 Seiner etymologischen Bedeutung nach kann das Wort "Begierde" jede heftige Form des menschlichen Verlangens bezeichnen. Die christliche Theologie versteht darunter eine Regung des sinnlichen Strebevermögens, die sich der menschlichen Vernunft widersetzt. Der hl. Apostel Paulus gebraucht das Wort für das Aufbegehren des "Fleisches" wider den "Geist" (Vgl. Ga 5,16 Ga 5,17 Ga 5,24 Ep 2,3). Die Begierde entstammt dem Ungehorsam der ersten Sünde (Vgl. Gn 3,11). Auch wenn die Begierde selbst keine Verfehlung ist, stört sie doch die Ordnung der sittlichen Kräfte des Menschen und macht diesen geneigt, Sünden zu begehen (Vgl. K. v. Trient DS 1515) (Vgl. dazu auch CEC 405).

2516 Weil der Mensch ein aus Geist und Leib zusammengesetztes Wesen ist, besteht in ihm eine gewisse Spannung; die Neigungen des Geistes und die des Leibes liegen in einem gewissen Widerstreit. Aber dieser Konflikt ist ein Erbe der Sünde; er folgt aus ihr und bestätigt sie zugleich. Wir erleben ihn im täglichen geistlichen Kampf (Vgl. dazu auch CEC 362 CEC 407).

"Dem Apostel geht es nicht darum, den Leib zu diskriminieren und zu verurteilen, der zusammen mit der Geistseele die Natur des Menschen und seine personale Subjektivität bildet; er handelt vielmehr von den Werken oder besser von den habituellen Verhaltensweisen - Tugenden und Lastern - die sittlich gut oder böse sind als Frucht der Unterordnung (im ersten Fall) oder des Widerstandes (im zweiten) gegen das Heilswirken des Heiligen Geistes. Deshalb schreibt der Apostel: ,Wenn wir aus dem Geist leben, dann wollen wir dem Geist auch folgen' (Ga 5,25)" (DEV 55).



I Läuterung des Herzens

2517 Das Herz ist der Sitz der sittlichen Persönlichkeit: "Aus dem Herzen kommen böse Gedanken, Mord, Ehebruch, Unzucht" (Mt 15,19). Beim Kampf gegen das Begehren des Fleisches bedarf es der Läuterung des Herzens und des Maßhaltens (Vgl. dazu auch CEC 368 CEC 1809).

"Bewahre dich in Einfachheit und Unschuld, und du wirst wie die kleinen Kinder sein, die das Böse, das das Menschenleben zerstört, nicht kennen." (Hermas, mand. 2,1).

2518 Die sechste Seligpreisung verkündet: "Selig, die ein reines Herz haben; denn sie werden Gott schauen" (Mt 5,8). Ein "reines Herz" haben jene, die ihren Verstand und ihren Willen mit den Forderungen der Heiligkeit Gottes in Einklang gebracht haben, vor allem in drei Bereichen: in dem der christlichen Liebe (Vgl. 1Tm 4,3-9 2Tm 2,22), dem der Keuschheit oder geschlechtlichen Lauterkeit (Vgl. 1Th 4,7 Col 3,5 Ep 4,19), und in dem der Wahrheitsliebe und der Rechtgläubigkeit (Vgl. Tit Tt 1,15 1Tm 1,3-4 2Tm 2,23-26). Die Reinheit des Herzens, des Leibes und des Glaubens stehen miteinander in Verbindung (Vgl. dazu auch CEC 94).

Die Christen müssen die Artikel des Symbolum glauben, "damit. sie als Glaubende Gott gehorchen; als Gehorchende sittlich gut leben; als sittlich gut Lebende ihr Herz läutern, und als ihr Herz Läuternde das, was sie glauben, erfassen" (Augustinus, fid. et symb. 10,25) (Vgl. dazu auch CEC 158).

2519 Den "Herzensreinen" ist verheißen, daß sie Gott von Angesicht zu Angesicht schauen und ihm ähnlich sein werden (Vgl. 1Co 13,12 1Jn 3,2). Ein reines Herz ist Voraussetzung der Gottesschau. Schon heute befähigt es uns, die Dinge im Lichte Gottes zu sehen und andere als "Nächste" anzunehmen. Es läßt uns den menschlichen Leib, unseren eigenen wie den des Nächsten, als Tempel des Heiligen Geistes, als Spur der göttlichen Schönheit wahrnehmen (Vgl. dazu auch CEC 2538 CEC 2819 CEC 2501).



II Kampf um die Reinheit

2520 Die Taufe verleiht dem Täufling (Vgl. dazu auch CEC 1264) die Gnade der Reinigung von allen Sünden. Der Getaufte muß aber weiterhin gegen die Begierde des Fleisches und die ungeordnete Begehrlichkeit ankämpfen. Mit der Gnade Gottes gelingt ihm das

- durch die Tugend und Gabe der Keuschheit, denn die Keuschheit ermöglicht, mit aufrichtigem und ungeteiltem Herzen zu lieben (Vgl. dazu auch CEC 2337);

- durch die lautere Absicht, die das wahre Ziel des Menschen ins Auge faßt, denn der Getaufte sucht mit arglosem Auge in allem den Willen Gottes zu erkennen und zu erfüllen (Vgl. Rm 12,2 Col 1,10) (Vgl. dazu auch CEC 1752);

- durch die äußerlich und innerlich lautere Sichtweise, durch die Beherrschung der Gefühle und der Phantasie, durch die Zurückweisung jedes Wohlgefallens an unreinen Gedanken, die zur Abkehr vom Weg der göttlichen Gebote verleiten: Der "Anblick erregt die Sehnsucht der Toren" (Sg 15,5) (Vgl. dazu auch CEC 1762);

- durch das Gebet (Vgl. dazu auch CEC 2846):

"Ich glaubte, die Enthaltsamkeit sei Sache der eigenen Kraft ... denn in meiner Torheit wußte ich nicht, was geschrieben steht: daß ,keiner enthaltsam sein kann, außer wem Gott es gibt'. Du hättest es mir gegeben, wenn ich mit innerlichem Seufzen dein Ohr bestürmt und in gefestigtem Glauben meine Sorge auf dich geworfen hätte" (Augustinus, conf. 6,11,20).

2521 Reinheit verlangt Schamhaftigkeit. Diese ist ein wesentlicher Bestandteil der Mäßigung. Die Schamhaftigkeit wahrt den Intimbereich des Menschen. Sie weigert sich, zu enthüllen, was verborgen bleiben soll. Sie ist auf die Keuschheit hingeordnet, deren Feingefühl sie bezeugt. Sie lenkt Blicke und Gesten entsprechend der Würde der Menschen und ihrer Verbundenheit.

2522 Die Schamhaftigkeit schützt das Geheimnis der Personen und ihrer Liebe. Sie lädt zu Geduld und Mäßigung in der Liebesbeziehung ein; sie verlangt, daß die Bedingungen der endgültigen Bindung und wechselseitigen Hingabe von Mann und Frau erfüllt seien. Zur Schamhaftigkeit gehört auch Bescheidenheit. Sie beeinflußt die Wahl der Kleidung. Wo sie die Gefahr einer ungesunden Neugier vermutet, gebietet sie Schweigen und Zurückhaltung. Sie wahrt Diskretion (Vgl. dazu auch CEC 2492).

2523 Es gibt eine Schamhaftigkeit der Gefühle wie des Körpers. Sie erhebt z. B. Einspruch gegen die "voyeuristische" Ausbeutung des menschlichen Körpers in gewissen Reklamen oder gegen die Bestrebungen mancher Medien, bei der Enthüllung intimer Dinge zu weit zu gehen. Die Schamhaftigkeit regt zu einer Lebensweise an, die den Zwängen der Mode und dem Druck vorherrschender Ideologien widersteht (Vgl. dazu auch CEC 2354).

2524 Die Ausdrucksformen der Schamhaftigkeit sind von Kultur zu Kultur verschieden. Überall wohnt ihnen jedoch die Ahnung einer dem Menschen eigenen geistigen Würde inne. Sie entsteht durch das Erwachen des personalen Bewußtseins. Kinder und Jugendliche zur Schamhaftigkeit erziehen heißt, Achtung vor der menschlichen Person zu wecken.

2525 Die christliche Reinheit erfordert eine Reinigung des gesellschaftlichen Umfeldes. Sie verlangt von den Massenmedien jene Ausdrucksweise, die auf Rücksichtnahme und Zurückhaltung bedacht ist. Herzensreinheit befreit von diffuser Erotik und meidet Schauspiele, die Voyeurismus und Sinnestäuschung begünstigen (Vgl. dazu auch CEC 2344).

2526 Die sogenannte Permissivität der Sitten beruht auf einer irrigen Auffassung von der menschlichen Freiheit. Die Entwicklung der Freiheit bedarf der Erziehung durch das sittliche Gesetz. Von den Erziehern ist zu verlangen, daß sie der Jugend eine Unterweisung vermitteln, welche die Wahrheit, die Eigenschaften des Herzens und die sittliche und geistige Würde des Menschen achtet (Vgl. dazu auch CEC 1740).

2527 "Die gute Botschaft Christi erneuert unausgesetzt Leben und Kultur des gefallenen Menschen und bekämpft und beseitigt Irrtümer und Übel, die aus der stets drohenden Verführung zur Sünde hervorgehen. Unablässig reinigt und hebt sie die Sitten der Völker. Die geistigen Vorzüge und Anlagen eines jeden Volkes oder einer jeden Zeit befruchtet sie sozusagen von innen her mit überirdischen Gaben, festigt, vollendet und erneuert sie in Christus" (GS 58,4) (Vgl. dazu auch CEC 1204).



KURZTEXTE



2528 "Wer eine Frau auch nur lüstern ansieht, hat in seinem Herzen schon Ehebruch mit ihr begangen" (Mt 5 Mt 28).

2529 Das neunte Gebot warnt vor der fleischlichen Begierde oder Begehrlichkeit.

2530 Der Kampf gegen die fleischliche Begierde geschieht durch Läuterung des Herzens und Übung des Maßhaltens.

2531 Die Reinheit des Herzens wird uns Gott schauen lassen. Sie läßt uns schon jetzt alles im Lichte Gottes sehen.

2532 Zur Läuterung des Herzens braucht es Gebet, Keuschheit, Reinheit der Absicht und des Blickes.

2533 Die Herzensreinheit erfordert Schamhaftigkeit, die in Geduld, Bescheidenheit und Feingefühl besteht. Das Schamgefühl behütet die Intimsphäre der Person.






ARTIKEL 10 DAS ZEHNTE GEBOT



"Du sollst nicht ... verlangen ... nach irgend etwas, das deinem Nächsten gehört" (Ex 20,17). "Du sollst nicht das Haus deines Nächsten begehren, nicht sein Feld, seinen Sklaven oder seine Sklavin, sein Rind oder seinen Esel, nichts, was deinem Nächsten gehört" (Dt 5,21).

"Wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz" (Mt 6,21).

2534 Das zehnte Gebot verdoppelt und ergänzt das neunte, das die Begierde des Fleisches betrifft. Es untersagt, fremdes Gut zu begehren, denn daraus gehen Diebstahl, Raub und Betrug hervor, die das siebte Gebot verbietet. Die "Begierde der Augen" (Vgl. 1Jn 2,16) führt zu Gewalttätigkeit und Ungerechtigkeit, die durch das fünfte Gebot verboten sind (Vgl. Mich 2,2). Die Begierde wurzelt, wie die Unkeuschheit, in dem von den drei ersten Gesetzesvorschriften untersagten Götzendienst (Vgl. Sg 14,12). Das zehnte Gebot betrifft die Absicht des Herzens; es faßt, zusammen mit dem neunten, alle Vorschriften des Gesetzes zusammen (Vgl. dazu auch CEC 2112 CEC 2069).



I Ungeordnetheit der Begierden

2535 Das sinnliche Verlangen läßt uns angenehme Dinge ersehnen, die wir nicht haben. So verlangen wir z. B. nach Essen, wenn wir hungern, oder nach Wärme, wenn wir frieren. Diese Wünsche sind an sich gut, gehen aber oft über das vernünftige Maß hinaus und verleiten uns dazu, ungerechterweise nach etwas zu verlangen, das nicht uns, sondern einem anderen gehört oder zusteht (Vgl. dazu auch CEC 1767).

2536 Das zehnte Gebot verbietet die Gier und das maßlose Verlangen nach irdischen Gütern; es verbietet die ungezügelte Habsucht, die aus dem unmäßigen, leidenschaftlichen Verlangen nach Reichtum und der damit verbundenen Macht entsteht. Es untersagt auch das Verlangen, eine Ungerechtigkeit zu begehen, die den irdischen Besitz eines anderen schädigen würde (Vgl. dazu auch CEC 2445):

"Wenn durch das Gesetz verboten wird: ,Du sollst nicht begehren' haben diese Worte den Sinn, daß wir unsere Begierden von fremden Dingen fernhalten; denn der Durst der Begierde nach fremden Dingen ist sehr groß und unendlich und läßt sich nie stillen, wie die Schrift sagt: ,Der Geizige wird nie genug Geld bekommen' (Qo 5,9)" (Catech. R. 3,10,13).

2537 Der Wunsch nach Dingen, die dem Nächsten gehören, verletzt dieses Gebot nicht, sofern man sie sich mit rechten Mitteln verschaffen will. Die herkömmliche Katechese gibt realistisch an, welche Menschen gegen das Laster der Begierlichkeit besonders zu kämpfen haben und die man somit "sorgfältiger zur Einhaltung dieses Gebotes ermahnen muß":

"Kaufleute, die Hungersnot und Teuerung herbeiwünschen, und es ungern sehen, daß es andere neben ihnen gibt, die kaufen oder verkaufen, weil sie sonst teurer verkaufen und billiger kaufen könnten. In dieser Sache sündigen auch jene, die wünschen, daß andere Not leiden, damit sie beim Verkaufen oder Kaufen selber Gewinn machen ... auch die Ärzte, die Krankheiten wünschen; die Rechtsgelehrten, die viele schwere Fälle und Streitereien begehren" (Catech. R. 3,10,23).

2538 Das zehnte Gebot verlangt, den Neid aus dem Herzen der Menschen zu verbannen. Als der Prophet Natan den König David zur Reue bewegen wollte, erzählte er ihm die Geschichte vom Armen, der nur ein einziges Schaf besaß, das er wie sein eigenes Kind behandelte, und vom Reichen, der, obwohl er zahlreiche Herden besaß, den Armen beneidete und ihm schließlich sein Schaf wegnahm (Vgl. 2S 12,1-4). Neid kann zu schlimmsten Untaten führen (Vgl. Gn 4,3-7 1R 21,1-29). Durch den Neid des Teufels kam der Tod in die Welt (Vgl. Sg 2,24) (Vgl. dazu auch CEC 2317 CEC 391).

"Wir bekämpfen einander, und der Neid bewaffnet uns gegeneinander... Wenn alle so verbissen den Leib Christi zerrütten, wo kommen wir dann hin? Wir sind im Begriff, den Leib Christi zu zermürben ... Wir sagen, wir seien Glieder ein und desselben Leibes, und verschlingen dabei einander wie Raubtiere" (Johannes Chrysostomus, hom. in 2 Cor. 27,3-4).

2539 Der Neid ist eine Hauptsünde. Er besteht darin, daß man traurig ist, weil es einem anderen gut geht, und maßlos danach verlangt, sich dessen Gut selbst auf ungerechte Weise anzueignen. Wer aus Neid dem Nächsten ein schlimmes Übel wünscht, begeht eine Todsünde (Vgl. dazu auch CEC 1866).

Der hl. Augustinus erblickte im Neid "die teuflische Sünde schlechthin" (catech. 4,8). "Aus dem Neid entstehen Haß, üble Nachrede, Verleumdung, Freude am Unglück des Nächsten und Mißfallen an seinem Wohlergehen" (Gregor d. Gr., mor. 31,45).

2540 Der Neid stellt eine der Formen des Trübsinns dar und somit eine Zurückweisung der Liebe. Der Getaufte soll durch das Wohlwollen gegen ihn ankämpfen. Neid entspringt oft dem Stolz; der Getaufte bemüht sich, in Demut zu leben (Vgl. dazu auch CEC 1829).

"Möchtet ihr Gott durch euch verherrlicht sehen? Gut, dann freut euch über die Fortschritte eures Bruders, und schon wird Gott durch euch verherrlicht sein. ,Gott sei gelobt!' wird man sagen, weil sein Diener den Neid zu besiegen verstand, indem er sich über die Verdienste der anderen freute" (Johannes Chrysostomus, hom. in Rm 7,5).



II Die Absicht des Heiligen Geistes

2541 Die Ordnung des Gesetzes und der Gnade wendet das Herz der Menschen von Habsucht und Neid ab; sie leitet es an, nach dem höchsten Gut zu verlangen; sie belehrt es über den Willen des Heiligen Geistes, der das Menschenherz sättigt (Vgl. dazu auch CEC 1718 CEC 2764).

Der Gott der Verheißungen hat den Menschen von jeher vor der Verlockung durch das gewarnt, was schon im Paradies als gut zu essen, lieblich anzusehen und begehrenswert erschien (Vgl. Gn 3,6) (Vgl. dazu auch CEC 397).

2542 Das dem Volk Israel anvertraute Gesetz konnte niemals die ihm unterstellten Menschen rechtfertigen; es ist sogar zum Werkzeug der "Begierde" geworden (Vgl. Rm 7,7). Die Kluft zwischen dem Wollen und dem Tun (Vgl. Rm 7,10) zeigt den Konflikt zwischen dem Gesetz Gottes, nämlich dem "Gesetz der Vernunft", und einem anderen Gesetz, das "mich gefangenhält im Gesetz der Sünde, von dem meine Glieder beherrscht werden" (Rm 7,23) (Vgl. dazu auch CEC 1963).

2543 "Jetzt aber ist unabhängig vom Gesetz die Gerechtigkeit Gottes offenbart worden, bezeugt vom Gesetz und von den Propheten: die Gerechtigkeit Gottes aus dem Glauben an Jesus Christus, offenbart für alle, die glauben" (Rm 3,21-22). Folglich haben die an Christus Glaubenden "das Fleisch und damit ihre Leidenschaften und Begierden gekreuzigt" (Ga 5,24); sie lassen sich durch den Heiligen Geist leiten (Vgl. Rm 8,14) und folgen seiner Absicht (Vgl. Rm 8,27) (Vgl. dazu auch CEC 1992).



III Armut des Herzens

(Vgl. dazu auch CEC 2443-2449)

2544 Jesus macht es seinen Jüngern zur Pflicht, ihn allem und allen vorzuziehen, und schlägt ihnen vor, um seinetwillen und um des Evangeliums willen (Vgl. Mc 8,35) auf ihren "ganzen Besitz" zu verzichten (Lc 14,33). Kurz vor seinem Leiden stellt er ihnen die arme Witwe von Jerusalem als Vorbild hin, die, obwohl selbst bedürftig, alles gab, was sie zum Leben besaß (Vgl. Lc 21,4). Das Gebot der Loslösung von den Besitztümern zu erfüllen, ist notwendig, um in das Himmelreich zu gelangen (Vgl. dazu auch CEC 544).

2545 Alle Christgläubigen sollen "ihre Willensantriebe richtig leiten, um nicht im Umgang mit Dingen der Welt und durch die Anhänglichkeit an die Reichtümer wider den Geist der evangelischen Armut im Streben nach vollkommener Liebe gehindert zu werden" (LG 42) (Vgl. dazu auch CEC 2013).

2546 "Selig, die arm sind im Geiste" (Mt 5,3). Die Seligpreisungen offenbaren eine Ordnung der Freude und der Gnade, der Schönheit und des Friedens. Jesus preist die Freude der Armen, denen das Reich Gottes schon gehört (Vgl. Lc 6,20) (Vgl. dazu auch CEC 1716).

"Das Wort (das heißt Christus) bezeichnet als ,Armut im Geiste' die willige Demut und Entsagung eines menschlichen Geistes, und der Apostel stellt uns die Armut Gottes als Beispiel hin, wenn er sagt: ,Er ist unseretwegen arm geworden' (2Co 8,9)" (Gregor v. Nyssa, beat. 1).

2547 Der Herr beklagt die Reichen, weil sie im Überfluß der Güter ihren Trost finden (Vgl. Lc 6,24). "Der Stolze strebt nach irdischer Macht, während der Arme im Geist nach dem Himmelreich sucht" (Augustinus, serm. Dom. 1,1,3). Wer sich auf die Vorsehung des himmlischen Vaters verläßt, wird von unruhiger Sorge um seine Zukunft befreit (Vgl. Mt 6,25-34). Das Vertrauen auf Gott ist eine Vorbereitung auf die Seligkeit der Armen. Sie werden Gott schauen (Vgl. dazu auch CEC 305).

IV "Ich will Gott schauen"

2548 Das Verlangen nach dem wahren Glück befreit den Menschen von maßloser Anhänglichkeit an die Güter dieser Welt und findet seine Erfüllung in der Schau und der Seligkeit Gottes. Die Verheißung, Gott zu schauen, "geht über alle Seligkeit hinaus ... In der Schrift ist Schauen gleichbedeutend mit Besitzen ... Wer Gott schaut, hat alle Güter erlangt, die man sich nur denken kann" (Gregor v. Nyssa, beat. 6) (Vgl. dazu auch CEC 2519).

2549 Noch muß das heilige Volk mit Hilfe der Gnade von oben kämpfen, um die von Gott versprochenen Güter zu erlangen. Um Gott zu besitzen und zu schauen, töten die an Christus Glaubenden ihre Begierden und siegen mit der Gnade Gottes über die Verlockungen von Genuß und Macht (Vgl. dazu auch CEC 2015).

2550 Auf diesem Weg zur Vollkommenheit rufen der Geist und die Braut jeden, der auf sie hört (Vgl. Ap 22,17), zur vollkommenen Gemeinschaft mit Gott:

"Dort wird es wahre Verherrlichung geben, wo das Lob weder dem Irrtum ausgesetzt noch von Schmeicheleien angekränkelt ist; wahre Ehre, die keinem Würdigen versagt, keinem Unwürdigen zuteil wird; es wird sich gar kein Unwürdiger darum bemühen, wo nur Würdige sich aufhalten dürfen. Wahrer Friede wird herrschen, wo keiner Widriges zu erfahren hat von sich selbst oder von einem anderen. Der Lohn der Tugend wird Gott selbst sein, der die Tugend verliehen und ihr sich selbst in Aussicht gestellt hat, das Größte und Beste, was es geben kann ... ,Ich werde ihr Gott sein, und sie werden mein Volk sein' (Lv 26,12) ... In diesem Sinn ist auch das Wort des Apostels aufzufassen: ,Auf daß Gott alles in allem sei' (1Co 15,12). Der wird unseres Sehnens Ende sein, den man ohne Ende schaut, ohne Überdruß liebt, ohne Ermüdung preist. Diese Gnadengabe, diese Zuneigung, diese Tätigkeit wird, wie das ewige Leben selbst, sicher allen gemeinsam sein" (Augustinus, CIV 22,30).

(Vgl. dazu auch CEC 314)



KURZTEXTE



2551 "Wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz" (Mt 6,21).

2552 Das zehnte Gebot verbietet die Habgier, die aus maßlosem, leidenschaftlichem Verlangen nach Reichtum und der damit verbundenen Macht entsteht.

2553 Neid besteht in der Traurigkeit über das Gut eines anderen und im ungezügelten Verlangen, es sich anzueignen. Neid ist ein Hauptlaster.

2554 Der Getaufte bekämpft den Neid durch Wohlwollen, Demut und Hingabe an die Vorsehung Gottes.

2555 Die an Christus Glaubenden "haben das Fleisch und damit ihre Leidenschaften und Begierden gekreuzigt" (Ga 5 Ga 24): sie lassen sich durch den Heiligen Geist leiten und halten sich an seinen Willen.

2556 Um in das Himmelreich einzugehen, muß man sich von den Reichtümern lösen. "Selig, die arm sind im Geiste!"

2557 Der Mensch voll Sehnsucht sagt: "Ich will Gott schauen". Der Durst nach Gott wird durch das Wasser des ewigen Lebens gestillt (Vgl. Jn 4,14).



DAS CHRISTLICHE GEBET


VIERTER TEIL

ERSTER ABSCHNITT

DAS GEBET IM CHRISTLICHEN LEBEN

2558 Groß ist das "Geheimnis des Glaubens". Die Kirche bekennt es im Symbolum der Apostel (erster Teil) und feiert es in der Liturgie der Sakramente (zweiter Teil), damit das Leben der Gläubigen im Heiligen Geist zur Ehre Gottes des Vaters Christus gleichgestaltet werde (dritter Teil). Die Gläubigen sollen an dieses Geheimnis glauben, es feiern und in einer lebendigen, persönlichen Beziehung zum lebendigen und wahren Gott daraus leben. Diese Beziehung ist das Gebet.


WAS IST GEBET?

"Für mich ist das Gebet ein Aufschwung des Herzens, ein schlichter Blick zum Himmel, ein Ausruf der Dankbarkeit und Liebe inmitten der Prüfung und inmitten der Freude" (Theresia vom Kinde Jesu, ms. autob. C 25r).



Gebet als Gabe Gottes

2559 "Das Gebet ist die Erhebung der Seele zu Gott oder eine an Gott gerichtete Bitte um die rechten Güter" (Johannes v. Damaskus, f. o. 3,24). Von woher sprechen wir, wenn wir beten? Von der Höhe unseres Stolzes und unseres Eigenwillens herab oder "aus der Tiefe" (Ps 130,1) eines demütigen und reuigen Herzens? Wer sich erniedrigt, wird erhöht (Vgl. Lc 18,9-14). Die Demut ist die Grundlage des Betens, denn "wir wissen nicht, worum wir in rechter Weise beten sollen" (Rm 8,26). Um die Gabe des Gebetes zu empfangen, müssen wir demütig gesinnt sein: Der Mensch ist vor Gott ein Bettler (Vgl. Augustinus, serm. 56,6,9) (Vgl. dazu auch CEC 2613 CEC 2736).

2560 "Wenn du wüßtest, worin die Gabe Gottes besteht" (Jn 4,10). Das Wunder des Gebetes zeigt sich gerade da, am Rande der Brunnen, bei denen wir Wasser holen. Dort begegnet Christus jedem Menschen; er sucht uns, bevor wir ihn suchen, und er bittet: "Gib mir zu trinken!" Jesus dürstet; seine Bitte kommt aus der Tiefe Gottes, der nach uns verlangt. Ob wir es wissen oder nicht, im Gebet begegnet der Durst Gottes unserem Durst. Gott dürstet danach, daß wir nach ihm dürsten (Vgl. Augustinus, quaest. 64,4).

2561 Du hättest "ihn gebeten, und er hätte dir lebendiges Wasser gegeben" (Jn 4,10). Unser Bittgebet ist auf geheimnisvolle Weise eine Antwort - Antwort auf die Klage des lebendigen Gottes: "Mein Volk hat ... mich ... verlassen, den Quell des lebendigen Wassers, um sich Zisternen zu graben, Zisternen mit Rissen, die das Wasser nicht halten!" (Jr 2,13). Es ist gläubige Antwort auf die unverdiente Heilsverheißung (Vgl. Jn 7,37-39 Is 12,3 Is 51,1); liebende Antwort auf den Durst des eingeborenen Sohnes (Vgl. Jn 19,28 Za 12,10 Za 13,1).




Katechismus KK 1997 2493