Christifideles laici DE 50

Anthropologische und theologische Fundierungen

50 Voraussetzung für die Anerkennung der Präsenz der Frau in der Kirche und in der Gesellschaft ist eine sorgsame und tiefergehende Untersuchung der anthropologischen Fundierung des Frauseins und des Mannseins. Dadurch muß die personale Identität der Frau in ihrer Beziehung, Verschiedenheit und Komplementarität zum Mann präzisiert werden, und das nicht nur im Hinblick auf die Rollen, die sie übernehmen, und die Aufgaben, die sie erfüllen soll, sondern auch und tiefer noch im Hinblick auf ihre Struktur und auf ihre personale Bedeutung. Die Synodenväter haben diese Notwendigkeit tief empfunden, als sie behaupteten, daß »die theologischen und anthropologischen Fundamente für die Lösung der Probleme über die wahre Bedeutung und die Würde beider Geschlechter vertieft werden müssen«.(184)

Die Kirche führt Überlegungen aus über die anthropologischen und theologischen Grundgebenheiten des Frauseins und bringt sich somit ein in den geschichtlichen Prozeß der verschiedenen Bewegungen für die Förderung der Frau. Weil sie dabei vorstößt bis zu den Wurzeln des Personseins der Frau, hat die Kirche einen wertvollen Beitrag zu geben. Vor allem will sie aber Gott gehorchen, der den Menschen »nach seinem Bild« als »Mann und Frau« geschaffen hat (
Gn 1,27). Sie will auch den Ruf Gottes aufnehmen, seinen Plan zu kennen, zu bewundern und zu leben. Dieser Plan wurde »am Anfang« unauslöschlich in das Sein des Menschen - Mann und Frau - und somit auch in seine bedeutsamsten Strukturen und seine tiefste Dynamik eingeschrieben. Dieser weise Liebesplan muß mit dem vollen Reichtum seines Inhaltes erschlossen werden: Es ist der Reichtum des »Anfanges«, der sich nach und nach in der Heilsgeschichte geoffenbart und aktualisiert und in der »Fülle der Zeit« seinen Höhepunkt gefunden hat, als Gott seinen Sohn sandte, »geboren von einer Frau« (Ga 4,4).

Diese »Fülle« setzt sich in der Geschichte fort. Im Glauben der Kirche muß die Deutung von Gottes Plan über die Frau immer neu auch durch das Leben vieler christlicher Fauen vorgenommen werden. Dabei darf der Beitrag, den die verschiedenen Humanwissenschaften und Kulturen einbringen können, nicht vergessen werden. Diese vermögen durch sorgfältige Unterscheidung dazu beizutragen, die Werte und Rechte, die zum unveränderlichen Wesen der Frau gehören, von denen, die durch die geschichtliche Entwicklung der Kulturen gegeben sind, zu unterscheiden. Das II. Vatikanische Konzil erinnert uns daran, daß, wie die Kirche glaubt, »allen Wandlungen vieles Unwandelbare zugrundeliegt, was seinen letzten Grund in Christus hat, der derselbe ist gestern, heute und in Ewigkeit (vgl. He 13,8)«.(185)

Das Apostolische Schreiben über Würde und Berufung der Frau behandelt die anthropologischen und theologischen Grundlagen ihrer Personwürde als Frau. Das Dokument nimmt die Thematik der »Theologie des Leibes«, die über längere Zeit in den Mittwochskatechesen behandelt wurde, wieder auf, führt diese Überlegungen weiter und wendet sie spezifisch an. Es möchte ein Versprechen der Enzyklika Redemptoris Mater(186) erfüllen und zugleich auf die Bitte der Synodenväter eingehen.

Das Studium des Apostolischen Schreibens Mulieris Dignitatem kann schon allein wegen seines Charakters als biblisch-theologische Meditation alle - Männer und Frauen, vor allem aber die Humanwissenschaftler und Fachleute der theologischen Disziplinen - dazu motivieren, ihre kritische Forschung fortzusetzen. Ausgehend von der Personwürde des Mannes und der Frau und ihres gegenseitigen Verhältnisses, können sie spezifische Gaben und Werte des Frauseins und Mannseins nicht nur im gesellschaftlichen Bereich, sondern auch im Bereich der christlichen und sozialen Existenz besser zu erkennen versuchen.

Die Betrachtung über die anthropologischen und theologischen Grundgegebenheiten des Frauseins will die christliche Antwort auf die wiederholte und zuweilen akute Frage nach dem »Raum«, den die Frau in der Kirche und in der Gesellschaft einnehmen kann, beleuchten.

Aus dem Wort und Verhalten Christi, die für die Kirche Norm sind, geht eindeutig hervor, daß auf der Ebene des Verhältnisses zu Christus keine Diskriminierung vorhanden ist. In ihm ist »nicht Mann und Frau; denn ihr alle seid "einer" in Christus Jesus« (Ga 3,28). Dasselbe gilt auf der Ebene der Teilhabe am Leben und an der Heiligkeit der Kirche, wie die an Pfingsten erfüllte Prophezeiung des Joel es auf herrlicheWeise bezeugt: »Danach aber wird es geschehen, daß ich meinen Geist ausgieße über alles Fleisch. Eure Söhne und Töchter werden Propheten sein« (Jl 3,1 vgl. Ac 2,17 ff). Im Apostolischen Schreiben über Würde und Berufung der Frau ist zu lesen: »beide - die Frau wie der Mann - ... sind ... in gleichem Maße empfänglich für das Geschenk der göttlichen Wahrheit und der Liebe im Heiligen Geist. Beide empfangen seine heilbringenden und heiligmachenden "Heimsuchungen"«.(187)

[184] Ibid.
[185] Conc. Ecum. Vat. II, Const. past. sobre la Iglesia en el mundo actual Gaudium et spes, GS 10.
[186] La Encíclica Redemptoris Mater, después de haber recordado que la "dimensión mariana de la vida cristiana adquiere una peculiar acentuación, en relación con la mujer y su condición", escribe: "En efecto, la femineidad se encuentra en una relación singular con la Madre del Redentor, tema que podrá ser profundizado en otro lugar. Aquí deseo solamente hacer notar que la figura de María de Nazareth proyecta su luz sobre la mujer en cuanto tal por el hecho mismo de que Dios, en el sublime acontecimiento de la encarnación del Hijo, se ha confiado al ministerio, libre y activo, de una mujer. Por tanto, se puede afirmar que la mujer, mirando a María, encuentra en Ella el secreto para vivir dignamente su femineidad y llevar a cabo su propia promoción. A la luz de María, la Iglesia percibe en el rostro de la mujer los reflejos de una belleza que es espejo de los más elevados sentimientos de que es capaz el corazón humano: la ofrenda total del amor; la fuerza que sabe resistir a los más grandes dolores; la fidelidad ilimitada y la laboriosidad infatigable; la capacidad de conjugar la intuición penetrante con la palabra de apoyo y de estímulo" (Juan Pablo II, Enc. Redemptoris Mater RMA 46, AAS 79 [1987] 424-425).
[187] Juan Pablo II, Carta Ap. Mulieris dignitatem, MD 16.


Sendung in der Kirche und in der Welt

51 Was die Teilhabe an der apostolischen Sendung der Kirche anbelangt, besteht kein Zweifel darüber, daß die Frau - wie der Mann - aufgrund von Taufe und Firmung Anteil hat am dreifachen Amt Christi, des Priesters, Propheten und Königs und so zum fundamentalen Apostolat der Kirche, zur Evangelisierung befähigt und verpflichtet ist. Andererseits ist die Frau berufen, bei der Erfüllung dieses Apostolates ihre eigenen »Gaben« einzubringen: zunächst durch das Wort und das Zeugnis des Lebens die Gabe ihrer Personwürde und sodann die Gaben, die mit ihrer fraulichen Berufung gegeben sind. In ihrer Teilhabe am Leben und an der Sendung der Kirche kann die Frau das Sakrament des Ordo nicht empfangen, und somit die Funktionen, die dem Amtspriestertum vorbehalten sind, nicht erfüllen. Diese Bestimmung hat die Kirche immer aus dem eindeutigen, freien und souveränen Willen Jesu Christ, der nur Männer zu seinen Aposteln berufen hat, herausgelesen,(188) eine Bestimmung, die das Verhältnis Christi, des Bräutigams, zu seiner Kirche, seiner Braut, erhellen kann.(189) Wir befinden uns hier auf der Ebene der Funktion und nicht auf der Ebene der Würde und der Heiligkeit.

Von der Kirche gilt: »Sie besitzt zwar eine "hierarchische" Struktur; doch diese ist ganz für dieHeiligkeit der Glieder Christi bestimmt«.(190)

Wie schon Paul VI. sagte, »können wir das Verhalten unseres Herrn und die Berufung, die er den Frauen gegeben hat, nicht verändern. Aber wir müssen die Aufgabe der Frau in der Sendung der Evangelisierung und im Leben der christlichen Gemeinde erkennen und fördern«.(191)

Es ist notwendig, von der theoretischen Erkenntnis einer aktiven und verantwortlichen Präsenz der Frau in der Kirche zur praktischen Verwirklichung fortzuschreiten. Dieses Schreiben, das sich bewußt mit der wiederholten Präzisierung »Männer und Frauen« an die Laien wendet, muß in diesem Sinn gelesen werden. Das neue Kirchenrecht enthält verschiedene Bestimmungen über die Teilnahme der Frau am Leben und an der Sendung der Kirche. Sie müssen allgemeiner bekannt und unter Berücksichtigung der verschiedenen kulturellen Sensibilitäten sowie pastoralen Opportunitäten unmittelbarer und konsequenter angewandt werden. Man denke dabei zum Beispiel an die Teilnahme von Frauen an Diözesan- und Pfarrpastoralräten sowie an Diözesansynoden und Teilkonzilien. In diesem Sinn haben die Synodenväter geschrieben: »Die Frauen sollen ohne jegliche Diskriminierung auch bei Konsultationen und bei der Erarbeitung von Entscheidungen am Leben der Kirche teilnehmen«.(192) Und weiter: »Die Frauen, denen bei der Weitergabe des Glaubens und bei allen Arten von Diensten im Leben der Kirche eine bedeutende Aufgabe zukommt, müssen bei der Vorbereitung von Pastoraldokumenten und von missionarischen Initiativen herangezogen werden. Sie sollen in Familie, Beruf und in der bürgerlichen Gemeinschaft als Mitarbeiterinnen an der Sendung der Kirche anerkannt werden«.(193)

Auf den spezifischen Gebieten der Evangelisierung und der Katechese muß die besondere Aufgabe der Frau bei der Weitergabe des Glaubens nicht nur in der Familie, sondern auch an den verschiedenen Orten, an denen Erziehung geschieht, gefördert werden. Darüber hinaus muß in allem, was das Aufnehmen von Gottes Wort, sein Verständnis und seine Weitergabe betrifft - auch durch Studium, Forschung und Lehren der Theologie -, der spezifische Beitrag der Frau aufgewertet werden.

Wenn sie ihre Aufgabe in der Evangelisierung erfüllt, spürt die Frau ein größeres Bedürfnis, evangelisiert zu werden. Mit den erleuchteten »Augen des Herzens« (vgl.
Ep 1,18) kann sie das, was wahrhaft ihrer Personwürde und Berufung entspricht, erkennen. Sie vermag, es von all dem zu unterscheiden, was sie - vielleicht unter dem Vorwand dieser »Würde« und im Namen der »Freiheit« und des »Fortschrittes« - veranlaßt, sich für die moralische Degradierung der Menschen und Gesellschaften verantwortlich zu machen, anstatt der Förderung der authentischen Werte zu dienen. Eine solche »Unterscheidung« stellt eine unaufschiebbare historische Notwendigkeit dar. Sie ist zugleich Chance und Forderung der Teilhabe der Frau am prophetischen Amt Christi und seiner Kirche. Die »Unterscheidung«, von der der Apostel Paulus oft spricht, besteht nicht nur in der Bewertung der Wirklichkeiten und der Geschehnisse im Licht des Glaubens; sie schließt auch Entscheidung und Verpflichtung zum konkreten Engagement in Kirche und Gesellschaft ein.

Man kann heute sagen, daß alle Probleme der modernen Welt, von denen schon im zweiten Teil der Konzilskonstitution Gaudium et Spes die Rede ist, und die die Zeit in der Tat weder gelöst noch verringert hat, die Präsenz und das Engagement der Frauen mit ihrem typischen und unersetzlichen Beitrag fordern.

Vor allem zwei große, der Frau anvertraute Aufgaben verdienen die besondere Aufmerksamkeit aller.

Zunächst die Aufgabe, dem Eheleben und der Mutterschaft die volle Würde zu verleihen. Heute werden der Frau neue Möglichkeiten geschenkt, zu einem tieferen Verständnis und einer volleren Realisierung der menschlichen und christlichen Werte, die das Eheleben und die Erfahrung der Mutterschaft schenken, zu gelangen. Auch der Mann - der Ehemann und der Vater - kann von einem weitgehenden Absentismus und einer sporadischen und unzureichenden Präsenz Abstand nehmen. Er kann sich gerade durch das gezielte, liebevolle und entscheidende Tun der Frau in neue und bedeutungsträchtige Beziehungen einer interpersonalen Gemeinschaft einlassen.

Ferner die Aufgabe, die moralische Dimension der Kultur zu sichern, die Dimension einer Kultur, die des Menschen, seines persönlichen und gesellschaftlichen Lebens würdig ist. Das II. Vatikanische Konzil scheint die moralische Dimension der Kultur mit der Teilhabe der Laien an der königlichen Sendung Christi zu verbinden: »Außerdem sollen die Laien, auch in Zusammenarbeit, die Einrichtungen und Verhältnisse der Welt, da wo Gewohnheiten zur Sünde aufreizen, so zu heilen suchen, daß dies alles nach der Norm der Gerechtigkeit umgestaltet wird und der Ausübung der Tugenden eher förderlich als schädlich ist. Auf diese Weise erfüllen sie die Kultur und die menschlichen Leistungen mit sittlichem Wert«.(194)

In dem Maß, als die Frau aktiv und verantwortlich an den Aufgaben der Institutionen teilnimmt, von denen die Gewährleistung des Primates der menschlichen Werte im Leben der politischen Gemeinschaften abhängt, weisen die Aussagen des Konzils auf ein bedeutsames Apostolatsfeld der Frau. In allen Dimensionen des Lebens dieser Gemeinschaft, angefangen von der gesellschafts-wirtschaftlichen bis hin zur soziopolitischen, müssen Personwürde der Frau und ihre spezifische Berufung respektiert und gefördert werden: auf individueller und gemeinschaftlicher Ebene, nicht nur in Formen, die der verantwortlichen Freiheit der einzelnen überlassen werden, sondern auch in den gesicherten Formen gerechter bürgerlicher Gesetzgebung.

»Es ist nicht gut, daß der Mensch allein bleibt. Ich will ihm eine Hilfe machen, die ihm entspricht« (Gn 2,18). Gott, der Schöpfer, hat den Menschen der Frau anvertraut. Gewiß ist der Mensch jedem Menschen anvertraut, aber auf besondere Weise der Frau. Denn sie scheint von der besonderen Erfahrung der Mutterschaft her eine spezifische Sensibilität für den Menschen und für alles, was sein wahres Wohl ausmacht, angefangen vom fundamentalen Wert des Lebens zu besitzen.

Die Chancen und die Verantwortung der Frau auf diesem Gebiet sind groß, gerade in einer Zeit, in der der Fortschritt von Wissenschaft und Technik nicht immer von der wahren Weisheit inspiriert und an ihr gemessen wird. Er schließt das Risiko der »Dehumanisierung« des menschlichen Lebens ein, vor allem dann, wenn es einer noch größeren Liebe und hochherzigeren Aufnahme bedürfen würde.

Die Teilnahme der Frau mit ihren Gaben am Leben der Kirche und Gesellschaft ist notwendiger Weg zu ihrer persönlichen Verwirklichung, auf die man heute mit Recht besteht. Sie ist zugleich ihr origineller Beitrag zur Bereicherung der communio der Kirche und der apostolischen Kraft des Volkes Gottes.

In diesem Sinn muß auch die Präsenz des Mannes an der Seite der Frau bedacht werden.

[188] Cf. Congregación para la Doctrina de la Fe, Instrucción sobre la cuestión de la admisión de la mujer al sacerdocio ministerial Inter insigniores (15 Octubre 1976): AAS 69 (1977) 98-116.
[189] Cf Juan Pablo II, Carta Ap. Mulieris dignitatem, MD 26.
[190] Ibid., MD 27. «La Iglesia es un cuerpo diferenciado, en el que cada uno tiene su función; las tareas son distintas y no deben ser confundidas. Estas no dan lugar a la superioridad de los unos sobre los otros; no suministran ningún pretexto a la envidia. El único carisma superior -que puede y debe ser deseado- es la caridad (cf 1Co 12-13). Los más grandes en el Reino de los cielos no son los ministros, sino los santos" (Congregación para la Doctrina de la Fe, Declaración sobre la cuestión de la admisión de la mujer al sacerdocio ministerial Inter insigniores (15 Octubre 1976):AAS 69 (1977) 115.
[191] Pablo VI, Discurso al Comité de organización del Año Internacional de la Mujer (18 Abril 1975): AAS 67 (1975) 266.
[192] Propositio 47.
[193] Ibid.
[194] Conc. Ecum. Vat. II, Const. dogm. sobre la Iglesia Lumen gentium, LG 36.


Mitwirkung und Präsenz von Männern und Frauen

52 Die Stimme derer, die fürchten, eine zu große Betonung auf Ort und Aufgabe der Frau könne zu der unannehmbaren Tatsache führen, die Männer in Vergessenheit geraten zu lassen, hat in der Synodenaula nicht gefehlt. In einigen bestimmten Situationen des Lebens der Kirche muß oft die zu schwache Präsenz der Männer bedauert werden. Einige von ihnen verzichten auf die eigene Verantwortung in der Kirche, so daß diese nur von Frauen wahrgenommen wird; so zum Beispiel bei der Teilnahme am liturgischen Gebet in der Kirche, bei Erziehung und insbesondere bei der Katechese der eigenen und anderer Kinder, bei der Teilnahme an religiösen und kulturellen Veranstaltungen, bei der Mitarbeit an caritativen und missionarischen Initiativen.

Pastoral ist deswegen, auf eine gemeinsame Präsenz von Männern und Frauen hinzuarbeiten, damit die Teilnahme der Laien an der Heilssendung der Kirche voller, harmonischer und reicher werde.

Der Hauptgrund, der die gemeinsame Präsenz und Mitarbeit von Männern und Frauen nahelegt, ist nicht nur, wie eben hervorgehoben, die größere Überzeugungskraft und Wirksamkeit des pastoralen Tuns der Kirche. Noch weniger ist es die soziologische Gegebenheit eines menschlichen Miteinanders, das naturgemäß Männer und Frauen einschließt. Der Hauptgrund liegt vielmehr im ursprünglichen Plan des Schöpfers, der von »Anfang« an den Menschen als »Einheit der zwei« gewollt hat: Mann und Frau als erste Persongemeinschaft, die Wurzel aller anderen Gemeinschaften und zugleich »Zeichen« jener interpersonalen Liebesgemeinschaft, die das geheimnisvolle intime Leben des einen und Dreifaltigen Gottes ist.

Der gängige und fundamentale Weg, um die koordinierte und harmonische Präsenz von Männern und Frauen im Leben und in der Sendung der Kirche zu sichern, ist darum die Erfüllung der Aufgaben und Verantwortungen der christlichen Ehe und Familie. In ihr werden die Verschiedenheit und Vielfalt der Formen des Lebens und der Liebe sichtbar und mitteilbar: Eheliebe, Vaterliebe, Mutterliebe, Kindesliebe und geschwisterliche Liebe. Im Apostolischen Schreiben Familiaris Consortio lesen wir: »Wenn die christliche Familie eine Gemeinschaft ist, deren innere Bindungen von Christus durch den Glauben und die Sakramente auf eine neue Ebene erhoben sind, muß ihre Teilnahme an der Sendung der Kirche eine gemeinschaftliche Note tragen. Gemeinsam also, die Gatten als Ehepaar und die Eltern mit den Kindern als Familie, müssen sie ihren Dienst für Kirche und Welt vollziehen ...

Die christliche Familie erbaut das Reich Gottes in der Geschichte ferner durch dieselben täglichen Wirklichkeiten, die ihre besondere Lebenssituation betreffen und prägen. So ist es gerade die Liebe in Ehe und Familie mit ihrem außerordentlichen Reichtum an Werten und Aufgaben, im Zeichen der Ganzheit und Einmaligkeit, der Treue und der Fruchtbarkeit, durch die sich die Teilnahme der christlichen Familie an der prophetischen, priesterlichen und königlichen Sendung Jesu Christi und seiner Kirche ausdrückt und verwirklicht«.(195)

In dieser Perspektive haben die Synodenväter die Notwendigkeit betont, daß die volle Bedeutung des Ehesakramentes in Kirche und Gesellschaft anerkannt werden muß, um alle Beziehungen zwischen Mann und Frau zu erhellen und zu inspirieren. Sie meinten in diesem Sinn, es sei dringend notwendig, »daß jeder Christ die Botschaft der Hoffnung, die in der Beziehung zwischen Mann und Frau eingeschlossen ist, lebt und kündet. Das Ehesakrament, das diese Beziehung in der ehelichen Form weiht und als Zeichen der Beziehung zwischen Christus und seiner Kirche offenbart, enthält eine für das Leben der Kirche bedeutende Lehre; durch die Kirche muß diese Lehre die Welt von heute erreichen; alle Beziehungen zwischen Mann und Frau müssen sich aus diesem Geist inspirieren. Die Kirche muß diesen Reichtum noch tiefer ausloten«.(196) Die Väter haben mit Recht bemerkt, daß die »Wertschätzung der Jungfräulichkeit und die Ehrfurcht vor der Mutterschaft neu entdeckt werden müssen«; (197) und das nicht zuletzt im Hinblick auf die Erweckung von verschiedenen und komplementären Berufungen in der lebendigen Gemeinschaft der Kirche und im Dienst ihres ständigen Wachstums.

[195] Juan Pablo II, Exh. Ap. Familiaris consortio,
FC 50: AAS 74 (1982) 141-142.
[196] Propositio 46.
[197] Propositio 47.


Kranke und Leidende

53 Der Mensch ist zur Freude berufen, erfährt aber täglich auf vielfältige Weise Leid und Schmerz. An alle, Männer und Frauen, die auf irgendeine Weise von Leid und Schmerz getroffen sind, haben die Synodenväter sich in ihrer Schlußbotschaft gerichtet: »Ihr, die ihr von unserer konsumistischen Gesellschaften verlassen und an den Rand gedrückt seid: Ihr Kranke, Auswanderer, Behinderte, Arme, Hungernde, Randgruppen, Flüchtlinge, Gefangene, Arbeitslose, alte Menschen, verlassene Kinder und Vereinsamte, ihr, Kriegsopfer und Opfer aller Formen von Gewalt, die unsere permissive Gesellschaft hervorgebracht hat. Die Kirche nimmt Anteil an eurem Leid, das euch zum Herrn führt, das euch mit seinem heilbringenden Leiden vereinigt und euch im Licht seiner Erlösung leben läßt. Wir verlassen uns auf euch, um der Welt zu zeigen, was die Liebe ist. Wir werden unser Möglichstes tun, damit ihr den Platz einnehmen könnt, der euch in der Kirche und in der Gesellschaft zusteht«.(198)

Im Rahmen dieser schier grenzenlosen Welt des menschlichen Leidens wenden wir uns besonders all denen zu, die von verschiedenen Krankheiten getroffen sind. Krankheit ist die häufigste und weit verbreiteste Form menschlichen Leidens.

Der Ruf des Herrn trifft alle und jeden einzelnen. Auch die Kranken sind als Arbeiter in seinen Weinberg gesandt. Die Last, die den Körper schwächt und die innere Ruhe nimmt, hindert sie nicht daran, im Weinberg zu arbeiten. Sie fordert sie auf, ihre menschliche und christliche Berufung zu leben und auf neue, noch wertvollere Weise am Wachstum des Reiches teilzunehmen. Sie müssen sich die Worte des Apostels Paulus zum Programm machen, Worte, die Licht schenken, um die gnadenhafte Bedeutung ihrer Situation zu erkennen: »Für den Leib Christi, die Kirche, ergänze ich in meinem irdischen Leben das, was an den Leiden Christi noch fehlt« (
Col 1,24). Diese Entdeckung erfüllt den Apostel mit Freude: »Jetzt freue ich mich der Leiden, die ich für euch ertrage« (Col 1,24). In ähnlicher Weise können viele Kranke »trotz großer Bedrängnis« zu Trägern der Freude, »die der Heilige Geist gibt« (1Th 1,6), und zu Zeugen der Auferstehung Christi werden. Das hat ein Behinderter in der Synodenaula zum Ausdruck gebracht: »Es muß hervorgehoben werden, daß die Christen, deren Leben Krankheit, Schmerz oder hohes Alter zeichnet, von Gott nicht nur dazu aufgefordert werden, ihren Schmerz mit dem Leiden Christi zu vereinen, sondern auch dazu berufen sind, jetzt schon die erneuernde Kraft und die Freude des auferstandenen Christus aufzunehmen und anderen weiterzugeben (vgl. 2Co 4,10-11 1P 4,13 Rm 8,18 ff.)«.(199)

Die Kirche ihrerseits, die - wie in dem Apostolischen Schreiben Salvifici Doloris zu lesen ist - »aus dem Geheimnis der Erlösung im Kreuz Christi geboren wird, muß die Begegnung mit dem Menschen vor allem auf dem Weg seines Leidens suchen.Bei dieser Begegnung wird der Mensch »der Weg der Kirche«; und dieser Weg gehört zu ihren bedeutendsten Wegen«.(200)

Der leidende Mensch ist der Weg der Kirche, weil er vor allem der Weg Christi selbst, des guten Samariters ist, der nicht »weitergeht«, sondern aus Mitleid »zu ihm hinging ... seine Wunden ... verband« und für ihn sorgte (Lc 10,32-34).

Die christliche Gemeinschaft hat von Jahrhundert zu Jahrhundert in den großen Scharen der Kranken und Leidenden das Gleichnis des guten Samariters aus dem Evangelium neu geschrieben. Sie hat die heilende und tröstende Liebe Jesu geoffenbart und weitergegeben durch das Zeugnis des gottgeweihten Lebens, das sich dem Dienst der Kranken widmet, und durch den unermüdlichen Einsatz aller, die im Gesundheitswesen arbeiten. Heute stellen auch in den katholischen Krankenhäusern und Kliniken die Laien, Männer und Frauen, die immer stärkere und zuweilen einzige Präsenz dar. Gerade sie, die Ärzte, Krankenpfleger, Pflegehelfer, freiwillige Helfer sind dazu berufen, in der Liebe zu den Kranken und Leidenden ein lebendiges Abbild Christi und seiner Kirche zu sein.

[198] VII Asam. Gen. Ord. Sinodo de los Obispos (1987), Per Concili semitas ad Populum Dei Nuntius, 12.
[199] Propositio 53.
[200] Juan Pablo II, Carta Ap. Salvifici doloris, 3: AAS 76 (1984) 203.


Erneuertes pastorales Wirken

54 Dieses kostbare Erbe, das die Kirche von Christus, dem »Arzt des Leibes und des Geistes«(201) empfangen hat, darf nie verloren gehen. Es ist durch eine Erneuerung und einen entschiedenen Neuanfang in der Pastoral für die Kranken und Leidenden ständig aufzuwerten und zu bereichern.

Dieser Einsatz muß den Menschen, die wegen Krankheit und Leid schwere Prüfungen ihres Lebensmutes und selbst ihres Glaubens an Gott und seine Vaterliebe durchzustehen haben, Aufmerksamkeit, Nähe, Präsenz, Aufgeschlossenheit, Dialog, Teilnahme und konkrete Hilfe bringen. Dieser pastorale Neubeginn findet seinen bedeutungsträchtigsten Ausdruck in der Feier der Sakramente mit den Kranken und für die Kranken. Sie schenkt den an Schmerz und Schwäche Leidenden Kraft, bringt in der Verzweiflung Hoffnung und ist Ort der Begegnung und der Freude.

Eine der wichtigsten Ziele dieses erneuten und intensiven pastoralen Einsatzes, das die koordinierte Mitwirkung aller Glieder der Gemeinde erfordert, liegt darin, im Kranken, Behinderten und Leidenden nicht nur den Adressaten der Liebe und des Dienstes der Kirche zu sehen, sondernaktives und verantwortliches Subjekt des Werkes der Evangelisierung und des Heils. In diesem Sinn hat die Kirche den Gesellschaften und Kulturen eine frohe Botschaft zu verkünden: Diese haben den Sinn des menschlichen Leidens vergessen und unterbinden jeden Hinweis auf diese harte Lebensrealität. Die frohe Botschaft besteht in der Verkündigung, daß das Leid für den Menschen und die Gesellschaft auch einen positiven Sinn hat. Weil es bestimmt ist, Teilhabe am heilbringenden Leiden Christi und an seiner Auferstehungsfreude zu werden, wird es für die Kirche zur heiligenden Kraft, die ihrem Aufbau dient.

Die Verkündigung dieser frohen Botschaft ist dann glaubwürdig, wenn sie nicht allein durch das gesprochene Wort, sondern durch das Zeugnis des Lebens geschieht, das heißt all jener, die Kranke, Behinderte und Leidende mit Liebe pflegen. Sie wird auch durch das Zeugnis Letzterer glaubwürdig, wenn sie ihren Ort und ihre Aufgabe in der Kirche und für die Kirche entdecken.

Zum Werden der »Zivilisation der Liebe« in der immensen Welt des menschlichen Leidens kann eine erneute Betrachtung des Apostolischen Schreibens Salvifici Doloris entscheidend beitragen. Wir möchten hier an seinen Schlußabschnitt erinnern: »Darum sollen unter dem Kreuz auf Kalvaria in geistiger Weise alle Leidenden zusammenkommen, die an Christus glauben, vor allem jene, die gerade wegen ihres Glaubens an den Gekreuzigten und Auferstandenen zu leiden haben: Das Opfer ihrer Leiden soll uns der Erfüllung der Gebete des Heilandes für die Einheit aller näherbringen (vgl.
Jn 17,11 Jn 17,12-22). Dorthin sollen alle Menschen guten Willens kommen; denn am Kreuz hängt der "Erlöser des Menschen", der Mann der Schmerzen, der die leiblichen und moralischen Leiden der Menschen aller Zeiten auf sich genommen hat, damit sie in der Liebe den heilbringenden Sinn ihres Schmerzes und gültige Antworten auf alle ihre Fragen finden können.

Zusammen mit Maria, der Mutter Christi, die unter dem Kreuz stand (vgl. Jn 19,25), halten wir an allen Kreuzen des heutigen Menschen inne.

Und wir bitten euch alle, die ihr leidet, uns zu unterstützen. Gerade euch, die ihr schwach seid, bitten wir, zu einer Kraftquelle für die Kirche und für die Menschheit zu werden. Möge in dem schrecklichen Kampf zwischen den Kräften des Guten und des Bösen, der sich vor uns in der heutigen Welt abspielt, euer Leiden in Einheit mit dem Kreuze Christi siegen«.(202)

[201] San Ignacio de Antioquía, Ad Ephesios, VII, 2: S. Ch. 10, 64.
[202] Juan Pablo II, Carta Ap. Salvifici doloris, 31: AAS 76 (1984) 249-250.


Lebensstände und Berufungen

55 Alle Glieder des Volkes Gottes, Priester, Ordensleute und Laien, sind Arbeiter im Weinberg: Alle sind zugleich Adressaten und Subjekte der communio der Kirche und der Teilhabe anihrer Heilssendung. Alle und jeder einzelne arbeiten mit verschiedenen komplementären Charismen und Diensten in dem einen und gemeinsamen Weinberg.

Mehr noch als auf der Ebene des Wirkens sind die Christen schon auf der Ebene des Seins Reben des einzigen fruchtbaren Weinstocks, der Christus ist. Sie sind lebendige Glieder des einen Leibes des Herrn, der sich in der Kraft des Geistes aufbaut. Diese Seinsebene umfaßt nicht nur das Leben der Gnade und der Heiligkeit, das erste und reichste Quelle der apostolischen und missionarischen Fruchtbarkeit der heiligen Mutter Kirche ist. Sie umfaßt auch den Lebensstand der Priester und der Diakone, den der Ordensleute, der Mitglieder von Säkularinstituten und der Laien.

In der Kirche als communio sind die Lebensstände derart aufeinander bezogen, daß sie aufeinander ausgerichtet sind.

Der tiefste Sinn der verschiedenen Lebensstände ist nur einer und allen gemeinsam: Ihnen allen ist aufgegeben, eine Modalität darzustellen, nach der die gleiche christliche Würde und die Beruf ung zur Heiligkeit in der Vollkommenheit der Liebe gelebt werden. Diese Modalitäten sind zugleich verschieden und komplementär. So hat jede von ihnen eigene und unverwechselbare Züge und steht doch in Beziehung zu den anderen und in ihrem Dienst.

Der Laienstand hat im Weltcharakter seine Spezifizität. Er dient der Kirche dadurch, daß er den Stellenwert der irdischen Wirklichkeiten im Heilsplan Gottes Priestern und Ordensleuten bezeugt und präsent macht. Das Amtspriestertum repräsentiert die bleibende Garantie der sakramentalen Präsenz Christi, des Erlösers, zu allen Zeiten und an allen Orten. Der Ordensstand gibt Zeugnis vom eschatologischen Charakter der Kirche, das heißt von ihrem Ausgerichtetsein auf das Reich Gottes, das durch die Gelübde der Jungfräulichkeit, der Armut und des Gehorsams in gewisser Weise vorweggenommen und gekostet wird.

Alle Lebensstände, zusammen oder einzeln genommen und in ihrer Beziehung zueinander betrachtet, stehen im Dienst des Wachstums der Kirche und stellen verschiedene Modalitäten dar, die ihre Einheit zutiefst »im Geheimnis der communio« der Kirche finden. Sie müssen bei der Erfüllung der einen Sendung harmonisch und dynamisch zusammenwirken.

In der Verschiedenheit der Lebensstände und in der Vielfalt der Berufungen enthüllt und erlebt das einzige und bleibende Geheimnis der Kirche aufs Neue den unendlichen Reichtum des Geheimnisses Jesu Christi. Wie die Väter es gerne wiederholen, ist die Kirche wie ein Feld, auf dem eine faszinierende und wunderbare Vielfalt von Kräutern, Pflanzen, Blumen und Früchten wächst. Der heilige Ambrosius schreibt: »Ein Feld kann viele Früchte geben, aber ein an Früchten und Blumen reiches Feld ist besser. Das Feld der heiligen Kirche ist reich an den einen wie an den anderen. Hier kannst du die Edelsteine der Jungfräulichkeit Blumen tragen sehen, dort die Herrschaft der Witwen, streng wie die Wälder auf den Ebenen; wieder weiter die reiche Ernte der Ehen, die die Kirche gesegnet hat, die die Kammern der Welt mit reicher Ernte füllt und die Kelter des Herrn Jesus überfließen läßt, wie gefüllt mit Früchten des lebenskräftigen Weinstocks, mit den Früchten, mit denen die christlichen Ehen reich gesegnet sind«.(203)

[203] San Ambrosio, De Virginitate, VI, 34: PL 16, 288. Cf San Agustín, Sermo CCCIV, III, 2: PL 38, 1396.


Die verschiedenen Berufungen der Laien

56 Die reiche Vielfalt der Kirche kommt innerhalb eines jeden Lebensstandes nochmals zum Ausdruck. Der Laienstand kennt verschiedene »Berutungen«, das heißt verschiedene geistliche und apostolische Wege, die sich den einzelnen Laien anbieten. Aus dem Strom der gemeinsamen »Berufung« der Laien erwachsen »besondere« Berufungen von Laien. Wir können auf diesem Gebiet die geistliche Erfahrung in Erinnerung rufen, die jüngst in der Kirche mit dem Entstehen verschiedener Formen von Säkularinstituten herangereift ist. Laien und Priestern ist die Möglichkeit gegeben, die evangelischen Räte der Armut, der Jungfräulichkeit und des Gehorsams durch Gelübde oder Versprechen zu befolgen, ohne ihren Priester oder Laienstand zu verlassen.(204) Wie die Synodenväter hervorgehoben haben, »weckt der Geist andere Formen der Selbsthingabe, die Menschen vollziehen können, ohne den Laienstand zu verlassen«.(205)

Wir können zum Abschluß dieser Überlegung eine wunderbare Passage des heiligen Franz von Sales, der die Spiritualität der Laien so sehr gefördert hat,(206) anfügen. Im Rahmen seiner Aussagen über die »Frömmigkeit«, das heißt der christlichen Vollkommenheit oder des »Lebens nach dem Geist«, stellt er auf einfache und wunderbare Weise die Heiligkeit und die Art und Weise, auf die die einzelnen Christen sie verwirklichen, dar: »Gott hat bei der Schöpfung die Pflanzen geheißen, jede nach ihrer Art Früchte zu bringen (vgl.
Gn 1,11). Dieselbe Aufforderung richtet er an die Christen, die lebendige Pflanzen seiner Kirche sind, damit sie Früchte der Frömmigkeit bringen, ein jeder gemäß seinem Stand und seiner Situation. Der Edelmann muß die Frömmigkeit anders üben als der Arbeiter, der Diener, der Prinz, die Witwe, die unverheiratete Frau und die verheiratete Frau. Das aber ist nicht genug. Die Übung der Frömmigkeit muß auch an die Kräfte, an die Verpflichtungen und Pflichten eines jeden angepaßt sein ... Es ist ein Fehler, ja eine Häresie, die Frömmigkeit aus dem Milieu des Militärs, der Werkstatt, der Königshöfe, der Familien ausschließen zu wollen. Es ist wahr, Philotea, die rein kontemplative, monastische und religiöse Berufung kann nur in diesen jeweiligen Ständen verwirklicht werden. Aber über diese drei Formen der Frömmigkeit hinaus bestehen viele andere, die denjenigen, die als Laien leben, zur Vollkommenheit verhelfen können. Darum müssen und können wir, wo auch immer wir uns befinden, nach der Vollkommenheit des Lebens streben«.(207)

Im gleichen Sinn schreibt das II. Vatikanische Konzil: »Dieses geistliche Leben der Laien muß vom Stand der Ehe und der Familie, der Ehelosigkeit oder Witwenschaft, aus der Situation einer Krankheit, vom beruflichen oder gesellschaftlichen Wirken her ein besonderes Gepräge annehmen. Die Laien mögen darum nicht aufhören, jene ihnen verliehenen Eigenschaften und Gaben mit Bedacht auszubilden, die diesen Lebenslagen entsprechen, und auch die ihnen je eigenen Gnadengaben zu gebrauchen, die sie vom Heiligen Geist empfangen haben«.(208)

Was von den geistlichen Berufungen gilt, gilt auch und in einem gewissen Sinn auf noch zu treffendere Weise von den endlosen und verschiedenen Modalitäten, nach denen alle und die einzelnen Glieder der Kirche als Arbeiter im Weinberg des Herrn arbeiten und den mystischen Leib Christi auferbauen. Jeder ist in der Tat bei seinem Namen berufen, in der Einmaligkeit und der Unwiederholbarkeit seiner persönlichen Geschichte seinen eigenen Beitrag für das Kommen des Reiches Gottes zu bringen. Kein Talent, auch nicht das geringste, kann verborgen und ungebraucht bleiben (vgl. Mt 25,24-27).

Der Apostel Petrus mahnt uns: »Dient einander als gute Verwalter der vielfältigen Gnade Gottes, jeder mit der Gabe, die er empfangen hat« (1P 4,10).

[204] Cf Pío XII, Const. Ap. Provida Mater (2 Febrero 1947): AAS 39 (1947) 114-124; C.I.C., can. CIC 573.
[205] Propositio 6.
[206] Cf Pablo VI, Carta Ap. Sabaudiae gemma (29 Enero 1967): AAS 59 (1967) 113-123.
[207] San Francisco de Sales, Introduction à la vie dévote, I, III: OEuvres complètes, Monastère de la Visitation, Annecy 1893, III, 19-21.
[208] Conc. Ecum. Vat. II, Dec. sobre el apostolado de los laicos Apostolicam actuositatem, AA 4.



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