Allgemeines Direktorium für die Katechese 156

Rolle des Katecheten\b\i(53)


156 Keine, wenn auch noch so bewährte, Methode macht die Person des Katecheten in irgendeiner Phase des katechetischen Prozesses entbehrlich.

Das ihm vom Heiligen Geist geschenkte Charisma, eine solide Spiritualität und ein klares Lebenszeugnis bilden die Seele jeder Methode, und allein die menschlichen und christlichen Qualitäten bieten Gewähr für die richtige Verwendung der Texte und anderer Arbeitsbehelfe.

Der Katechet ist eigentlich ein Vermittler, der die Kommunikation zwischen den Menschen und dem Geheimnis Gottes sowie der Glaubensschüler untereinander und mit der Gemeinde erleichtert. Deshalb muß er sich darum bemühen, daß seine kulturelle Einstellung, seine soziale Situation und sein Lebensstil den Weg des Glaubens nicht behindern, und zwar indem er die besten Bedingungen dafür schafft, daß die christliche Botschaft gesucht, angenommen und ergründet wird.

Er vergibt nicht, daß die Zustimmung der Menschen zum Glauben Frucht der Gnade und der Freiheit ist; deshalb tut er das Nötige, damit seine Tätigkeit stets vom Glauben an den Heiligen Geist und vom Gebet getragen wird.

Von grundlegender Bedeutung ist schließlich das persönliche Verhältnis zwischen dem Katecheten und dem Glaubensschüler. Es lebt aus dem Drang zum Erziehen, aus einfallreicher Kreativität, Anpassung und zugleich aus dem größten Respekt vor der Freiheit und dem Reifen des Menschen.

Kraft seiner weisen Begleitung leistet der Katechet einen Dienst, der zu den wertvollsten des katechetischen Wirkens gehört: Er hilft den Glaubensschülern, die Berufung wahrzunehmen, zu der Gott sie ruft.

Die Aktivität und Kreativität der Glaubensschüler\b\i(54)


157 Die aktive Beteiligung aller Glaubensschüler an ihrem Bildungsprozeß entspricht voll und ganz nicht nur echter menschlicher Kommunikation, sondern spezifisch der Offenbarungs- und Heilsökonomie. Denn die Glaubenden sind gerufen, im gewöhnlichen Alltag des christlichen Lebens einzeln und in Gemeinschaft der Gabe Gottes aktiv zu entsprechen durch Gebet, Teilnahme an den Sakramenten und an der Liturgie, durch tätigen Einsatz in Kirche und Gesellschaft, durch Übung der Nächstenliebe, Förderung der großen menschlichen Anliegen und Werte, so der Freiheit, der Gerechtigkeit, des Friedens, der Bewahrung der Schöpfung.

In der Katechese übernehmen also die Glaubensschüler die Verpflichtung, sich in den Betätigungen des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe zu üben, Fähigkeit und Redlichkeit des Urteils zu erwerben und die persönliche Entscheidung zu Umkehr und christlicher Lebenspraxis zu stärken.

Die Glaubensschüler selbst können, vor allem wenn es sich um Erwachsene handelt, wirksam zur Entwicklung der Katechese beitragen, indem sie auf die wirkungsvollsten Wege zum Verständnis und zur Darbietung der Botschaft hinweisen, wie z.B. auf "Lernen durch Tun", Verwendung der Forschung und des Dialogs, Austausch und Gegenüberstellung von Ansichten.

Gemeinschaft, Person und Katechese\b\i(55)


158 Die katechetische Pädagogik erweist sich in dem Maße als wirksam, wie die christliche Gemeinde konkreter und beispielhafter Bezug für den Glaubensweg der einzelnen wird. Das tritt dann ein, wenn die Gemeinde sich zum Quell, Ort und Ziel der Katechese macht. Dann wird die Gemeinde konkret sichtbarer Ort des Glaubenszeugnisses, sorgt für die Fortbildung ihrer Glieder, nimmt sie als Familie Gottes auf und wird zum dauernden, für das Wachstum des Glaubens lebenswichtigen Raum.(56)

Neben der Verkündigung des Evangeliums in öffentlicher und kollektiver Form bleibt der Kontakt von Person zu Person nach dem Beispiel Jesu und der Apostel stets unerläßlich. Auf diese Weise wird das persönliche Bewußtsein leichter miteinbezogen, das Geschenk des Glaubens gelangt, wie es dem Wirken des Heiligen Geistes eigen ist, zum Glaubensschüler von Person zu Person, und die Überzeugungskraft wird wirksamer.(57)

Die Wichtigkeit der Gruppe\b\i(58)


159 Die Gruppe hat in den Entwicklungsprozessen der Menschen eine wichtige Funktion. Das gilt auch für die Katechese, sowohl der Kinder, bei denen sie eine gute Sozialisation begünstigt, wie der Jugendlichen, für welche die Gruppe bei der Formung der Persönlichkeit gewissermaßen eine Lebensnotwendigkeit darstellt, und auch der Erwachsenen, unter denen sie zu einer Haltung des Dialogs, des Teilens und der christlichen Mitverantwortung anregt.

Der Katechet, der am Leben der Gruppe teilnimmt und ihre Dynamik wahrnimmt und zu schätzen weiß, erkennt es als seine primäre und spezifische Aufgabe — die er auch ausführt —, im Namen der Kirche tätiger Zeuge des Evangeliums zu sein, der fähig ist, die anderen an den Früchten seines reifen Glaubens teilhaben zu lassen und auf kluge Weise zum gemeinsamen Suchen anzuregen.

Die christliche Gruppe ist nicht nur ein didaktischer Faktor, sie ist darüber hinaus berufen, Erfahrung von Gemeinschaft und Form der Teilnahme am kirchlichen Leben zu sein, während sie in der umfassenderen eucharistischen Gemeinschaft ihr Ziel und ihre volle Erscheinungsform findet. Jesus sagt: »Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen« (
Mt 18,20).

Die soziale Kommunikation\b\i(59)


160 »Ein erster Areopag der neuen Zeit ist die Welt der Kommunikation, die die Menschheit immer mehr eint... Die Mittel der sozialen Kommunikation spielen eine derartig wichtige Rolle, daß sie für viele zum Hauptinstrument der Information und Bildung, der Führung und Beratung für individuelles, familiäres und soziales Verhalten geworden sind«.(60) Darum ist zusätzlich zu den zahlreichen traditionellen und weiterhin gültigen Mitteln und Wegen »der Einsatz der Massenmedien für die Glaubensverkündigung (Evangelisierung) und die Katechese unabdingbar geworden«.(61) Denn »die Kirche würde vor ihrem Herrn schuldig, wenn sie nicht diese machtvollen Mittel nützte, die der menschliche Verstand immer noch weiter vervollkommnet... In ihnen findet sie eine moderne, wirksame Form der Kanzel. Durch sie vermag sie zur Masse des Volkes zu sprechen«.(62)

Zu diesen Medien können, wenn auch mit jeweils unterschiedlicher Gewichtung, gehören: Fernsehen, Rundfunk, Presse, Schallplatten, Tonbänder, Video- und Audio-Kassetten, Compact-disc und der ganze Bereich der audiovisuellen Medien.(63) Jedes Medium leistet einen eigenen Dienst und jedes will spezifisch eingesetzt sein; man muß die Ansprüche eines jeden respektieren und seine Wichtigkeit abwägen.(64) In einer gut programmierten Katechese dürfen also diese Hilfsmittel nicht fehlen. Eine wechselseitige Hilfe unter den Kirchen in die Wege zu leiten, um die manchmal sehr hohen Auslagen für den Ankauf und den Betrieb zu bestreiten, ist ein echter Dienst an der Sache des Evangeliums.


161 Der richtige Gebrauch der Medien verlangt von den Katecheten ein ernsthaftes Bemühen um Kenntnisse, Kompetenz und einen fachkundigen und auf der Höhe der Zeit stehenden Einsatz. Wegen der starken Auswirkung auf die Kultur, zu deren Entstehen die Medien beitragen, darf aber vor allem nie vergessen werden, daß es »nicht genügt, sie nur zur Verbreitung der christlichen Botschaft und der Lehre der Kirche zu benützen; sondern die Botschaft selbst muß in diese von der modernen Kommunikation geschaffene "neue Kultur" integriert werden... in Verbindung mit einer neuen Sprache, neuen Techniken und mit neuen psychologischen Haltungen«.(65) Nur so hat die Botschaft des Evangeliums mit der Gnade Gottes die Fähigkeit, in das Bewußtsein eines jeden einzudringen und seine »ganz persönliche Zustimmung und Einsatzbereitschaft«(66) zu wecken.


162 Die Manager und die Nutznießer der Kommunikation sollen die Gnade des Evangeliums empfangen können. Das veranlaßt die Katecheten, auf bestimmte Personengruppen besonders zu achten: auf die professionellen Medienfachleute, denen das Evangelium als weiter Horizont der Wahrheit, der Verantwortung, der Inspiration zu zeigen ist; auf die Familien — die dem Einfluß der Massenmedien so sehr ausgesetzt sind —, um sie zu schützen, vor allem aber um ihre kritische und erzieherische Fähigkeit zu steigern;(67) auf die jungen Generationen, die Nutznießer und schöpferische Träger der Kommunikation durch die Massenmedien sind. Man mache alle darauf aufmerksam, daß »Gebrauch und Annahme der Kommunikationsmittel nach einer Erziehung zum kritischen, von der Liebe zur Wahrheit getragenen Sinn, nach einer umfassenden Verteidigung der Freiheit, der Ehrfurcht vor der personalen Würde, der Festigung der wahren Kultur der Völker verlangen«.(68)


VIERTER TEIL

DIE ADRESSATEN DER KATECHESE

»Ich mache dich zum Licht für die Völker, damit mein Heil bis an das Ende der Erde reicht« (Is 49,6).
»Er kam nach Nazaret, wo er aufgewachsen war, und ging, wie gewohnt, am Sabbat in die Synagoge.
Als er aufstand, um aus der Schrift vorzulesen, reichte man ihm das Buch des Propheten Jesaja. Er schlug das Buch auf und fand die Stelle, wo es heißt: Der Geist des Herrn ruht auf mir; denn der Herr hat mich gesalbt. Er hat mich gesandt, damit ich den Armen eine gute Nachricht bringe, damit ich den Gefangenen die Entlassung verkünde und den Blinden das Augenlicht; damit ich die Zerschlagenen in Freiheit setze und ein Gnadenjahr des Herrn ausrufe.
Dann schloß er das Buch, gab es dem Synagogendiener und setzte sich. Die Augen aller in der Synagoge waren auf ihn gerichtet. Da begann er, ihnen darzulegen: Heute hat sich das Schriftwort, das ihr eben gehört habt, erfüllt« (Lk 4,16-21).

»Das Reich bezieht alle ein«\b\i(69)


163 Zu Beginn seines öffentlichen Wirkens verkündet Jesus, daß er gesandt sei, damit er den Armen die Frohe Botschaft bringe;(70) er läßt durchblicken und bestätigt es dann mit seinem Leben, daß das Reich Gottes für alle bestimmt ist, angefangen von denen, die am meisten benachteiligt sind. Er macht sich zum Katecheten des Reiches Gottes gegenüber allen Kategorien von Menschen: gegenüber Großen und Kleinen, Reichen und Armen, Gesunden und Kranken, Nahen und Fernen, Juden und Heiden, Männern und Frauen, Gerechten und Sündern; gegenüber dem Volk und der Autorität; gegenüber den einzelnen und der Gruppe... Er ist für jeden Menschen da und interessiert sich für alle seine Nöte, seelische und leibliche; er heilt und vergibt, weist zurecht und ermutigt mit seinem Wort und mit Taten.

Jesus beschließt sein irdisches Leben damit, daß er seine Jünger auffordert, das Gleiche zu tun und jedem Geschöpf auf der Welt,(71) »allen Völkern« (
Mt 28,19 Lc 24,47) »bis an die Grenzen der Erde« (Ac 1,8) und für alle Zeiten, »bis zum Ende der Welt« (Mt 28,20), das Evangelium zu verkünden.


164 Das ist die Aufgabe, welche die Kirche seit zweitausend Jahren mit einer unendlichen Vielfalt von Erfahrungen in Verkündigung und Katechese vollbringt, ständig gedrängt vom Geist von Pfingsten, »Griechen und Nichtgriechen, Gebildeten und Ungebildeten« (Rm 1,14) gegenüber ihre Verpflichtung zur Evangelisierung zu erfüllen.

So zeichnen sich die Züge einer Glaubenspädagogik ab, in der sich die universalistische Aufgeschlossenheit der Katechese und ihr beispielhaftes Eingebundensein in die Welt ihrer Adressaten eng miteinander verbinden.

Bedeutung und Zielsetzung dieses Teiles


165 Die notwendige Beachtung der vielgestaltigen, unterschiedlichen Lebenssituationen der Menschen(72) veranlaßt die Katechese, vielfältige Wege zu gehen, um ihnen zu begegnen und die christliche Botschaft und die Glaubenspädagogik auf die verschiedenen Bedürfnisse abzustimmen.(73)

So öffnet sich. wenn man die Anfangssituation des Glaubens bedenkt, der Weg für die Katechumenen und Neugetauften; die Aufmerksamkeit für die Glaubensentwicklung der Getauften führt zu dem, was man Vertiefungs- oder Rückbesinnungskatechese nennt, für alle, die noch wesentlicher Wegweisungen bedürfen. Im Blick auf die physische und psychische Entwicklung der Glaubensschüler gliedert sich die Katechese nach Altersstufen. Die Beachtung der sozio-kulturellen Rahmenbedingungen hingegen veranlaßt dazu, eine auf die jeweiligen Gruppen abgestimmte Katechese in die Wege leiten.


166 Da wir die verschiedenen möglichen Typen von Katechese nicht im einzelnen behandeln können, werden in diesem Teil nur einige Aspekte ins Auge gefaßt, die für jede Situation von Bedeutung sind:

– allgemeine Aspekte der katechetischen Anpassung (Kapitel 1);

– Katechese entsprechend den Altersstufen (Kapitel 2);

– Katechese für Menschen in besonderen Situationen (Kapitel 3);

– Katechese je nach den Rahmenbedingungen (Kapitel 4 und 5).

So wird an das Problem der Inkulturation operativ herangegangen, unter Bezugnahme auf die Inhalte des Glaubens, auf die Menschen und auf das kulturelle Umfeld.

Es wird Sache der Teilkirchen sein, in ihren nationalen und regionalen katechetischen Direktorien spezifischere und festgelegte Richtlinien zu geben, die den konkreten Verhältnissen und örtlichen Bedürfnissen entsprechen.


I. KAPITEL

Die Anpassung an den Adressaten

Allgemeine Aspekte

Bedürfnis und Recht jedes Glaubenden, eine gediegene Katechese zu erhalten\b\i(74)


167 Da von Gott zur Glaubensreife berufen, hat jeder Getaufte eine passende Katechese nötig und das Recht auf sie. Es ist daher vorrangige Aufgabe der Kirche, diesem Anspruch auf angemessene und befriedigende Weise nachzukommen.

Zu diesem Zweck wird man sich vor allem daran erinnern müssen, daß der Adressat des Evangeliums »der konkrete, geschichtliche Mensch« ist,(75) der immer in einer bestimmten Situation verwurzelt und immer von psychologischen, gesellschaftlichen, kulturellen und religiösen Bedingtheiten beeinflußt ist, ob er sich dessen bewußt ist oder nicht.(76)

Im katechetischen Prozeß muß sich der Adressat als aktives, bewußtes und mitverantwortliches Subjekt und nicht als bloß schweigender, passiver Empfänger zeigen können.(77)

Bedürfnis und Recht der Gemeinschaft\b\i(78)


168 Die Aufmerksamkeit für den einzelnen darf nicht vergessen lassen, daß die Katechese die christliche Gemeinschaft als solche und jede Person in ihr zum Adressaten hat. Wenn nämlich die Katechese ihre Legitimität und Energie aus dem ganzen Leben der Kirche bezieht, so gilt auch: »Das innere Wachstum der Kirche, ihre Übereinstimmung mit Gottes Heilsplan, hängen wesentlich von der Katechese ab«.(79)

Deshalb betrifft die notwendige Anpassung der Darbietung des Evangeliums auch die Gemeinde als solche und bezieht sie ein.

Die Anpassung will, daß der Inhalt der Katechese gleichsam eine gesunde, bekömmliche Speise sei\b\i(80)


169 »Die angepaßte Verkündigung des Gotteswortes muß ein Gesetz aller Evangelisation bleiben«.(81) Das hat eine innere theologische Begründung im Geheimnis der Menschwerdung, entspricht einer elementaren pädagogischen Forderung der gesunden menschlichen Kommunikation und spiegelt die Praxis der Kirche durch alle Jahrhunderte wider.

Diese Anpassung ist als ein feinfühliges mütterliches Handeln der Kirche zu verstehen, die die Menschen als »das Ackerfeld Gottes« (
1Co 3,9) ansieht, die nicht zu verurteilen, sondern in Zuversicht zu bebauen sind. Die Kirche geht auf jeden von ihnen zu, berücksichtigt ernsthaft die Vielfalt der Situationen und Kulturen und bewahrt die Gemeinschaft der vielen in dem einzigen rettenden Wort. Auf diese Weise wird das Evangelium echt und schmackhaft, als gesunde und zugleich zusagende Speise weitergegeben. Von diesem Grundsatz muß sich jede Einzelinitiative inspirieren lassen und ihm müssen sich die schöpferische Begabung und die geistigen Fähigkeiten des Katecheten verpflichtet wissen.

Die Anpassung berücksichtigt die unterschiedlichen Umstände


170 Die Anspassung wird entsprechend den verschiedenen Umständen, unter denen das Wort Gottes weitergegeben wird, vorgenommen.(82) Diese werden bestimmt durch »die Unterschiede in den Kulturen, Lebensphasen, im geistlichen Leben, in den gesellschaftlichen und kirchlichen Situationen der Adressaten«(83) Auf sie ist sehr aufmerksam Bedacht zu nehmen.

Man wird auch daran denken müssen, daß bei der Vielfalt der Situationen die Anpassung stets die Ganzheit der Person und ihre Wesenseinheit, wie die Kirche sie sieht, vor Augen hat. Deswegen bleibt die Katchese nicht bloß bei der Erwägung der äußeren Elemente einer gegebenen Situation stehen, sondern vergegenwärtigt sich stets auch die Innenwelt der Person, die Wahrheit über den Menschen, der »der erste und grundlegende Weg der Kirche« ist.(84) Das bestimmt einen Anpassungsprozeß, der umso geeigneter ist, je mehr die Fragen, Bestrebungen, Bedürfnisse des Menschen in seiner inneren Welt beachtet werden.


II. KAPITEL

Die Katechese entsprechenden Altersstufen

Allgemeine Hinweise


171 Die Katechese entsprechend den verschiedenen Altersstufen ist ein für die christliche Gemeinschaft wesentliches Erfordernis. Zum einen ist der Glaube an der Entwicklung des Menschen beteiligt; zum andern ist jede Lebensphase der Herausforderung der Entchristlichung ausgesetzt und muß sich vor allem an die stets neuen Aufgaben der christlichen Berufung heranwagen.

So bieten sich also, veranlaßt von den Bedürfnissen und Fähigkeiten der Adressaten, zu Recht nach Altersstufen unterschiedene und einander ergänzende Katechesen.(85)

Deshalb ist es unerläßlich, alle Elemente zu beachten, die im Spiel sind, die anthroplogisch-evolutiven ebenso wie die theologisch-pastoralen, wobei man sich auch der auf den letzten Stand gebrachten Erkenntnisse der Human- und der Erziehungswissenschaften bezüglich der verschiedenen Altersstufen bedient.

Dabei wird man weise die verschiedenen Etappen des Glaubensweges zu integrieren suchen und insbesondere darauf achten, daß die Kinderkatechese in den späteren Phasen harmonisch ergänzt wird.

Auch aus diesem Grund ist es pädagogisch wirksam, sich auf die Erwachsenenkatechese zu beziehen und in ihrem Licht die Katechesen der anderen Lebensphasen auszurichten.

Hier sollen bloß einige allgemeine Elemente als Beispiele angegeben und weitere Einzelangaben den katechetischen Direktorien der Teilkirchen und der Bischofskonferenzen überlassen werden.

Die Erwachsenenkatechese(86),

Die Erwachsenen, an die sich die Katechese wendet\b\i(87)


172 Das Glaubensgespräch mit Erwachsenen muß ernsthaft deren erlebte Erfahrungen sowie die Rahmenbedingungen und Herausforderungen berücksichtigen, denen sie im Leben begegnen. Ihre Fragen und Glaubensbedürfnisse sind vielfältig und unterschiedlich.(88)

Demnach sind zu unterscheiden:

– glaubende Erwachsene, die ihre Glaubensentscheidung konsequent leben und ehrlich eine Vertiefung wünschen;

– Erwachsene, die zwar getauft sind, aber nicht angemessen unterrichtet wurden oder den Weg der christlichen Initiation nicht vollendet oder sich vom Glauben abgewandt haben, so daß sie als »Quasi-Katechumenen«(89) bezeichnet werden können;

– ungetaufte Erwachsene, für die der eigentliche Katechumenat vorgesehen ist.(90)

Zu erwähnen sind auch die Erwachsenen, die aus christlichen Konfessionen kommen, welche nicht in voller Gemeinschaft mit der katholischen Kirche stehen.

Elemente und Kriterien der Erwachsenenkatechese\b\i(91)


173 Die Erwachsenenkatechese betrifft Menschen, die das Recht und die Pflicht haben, den Glaubenskeim, den Gott ihnen geschenkt hat, zur Reife zu bringen;(92) sie wendet sich an einzelne, die gerufen sind, verschiedenartige soziale Verantwortungen auf sich zu nehmen, und an Menschen, die zuweilen tiefgreifenden Veränderungen und schweren Krisen ausgesetzt sind. Deswegen muß der Glaube des Erwachsenen ständig erhellt, entwickelt und geschützt werden, um jene christliche Weisheit zu erwerben, die den vielfältigen Erfahrungen seines persönlichen, gesellschaftlichen und geistigen Lebens Sinn, Einheit und Hoffnung gibt. Die Erwachsenenkatechese macht es erforderlich, die typischen Eigenschaften des erwachsenen Christen im Glauben genau zu ermitteln, sie in Ziele und Inhalte zu übersetzen, gewisse Konstanten in der Darbietung zu bestimmen, die wirksamsten methodologischen Hinweise festzulegen, die Formen und die Modelle zu wählen. Besondere Aufmerksamkeit verdient die Gestalt und Identität des Erwachsenenkatecheten und seine Ausbildung sowie die Frage, wer in der Gemeinde für die Erwachsenenkatechese verantwortlich ist.(93)


174 Unter den Grundsätzen, die eine authentische und wirksame Erwachsenenkatechese sicherstellen, sind zu erwähnen:(94)

– Achten auf die Adressaten in ihrer Situation als Erwachsene, als Männer und Frauen; also achten auf ihre Probleme und Erfahrungen, auf ihre geistigen und kulturellen Fähigkeiten und Möglichkeiten in voller Respektierung der Unterschiede;

– achten darauf, daß die Erwachsenen getaufte Laien sind, denen es kraft der Taufe aufgetragen ist, »in der Verwaltung und gottgemäßen Regelung der zeitlichen Dinge das Reich Gottes zu suchen«,(95) und die durch die Taufe zur Heiligkeit berufen sind;(96)

– achten auf den Einbezug der Gemeinde, damit sie Ort der Aufnahme und der Unterstützung des Erwachsenen sei;

– achten auf eine organische Planung der Erwachsenenpastoral, in die sich die Katechese zusammen mit der liturgischen Bildung und dem Dienst der Caritas einfügt.

Allgemeine und besondere Aufgaben der Erwachsenenkatechese\b\i(97)


175 Um den tiefsten Anliegen unserer Zeit zu entsprechen, muß die Erwachsenenkatechese den christlichen Glauben in seiner Ganzheit, Echtheit und seinem systematischen Charakter vorlegen, gemäß dem Verständnis, das die Kirche von ihm hat. In den Vordergrund ist die Heilsverkündigung zu stellen, welche die vielen Schwierigkeiten, Dunkelheiten, Mißverständnisse, Vorurteile und Einwände, die heute im Umlauf sind, erhellt, die geistige und moralische Auswirkung der Botschaft zeigt und in die gläubige Lesung der Heiligen Schrift und in die Gebetspraxis einführt. Ein grundlegender Dienst für die Erwachsenenkatechese wird vom Katechismus der Katholischen Kirche geleistet und — unter Bezugnahme auf ihn — von den Erwachsenenkatechismen der einzelnen Kirchen.

Im einzelnen hat die Erwachsenenkatechese folgende Aufgaben:

Förderung der Formung und Reifung des Lebens im Geist des auferstandenen Christus mit geeigneten Mitteln: Sakramentenpädagogik, Einkehrtage (Exerzitien), geistliche Leitung...

Erziehung zur richtigen Beurteilung des sozio-kulturellen Wandels unserer Gesellschaft im Licht des Glaubens. Auf diese Weise wird dem christlichen Volk geholfen, die wahren Werte und auch die Gefahren unserer Zivilisation zu unterscheiden und dazu die entsprechenden Haltungen einzunehmen.

Klärung der heutigen religiösen und moralischen Probleme, nämlich jener Fragen, die sich den Menschen unserer Zeit stellen, z.B. in bezug auf die öffentliche und die individuelle Sittlicheit, die sozialen Fragen, die Erziehung der neuen Generationen.

Klärung der Beziehungen zwischen dem weltlichen und dem kirchlichen Tun durch das Aufzeigen der wechselseitigen Unterschiede, der Verflechtungen und somit des Maßes erforderlichen Zusammenwirkens. Darum muß die Soziallehre der Kirche wesentlicher Bestandteil der Erwachsenenbildung sein.

Darlegung der rationalen Grundlagen des Glaubens. Wenn der Glaube und die Glaubenswahrheiten richtig verstanden werden, stimmen sie mit den Forderungen der menschlichen Vernunft überein, und das Evangelium ist stets zeitgemäß und zuständig. Deshalb muß unbedingt eine Pastoral des Denkens und der christlichen Kultur wirksam gefördert werden. Das wird es ermöglichen, gewisse Formen von Integrismus und Fundamentalismus ebenso zu überwinden wie auch willkürliche oder subjektive Auslegungsversuche.

Heranbildung zur Übernahme von Verantwortungen in der Sendung der Kirche und zur Fähigkeit, in unserer Gesellschaft ein christliches Zeugnis abzulegen.

Dem Erwachsenen wird geholfen, alles, was er in der kirchlichen Gemeinschaft oder im Leben innerhalb der menschlichen Gemeinschaft durch Natur und Gnade empfangen hat, zu entdecken, auszuwerten, wirken zu lassen. Auf diese Weise wird er auch über die Gefahren der Vermassung und der Anonymität hinwegkommen können, wie sie in einigen unserer heutigen Gesellschaften besonders häufig vorhanden sind und zu Identitätsverlust und Beeinträchtigung der Eigenschaften und Fähigkeiten führen, die einer besitzt.

Besondere Formen der Erwachsenenkatechese\b\i(98)


176 Es gibt Situationen und Umstände, in denen sich besondere Formen der Katechese aufdrängen:

– die Katechese der christlichen Initiation oder der Katechumenat für Erwachsene, dessen Riten vom OICA geregelt sind;

– die Katechese für das Volk Gottes in den gebührend angepaßten herkömmlichen Formen während des liturgischen Jahres oder in der außerordentlichen Form der Volksmissionen;

– die vervollkommende Katechese, die sich an diejenigen richtet, die in der Gemeinde eine Bildungsaufgabe haben: Katecheten und alle, die im Laienapostolat engagiert sind;

– die Katechese anläßlich besonders bedeutsamer Lebensereignisse, wie Heirat, Taufe der Kinder und Empfang der anderen Sakramente der christlichen Initiation, in den kritischen Perioden des jugendlichen Heranwachsens, bei Krankheit usw. Es sind Umstände, in denen die Menschen mehr denn je veranlaßt sind, nach dem wahren Sinn des Lebens zu suchen;

– die Katechese anläßlich besonderer Erfahrungen, wie Eintritt in das Arbeitsleben, Militärdienst, Auswanderung... Das sind Veränderungen, die zu inneren Bereicherungen, aber auch zu Verirrungen führen können, weshalb das Licht und die Stütze des Wortes Gottes benötigt werden;

– die Katechese über den christlichen Gebrauch der Freizeit, insbesondere anläßlich von Ferien und Urlaubsreisen;

– die Katechese im Anschluß an besondere Ereignisse, die das Leben der Kirche und der Gesellschaft betreffen.

Diese und weitere besondere Formen von Katechese flankieren, ohne sie zu ersetzen, die Kurse systematischer, organischer und dauernder Katechese, die jede kirchliche Gemeinschaft allen Erwachsenen gewährleisten muß.

Die Katechese für Kinder im Vorschul– und Schulalter(99)

Situation und Bedeutung des Kleinkind- und Kindesalters\b\i (100)


177 Dieser Altersphase, die herkömmlicherweise in Kleinkindoder Vorschulalter und Kindheit unterschieden wird, ist in den Augen des Glaubens und auch der Vernunft die Anmut der Lebensanfänge eigen, die »wertvolle Möglichkeiten für den Aufbau der Kirche und für die Humanisierung der Gesellschaft bieten«. (101) Daraus ergeben sich auch Bedürfnisse, denen Rechnung zu tragen ist. Das Kind, das dank der Taufe Kind Gottes geworden ist, wird von Christus zum beispielhaften Glied des Gottesreiches erklärt. (102)

Aus verschiedenen Gründen verlangt das Kind heute vielleicht mehr als früher volle Achtung und Hilfe in seinen Ansprüchen auf menschliches und geistiges Wachstum, auch mittels der Katechese, die christlichen Kindern nie fehlen darf. Wer ihm das Leben gegeben und dieses mit der Gabe der Taufe bereichert hat, hat die Pflicht, es unablässig zu nähren.

Kennzeichnende Eigenschaften der Katechese für Kleinkinder und Kinder im Schulalter\b\i(103)


178 Die Katechese der Kleinkinder hängt zwangsläufig mit ihrer Lebenssituation und ihren Lebensbedingungen zusammen und ist Sache verschiedener Erziehungsträger, die einander ergänzen.

Es lassen sich einige Faktoren angeben, die besonders wichtig und allgemein verbreitet sind:

– Das Kleinkind– und das Kindesalter, jedes nach den ihm eigenen Besonderheiten verstanden und behandelt, stellen die Zeit der ersten Sozialisation und menschlichen und christlichen Erziehung in der Familie, in der Schule und in der Kirche dar und sind deshalb als ein für die spätere Zukunft des Glaubens entscheidender Moment zu verstehen.

– Gemäß einer feststehenden Tradition ist die Kindheit für gewöhnlich die Periode, in der die mit der Taufe begonnene christliche Initiation vollendet wird. Im Blick auf den Empfang der Sakramente ist man auf die erste organische Glaubensbildung des Kindes und auf seine Einführung in das Leben der Kirche bedacht. (104)

– In der Zeit der Kindheit wird deshalb der katechetische Prozeß vorwiegend erzieherisch sein und darauf achten, jene inneren menschlichen Kräfte zu entwickeln, die den anthropologischen Nährboden für das Glaubensleben bilden, wie der Sinn für Vertrauen, Selbstlosigkeit, Selbsthingabe, für Gebet und frohe Beteiligung... Die Gebetserziehung und die Einführung in die Heilige Schrift sind zentrale Aspekte der christlichen Formung der Kinder. (105)

– Schließlich ist die Bedeutung zweier lebenswichtiger Erziehungsräume zu beachten: der Familie und der Schule. Die Familienkatechese ist gewissermaßen unersetzlich, vor allem wegen des positiven, heimeligen Milieus, wegen des mitreißenden Beispiels der Erwachsenen, wegen der ersten ausdrücklichen Sensibilisierung für den Glauben und die Glaubenspraxis.


179 Der Schuleintritt bedeutet für das Kind den Eintritt in eine größere Gesellschaft, als sie die Familie ist, mit der Möglichkeit, seine verstandes-, gefühls- und verhaltensbezogenen Fähigkeiten viel mehr zu entwickeln. In der Schule wird oft ein spezifischer Religionsunterricht erteilt.

All das verlangt von der Katechese und den Katecheten eine ständige Zusammenarbeit mit den Eltern und auch mit dem Lehrpersonal der Schule, je nach den von den Rahmenbedingungen gegebenen Möglichkeiten. (106) Die Seelsorger mögen sich bewußt sein, daß es die Kirche ist, die aufgebaut wird, wenn sie den Eltern und Erziehern helfen, ihre Sendung gut zu erfüllen. Zudem bietet diese Arbeit eine ausgezeichnete Gelegenheit zur Erwachsenenkatechese.(107)

Kleinkinder und Kinder ohne religiösen Halt in der Familie oder Kinder, die nicht die Schule besuchen\b\i (108)


180 Es gibt wirklich, und zwar in großem Maß, kleine und größere Kinder, die schwer benachteiligt sind, weil ihnen von der Familie her kein angemessener religiöser Halt zuteil wird oder weil sie keine echte Familie haben oder weil sie keine Schule besuchen oder unter sozialer Unsicherheit oder Fehlanpassung leiden oder aus anderen milieubedingten Gründen. Viele sind nicht einmal getauft; andere führen den Initiationsweg nicht zu Ende. Es ist Sache der christlichen Gemeinschaft, sich durch einen großmütigen, kompetenten und wirklichkeitsbezogenen Ersatzdienst ihrer anzunehmen, indem das Gespräch mit den Familien gesucht wird, geeignete schulische Erziehungsformen vorgeschlagen und für eine Katechese gesorgt wird, die den konkreten Möglichkeiten und Notwendigkeiten der Kinder entspricht.

Die Jugendkatechese (109)

Voradoleszenz, Adoleszenz und Jugendalter\b\i (110)


181 Allgemein ist zu bemerken, daß die geistige und kulturelle Krise, an der die Welt krankt, (111) ihre ersten Opfer in den jungen Generationen hat. Es ist aber auch wahr, daß der Einsatz für eine bessere Gesellschaft in ihnen die besten Hoffnungsträger findet.

Das muß die Kirche noch mehr dazu antreiben, mutig und schöpferisch die Verkündigung des Evangeliums an die Welt der Jugend vorzunehmen.

Diesbezüglich zeigt die Erfahrung, wie nützlich es für die Katechese ist, das Jugendalter in Voradoleszenz, Adoleszenz und Jugend zu unterscheiden, wobei man sich die Ergebnisse der wissenschaftlichen Forschung und die Kenntnis der Lebensbedingungen in den verschiedenen Ländern zweckmäßig zunutze macht.

In den sogenannten fortschrittlichen Regionen stellt sich besonders in bezug auf die Voradoleszenz ein Problem: Man trägt den Schwierigkeiten, Bedürfnissen und menschlichen und geistigen Kräften der Halbwüchsigen zu wenig Rechnung, so daß man in bezug auf sie geradezu von einem verleugneten (nicht zur Kenntnis genommenen) Alter sprechen kann.

In sehr vielen Fällen vollendet an und für sich in dieser Zeit der Junge, das Mädchen durch den Empfang des Firmsakraments den Prozeß der christlichen Initiation, verabschiedet sich aber gleichzeitig fast gänzlich von der Glaubenspraxis. Man muß dem ernsthaft Rechnung tragen und eine besondere Seelsorge entwickeln, die von den Bildungskräften Gebrauch macht, welche durch den Initiationsweg selbst gegeben sind.

Was die beiden anderen Kategorien betrifft, so ist die Zeit des Heranwachsens (Adoleszenz) vom Jugendalter zu unterscheiden, wenn wir uns auch der Schwierigkeit, die Bedeutung der beiden Ausdrücke eindeutig zu bestimmen. voll bewußt sind. Im großen und ganzen verstehen wir hier darunter jene Lebensperiode, die der Übernahme von Verantwortung, die den Erwachsenen vorbehalten ist, vorausgeht.

Auch die Katechese für die Welt der Jugend muß gründlich überprüft und verstärkt werden.


Allgemeines Direktorium für die Katechese 156