Evangelium vitae DE 90


90 Zu einer besonderen Rolle berufen sind die Personen, die sich im Freiwilligendienst engagieren: sie leisten einen wertvollen Beitrag im Dienst am Leben, wenn sie berufliche Fähigkeit und hochherzige, unentgeltliche Liebe zu verbinden verstehen. Das Evangelium vom Leben spornt sie an, die Gefühle einfacher Menschenliebe auf die Höhe der Christusliebe emporzuheben; jeden Tag inmitten von Ermüdung und Überdruß das Bewußtsein von der Würde jedes Menschen zurückzugewinnen; die Bedürfnisse der Menschen ausfindig zu machen und dabei, wenn nötig, dort neue Wege einzuschlagen, wo die Not am dringendsten ist und Beachtung und Hilfe am schwächsten sind.

Der hartnäckige Realismus der Liebe erfordert, daß dem Evangelium vom Leben auch durchFormen sozialen Handelns und politischen Engagements, durch die Verteidigung und Förderung des Wertes des Lebens in unseren immer komplexeren und pluralistischeren Gesellschaften gedient wird. Einzelne, Familien, Gruppen, Gemeinschaften haben, und sei es auch in je verschiedener Weise, eine Verantwortung im sozialen Handeln und in der Erarbeitung kultureller, wirtschaftlicher, politischer und gesetzgeberischer Vorhaben, die unter Achtung aller und nach der Logik des demokratischen Zusammenlebens zum Aufbau einer Gesellschaft beitragen sollen, in der die Würde jedes Menschen anerkannt und geschützt und das Leben aller verteidigt und gefördert wird.

Diese Aufgabe lastet im besonderen auf den Verantwortlichen für die Staatsangelegenheiten. Da sie dazu bestellt sind, dem Menschen und dem Gemeinwohl zu dienen, haben sie die Pflicht, vor allem im Bereich der von der Gesetzgebung getroffenen Verfügungen mutige Entscheidungen zugunsten des Lebens zu treffen. In einer demokratischen Regierungsform, in der auf Grund der Zustimmung vieler die Gesetze verabschiedet und die Entscheidungen gefällt werden, kann sich im Gewissen der einzelnen, die mit Autorität ausgestattet sind, der Sinn für die persönliche Verantwortung abschwächen. Aber niemand kann auf sie je verzichten, vor allem dann nicht, wenn er ein Gesetzgebungs– oder Entscheidungsmandat innehat, das ihn ruft, sich vor Gott, vor dem eigenen Gewissen und vor der Gesamtgesellschaft über Entscheidungen, die eventuell dem wirklichen Gemeinwohl entgegenstehen, zu verantworten. Wenn die Gesetze auch nicht das einzige Mittel sind, um das menschliche Leben zu verteidigen, so spielen sie doch eine sehr wichtige und manchmal entscheidende Rolle bei der Förderung einer Denkweise und einer Gewohnheit. Ich wiederhole noch einmal, daß eine Vorschrift, die das natürliche Recht auf Leben eines Unschuldigen verletzt, unrecht ist und als solche keinen Gesetzeswert haben kann. Deshalb erneuere ich mit Nachdruck meinen Appell an alle Politiker, keine Gesetze zu erlassen, die durch Mißachtung der Würde der Person das bürgerliche Zusammenleben selber an der Wurzel bedrohen.

Die Kirche weiß, daß es im Rahmen pluralistischer Demokratien wegen des Vorhandenseins starker kultureller Strömungen mit verschiedenem Ansatz schwierig ist, einen wirksamen gesetzlichen Schutz des Lebens in die Tat umzusetzen. Doch veranlaßt von der Gewißheit, daß die sittliche Wahrheit im Inneren jedes Gewissens ein Echo haben muß, ermutigt sie die Politiker, angefangen bei jenen, die Christen sind, nicht zu resignieren und jene Entscheidungen zu treffen, die unter Berücksichtigung der konkreten Möglichkeiten zur Wiederherstellung einer gerechten Ordnung bei der Geltendmachung und Förderung des Wertes des Lebens führen sollen. Im Hinblick darauf muß unterstrichen werden, daß es mit der Aufhebung der ungerechten Gesetze nicht getan ist. Man wird die Ursachen beseitigen müssen, die den Angriffen gegen das Leben Vorschuß leisten, indem man vor allem für Familie und Mutterschaft die gebührende Unterstützung sicherstellt: die Familienpolitik muß Grundlage und Motor jeder Sozialpolitik sein. Es gilt daher, soziale und gesetzgeberische Initiativen in Gang zu setzen, die imstande sind, bei der Entscheidung bezüglich der Elternschaft Bedingungen echter Freiheit zu garantieren; außerdem ist es notwendig, die Arbeitspolitik, die Städtebaupolitik, die Wohnungsbau– und Dienstleistungspolitik neu zu ordnen, damit die Arbeitszeiten und der Zeitplan der Familie aufeinander abgestimmt werden können und die Betreuung der Kinder und der alten Menschen tatsächlich möglich wird.



91 Ein wichtiges Kapitel der Politik für das Leben stellt heute die Problematik des Bevökerungswachstums dar. Die staatlichen Behörden haben gewiß die Verantwortung, mit Initiativen »auf das

Bevölkerungswachstum einzuwirken«; 114 aber solche Initiativen müssen immer die vorrangige und unveräußerliche Verantwortlichkeit der Ehegatten und der Familien voraussetzen und respektieren und dürfen nicht Methoden anwenden, die die Person und ihre Grundrechte mißachten, angefangen bei dem Recht jedes unschuldigen menschlichen Geschöpfes auf Leben. Es ist daher sittlich unannehmbar, daß man wegen der Geburtenregelung zur Anwendung von Mitteln wie Empfängnisverhütung, Sterilisation und Abtreibung ermutigt, ja sie sogar auferlegt.

Es gibt sehr wohl andere Wege, um das Problem des Bevölkerungswachstums zu lösen: die Regierungen und die verschiedenen internationalen Einrichtungen müssen vor allem die Schaffung wirtschaftlicher, sozialer, medizinisch-sanitärer und kultureller Verhältnisse anstreben, die es den Eheleuten erlauben, ihre die Fortpflanzung betreffenden Entscheidungen in voller Freiheit und mit wirklicher Verantwortung zu treffen; sodann müssen sie sich »um die Vermehrung der Mittel und die gerechtere Verteilung des Reichtums kümmern, so daß alle gleichmäßig an den Gütern der Schöpfung beteiligt werden. Es muß nach Lösungen auf Weltebene gesucht werden durch Einrichtung einer glaubwürdigen Wirtschaftsgemeinschaft und Güterverteilung sowohl auf internationaler wie auf nationaler Ebene«. 115 Das ist der einzige Weg, der nicht nur die Würde der Person und der Familien, sondern auch das authentische Kulturerbe der Völker achtet.

Der Dienst am Evangelium vom Leben ist daher umfassend und vielschichtig. Er erscheint uns zunehmend als wertvoller und geeigneter Rahmen für eine tatkräftige Zusammenarbeit mit den Brüdern der anderen christlichen Kirchen und Gemeinschaften, und zwar auf der Linie jenesÖkumenismus der Werke, zu dem das II. Vatikanische Konzil maßgebend ermutigt hat. 116 Außerdem erscheint er als willkommener Raum für den Dialog und die Zusammenarbeit mit den Anhängern anderer Religionen und mit allen Menschen guten Willens: niemand besitzt das Monopol auf den Schutz und die Förderung des Lebens, sondern sie sind Aufgabe und Verantwortung aller. Es ist eine schwierige Herausforderung, die vor dem nahen dritten Jahrtausend vor uns liegt: allein die einträchtige Zusammenarbeit aller, die an den Wert des Lebens glauben, wird eine Niederlage der Zivilisation von unvorhersehbaren Ausmaßen vermeiden können.

114) Katechismus der katholischen Kirche, Nr.
CEC 2372.
115) Johannes Paul II., Ansprache zur Eröffnung der 4. Vollversammlung der lateinamerikanischen Bischöfe in Santo Domingo (12. Oktober 1992), Nr. 15: AAS 85 (1993), 819.
116) Vgl. Dekret über den Ökumenismus Unitatis redintegratio, UR 12; Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heute Gaudium et spes, Nr. GS 90.



»Kinder sind eine Gabe des Herrn, die Frucht des Leibes ist sein Geschenk«

92 (Ps 127 Ps 1,3):

die Familie »Heiligtum des Lebens«


Innerhalb des »Volkes des Lebens und für das Leben« kommt es entscheidend auf die Verantwortlichkeit der Familie an: eine Verantwortlichkeit, die dem der Familie eigenen Wesen — nämlich auf die Ehe gegründete Lebens– und Liebesgemeinschaft zu sein — und ihrer Sendung, »die Liebe zu hüten, zu offenbaren und mitzuteilen« 117 entspringt. Es geht um die Liebe Gottes selbst, dessen Mitwirkende und gleichsam Interpreten seiner Liebe die Eltern sind, wenn sie dem Plan des Vaters entsprechend das Leben weitergeben und erziehen. 118 Die Liebe wird somit zu unentgelt- lichem Dienst, zu Aufnahme, zum Geschenk: in der Familie wird ein jeder anerkannt, geachtet und geehrt, weil er Person ist, und wenn einer es nötig hat, wird ihm intensivere und aufmerksamere Fürsorge zuteil.

Die Familie wird in die gesamte Lebensspanne ihrer Mitglieder hineingezogen, von der Geburt bis zum Tod. Sie ist wahrlich »das Heiligtum des Lebens..., der Ort, an dem das Leben, Gabe Gottes, in angemessener Weise angenommen und gegen die vielfältigen Angriffe, denen es ausgesetzt ist, geschützt wird und wo es sich entsprechend den Forderungen eines echten menschlichen Wachstums entfalten kann«. 119 Darum ist die Rolle der Familie beim Aufbau der Kultur des Lebens entscheidend und unersetzlich.

Als Hauskirche ist die Familie aufgerufen, das Evangelium vom Leben zu verkünden, zu feiern und ihm zu dienen. Dies ist vor allem Aufgabe der Eheleute, die berufen sind, das Leben weiterzugeben auf der Grundlage eines immer wieder erneuerten Bewußtseins vom Sinn der Zeugung als bevorzugtem Ereignis, in dem offenbar wird, daß das menschliche Leben ein Geschenk ist, um seinerseits weitergeschenkt zu werden. Bei der Zeugung eines neuen Lebens werden die Eltern gewahr, daß ihr Kind, »wenn es Frucht ihrer gegenseitigen Schenkung aus Liebe ist, seinerseits ein Geschenk für beide ist: eine Gabe, die der Gabe entspringt«. 120

Vor allem durch die Erziehung der Kinder erfüllt die Familie ihre Sendung, das Evangelium vom Leben zu verkünden. Durch das Wort und das Beispiel in den täglichen Beziehungen und Entscheidungen und durch konkrete Gesten und Zeichen führen die Eltern ihre Kinder in die echte Freiheit ein, die sich in der aufrichtigen Selbsthingabe verwirklicht, und bilden in ihnen die Achtung vor dem anderen, den Gerechtigkeitssinn, die herzliche Aufnahme, den Dialog, den großzügigen Dienst, die Solidarität und jeden anderen Wert aus, der helfen soll, das Leben als ein Geschenk zu leben. Die Erziehungsarbeit der christlichen Eltern muß zum Dienst am Glauben der Kinder und zu ihnen angebotener Hilfe werden, damit sie die von Gott empfangene Berufung erfüllen können. Es gehört zum Erziehungsauftrag der Eltern, die Kinder durch Zeugnis den wahren Sinn des Leidens und Sterbens zu lehren: das wird ihnen gelingen, wenn sie jedes Leiden in ihrer Umgebung beachten und wenn sie noch vorher für die Entwicklung von Haltungen sorgen wie Nähe, Fürsorge, Anteilnahme gegenüber Kranken und Alten im Familienkreis.

117) Johannes Paul II., Apostol. Schreiben Familiaris consortio (22. November 1981), Nr. FC 17: AAS 74 (1982), 100.
118) Vgl. II. Vat. Konzil, Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heute Gaudium et spes, Nr. GS 50.
119) Johannes Paul II., Enzyklika Centesimus annus (1. Mai 1991), Nr. CA 39: AAS 83 (1991), 842.
120) Johannes Paul II., Ansprache an die Teilnehmer am 7. Symposion der europäischen Bischöfe über das Thema "Heutige Haltungen gegenüber Geburt und Tod: eine Herausforderung für die Evangelisierung" (17. Oktober 1989), Nr. 5: Insegnamenti XII, 2 (1989), 945. Eben als Geschenk Gottes werden die Kinder von der biblischen Überlieferung hingestellt (vgl. Ps 127,3 [126],3), als Zeichen seines Segens auf dem Mann, der auf seinen Wegen wandelt (vgl. Ps 128,3-4 [127],3-4).


93 Des weiteren feiert die Familie das Evangelium vom Leben durch das tägliche Gebet, das persönliche und das Gebet in der Familie: mit ihm lobt sie den Herrn und dankt Ihm für die Gabe des Lebens und fleht um Licht und Kraft, um mit schwierigen Situationen und Leiden fertigzuwerden, ohne die Hoffnung zu verlieren. Aber die Feier, die jeder anderen Gebets- und Kultform erst Sinn gibt, ist diejenige, die sich im alltäglichen Dasein der Familie ausdrückt, wenn es denn ein Dasein ist, das von Liebe und Sichverschenken bestimmt wird.

Die Feier wird so zu einem Dienst am Evangelium vom Leben, der sich durch die innerhalb und außerhalb der Familie als zuvorkommende, wachsame und herzliche Aufmerksamkeit in den kleinen und anspruchslosen Handlungen des Alltags erlebte Solidarität ausdrückt. Einen besonders bedeutsamen Ausdruck findet die Solidarität zwischen den Familien in der Bereitschaft, von ihren Eltern verlassene oder in schlimmen, elenden Verhältnissen lebende Kinder zuadoptieren oder sich ihrer anzunehmen. Die wahre Elternliebe kann über die Bande des Fleisches und Blutes hinausgehen und Kinder anderer Familien aufnehmen, indem ihnen geboten wird, was für ihr Leben und ihre Entfaltung nötig ist. Unter den Adoptionsmöglichkeiten verdient auch dieAdoption aus der Ferne Beachtung; ihr ist in den Fällen der Vorzug zu geben, in denen die große Armut der Familie der einzige Grund dafür ist, daß ein Kind im Stich gelassen wird. Durch diesen Adoptionstyp werden den Eltern die nötigen Mittel bereitgestellt, damit sie ihre Kinder erhalten und erziehen können, ohne sie ihrer natürlichen Umgebung entwurzeln zu müssen.

Die Solidarität, die als »feste und beständige Entschlossenheit, sich für das Gemeinwohl einzusetzen« 121 verstanden wird, muß auch durch Formen sozialer und politischer Beteiligungin die Tat umgesetzt werden. Infolgedessen ist der Dienst am Evangelium vom Leben damit verbunden, daß sich die Familien besonders durch aktive Mitgliedschaft in eigenen Familienverbänden darum bemühen, daß die Gesetze und Einrichtungen des Staates auf keinen Fall das Recht auf Leben von der Empfängnis bis zum natürlichen Tod verletzen, sondern es schützen und fördern.

121) Johannes Paul II., Sollicitudo rei socialis (30. Dezember 1987), Nr.
SRS 38: AAS 80 (1988), 565-566.


94 Ein Sonderplatz muß den alten Menschen eingeräumt werden. Während in einigen Kulturen der Mensch vorgerückten Alters mit einer wichtigen aktiven Rolle in die Familie eingebunden bleibt, wird hingegen in anderen Kulturen der alte Mensch als eine unnütze Last empfunden und sich selbst überlassen: in einem solchen Umfeld kann leichter die Versuchung zum Rückgriff auf die Euthanasie auftauchen.

Die Abschiebung oder gar Ablehnung der alten Menschen ist unerträglich. Ihre Anwesenheit in der Familie oder wenigstens die Nähe der Familie zu ihnen, wenn es wegen beengter Wohnverhältnisse oder aus anderen Gründen keine realen Alternativen zum Krankenhaus oder Altenheim geben sollte, sind von grundlegender Bedeutung, um ein Klima gegenseitigen Austausches und bereichernder Kommunikation zwischen den verschiedenen Altersgruppen herzustellen. Es ist deshalb sehr wichtig, daß man eine Art »Vertrag« zwischen den Generationen beibehält bzw. dort, wo er verloren gegangen ist, wiederherstellt, so daß die alten Eltern, wenn sie am Ende ihres Weges angekommen sind, bei den Kindern die Aufnahme und die Solidarität finden können, die sie ihnen ihrerseits entgegengebracht haben, als diese dem Leben entgegengingen: das fordert der Gehorsam gegen das göttliche Gebot, Vater und Mutter zu ehren (vgl.
Ex 20,12 Lv 19,3). Aber das ist nicht alles. Der alte Mensch ist nicht nur als Objekt der Aufmerksamkeit, der Nähe und des Dienstes zu betrachten. Auch er hat einen wertvollen Beitrag zum Evangelium vom Leben zu leisten. Dank des im Laufe der Jahre erworbenen reichen Erfahrungsschatzes kann und muß er einer sein, der Weisheit weitergibt sowie Zeugnis von Hoffnung und Liebe ablegt.

Auch wenn es stimmt, daß »die Zukunft der Menschheit über die Familie geht«, 122 muß man zugeben, daß die heutigen sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Bedingungen die Aufgabe der Familie, dem Leben zu dienen, oft erschweren und mühsam gestalten. Damit sie ihre Berufung als »Heiligtum des Lebens«, als Zelle einer Gesellschaft, die das Leben liebt und aufnimmt, verwirklichen kann, ist es dringend nötig, daß die Familie selbst Hilfe und Unterstützung erfährt.Die Gesellschaften und die Staaten müssen ihr alle jene, auch wirtschaftliche Hilfe sicherstellen, die die Familien brauchen, damit sie ihren Problemen auf humanere Weise nachkommen können. Die Kirche ihrerseits muß unermüdlich eine Familienpastoral fördern, die jede Familie anzuspornen vermag, mit Freude und Mut ihre Sendung gegenüber dem Evangelium vom Lebenwiederzuentdecken und zu leben.

122) Johannes Paul II., Apostol. Schreiben Familiaris consortio (22. November 1981), Nr. FC 85: AAS 74 (1982), 188.



»Lebt als Kinder des Lichts!«

(Ep 5,8):

um eine kulturelle Wende herbeizuführen


95 »Lebt als Kinder des Lichts... Prüft, was dem Herrn gefällt, und habt nichts gemein mit den Werken der Finsternis« (Ep 5,8 Ep 5,10-11). Im heutigen gesellschaftlichen Kontext, der von einem dramatischen Kampf zwischen der »Kultur des Lebens« und der »Kultur des Todes« gekennzeichnet ist, muß man einen starken kritischen Geist zum Reifen bringen, der die wahren Werte und die echten Erfordernisse zu erkennen in der Lage ist.

Es bedarf dringend einer allgemeinen Mobilisierung der Gewissen und einer gemeinsamen sittlichen Anstrengung, um eine große Strategie zu Gunsten des Lebens in die Tat umzusetzen.Wir müssen alle zusammen eine neue Kultur des Lebens aufbauen: neu, weil sie in der Lage sein muß, die heute neu anstehenden Probleme in bezug auf das Leben des Menschen aufzugreifen und zu lösen; neu, weil sie eben mit stärkerer und tätiger Überzeugung von seiten aller Christen aufgebaut werden muß; neu, weil sie in der Lage sein muß, zu einer ernsthaften und mutigen kulturellen Gegenüberstellung mit allen anzuregen. Die Dringlichkeit dieser kulturellen Wende hängt mit der historischen Situation zusammen, in der wir uns befinden, aber sie wurzelt vor allem im Evangelisierungsauftrag, der wesenhaft zur Kirche gehört. Denn das Evangelium hat zum Ziel, »die Menschheit von innen her umzuwandeln, sie zu erneuern«; 123 es ist wie die Hefe, die den ganzen Teig durchsäuert (vgl. Mt 13,33), und als solches dazu bestimmt, alle Kulturen zu durchdringen und sie von innen her zu beleben, 124 damit sie die ganze Wahrheit über den Menschen und über sein Leben zum Ausdruck bringen.

Beginnen muß man bei der Erneuerung der Kultur des Lebens innerhalb der christlichen Gemeinden selbst. Allzu oft verfallen die Gläubigen, sogar jene, die aktiv am kirchlichen Leben teilnehmen, auf eine Art Trennung zwischen dem christlichen Glauben und seinen sittlichen Forderungen in bezug auf das Leben, was schließlich zum moralischen Subjektivismus und zu manchen unannehmbaren Verhaltensweisen führt. Wir müssen uns also mit großer Klarheit und mutig fragen, welche Kultur des Lebens heutzutage unter den einzelnen Christen, in den Familien, den Gruppen und den Gemeinden unserer Diözesen verbreitet ist. Mit derselben Klarheit und Entschiedenheit müssen wir feststellen, welche Schritte wir vorzunehmen aufgerufen sind, um dem Leben der Fülle seiner Wahrheit entsprechend zu dienen. Zugleich müssen wir mit allen, auch mit den Nichtglaubenden, an den Stätten des Denkens und geistigen Schaffens ebenso wie in den verschiedenen Berufsbereichen und dort, wo sich täglich das Leben eines jeden abspielt, eine ernsthafte und gründliche Auseinandersetzung über die Grundprobleme des menschlichen Lebens anstellen.

123) Paul VI., Apostol. Schreiben Evangelii nuntiandi (8. Dezember 1975), Nr. EN 18: AAS 68 (1976), 17.
124) Vgl. ebd., Nr. EN 20, a.a.O., 18.


96 Der erste und grundlegende Schritt für die Verwirklichung dieser kulturellen Wende besteht in der Bildung des sittlichen Gewissens hinsichtlich des unermeßlichen und unverletzlichen Wertes jedes Menschenlebens. Von größter Bedeutung ist die Wiederentdeckung des untrennbaren Zusammenhanges zwischen Leben und Freiheit. Das sind voneinander untrennbare Güter: wo das eine verletzt wird, wird zum Schluß auch das andere verletzt. Es gibt keine wahre Freiheit, wo das Leben nicht aufgenommen und geliebt wird; und Leben im Vollsinn gibt es nur in der Freiheit. Diese beiden Wirklichkeiten haben außerdem eine angestammte Sonderbeziehung, die sie unlösbar verbindet: die Berufung zur Liebe. Diese Liebe als aufrichtige Selbsthingabe 125 ist der eigentlichste Sinn des Lebens und der Freiheit der Person.

Nicht minder entscheidend bei der Gewissensbildung ist die Wiederentdeckung des Zusammenhanges, der zwischen Freiheit und Wahrheit besteht. Wie ich wiederholt hervorgehoben habe, macht es die Entwurzelung der Freiheit von der objektiven Wahrheit unmöglich, die Rechte der Person auf einer festen rationalen Basis zu begründen, und schafft die Vorbedingungen dafür, daß sich in der Gesellschaft die unlenkbare Willkür einzelner oder der beschämende Totalitarismus der staatlichen Macht durchsetzen. 126

Es kommt also wesentlich darauf an, daß der Mensch die urgegebene Augenfälligkeit seines Zustandes als Geschöpf anerkennt, das von Gott das Sein und das Leben als Gabe und Aufgabe empfängt: nur wenn er diese seine angeborene Abhängigkeit im Sein annimmt, kann der Mensch voll sein Leben und seine Freiheit verwirklichen und zugleich zutiefst das Leben und die Freiheit jedes anderen Menschen achten. Hier vor allem erweist sich, daß »im Mittelpunkt jeder Kultur die Haltung steht, die der Mensch dem größten Geheimnis gegenüber einnimmt: dem Geheimnis Gottes«. 127 Wenn Gott geleugnet wird und man lebt, als ob Er nicht existierte oder wenn man sich nicht an seine Gebote hält, wird man am Ende auch leicht die Würde der menschlichen Person und die Unantastbarkeit ihres Lebens leugnen oder kompromittieren.

125) Vgl. II. Vat. Konzil, Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heute Gaudium et spes, Nr.
GS 24.
126) Vgl. Johannes Paul II., Enzyklika Centesimus annus (1. Mai 1991), Nr. CA 17: AAS 83 (1991), 814; Enzyklika Veritatis splendor (6. August 1993), Nr. VS 95-101: AAS 85 (1993), 1208-1213.
127) Johannes Paul II., Enzyklika Centesimus annus (1. Mai 1991), Nr. CA 24: AAS 83 (1991), 822.


97 In engem Zusammenhang mit der Gewissensbildung steht dieErziehungsarbeit, die dem Menschen hilft, immer mehr Mensch zu sein, die ihn immer tiefer in die Wahrheit einführt, ihn zu einer wachsenden Achtung vor dem Leben anleitet und ihn für die rechten zwischenmenschlichen Beziehungen heranbildet.

Besonders notwendig ist es, zum Wert des Lebens von seinen Ursprüngen an zu erziehen. Es ist eine Illusion zu meinen, man könne eine echte Kultur des menschlichen Lebens aufbauen, wenn man den jungen Menschen nicht hilft, die Sexualität, die Liebe und das ganze Sein in ihrer wahren Bedeutung und in ihrer tiefen Wechselbeziehung zu begreifen und zu leben. Die Geschlechtlichkeit, ein Reichtum der ganzen Person, »zeigt ihre tiefste Bedeutung darin, daß sie die Person zur Hingabe ihrer selbst in der Liebe führt«. 128 Die Banalisierung der Sexualität gehört zu den hauptsächlichen Faktoren, in denen die Verachtung des werdenden Lebens ihren Ursprung hat: nur eine echte Liebe vermag das Leben zu hüten. Man kann also nicht umhin, vor allem den Heranwachsenden und Jugendlichen die authentische Erziehung zur Sexualität und zur Liebeanzubieten, eine Erziehung, die dieErziehung zur Keuschheit als Tugend beinhaltet, die die Reife der Person fördert und sie befähigt, die »bräutliche« Bedeutung des Körpers zu achten.

Das Werk der Erziehung zum Leben schließt die Formung der Eheleute im Hinblick auf die verantwortliche Zeugung der Nachkommenschaft ein. Diese erfordert in ihrer wahren Bedeutung, daß sich die Ehegatten dem Ruf des Herrn fügen und als treue Interpreten seines Planes handeln: das ist der Fall, wenn die Familie sich großherzig neuem Leben öffnet und auch dann in einer Haltung der Offenheit für das Leben und des Dienstes an ihm bleibt, wenn die Ehepartner aus ernstzunehmenden Gründen und unter Achtung des Moralgesetzes entscheiden, vorläufig oder für unbestimmte Zeit eine neue Geburt zu vermeiden. Das Moralgesetz verpflichtet sie in jedem Fall, die Neigungen des Instinkts und der Leidenschaften zu beherrschen und die ihrer Person eingeschriebenen biologischen Gesetze zu beachten. Im Dienst der Verantwortlichkeit bei der Zeugung erlaubt gerade diese Beachtung die Anwendung der natürlichen Methoden der Fruchtbarkeitsregelung: sie werden vom wissenschaftlichen Standpunkt her immer besser erklärt und bieten konkrete Möglichkeiten für Entscheidungen an, die mit den sittlichen Werten im Einklang stehen. Eine gewissenhafte Betrachtung der erzielten Ergebnisse müßte noch zu sehr verbreitete Vorurteile fallen lassen und die Gatten sowie das im Gesundheits- und im Sozialdienst tätige Personal von der Wichtigkeit einer diesbezüglich angemessenen Aufklärung überzeugen. Die Kirche ist denjenigen dankbar, die sich unter persönlichen Opfern und mit oft verkannter Hingabe für die Erforschung und Verbreitung solcher Methoden einsetzen und gleichzeitig eine Erziehung zu den sittlichen Werten fördern, die deren Anwendung voraussetzt.

Die Erziehungsarbeit muß auch das Leiden und den Tod in Betracht ziehen. Tatsächlich gehören sie ja zur menschlichen Erfahrung, und es ist vergeblich und darüber hinaus abwegig zu versuchen, sie einer Zensur zu unterwerfen oder zu verdrängen. Hingegen soll jedem geholfen werden, ihr tiefes Geheimnis in der konkreten und harten Wirklichkeit zu erfassen. Auch der Schmerz und das Leiden haben einen Sinn und einen Wert, wenn sie in enger Verbindung mit der empfangenen und verschenkten Liebe gelebt werden. In dieser Perspektive wollte ich, daß man jedes Jahr den Welttag der Kranken begehe, wobei ich »den Heilswert der Aufopferung des Leidens« betonte, »das, in Vereinigung mit Christus ertragen, zum eigentlichen Wesen der Erlösung gehört«. 129 Im übrigen ist sogar der Tod alles andere als ein Abenteuer ohne Hoffnung: er ist das Tor des Lebens, das sich zur Ewigkeit hin auftut, und für alle, die ihn bewußt in Christus leben, ist er Erfahrung der Teilhabe am Geheimnis von Tod und Auferstehung.

128) Johannes Paul II., Apostol. Schreiben Familiaris consortio (22. November 1981), Nr.
FC 37: AAS 74 (1982), 128.
129) Schreiben zur Einrichtung des Welttages der Kranken (13. Mai 1992), Nr. 2: Insegnamenti XV, 1 (1992), 1410.


98 Zusammenfassend können wir sagen, daß die hier herbeigewünschte kulturelle Wende von allen den Mut verlangt, einen neuen Lebensstil zu entfalten, der sich darin ausdrückt, daß den konkreten Entscheidungen — auf persönlicher, familiärer, gesellschaftlicher und internationaler Ebene — die rechte Werteskala zugrunde gelegt wird: der Vorrang des Seins vor dem Haben, 130 der Person vor den Dingen.131 Dieser erneuerte Lebensstil schließt auch ein, daß wir uns ändern von der Gleichgültigkeit zur Anteilnahme für den anderen und von der Ablehnung zu seiner Aufnahme: die anderen sind nicht Konkurrenten, vor denen wir uns verteidigen müssen, sondern Brüder und Schwestern, mit denen wir solidarisch sein sollen; sie müssen um ihrer selbst willen geliebt werden; sie bereichern uns durch ihre Gegenwart.

Bei der Mobilisierung für eine neue Kultur des Lebens darf sich niemand ausgeschlossen fühlen:alle haben eine wichtige Rolle zu erfüllen. Neben der Aufgabe der Familien ist jene der Lehrerund der Erzieher besonders wertvoll. Es wird sehr von ihnen abhängen, ob die auf eine echte Freiheit vorbereiteten jungen Leute imstande sein werden, echte Ideale vom Leben in sich zu bewahren und um sich herum zu verbreiten und in der Achtung vor jedem und im Dienst an jedem Menschen in Familie und Gesellschaft zu wachsen.

Auch die Intellektuellen können viel für den Aufbau einer neuen Kultur des menschlichen Lebens tun. Eine besondere Aufgabe obliegt den katholischen Intellektuellen, die aufgerufen sind, aktiv präsent zu sein an den bevorzugten Stätten des kulturellen Schaffens, in der Welt der Schule und der Universität, in den Kreisen der wissenschaftlichen und technischen Forschung, an den Orten des künstlerischen Schaffens und der humanistischen Reflexion. Sie sollen ihren Geist und ihr Handeln aus den klaren lebenspendenden Säften des Evangeliums nähren und sich engagieren im Dienst einer neuen Kultur des Lebens, durch die Erstellung ernsthafter, gut dokumentierter Beiträge, die wegen ihres Wertes das Ansehen und das Interesse aller auf sich zu ziehen vermögen. Gerade aus dieser Sicht habe ich die Päpstliche Akademie für das Leben mit der Aufgabe eingerichtet, »zu studieren, zu informieren und zu bilden über die Hauptprobleme der Biomedizin und des Rechts, die im Zusammenhang mit der Förderung und der Verteidigung des Lebens stehen, vor allem in der direkten Beziehung, die sie mit der christlichen Moral und den Anweisungen des Lehramtes der Kirche haben«. 132 Ein Beitrag spezifischer Art wird auch von den Universitäten, im besonderen von den katholischen, und von den Zentren, Instituten und Komitees für Bioethik kommen müssen.

Groß und schwer ist die Verantwortung der in den Massenmedien Tätigen, die aufgerufen sind, sich dafür einzusetzen, daß die mit so großer Wirksamkeit weitergegebenen Botschaften zur Kultur des Lebens beitragen mögen. Sie müssen also erhabene und vornehme Lebensbeispiele präsentieren und den positiven und mitunter heroischen Zeugnissen von der Liebe zum Menschen Raum verschaffen; mit großem Respekt die Werte der Sexualität und der Liebe vorstellen, ohne sich über das zu verbreiten, was die Würde des Menschen entstellt und herabsetzt. Beim Lesen der Wirklichkeit müssen sie sich weigern etwas herauszustellen, was Gefühle oder Haltungen der Gleichgültigkeit, Verachtung oder Ablehnung gegenüber dem Leben wecken oder wachsen lassen kann. In gewissenhafter Treue zur Wahrheit der Tatsachen sind sie aufgerufen, die Freiheit der Information, die Achtung vor jeder Person und einen tiefen Sinn für Humanität miteinander zu verbinden.

130) Vgl. II. Vat. Konzil, Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heute Gaudium et spes, Nr.
GS 35; Paul VI., Enzyklika Populorum progressio (26. März 1967), Nr. PP 15: AAS 59 (1967), 265.
131) Vgl. Johannes Paul II., Brief an die Familien Gratissimam sane (2. Februar 1994), LF 13: AAS 86 (1994), 892.
132) Johannes Paul II., Motu Proprio Vitae mysterium (11. Februar 1994), Nr. 4: AAS 86 (1994), 386-387.


99 Bei der kulturellen Wende zu Gunsten des Lebens haben die Frauen einen einzigartigen und vielleicht entscheidenden Denk– und Handlungsspielraum: sie sind es, die einen »neuen Feminismus« fördern müssen, der, ohne in die Versuchung zu verfallen, »Männlichkeits«-Vorbildern nachzujagen, durch den Einsatz zur Überwindung jeder Form von Diskriminierung, Gewalt und Ausbeutung den echten weiblichen Geist in allen Ausdrucksformen des bürgerlichen Zusammenlebens zu erkennen und zu bekunden versteht.

Indem ich die Worte der Schlußbotschaft des II. Vatikanischen Konzils aufgreife, richte auch ich an die Frauen die dringende Aufforderung: Versöhnt die Menschen mit dem Leben!«. 133 Ihr seid berufen, den Sinn der echten Liebe zu bezeugen, jener Selbsthingabe und jener Aufnahme des anderen, die sich zwar auf besondere Weise in der ehelichen Beziehung verwirklichen, die aber die Seele jeder anderen zwischenmenschlichen Beziehung sein sollen. Die Erfahrung der Mutterschaft begünstigt in euch eine scharfe Sensibilität für den anderen Menschen und überträgt euch zugleich eine besondere Aufgabe: »Die Mutterschaft enthält eine besondere Gemeinschaft mit dem Geheimnis des Lebens, das im Schoß der Frau heranreift... Diese einmalige Weise des Kontaktes mit dem neuen Menschen, der Gestalt annimmt, schafft seinerseits eine derartige Einstellung zum Menschen — nicht nur zum eigenen Kind, sondern zum Menschen als solchem —, dab dadurch die ganze Persönlichkeit der Frau tief geprägt wird«. 134 Denn die Mutter nimmt einen anderen Menschen auf und trägt ihn in sich, gibt ihm die Möglichkeit, in ihr heranzuwachsen, macht ihm Platz und achtet ihn zugleich in seinem Anderssein. So nimmt die Frau wahr und lehrt, daß die menschlichen Beziehungen glaubwürdig sind, wenn sie sich der Aufnahme des anderen Menschen öffnen, der um der Würde willen anerkannt und geliebt wird, die ihm aus der Tatsache seines Personseins und nicht aus anderen Faktoren, wie Nützlichkeit, Kraft, Intelligenz, Schönheit, Gesundheit, zukommt. Das ist der fundamentale Beitrag, den sich die Kirche und die Menschheit von den Frauen erwarten. Und es ist die unersetzliche Voraussetzung für eine echte kulturelle Wende.

Einen besonderen Gedanken möchte ich euch, den Frauen, vorbehalten, die sich für eine Abtreibung entschieden haben. Die Kirche weiß, wie viele Bedingtheiten auf eure Entscheidung Einfluß genommen haben können, und sie bezweifelt nicht, daß es sich in vielen Fällen um eine leidvolle, vielleicht dramatische Entscheidung gehandelt hat. Die Wunde in eurem Herzen ist wahrscheinlich noch nicht vernarbt. Was geschehen ist, war und bleibt in der Tat zutiefst unrecht. Laßt euch jedoch nicht von Mutlosigkeit ergreifen und gebt die Hoffnung nicht auf. Sucht vielmehr das Geschehene zu verstehen und interpretiert es in seiner Wahrheit. Falls ihr es noch nicht getan habt, öffnet euch voll Demut und Vertrauen der Reue: der Vater allen Erbarmens wartet auf euch, um euch im Sakrament der Versöhnung seine Vergebung und seinen Frieden anzubieten. Euer Kind aber könnt ihr diesem Vater und seiner Barmherzigkeit mit Hoffnung anvertrauen. Mit Hilfe des Rates und der Nähe befreundeter und zuständiger Menschen werdet ihr mit eurem erlittenen Zeugnis unter den beredtesten Verfechterinnen des Rechtes aller auf Leben sein können. Durch euren Einsatz für das Leben, der eventuell von der Geburt neuer Geschöpfe gekrönt und mit der Aufnahme und Aufmerksamkeit gegenüber dem ausgeübt wird, der der Nähe am meisten bedarf, werdet ihr eine neue Betrachtungsweise des menschlichen Lebens schaffen.

133) Botschaften des Konzils an die Menschheit (8. Dezember 1965): an die Frauen.
134) Johannes Paul II., Apostol. Schreiben Mulieris dignitatem (15. August 1988), Nr.
MD 18: AAS 80 (1988), 1696.


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