Ausbildung des ständige Diakone



KONGREGATION FÜR DAS KATHOLISCHE BILDUNGSWESEN

KONGREGATION FÜR DEN KLERUS

GRUNDNORMEN FÜR DIE AUSBILDUNG

DER STÄNDIGEN DIAKONE

DIREKTORIUM FÜR DEN DIENST UND DAS LEBEN

DER STÄNDIGEN DIAKONE

LIBRERIA EDITRICE VATICANA

VATIKANSTADT 1998

KONGREGATION FÜR DAS KATHOLISCHE BILDUNGSWESEN

KONGREGATION FÜR DEN KLERUS

GEMEINSAME ERKLÄRUNG

UND

EINFÜHRUNG

I.

GEMEINSAME ERKLÄRUNG


Der ständige Diakonat, wiederhergestellt vom II. Vatikanischen Konzil in übereinstimmender Kontinuität mit der antiken Überlieferung und mit den diesbezüglichen Beschlüssen des ökumenischen Konzils von Trient, hat in den letzten Jahrzehnten vielerorts starken Auftrieb erhalten und vielversprechende Früchte zum vollen Nutzen der dringenden Missionsaufgabe der Neu-Evangelisierung hervorgebracht. Der Heilige Stuhl und zahlreiche Episkopate haben es nicht verabsäumt, normgebende Elemente und Anhaltspunkte für das Leben und die Ausbildung von Diakonen anzubieten, und damit eine kirchliche Praxis gefördert, die für ihre Verbreitung heute dringend einheitlicher Kriterien, weiterer klärender Elemente und, auf operativer Ebene, pastoraler Anregungen und Präzisierungen bedarf. Die ganze Wirklichkeit des Diakonats (grundlegende lehramtliche Auffassung, daraus folgendes Berufsverständnis und Vorbereitung, Leben, Dienst, Spiritualität und Weiterbildung) verlangt heute eine Überprüfung des bisher zurückgelegten Weges, um im Einklang mit den Stimmen und Intentionen des II. Vatikanischen Konzils zu einer umfassenden Klärung zu gelangen, die für einen Neuimpuls dieser Stufe des Weihestandes unerläßlich ist.

Die Kongregationen für das Katholische Bildungswesen und für den Klerus haben nach Veröffentlichung der Ratio fundamentalis institutionis sacerdotalis für die Ausbildung zum Priestertum und des Direktoriums für den Dienst und das Leben der Priester die Notwendigkeit erkannt, dem Thema »Ständiger Diakonat« besondere Aufmerksamkeit einzuräumen, auch um thematisch zu ergänzen, was die ersten beiden Weihegrade betrifft und in ihre Zuständigkeit fällt. Die beiden Kongregationen haben deshalb nach Anhören des Weltepiskopats und zahlreicher Experten ihre Vollversammlungen im November 1995 diesem Thema gewidmet. Alles, was man gehört und mitgeteilt erhalten hatte, war zusammen mit unzähligen eingegangenen Erfahrungen Gegenstand aufmerksamen Studiums seitens der Mitglieder im Kardinals- und Bischofsrang; die beiden Kongregationen haben daraus die vorliegenden Endfassungen der Ratio fundamentalis institutionis diaconorum permanentium und des Direktoriums für den Dienst und das Leben der Ständigen Diakone erarbeitet, die aus allen geographischen Zonen stammende und daher in hohem Maße repräsentative Anträge, Hinweise und Vorschläge getreu wiedergeben. Die Arbeiten der beiden Vollversammlungen haben zahlreiche Elemente der Übereinstimmung und jenes heute immer stärker wahrzunehmende Bedürfnis nach einer aufeinander abgestimmten Harmonie zutage treten lassen — zum Vorteil der Einheitlichkeit in der Ausbildung und der pastoralen Effizienz des kirchlichen Dienstamtes angesichts der Herausforderungen des dritten Jahrtausends, an dessen Schwelle wir stehen. Daher haben die Väter selbst die beiden Dikasterien ersucht, die gleichzeitige Abfassung der beiden Dokumente zu besorgen, sie gleichzeitig zu veröffentlichen und beiden nur eine einzige, gemeinsame Einführung voranzustellen, die die wesentlichen Elemente enthält.

Die von der Kongregation für das Katholische Bildungswesen erstellte Ratio fundamentalis institutionis diaconorum permanentium will nicht nur einige richtungsweisende Grundsätze über die Ausbildung der ständigen Diakone bieten, sondern auch die eine oder andere Weisung erteilen, die von den Bischofskonferenzen bei der Ausarbeitung ihrer nationalen »Ratio« beachtet werden sollen. Absicht der Kongregation war es, den Bischöfen analog zur Ratio fundamentalis institutionis sacerdotalis diesen Behelf anzubieten, um ihnen bei der entsprechenden Erfüllung der Normen von CIC, can. 236, zu helfen und somit für die Kirche die Einheit, Ernsthaftigkeit und Vollständigkeit der Ausbildung von ständigen Diakonen zu gewährleisten.

Was das Direktorium für den Dienst und das Leben der ständigen Diakone betrifft, so hat es nicht bloß mahnenden Wert, sondern besitzt genauso wie das vorausgegangene Direktorium für die Priester dort, wo seine Normen »gleiche Disziplinarvorschriften wie der Codex des kanonischen Rechtes anführen« oder »die Anwendungsweisen der allgemeinen Gesetze der Kirche genauer bestimmen, ihre theoretischen Gründe erläutern und ihre zuverlässige Beachtung einschärfen bzw. anmahnen«,(1 )auch rechtsverbindlichen Charakter. In eben diesen Fällen muß es als formales allgemeines Ausführungsdekret angesehen werden (vgl. can. 32).

Obwohl die beiden Dokumente, die jetzt, jedes in der Verantwortlichkeit des betreffenden Dikasteriums, veröffentlicht werden, ihre eigene Identität und ihren spezifischen Rechtswert bewahren, berufen sie sich aufeinander und ergänzen sich auf Grund ihres logischen Zusammenhangs gegenseitig, und man kann nur lebhaft wünschen, daß sie überall in ihrer Vollständigkeit vorgestellt, aufgenommen und angewandt werden. Die hier gemeinsam veröffentlichte Einführung, Bezugs- und Inspirationspunkt für das ganze Normenwerk, bleibt unlösbar mit den einzelnen Dokumenten verbunden.

Sie hält sich an die historischen und pastoralen Aspekte des ständigen Diakonats mit besonderer Bezugnahme auf die praktische Dimension der Ausbildung und des Dienstes. Die lehramtlichen Elemente, die die Ausführungen untermauern, gehören zu der in den Dokumenten des II. Vatikanischen Konzils und im Anschluß daran vom Päpstlichen Lehramt formulierten Lehre.

Die Dokumente kommen einem weithin geltend gemachten Bedürfnis nach, die Unterschiedlichkeit der Ansätze der bisher sowohl auf der Ebene der Prüfung und Vorbereitung als auch im Bereich der praktischen Ausübung des Amtes und der Weiterbildung durchgeführten Versuche zu klären und zu regeln. Auf diese Weise wird man jene Weisungsstabilität sicherstellen können, die gewiß zugleich mit der legitimen Pluralität die unerläßliche Einheit gewährleisten wird, und als Folge davon die Fruchtbarkeit eines Dienstes, der bereits gute Früchte hervorgebracht hat und einen gültigen Beitrag zur Neu-Evangelisierung an der Schwelle des dritten Jahrtausends verheißt.

Die in den beiden Dokumenten enthaltenen Weisungen betreffen die ständigen Diakone, die dem Diözesanklerus angehören, obschon viele dieser Weisungen, mit den erforderlichen Anpassungen, auch die ständigen Diakone berücksichtigen müssen, die Mitglieder von Instituten des geweihten Lebens und von Gesellschaften des apostolischen Lebens sind.


EINFÜHRUNG(2)

I. Das geweihte Amt


1 »Um Gottes Volk zu weiden und immerfort zu mehren, hat Christus der Herr in seiner Kirche verschiedene Dienstämter eingesetzt, die auf das Wohl des ganzen Leibes ausgerichtet sind. Denn die Amtsträger, die mit heiliger Vollmacht ausgestattet sind, stehen im Dienste ihrer Brüder, damit alle, die zum Volke Gottes gehören und sich daher der wahren Würde eines Christen erfreuen, in freier und geordneter Weise sich auf das nämliche Ziel hin ausstrecken und so zum Heile gelangen«.(3)

Das Weihesakrament »gleicht durch eine besondere Gnade des Heiligen Geistes den Empfänger Christus an, damit er als Werkzeug Christi seiner Kirche diene. Die Weihe ermächtigt ihn, als Vertreter Christi, des Hauptes, in dessen dreifacher Funktion als Priester, Prophet und König zu handeln«.(4)

Durch das Weihesakrament wird die Sendung, die Christus seinen Aposteln anvertraut hat, in der Kirche weiterhin ausgeübt bis zum Ende der Zeiten. Es ist somit das Sakrament des apostolischen Dienstes.(5)Der sakramentale Akt der Ordination geht über eine bloße Wahl, Bestimmung, Delegation oder Einsetzung durch die Gemeinschaft hinaus, denn er verleiht eine Gabe des Heiligen Geistes, die die Ausübung einer heiligen Gewalt gestattet, die nur von Christus, durch seine Kirche, kommen kann.(6) »Der vom Herrn Gesandte spricht und handelt nicht in eigener Autorität, sondern kraft der Autorität Christi; er spricht zu der Gemeinde nicht als eines ihrer Glieder, sondern im Namen Christi. Niemand kann sich selbst die Gnade verleihen; sie muß geschenkt und angeboten werden. Das setzt Diener der Gnade voraus, die von Christus bevollmächtigt sind«.(7)

Das Sakrament des apostolischen Dienstes umfaßt drei Grade. Denn »das aus göttlicher Einsetzung kommende kirchliche Dienstamt wird in verschiedenen Ordnungen ausgeübt von jenen, die schon seit alters Bischöfe, Priester, Diakone heißen«.(8) Zusammen mit den Priestern und den Diakonen, die ihnen Hilfe leisten, haben die Bischöfe das Hirtenamt in der Gemeinschaft übernommen und stehen an Gottes Stelle der Herde vor, deren Hirten sie sind, als Lehrer in der Unterweisung, als Priester im heiligen Kult und als Diener in der Leitung.(9)

Mit der sakramentalen Natur des kirchlichen Amtes »hängt innerlich sein Dienstcharakterzusammen. Weil die Amtsträger ganz von Christus abhängig sind, der Sendung und Vollmacht gibt, sind sie wahrhaft 'Knechte Christi' (vgl. Röm
Rm 1,11) nach dem Vorbild Christi, der für uns freiwillig 'Knechtsgestalt' angenommen hat (Ph 2,7)«.(10)

Außerdem hat das kirchliche Amt kollegialen(11) und persönlichen Charakter,(12) weil »der sakramentale Dienst in der Kirche, der im Namen Christi ausgeübt wird, einen personalen Charakter und eine kollegiale Form hat«.(13)

II. Der Stand des Diakonats


2 Der Dienst der Diakone in der Kirche ist seit den Zeiten der Apostel nachgewiesen. Nach einer fundierten Überlieferung, die schon von Irenäus bezeugt worden und in die Weiheliturgie eingegangen ist, hat der Diakonat mit der Einsetzung der »Sieben« begonnen, von der dieApostelgeschichte (6, 1-6) berichtet. Die Diakone, deren Dienst in der Kirche stets hoch in Ehren gehalten wurde, bilden also die unterste Stufe der heiligen Hierarchie.(14) Der hl. Paulus grüßt sie zusammen mit ihren Bischöfen am Anfang des Briefes an die Philipper (vgl. Phil Ph 1,1) und imersten Brief an Timotheus bespricht er die Eigenschaften und Tugenden, über die sie verfügen müssen, um ihren Dienst auf würdige Weise zu versehen (vgl. 1Tm 3,8-13).(15)

Die Literatur der Kirchenväter bestätigt von Anfang an diese hierarchische Ämterstuktur der Kirche, die den Diakonat einschloß. Für den hl. Ignatius von Antiochien(16) erscheint eine Teilkirche ohne Bischof, Presbyter (Priester) und Diakone undenkbar. Er unterstreicht, daß der Dienst des Diakons nichts anderes ist als »der Dienst Jesu Christi, der vor aller Zeit beim Vater war und am Ende der Zeiten erschienen ist«. »Denn sie sind nicht für den Dienst bei Tisch zuständig, sondern Diener der Kirche Gottes«. DieDidascalia Apostolorum(17) und die Väter der folgenden Jahrhunderte zeugen ebenso wie die verschiedenen Konzilien(18) und die kirchliche Praxis(19) vom Fortbestand und der Entwicklung dieser Offenbarungstatsache.

Der Diakonat war in der abendländischen Kirche bis zum 5. Jahrhundert eine blühende Einrichtung; danach erfuhr er aus verschiedenen Gründen einen langsamen Niedergang, bis er schließlich nur mehr Durchgangsstufe für die Kandidaten zur Priesterweihe war.

Das Konzil von Trient verfügte die Wiedereinführung des ständigen Diakonats, wie in alten Zeiten und gemäß der ihm eigentümlichen Natur, als ursprüngliches Amt in der Kirche.(20) Doch fand diese Vorschrift keine konkrete Verwirklichung.

Das II. Vatikanische Konzil hat beschlossen, daß »in Zukunft der Diakonat als eigene und beständige hierarchische Stufe wiederhergestellt... [und] auch verheirateten Männern reiferen Alters, ferner geeigneten jungen Männern erteilt [werden kann], für die jedoch — der feststehenden Tradition gemäß — das Gesetz des Zölibats in Kraft bleiben muß«.(21) Für diese Entscheidung gab es im wesentlichen drei Gründe: a)der Wunsch, die Kirche durch die Funktionen des diakonischen Dienstes zu bereichern, die sonst in vielen Regionen kaum hätten ausgeübt werden können; b)die Absicht, durch die Gnade der Diakonenweihe diejenigen zu stärken, die bereits de facto diakonische Funktionen ausübten; c) das sorgende Bemühen, jene Regionen, die unter Priestermangel leiden, mit geistlichen Dienern auszustatten. Diese Gründe lassen klar erkennen, daß keineswegs beabsichtigt ist, durch die Wiederherstellung des ständigen Diakonates der Bedeutung, der Rolle und dem Reichtum des Amtspriestertums Abbruch zu tun, gerade auch wegen seiner Unersetzlichkeit, immer großzügig angestrebt werden muß.

Zur Umsetzung der Weisungen des Konzils legte Paul VI. mit dem Apostolischen SchreibenSacrum diaconatus ordinem (18. Juni 1967)(22) die allgemeinen Normen für die Wiederherstellung des ständigen Diakonats in der lateinischen Kirche fest. Im darauffolgenden Jahr approbierte er mit der Apostolischen Konstitution Pontificalis romani recognitio (18. Juni 1968)(23) den neuen Ritus für die Erteilung der Weihestände des Episkopats, des Presbyterats und des Diakonats und definierte außerdem Inhalt und Form der jeweiligen Weihespendung; und mit dem Apostolischen Schreiben Ad pascendum (15. August 1972)(24) gab er schließlich genau die Bedingungen für die Zulassung und die Weihe der Kandidaten für den Diakonat an. Die wesentlichen Elemente dieser Regelungen wurden in die Normen des von Papst Johannes Paul II. am 25. Januar 1983 promulgierten Codex des kanonischen Rechtes aufgenommen.(25)

Vor dem Hintergrund der allgemeinen Gesetzgebung nahmen und nehmen noch immer viele Bischofskonferenzen nach vorheriger Billigung durch den Heiligen Stuhl die Wiederherstellung des ständigen Diakonats in ihren Nationen vor und erlassen diesbezüglich ergänzende Vorschriften.

III. Der ständige Diakonat


3 Die jahrhundertelange Erfahrung der Kirche legte die Vorschrift nahe, wonach die Priesterweihe nur demjenigen erteilt werden darf, der zuvor den Diakonat erhalten und ihn entsprechend ausgeübt hat.(26) Dennoch darf die Diakonenweihe »nicht als bloße Durchgangsstufe zum Priestertum angesehen werden«.(27)

»Eine der Früchte des II. Vatikanischen Konzils war die Entschlossenheit zur Wiederherstellung des Diakonats als eigene und beständige hierarchische Stufe«.(28) Durch die »an die geschichtlichen Verhältnisse und pastoralen Ausblicke gebundenen Motivationen«, die von den Konzilsvätern aufgenommen wurden, »war auf geheimnisvolle Weise der Heilige Geist, Protagonist des Lebens der Kirche, am Werk und führte eine Neurealisierung des vollständigen Bildes der traditionsgemäß aus Bischöfen, Priestern und Diakonen zusammengesetzten Hierarchie herbei. Auf diese Weise förderte man die Neubelebung der christlichen Gemeinden, die zunehmend jenen blühenden Gemeinden der ersten Jahrhunderte entsprachen, die, wie dieApostelgeschichte bezeugt, stets unter dem Antrieb des göttlichen Beistands von den Aposteln gegründet worden waren«.(29)

Der ständige Diakonat stellt für die Sendung der Kirche eine wichtige Bereicherung dar.(30) Da den Diakonen munera (Aufgaben) zustehen, die für die Kirche lebensnotwendig sind,(31) ist es angebracht und nützlich, daß vor allem in den Missionsgebieten(32) Männer, die in der Kirche, sei es im liturgischen und pastoralen Leben, sei es in sozialen und karitativen Werken, zu einem wahrhaft diakonischen Dienst berufen sind, »durch die von den Aposteln her überlieferte Handauflegung gestärkt und dem Altar enger verbunden werden, damit sie ihren Dienst mit Hilfe der sakramentalen Diakonatsgnade wirksamer erfüllen können«.(33)

Aus dem Vatikan, 22. Februar 1998, Fest der Kathedra Petri.

Kongregation für das katholische Bildungswesen
Pio Kard. Laghi
Präfekt
+ José Saraiva Martins
Titular-Erzbischof von Tuburnica
Sekretär

Kongregation für den Klerus
Darío Kard. Castrillón Hoyos
Präfekt
+ Csaba Ternyák
Titular-Erzbischof von Eminenziana
Sekretär






KONGREGATION FUR DAS KATHOLISCHE BILDUNGSWESEN

RATIO FUNDAMENTALIS INSTITUTIONIS

DIACONORUM PERMANENTIUM

GRUNDNORMEN

FÜR DIE AUSBILDUNG

DER STÄNDIGEN DIAKONE

EINLEITUNG

1. Die einzelnen Bildungsgänge

1. Die ersten Richtlinien für die Ausbildung der ständigen Diakone wurden mit dem Apostolischen Schreiben »Sacrum diaconatus ordinem« (1) erlassen.

Diese Richtlinien wurden im Rundschreiben Come è a conoscenza der Heiligen Kongregation für das Katholische Bildungswesen vom 16. Juli 1969 aufgegriffen und näher verdeutlicht. In diesem Schreiben waren »verschiedene Formen der Ausbildung« entsprechend den »verschiedenen Formen des Diakonats« (für Ehelose, für Verheiratete, für »Diakone, die für Missions- oder Entwicklungsländer bestimmt sind«, oder für solche, die berufen sind, »ihren Dienst in Ländern mit einem gewissen Zivilisationsstand und einigermaßen hohem kulturellen Niveau zu leisten«) vorgesehen. Bezüglich der lehrmäßigen Ausbildung wurde bestimmt, daß sie höher als die eines einfachen Katecheten sein mußte und in gewisser Weise der des Priesters entsprechen sollte. Im weiteren wurden die Lehrinhalte aufgeführt, die bei der Erstellung des Studienprogramms zu berücksichtigen waren.(2)

Das nachfolgende Apostolische Schreiben Ad pascendum legte genauer fest: »Was den theologischen Studiengang anbelangt, der der Weihe der ständigen Diakone vorauszugehen hat, so ist es Aufgabe der Bischofskonferenzen, unter Berücksichtigung der örtlichen Umstände geeignete Normen zu erlassen und diese der Heiligen Kongregation für das Katholische Bildungswesen zur Gutheißung vorzulegen«.(3)

Der neue Codex des kanonischen Rechtes übernimmt in can. 236 die wesentlichen Elemente dieser Richtlinie.

2. Rund dreißig Jahre nach den ersten Richtlinien und mit Hilfe der nachfolgenden Erfahrungen wurde es nunmehr als angebracht erachtet, die vorliegende Ratio fundamentalis institutionis diaconorum permanentium zu erarbeiten. Sie möchte als eine Hilfe verstanden werden, um bei aller Berücksichtigung der rechtmäßigen Unterschiede zu einer Orientierung und Harmonisierung der Ausbildungsprogramme zu gelangen, die von den Bischofskonferenzen und den Diözesen entworfen wurden und die gelegentlich stark voneinander abweichen.

2. Die Bezugnahme auf eine sichere Theologie des Diakonats

3. Die Effektivität der Ausbildung der ständigen Diakone hängt zum großen Teil vom theologischen Verständnis des Diakonats ab, das ihr zugrunde gelegt wird. Denn dieses Verständnis liefert die Koordinaten für die Festlegung und Orientierung des Ausbildungswegs und zeigt gleichzeitig das Ziel auf, das anzustreben ist.

Das über tausendjährige fast vollständige Verschwinden des ständigen Diakonats in der Kirche des Westens hat das Verständnis der tiefen Wirklichkeit dieses Dienstes sicherlich erschwert. Dennoch kann man nicht sagen, daß allein schon deshalb auch die Theologie des Diakonats keinerlei autoritativen Bezugspunkt habe und völlig ins Belieben der verschiedenen theologischen Meinungen gestellt sei. Solche Bezugspunkte gibt es, und sie sind sehr klar, auch wenn sie noch weiterer Entfaltung und Vertiefung bedürfen. Im folgenden werden ohne Anspruch auf Vollständigkeit einige von ihnen in Erinnerung gerufen, die als besonders bedeutsam erscheinen.


4 Wie jede andere christliche Identität, so ist auch der Diakonat vor allem in seiner Einbindung in die Kirche zu sehen, die als Geheimnis der dreifaltigen Gemeinschaft in missionarischer Dynamik verstanden wird. Dies ist ein notwendiger Gesichtspunkt bei der Definition der Identität eines jeden geweihten Dieners, wenn auch kein erstrangiger, da ja ihre volle Wahrheit darin besteht, spezifische Teilhabe und Wiedervergegenwärtigung des Dienstes Christi zu sein.(4) Dies ist der Grund, weshalb der Diakon die Handauflegung empfängt und von einer besonderen sakramentalen Gnade getragen wird, die ihn in das Sakrament der Weihe einbindet.(5)


5 Der Diakonat wird durch eine besondere Eingießung des Geistes (Weihe) übertragen, die im Empfänger eine besondere Gleichförmigkeit mit Christus, dem Herrn und Diener aller, bewirkt. InLumen gentium Nr. 29 wird ein Text aus den Constitutiones Ecclesiae Aegyptiacae zitiert und präzisiert, daß die Handauflegung beim Diakon nicht »ad sacerdotium sed ad ministerium« (6)erfolgt, d.h. nicht für die Feier der Eucharistie, sondern für den Dienst. Zusammen mit der ebenfalls von Lumen gentium Nr. 29 (7) wiedergegebenen Mahnung des hl. Polykarp beschreibt dieser Hinweis die spezifische theologische Identität des Diakons: als Teilhaber an dem einzigen kirchlichen Dienstamt ist er in der Kirche ein besonderes sakramentales Zeichen Christi, des Dieners. Seine Aufgabe ist es, »Deuter der Nöte und der Bedürfnisse der christlichen Gemeinschaften« zu sein, sowie »Anreger zum Dienst, d.h. zur diakonia«,(8) die ein wesentlicher Teil der Sendung der Kirche ist.


6 Materie der Diakonatsweihe ist die Handauflegung des Bischofs; die Form besteht in den Worten des Weihegebets, das sich in die drei Abschnitte der Anamnese, der Epiklese und der Fürbitte gliedert.(9) Die Anamnese (in der die auf Christus ausgerichtete Heilsgeschichte durchlaufen wird) weist auf die »Leviten« mit Bezugnahme auf den Kult und auf die »Sieben« derApostelgeschichte mit Bezugnahme auf die Liebeswerke zurück. Die Epiklese ruft die Kraft der sieben Gaben des Geistes herab, damit der zu Weihende befähigt werde, als »Diakon« Christus nachzuahmen. Die Fürbitte mahnt zu einem großmütigen und keuschen Leben.

Die wesentliche Form für das Sakrament ist die Epiklese, die in den Worten besteht: »Wir bitten dich, o Herr, gieße über sie den Heiligen Geist aus, daß er sie mit den sieben Gaben deiner Gnade stärke, damit sie das Werk des Dienstes treu verrichten«. Die sieben Gaben gehen auf eine Stelle bei Jesaia 11, 2 zurück, die aus der erweiterten Version der Septuaginta übernommen wurde. Es handelt sich um die dem Messias verliehenen Gaben des Geistes, die nun den Neugeweihten mitgeteilt werden.


7 Als Stufe des Weiheamtes prägt der Diakonat den Weihecharakter ein und teilt eine besondere sakramentale Gnade mit. Der Weihecharakter des Diakonats ist das formende und zugleich unterscheidende Zeichen, das unauslöschlich in die Seele eingeprägt wird und den Geweihten Christus gleichförmig macht, der zum Diakon, d.h. zum Diener aller geworden ist.(10) Dieser Weihecharakter bringt eine besondere sakramentale Gnade mit sich, die eine Kraft ist, ein vigor specialis, eine Gabe, um die neue, vom Sakrament gestiftete Wirklichkeit leben zu können. »Was die Diakone anbetrifft, so schenkt die sakramentale Gnade ihnen die nötige Kraft, dem Volke Gottes in der diaconia der Liturgie, des Wortes und der Liebe zu dienen, in Verbindung mit dem Bischof und mit dessen Presbyterium«.(11) Wie bei allen Sakramenten mit Einprägung eines Charakters kommt der Gnade eine fortdauernde Wirkkraft zu. Sie blüht und lebt neu auf in dem Maße, in dem sie im Glauben angenommen und immer wieder angenommen wird.


8 Da die Diakone an einem niedrigeren Grad des kirchlichen Dienstamtes teilhaben, hängen sie in der Ausübung ihrer Gewalt notwendigerweise von den Bischöfen ab, die die Fülle des Weihesakraments innehaben. Außerdem stehen sie noch in einem besonderen Verhältnis zu den Priestern und sind gerufen, in Verbundenheit mit diesen dem Volk Gottes zu dienen.(12)

Vom Gesichtspunkt der Kirchenordnung her gesehen wird der Diakon durch seine Weihe der Teilkirche bzw. der Personalprälatur, zu deren Dienst er zugelassen wurde, oder als Kleriker einem Institut des geweihten Lebens oder einer klerikalen Gesellschaft des apostolischen Lebens inkardiniert.(13) Das Rechtsinstitut der Inkardination ist nicht etwas mehr oder weniger Nebensächliches, sondern läßt sich als dauerhafte Verbindung des Dienstes für einen ganz konkreten Teil des Gottesvolkes charakterisieren. Sie beinhaltet eine kirchliche Zugehörigkeit auf juristischer, affektiver und geistlicher Ebene und zugleich die Verpflichtung zu dem mit dem Amt verbundenen Dienst.

3. Der Dienst des Diakons in den verschiedenen pastoralen Bereichen


9 Der Dienst des Diakons ist durch die Ausübung der drei dem geweihten Dienstamt eigenenmunera gekennzeichnet, und zwar in der spezifischen Perspektive der diaconia.

Bezüglich des munus docendi ist der Diakon berufen, die Hl. Schrift zu verkünden und das Volk zu unterweisen und zu ermahnen.(14) Dies wird durch die Uberreichung des Evangeliars ausgedrückt, wie dies im Weiheritus selbst vorgesehen ist.(15)

Das munus sanctificandi des Diakons äußert sich im Gebet, in der feierlichen Spendung der Taufe, in der Aufbewahrung und Austeilung der Eucharistie, in der Assistenz und Segnung bei Trauungen, in der Leitung der Trauer- und Begräbnisfeiern sowie in der Verwaltung der Sakramentalien(16) Dies macht deutlich, wie sehr der Dienst des Diakons in der Eucharistie seinen Ausgangs- und Zielpunkt hat und sich nicht in einer einfachen sozialen Dienstleistung erschöpfen darf.

Das munus regendi schließlich vollzieht sich im Einsatz für die Werke der Nächstenliebe und der Hilfeleistung (17) sowie in der Belebung von Gemeinden oder Bereichen des kirchlichen Lebens besonders im Hinblick auf die Nächstenliebe. Es ist dies der Dienst, der am ausgeprägtesten den Diakon kennzeichnet.


10 Die Grundzüge des ursprünglichen Dienstcharakters des Diakonats sind also sehr genau umschrieben, wie aus der alten Praxis des Diakonats und aus den Vorgaben der Konzilien klar ersichtlich ist. Wenn dieser ursprüngliche Dienstcharakter auch ein einziger ist, so gibt es doch verschiedene konkrete Formen seiner Ausübung, die sich von Mal zu Mal aus den unterschiedlichen pastoralen Gegebenheiten der einzelnen Kirchen ergeben. Bei der Festlegung des Ausbildungsweges darf man diese keinesfalls unberücksichtigt lassen.

4. Die Spiritualität des Diakons


11 Aus dem theologischen Selbstverständnis des Diakons lassen sich mit aller Klarheit die Grundlinien seiner besonderen Spiritualität ableiten, die sich wesentlich als eine Spiritualität des Dienstes darstellt.

Das Vorbild schlechthin ist Christus, der Diener, der ganz dem Dienst für Gott zum Wohl der Menschen gelebt hat. Im Knecht des ersten Gottesknechtsliedes im Buch Jesaia (vgl. Lk
Lc 4,18-19) sah er sich selbst angekündigt; er hat sein Wirken ausdrücklich als Diakonie bezeichnet (vgl. Mt Mt 20,28 Lc 22,27 Jn 13,1-17 Ph 2,7-8 1P 2,21-25) und hat seinen Jüngern empfohlen, es gleichermaßen zu tun (vgl. Joh Jn 13,34-35 Lc 12,37).

Die Spiritualität des Dienstes ist eine Spiritualität der gesamten Kirche, insofern die ganze Kirche nach dem Vorbild Mariens die »Magd des Herrn« (Lc 1,28) ist, im Dienst am Heil der Welt. Eben damit die ganze Kirche diese Spiritualität des Dienstes besser leben könne, gibt der Herr ihr ein lebendiges und persönliches Zeichen seines eigenen Diener-Seins. Deshalb ist die Spiritualität des Dienstes in besonderer Weise die Spiritualität des Diakons. Tatsächlich ist er ja durch die heilige Weihe innerhalb der Kirche ein lebendiges Abbild Christi, des Dieners. Leitmotiv seines geistlichen Lebens wird deshalb der Dienst sein; seine Heiligkeit wird darin bestehen, sich zum hochherzigen und treuen Diener Gottes und der Menschen zu machen, besonders der ärmsten und am meisten leidenden; sein aszetischer Einsatz wird darauf ausgerichtet sein, jene Tugenden zu erwerben, die von der Ausübung seines Dienstes her gefordert sind.


12 Eine solche Spiritualität wird verständlicherweise Schritt um Schritt harmonisch mit jener Spiritualität verschmelzen müssen, die mit dem Lebensstand verbunden ist. Darum wird die Spiritualität des Diakons unterschiedliche Ausprägungen erfahren, je nachdem sie von einem Verheirateten, einem Witwer, einem Ehelosen, einem Ordensmann oder einem Geweihten, der in der Welt steht, gelebt wird. Der Ausbildungsweg muß diesen unterschiedlichen Ausprägungen Rechnung tragen und je nach der Art des einzelnen Kandidaten entsprechende geistliche Programme anbieten.

5. Die Aufgabe der Bischofskonferenzen


13 »Es ist Aufgabe der rechtmäßigen Bischofsversammlungen oder der Bischofskonferenzen, mit Zustimmung des Papstes festzulegen, ob und wo im Blick auf das Wohl der Gläubigen der Diakonat als ein eigener und beständiger Grad der Hierarchie eingerichtet werden soll«.(18)

Der Codex des kanonischen Rechtes weist den Bischofskonferenzen außerdem die Kompetenz zu, durch ergänzende Regelungen die Ordnung des Stundengebetes,(19) das für die Zulassung geforderte Alter(20) und die Ausbildung, der sich can. 236 widmet, genauer festzulegen. Dieser Kanon legt fest, daß es den Bischofskonferenzen zukommt, unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten geeignete Normen zu erlassen, damit die Kandidaten für den ständigen Diakonat, ob jünger oder älter, ob ledig oder verheiratet, »zur Pflege des geistlichen Lebens gebildet und für die rechte Erfüllung der diesem Weihegrad eigenen Aufgaben ausgebildet werden«.


14 Um den Bischofskonferenzen bei der Erarbeitung der Ausbildungswege zu helfen, die die besonderen Verhältnisse berücksichtigen und dennoch mit dem universalen Weg der Kirche übereinstimmen sollen, hat die Kongregation für das Katholische Bildungswesen die vorliegendeRatio fundamentalis institutionis diaconorum permanentium erarbeitet, die ein Bezugspunkt sein will bei der Festlegung der Kriterien für die Urteilsbildung über die Berufung und der verschiedenen Bereiche der Ausbildung. Dieses Dokument stellt — seinem Charakter entsprechend — lediglich einige Grundzüge allgemeiner Natur auf, die jene normativen Leitlinien bilden, nach denen sich die Bischofskonferenzen in der Erarbeitung oder eventuellen Vervollkommnung ihrer jeweiligen nationalen rationes auszurichten haben. Ohne die Kreativität und Originalität der Teilkirchen unterdrücken zu wollen, werden so die Grundsätze und Maßstäbe aufgezeigt, auf deren Grundlage die Ausbildung der ständigen Diakone auf sicherem Weg und im Einklang mit den anderen Kirchen geplant werden kann.


15 In Entsprechung zu dem, was das II. Vatikanische Konzil selbst für die rationes institutionis sacerdotalis (21) festgelegt hat, werden mit vorliegendem Dokument auch jene Bischofskonferenzen, die den ständigen Diakonat wiedereingerichtet haben, aufgefordert, ihre jeweiligen rationes institutionis diaconorum permanentium dem Heiligen Stuhl zur Prüfung und Gutheibung vorzulegen. Diese Gutheißung wird zunächst ad experimentum, dann für eine bestimmte Anzahl von Jahren gewährt, um so auch Überprüfungen von Zeit zu Zeit sicherzustellen.

6. Die Verantwortung der Bischöfe


16 Die Wiedereinführung des ständigen Diakonats in einer Nation bedeutet nicht die Verpflichtung seiner Einführung in allen Diözesen. Dem Diözesanbischof steht es zu, nach kluger Anhörung des Priesterrates und, wo es ihn gibt, des Pastoralrates die konkreten Notwendigkeiten der spezifischen Situation seiner Teilkirche zu bewerten und diesen Schritt zu tun oder auch nicht.

Im Falle, daß der Bischof sich für die Wiedereinführung des ständigen Diakonats entscheidet, muß es sein Anliegen sein, diesbezüglich unter den Laien wie unter den Priestern und Ordensleuten eine geeignete Katechese zu fördern, damit der Dienst des Diakons in seiner ganzen Tiefe verstanden werde. Zudem wird er die für die Heranbildung notwendigen Strukturen einrichten und geeignete Mitarbeiter ernennen, die ihm als unmittelbar für die Ausbildung Verantwortliche zur Seite stehen, oder er wird sich, je nach den Umständen, die Strukturen anderer Diözesen oder jene, die auf regionaler oder nationaler Ebene bestehen, zu Nutze machen.

Der Bischof wird ferner dafür sorgen, daß auf der Grundlage der nationalen ratio sowie der vorliegenden Erfahrungen eine eigene diözesane Ordnung erstellt und von Zeit zu Zeit angepaßt werde.


Ausbildung des ständige Diakone