Generalaudienz 2001 56

Mittwoch, 10. Oktober 2001

Lesung: Jer 31,10 - 14 Gott befreit und versammelt sein Volk in der Freude

57
Jr 31,10-14


1. »Hört, ihr Völker, das Wort des Herrn, verkündet es auf den fernsten Inseln« (Jr 31,10). Welche Botschaft vermitteln uns diese feierlichen Worte von Jeremias, die wir im soeben vorgelesenen Canticum gehört haben? Es ist eine trostreiche Nachricht, und nicht zufällig werden die Kapitel, die sie enthalten (vgl. 30 - 31), als »Trostschrift« bezeichnet. Die Botschaft betrifft in erster Linie das antike Israel, aber sie läßt in gewisser Weise bereits die Botschaft des Evangeliums durchscheinen.

Die Hauptaussage der Nachricht lautet: »Der Herr wird Jakob erlösen und ihn befreien aus der Hand des Stärkeren« (Jr 31,11). Den geschichtlichen Hintergrund dieser Worte bildet eine Zeit der Hoffnung, die das Volk Gottes etwa ein Jahrhundert nach der Besetzung des Nordteils des Landes durch die Assyrer im Jahr 722 erlebte. Nun, zur Zeit des Propheten, läßt die religiöse Reform von König Joschija eine Rückkehr des Volkes zum Bund mit Gott erkennen und nährt die Hoffnung, daß die Zeit der Strafe zu Ende ist. Es eröffnet sich die Perspektive, daß der Norden seine Freiheit wiederfindet und Israel und Juda in Einheit zusammenfinden. Alle, auch die »fernsten Inseln«, sollen Zeugen dieses wunderbaren Ereignisses sein: Gott, der Hirt Israels, wird nun eingreifen. Er, der die Versprengung seines Volkes erlaubte, kommt nun, um es zusammenzuführen.

2. Die Einladung zur Freude wird mit tief bewegenden Bildern dargestellt. Es ist eine Weissagung, die zum Träumen anregt! Sie schildert eine Zukunft, in der die Verbannten »kommen und jubeln« und nicht nur den Tempel des Herrn, sondern auch alle Güter wiederfinden werden: Korn, Wein, Öl, Lämmer und Rinder. Die Bibel kennt keinen abstrakten Spiritualismus. Die verheißene Freude betrifft nicht nur das Innerste des Menschen, sondern der Herr kümmert sich um das Leben des Menschen in all seinen Dimensionen. Jesus selbst wird diesen Aspekt hervorheben und seine Jünger auffordern, auch hinsichtlich der materiellen Bedürfnisse auf die Vorsehung zu vertrauen (vgl. Mt 6,25 -34). Unser Canticum bekräftigt diese Sichtweise: Gott möchte den Menschen in seiner Gesamtheit glücklich machen. Die Lebensumstände, die er für seine Kinder vorbereitet, werden durch das Bild des »bewässerten Gartens« (vgl. Jer Jr 31,12) als Zeichen der Frische und Fruchtbarkeit zum Ausdruck gebracht. Die Trauer verwandelt sich in Jubel, man sättigt sich an Köstlichkeiten (vgl. V. 14) und wird mit Gaben überhäuft, so daß man ganz spontan zu tanzen und zu singen anfängt. Es herrscht überschwengliche Freude, das ganze Volk ist von Glückseligkeit erfüllt.

3. Die Geschichte lehrt uns, daß dieser Traum damals nicht in Erfüllung ging, aber sicher nicht deshalb, weil Gott sein Versprechen gebrochen hätte: Für diese Enttäuschung war wiederum das Volk mit seiner Untreue verantwortlich. Das Buch Jeremia will dies aufzeigen durch die Entwicklung einer Weissagung, die, leiderfüllt und bedrückend, schrittweise zu einigen der traurigsten Kapitel in der Geschichte Israels führt. Man wartet nicht nur vergeblich auf die Rückkehr der Verbannten des Nordens: Im Jahr 587 v. Chr. wird Nebukadnezzar sogar Judäa besetzen. Dann werden bittere Tage beginnen, und an den Strömen von Babel wird man die Harfen an die Weiden hängen (vgl. Ps 137,2). In der Seele regt sich keinerlei Bereitschaft, zur Genugtuung der Peiniger zu singen. Wie könnte sich jemand freuen, der mit Gewalt der Heimat entrissen wird, dem Land, in dem Gott seine Wohnstatt errichtet hat.

4. Dennoch verliert die Einladung zur Freude, die diese Weissagung charakterisiert, nichts von ihrer Bedeutung. Unerschütterlich bleibt nämlich die letztendliche Motivation, auf der sie gründet; diese Motivation zeigt sich besonders in einigen eindrucksvollen Versen, die denen des Stundengebets vorausgehen. Wir müssen sie uns deutlich vor Augen halten, wenn wir die freuderfüllten Worte unseres Canticums lesen. Sie beschreiben die Liebe Gottes zu seinem Volk mit bewegenden Worten und verweisen auf einen unwiderruflichen Bund: »Mit ewiger Liebe habe ich dich geliebt« (Jr 31,3). Sie besingen die väterliche Zuneigung eines Gottes, der Efraim, seinen Erstgeborenen, ruft und ihn zärtlich umsorgt: »Weinend kommen sie, und tröstend geleite ich sie. Ich führe sie an wasserführende Bäche, auf einen ebenen Weg, wo sie nicht straucheln. Denn ich bin Israels Vater« (Jr 31,9). Auch wenn die Verheißung damals wegen der Nichtentsprechung der Kinder unerfüllt bleiben mußte, bleibt die Liebe des Vaters in ihrer ganzen, ergreifenden Milde.

5. Diese Liebe ist der rote Faden, der die Abschnitte der Geschichte Israels - in ihren Freuden und Traurigkeiten, in ihren Erfolgen und Niederlagen - miteinander verbindet. Gott läßt nicht nach in seiner Liebe, und sogar die Bestrafung ist Ausdruck hiervon; auf diese Weise nimmt sie eine pädagogische und heilsbringende Bedeutung an.

Auf dem starken Fels dieser Liebe läßt die Aufforderung zur Freude in unserem Canticum an eine Zukunft Gottes denken, die zwar mit Verzögerung, aber dennoch früher oder später kommen wird, trotz aller Unzulänglichkeiten der Menschen. Diese Zukunft hat sich im neuen Bund verwirklicht durch den Tod und die Auferstehung Christi und die Gabe des Geistes - sie wird aber ihre vollständige Erfüllung erst bei der eschatologischen Rückkehr des Herrn finden. Im Licht dieser Gewißheiten bleibt der »Traum« Jeremias eine reelle geschichtliche Möglichkeit, der bedingt ist durch die Treue der Menschen; er bleibt vor allem ein letztes Ziel, das durch die Treue Gottes gewährleistet und durch seine Liebe in Christus besiegelt wird.

Wenn wir also diese Weissagung Jeremias lesen, müssen wir das Evangelium, die frohe, von Christus in der Synagoge von Nazaret verkündete Botschaft, widerhallen lassen (vgl. Lc 4,16-21). Das christliche Leben sollte ein wahrer »Jubel« sein, den nur unsere Sünde gefährden kann. Das Stundengebet lädt uns ein, durch das Rezitieren der Worte Jeremias unser Leben in Christus, unserem Erlöser (vgl. Jer Jr 31,11), zu verankern und in Ihm das Geheimnis der wahren Freude in unserem persönlichen und gemeinschaftlichen Leben zu suchen.

Liebe Schwestern und Brüder!

Die trostreichen Worte des Propheten Jeremias erreichen die Herzen der Israeliten seiner Zeit in einer traurigen Situation. Das Volk Gottes soll neue Hoffnung schöpfen und sich am Herrn erfreuen, der die Geschicke der einzelnen Menschen und die Geschichte der Gemeinschaft lenkt.

Überschwenglich sind die Worte und blumenreich die Bilder, die zur Zuversicht und Freude führen sollen. Die Not der Verbannten wendet sich, sie haben Teil am Reichtum des Landes und am Ertrag des Bodens. Gott will, daß der Mensch Sinn und Glück findet, ganz und gar, mit Leib und Seele.

Diese Vision des Jeremias wird sich freilich erst in der Endzeit einstellen. Seit dem Tod und der Auferstehung Jesu Christi sind wir unter der Führung des Heiligen Geistes unterwegs: zum Ziel der ewigen Freude in Gott.
*****


Herzlich begrüße ich alle Pilger und Besucher aus den Ländern deutscher Sprache. Besonders willkommen heiße ich die Teilnehmer an der Wallfahrt der Kirchenchöre des Erzbistums Köln in Begleitung von Kardinal Joachim Meisner. Wer singt, der betet zweifach! Euer Singen sei stets Gebet aus dem Innersten des Herzens. Gerne erteile ich euch allen und euren Lieben daheim den Apostolischen Segen.




58

Mittwoch, 17. Oktober 2001

1. Der soeben vorgetragene Psalm ist ein Gesang zu Ehren Zions, der »Stadt des großen Königs« (Ps 48,3), die in jener Zeit Sitz des Tempels des Herrn und Stätte seiner Gegenwart unter den Menschen war. Der christliche Glaube wendet ihn nunmehr auf das »himmlische Jerusalem« an, das »unsere Mutter« ist (Ga 4,26).

Der liturgische Stil dieses Hymnus, die Darstellung einer festlichen Prozession (vgl. V. 3 -14), die friedliche Vision Jerusalems, die das göttliche Heil widerspiegelt, machen den Psalm 48 zu einem Gebet, mit dem man den Tag beginnen kann, um ihn zum Lobgesang werden zu lassen, auch wenn sich am Himmel manche Wolke verdichtet.

Um den Sinn dieses Psalms zu erfassen, können uns drei am Anfang, in der Mitte und am Schluß angeführte Anrufungen helfen, die uns gewissermaßen den geistigen Schlüssel des Textes liefern und uns in seine innerliche Atmosphäre einführen. Es sind die drei Anrufungen: »Groß ist der Herr und hoch zu preisen in der Stadt unseres Gottes« (V. 2); »Über deine Huld, o Gott, denken wir nach in deinem heiligen Tempel« (V. 0); »Das ist Gott, unser Gott für immer und ewig. Er wird uns führen in Ewigkeit« (V. 5).

2. Diese drei Akklamationen, die den Herrn, aber auch die »Stadt unseres Gottes« (V. 2) preisen, bilden den Rahmen für zwei große Abschnitte des Psalms. Der erste ist ein freudiger Lobpreis auf die Heilige Stadt, das gegenüber den Angriffen der Feinde siegreiche Zion, das unter dem Mantel des göttlichen Schutzes zuversichtlich bleibt (vgl. V. 3 -8). Es wird gleichsam eine Litanei der Bezeichnungen dieser Stadt angeführt: Sie ist eine wunderbare Anhöhe, die wie ein Leuchtturm emporragt, eine Quelle der Freude für alle Völker der Erde, der einzig wahre »Olymp«, wo Himmel und Erde einander begegnen. Sie ist - um einen Ausdruck des Propheten Ezechiel zu verwenden - die »Stadt Emanuel«, denn »hier ist der Herr«, er ist in ihr gegenwärtig (vgl. Ez 48,35). Um Jerusalem herum sammeln sich aber die Truppen zur Belagerung, gewissermaßen als Symbol des Bösen, das den Glanz der Stadt Gottes in Gefahr bringt. Die Auseinandersetzung hat einen voraussehbaren und beinahe sofortigen Ausgang.

3. Durch ihren Angriff auf die Heilige Stadt haben die Mächtigen der Erde auch ihren König, den Herrn, herausgefordert. Der Psalmist beschreibt den gebrochenen Stolz eines mächtigen Heeres mit dem eindrucksvollen Bild der Geburtswehen: »Dort packte sie das Zittern, wie die Wehen eine gebärende Frau« (V. 7). Der Hochmut verwandelt sich in Zerbrechlichkeit und Schwäche, die Macht in Untergang und Niederlage.

Dieselbe Auffassung kommt in einem weiteren Bild zum Ausdruck: Das bezwungene Heer wird mit einer unbesiegbaren Seemacht verglichen, über die ein von einem furchtbaren Ostwind verursachter Sturm hereinbricht (vgl. V. 8). Es bleibt also für all jene, die im Schatten des göttlichen Schutzes stehen, die unerschütterliche Gewißheit: Nicht das Böse, sondern das Gute hat das letzte Wort; Gott siegt über die feindlichen Mächte, auch wenn diese groß und unüberwindbar scheinen.

4. Der Gläubige feiert daraufhin seine Danksagung an den befreienden Gott im Tempel. Er stimmt einen Hymnus an auf die barmherzige Liebe des Herrn, die mit dem hebräischen und für die Theologie des Bundes charakteristischen Begriff »hesed«bezeichnet wird. Damit widmen wir uns nun dem zweiten Teil des Psalms (vgl. V. 0 -14). Nach dem großartigen Lobgesang auf den treuen, gerechten und rettenden Gott (vgl. V. 0 -12) findet nun eine Art Prozession statt, die um den Tempel und die Heilige Stadt führt (vgl. V. 3 -14). Die Türme, Zeichen des sicheren Schutzes Gottes, werden gezählt, und die Wälle, Symbol der von ihrem Gründer der Stadt Zion verliehenen Beständigkeit, werden betrachtet. Die Mauern Jerusalems sprechen, und seine Steine erinnern an die Ereignisse, die dem »kommenden Geschlecht« (V. 4) durch die Erzählung der Väter an ihre Kinder (vgl. Ps 78,3 -7) überliefert werden sollen. Zion ist die Stätte einer ununterbrochenen Aufeinanderfolge heilsbringender Taten des Herrn, die in der Katechese verkündet und in der Liturgie gefeiert werden, damit die Hoffnung auf das befreiende Wirken des Herrn in den Gläubigen weiterbestehe.

5. Von besonderer Schönheit ist in der Schlußantiphon eine der erhabensten Definitionen des Herrn als Hirte seines Volkes:»Er wird uns führen« (V. 5). Der Gott Zions ist der Gott des Exodus, der Freiheit, der Nähe des in Ägypten in die Sklaverei geratenen und durch die Wüste pilgernden Volkes. Da Israel sich nun im Gelobten Land niedergelassen hat, weiß es, daß der Herr es nicht verläßt: Jerusalem ist das Zeichen seiner Nähe, und der Tempel ist der Ort seiner Gegenwart.

Wenn der Christ diese Worte liest, erhebt er sich zur Betrachtung Christi, des neuen und lebendigen Tempels Gottes (vgl. Jn 2,2), und wendet sich dem himmlischen Jerusalem zu, der Stadt, die keinen Tempel und kein äußerliches Licht mehr braucht, denn »der Herr, ihr Gott, der Herrscher über die ganze Schöpfung, ist ihr Tempel, er und das Lamm […] Die Herrlichkeit Gottes erleuchtet sie, und ihre Leuchte ist das Lamm« (Ap 2,22 -23). Zu dieser »spirituellen« Neudeutung fordert uns der hl. Augustinus auf; er ist davon überzeugt, daß in den Büchern der Bibel »alles, was dort über das irdische Jerusalem oder im Hinblick darauf gesagt ist und seine Erfüllung findet, zugleich einen allegorischen Sinn hat, der auf das himmlische Jerusalem zu beziehen ist, [und] so gibt es nichts, was ausschließlich auf das irdische Jerusalem Bezug hätte« (Gottesstaat, XVII, 3, 2; aus: Bibliothek der Kirchenväter, Kempten 96). Dem stimmt der hl. Paulinus von Nola zu, der uns in seinem Kommentar zu den Worten unseres Psalms zum Beten ermahnt, damit wir »als lebendige Steine in den Mauern des himmlischen und freien Jerusalem wiedergefunden werden« (vgl. Brief 28, 2 an Severus). In seiner Betrachtung über die Beständigkeit und Geschlossenheit dieser Stadt fährt derselbe Kirchenvater fort: »Denn derjenige, der in dieser Stadt wohnt, offenbart sich als der Eine in drei Personen […] Christus wurde nicht nur als ihr Fundament, sondern auch als ihr Turm und Tor eingesetzt […] Wenn also das Haus unserer Seele auf Ihm gründet und sich über Ihm ein Bauwerk erhebt, das dieses großen Fundaments würdig ist, dann wird das Eingangstor in seine Stadt für uns eben Derjenige sein, der uns durch die Jahrhunderte leiten und uns an den Ort Seiner Weide führen wird« (vgl. ebd . ).
Liebe Schwestern und Brüder!


59 Gott hat eine Wohnung. Im heutigen Psalm ist die Rede von der Stadt unseres Gottes, von der Stadt des großen Königs.

Während das Alte Testament auf den Tempel des Herrn und den Ort seiner Gegenwart inmitten der Menschheit anspielt, lesen wir Christen die Stadt Gottes auf das himmlische Jerusalem hin, das unsere Mutter ist.

Doch wir müssen noch einen weiteren Schritt machen, um die Tiefe des Psalmes zu erfassen: Es geht nicht nur um die Stadt Gottes oder den Berg Zion. Die Bilder verweisen auf Gott selbst: einen Gott, der uns führt und leitet in Ewigkeit.

Wie gut ist es, um einen Gott zu wissen, der uns an die Hand nimmt auf unserem Weg durch die Zeit! Wie gut ist es, daß er uns beschützt und beschirmt!
*****


Mit diesen Gedanken voller innerer Freude und tiefen Vertrauens grüße ich die Pilger und Besucher aus den Ländern deutscher Sprache. Besonders heiße ich die Franziskanerinnen der Kongregation "Töchter der Heiligsten Herzen Jesu und Maria" willkommen, die an einer geistlichen Erneuerung teilnehmen. Gott entfache eure "erste Liebe" zum Herrn wieder neu! Mit diesem Wunsch erteile ich euch, euren Lieben daheim und allen, die mit uns über Radio Vatikan und das Fernsehen verbunden sind, den Apostolischen Segen.



Mittwoch, 24. Oktober 2001



Lesung: Ps 51, 3 -5. 11 -12. 19

1. Wir haben soeben das »Miserere« gehört, eines der bekanntesten Gebete des Psalters, den so eindrucksvollen und oft wiederholten Bußpsalm, den Gesang von Sünde und Vergebung, die tiefste Meditation über Schuld und Gnade. Das Stundengebet läßt es uns jeden Freitag bei der Laudes wiederholen. Seit vielen Jahrhunderten erhebt es sich zum Himmel aus zahllosen Herzen jüdischer und christlicher Gläubigen wie ein Seufzer der Reue und Hoffnung, der sich an den barmherzigen Gott richtet.

Die jüdische Überlieferung legt den Psalm auf die Lippen Davids, der von den strengen Worten des Propheten Natan zur Buße aufgefordert wird (vgl. V. 1 -2; 2S 11 -12). Natan hatte ihm seinen Ehebruch mit Batseba und die Tötung ihres Mannes Urija vorgeworfen. Der Psalm wird jedoch in den folgenden Jahrhunderten durch das Gebet vieler anderer Sünder bereichert, die die Themen des »reinen Herzens« und des »Geistes« Gottes wiederaufnehmen, der gemäß den Worten der Propheten Jeremia und Ezechiel dem erlösten Menschen gegeben wird (vgl. V. 12; Jr 31,31 -34; Ez 11, 19;36, 24 -28).

2. Der Psalm 51 zeigt uns zwei verschiedene Horizonte auf. Zunächst den finsteren Bereich der Sünde (V. 3 - 11), in dem sich der Mensch seit dem Anfang seines Daseins befindet: »Denn ich bin in Schuld geboren; in Sünde hat mich meine Mutter empfangen« (V. 7). Auch wenn diese Erklärung nicht als ausdrückliche Formulierung der Lehre über die Erbsünde, wie sie die christliche Theologie definiert hat, gewertet werden kann, besteht kein Zweifel daran, daß sie ihr entspricht, denn sie bringt die tiefe Dimension der angeborenen sittlichen Schwachheit des Menschen zum Ausdruck. Der Psalm erscheint in diesem Abschnitt als eine Art Analyse der Sünde, die vor Gott vorgenommen wird. Im Hebräischen gibt es drei Begriffe zur Umschreibung dieser traurigen Wirklichkeit, die auf eine schlecht genutzte menschliche Freiheit zurückzuführen ist.

60 3. Das erste Wort, »hattá «, bedeutet wörtlich »das Ziel verfehlen« :Die Sünde ist eine Verirrung, die uns weit von Gott, dem grundlegenden Ziel unserer Beziehungen, und daher auch von unserem Nächsten wegführt.

Das zweite hebräische Wort ist »‘awôn«; Sinnbild des Verdrehens, des Biegens. Die Sünde ist also eine krumme Abweichung vom rechten Weg; sie ist die Umkehrung, die Verdrehung, die Verformung von Gut und Böse in dem von Jesaja dargelegten Sinn: »Weh denen, die das Böse gut und das Gute böse nennen, die die Finsternis zum Licht und das Licht zur Finsternis machen« (
Is 5,20). Aus eben diesem Grund wird in der Bibel die Bekehrung als eine »Rückkehr« (auf hebräisch »shûb«) auf den rechten Weg durch eine Kurskorrektur bezeichnet.

Der dritte Terminus, mit dem der Psalmist von der Sünde spricht, ist »peshá«. Er bringt die Auflehnung des Untertanen gegenüber seinem Herrscher zum Ausdruck, also eine offene Herausforderung, die sich gegen Gott und seinen Plan für die Menschheitsgeschichte richtet.

4. Wenn der Mensch jedoch seine Sünde bekennt, ist die heilbringende Gerechtigkeit Gottes bereit, ihn tiefgreifend zu läutern. Somit kommen wir zur zweiten geistigen Dimension des Psalms, nämlich zum lichterfüllten Bereich der Gnade (vgl. V. 12 -19). Durch das Schuldbekenntnis öffnet sich für den Betenden ein Horizont des Lichts, in dem Gott am Wirken ist. Der Herr handelt nicht nur im negativen Sinne, also indem er die Sünde tilgt, sondern durch seinen lebenspendenden Geist schafft er die sündige Menschheit neu: Er gibt dem Menschen ein neues und reines »Herz«, also ein erneuertes Gewissen, und eröffnet ihm die Möglichkeit eines reinen Glaubens und eines Kultes, der Gott wohlgefällt.

In diesem Zusammenhang spricht Origenes von einer göttlichen Therapie, die der Herr durch sein Wort und durch das heilende Werk Christi vollzieht: »Wie Gott für den Körper die Heilmittel weise vermischter Heilkräuter vorsah, so wollte er auch für die Seele eine Medizin zubereiten mit seinen Worten, die er uns in den heiligen Schriften gab […] Gott schuf auch eine weitere medizinische Tätigkeit;ihr erhabenster Arzt ist der Erlöser selbst, der von sich sagt: ›Nicht die Gesunden brauchen den Arzt, sondern die Kranken.‹ Er war der Arzt schlechthin, der jede Schwäche und Krankheit zu heilen vermag« (vgl. Predigten über die Psalmen).

5. Der reiche Inhalt des Psalms 51 würde eine detaillierte Exegese aller seiner Teile verdienen, und wir werden dies auch tun, wenn er wieder an den verschiedenen Freitagen in der Laudes erklingt. Der heutige Überblick über diese bedeutende Anrufung aus der Bibel offenbart uns bereits einige der grundlegenden Bestandteile einer Spiritualität, die sich auf das tägliche Leben der Gläubigen auswirken muß. Da wäre zunächst ein ausgeprägtes Empfinden für die Sünde zu nennen, die als freie Entscheidung in sittlicher und theologischer Hinsicht negativ geprägt aufgefaßt wird: »Gegen dich allein habe ich gesündigt, ich habe getan, was dir mißfällt« (V. 6).

Im Psalm findet sich ein ebenso ausgeprägtes Empfinden für die Möglichkeit einer Bekehrung: Der aufrichtig bereuende Sünder (vgl. V. 5) stellt sich in seinem ganzen Elend und seiner Nacktheit vor Gott und fleht Ihn an, ihn nicht aus seiner Gegenwart zu verbannen (vgl. V. 13).

Schließlich gewinnt man im »Miserere« die feste Überzeugung der Vergebung Gottes, die die Sünde »tilgt« und den Sünder »wäscht« und »rein macht« (vgl. V. 3 - 4) und ihn schließlich in ein neues Geschöpf mit verklärtem Geist, Sprache, Mund und Herz verwandelt (vgl. V. 14 -19). »Und wären unsere Sünden auch so schwarz wie die Nacht« - schrieb die hl. Faustyna Kowalska -, »die göttliche Barmherzigkeit ist stärker als unsere Schwachheit. Nur eines ist nötig: daß der Sünder die Tür seines Herzens wenigstens ein bißchen aufmacht […] Gott wird den Rest tun […] Alles beginnt und endet in deiner Barmherzigkeit« (vgl. M. Winowska, L’icona dell’Amore misericordioso. Il messaggio di suor Faustina , Rom Rm 1981, S. 271).

Liebe Schwestern und Brüder!

Der heutige Psalm bringt eine tröstliche Erfahrung ins Wort: Stärker als unser menschliches Versagen ist Gottes Barmherzigkeit.

Zunächst stellt uns der Psalm das Dunkel der Sünde vor Augen. Sie führt uns weg von Gott, dem Licht des Lebens. So ist die Sünde ein Abirren von unserem eigentlichen Ziel. Wir entfremden uns nicht nur Gott gegenüber, auch der Nächste wird uns fern.

61 Dem Entsetzen über unser menschliches Versagen stellt der Psalm die heilende Liebe Gottes gegenüber. Gott erwartet die Umkehr des Sünders. Umkehr besagt Kurskorrektur. Mit Gottes Hilfe findet der Sünder auf den rechten Weg zurück. Schließlich erwarten ihn die weit geöffneten Arme Gottes des Vaters. Vergebung ist weit mehr als eine Auslöschung der Sünde: Gott schenkt uns ein „neues Herz", ein „reines Gewissen", das uns stark und entschlossen macht auf dem Weg zum Guten.

Mit diesen Gedanken grüsse ich in tiefem Vertrauen auf Gottes Liebe und Gnade die Pilger und Besucher aus den Ländern deutscher Sprache. Möge euch allen die Gabe der inneren Erneuerung zuteil werden! Mit diesem Wunsch erteile ich euch, euren Lieben daheim und allen, die mit uns über Radio Vatikan und das Fernsehen verbunden sind, den Apostolischen Segen.



Mittwoch, 31. Oktober 2001

Liebe Schwestern und Brüder!


"Wahrhaftig, du bist ein verborgener Gott" (Is 45,15). So beginnt das Canticum aus dem Buch Jesaja, das zum Bestandteil des Morgenlobes der Kirche geworden ist.

Jesaja betrachtet die Größe Gottes, die sich in der Schöpfung und in der Geschichte manifestiert: Gott der Vater ist der Gott der Offenbarung und zugleich der Gott der Verborgenheit, der "Deus absconditus".

"Vor mir wird jedes Knie sich beugen, und jede Zunge wird bei mir schwören" (Is 45,23). Beim Beten dieser Worte, denken wir an die volle Offenbarung im Neuen Testament, dessen Höhepunkt Jesus Christus ist.

Ja, Gott wollte sich in der Gestalt seines eingeborenen Sohnes der Welt zeigen, um dem Menschen näherzukommen. Wir sind eingeladen, seinen Namen zu bekennen und zu preisen mit den Worten der Psalmen und der geistlichen Gesänge.
*****


Herzlich begrüße ich alle Pilger und Besucher aus den Ländern deutscher Sprache. Besonders willkommen heiße ich die zahlreichen Jugendlichen. Bekennt euch zum eingeborenen Sohn Gottes, indem ihr mit Freude seinen Namen preist. Gerne erteile ich euch allen und euren Lieben daheim den Apostolischen Segen.





Mittwoch, 7. November 2001

62
Lesung: Ps 100, 2 - 5: Lobgesang des Volkes beim Einzug ins Heiligtum


Liebe Schwestern und Brüder!

1. Die jüdische Tradition hat dem soeben verkündeten Lobhymnus den Titel »Psalm für die ›todáh‹«, d.h. für die Danksagung im liturgischen Gesang, gegeben, und er eignet sich somit gut für die morgendliche Laudes. In den wenigen Versen dieses Freudenhymnus lassen sich drei bedeutende Elemente erkennen, die seinen Gebrauch im Gebet der christlichen Gemeinschaft geistig fruchtbringend machen.

2. Zunächst findet sich in ihm der eindringliche Aufruf zum Gebet, das in einer eindeutig liturgischen Dimension beschrieben wird. Es genügt, die Imperative aufzulisten, die den Psalm kennzeichnen und von Hinweisen kultischer Art begleitet sind: »Jauchzt […] Dient dem Herrn mit Freude! Kommt vor sein Antlitz mit Jubel! Erkennt: Der Herr allein ist Gott […] Tretet mit Dank durch seine Tore ein! Kommt mit Lobgesang in die Vorhöfe seines Tempels! Dankt ihm, preist seinen Namen!«
(V. 1 -4): eine Reihe von Aufforderungen, nicht nur durch die Tore und Vorhöfe in den heiligen Bereich des Tempels einzutreten (vgl.
Ps 15,1 Ps 24,3 Ps 24,7 Ps 10), sondern auch Gott freudig zu preisen.

Es handelt sich gleichsam um eine unablässige Kette des Lobes, die nie abreißt und die in einem ständigen Bekenntnis des Glaubens und der Liebe zum Ausdruck kommt. Dieses Lob erhebt sich von der Erde zu Gott; zugleich aber nährt es den Geist des Glaubenden.

3. Eine zweite kurze Anmerkung möchte ich dem Beginn des Canticum widmen, in dem der Psalmist die ganze Erde zusammenruft, um dem Herrn zuzujauchzen (vgl. V. 1). Gewiß, der Psalm wird später seine Aufmerksamkeit auf das auserwählte Volk richten, aber der Horizont des Lobpreises ist universaler Art, wie es im Psalter nicht selten der Fall ist, insbesondere in den sogenannten »Hymnen an den Herrn und König « (vgl. Ps 96 -99). Welt und Geschichte liegen nicht in der Hand des Schicksals, des Chaos oder blinder Bedingtheiten. Sie werden vielmehr von einem Gott beherrscht, der zwar geheimnisvoll ist, gleichzeitig aber den Wunsch hegt, daß die Menschheit stets in gerechten und wahrhaftigen Beziehungen lebt. »Den Erdkreis hat er gegründet, so daß er nicht wankt. Er richtet die Nationen so, wie es recht ist […] Er richtet den Erdkreis gerecht und die Nationen nach seiner Treue« (Ps 96,1 Ps 96,13).

4. Wir alle ruhen also in der Hand Gottes, des Herrn und Königs, und wir preisen ihn im Vertrauen darauf, daß er uns nicht aus seinen Schöpfer- und Vaterhänden fallen lassen wird. In diesem Licht kann man das dritte wichtige Element des Psalms besser erfassen. Im Mittelpunkt des Lobes, das der Psalmist uns auf die Lippen legt, steht nämlich eine Art Glaubensbekenntnis, das durch eine Reihe von Attributen die tiefe Wirklichkeit Gottes beschreibt. Dieses aufs Wesentliche beschränkte Credo enthält folgende Aussagen: Der Herr ist Gott, der Herr ist unser Schöpfer, wir sind sein Volk, der Herr ist gut, seine Liebe währt ewig, seine Treue hat kein Ende (vgl. V. 3 -5).

5. Wir finden also zunächst ein erneuertes Glaubensbekenntnis an den einen Gott, wie es das erste Gebot des Dekalogs verlangt: »Ich bin Jahwe, dein Gott […] Du sollst neben mir keine anderen Götter haben « (Ex 20,2 Ex 20,3). Und wie in der Bibel oft wiederholt wird: »Heute sollst du erkennen und dir zu Herzen nehmen: Jahwe ist der Gott im Himmel droben und auf der Erde unten, keiner sonst « (Dt 4,39). Dann wird der Glaube an den Schöpfergott, die Quelle des Seins und Lebens, erklärt. Hierauf wird durch die sogenannte »Bundesformel« die Gewißheit Israels hervorgehoben, von Gott auserwählt zu sein: »Wir sind sein Eigentum, sein Volk und die Herde seiner Weide«
(V. 3). Diese Gewißheit übernehmen die Gläubigen des neuen Gottesvolkes in dem Bewußtsein, jene Herde zu sein, die der oberste Seelenhirte zu den ewigen Weiden des Himmels führen wird (vgl. 1P 2,25).

6. Nach der Verkündung des einen Gottes als Schöpfer und Ursprung des Bundes, wird die Darstellung des Herrn in unserem Psalm mit der Meditation über drei göttliche Eigenschaften, die im Psalter oft gepriesen werden, fortgesetzt:Güte, barmherzige Liebe (»hésed«) und Treue. Es sind die drei Tugenden, die den Bund Gottes mit seinem Volk kennzeichnen. Sie schildern eine Bindung, die durch die Generationen hindurch nie zerbrechen wird, trotz des lehmigen Flusses der Sünden, der Auflehnung und der menschlichen Treulosigkeiten. Im Vertrauen auf die Liebe Gottes, an der es nie mangeln wird, geht das Volk Gottes trotz aller täglichen Versuchungen und Schwächen seinen Weg durch die Geschichte.

63 Dieses Vertrauen wird zum Gesang, wobei mitunter die Worte nicht ausreichen, wie der hl. Augustinus bemerkt: »Je mehr die Liebe zu nimmt, desto mehr wirst du dir bewußt, daß du sprachst und doch nicht sprachst. Bevor du nämlich bestimmte Dinge verspürt hast, dachtest du, Worte verwenden zu können, um Gott zu bezeichnen; als du aber anfingst, ihren Geschmack zu spüren, hast du gemerkt, daß du nicht in der Lage bist, das, was du empfindest, angemessen auszudrücken. Wenn du aber meinst, deine Empfindungen nicht in Worte fassen zu können, mußt du dann deshalb schweigen und aufhören zu loben? […] Keineswegs. So undankbar wirst du nicht sein. Ihm gebührt die Ehre, die Achtung, das größte Lob […] Höre auf den Psalm: ›Jauchzt vor dem Herrn, alle Länder der Erde!‹ Du wirst den Jubel der ganzen Erde verstehen, wenn du selbst dem Herrn zujubelst« (vgl. Erläuterungen zu den Psalmen III/1).
*****


In diesem freudigen Vertrauen in Gottes Liebe und Führung begrüße ich alle Pilger und Besucher aus den Ländern deutscher Sprache. Gerne erteile ich euch und euren Lieben daheim sowie allen, die mit uns über Radio Vatikan oder das Fernsehen verbunden sind, den Apostolischen Segen.



Mittwoch, 14. November 2001

(Lesung: Ps 9,45-152).


1. Am Samstag der ersten Woche stellt uns die Liturgie der Laudes eine einzige Strophe aus dem Psalm 9 vor, ein monumentales Gebet von 22 Strophen, so viele wie das hebräische Alphabet Buchstaben hat. Jede Strophe ist durch einen bestimmten Buchstaben des Alphabets gekennzeichnet, mit dem auch ihre einzelnen Verse beginnen, und die Anordnung der Strophen folgt der des Alphabets. Wir haben soeben die 9. Strophe gehört, die dem Buchstaben qof entspricht.

Diese Vorbemerkung, die sich eher auf äußerliche Aspekte bezieht, ermöglicht uns, die Bedeutung dieses Gesangs zu Ehren des göttlichen Gesetzes besser zu verstehen. Er ähnelt einer orientalischen Musik, deren Klangmodulationen nie zu enden scheinen und sich zum Himmel erheben in Form einer Wiederholung, die Verstand und Sinne, Geist und Körper des Betenden einbezieht.

2. In einer Sequenz von ’alef bis tau , also vom ersten bis zum letzten Buchstaben des Alphabets - von A bis Z, - würden wir mit dem italienischen Alphabet sagen -, lobt der Beter eingehend das Gesetz Gottes, das ihm eine Leuchte ist für seine Schritte auf dem oft dunklen Weg des Lebens (vgl. V. 105).

Man sagt, der große Philosoph und Wissenschaftler Blaise Pascal habe diesen Psalm, den längsten von allen, jeden Tag gebetet. Auch der 1945 von den Nazis ermordete Theologe Dietrich Bonhoeffer macht ihn zu einem lebendigen und aktuellen Gebet, wenn er schreibt: »Besonders schwer wird uns vielleicht der 9. Psalm um seiner Länge und Gleichmäßigkeit willen. Hier hilft uns ein langsames, stilles, geduldiges Fortschreiten von Wort zu Wort, von Satz zu Satz. Dann erkennen wir, daß die scheinbaren Wiederholungen doch immer neue Wendungen der einen Sache sind, der Liebe zu Gottes Wort. Wie diese Liebe kein Ende nehmen kann, so auch die Worte nicht, die sie bekennen. Sie wollen uns durch ein ganzes Leben begleiten, und in ihrer Einfachheit werden sie zum Gebet des Kindes, des Mannes und des Greises« (Dietrich Bonhoeffer, Das Gebetbuch der Bibel; in: Gesammelte Schriften, Bd. IV, S. 555).

3. Die Wiederholung unterstützt also nicht nur das Gedächtnis beim Chorgesang, sondern sie ist auch ein Mittel zur Festigung der inneren Treue und der vertrauensvollen Hingabe in die Arme des verehrten und geliebten Gottes. Unter den Wiederholungen des Psalms 9 möchten wir vor allem eine besonders bedeutsame nennen. Jeder der 76 Verse, aus denen dieses Lob auf die Torah als göttliches Gesetz und Wort besteht, enthält wenigstens eines der acht Worte, mit denen die Torah bezeichnet wird: Gesetz, Wort, Urteil, Weisung, Gebot, Vorschrift, Befehl, Spruch. So wird die göttliche Offenbarung gepriesen; sie ist Enthüllung des Geheimnisses Gottes, aber auch sittliche Richtschnur für das Leben des Gläubigen.

Gott und Mensch werden auf diese Weise in einem Dialog aus Worten und Werken, Lehre und Zuhören, Wahrheit und Leben verbunden.


Generalaudienz 2001 56