Predigten 1978-2005 89


EUCHARISTIEFEIER FÜR DIE PÄPSTLICHE SCHWEIZERGARDE

Mittwoch, 6. Mai 1987



Liebe Brüder und Schwestern!

Mit diesem Evangelium (Jn 6,35-40) hat uns der Apostel Johannes in die Mitte der Person Jesu Christi geführt: Jesus lebt ganz und gar dafür, den heiligen Willens seines Vaters zu tun. Nach diesem Willen soll den Menschen aller Orte und Zeiten der Weg zum wahren Leben, ein Weg auch über den irdischen Tod hinaus, angeboten und geschenkt werden. Damit dieses Angebot auch heute noch die Menschen erreicht, hat Christus seine Kirche gegründet und sie mit ihren apostolischen Strukturen, mit ihrem kostbaren Erbe der Heiligen Schrift und der Sakramente auf die Pilgerschaft durch die Jahrhunderte gesandt und ihr versprochen, immer auch selbst bei ihr zu sein als der auferstandene Herr.

Auch der Papst und die Bischöfe, auch der Vatikan mit seinen Ämtern und Diensten stehen unter diesem Auftrag: die Menschen, wie das Evangelium sagt, zum ”Brot des Lebens“ zu führen. Die Menschen, die Tag für Tag neugierig oder erwartungsvoll, gläubig oder suchend an die Tore des Vatikans kommen, sie alle sind uns letztlich von Gott zugesandt, damit sie Speise Christi erhalten, ein jeder nach der Art seines Hungers. Das ist das tiefste Motiv, der stärkste Anstoß für jeden Mitarbeiter des Papstes, um seinen Dienst sorgfältig und treu zu erfüllen. Von jedem einzelnen hängt es dabei ab, ob die Besucher und Pilger bei ihrer Begegnung mit diesen ehrwürdigen Orten rund um das Petrusgrab erfahren können, daß hier jeder Mensch in seiner Würde ernstgenommen wird, weil hier Christus selbst der letzte Maßstab unseres Sprechens und Handelns sein will.

Um diese geistige Grundlage auch eures Dienstes für Ordnung und Sicherheit besonders tief wahrzunehmen und zu bejahen, feiern wir an eurem heutigen Festtag wiederum gemeinsam die heilige Messe. Sie ist mir zugleich ein Dank für den in den letzten zwölf Monaten geleisteten guten Dienst der Päpstlichen Schweizergarde; sie ist mir ein Segenswunsch für euch, die Neu-Gardisten, die ihr heute eurem Diensteid feierlich ablegen werdet; sie ist mir schließlich ein Zeichen der Anerkennung für euch, liebe Eltern und Verwandte, die ihr durch eure Teilnahme an diesem Festtag eure Zustimmung zur hohen Dienstverpflichtung dieser jungen Männer bekundet. Euer Landespatron, der heilige Bruder Klaus, dessen Todestag sich heuer zum fünfhundertsten Mal jährt, sei der ganzen Garde Vorbild und Fürsprecher in ihrem Dienst für den Papst und die Kirche, zum Besten der Menschen und ihrer Anliegen.

Je m’adresse également aux gardes suisses, nouveaux et anciens, à leurs parents, à leurs amis qui les entourent avec émotion. Depuis bientôt cinq siècles, des générations de jeunes suisses ont assuré la protection des Papes, parfois jusqu’à l’effusion du sang comme en mai 1527. Je salue la mémoire de tous ceux qui vous ont précédés et, à vous, j’exprime ma profonde gratitude personnelle, celle de mes coopérateurs de la Curie romaine, mais aussi l’estime et la satisfaction des personnalités, des visiteurs, des pèlerins accueillis au Vatican à longueur d’années. Tous rendent hommage à votre comportement marqué par une réserve, une courtoisie, une efficacité et un esprit ecclésial qui vous honorent. Chers jeunes, soyez convaincus que, à votre place, vous contribuez à donner au centre de la catholicité son visage de paix et d’accueil évangéliques, et même une note d’agrément humain, de joie. Je vous remercie chaleureusement du service que vous avez librement choisi d’accomplir pendant quelques années. Je remercie vos parents, légitimement fiers de vous voir au service du Pape. Que Dieu, mystérieusement présent et actif en chacun de vous, vous soutienne dans l’accomplissement fidèle de votre mission et qu’il veille attentivement sur vos familles!





1988



PASTORALBESUCH IN ÖSTERREICH

VESPER UND VIGIL AM FEST DES HL. JOHANNES DES TÄUFERS


Stephansdom - Donnerstag, 23. Juni 1988




90 Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

1. ”Es trat ein Mensch auf, der von Gott gesandt war; sein Name war Johannes. Er kam als Zeuge, um Zeugnis abzulegen für das Licht, damit alle durch ihn zum Glauben kommen“.

Das Gedächtnis Johannes des Täufers, des Wegbereiters des Herrn, vereint uns am Vorabend seines Festes – am Beginn meines Pastoralbesuches – zum Gottesdienst in diesem herrlichen Stephansdom von Wien. Die Gestalt und Sendung dieses großen Gottesboten als Zeuge vom Licht, damit die Menschen glauben, laden uns ein zur Besinnung. In ihm wollen wir unseren Auftrag als Jünger Jesu Christi für die Wegbereitung des Herrn in unserem Leben und in der Welt von heute erkennen.

Von Herzen grüße ich euch, die ihr zu diesem Gottesdienst gekommen seid. Mein brüderlicher Gruß gilt der ganzen Erzdiözese Wien mit ihrem Erzbischof Hans-Hermann Groër, den ich in Kürze mit der Kardinalswürde auszeichnen darf, und dem verehrten Altersbischof Kardinal Franz König. Ich grüße den Herrn Bundespräsidenten, den Herrn Bundeskanzler und die anwesenden Mitglieder der Bundesregierung sowie alle Männer und Frauen, die in der Stadt Wien und im Land Niederösterreich oder für die ganze Nation in Kirche und Gesellschaft eine besondere Verantwortung tragen. Ebenso grüße ich auch alle jene, die in nah und fern durch Radio oder Fernsehen mit uns verbunden sind und an unserem Gebet teilnehmen.

2. ”Er (Johannes) kam als Zeuge, um Zeugnis abzulegen für das Licht“.

Der Prolog des Johannesevangeliums, in dem sich diese Worte der heutigen Lesung finden, lenkt unseren gläubigen Blick auf das Geheimnis des göttlichen Wortes, das ”im Anfang“ war. ”Die Welt ist durch ihn geworden“, denn das Wort ”war Gott“. Wir begegnen hier dem Geheimnis der Schöpfung – dem Geheimnis Gottes, der erschafft. Das Wort ist das ewige Licht, wesensgleich mit dem Vater. Es ist der göttliche Sohn: der Erstgeborene der ganzen Schöpfung.

Dieses Licht schenkt sich an die Geschöpfe, die die Spuren der göttlichen Weisheit in sich tragen. In einer besonderen Weise aber schenkt es sich den Menschen. Damit führt uns der Prolog des Johannes vom erschaffenden Gott weiter zum Geheimnis der Menschwerdung. Denn das dem Vater wesengleiche Wort schenkt sich dem Menschen dadurch, daß es selbst ”Fleisch wird“. Das Wort kommt, um das Licht der Menschen zu werden – um aus der Nähe, aus der innersten Mitte des Menschseins und der Menschheitsgeschichte jeden Menschen su ”erleuchten“, der in diese Welt kommt. Dies bewirkt das ewige Wort als Mensch, damit jeder Mensch im Menschsein Gottes Gott selber besser erkennen kann. Zugleich soll dadurch der Mensch auch sein eigenes Menschsein, das von Anfang an das Bild und Gleichnis Gottes in sich trägt, in der Tiefe verstehen.

3. Auf diese Weise veranschaulicht uns der Prolog des Johannesevangeliums das Geheimnis der Menschwerdung des göttlichen Wortes, den Gipfel und entscheidenden Wendepunkt in der Geschichte der Menschheit und der Welt. Aber es fügt hinzu: ”Er (das Wort) war in der Welt, und die Welt ist durch ihn geworden, aber die Welt erkannte ihn nicht. Er kam in sein Eigentum, aber die Seinen nahmen ihn nicht auf“. Mit diesen Worten faßt der Evangelist das Leben und Schicksal Jesu Christi, des von Gott in die Welt gesandten Messias und Erlösers, zusammen. Er selbst hat ihn ja mit eigenen Augen gesehen und mit eigenen Ohren gehört; mit seinen Händen hat er das göttliche Wort, das Fleisch geworden ist, berührt.

Gott kam als Mensch zu den Menschen – das menschgewordene Wort, durch das alles erschaffen ist –, aber seine Geschöpfe nahmen ihn nicht auf. ”Das Licht leuchtet in der Finsternis, aber die Finsternis hat es nicht erfaßt“. Die Menschen liebten die Finsternis mehr als das Licht.

4. In diese zusammenfassende Darstellung der Geheimnisse Gottes in Jesus Christus wird sodann – schon im Prolog – ein Mann eingeführt, von dem es heißt: ”Es trat ein Mensch auf, der von Gott gesandt war; sein Name war Johannes.

Er ist gesandt als Zeuge, um ”Zeugnis abzulegen für das Licht“; und zwar nicht erst am Ende des Lebens und Wirkens Jesu, sondern gleich am Anfang; sofort als das göttliche Wort die Schwelle des ewigen Geheimnisses überschritten hat, als Christus in die Welt kam in der Nacht von Betlehem, als er aus dem Schoß der Jungfrau geboren wurde.

91 Und ebenso gleich am Anfang, als der inzwischen dreißigjährige Jesus von Nazaret am Jordan auftrat, um in Israel seine messianische Sendung zu beginnen.

Wer ist dieser Johannes? Schon im Prolog des vierten Evangeliums sehen wir ihn – wie auch bei den Synoptikern – am Jordan. Und wir hören sogar seine Stimme: ”Er, der nach mir kommt, ist mir voraus, weil er vor mir war“.

Johannes ist der Bote, der – gleichaltrig mit Christus – dessen Kommen vorbereitet. Er ragt aus dem ganzen Alten Bund heraus ähnlich wie die Propheten, die das Kommen des Messias vorhergekündigt haben, und ist zugleich ”der größte“ unter ihnen.

Der Prolog des vierten Evangeliums nennt ihn nicht einen Propheten, sondern sagt, daß ”er als Zeuge kam“. Er ist der erste von denjenigen, die Christus zu seinen Zeugen beruft mit den Worten: ”Und auch ihr sollt Zeugnis ablegen, weil ihr von Anfang an bei mir seid“.

Johannes der Täufer am Jordan ist der erste unter diesen Zeugen. Er ist Zeuge von jenem ”neuen Anfang“, der mit dem Geheimnis der Menschwerdung des göttlichen Wortes begonnen hat. Sein Zeugnis gehört noch zum großen Advent Israels und der ganzen Menschheit. Er ist gleichsam die ”Schwelle der Zeugnisse“ vom Alten zum Neuen Bund. Alle, die danach in Einheit mit dem Geist der Wahrheit, dem göttlichen Beistand, von Christus, dem Gekreuzigten und Auferstandenen, Zeugnis geben – alle diese haben die ”Schwelle“ des Zeugnisses des Johannes am Jordan schon überschritten.

5. Während wir uns, liebe Brüder und Schwestern, heute – am Beginn meines Pastoralbesuches – hier im Stephansdom von Wien begegnen, wollen wir bei der großen Bedeutung dieses ”Zeugnisses“ ein wenig verweilen, das – angefangen von Johannes dem Täufer, über die Apostel – als Auftrag auf das ganze Volk Gottes übergegangen ist.

Das ”Zeugnis“ für Christus bestimmt das innerste Wesen unseres Christseins. Jünger Jesu Christi sein, heißt Zeuge sein! Der Herr sagt von sich selber vor Pilatus: ”Ich bin dazu geboren und dazu in die Welt gekommen, daß ich für die Wahrheit Zeugnis ablege“. Dieselbe Sendung, die Christus vom Vater empfangen hat, überträgt er nach seiner Auferstehung auch den Aposteln: ”Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch“. Bei seiner Himmelfahrt erfolgt schließlich in ihnen die Aussendung der Kirche, um vor allen Völkern seine Frohe Botschaft zu bezeugen: ”Geht hinaus in die ganze Welt, und verkündet das Evangelium allen Geschöpfen!“.

Das Zeugnis unzähliger Glaubensboten hat die Botschaft Christi durch die Jahrhunderte in alle Erdteile verbreitet. Große Anstrengungen sind noch heute erforderlich, damit sie wirklich zu allen Menschen gelangt. Gleichzeitig aber sind auch die Christen in den schon christlichen Ländern wie nie zuvor aufgerufen, alles zu tun, damit der Glaube und die Treue zu Christus bei ihnen selbst nicht wieder verkümmern, sondern zu neuem Leben erwachen. Unser ganzer – sogenannter christlicher – europäischer Kontinent bedarf heute einer Neu-Evangelisierung. Das II. Vatikanische Konzil hat darum alle Christen zu einem neuen und verstärkten Glaubenszeugnis aufgerufen. Nicht nur Bischöfe, Priester und Ordensleute, sondern ”jeder Laie muß vor der Welt Zeuge der Auferstehung und des Lebens Jesu, unseres Herrn, und Zeichen des lebendigen Gottes sein“. Denselben Aufruf hat sich die letzte Bischofssynode über die Sendung und Aufgabe der Laien in der Welt von heute zu eigen gemacht. In ihrer Botschaft an das Volk Gottes heißt es: ”Wer Taufe, Firmung und Eucharistie empfängt, verpflichtet sich, Christus zu folgen und ihn mit dem ganzen Leben – auch in Arbeit und Beruf – zu bezeugen“.

6. Wie ich schon bei meinem ersten Pastoralbesuch von euren Bischöfen betont habe, leben wir in einer Zeit, ”da Gottes Antlitz vielen Menschen dunkel und unerkennbar geworden ist. Die Erfahrung der scheinbaren Abwesenheit Gottes lastet nicht nur auf den Fernstehenden, sie ist generell“. Das Leitwort der kommenden Tage ”Ja zum Glauben – Ja zum Leben“ soll ein Aufruf an uns sein, uns dieser Not unserer Mitmenschen entschlossen zu stellen.

Die Christen dürfen sich nicht damit begnügen, die Abwesenheit oder Vergessenheit Gottes unter den Menschen nur zu beklagen. Sie müssen sofort mit der Wegbereitung Gottes neu beginnen; zuerst durch ihre eigene Bekehrung und ihren Dienst an den Mitmenschen, wie es der Prophet Jesaja fordert: ”Bahnt eine Straße, ebnet den Weg, entfernt die Hindernisse auf dem Weg meines Volkes!“. Darum rufe ich euch heute zu: Räumt die Hindernisse aus, die dem Glauben an Gott in unseren Tagen entgegenstehen! Schafft Bedingungen, die den Glauben erleichtern! Sucht vom Vertrauen auf Gott her auch ein neues Vertrauen zueinander. Wo gegenseitiges Mißtrauen das Leben bestimmt, wird nicht nur der Zugang der Menschen zueinander erschwert. Zusehends geschieht Tieferes: Es verschwindet das Vertrauen zum Menschen überhaupt, zu seiner Fähigkeit und Bereitschaft für das Wahre und Gute. Die Transparenz der Welt auf die Wahrheit, auf den Grund allen Vertrauens hin, erlischt langsam. Eine vom Mißtrauen verdunkelte Welt versperrt die Wege zu Gott, lähmt den Schwung des Glaubens. Gebt im Mut zu Wahrheit und Vertrauen einander den Weg frei zu Gott, der will, daß alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen. Das alles ist nicht nur eine religiöse, sondern auch eine eminent gesellschaftliche Aufgabe der Christen. Das II. Vatikanische Konzil, das den spezifisch religiösen Charakter der Sendung der Kirche besonders unterstreicht, sagt darauf ebenso deutlich: ”Doch fließen aus eben dieser religiösen Sendung Auftrag, Licht und Kraft, um der menschlichen Gemeinschaft zu Aufbau und Festigung nach göttlichem Gesetz behilflich zu sein“,

7. Der hl. Clemens Maria Hofbauer, der Patron dieser Stadt, kam, nachdem er schon in meiner Heimat segensreich gewirkt hatte, nach Wien und wurde hier zum Erneuerer des kirchlichen und gesellschaftlichen Lebens. Gemeinsam mit seinen Mitbrüdern wirkte er in allen Bereichen der Seelsorge gegen die Gleichgültigkeit des Zeitalters der Aufklärung. Möge er euch helfen, euch in seinem Geist und mit dem gleichen Eifer für eine christliche Erneuerung in der Kirche und Gesellschaft von heute einzusetzen.

92 Ihr lebt in einem demokratischen Staat, der allen die tatkräftige Mitarbeit am Aufbau der Gesellschaft ermöglicht und sie von allen auch erwartet. Als Christen müßt ihr euch fragen, ob ihr darin den euch von Gott und seinem Evangelium aufgetragenen Beitrag leistet. Wie steht es um eine Gesellschaft, in der Alter oft wie eine Krankheit betrachtet, Kranke mitunter als Störenfriede angesehen, in welcher Ehen leichtfertig geschlossen und noch leichtfertiger geschieden, in der zehntausende Kinder jährlich getötet werden, bevor sie das Licht der Welt erblicken?

Über den Auftrag der Christen in der Gesellschaft sagt die letzte Bischofssynode in ihrer Botschaft an das Volk Gottes: ”Übereinstimmung von Glaube und Leben muß das Wirken der Gläubigen im öffentlichen Leben auszeichnen, in der Mitarbeit in den politischen und sozialen Institutionen wie im täglichen Leben. Nur so können sie in die weltlichen Strukturen und Tätigkeiten den Geist des Evangelium einbringen“. Sagen wir darum unser entschlossenes Ja zum Glauben – Ja zum Leben, auch angesichts eines Egoismus ohne Hoffnung, der das Leben erstickt. Sagen wir ja zum Glauben – ja zum Leben, aus der tiefen Überzeugung, daß wir eine Gemeinschaft von Menschen sind, ”die, in Christus geeint, vom heiligen Geist auf ihrer Pilgerschaft zum Reich des Vaters geleitet werden und eine Heilsbotschaft empfangen haben, die allen auszurichten ist“.

8. In einer altkirchlichen Schrift, dem Diognetbrief, heißt es über die Rolle des Christen in der Gesellschaft: ”Die Christen sind Menschen wie die übrigen: sie unterscheiden sich von den anderen nicht nach Land, Sprache oder Gebräuchen... Sie heiraten wie alle anderen und zeugen Kinder, aber sie verstoßen nicht die Frucht ihres Leibes... Um es kurz zu sagen: Was die Seele im Leib ist, das sind die Christen in der Welt. Die Seele durchdringt alle Glieder des Leibes, die Christen alle Städte der Welt... Die Christen sind im Gewahrsam der Welt und halten doch die Welt zusammen...“.

In der Welt, aber nicht von dieser Welt! Wie die Christen jener ersten Jahrhunderte müssen die Christen auch heute den Mut und das Gottesvertrauen haben, sich in ihrem Leben von ihrer Umwelt zu unterscheiden, nicht um diese zu verurteilen, sondern um sie durch ihr Lebenszeugnis mit dem Licht und der Wahrheit des Evangeliums zu durchdringen; so wie die Seele den Leib durchdringt und belebt, wie der Sauerteig alles durchsäuert.

Das Zeugnis der Christen erfolgt vor der ”Welt“, im Hinblick auf die verschiedenen Probleme der Welt, aber es bleibt letztlich ein Zeugnis für Christus, für das Licht, das in der Finsternis leuchtet, auf daß es die Menschen und die Welt immer heller erleuchtet. Das Ja der Christen zum Leben ist letztlich ein Ja zu Christus, der gerade dazu gekommen ist, daß ”wir das Leben haben und es in Fülle haben“. Wie Johannes vom Licht Zeugnis ablegte, damit alle durch ihn zum Glauben kommen, so muß auch unser christliches Zeugnis in der Welt immer ein Zeugnis über die Erlösung sein, damit die Menschen in Christus ihr ewiges Heil finden. Heute wie damals gibt Gott allen, die sein göttliches Wort, seinen menschgewordenen Sohn aufnehmen, die Macht, Kinder Gottes zu werden.

Heiliger Johannes der Täufer, Zeuge und Wegbereiter des Herrn, mache uns heute nach deinem Vorbild zu glaubwürdigen Zeugen für Christus und sein anbrechendes Reich in den Herzen der Menschen und in der Welt! -Amen.

PASTORALBESUCH IN ÖSTERREICH

HL. MESSE AM FEST DES HL. JOHANNES DES TÄUFERS


Flughafen Eisenstadt-Trausdorf - Freitag, 24. Juni 1988




Liebe Brüder und Schwestern!

1. ”Herr, du hast mich erforscht, und du kennst mich..., alle meine Wege sind dir bekannt“.

So beten wir mit dem Psalmisten in der heutigen Liturgie. Seine Worte drücken aus, was uns hier zutiefst vereint – unsichtbar zwar, aber dennoch wirklich und wesentlich: Wir sind hier versammelt im gemeinsamen Glauben an den gegenwärtigen Gott, der uns alle erforscht und kennt. Gott weiß um uns schon immer, er kennt einen jeden von uns, wir alle sind in sein liebendes Herz geschrieben, seine Vorsehung umfängt die ganze Schöpfung. ”In ihm leben wir, bewegen wir uns und sind wir“, so erklärt der Apostel Paulus den fragenden Athenern auf dem Aeropag die Nähe Gottes zu uns Menschen.

Vor ihm sind wir hier versammelt – vor dem unsichtbaren Gott. In seinem ewigen Wort, dem eingeborenen Sohn, hat er uns beim Namen gerufen, damit wir durch ihn das Leben haben und es in Fülle haben.

93 Darum feiern wir nun Eucharistie. Wir kommen, um in Jesus Christus alles vom Vater zu empfangen, was uns zum Heile dient. Und wir bringen alles: unsere Freude, unseren Dank, unsere Bitten, ja, uns selbst, um uns ganz in Christus dem Vater darzubringen: in ihm, der ja der Erstgeborene der ganzen Schöpfung ist. In und durch Christus wollen wir mit dem Psalmisten zu unserem Schöpfer und Vater beten: ”Ich danke dir, daß du mich so wunderbar gestaltet hast; staunenswert sind deine Werke“.

2. In dankbarer Freude grüße ich Eisenstadt, den Sitz eurer Diözese, die ich dank der Freundlichkeit eures Bischofs schon vor etlichen Jahren besuchen durfte. Ich grüße von Herzen Bischof Stefan László und danke ihm für die vielen Jahre brüderlicher Freundschaft und Verbundenheit seit dem Konzil bis heute. Gern erinnere ich mich auch an unsere Begegnungen in Krakau und Rom. Ich freue mich, nun ein weiteres Mal hier sein Gast sein zu dürfen.

Herzlich grüße ich euch alle, die anwesenden Kardinäle, Bischöfe, Priester und Ordensleute, alle Gläubigen der Diözese Eisenstadt und aus den österreichischen Nachbardiözesen, ganz besonders aber die sehr zahlreichen Gäste aus Ungarn und aus Kroatien in Jugoslawien. Durch euch gilt unser gemeinsamer Segensgruß zugleich allen unseren Glaubensbrüdern und -schwestern in euren Heimatländern, mit denen wir uns heute über alle Grenzen hinweg auf das engste in der einen Kirche Jesu Christi verbunden fühlen.

3. ”Herr, du hast mich erforscht, und du kennst mich“. Die Kirche wiederholt diese Worte des Psalmisten in der heutigen Festliturgie, am Geburtsfest Johannes des Täufers, des Sohnes des Zacharias und der Elisabet. ”Vom Mutterschoß an“ hat Gott ihn berufen, die ”Taufe der Buße“ am Jordan zu predigen und das Kommen seines Sohnes vorzubereiten.

Die besonderen Umstände der Geburt des Johannes sind uns durch den Evangelisten Lukas überliefert. Nach einer alten Überlieferung erfolgte sie in Ain-Karim, vor den Toren Jerusalems. Ihre Begleitumstände waren so ungewöhnlich, daß die Leute schon damals fragten: ”Was wird wohl aus diesem Kind werden?“. Für seine gläubigen Eltern, für die Nachbarn und Verwandten war es offenkundig, daß seine Geburt ein Zeichen Gottes war. Ja, sie sahen deutlich, daß ”die Hand des Herrn“ auf ihm ruhte. Dies zeigte schon die Ankündigung seiner Geburt an seinen Vater Zacharias, während er den priesterlichen Dienst im Tempel von Jerusalem versah. Seine Mutter Elisabet war schon betagt und galt als unfruchtbar. Auch der Name ”Johannes“, den er erhielt, war außergewöhnlich für seine Umgebung. Sein Vater selbst mußte befehlen, daß er ”Johannes“ und nicht, wie es alle anderen wollten, ”Zacharias“ heißen sollte.

Der Name Johannes bedeutet in der hebräischen Sprache ”Gott ist gnädig“. So wird schon im Namen ausgedrückt, daß der neugeborene Knabe einmal die Heilspläne Gottes ankünden soll. Die Zukunft sollte die Weissagungen und Erlebnisse um seine Geburt voll bestätigen: Johannes, der Sohn des Zacharias und der Elisabet, wurde die ”Stimme eines Rufers in der Wüste“, der am Jordan zur Buße aufrief und Christus die Wege bereitete.

Christus selbst hat von Johannes dem Täufer gesagt, daß ”unter den von einer Frau Geborenen keiner größer ist“. Darum hat auch die Kirche diesem großen Boten Gottes von Anfang an eine besondere Verehrung erwiesen. Ausdruck dieser Verehrung ist das heutige Fest.

4. Liebe Brüder und Schwestern! Diese Feier mit ihren liturgischen Texten lädt uns ein, über die Frage nach dem Werden des Menschen, nach seiner Herkunft und Bestimmung nachzudenken. Es scheint zwar, daß wir über dieses Thema bereits viel wissen, sei es aus der langen Erfahrung der Menschheit, sei es durch immer tiefere biomedizinische Forschungen. Das Wort Gottes aber stellt immer neu die wesentliche Dimension der Wahrheit über den Menschen heraus: Der Mensch ist von Gott geschaffen und von ihm gewollt als sein Bild und Gleichnis. Keine rein menschliche Wissenschaft kann diese Wahrheit aufzeigen. Sie kann sich höchstens dieser Wahrheit annähern oder die Wahrheit über diese ”unbekannte Wesen“, das der Mensch vom Augenblick seiner Empfängnis im Mutterschoß ist, intuitiv erahnen.

Zur selben Zeit aber sind wir Zeugen davon, wie vorgeblich im Namen der Wissenschaft der Mensch in einem dramatischen Prozeß ”reduziert“ und in einer traurigen Vereinfachung dargestellt wird; und so verdunkeln sich auch jene Rechte, die in der Würde seiner Person gründen, die ihn von allen Geschöpfen der sichtbaren Welt unterscheidet. Die Worte im Buch Genesis, die vom Menschen als einem Geschöpf sprechen, das nach Gottes Bild und Gleichnis geschaffen ist, bringen die volle Wahrheit über ihn in knapper und zugleich tiefer Weise treffend zum Ausdruck.

5. Diese Wahrheit über den Menschen ist auch in der heutigen Liturgie zu vernehmen, wo die Kirche mit den Worten des Psalmisten zu Gott, dem Schöpfer betet: ”Herr, du hast mich erforscht, und du kennst mich... Du hast mein Inneres geschaffen, mich gewoben im Schoß meiner Mutter... Du kennst mich bis zum Grund. Als ich geformt wurde im Dunkel... waren meine Glieder dir nicht verborgen... Ich danke dir, daß du mich so wunderbar gestaltet hast“.

Der Mensch ist sich also dessen bewußt, was er ist – was er von Anfang an, vom Mutterschoß an, ist. Er weiß darum, daß er ein Wesen ist, dem Gott begegnen und mit dem er ins Gespräch kommen möchte. Mehr noch: Im Menschen möchte er der ganzen Schöpfung begegnen.

94 Der Mensch ist für Gott ein ”Jemand“: einmalig und unwiederholbar. Er ist, wie das Zweite Vatikanische Konzil sagt, jenes ”einzige Geschöpf auf Erden, das Gott um seiner selbst willen erschaffen wollte“.

”Der Herr hat mich schon im Mutterleib berufen: als ich noch im Schoß meiner Mutter war, hat er meinen Namen genannt“; so wie den Namen des Knaben, der in Ain-Karim geboren wurde: ”Johannes“. Der Mensch ist jenes Wesen, das Gott beim Namen ruft. Er ist für Gott das geschaffene ”Du“. Er ist inmitten der Geschöpfe jenes personale ”Ich“, das sich an Gott wenden und auch ihn beim Namen rufen kann. Gott will im Menschen jenen Partner haben, der sich an ihn wendet als seinen Schöpfer und Vater: ”Du, mein Herr und Gott“. An das göttliche ”Du“!

6. Liebe Brüder und Schwestern! Wie antworten wir Menschen auf diese unsere göttliche Berufung? Wie versteht der heutige Mensch sein Leben? Wohl in keiner anderen Zeit sind bisher durch Technik und Medizin größere Anstrengungen unternommen worden, um menschliches Leben gegen Krankheit zu schützen, es immer mehr zu verlängern und vor dem Tod zu retten. Gleichzeitig aber hat kaum eine Zeit zuvor so viele Orte und Methoden der Menschenverachtung und Menschenvernichtung hervorgebracht wie die unsrige. Die bitteren Erfahrungen unseres Jahrhunderts mit der Tötungsmaschinerie zweier Weltkriege, die Verfolgung und Vernichtung ganzer Gruppen von Menschen wegen ihrer ethnischen oder religiösen Herkunft, der atomare Rüstungswettlauf bis zur Stunde, die Hilflosigkeit der Menschen angesichts des großen Elends in vielen Teilen der Welt könnten uns geradezu verleiten, an Gottes Zuwendung und Liebe zum Menschen und zur gesamten Schöpfung zu zweifeln oder sie sogar zu leugnen.

Oder müssen wir uns nicht gerade angesichts der schrecklichen Geschehnisse, die durch Menschen über unsere Welt hereingebrochen sind, und angesichts der vielfältigen Bedrohungen unserer Zeit umgekehrt fragen: Hat sich nicht der Mensch von Gott, seinem Ursprung, entfernt, sich von ihm abgewandt und sich selbst zum Mittel punkt und Maßstab seines Lebens gemacht? Drückt sich nicht in den Experimenten mit dem Menschen, die seiner Würde widersprechen, in der Einstellung vieler zu Abtreibung und Euthanasie ein beängstigender Verlust der Ehrfurcht vor dem Leben aus? Zeigt sich nicht auch in eurer Gesellschaft immer deutlicher im Schicksal vieler einzelner, welches durch innere Leere, Angst und Flucht bestimmt ist, daß sich der Mensch selbst von seiner Wurzel abgeschnitten hat? Müssen nicht Sexualisierung, Alkoholismus, Drogenkonsum als Alarmsignale verstanden werden? Deuten Sie nicht auf eine große Vereinsamung des heutigen Menschen hin, auf eine Sehnsucht nach Zuwendung, einen Hunger nach Liebe, die eine nur auf sich selbst gerichtete Welt nicht stillen kann?

In der Tat, ohne Verbundenheit mit seiner Wurzel, die Gott ist, verarmt der Mensch an inneren Werten und erliegt allmählich den vielfältigen Bedrohungen. Die Geschichte lehrt uns, daß Menschen und Völker, die ohne Gott auszukommen glauben, stets der Katastrophe der Selbstzerstörung preisgegeben sind. Treffend hat dies der Dichter Ernst Wiechert in dem Satz formuliert: ”Seid gewiß, daß niemand aus der Welt herausfällt, der nicht zuvor aus Gott herausgefallen wäre“.

Aus einer lebendigen Gottesbeziehung erwächst dem Menschen hingegen das Bewußtsein von der Einmaligkeit und Kostbarkeit seines Lebens und seiner personalen Würde. Inmitten seiner konkreten Lebenssituation weiß er sich von Gott gerufen, getragen und angespornt. Trotz herrschender Ungerechtigkeiten und persönlichen Leids versteht er sein Leben als Geschenk; er ist dafür dankbar und fühlt sich dafür vor Gott verantwortlich. Gott wird so für den Menschen zur Quelle der Kraft und der Zuversicht, aus der heraus er sein Leben menschenwürdig gestalten und auch selbstlos in den Dienst seiner Mitmenschen zu stellen vermag.

7. Gott hat Johannes den Täufer schon ”im Mutterleib berufen“, ”Stimme eines Rufers in der Wüste“ zu werden und dadurch seinem Sohn den Weg zu bereiten. Auf Ähnliche Weise hat Gott auch auf einen jeden von uns ”seine Hand gelegt“. An jeden von uns geht ein besonderer Ruf, jedem von uns wird eine von ihm zugedachte Aufgabe übertragen. In jedem Anruf, der uns auf vielfaltige Weise treffen kann, ist jene göttliche Stimme vernehmbar, die damals durch Johannes gesprochen hat: ”Bereitet dem Herrn den Weg“.

Jeder Mensch sollte sich fragen, was er in seinem Beruf, in seinem Stand dazu beitragen kann, um dem Herrn Einfluß in diese Welt zu verschaffen. Wo immer wir uns dem Rufe Gottes öffnen, werden wir wie Johannes Wegbereiter Gottes unter den Menschen. Stellvertretend für die unzähligen Männer und Frauen, die sich in der Geschichte auf diese Weise dem Wirken Gottes beispielhaft geöffnet haben, möchte ich euch hier auf den hl. Martin hinweisen. Wenn uns auch Jahrhunderte von ihm trennen, so ist er uns doch durch sein Vorbild und seine zeitlose Größe in der Nachfolge Christi nahe. Er ist ja euer Diözesan- und Landespatron. Er wird verehrt als der große Heilige des gesamten pannonischen Raumes: ”Martinus natus Savariae in Pannonia“.

Martin steht ja vor uns als ein Mensch, der sich mit Gott eingelassen hat, der sein ”Ja zum Glauben“ als ein ”Ja zum Leben“ verstanden und praktiziert hat. Wozu er sich berufen wußte, das hat er mit letzter Konsequenz erfüllt. Noch bevor er Christ wurde, teilte er mit dem Armen seinen Mantel. Schon das Soldatenleben bot ihm gewiß manche Freuden; aber das genügte ihm nicht. Wie jeder Mensch war er auf der Suche nach einer Freude, die von Dauer ist, nach einem Glück, das nicht zerstört werden kann.

Erst in reiferen Jahren begegnete er im Glauben Jesus Christus, in dem er die Fülle der Freude und das Glück gefunden hat. Durch den Glauben ist Martin nicht ärmer, sondern reicher geworden: Er wuchs in seinem Menschsein, er wuchs in der Gnade vor Gott und den Menschen.

8. Damit diese Wahrheit, daß der Mensch seine Erfüllung und sein wahres Heil nur in Gott findet, immer verkündet werden kann, dazu bedarf es vor allem der Priester und Ordensleute. Achtet deshalb auf eure Mitverantwortung für die Weckung geistlicher Berufe. Mit Freude höre ich, daß in einigen Tagen in euer Diözese sechs Neupriester geweiht werden. Dies ist ein großes Geschenk für die Kirche in eurer Heimat. Hört nicht auf zu beten, daß der Herr Arbeiter in seine Ernte sende!

95 In besonderer Weise wende ich mich an die jungen Menschen, die die Zukunft eures Landes und der Kirche sind. Sucht zu erkennen, liebe junge Freunde, was Gott von euch will. Seid offen für seinen Ruf! Prüft sorgfältig, ob er nicht auch euch in die besondere Nachfolge Christi als Priester, Ordensfrau und Ordensmann einlädt, sei es hier in eurer Heimat oder draußen in der Weltmission. Ich bitte euch alle, für welchen Weg auch immer ihr euch entscheidet, laßt den Samen des göttlichen Wortes in die Furchen eures Herzens fallen; laßt es dort nicht vertrocknen, sondern pflegt es, damit es aufgeht und wächst und reiche Frucht bringen kann. Sagt ”Ja zum Glauben“ – sagt ”Ja zum Leben“; denn Gott lebt es mit euch! Mit ihm wird euer Leben zu einem Abenteuer; es wird schön, reich und erfüllt sein!

9. Liebe Christen der Diözese Eisenstadt! Im Geist des hl. Martin überschreitet ihr auch die Grenzen eurer Heimatdiözese. Diese ist sich mit ihrem Bischof der Brückenfunktion bewußt, die ihr gerade zu den Völkern Osteuropas hin habt. Ihr seid bereit, ihnen Kontakte zu pflegen und auch mit ihnen zu teilen, materiell und geistig. Die heutigen zahlreichen Gäste aus den Nachbarländern sind dafür ein neuer Beweis.

Ebenso seht ihr auch eure Verantwortung für die Weltkirche, vor allem für jene Ortskirchen, die materiell in Not und Armut leben. Es ist mir bekannt, daß ihr fast in jedem Erdteil ein Hilfsprojekt nach Kräften unterstützt und auch zu euren Partnerdiözesen in Afrika und Indien in lebendigem Austausch steht. Ihr helft euren Missionaren, Ordensschwestern und Entwicklungshelfern an vielen Orten. Und wie ich höre, wollt ihr auch durch eine großzügige Spende anläßlich meines Besuches in eurer Diözese das Haus für Obdachlose, das im Vatikan für die Armen in den Straßen Roms entstanden ist und von Schwestern von Mutter Theresa betreut wird, hochherzig unterstützen. Dafür und für alle Hilfe, die ihr Notleidenden zugute kommen laßt, danke ich euch von Herzen und ermutige euch, in diesem Geist eures Diözesanpatrons, des hl. Martin, beispielhaft weiterzuwirken.

10. ”Bereitet dem Herrn den Weg... damit mein Heil bis an das Ende der Welt reicht“. Wenn wir, liebe Brüder und Schwestern, als Christen, die durch die taufe in Christus eingegliedert sind, auf unsere Berufung schauen, dann gewinnen diese Worte des Herrn aus dem Munde des Propheten Jesaja – aus dem heilsgeschichtlichen Advent vor dem ersten Kommen Christi – für uns am Ende des zweiten Jahrtausends nach Christi Geburt eine besondere Bedeutung. Stehen wir doch gleichsam in einem ”neuen Advent“ der Weltgeschichte, besonders hier auf dem alten Kontinent! Muß nicht das von Christus uns geschenkte ”Heil“ von neuem bis an die äußersten Grenzen Europas gelangen?

Wir alle spüren, wie sehr wir der Erneuerung, einer neuen Hinwendung zu Gott bedürfen. Erneuerung, Umkehr und Hinwendung zu Gott, zu den Quellen des Glaubens, Besinnung auf den unverkürzten Glauben – das ist es, wozu uns das heutige Fest der Geburt Johannes des Täufers aufruft und wozu uns auch das Beispiel des hl. Martin anspornt.

Ja, wir wissen alle um die Notwendigkeit der Erneuerung in unserer Gesellschaft, der Neu-Evangelisierung unseres Kontinents: damit der europäische Mensch den Sinn für seine grundlegende Würde nicht verliert; damit er nicht den zerstörerischen Mächten des geistigen Todes verfällt, sondern das Leben hat und es in Fülle hat!

11. Mit besonderer Freude möchte ich nun auch noch ein kurzes Grußwort an unsere anwesenden Brüder und Schwestern aus Ungarn und Kroatien in ihrer Muttersprache richten.





Predigten 1978-2005 89