Generalaudienz 1998


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Januar 1998



Mittwoch, 14. Januar 1998


Liebe Schwestern und Brüder!

Jesus gebraucht in den Evangelien oft das Wort "Stunde". Er versteht darunter die Zeit der Gnade und der Erfüllung. Gleich am Anfang seines öffentlichen Wirkens sagt er auf der Hochzeit zu Kana: "Meine Stunde ist noch nicht gekommen." (Jn 2,4)

Jesu ganzes irdisches Leben ist auf diese Stunde hin orientiert: "Was soll ich sagen: Vater, rette mich aus dieser Stunde? Aber deshalb bin ich in diese Stunde gekommen." (Jn 12,27)

Als nun diese Stunde schlägt, erscheint sie als Stunde der Feinde. Aber mehr noch ist sie die Stunde Christi, die Stunde, in der sich seine Botschaft erfüllt. Die entscheidende Stunde ist die Stunde der Verherrlichung.

Sie erreicht ihren Höhepunkt darin, daß der Sohn zum Vater geht. Darin offenbart sich die Bedeutung seines Opfers. Dadurch wird auch für uns verständlich, welchen Wert sein Opfer für die Erlösung der Menschheit hat. Denn diese ist eingeladen, sich mit dem Sohn zu vereinen, der zu seinem Vater heimkehrt.
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Mit diesen Gedanken grüße ich die Pilger und Besucher, die aus den Ländern deutscher Sprache nach Rom gekommen sind. Euch allen, Euren lieben Angehörigen daheim und allen, die mit uns über Radio Vatikan und das Fernsehen verbunden sind, erteile ich von Herzen den Apostolischen Segen.



Mittwoch, 28. Januar 1998


2 Liebe Brüder und Schwestern!

Vorgestern bin ich aus Kuba von einer Pastoralreise zurückgekehrt, die unvergeßlich bleiben wird. Ich danke dem Herrn, daß er es mir ermöglicht hat, das pilgernde Gottesvolk in Kuba im Glauben zu stärken und ihm die Frohe Botschaft zu verkünden.

Neben den zahlreichen Stationen möchte ich besonders zwei Orte herausheben: Auf dem Platz der Revolution José Martí in Havanna war ein großes Bild aufgerichtet, auf dem zu lesen war: "Jesus Christus, ich vertraue auf dich!" Ich danke Gott dafür, daß gerade an dem Platz, der nach der Revolution benannt ist, Derjenige Platz gefunden hat, der die wahre Revolution der Liebe Gottes in die Welt gebracht hat.

Noch an einen zweiten Ort erinnere ich mich gern: an das Heiligtum der Jungfrau der Barmherzigkeit in Santiago de Cuba. Ich durfte das Bild der Gottesmutter krönen, das für die Kubaner ein Symbol verwurzelter Volksfrömmigkeit ist. Tief bewegt habe ich erfahren, wie die Mutter der Barmherzigkeit das kubanische Volk auch durch Zeiten getragen hat, in denen es schwer war, den Glauben in Freiheit zu leben.

Die Reise gehört nun der Vergangenheit an. Zugleich will sie der Anfang für einen Weg sein, der zur Bekehrung der Herzen führen soll. Darin liegt die eigentliche, tiefe und heilige Revolution, die alle mensch- lichen Umbrüche überdauert und unsere Herzen zu Gott hin kehrt.
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Mit diesem Wunsch zu einer "Revolution der Liebe" grüße ich alle deutschsprachigen Pilger und Besucher, die zu dieser Audienz gekommen sind. Euch allen und Euren Angehörigen zuhause sowie den über Radio Vatikan und das Fernsehen mit uns verbundenen Gläubigen erteile ich von Herzen den Apostolischen Segen.



Februar 1998


Mittwoch, 4. Februar 1998


Liebe Schwestern und Brüder!

In seinem irdischen Leben offenbart sich Jesus Christus als Erlöser, den der Vater zum Heil der Welt gesandt hat. Dies zeigt schon die Bedeutung seines Namens. "Jesus" heißt übersetzt "Gott rettet". Dieser Name wurde ihm auf Grund einer himmlischen Weisung gegeben: "Denn er wird sein Volk von seinen Sünden erlösen", so schreibt der Evangelist Matthäus (1,21).

3 Christus selbst begreift seine Sendung als Dienst, der seinen höchsten Ausdruck in der Hingabe seines Lebens zum Heil aller Menschen finden wird: "Denn auch der Menschensohn ist nicht gekommen, um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen und sein Leben hinzugeben als Lösegeld für viele" (Mc 10,45).

Jesus versteht sich überdies als universaler und alleiniger Heiland der Menschheit. Er ist der einzige Mittler zwischen Gott und den Menschen: "Denn einer ist Gott, Einer auch der Mittler zwischen Gott und den Menschen: der Mensch Christus Jesus, der sich als Lösegeld hingegeben hat für alle" (1Tm 2,5-6).
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Mit diesen Gedanken heiße ich alle deutschsprachigen Pilger und Besucher herzlich willkommen. Euch allen und Euren Lieben daheim sowie den mit uns über Radio Vatikan und das Fernsehen verbundenen Gläubigen erteile ich gerne den Apostolischen Segen.


Mittwoch, 11. Februar 1998


Liebe Schwestern und Brüder!

Heute gedenkt die Kirche Unserer Lieben Frau von Lourdes. Wer zu dieser Gnadenstätte pilgert, geht tief beeindruckt und demütig nach Hause. Der heilige Bezirk erinnert uns an die Worte Jesu: "Kommt alle zu mir, die ihr euch plagt und schwere Lasten zu tragen habt. Ich werde euch Ruhe verschaffen" (Mt 11,28). Auch ins schwerste Leid und in den tiefsten Schmerz reicht der Lichtstrahl der Erlösung.

So denke ich am heutigen Tag besonders an die alten und kranken Menschen. Ich grüße die ökumenische Gruppe katholischer Priester und evangelischer Pastoren sowie die Familien der internationalen Gemeinschaft "Das Werk". Ihnen allen sowie den über Radio Vatikan und das Fernsehen mit uns verbundenen Gläubigen erteile ich von Herzen den Apostolischen Segen.



Mittwoch, 18. Februar 1998


Liebe Schwestern und Brüder!

Die Erlösung durch den Messias Jesus Christus besteht nicht nur darin, daß er uns von der Sünde befreit hat. Vielmehr umfaßt seine Heilstat den gesamten Menschen mit seinen tiefsten Bedürfnissen und seinem Streben.

4 Jesus beschränkt sich nicht nur darauf, unser Herz aus dem Gefängnis des Egoismus zu befreien, sondern er teilt dem einzelnen Menschen seine göttliche Liebe mit. Aus seinem Herzen strömt das Heil und breitet sich auf alle Bereiche des menschlichen Lebens aus. Das von Christus gebrachte Heil hat geistliche und körperliche, persönliche und soziale Dimensionen.

Zwar ist es unmöglich, daß der Schmerz auf der Welt ganz überwunden werden kann. Doch seit Ostern steht auch der Tod des einzelnen im Lichte der Auferstehung. So sehen wir, wie umfassend und wie tiefgreifend die von Jesus gebrachte Erlösung ist: Er ist gekommen, um nicht nur alle Menschen zu erlösen, sondern auch den ganzen Menschen.
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Mit diesen Gedanken heiße ich alle deutschsprachigen Pilger und Besucher herzlich willkommen. Mein besonderer Gruß gilt den Priestern des Bistums Hildesheim, die ein Romseminar absolvieren. Euch allen und Euren Lieben daheim sowie den mit uns über Radio Vatikan und das Fernsehen verbundenen Gläubigen erteile ich gerne den Apostolischen Segen.



Mittwoch, 25. Februar 1998


Liebe Schwestern und Brüder!

Heute am Aschermittwoch beginnt die österliche Bußzeit. Wir lassen uns das Aschenkreuz auflegen. Dieser Ritus hat für uns einen doppelten symbolischen Sinn.

Zunächst erinnert er uns an die Zerbrechlichkeit des irdisches Lebens. Durch die aszetische Enthaltsamkeit werden wir vom eigenen Willen weggeführt, um den Willen Gottes zu vollziehen.

Außerdem werden wir dadurch an die Kreatürlichkeit unseres Daseins erinnert. Es ist Gott, der den Menschen aus der Asche erhoben und ihn mit einer unsterblichen Seele versehen hat. Es ist Gott, der am Jüngsten Tag den Menschen aus der Asche auferstehen läßt.

Lassen wir uns also in dieser besonderen, heiligen Zeit vom Heiligen Geist führen, der in den Sakramenten und vor allem im Sakrament der Buße gegenwärtig ist. Durch das Bekennen unserer Sünden und durch Werke der Buße werden wir von den Sünden befreit und in die barmherzige Umarmung mit Gott geführt.
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5 Mit diesen Gedanken grüße ich die Pilger und Besucher, die aus den Ländern deutscher Sprache nach Rom gekommen sind. Unter ihnen heiße ich die Gruppe der Ordensschwestern aus verschiedenen Kongregationen, die an einem geistlichen Kurs in La Storta teilnehmen, willkommen. Euch allen, Euren lieben Angehörigen daheim und allen, die mit uns über Radio Vatikan und das Fernsehen verbunden sind, erteile ich von Herzen den Apostolischen Segen.



März 1998


Mittwoch, 11. März 1998

Liebe Schwestern und Brüder!

Nachdem wir in den vorausgehenden Katechesen die Heilstat Christi betrachtet haben, wollen wir uns nun der Frage widmen, wie sich dieses Heilswerk in der Menschheitsgeschichte verwirklicht.

Schon die Jünger waren ungeduldig. Denn das Reich Gottes ist nicht so schnell gewachsen, wie sie es sich wünschten. Den Schlüssel für eine Antwort bietet uns die biblische Sprache. Sie hat zwei Ausdrücke, wenn sie von der "Zeit" spricht: Die Heilige Schrift redet einerseits vom chronologischen Ablauf der Zeit. Andererseits kennt sie außerordentliche Momente, in denen Gott besonders nahe ist und sogar direkt eingreift. Solche besonderen Augenblicke gibt es auch in der zweitausendjährigen Geschichte der Kirche. Es sind Augenblicke, in denen die Frohe Botschaft mit Freuden aufgenommen wird und viele Bekehrungen geschehen. Der erste und grundlegende "Kairos" ist Pfingsten.

Wie am Anfang des Heilswerks der Heilige Geist als Kraft des Höchsten Maria überschattet hat, so kam derselbe Heilige Geist an Pfingsten auf die Jünger herab und gab ihnen Kraft, den Auferstandenen in der Welt zu bezeugen.
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Mit dem Wunsch, selbst Zeugen Christi aus der Kraft des Heiligen Geistes zu sein, grüße ich alle deutschsprachigen Pilger und Besucher, die bei dieser Audienz anwesend sind. Besonders heiße ich die Studenten und Schüler willkommen. Euch allen und Euren Angehörigen zuhause sowie den über Radio Vatikan und das Fernsehen mit uns verbundenen Gläubigen erteile ich von Herzen den Apostolischen Segen.



Mittwoch, 18. März 1998


Liebe Schwestern und Brüder!

6 Nachdem wir in den vorhergehenden Katechesen die Grundzüge unserer Erlösung durch Jesus Christus behandelt haben, möchte ich heute über unseren Glauben an Gott nachdenken.

Gott, der sich im Alten Bund geoffenbart hat, schulden wir Gehorsam im Glauben. Jesus Christus, der in der Fülle der Zeiten gekommen ist, erwartet von seinen Aposteln, daß sie auch an seine Person glauben. Eindrucksvoll erzählt uns der Evangelist Matthäus, wie ihr Glaubensbekenntnis ausfällt und wie Jesus sich als die vollkommene Offenbarung des Vaters versteht: Er ist der Sohn des lebendigen Gottes.

Was ist der Glaube? Die dogmatische Konstitution Dei Verbum sagt darüber: Im Glauben "überantwortet sich der Mensch Gott als ganzer in Freiheit, indem er sich ... mit Verstand und Willen voll unterwirft und seiner Offenbarung willig zustimmt" (
DV 5). Der Glaube ist nicht nur Zustimmung der Vernunft mit der geoffenbarten Wahrheit, sondern auch Unterwerfung des Willens und Hingabe der Person an Gott. Der Glaube ist also eine Haltung, die die gesamte menschliche Existenz in Anspruch nimmt.
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Mit dieser kurzen Betrachtung begrüße ich alle Pilger und Besucher aus den Ländern deutscher Sprache. Euch allen und Euren Angehörigen daheim sowie den mit uns über Radio Vatikan und das Fernsehen verbundenen Gläubigen erteile ich gerne den Apostolischen Segen.



Mittwoch, 25. März 1998


Liebe Schwestern und Brüder!

Ich danke Gott, dab Er mir in den letzten Tagen erlaubt hat, wieder in den geliebten afrikanischen Kontinent zurückzukehren. Afrika wird in der Kirche immer mehr zum Subjekt der eigenen Geschichte und mitverantwortlich für den Weg des ganzen Volkes Gottes.

In Nigeria habe ich eine lebendige Kirche angetroffen, die vor kurzem hundert Jahre der ersten Evangelisierung gefeiert hat und mit Entschiedenheit dem Jahr 2000 entgegengeht.

In Nigeria findet man wichtige Kennzeichen eines lebendigen Christentums vor: die Anzahl der Kandidaten sowohl zum Priesteramt als auch zum Ordensleben erhöht sich. Drei neue Seminarien wurden neulich eröffnet.

Der Höhepunkt meiner apostolischen Reise nach Nigeria war die Eucharistiefeier, bei der ich Pater Cyprian Michael Iwene Tansi seliggesprochen habe. UnzÀhlige GlÀubige waren dabei. Pater Tansi war wahrhaftig ein Missionar in seiner Heimat. Er lebte in Armut, betete stundenlang vor dem Altarsakrament und zelebrierte mit grober Hingabe die heilige Messe.

7 Die Fürsprache des neuen Seligen helfe der Gesellschaft in Nigeria und in allen afrikanischen LÀndern, damit sich das Evangelium weiter ausbreite, und das gegenseitige VerstÀndnis wachse. SolidaritÀt soll sich mit Gerechtigkeit paaren, damit alle Nationen Afrikas sich in Eintracht entwickeln können.
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Mit diesen Gedanken grübe ich die Pilger und Besucher, die aus den LÀndern deutscher Sprache nach Rom gekommen sind. Unter ihnen heibe ich die Gruppe der Aussiedler aus Nordrhein-Westfalen willkommen. Euch allen, Euren lieben Angehörigen daheim und allen, die mit uns über Radio Vatikan und das Fernsehen verbunden sind, erteile ich von Herzen den Apostolischen Segen.



                                                                                   April 1998

Mittwoch, 1. April 1998


Liebe Schwestern und Brüder!

Heute widmen wir uns dem Sakrament der Taufe, das die Grundlage der christlichen Existenz bildet. Bereits die ersten Christen wußten um die enge Verbindung zwischen Umkehr und Taufe. Am Pfingstfest hat Petrus seine Zuhörer aufgefordert: "Kehrt um, und jeder von euch lasse sich auf den Namen Jesu Christi taufen zur Vergebung seiner Sünden; dann werdet ihr die Gabe des Heiligen Geistes empfangen" (Ac 2,38).

Während die Taufe Jesu - dessen also, der keine Sünde kannte - ein Akt der Solidarität mit den Sündern und zugleich eine Offenbarung seiner einzigartigen Beziehung zum Vater war, bekommt die Taufe für den Christen noch eine besondere Bedeutung: Alle, die in Christus getauft sind, tragen den Titel "Kinder Gottes". Denn die Taufe bewirkt eine wahre Neugeburt. So beschreibt es Paulus in seinem Brief an die Römer: "Wir wurden mit ihm begraben durch die Taufe auf den Tod; und wie Christus durch die Herrlichkeit des Vaters von den Toten auferweckt wurde, so sollen auch wir als neue Menschen leben" (6,4). Die Neugeburt aus dem Wasser ist daher eine wahre Geburt aus dem Heiligen Geist.

Wie groß ist dieses Geschenk und Geheimnis! Mögen sich in dieser Zeit der Vorbereitung auf das Große Jubiläum immer mehr Söhne und Töchter der Kirche ihres geistlichen Lebens bewußt werden!
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Mit diesem Wunsch grüße ich alle deutschsprachigen Pilger und Besucher sehr herzlich. Besonders grüße ich den Katholikenrat der Diözese Fulda mit Erzbischof Johannes Dyba an der Spitze. Außerdem heiße ich die Schülerinnen und Schüler willkommen, die so zahlreich anwesend sind. Euch allen und Euren Angehörigen zuhause sowie den über Radio Vatikan und das Fernsehen mit uns verbundenen Gläubigen erteile ich von Herzen den Apostolischen Segen.



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Mittwoch, 8. April 1998


Liebe Schwestern und Brüder!

Die Liturgie der Heiligen Woche hebt den Gegensatz zwischen Licht und Finsternis, zwischen Leben und Tod sehr deutlich hervor. Aber eines wird dabei nicht vergessen: Am Ende steht der Sieg und die Herrlichkeit des auferstandenen Herrn.

Mit dem morgigen Tag beginnt das "Triduum sacrum", das alle Gläubigen dazu einlädt, die Hauptereignisse des Erlösungsgeheimnisses zu betrachten.

Am Gründonnerstag werden wir der Einführung der heiligen Eucharistie gedenken, in der sich Christus ganz und gar für uns alle hingibt. Der Bericht über das Leiden des Herrn und die Verehrung des Kreuzes sind die Hauptinhalte der Liturgie am Karfreitag. Mit Schweigen gehen wir über zum Karsamstag in Erwartung des glorreichen Sieges Jesu in seiner Auferstehung. Diese feiern wir mit größter Würde und Feierlichkeit in der Osternacht: In dieser Nacht trifft die Kirche mit dem Auferstandenen zusammen.

Liebe Schwestern und Brüder, öffnen wir der göttlichen Gnade unser Herz und machen wir uns auf, Christus in seinem Leiden und Sterben nachzufolgen, um mit ihm in die immerwährende Freude der Auferstehung zu gelangen.
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Mit dieser Einladung, liebe deutschsprachige Pilger und Besucher, begrüße ich Euch von Herzen. Insbesondere heiße ich die Behindertenwallfahrt des Malteser Hilfsdienstes in Köln und die Behindertengruppe aus Alfter sowie die anwesenden Chöre willkommen. Euch und Euren Lieben daheim sowie den mit uns über Radio Vatikan und das Fernsehen verbundenen Gläubigen wünsche ich ein frohes Osterfest und erteile Euch dazu gerne den Apostolischen Segen.



Mittwoch, 15. April 1998


Liebe Schwestern und Brüder!

Die heutige Audienz in der Osterwoche lädt dazu ein, die Taufe zu betrachten. Mit der Taufe wird der Mensch in das Geheimnis von Christi Tod und Auferstehung hineingenommen. Die Taufe ist wesentlich für die christliche Gemeinschaft. So beschreibt es bereits der Epheserbrief: "Ein Leib und ein Geist, wie euch durch eure Berufung auch eine gemeinsame Hoffnung gegeben ist; ein Herr, ein Glaube, eine Taufe, ein Gott und Vater aller, der über allem und durch alles und in allem ist" (Ep 4,4-6).

9 Weil die Taufe in Christus und in seinen Leib, die Kirche, eingliedert, ist sie auch ein wichtiger Anknüpfungspunkt für die Ökumene. Denn das gültig gespendete Sakrament macht alle Getauften, gleich welcher Konfession sie angehören, zu Brüdern und Schwestern im Herrn. Fast zweitausend Jahre nach dem ersten Kommen Christi zeigen die Christen sich der Welt zwar nicht in der von Ihm gewünschten vollen Einheit. Aber wir dürfen Eines nicht vergessen: Was uns verbindet, ist sehr groß. Wir dürfen nicht nachlassen, auf allen Ebenen den Dialog über die Lehre fortzuführen, uns für die gegenseitige Zusammenarbeit zu öffnen und besonders die geistliche Ökumene des Gebetes und des Strebens nach Heiligkeit zu fördern.
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Im Bewußtsein, im Sakrament der Taufe verbunden zu sein, grüße ich alle deutschsprachigen Pilger und Besucher sehr herzlich. Einen besonderen Gruß richte ich an die Alumnen des Priesterseminars der Diözese Graz-Seckau mit ihrem Bischof Johann Weber an der Spitze. Außerdem heiße ich die Pilgergruppe des Schönstatt-Familienbundes willkommen. Nicht vergessen möchte ich den Mädchenchor "Rhönlerchen" aus Fulda und die Musikkapelle aus Garmisch- Partenkirchen. Ich freue mich, daß so viele Gruppen von Jugendlichen und Pfarrgemeinden anwesend sind. Euch allen und Euren Angehörigen zuhause sowie den über Radio Vatikan und das Fernsehen mit uns verbundenen Gläubigen erteile ich von Herzen den Apostolischen Segen.



Mittwoch, 22. April 1998


Liebe Schwestern und Brüder!

Unsere Vorbereitungen auf das Große Jubiläum lenken unseren Blick zur ersten Ankunft Christi auf Erden zurück. Gleichzeitig schauen wir aber auch auf seine zweite Ankunft am Ende der Zeiten. Diese eschatologische Perspektive vermittelt der christlichen Existenz eine innere Spannung. Dadurch wird dem Menschen eine Ausrichtung auf die letzten Wirklichkeiten zuteil. So kann er in hoffnungsfroher Gelassenheit leben und sich zugleich für die Kirche und für die Welt einsetzen.

Das "Eschaton" steht nicht nur am Ende aller Zeiten. Es ist eine Wirklichkeit, die schon mit der Menschwerdung Christi in der Geschichte begonnen ist. Seine Passion, sein Tod und seine Auferstehung sind die wichtigsten Ereignisse der menschlichen Geschichte. Durch diese zentralen Momente der Erlösung erleben wir die Geschichte in ihrer letzten Phase.

Auf diese Weise ist die Mitte des Weltalls Christus und zieht alle an sich, um ihnen die Gnadenfülle und das ewige Leben zu vermitteln.
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Mit diesen Gedanken grüße ich die Pilger und Besucher, die aus den Ländern deutscher Sprache nach Rom gekommen sind. Unter ihnen heiße ich besonders willkommen: die Teilnehmer an der Diözesanpilgerfahrt des Erzbistums Wien, in Begleitung des Erzbischofs von Wien, Christoph Kardinal Schönborn; eine Gruppe von Ordensschwestern aus verschiedenen Kongregationen, die an einem geistlichen Kurs in La Storta teilnehmen; das Südtiroler Bläserensemble sowie die zahlreichen Jugendlichen und Firmlinge aus der Schweiz. Euch allen, Euren lieben Angehörigen daheim und allen, die mit uns über Radio Vatikan und das Fernsehen verbunden sind, erteile ich von Herzen den Apostolischen Segen.



Mittwoch, 29. April 1998


10 Liebe Schwestern und Brüder!

Das Große Jubiläum lenkt unseren Blick auf Jesus Christus. Indem wir auf Christus schauen, erblicken wir auch Maria, seine Mutter. Denn wir können den Sohn nicht von der Mutter trennen. Von Anfang an bekennen wir Christus als Gottes und Marien Sohn.

Die Untrennbarkeit von Christus und Maria liegt in der Mensch-werdung Gottes, die vom höchsten Willen des Vaters ausgeht. Der Vater hat sich für den Sohn eine Mutter ausgesucht, damit dieser wahrhaft als Mensch geboren werde. Gleichzeitig sollte seine Mutter als Zeichen der göttlichen Sohnschaft jungfräulich sein. Um eine solche Mutterschaft zu begründen, hat der Vater die Einwilligung Mariens eingeholt. Von diesem Augenblick an beginnt das Geheimnis der Menschwerdung: Der Sohn Gottes tritt in unsere Welt ein und lebt als Mensch, auch wenn er voll und ganz Gott bleibt. Deswegen wird Maria auch Mutter Gottes genannt.

Indem Maria ihr Herz für Christus geöffnet hat, hat sie es gleichzeitig der gesamten Menschheit gegenüber aufgetan. So sind auch wir eingeladen, Maria als unsere Mutter zu lieben, so wie Jesus Christus sie liebt.
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Mit dieser herzlichen Einladung begrüße ich Euch, liebe deutschsprachige Pilger und Besucher. Insbesondere heiße ich die vielen Sänger unter Euch willkommen, die mit ihrer Stimme Gottes Lob vermehren wollen. Euch allen und allen Gläubigen, die mit uns über Radio Vatikan und das Fernsehen verbunden sind, erteile ich sehr gerne den Apostolischen Segen.



                                                                                  Mai 1998

Mittwoch, 6. Mai 1998


Liebe Schwestern und Brüder!

In Fortsetzung unserer Betrachtungen über Maria habe ich heute über die Muttergottes als Modell und Wegweiserin für unseren Glauben gesprochen.

Die heute vorgelesenen Worte aus dem Lukas-Evangelium preisen Maria als die große Glaubende selig: "Selig ist die, die geglaubt hat" (Lc 1,45). Es ist die erste Seligpreisung, die im Evangelium vorkommt. Im Gegensatz zu Zacharias hat Maria dem Engel des Herrn geglaubt. Diesen Glauben hat sie während ihres ganzen Lebens bewahrt und immerwieder im Zusammenhang des Lebens ihres Sohnes bezeugt.

11 Maria möge unseren Glauben stärken, damit auch wir im Alltag unseres Lebens an den Worten des Herrn Maß nehmen und dadurch selig werden.
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Mit diesen Gedanken grüße ich die Pilger und Besucher, die aus den Ländern deutscher Sprache nach Rom gekommen sind. Unter ihnen heiße ich besonders willkommen: die Ehepaare aus dem Bistum Speyer, die ihr Silbernes Ehejubiläum feiern. Euch allen, Euren lieben Angehörigen daheim und allen, die mit uns über Radio Vatikan und das Fernsehen verbunden sind, erteile ich von Herzen den Apostolischen Segen.

Einen besonderen Gruß richte ich an die Familien, Angehörigen und Freunde der Schweizergarde, die zur Vereidigung der neuen Rekruten nach Rom gekommen sind. Was eine Gelegenheit froher Begegnung sein sollte, ist zu einer erschütternden Tragödie geworden, die auf dem Herzen aller lastet und die auch in mir großes Leid hervorgerufen hat.

Indem ich den Eltern und Verwandten des Kommandanten Alois Estermann und seiner Ehefrau meine tiefempfundene Anteilnahme ausdrücke, richte ich mein Gebet zum Herrn, der ihre Seelen zu sich in Seinen Frieden führen möge. Kommandant Estermann war eine Persönlichkeit tiefen Glaubens und unerschütterlicher Pflichterfüllung; achtzehn Jahre lang hat er treuen und wertvollen Dienst geleistet, für den ich ihm persönlich dankbar bin.

Ich bin auch dem Leid der Angehörigen des Vize-Korporals Cedric Tornay nahe, der jetzt vor dem Richterstuhl Gottes steht und den ich Seiner Barmherzigkeit anempfehle.

Zugleich lade ich alle ein, sich mit mir im Gebet zu vereinen und den bestärkenden Trost Gottes zu erbitten, der Herr ist über Leben und Tod.

Al termine dell'Udienza mi recherò a pregare davanti alle salme, che si trovano nella cappella della Guardia Svizzera.



Mittwoch, 13. Mai 1998


Liebe Schwestern und Brüder!

Dieses Jahr der Vorbereitung auf das Große Jubiläum ist dem Heiligen Geist gewidmet. Da die Heiligen Schriften vom Geist inspiriert sind, ist es angebracht zu fragen, was die Bibel über ihn zu sagen weiß.

12 Von den ersten Seiten des Alten Testamentes an begegnet uns das Wirken des Heiligen Geistes. Im Schöpfungslied schwebt er als gött- licher "Atem" über dem Wasser. Im Laufe der bewegten Geschichte Israels kommt er immer wieder auf schwache Menschen herab. Durch seine Kraft und Stärke werden sie zu charismatischen Führern, weisen Königen und mutigen Propheten.

Zwei Eigenschaften sind es, die die geheimnisvolle Identität des Heiligen Geistes bereits auszeichnet:

Da ist zunächst die absolute Transzendenz des Geistes, der deshalb "heilig" genannt wird.

Außerdem besitzt der Heilige Geist eine dynamische Kraft, die er offenbart, wenn er in die Geschichte eingreift. Der Prophet Jesaja: "Sein Atem ist wie ein reißender Bach" (
Is 30,28).

Durch das Wirken des Geistes kommt also etwas in Bewegung: Das Chaos wird zum Chaos. In der Welt entsteht Leben. Die Geschichte gestaltet sich zum Weg.
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Viele deutschsprachigen Pilger und Besucher haben sich auf den Weg nach Rom gemacht und sind bei dieser Audienz anwesend. Ihnen gilt mein herzlicher Willkommensgruß. Besonders grüße ich den Dom- chor Görlitz, der durch Sängerinnen und Sänger evangelischer Gemein- den ökumenisch erweitert ist, mit Diözesanbischof Rudolf Müller an der Spitze. Außerdem heiße ich die Musikkapelle der Gendarmerie Ober- österreich willkommen, ebenso wie das Internationale Theologische Institut für Studien zu Ehe und Familie in Gaming. Euch allen und Euren Angehörigen zu Hause sowie den über Radio Vatikan und das Fernsehen mit uns verbundenen Gläubigen erteile ich von Herzen den Apostoli- schen Segen.



Mittwoch, 20. Mai 1998


Liebe Schwestern und Brüder!

In Fortsetzung der letzten Katechese über den Heiligen Geist im Alten Testament, will ich heute über die Aussagen im Neuen Testament sprechen. Hier erst wird die Offenbarung über den Heiligen Geist als Person neben dem Vater und dem Sohn klarer. Zwar bieten uns die Bücher des Neuen Testamentes keine systematische Lehre über die dritte göttliche Person, doch wenn wir alle verstreuten Aussagen insbesondere bei Lukas, Paulus und Johannes zusammen-tragen erhalten wir ein deutliches Bild über den Heiligen Geist.

Nach dem Evangelisten Lukas ist Jesus Christus der einzige, der die Fülle des Heiligen Geistes besitzt. Er ist durch ihn empfangen worden. Seine gesamte Sendung steht unter der Führung des Geistes. Schließlich wird auch die Kirche durch sein Wirken gegründet und am Leben erhalten.

13 Der Apostel Paulus unterstreicht besonders die eschatologische Dimen-sion des Geistes, der alles neu macht. Er ist die Quelle des neuen und ewigen Lebens, das der Kirche durch Jesus Christus mitgeteilt wird.

Der Evangelist Johannes sieht den Heiligen Geist insbesondere als Geist der Wahrheit und als Beistand. Er ist es, der die Jünger in die volle Wahrheit führt und sie in dieser Wahrheit bleiben läßt.
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In Erwartung des Pfingstfestes, wünsche ich Euch, liebe Pilger und Besucher aus den Ländern deutscher Sprache, den Beistand des Heiligen Geistes, der Euch durch Euer Leben in Wahrheit leiten soll. Euch und allen, die mit uns über das Fernsehen und Radio Vatikan verbunden sind, erteile ich von Herzen den Apostolischen Segen.



Mittwoch, 27. Mai 1998


Liebe Schwestern und Brüder!

In Fortsetzung unserer Betrachtungen über den Heiligen Geist spreche ich heute über die Anwesenheit des Geistes in der Menschwerdung.

Da der Heilige Geist unmittelbar in die menschliche Geschichte eingetreten ist, ereignet sich in der Menschwerdung die höchste Gnade, die “Gnade der Vereinigung” der menschlichen Natur mit der Person des Wortes. Diese Vereinigung ist die Urquelle aller Gnaden, wie wir es beim Heiligen Thomas von Aquin lesen.

Von dieser Perspektive aus wirft das Mysterium der Menschwerdung auch Licht auf das Mysterium des Menschen. Der Heilige Geist ist nämlich gegenwärtig am Beginn des menschlichen Lebens. Es genügt nicht, allein mit der Theorie der Evolution den Ursprung der Menschheit zu erklären. Es genügt wohl auch die biologische Kausalität nicht, um das Entstehen des menschlichen Lebens zu verstehen. Gott erschafft die Seele eines jeden menschlichen Wesens, indem er den Lebensatem durch seinen Geist hineinbläst, der “der Geber des Lebens” ist.
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Mit diesen Gedanken grüße ich die Pilger und Besucher, die aus den Ländern deutscher Sprache nach Rom gekommen sind. Unter ihnen heiße ich besonders die so zahlreich anwesenden Jugendlichen willkommen. Euch allen, Euren lieben Angehörigen daheim und allen, die mit uns über Radio Vatikan und das Fernsehen verbunden sind, erteile ich von Herzen den Apostolischen Segen.



14                                                                                    Juni 1998

Mittwoch, 3. Juni 1998


Liebe Schwestern und Brüder!

Heute denken wir über ein weiteres Ereignis nach, in dem sich das Wirken des Heiligen Geistes im Leben Jesu offenbart: die Taufe Jesu am Jordan.

Die Evangelien berichten einmütig, daß dieses Geschehen den Anfang des öffentlichen Auftretens Jesu darstellt. Der Vater im Himmel drückt sein Wohlgefallen gegenüber dem Sohn aus, der gehorsam ist bis zum Tod. In der Taufe wird der Sohn mit der Kraft des Heiligen Geistes ausgestattet, um seine Sendung als Messias und Erlöser zu erfüllen.

Danach beginnt Jesus, seine dreifache Sendung auszuüben: das Königsamt, das ihn gegen das Böse ankämpfen läßt; das Prophetenamt, das ihn zum unermüdlichen Verkünder der Frohen Botschaft macht; das Priesteramt, das ihn zum Lob und zur Selbsthingabe an den Vater antreibt, um uns zu erlösen.Auf diese Weise wird Jesus gleichsam zum "Missionar des Heiligen Geistes".

Besonders wird die Gegenwart des Geistes im Gebet Jesu deutlich. Die göttliche Sohnschaft läßt ihn zu Gott "Vater" sagen (vgl. Mk Mc 14,36). Durch die Gabe des Heiligen Geistes läßt er die Gläubigen als Söhne und Töchter Gottes an der vertrauten Gemeinschaft mit dem Vater teilhaben. Dieses große Geschenk wird uns allen durch die Taufe geschenkt.
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Mit der Einladung, aus der Gnade der Taufe neu zu leben, grüße ich alle deutschsprachigen Pilger und Besucher sehr herzlich. Besonders heiße ich die Teilnehmer der Romwallfahrt der Kirchenchöre aus der Diözese Augsburg willkommen. Unter den vielen Pfarrei-, Jugend- und Meßdienergruppen gilt mein Gruß den Ministranten aus der Diözese Eichstätt. Euch allen und Euren Angehörigen zuhause sowie den über Radio Vatikan und das Fernsehen mit uns verbundenen Gläubigen erteile ich von Herzen den Apostolischen Segen.



Mittwoch, 10. Juni 1998

Liebe Schwestern und Brüder!

15 Das gesamte Leben Jesu hat sich im Heiligen Geist vollzogen. Das haben wir in den vorausgegangenen Katechesen gehört. Heute möchte ich über das Handeln des Heiligen Geistes in der “Stunde” des Todes und der Auferstehung Jesu sprechen. Tatsächlich bildet das Ostergeheimnis das Fundament für die Gabe des Heiligen Geistes an die Kirche.

Der Heilige Geist ist beim Tod Jesu am Kreuz gegenwärtig. In diesem Geheimnis der Liebe Gottes zu uns Menschen sind nämlich die drei göttlichen Personen mitwirkend anwesend. Auch am Kreuz sind Vater und Sohn im Heiligen Geist verbunden. Menschwerdung und Auferstehung des Sohnes geschehen durch das Wirken des Heiligen Geistes.

Das Geschenk des Geistes, das der Sohn in Fülle am Ostermorgen erhält, wird durch ihn über die Kirche im Überfluß ausgegossen. So erfüllt sich die Erlösung des Sohnes durch die Mitteilung des Heiligen Geistes an die Menschen, um diese zum Vater zurückzuführen.

Indem Christus uns seinen Geist mitteilt, tritt er in unser Leben ein, damit ein jeder von uns wie Paulus sagen kann: “Nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir (
Ga 2,20).
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Herzlich begrüße ich alle deutschsprachigen Pilger und Besucher. Insbesondere heiße ich die Pilgergruppe aus der Stadt Basel anläßlich ihres 200. Kirchenjubiläums und die Gruppe der Sportler aus der Steiermark willkommen, die sich für krebskranke Kinder einsetzen. Außerdem grüße ich die Schülerinnen und Schüler, die so zahlreich anwesend sind. Euch und allen, die mit uns über das Fernsehen und Radio Vatikan verbunden sind, erteile ich von Herzen den Apostolischen Segen.



Generalaudienz 1998