Predigten 1978-2005 33


1981




AN DIE NEUEN SCHWEIZERGARDISTEN ANLÄSSLICH IHRER VEREIDIGUNG

6. Mai 1981

Liebe Brüder und Schwestern!


IN DEN WENIGEN WORTEN des heutigen Evangeliums ist die ganze Frohe Botschaft unseres Glaubens enthalten. Hier leuchtet uns das Geheimnis der Person Jesu Christi in aller Klarheit auf: Jesus lebt ganz und gar dafür, den Willen des Vaters zu tun; darin aber besteht der Wille des Vaters, die Menschen mit Jesus in Verbindung zu bringen, damit dieser ihnen das wahre Leben schenke, jenes Leben, das zu einer seligen Auferstehung führen soll. Dabei tut uns Jesus den innigsten Vorsatz seines Herzens kund: ”Wer zu mir kommt, den werde ich nicht obweisen... (damit) ich keinen von denen, die er mir gegeben hat, verliere“.

Niemanden abweisen, keinen verlieren – ist das nicht auch unser aller Aufgabe, die wir hier an diesem Vatikanhügel, beim Grab des heiligen Petrus unseren Dienst tun? Der Papst als Nachfolger des Petrus und als oberster Hirt der Kirche und ihr, liebe Schweizergardisten, die ihr mich bei meinem Dienst begleitet, wir versuchen, diesen kostbaren Auftrag Gottes zu erfüllen, die Menschen, die er uns sendet, im Namen Christi aufzunehmen und nicht abzuweisen, sie zu beschenken und nicht zu verlieren, ihnen das Brot des Lebens zu vermitteln, damit ihr Hunger gestillt werde und sie das ewige Leben erlangen können.

Die vielen Menschen, die Tag für Tag neugierig oder ehrfürchtig, mutig oder ängstlich an die Tore des Vatikans kommen, sie alle sind uns letztlich von Gott, dem Vater, gesandt, damit sie Speise erhalten, jeder nach der Art seines Hungers. Wahrlich ein hohes Motiv für euren Dienst und ein starker Anstoß, um gelegentliche Härten und Engen eures Tagewerkes zu überwinden! Das Antlitz des Vatikans, aus dem ersichtlich wird, daß hier der Mensch in seiner Würde ernstgenommen wird, daß hier Christus selbst der letzte Maßstab zum Handeln sein soll, dieses Antlitz beginnt für viele Menschen bei euch, liebe Gardisten, wenn ihr dem fragenden Blick der Menschen begegnet und ihnen weiterhelft in ihren vielfältigen Anliegen.

Je suis heureux de vous adresser mon salut et mes encouragements, à vous aussi, chers amis de langue française. Dans l’évangile de saint Jean qui vient d’être lu, je vous invite à retenir ce qui est dit de la volonté de Dieu.

Nous devons faire la volonté de Dieu: cette obligation définit notre vie chrétienne dans la mesure où le Seigneur Jésus lui-meme, notre modèle, est descendu du ciel pour faire la volonté de Celui qui l’a envoyé. C’est pourquoi nous disons chaque jour, comme il nous l’a enseigné: “ Que ta volonté soit faite ”. Les commandements de Dieu nous manifestent cette volonté et il faut leur obéir par amour: “ Si vous m’aimez, dit le Seigneur, vous garderez mes commandements ”, Mais l’observation des commandements est liée à cette autre expression de la volonté de Dieu que saint Jean nous indique ici: la volonté du Père, c’est que nous ayons la vie éternelle par notre foi, par notre obéissance pleine d’amour à son Fils, c’est qu’il nous ressuscite au dernier jour.

Méditez ces paroles: tout nous vient de l’amour du Père et nous conduit à lui, à travers les obligations de la vie quoudienne. Que le Seigneur vous garde dans cet amour et cette volonté.

Diese geistlichen Anregungen veruraue ich heute morgen vor allem den Neugardisten an, die gleich in einem festlichen Akt ihren Diensteid ablegen werden. Ihr gedenkt dabei eurer Vorgänger: einigen von ihnen wurde sogar das Opfer ihres Lebens in Erfüllung ihres Auftrages abverlangt. Wir wollen den Herrn bitten, daß er Gewalt und Fanatismus von den Vatikanmauern fernhalte. Aber die Bereitschaft, notfalls das Leben hinzugeben, kann sich auch in eurem Dienst verwirklichen, und zwar in der Bereitschaft, ein Stück Leben hinzugeben, etwas an gewohnter Bequemlichkeit, einen Teil eurer Zeit, eures Einkommens, eurer Ansprüche. ”Wer sein Leben um meinetwillen verliert, wird es gewinnen“, so verspricht es uns der Herr selbst.

Allen Mitgliedern der Garde, dem Herrn Kommandanten und dem Gardekaplan gilt mein herzlicher Dank und mein Gebet! Den lieben Angehörigen und werten Gästen entbiete ich meinen Gruß und spreche ihnen meine besondere Wertschätzung aus. Schon jetzt darf ich ihnen meine große Freude kundtun, daß ich noch in diesem Monat Ihr geliebtes Vaterland besuchen und den Gläubigen und allen Bürgern dort in vielfältiger Weise begegnen kann. Das Gelingen dieser Pastoralreise möchte ich auch Ihrem Einsatz und Gebet anvertrauen.



MESSE FÜR EINE GRUPPE VON BEHINDERTE AUS DER SCHWEIZ

Castelgandolfo, 29. September 1981

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Seid von Herzen gegrüßt, liebe Brüder und Schwestern, zu eurer ersten Pilgerfahrt ”Rom im Rollstuhl“ aus verschiedenen Diözesen der Schweiz. Seid ebenso herzlich willkommen zu dieser unserer gemeinsamen Eucharistiefeier.

Mit besonderer Freude habe ich eurem Wunsch nach solch einer Begegnung entsprochen. Es ist mir eine willkommene Gelegenheit, diese lobenswerte Initiative für Behinderte in der Schweiz, die auch in den kommenden Jahren fortgesetzt werden soll, zu ermutigen und allen zu danken, die in eurer Heimat und wo auch immer im Geist christlicher Bruderliebe ihre Kräfte in den Dienst behinderter Mitmenschen stellen. Vor allem aber möchte dadurch der Papst euch selbst, liebe behinderte Brder und Schwestern, seine tiefe Zuneigung und Liebe, seine hohe Wertschätzung und das große Vertrauen bekunden, das er in euch, in eure Hilfe durch Gebet und Opfer – besonders durch die geduldige und opferbereite Annahme eures Leidens – setzt.

Betrachtet euer Lebensschicksal vor allem mit den Augen des Glaubens. Was für den ungläubigen Menschen als ein tragisches Unglück erscheint, kann für den Gläubigen zu einer äußerst sinnvollen und lebenserfüllenden Aufgabe inmitten der menschlichen Gemeinschaft und der Kirche werden. In dem uns nicht vom blinden Zufall, sondern vom liebenden Gott zugedachten oder zugelassenen Geschick trifft uns sein ganz persönlicher Anruf. Aus ihm erkennen wir die einem jeden von uns anvertraute Sendung und Aufgabe. Sucht die eure, die euch durch das Los der körperlichen Behinderung zuteil geworden ist, im Angesicht des Kreuzes immer tiefer zu erfassen, sie in der Nachfolge des leidenden Herrn mit tiefer innerer Bereitschaft anzunehmen und für das Heilswirken der Kirche in der Welt fruchtbar zu machen.

Vereinigt in dieser Eucharistiefeier und jeden Tag von neuem eure Prüfungen und Leiden mit dem Erlöserleiden Jesu Christi, wodurch gerade euer behindertes Leben in den Augen Gottes und im Heilsplan seiner Vorsehung einen unschätzbaren Wert erhält. Mögen die heutige Messfeier mit dem Papst und diese Rompilgerfahrt euch in dieser trostvollen Glaubenssicht bestärken und euch auch eures Lebens tief froh und glücklich machen. Das wünsche und erbitte ich euch in dieser Stunde vom eucharistischen Herrn mit meinem besonderen Apostolischen Segen.





HEILIGE MESSE IM PONTIFICIUM COLLEGIUM

GERMANICUM ET HUNGARICUM

18. Oktober 1981




Meine lieben Alumnen,
liebe Patres und Brüder der Gesellschaft Jesu,
liebe Schwestern, liebe Kollegsfamilie!

35 1. Im ersten Thessalonicherbrief, der von heute an in der Sonntagsliturgie verlesen wird, schreibt der Apostel Paulus mit Silvanus und Timotheus: ”Ja, wir hatten uns fest vorgenommen, zu euch zu kommen...“.

Zwischen den Pastoralreisen in zwei von euren Heimatländern, nach Deutschland und in die Schweiz, war es besonders angezeigt, daß der Papst auch dem Pontificium Collegium Germanicum et Hungaricum einen Besuch abstattete. Ihr wißt, was diesen Besuch bei euch und meine Reise in die Schweiz zum geplanten Zeitpunkt unmöglich machte. Ihr wißt aber auch, ”daß Gott bei denen, die ihn lieben, alles zum Guten führt“. Und so ist uns heute in vertiefter Glaubensfreude und noch größerer Dankbarkeit und Offenheit gegenüber Gott und füreinander die ersehnte Begegnung geschenkt.

Mit der heutigen Lesung sehe ich auch in euch eine ”Gemeinde..., die in Gott, dem Vater, und im Herrn Jesus Christus lebt“, und wie Paulus ”danke ich Gott für euch alle, für das Werk eures Glaubens, für die Opferbereitschaft eurer Liebe und für die Standhaftigkeit eurer Hoffnung“. Voll Freude darf ich mit dem Apostel bekennen: ”Wir wissen, von Gott geliebte Brüder, daß ihr erwählt seid“. Diese gnadenhafte Erwählung in Christus gilt allen Gliedern des neuen Gottesvolkes; in einer besonderen Weise aber gilt sie denjenigen, die in seine engere Nachfolge und Jüngerschaft berufen wurden.

Euch, liebe Priester und Priesteramtskandidaten im Germanicum-Hungaricum, ist dieser Ruf in die besondere Nachfolge Christi zuteil geworden. Das geschichtliche Erbe eures Kollegs berechtigt euch zu stolzer Freude; es ermahnt euch zugleich aber auch w demütigem Ernst. Ihr seid aufgerufen, im Sinne seiner Gründer in euren Heimatländern der Verkündigung der Frohbotschaft und insbesondere jener Einheit zu dienen, die als Abschiedsanliegen Jesu gerade in unseren Tagen von der Christenheit (und nicht nur von ihr!) so tief ersehnt wird. Mögen eure Heimatländer, einst Ausgangspunkt von Spaltung, nun auch Ausgangspunkt von Versöhnung sein.

2. Um die große Bedeutung des ökumenischen Anliegens in unserer Zeit zu unterstreichen, war es mein besonderer Wunsch, gerade im Jubiläumsjahr der Confessio Augustana meinen Pastoralbesuch in Deutschland abzustatten, wo Gott mir gesegnete Begegnungen mit den Amtsträgern der anderen christlichen Kirchen geschenkt hat – wie wir es auch für die erhoffte Reise in die Schweiz innig von Gott erbitten.

Mein denkwürdiger Besuch in der Bundesrepublik Deutschland zum 700. Todestag des hl. Albertus Magnus galt natürlich zunächst meinen Glaubensbrüdern und -schwestern, dem vertieften Erlebnis der kirchlichen Gemeinschaft im gemeinsamen Gotteslob und brüderlichen Austausch; er galt der Erneuerung und Verlebendigung des religiösen Lebens in den Familien und Gemeinden. Aber auch dadurch diente dieser Besuch gleichzeitig dem großen Anliegen der Ökumene: ”ut unum sunt“. Denn nur eine in ihrem Glauben lebendige und gefestigte Kirche kann eine Kirche echten Dialoges sein.

3. Wie unverdient unsere Erwählung ist und in welche Radikalität sie führt, hält uns die alttestamentliche Lesung der heutigen Liturgie vor Augen: ”Ich habe dir einen Ehrennamen gegeben, ohne daß du mich kanntest. Ich bin der Herr und sonst keiner; außer mir gibt es keinen Gott“.

Das Evangelium, das wir soeben gehört haben, zeigt uns den Herrn, wie er diesen radikalen Anspruch Gottes den Anforderungen der Welt gegenüberstellt: ”Gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört, und Gott, was Gott gehört!“.

Dieses Wort, vom Evangelisten festgehalten, geht über den unmittelbaren Zusammenhang des Streitgesprächs Jesu mit den Pharisäern hinaus und wurde zu einem grundsätzlichen Schlüsselwort für die Bewältigung der Spannung zwischen unserem In-der-Welt-Sein und unserem Auf-Gott-hin-Sein. Wer unsere Verflochtenheit mit dem Kosmos und der menschlichen Gesellschaft ernst nimmt, muß sich hüten, den Anspruch Gottes dabei zu vernachlässigen. Wer Gott zur bewußten Mitte seines Lebens macht, muß darauf bedacht sein, daß er zugleich auch der Schöpfung Gottes und den Anforderungen des menschlichen Zusammenlebens gerecht wird.
Liebe Alumnen des Germanicum-Hungaricum! In dem persönlichen Bemühen, unsere Ausrichtung auf Gott und unsere Beheimatung in der Welt in wahrhaft katholischer Weise zusammenzuschauen und entsprechend zu leben, kann euch der Umstand behilflich sein, daß euer Kolleg vom heiligen Ignatius von Loyola gegründet worden ist, dessen Spiritualität euch in diesem Haus vermittelt wird.

Nach dem ”principium et fundamentum“, das er uns in seinem Exerzitienbuch gegeben hat, ist der Mensch ”geschaffen dazu hin, Gott, unseren Herrn, zu loben, ihn zu verehren und ihm zu dienen und so seine Seele zu retten. Die anderen Dinge auf Erden sind zum Menschen hin geschaffen, um ihm bei der Verfolgung seines Zieles zu helfen“.

36 Möge euer Leben immer dem Leib, der Natur der Umwelt, den menschlichen Strukturen geben, was ihnen gebührt, aber nie darin aufgehen, sondern sich in allem Gott darbringen, wie Ignatius uns lehrt: ”Sume, Domine, et suscipe!“. Dann entsprecht ihr euer priesterlichen Berufung; dann seid ihr für die Gläubigen und für die Welt ein lebendiges ”Sursum corda“.

Ihr seid in diesen Jahren des Kollegs von jener Arbeit freigestellt, die später eure Last und Freude sein wird. Für den späteren Dienst im Künden des Wortes seid ihr jetzt auf das Hören des Wortes verpflichtet, auf das treue und streckenweise auch trockene Studium. Vielleicht habt ihr sogar Angst, daß euch der lange Umgang mit den Büchern den Zugang zu den Menschen erschweren wird. Seht aber doch auch die Chance, die darin liegt, euch in ungestörter Sammlung ein gediegenes Rüstzeug anzueignen, bevor ihr ”dem täglichen Andrang in der Sorge um die Gemeinde“ ausgesetzt seid. Den Zugang zu den Menschen übt ein im Umgang mit jedem, der jetzt euer Nächster ist. Schenkt ihm jene wache, taktvolle, einfühlende, selbstlose Aufmerksamkeit, mit welcher ihr euch später im Namen Jesu den euch Anvertrauten zuwenden wollt.

4. Das Apsismosaik eurer Kirche zeigt uns Maria als die Königin der Apostel, die Braut des Heiligen Geistes, die Mutter der Kirche. Am heutigen Missionssonntag empfehlen wir ihr besonders jene, die einst Alumnen dieses Kollegs waren und dann, einer besonderen Einladung Gottes folgend, Missionare wurden als Ordensleute oder – gemäß den Richtlinien von ”Fidei Donum“ und mit der hochherzigen Einwilligung ihrer Bischöfe – als Diözesanpriester. Ihr missionarischer Geist möge auch jene beseelen, die von hier, dem Gründungsziel des Kollegs entsprechend, in ihr Heimatland zurückkehren, damit sie das weltkirchliche Denken und Fühlen, das ihnen in dieser alle Völker beheimatenden Stadt so reich geschenkt wird, in sich lebendig erhalten und in ihrem Wirkungskreis bestärken.

Missionarisches Denken und Fühlen, Beten und Opfern konnte ich mit großer Freude bei meinem Pastoralbesuch in Deutschland erleben – als Anliegen der Einzelnen, der Familien, der Gemeinden, der Diözesen und in den Interdiözesanen Werken ”Missio“ und ”Adveniat“. Durch einen solchen Einsatz der einzelnen Ortskirchen und das treue Gebet und Opfer aller Gläubigen kann immer mehr Wirklichkeit werden, was uns der Psalmist im heutigen Zwischengesang zuruft: ”Singt dem Herrn, alle Lande! Erzählt bei den Völkern von seiner Herrlichkeit, von seinen Wundertaten in allen Nationen!“.

Liebe Brüder und Schwestern! Das Germanicum-Hungaricum versammelt hier in Rom beim Bischofsstuhl Petri Seminaristen und Priester aus verschiedenen Völkern und Sprachen. Es ist somit in besonderer Weise ein Ort der Begegnung und ein verbindendes, Einheit stiftendes Band zwischen verschiedenen Ortskirchen in Europa. Möge das Kolleg fortfahren, jene Einheit der Kirche zu vertiefen und zu festigen, für die Rom Zeichen und dienender Mittelpunkt ist.
Für alle jetzigen und ehemaligen Obern, Mitarbeiter und Alumnen dieses verdienten Kollegs, wo immer sie in diesem Augenblick dr Kirche Jesu Christi dienen, laßt uns in dieser Eucharistiefeier mit den Worten der heutigen Liturgie beten:

”Allmächtiger Gott, du bist unser Herr und Gebieter. Mach unseren Willen bereit, deinen Weisungen zu folgen, und gib uns ein Herz, das dir aufrichtig dient“. Amen.





                                                                            1982

MESSE FÜR DIE REGENTEN VON PRIESTERSEMINAREN

25. Februar 1982




Liebe Mitbrüder!

In priesterlicher Verbundenheit begrüße ich Euch zu dieser gemeinsamen Eucharistiefeier. Ihr tragt in Euren Diözesen Sorge für die Berufung von Arbeitern in den Weinberg des Herrn. Damit teilt Ihr ein großes Anliegen des Papstes, der täglich den Herrn der Ernte darum bittet, viele und gute Arbeiter in seine Ernte zu senden. Meine Pastoralreisen zeigen mir immer wieder: ”Die Ernte ist groß, aber es gibt nur wenig Arbeiter“.

37 Mit besonderer Freude habe ich von Eurem Wunsch erfahren, während Eurer diesjährigen Regententagung in der Ewigen Stadt einige Organe und Mitarbeiter der Römischen Kurie persönlich kennenzulernen. Mögen die zahlreichen freundschaftlichen Begegnungen dieser Tage und diese brüderliche Gemeinschaft in Gebet und Opfer mit dem Bischof von Rom Eure mitverantwortliche Verbundenheit mit dem lebendigen Mittelpunkt der Kirche und ihrem obersten Lehr und Hirtenamt vertiefen und auch für Eure Ortskirchen fruchtbar werden lassen. Das von uns in Konzelebration dargebrachte eucharistische Opfer werde für uns alle und für unseren gemeinsamen Dienst in der Kirche Christi zur Quelle reichen Segens.

Bei diesem Wunsch sehe ich in Euch auch alle diejenigen hier vertreten, deren Weg zum Priestertum Eurer Führung und Sorge anvertraut ist. Übermittelt ihnen meine persönlichen Grüße und meinen besonderen Segen. Ich setze in sie große Hoffnung für die Kirche von morgen; ich ermutige sie und begleite sie mit meinem ständigen Gebet auf ihrem Weg zum Weihealtar. Wir wollen auch hier ihrer gemeinsam im Gebet gedenken, auf daß sie in der Glaubensgemeinschaft des Seminars den Ruf des Herrn immer klarer erkennen und ihrem endgültigen Jawort in die Hände ihres Bischofs und ihrem priesterlichen Dienst entgegenreifen.

Mein Gebet in dieser Stunde gilt aber auch Euch selber, liebe Brüder. Der Herr, dem die Einführung seiner Jünger in den Glauben und in ihr künftiges Apostolat Tag und Nacht am Herzen lag, lasse Euch spüren, daß gerade denen, die ihm hierin folgen, seine Worte gelten: ”Nicht mehr Knechte nenne ich euch... Vielmehr habe ich euch Freunde genannt“. Möge die persönliche Vertrautheit mit dem Herrn Euren so wichtigen und schwierigen Dienst in den Priesterseminaren stets beseelen und ihm reiche Früchte erwirken. Maria, die Königin der Apostel, die Mutter der Priester, erbitte Euch und Euren ehemaligen, jetzigen und künftigen Seminaristen immer wieder neu den Leben spendenden Heiligen Geist! Dazu erteile ich Euch allen von Herzen meinen besonderen Apostolischen Segen.





MESSE FÜR DIE SCHWEIZERGARDISTEN

6. Mai 1982




Liebe Schweizergardisten,
meine Brüder und Schwestern!

Es hat auf die Apostel einen tiefen Eindruck gemacht, daß Jesus, ihr Meister, der Messias, ihnen, seinen Jüngern, vor dem letzten Abendmahl die Füße gewaschen hat. Unmittelbar haben sie dabei verstanden: Hier ist die Mitte aller Taten und Worte Jesu. Sein Leben bedeutet Dienen, Sichverschenken; die Macht des Messias ist die Liebe.

Das gleiche erwartet Jesus auch von seinen Jüngern. Soeben haben wir ihn im Evangelium sprechen gehört:”... der Knecht ist nicht größer als sein Herr, und der Abgesandte ist nicht größer als der, welcher ihn gesandt hat“. Wenn er dient, können wir nicht Herren sein; wenn er liebt, können wir uns nicht verschließen; wenn er sich zum Menschen hinabbeugt, können wir uns nicht erhaben fühlen. ”Selig seid ihr, wenn ihr das wißt und danach handelt“. Ja, Jesus lädt uns alle ein, ihn selbst zum Maßstab für unser Leben und Verhalten zu nehmen, so wie er seinen göttlichen Vater im Himmel zum alleinigen Maßstab und Mittelpunkt seines Lebens erwählt hat.

Am Schluß des heutigen Evangeliums sagt er sogar: ”Wer den aufnimmt, den ich sende, nimmt mich auf; wer aber mich aufnimmt, nimmt den auf, der mich gesandt hat“. Kann man sagen, die vielen Menschen, denen ihr, liebe Gardisten, in eurem täglichem Dienst hier im Vatikan begegnet, seien”von Jesus gesandt“? Wenn wir diesen Vorgang mit den Augen der Vorsehung tief genug betrachten, so meine ich, daß wir es so verstehen können. Auch wenn einige ohne Glauben und kühl sich unseren Toren und Türen nähern, so tragen sie doch wenigstens Fragen in sich, Fragen an die Kirche, Fragen an uns Christen, Fragen an die Jünger Jesu: ”sie sind von Jesus gesandt“! Wenn ihr sie mit Liebe und Achtung aufnehmt, nehmt ihr in ihnen also Jesus selbst auf.

Eine solche Sicht und Verhaltensweise ist jedoch nur möglich, wenn jemand bewußt Christ sein will, wenn er aus der Kraft des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe zu leben bereit ist. Eure Ausbildung und Dienstordnung sind wichtig; noch wichtiger ist aber, daß ihr bewußte Katholiken und Christen seid. Das gilt für euer Verhalten zu den vielfältigen Besuchern des Vatikans; das gilt auch für euren Umgang miteinander, sei es im Dienst oder wo auch immer in eurer Freizeit. So ist es sehr sinnvoll, diesen euren Festtag mit einer heiligen Messe zu beginnen. Hier begegnen wir uns alle im Herrn: Gardisten, die ihr heute euren Diensteid ablegt oder schon länger dient, Eltern, Verwandte und Freunde, einige priesterliche Mitbrüder und sogar einer eurer Heimatbischöfe. Mit euch allen dieses heilige Meßopfer zu feiern, ist mir eine große Freude.

Auch möchte ich diese Gelegenheit benutzen und euch, liebe Neugardisten, herzlich dafür danken, daß ihr euch eine Zeit lang dem obersten Hirten der Kirche, dem Papst, zur Verfügung stellt, um mitzuhelfen, die notwendige äußere Ordnung und Sicherheit im Bereich des Vatikans zu gewährleisten. Ich hoffe, daß während eurer Dienstzeit die Verbindung zu euren lieben Familien und zu eurer Heimat so lebendig bleiben, daß diese euch nicht gleichsam als ”verlorene Söhne“ ansehen werden, sondern sich mit euch freuen über diese einzigartige Möglichkeit, neue Lebenserfahrungen zu machen.

38 Die heiligen Sebastian, Martin und Bruder Klaus seien die Schutzpatrone eures Dienstes. Maria, Gottesmutter und unser aller Mutter, leite uns immer mehr hin zu deinem Sohn Jesus Christus: ”Was er euch sagt, das tut!“.

Aux gardes suisses de langue française, j’aime redire qu’ils sont appelés à rendre ici un service de qualité, apprécié depuis des siècles par les Souverains Pontifes. Il s’agit de servir la personne du Pape et de ses collaborateurs, en veillant sur eux et sur leur maison; de servir les hôtes du Pape, et aussi tous les pèlerins ou visiteurs qui viennent le voir, l’entendre et prier avec lui, afin qu’ils soient tous reçus avec dignité et affabilité. Ce faisant, c’est le Christ que vous recevez, c’est le Christ que vous servez.





HEILIGE MESSE ANLÄßLICH DES 2. JAHRESTAGES

DES BESUCHES IN KÖLN

24. November 1982




Meine lieben Mitbrüder im Bischofsamt,
liebe Brüder und Schwestern!

Im Namen des Dreifaltigen Gottes und unter dem Zeichen des Kreuzes haben wir uns hier zusammengefunden, um die heilige Liturgie, das Opfer Christi, zu feiern. Wir wollen dabei Gott, dem Herrn, dafür danken, daß es uns geschenkt war, vor zwei Jahren in Eurer ehrwürdigen und zugleich modernen Bischofsstadt Köln zu weilen. Jener Tag war der wichtige Auftakt meines fünftägigen Besuches in Eurem Land. Daß jener Anfang so gut gelungen ist und uns allen Kraft und Zuversicht für den weiteren Verlauf der Reise gegeben hat, ist auch Euch zu verdanken, die Ihr mit vielen anderen stillen Helfern auch in den weiteren Städten meines Besuches bis an den Rand Eurer Kraft im Hintergrund gewirkt habt, um das große Glaubensfest zu ermöglichen.

Dafür danke ich Euch für alle anderen ganz persönlich und bitte Euch, diese frohen Erinnerungen heute morgen hier auf den Altar zu legen, um sie vom Herrn verwandelt zurückzuerhalten als neue Glaubenskraft und zuversichtliche Hoffnung für unseren weiteren Weg als Christen in der katholischen Kirche.







1983



PASTORALBESUCH IN ÖSTERREICH

HL. MESSE IN MARIAZELL


Mariazell - Dienstag, 13. September 1983




Liebe Mitpilger zur Gottesmutter von Mariazell!




1. ?aria machte sich auf den Weg und eilte in eine Stadt im Bergland von Judäa. Der Name der Stadt war Ain-Karem. Heute machten wir uns auf den Weg und eilten zu ihr ins Bergland der Steiermark. Pater Magnus von St. Lambrecht hat ihr hier eine »Zelle« errichtet. Seit über 800 Jahren empfängt sie nun darin die Pilger und nimmt ihr Bitten und Danken an — hier in ihrem Heiligtum »Mariazell«.

Von weit her kamen und kommen die Pilger — mit Zepter oder Wanderstab — und empfehlen sich und die Ihren immer wieder neu dem Schutz und der Fürsprache der »Magna Mater Austriae« , der »Mater Gentium Slavorum«, der »Magna Hungarorum Domina«. Sie reihen sich damit ein in die große Wallfahrt der Völker, von der wir soeben beim Propheten Jesaja gelesen haben: »Völker wandern zu deinem Licht und Könige zu deinem strahlenden Glanz. Blick auf und schau umher: Sie alle versammeln sich und kommen zu dir ... Dein Herz bebt vor Freude und öffnet sich weit«.

39 Auch in dieser Stunde öffnet sich wiederum das mütterliche Herz Marias, liebe Brüder und Schwestern, da wir im Anschluß an den großen Katholikentag ebenfalls als Pilger zu ihr gekommen sind, um nicht nur die Diözesen Österreichs und der benachbarten Völker, sondern die ganze Kirche ihres Sohnes vor ihr zu vertreten und ihrer Liebe und Sorge anzuvertrauen.

2. Liebe Mitbrüder im Bischofsamt, im Priestertum und im Diakonat, liebe Ordensleute, liebe Seminaristen, Novizinnen und Novizen, liebe Brüder und Schwestern im Laienstand! Als pilgerndes Gottesvolk sind wir alle von Gott »erkannt«, »bestimmt« und »berufen«, »an Wesen und Gestalt ihres Sohnes teilzuhaben«. Diese gemeinsame Berufung hat in den verschiedenen Lebensformen und Diensten der Kirche eine besondere Ausprägung. Dennoch gibt es in der Kirche wie in einer Familie zwischen ihren einzelnen Gliedern und Gruppierungen keine trennenden Schranken. Alle sind aufeinander verwiesen, und jeder trägt jeden. So gehört auch jede meiner Begegnungen in diesen Tagen Euch allen, meine lieben Glaubensbrüder und -schwestern in Österreich: mein Wort zur Politik und das zur Kultur, mein Wort an die Jugend und das an die Kranken. Und Euch allen gehören auch meine Gedanken über das Priestertum und Ordensleben, die ich Euch hier beim Gnadenbild der Gottesmutter der Betrachtung und persönlichen Vertiefung anvertrauen möchte.

3. Das heutige Evangelium gipfelt in dem Satz: »Selig ist die, die geglaubt hat, daß sich erfüllt, was der Herr ihr sagen ließ«. Mit diesem Satz schaut der Evangelist vom Haus der Elisabeth zurück in die Kammer von Nazaret, vom Gespräch der beiden Frauen zum Sprechen Gottes. Gott ist es, der das Gespräch mit der heiligen Jungfrau, mit der Menschheit eröffnet. Das erste ist immer das Sprechen Gottes. »Im Anfang war das Wort« Deshalb muß, liebe Priester und Ordensleute, in unserem geistlichen Leben das erste immer das Hören sein. Erst muß das Wort Gottes vernommen werden, dann erst können wir Antwort geben; erst müssen wir horchen, dann erst können wir gehorchen. Stille und Sammlung, geistliche Lesung und Betrachtung sind unerläßlich für unseren Weg und Dienst als Hörer und Verkünder des menschgewordenen Wortes. Maria ist uns darin Vorbild und Hilfe. Die Evangelien zeichnen sie als die große Schweigende, als die im Schweigen Hörende. Ihr Schweigen ist der Schoß des Wortes. Sie bewahrt alles und läßt es reifen in ihrem Herzen. Wie in der Szene der Verkündigung wird das Hören auf Gott ganz von selbst zu einem Gespräch mit Gott, in dem wir ihn ansprechen dürfen und er uns anhört. Sprecht also vor Gott aus, was Euch bewegt! Dankt ihm voll Freude für das, was er an Euch gewirkt hat und was er Tag für Tag durch Euch an andere vermittelt! Tragt vor ihn die Sorge um die Euch anvertrauten Menschen, die Kinder und die Jugend, die Eheleute, die Alten und die Kranken! Tragt vor ihn die Schwierigkeiten und Mißerfolge in Eurem Dienst, all Eure persönlichen Nöte und Leiden!

Liebe Priester und Ordensleute, das Gebet ist ein unersetzlicher Bestandteil unserer Berufung. Es ist so wesentlich, daß seinetwegen manches andere — scheinbar Dringlichere — zurückgestellt werden darf und muß. Auch wenn Euer Alltag im Dienst für die Menschen oft bis zum Übermaß mit Arbeit ausgefüllt ist, so dürfen darin angemessene Zeiten der Stille und des Gebetes nicht fehlen. Gebet und Arbeit dürfen niemals voneinander getrennt werden. Wenn wir unsere Arbeit täglich vor Gott bedenken und ihm anempfehlen, so wird sie schließlich selbst Gebet.

Lernt beten! Schöpft dabei vor allem aus dem Reichtum des Stundengebetes und der Eucharistie, die in besonderer Weise Eure tägliche Arbeit begleiten soll. Lernt in der Schule des Herrn selbst so beten, daß Ihr zu »Meistern« des Gebetes werdet und auch jene, die Euch anvertraut sind, das Beten lehren könnt. Wenn Ihr die Menschen beten lehrt, dann bringt Ihr ihren oft verschütteten Glauben wieder zum Sprechen. Durch das Gebet führt Ihr sie zurück zu Gott und gebt ihrem Leben wieder Halt und Sinn.

Voll Hoffnung schaue ich auf Euch, liebe Priesteramtskandidaten, Novizinnen und Novizen. Schon Eure Seminare und Noviziate sollen Stätten der Besinnung, des Gebetes und der Einübung in den vertrauten Umgang mit dem Herrn sein. Ich weiß, welche neue Sehnsucht Ihr nach rechtem Beten habt und daß Ihr auch nach neuen Wegen sucht, um Euer Leben noch tiefer vom Gebet durchdringen zu lassen. Mit Euch zusammen wollen wir alle wieder neu beten lernen! Lassen wir uns mitreißen vom Psalmisten des Alten Bundes, der da betet: »Nur eines erbitte ich vom Herrn, danach verlangt mich: im Haus des Herrn zu wohnen alle Tage meines Lebens, die Freundlichkeit des Herrn zu schauen und nachzusinnen in seinem Tempel«.

4. Liebe Brüder und Schwestern! Gottes Wort führt uns in die Stille, zu uns selbst, zur Begegnung mit ihm, aber es trennt uns nicht voneinander. Gottes Wort isoliert nicht, sondern es verbindet. In der Stille ihres Gesprächs mit dem Engel erfährt Maria von der Mutterschaft Elisabeths. Aus der Stille dieses Gesprächs macht sie sich auf den Weg und eilt zu ihr ins Bergland von Judäa. Maria weiß um Gottes Wirken an Elisabeth und berichtet ihr von Gottes Wirken an ihr selbst. Kostbare Gebete sind das Geschenk jener Stunde. »Du bist gebenedeit unter den Frauen und gebenedeit ist die Frucht deines Leibes«, so beantwortet Elisabeth den Gruß Marias, und unser tägliches Magnifikat ist Marias Antwort an Elisabeth. Merken wir uns aus dem Evangelium unserer heutigen Pilgermesse: Gott beruft nicht nur, sondern er hilft den Berufenen auch, einander in ihrer jeweiligen Berufung zu verstehen und gegenseitig anzunehmen.

Jesus will, daß die Gerufenen bei ihm sind, aber nicht als isolierte einzelne, sondern in Gemeinschaft. Das ganze Gottesvolk, aber auch die einzelnen Berufungen in ihm stehen in »communio« mit dem Herrn und untereinander. Wie bei Maria und Elisabeth umfaßt diese Gemeinschaft das Glaubensleben wie den Alltag. Das wird besonders deutlich bei Euch Ordensleuten. Ihr lebt noch mehr als andere nach dem Beispiel der Urkirche, in der »die Gemeinde der Gläubigen ein Herz und eine Seele war«? Je mehr es Euch gelingt, in Euren Gemeinschaften in echter Liebe zu leben, um so eindringlicher bezeugt Ihr die Glaubwürdigkeit der christlichen Botschaft. Eure Einheit macht nach den Worten des Konzils »das Kommen Christi offenbar, und eine große apostolische Kraft geht von ihr aus«.

Das gilt in ähnlicher Weise auch von Euch Diözesanpriestern und Diakonen. Ich weiß, daß manche von Euch unter Einsamkeit leiden. Viele von Euch stehen — auch wegen des zunehmenden Priestermangels — in ihrer Arbeit allein. Ihr fühlt Euch vielleicht zu wenig verstanden und angenommen in einer Welt, die anders denkt und Euch mit Eurer Botschaft als etwas Befremdendes erlebt. Umso mehr müssen wir das bedenken und konkret zu leben versuchen, was das Konzil über die Gemeinschaft unter den Priestern sagt. Auch Ihr Weltpriester und Diakone seid niemals wirklich allein: ihr bildet zusammen eine innige Schicksalsgemeinschaft! Denn durch die heilige Weihe und Sendung seid Ihr, wie das Konzil nachdrücklich betont, »einander in ganz enger Brüderlichkeit«, in »inniger sakramentaler Bruderschaft ... verbunden«. Ihr seid mit Euren »Mitbrüdern durch das Band der Liebe, des Gebetes und der allseitigen Zusammenarbeit« geeint. Bemüht Euch, liebe Mitbrüder, diese im Weihesakrament grundgelegte beglückende Wirklichkeit in lebendiger priesterlicher Gemeinschaft zu leben! Das machen auch wir, der Papst und die Bischöfe, mit Euch zu unserem gemeinsamen Anliegen. Tun wir alles, was mit Gottes Hilfe in unserer Macht steht, um uns einander brüderlich anzunehmen, gegenseitig mitzutragen und so gemeinsam für Christus Zeugnis zu geben.

Die von Euch Priestern und Ordensleuten um des Himmelreiches willen gewählte Ehelosigkeit macht Euch freier für die Gemeinschaft mit Christus und den Dienst an den Menschen. Sie macht Euch aber auch freier für um so engere und tiefere Gemeinschaft untereinander. Laßt Euch von niemandem und von nichts versuchen, diese hochherzige Verfügbarkeit zu mindern oder zurückzunehmen.

Macht sie vielmehr voll fruchtbar für Euer Leben und Euren Dienst zum Heil der Menschen.

40 Liebe Priesteramtskandidaten in den Seminarien! Ihr seid voller Ideen über den Dienst und das Leben der Priester in unserer Zeit. Wir wollen uns mit Euch öffnen für das, »was der Geist den Gemeinden sagt«. Zugleich bitte ich Euch: Lebt Eure Ideale schon jetzt, gerade das Ideal der Gemeinschaft — untereinander und mit Eurem Regens — in Glaubensleben, Studium und Freizeit.

Je mehr Gemeinschaftsgeist es bei den Ordensleuten und Priestern gibt, um so wirkungsvoller wird ihr Dienst. Von der Art, wie sie Gemeinschaft leben, wird es auch abhängen, ob mehr junge Menschen den Schritt zum Ordens- und Priesterberuf wagen. Dort, wo lebendige Konvente sind, dort, wo Seelsorger brüderlich zusammenleben, dort, wo Priester und Laien in der Einheit des Leibes Christi zusammenstehen, dort gibt es auch die meisten Berufe!

5. Liebe Brüder und Schwestern! Es ist mir eine ganz besondere Freude, diese Worte hier beim Gnadenbild der Gottesmutter von Mariazell an Euch richten zu können. Als Mutter Gottes und Mutter der Kirche ist Maria in vorzüglicher Weise auch die Mutter derjenigen, die die Sendung ihres Sohnes in der Geschichte fortsetzen. In ihrer Berufung, in ihrem vorbehaltlosen Ja zur Botschaft des Engels, in ihrem Lobpreis auf das gnädige Erbarmen Gottes im Magnifikat erkennen wir das Geheimnis und die Größe unserer eigenen Berufung. Im gläubigen Ja zu ihrer Erwählung und Sendung ist Gottes Wort in ihr geschichtliche Wirklichkeit geworden. Dadurch hat sich der ewige Ratschluß Gottes verwirklicht, von dem der heilige Paulus in der heutigen zweiten Lesung spricht: »Alle, die er im voraus erkannt hat, hat er auch dazu vorausbestimmt, an Wesen und Gestalt seines Sohnes teilzuhaben, damit dieser der Erstgeborene von vielen Brüdern sei«. Durch ihren gläubigen Gehorsam dem Wort des Engels gegenüber ist Maria in den Mittelpunkt des göttlichen Heilsplanes getreten. Durch ihre Mutterschaft ist Gottes Sohn unser aller Bruder geworden, damit wir ihm gleichgestaltet werden können in Gerechtigkeit und Herrlichkeit. Denn so sagt der heilige Paulus heute weiter: Die Gott »berufen hat, hat er auch gerecht gemacht; die er aber gerecht gemacht hat, hat er auch verherrlicht«. Die Erhöhung des Menschen bis zur Teilnahme an der Herrlichkeit der Heiligsten Dreifaltigkeit verwirklicht sich durch Christus, den Sohn Gottes, der durch das gläubige »Fiat« Marias der Menschensohn geworden ist. Ja, in der Tat: »Selig ist die, die geglaubt hat«; siehe, fortan preisen sie selig alle Geschlechter.

Ja, liebe Brüder und Schwestern, selig auch wir, die wir geglaubt haben, wenn wir wie Maria aus unserer persönlichen Begegnung mit Gott aufbrechen, um den Bewohnern der Berge und Täler aller Länder und Kontinente heute zu verkünden, was sich im Schoß Marias, in Christus, ihrem Sohn, und in uns, seinen Brüdern, an Großtaten Gottes ereignet hat. Denn, so sagt uns der Prophet Jesaja in der ersten Lesung, »Finsternis bedeckt die Erde und Dunkel die Völker, doch über dir geht leuchtend der Herr auf, seine Herrlichkeit erscheint über dir«. Durch den Glauben Marias ist das Licht Gottes aufgestrahlt und erleuchtet das neue Jerusalem. Es ist das Aufleuchten der Herrlichkeit des Allerhöchsten, jenes Lichtes, das anfangsweise schon jeden Menschen erleuchtet, das aber in Jesus Christus allen in hellem Glanz erstrahlen will. Deshalb ist es uns aufgetragen zu verkünden: »Auf, werde licht, denn es kommt Dein Licht, und die Herrlichkeit des Herrn geht leuchtend auf über dir«.

Wer einen geistlichen Beruf hat, dem gilt diese Sendung der Kirche in einer besonderen Weise. Christus hat seine Jünger nicht nur in seine vertraute Nähe berufen, sondern er sendet sie aus der Vertrautheit mit ihm hinaus zu den Menschen. »Geht hinaus in die ganze Welt, und verkündet das Evangelium allen Geschöpfen«. Eigens erwähnen möchte ich in diesem Zusammenhang Eure Priester, Brüder und Schwestern in der Mission, die zusammen mit den kirchlichen Entwicklungshelfern in aller Welt die Frohe Botschaft im Wort und in sozialer Tat verkünden. Wer immer Ihr seid und wo immer Ihr arbeitet, Euer geistlicher Auftrag ist überall der gleiche, nämlich mit dem »aufstrahlenden Licht aus der Höhe« alle zu erleuchten, die »in Finsternis und im Schatten des Todes sitzen«. Dies ist Eure Sendung, ob Ihr in einer Stadtpfarrei Priester seid oder eine kleine Landgemeinde betreut, ob Ihr als Ordensmänner und Ordensfrauen in der Schule wirkt oder in der Fürsorge und Krankenpflege arbeitet oder ob Ihr durch Krankheit und Alter zu scheinbarer Untätigkeit verurteilt seid.

Gerade auch Euch kranken und betagten Priestern und Ordensleuten fühle ich mich in dieser Stunde ganz besonders verbunden — einige von Euch werde ich ja anschließend persönlich begrüßen. Eurer Sorge und Eurem Gedenken empfiehlt sich die ganze Kirche auf der weiten Welt. Für Eure Mission gibt es keine Schranken des Raumes mehr. Eure Sprache ist das Gebet und das mutig immer neu angenommene Leid. Auch Euch sendet der Herr immer wieder aus. Euer besonderer Dienst — das Beten und Leiden — ist in der Sendung der Kirche unersetzbar. Am Ende seines Lebens hat auch der Herr nicht mehr gepredigt. Er hat nur mehr sein Kreuz auf sich genommen und es getragen und erduldet, bis schließlich alles vollbracht war.

6. Liebe Brüder und Schwestern im Priester- und Ordensstand und Ihr alle, die Ihr Euch auf diese geistlichen Berufe vorbereitet! Der Herr hat Euch auserwählt, damit Ihr in Gebet und Sammlung bei ihm seid, damit Ihr Eure Berufung in Gemeinschaft lebt und damit Ihr sein Heil hinaustragt zu den Menschen. Am Ende der Eucharistiefeier werde ich diese Eure Berufung dem mütterlichen Schutz und Beistand der Gnadenmutter von Mariazell anempfehlen.

Um zusammenzufassen, was ich Euch von unserer gemeinsamen Wallfahrt mitgeben möchte, was Maria selber Euch — und mir — von diesem ihren Heiligtum mit auf den Weg geben möchte, wähle ich ein Wort, das sie sicher selbst oft in ihrem Leben gebetet hat, einen Vers aus dem heutigen Antwortpsalm. Mit ihm möchte ich nochmals das große Thema des Katholikentages aufgreifen und durch Maria einem jeden von Euch ins Herz legen lassen:

»Hoffe auf den Herrn, sei stark! Hab festen Mut und hoffe au f den Herrn!«. Amen.



Predigten 1978-2005 33