Predigten 1978-2005 216

216 Ich denke auch an die Menschen, die im Geiste mit uns verbunden sind, insbesondere an die Kranken und alten Leute, oder die aus anderen Ländern hierhergekommen sind. Während der schweren und traurigen Jahre der Verfolgung war Georgien immer in meinem Herzen, und jetzt freue ich mich, hier zu sein, mit euch zu beten und Gott für die wiedergewonnene Freiheit zu danken.

3. »Denn Gott hat die Welt so sehr geliebt, daß er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht zugrunde geht, sondern das ewige Leben hat« (
Jn 3,16). Das ist die »frohe Botschaft«, worin sich die Quelle der Hoffnung für jeden Mann und jede Frau findet! Das ist der Samen des Evangeliums, den Christus nach seiner Auferstehung der Kirche anvertraut hat, damit sie ihn in den Boden der Geschichte aussäe. »Gott ist die Liebe« (1Jn 4,8 1Jn 4,16), und seine Vorsehung erstreckt sich auf alle Geschöpfe. Das äußerste Zeichen dieser Liebe ist das Opfer seines eingeborenen Sohnes und die Gabe des Heiligen Geistes, der das Menschenherz und das Antlitz der Erde erneuert.

Bald wird die Kirche mit dem Großen Jubeljahr den 2000. Jahrestag der Geburt Christi begehen; dieses Ereignis entspricht dem 3000. Jubiläum der georgischen Nation. Ich komme zu euch, liebe Brüder und Schwestern in Christus, sozusagen am Vorabend des Heiligen Jahres, und ich lade euch ein, das große Geschenk dieses »Gnadenjahres des Herrn« (vgl. Lc 4,19) in seiner ganzen Fülle aufzunehmen.

Diese Botschaft richte ich nicht nur an euch, Brüder und Schwestern in Georgien, sondern von diesem geliebten Land aus verkünde ich sie auch der ganzen christlichen Welt Europas, deren Vorposten ihr gewesen seid. Mit seinem Glauben, seiner Geschichte und Kultur hat Georgien immer nach Westen geschaut und seinen besonderen Beitrag zum christlichen Europa geleistet. So möchte ich erneut zum Herzen jedes Mannes und jeder Frau sprechen, um zu sagen, daß Gott seinen einzigen Sohn für jeden einzelnen und für alle hingegeben hat. Er, der Sohn Gottes, hat sich in seiner Menschwerdung gewissermaßen mit jedem Menschen vereinigt (vgl. Gaudium et spes GS 22).

4. »Gott ist uns Zuflucht und Stärke« (Ps 46,2). In dieser Anrufung, die wir vorher im Antwortpsalm wiederholt haben, höre ich eure Stimme, Brüder und Schwestern von Georgien! Ich höre die Stimme eurer Vorfahren, die den christlichen Glauben im Laufe der Jahrhunderte mit Liebe und Opfergeist verteidigten und dafür manchmal harte und repressive Verfolgungen erlitten haben. Zusammen mit den anderen Brüdern und Schwestern im Christentum haben die Katholiken zur Kultur und Zivilisation Georgiens beigetragen. Über die Grenzen Georgiens hinaus und oft in sehr schweren Zeiten haben sie den Werten und den berühmten Persönlichkeiten ihres Landes Anerkennung und Achtung verschafftt.

Lebt weiter in der Liebe Christi, der seine Jünger zur Barmherzigkeit und zum gegenseitigen Verständnis aufruft. Diese Liebe fordert von den Christen, sich entschlossen auf den Weg zur vollen Einheit zu machen, um die Christus den Vater kurz vor der Passion gebeten hatte: »Alle sollen eins sein« (Jn 17,21).

Georgien war auch ein Land besonderer Gastfreundschaft und Aufnahmebereitschaft, ein Vorbild der Achtung und Toleranz gegenüber den Anhängern anderer Religionen. Ein beredtes Zeichen eurer fest verankerten Fähigkeit zum Zusammenleben und Zusammenarbeiten mit allen Menschen guten Willens ist die Tatsache, daß nicht weit von hier die wichtigsten Kultstätten für Christen, Juden und Muslime in der Nähe voneinander gebaut wurden.

5. Das georgische Volk, das schon seit frühester Zeit zu christlichen Werten erzogen wurde, besitzt einen geschärften Sinn für die Heiligkeit der Familie. Bewahrt dieses bedeutende Erbe allezeit: Verteidigt und unterstützt die Familie im sozialen und politischen Bereich, seid aber vor allem in eurem eigenen Leben Zeugen ehelicher Treue und zeigt Verantwortung in der Erziehung eurer Kinder.

Die christlichen Eheleute und ihre Familien sollen mit gutem Beispiel vorangehen und der ganzen Gesellschaft das Evangelium der Liebe verkünden durch das Vorbild eines einfachen, arbeitsamen, aufnahmebereiten und für die Armen aufgeschlossenen Lebens, so wie die Hl. Familie von Nazaret. Heute segne ich von ganzem Herzen eure Familien, eure Kinder, eure Jugendlichen und eure alten Leute. Tragt den Gruß des Papstes in euer Zuhause!

6. Brüder und Schwestern! Bemüht euch darum, daß die gesamte Gesellschaft zu einer großen Familie werde, die für wahre Solidarität und Frieden offensteht. Ich weiß, daß das nicht einfach ist, zum Teil auch wegen der langen Zeit, in der dieses Land von Atheismus beherrscht wurde, einer Zeit, in der alle Gläubigen einen hohen Preis bezahlten. Im Laufe jener vielen Jahre wurde die katholische Gemeinschaft auf ein Minimum reduziert. Mutige Priester, wahre Vorbilder von Hirten, unternahmen größte Anstrengungen, um den Glauben zu pflegen, so gut sie konnten.

Heute befindet ihr euch in einer recht gespaltenen Situation: einerseits von Armut belastet und andererseits vom weltlichen Konsumismus in Versuchung gebracht. Verliert nicht den Mut! Laßt euch auf eurem Weg vom Licht und von der Kraft des Evangeliums unterstützen!

217 Erweist euch gegenüber den Bedürftigen in eurer Mitte immer großzügig, so wie ihr es in eurer Unterstützung der Caritas und anderer lobenswerter Formen des Teilens schon tut. Ich weiß, wie sehr das georgische Volk die unermüdliche Arbeit dieser »Boten der Nächstenliebe« schätzt; sie stehen im Dienst aller, ohne jeden Unterschied, und schauen nur auf die tatsächlichen Bedürfnisse. Mit Hilfe der christlichen Soziallehre sollt ihr aufrichtige und fachkundige Leute heranbilden, die bereit sind, sich dem Dienst am Gemeinwohl im sozialen und politischen Bereich zu verpflichten.

7. Kirche Gottes in Georgien, laß das lebendige Wasser des Heiligen Geistes reichlich durch dich hindurchfließen! Hilf deinen Kindern, die Mentalität dieser Welt abzulehnen und immer ein offenes Ohr für den Geist Christi, des Erlösers, zu haben, damit sie das erkennen können, was in den Augen Gottes gut und vollkommen ist (vgl.
Rm 12,2). Dann werdet ihr sein wie eine Stadt auf dem Hügel, deren Licht nicht verborgen ist, sondern die für alle ein Zeugnis für Wahrheit und Freiheit, Liebe und Frieden ist.

Möge die selige Jungfrau Maria als lebendiges Abbild der Liebe Gottes euch immer beschützen und begleiten. Auf der Schwelle zum dritten christlichen Jahrtausend empfehle ich euch ihrer mütterlichen Fürsorge und der Fürsprache eurer Schutzpatrone.

Volk Gottes, das in diesem geliebten Land Georgien pilgert, geh vertrauensvoll deinen Weg: Gott hat dich so sehr geliebt! Möge seine Liebe eure Stärke sein heute und allezeit!

Amen.

(Auf polnisch sagte der Papst:) Herzlich grüße ich meine Landsleute, die hier in Georgien wohnen. Viele von euch sind von weither nach Tiflis gekommen, um an diesem eucharistischen Opfer teilzunehmen. Ich freue mich sehr über eure Anwesenheit und danke euch von ganzem Herzen. Ich möchte euch sagen, daß ich jeden Tag für euch und alle Polen bete, die hier in Georgien leben. Ich wünsche euch, daß ihr der Kirche immer treu bleibt und auch die Beziehung zum Heimatland – nämlich die Beziehung des Glaubens, der Kultur und der Muttersprache – immer lebendig erhaltet. Gott segne euch.

(In italienischer Sprache fügte der Papst hinzu:) In dieser Stunde des Glaubens und der Freude kündige ich gerne an, daß ich Msgr. Giuseppe Pasotto, euren Apostolischen Administrator, zum Bischof erhoben habe. Ich hoffe, daß ich ihn persönlich am kommenden 6. Januar in der Petersbasilika im Vatikan zum Bischof weihen kann. Danke für diese schöne Konzelebration, die ich sehr geschätzt habe.

Danke für die Aufnahme! Danke für euer abgelegtes Zeugnis. Tragt den Segen, den ich euch jetzt von Herzen gebe, in eure Häuser und zu allen euren Lieben.



EUCHARISTIEFEIER FÜR DIE IM VERLAUF DES JAHRES VERSTORBENEN KARDINÄLE UND BISCHÖFE

Petersdom - Freitag, 12. November 1999



1. »Und wir leben vor seinem Angesicht« (Os 6,2).

In den letzten Tagen hat uns die Liturgie von Allerheiligen und Allerseelen das Geheimnis des Todes und des ewigen Lebens nahegebracht. Und das ist auch die Atmosphäre, die uns heute in der Basilika von St. Peter umgibt, wenn wir nun das eucharistische Opfer für jene Kardinäle und Bischöfe darbringen, die im Laufe dieses Jahres in das Haus des Vaters heimgegangen sind. Ganz besonders gedenke ich der Kardinäle Carlos Oviedo Cavada, Raúl Silva Henriquez und George Basil Hume.

218 Ihrer sowie aller in diesem Jahr heimgegangenen Erzbischöfe und Bischöfe gedenken wir heute in Ergriffenheit und Anerkennung. Bei ihrem auf dem Glauben gründenden apostolischen Handeln und bei ihrem aufmerksamen Seelsorgedienst haben sie in der Hoffnung auf den Herrn ihren Blick wesentlich über die irdischen Grenzen hinausgerichtet, haben Seinen Namen den Brüdern und Schwestern verkündet und haben Ihn inmitten der Versammlung der Gläubigen gepriesen. Es sei ihnen nun die Ruhe im himmlischen Haus des Vaters vergönnt, welcher für die Kinder Gottes die Heimstatt des Friedens ist.

2. »Denn alle, die sich vom Geist Gottes leiten lassen, sind Söhne Gottes« (
Rm 8,14).

Wie oft haben die Brüder, derer wir heute gedenken sich in ihrem Leben und bei der Ausübung ihres Amtes auf diese vom Apostel verkündete grundlegende Wahrheit berufen! Wie oft haben sie den Heiligen Geist als Tröster angerufen und ihn gebeten, daß er seine Gnade über dem Volk Christi ausgieße!

Ihr Vorbild lädt uns ein, den Glauben an die Person unseres Erlösers und an die lebenspendende Kraft seines Geistes zu bekräftigen. Der Glaube beseelt uns mit der tröstenden Sicherheit, daß der Tod der Übergang zum ewigen Leben ist. Daran erinnert auch die Präfation der Totenmesse: »Deinen Gläubigen, o Herr, wird das Leben gewandelt, nicht genommen. Und wenn die Herberge der irdischen Pilgerschaft zerfällt, ist uns im Himmel eine ewige Wohnung bereitet

3. »Der Sohn schenkt allen ewiges Leben« (vgl. Jn 17,2).

Im Evangelium haben wir den Beginn des Großen Gebets gehört, das Jesus kurz vor seinem Leiden an den Vater richtet. Den Hintergrund dazu liefert das Kreuz, wobei jedoch auch schon die Freude der Auferstehung durchscheint.

Wenn wir auf den Gekreuzigten blicken, verstehen wir, daß der Vater gerade in dieser äußersten Hingabe seines Sohnes seinen Geist in Fülle über die Welt ausgegossen hat. Der gute Hirt ist gekommen, damit die Menschen »das Leben haben und es in Fülle haben« (Jn 10,10). So erfüllt der gute Hirt seine Sendung und schenkt den Heiligen Geist zum Heil der ganzen Welt.

4. Im Licht dieser stärkenden Wahrheit wenden wir uns an den Gott des Lebens, auf daß er diese unsere verstorbenen Brüder aufnehme, die so viele Jahre treue Arbeiter in seinem Weinberg waren. Nun, da der Herr sie zu sich berufen hat, dürfen sie die tröstende Wahrheit der Verheißung Christi erfahren: »Der Sohn schenkt allen ewiges Leben

Indem wir an sie denken und für sie beten, gehen wir vertrauensvoll auf dem Weg weiter, der zu unserer himmlischen Heimat führt. Jeden Tag möge uns dabei Maria, die Allheilige, unterstützen, die uns Jesus, als er am Kreuz hing, zur Mutter gegeben hat. Zu ihr richten wir voll Vertrauen unseren Blick und suchen Zuflucht unter ihrem Schutz. Möge uns die glorreiche und gebenedeite Jungfrau aus allen Gefahren befreien und uns zur Begegnung mit Gott geleiten.

Amen!



ÖKUMENISCHER GOTTESDIENST ZUM GEDÄCHTNIS DER HL. BIRGITTA VON SCHWEDEN

Samstag, 13. November, 1999

219
1. »Seht, ich mache alles neu …diese Worte sind zuverlässig und wahr« (
Ap 21,5).

Christus macht alles neu. Die hl. Birgitta, eine ruhmvolle Tochter Schwedens, glaubte mit aller Kraft und tiefer Liebe an Christus. Mit dem Lied ihres Glaubens und ihren guten Werken zierte Birgitta die Kirche und erkannte in ihr die Gemeinschaft der Glaubenden, die Wohnstätte des Geistes Gottes.

Heute gedenken wir dieser außergewöhnlichen heiligen Frau, und ich freue mich besonders, daß in dieser Feierstunde die höchsten Vertreter der Lutherischen Kirchen von Schweden und Finnland zusammen mit meinen ehrwürdigen Brüdern, den Bischöfen von Stockholm und Kopenhagen, mir zur Seite sind. Sie alle heiße ich mit großer Zuneigung willkommen.

Auch den König und die Königin von Schweden, die diese Feier mit ihrer Anwesenheit beehren wollten, grüße ich achtungsvoll. Ebenso gilt mein Gruß den leitenden Persönlichkeiten der Politik, die hier unter uns sind. Und schließlich grüße ich euch alle, liebe Schwestern vom Orden des Heiligsten Erlösers, Schwestern der hl. Birgitta, angeführt von eurer Generaloberin.

2. Wiederum sind wir versammelt, um vor dem Herrn den Einsatz für die Einheit im Glauben und die Einheit der Kirche, den die hl. Birgitta in schwierigen Zeiten mit solcher Überzeugung unternahm, erneut zu bekräftigen. Birgittas ganzes Leben war von der Leidenschaft für die Einheit der Christen getragen. Und dank ihres Zeugnisses und des Zeugnisses von Mutter Elizabeth Hesselblad ist die Verpflichtung zu diesem Einsatz durch den geheimnisvollen Strom der Gnade über die Grenzen von Zeit und Raum hinweg zu uns gelangt.

Die heutige Feier lädt uns ein, über die Botschaft der hl. Birgitta nachzudenken, die ich vor kurzem als Mitpatronin von Europa verkündigte, zusammen mit der hl. Katharina von Siena und der hl. Theresia Benedicta vom Kreuz. Die von Tatendrang erfüllte Liebe der hl. Birgitta zur Kirche und ihr Zeugnis für das Kreuz sind für uns alle eine Parole und ein Sammelpunkt, da wir uns anschicken, die Schwelle des neuen Jahrtausends zu überschreiten.

Ich freue mich, heute abend am Ende unserer Feier eine Statue der Öffentlichkeit vorstellen und segnen zu können, die dem Andenken an diese große Glaubenszeugin hier im Vatikan einen lebendigeren Impuls gibt. An der Außenseite der Basilika wird das Marmorbildnis der hl. Birgitta gerade neben der sogenannten »Pforte des Gebetes« seinen Platz haben und eine bleibende Aufforderung zu stetem Beten und Arbeiten für die Einheit der Christen sein.

... auf italienisch:

3. Meine Gedanken kehren nun zurück zum 5. Oktober 1991, als in eben dieser Basilika ein feierlicher ökumenischer Gottesdienst zur Sechshundertjahrfeier der Heiligsprechung der hl. Birgitta stattfand. Bei dieser Gelegenheit sagte ich: »Seit nunmehr fünfundzwanzig Jahren setzen sich Lutheraner und Katholiken dafür ein, den gemeinsamen Weg wiederzufinden … Der theologische Dialog hat das umfangreiche Glaubenserbe ans Licht gebracht, das uns eint… Niemandem ist es unbekannt, daß die Lehre der Rechtfertigung der Ausgangspunkt für die protestantische Reform war und daß sie die Einheit der Christen im Abendland zerbrochen hat.

Ein gemeinsames Verständnis dieser Lehre …wird uns helfen – dessen sind wir gewiß –, die anderen Kontroversen zu lösen, die direkt oder indirekt mit ihr in Zusammenhang stehen.« Dieses »gemeinsame Verständnis«, das vor neun Jahren mein Wunsch war, ist – Dank sei dem Herrn – zur ermutigenden Wirklichkeit geworden. Am vergangenen 31. Oktober wurde in der Stadt Augsburg feierlich eine Gemeinsame Erklärung unterzeichnet, in der Lutheraner und Katholiken einen Konsens über grundlegende Wahrheiten der Rechtfertigungslehre haben ausreifen lassen. Dieses im ökumenischen Dialog Errungene, ein Meilenstein auf dem Weg der vollen und sichtbaren Einheit, ist das Ergebnis von intensiver Forschungsarbeit, von Begegnungen und Gebet.

Wir haben jedoch noch einen weiten Weg vor uns: »Grandis restat nobis via.« Wir müssen noch mehr tun im Bewußtsein der Verantwortung, die uns allen an der Schwelle eines neuen Jahrtausends obliegt. Wir müssen zusammen weitergehen, gestützt und gestärkt von Christus, der am Abend vor seinem Tod im Abendmahlssaal zum Vater gebetet hat, daß seine Jünger »alle eins sein sollen« (Jn 17,21).

220 4. Im Text der Gemeinsamen Erklärung heißt es sehr zutreffend: Der von Katholiken und Lutheranern erreichte »Konsens in Grundwahrheiten der Rechtfertigungslehre muß sich im Leben und in der Lehre der Kirchen auswirken und bewähren« (Nr. 43).

Auf diesem Weg vertrauen wir uns dem unaufhörlichen Wirken des Heilligen Geistes an. Wir vertrauen im übrigen auch auf jene, die vor uns Christus und sein Kreuz so sehr geliebt und, wie die hl. Birgitta, um das unverzichtbare Kennzeichen der Kirche, nämlich ihre Einheit, gebetet haben.

Wir kennen nicht den Tag der Begegnung mit dem Herrn. Darum mahnt uns das Evangelium, zu wachen, unsere Lampen brennend zu halten, damit wir, wenn der Bräutigam kommt, bereit sind, ihn zu empfangen. In dieses wachsame Warten hinein erklingt im Herzen jedes Gläubigen der beschwörende Ruf des göttlichen Meisters: »Ut unum sint

Die hl. Birgitta möge uns ein Beispiel sein und für uns bitten. Euch, ihre lieben geistlichen Töchter im Orden vom Heiligsten Erlöser, bitte ich in besonderer Weise, treu in eurem erlesenen Apostolat im Dienst der Einheit fortzufahren.

Das neue Jahrtausend steht schon vor der Tür. »Christus gestern, heute und immer«, sei Mitte und Ziel all unseres Bestrebens. Er ist es, der alles neu macht und für seine Gläubigen einen Weg froher Hoffnung vorzeichnet. Beten wir ohne Unterlaß, daß Er uns die Weisheit und die Kraft seines Geistes verleihe. Rufen wir ihn an, daß alle Christen so bald wie möglich die Einheit erreichen. Für Gott ist nichts unmöglich!



EINWEIHUNG DER KAPELLE "REDEMPTORIS MATER" IM VATIKAN

Sonntag, 14. November 1999



1. Der Engel »zeigte mir die heilige Stadt Jerusalem, wie sie von Gott her aus dem Himmel herabkam« (Ap 21,10).

Die eben aus dem Buch der Offenbarung vernommenen Worte laden uns ein, den Blick auf das himmlische Jerusalem zu richten, auf diese lichtüberflutete Stadt, glänzend wie ein Edelstein, gleichsam wie ein kristallklarer Jaspis. In den bildlichen Darstellungen in dieser Kapelle, die wir heute einweihen, werden die Visionen des Johannes wiedergegeben, als er auf der Insel Patmos weilte, »um des Wortes Gottes willen und des Zeugnisses für Jesus (Ap 1,9).

Auf der Wand vor uns hebt sich die heilige Stadt ab, sie »hat eine große und hohe Mauer mit zwölf Toren [und zwölf Engeln] darauf« (Ap 21,12). Über ihr erstrahlt die Glorie der Dreifaltigkeit, die sich über der Schar der Seligen ergießt, die etwas weiter unterhalb in Dreiergruppen gleichsam als lebende Ikonen des großen Geheimnisses dargestellt wird. Schauen wir auf die anderen Wände, so sehen wir eine großartige Synthese der gesamten Heilsökonomie, die in Bildern und Symbolen dargestellt wird.

2. Die Darstellung der »Redemptoris Mater« [Mutter des Erlösers] auf der Mittelwand stellt uns das Geheimnis der göttlichen Liebe vor Augen: Gott, der Mensch wurde, um uns Menschen die Fähigkeit zu vermitteln, Kinder Gottes zu werden (vgl. Augustinus, Sermo: PL 39,1997).

Da wir nunmehr kurz vor dem dritten Jahrtausend stehen, möchte ich diese Frohbotschaft unterstreichen, die Christus, der Sohn Marias, der Menschheit gebracht hat.

221 Wenn wir das Bild der jungfräulichen Mutter betrachten, hallt in unserem Herzen die Einladung nach, die wir in der ersten Lesung aus dem Buch Nehemia gehört haben: »Macht euch keine Sorgen, denn die Freude am Herrn ist eure Stärke« (8,10).

3. Gerne konsekriere ich den Altar und weihe die renovierte Kapelle ein, in deren Mosaiken der Reichtum der morgenländischen Tradition auflebt. Sie wird erst dann recht verstanden, wenn man auch die abendländische Tradition kennt. Hier stehen Orient und Okzident nicht gegeneinander, sondern sie tauschen gegenseitig ihre Gaben aus und versuchen so, den unergründlichen Reichtum Christi zum Ausdruck zu bringen.

Allen, die mit Hingabe und Liebe an der Entstehung dieses Werkes mitgearbeitet haben, spreche ich meinen Dank aus. Ist es doch ein Ausdruck jener Theologie, die besagt, daß die Kirche mit beiden Lungen atmen muß, woraus der Kirche des dritten Jahrtausends neue Vitalität erwächst.

Besonders danke ich den Kardinälen, die durch diese Stiftung meines fünfzigsten Priesterjubiläums gedenken wollten. Es ist für mich ein besonderer Anlaß zur Freude, daß dieses Jubiläum mit der »Redemptoris Mater« in Verbindung steht. Unter ihrem Schutz habe ich in all diesen Jahren meines Dienstes an der Kirche gelebt, und ihrer Fürsprache vertraue ich die Zeit an, die der Herr mir noch gewähren will.

4. Die Stelle aus dem Evangelium, die wir vorhin gehört haben, hat uns in die Gegend von Cäsaräa Philippi versetzt, wo Christus seinen Jüngern jene entscheidende Frage gestellt hat: »Ihr aber, für wen haltet ihr mich?« (
Mt 16,15). Wenn wir die Botschaft vernehmen, die sich in den Wandmosaiken entfaltet, ist es möglich, jene Antwort herauszulesen, die die Kirche auch heute noch auf die Frage des Herrn gibt. Es ist dieselbe Antwort, die Petrus damals gegeben hat: »Du bist der Messias, der Sohn des lebendigen Gottes« (Mt 16,16).

In demütigem Vertrauen machen wir uns dieses Glaubensbekenntnis zu eigen, wohl wissend, daß dies »nicht Fleisch und Blut« offenbart hat, sondern der »Vater im Himmel« (vgl. Mt 16,17).

»Du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes«, derselbe »gestern, heute und immerdar«.

Amen!



HEILIGSPRECHUNG DER SELIGEN:

CIRILO BERTRÁN UND ACHT GEFÄHRTEN,

INOCENCIO DE LA INMACULADA,

BENEDIKT MENNI,

THOMAS DA CORI

Petersdom - Sonntag, 21. November 1999

1.»Er wird sich auf den Thron seiner Herrlichkeit setzen« (Mt 25,31).

Die überragende Gestalt des heutigen liturgischen Hochfestes ist Christus, der König des Universums, der Pantokrator, wie er in den Apsiden der altchristlichen Basiliken hervortritt. Dieses majestätische Bild wollen wir am heutigen letzten Sonntag des liturgischen Jahres betrachten.

222 Das Königtum Jesu Christi ist nach den Kriterien der Welt paradox: es ist der Sieg der Liebe, der sich im Geheimnis der Menschwerdung, des Leidens und Todes und der Auferstehung des Sohnes Gottes verwirklicht. Dieses heilbringende Königtum enthüllt sich voll und ganz im Opfer des Kreuzes, dem höchsten Akt des Erbarmens, worin sich das Heil und zugleich das Gericht der Welt erfüllt.

Jeder Christ hat Anteil am Königtum Christi. In der Taufe empfängt er mit der Gnade den inneren Antrieb, aus seinem Leben in Freiheit und Großmut ein Geschenk an Gott und die Brüder und Schwestern zu machen. Dafür sind die Heiligen als Vorbilder für die von der Liebe Gottes erneuerte Menschheit ein vielsagendes Zeugnis. Zu ihnen zählen wir mit Freude von heute an Cirilo Bertrán mit seinen acht Gefährten, Inocencio de la Inmaculada, Benedikt Menni und Thomas da Cori.

...auf spanisch: 2. »Er muß herrschen«, haben wir vom hl. Paulus in der zweiten Lesung gehört. Das Reich Christi wird schon in dieser Welt aufgebaut durch den Dienst am Nächsten, den Kampf gegen das Böse, die Leiden und menschlichen Nöte bis zum Vernichten des Todes. Der Glaube an Christus, den Auferstandenen, ermöglicht den Kompromiß und die Hingabe von heiligen Männern und Frauen in der Umgestaltung der Welt, um sie dem Vater zurückzugeben: »damit Gott alles in allen sei.«

Gerade dieser Kompromiß ermutigte Bruder Cirilo Bertrán und seine sieben Gefährten, die »Brüder der Christlichen Schulen« vom Kolleg »Nuestra Senora de Covadonga«, die, gebürtig in Spanien und einer von ihnen in Argentinien, im Jahre 1934 ihr Leben in Turón (Asturien) im Martyrium vollendeten, zusammen mit dem Passionistenpater Inocencio de la Inmaculada. Sie hatten keine Furcht, ihr Blut für Christus zu vergießen. Sie siegten über den Tod und haben jetzt Anteil an der Herrlichkeit im Reiche Gottes. Daher habe ich heute die Freude, sie in das Verzeichnis der Heiligen einzuschreiben und sie der ganzen Kirche als Vorbilder christlichen Lebens und unsere Fürsprecher bei Gott vorzustellen.

... auf katalanisch: Zu der Gruppe der Martyrer von Turón kommt noch Bruder Jaime Hilario aus der gleichen Ordensgemeinschaft hinzu, der drei Jahre später in Tarragona ermordet wurde. Während er denen, die ihn töteten, verzieh, rief er aus: »Freunde, für Christus sterben ist herrschen.«

...auf spanisch: Wie die Zeugen berichten, bereiteten sich alle so auf den Tod vor, wie sie gelebt hatten: mit beharrlichem Gebet, im Geist der Brüderlichkeit, ohne einen Hehl daraus zu machen, daß sie Ordensleute waren, in der Standhaftigkeit dessen, der weiß, daß er Bürger des Himmels ist. Sie sind nicht Helden eines menschlichen Krieges, an dem sie nicht teilnahmen, sondern sie waren Jugenderzieher. Weil sie Ordensleute und Lehrer waren, stellten sie sich ihrem tragischen Schicksal als einem echten Glaubenszeugnis und erteilten durch das Martyrium die letzte Lektion ihres Lebens. Mögen ihr Beispiel und ihre Fürsprache die ganze La-Salle-Familie und die gesamte Kirche erreichen!

3. »Kommt her, die ihr von meinem Vater gesegnet seid, nehmt das Reich in Besitz, das seit der Erschaffung der Welt für euch bestimmt ist. Denn … ich war krank, und ihr habt mich besucht« (). Diese Worte aus dem heute verkündigten Evangelium waren ohne Zweifel Benedikt Menni, dem Priester aus dem Orden des hl. Johannes von Gott, vertraut. Seine Hingabe an die Kranken, gelebt nach dem Charisma des Ordens der Barmherzigen Brüder, gab seinem Dasein die Orientierung.

Seine Spiritualität hatte ihren Urgrund in der Erfahrung der Liebe, die Gott zu ihm hegte. Besonders dem Herzen Jesu, des Königs des Himmels und der Erde, und der Jungfrau Maria war er zugetan, und darin fand er die Kraft zu seiner karitativen Hingabe an die andern, vor allem an die Leidenden: an alte Menschen, an skrofulöse und poliomyelitiskranke Kinder und Geisteskranke. Beginnend mit der Gastfreundschaft, erfüllte er seinen Dienst am Orden und an der Gesellschaft mit Demut und mit einer absoluten Rechtschaffenheit, die ihn zu einem Beispiel für viele macht. Er förderte verschiedene Initiativen. So gab er einigen jungen Frauen Orientierung, die den ersten Kern für die neue Ordensgemeinschaft der Krankenschwestern vom Heiligsten Herzen Jesu bildeten, gegründet in Ciempozuelos (Madrid). Sein Gebetsgeist ließ ihn tiefer in das Ostergeheimnis Christi eindringen als Quelle für das Begreifen des menschlichen Leidens und als Weg zur Auferstehung. Am heutigen Christkönigstag erleuchtet der hl. Benedikt Menni durch das Beispiel seines Lebens diejenigen, die den Spuren des Meisters auf den Wegen bereitwilliger Aufnahme und Gastfreundschaft folgen wollen.

... auf italienisch: 4. »Ich will meine Schafe selber suchen und mich selber um sie kümmern« (
Ez 34,11). Tommaso da Cori, Priester aus dem Orden der Minderbrüder, war ein lebendiges Bild des Guten Hirten. Als liebevoller Führer wuße er, stets vom franziskanischen Ideal erfüllt, die seiner Sorge Anvertrauten auf die Weiden des Glaubens zu führen.

Im Kloster bewies er seinen Geist der Liebe, indem er sich zu allem, was erforderlich war, auch zum geringsten Dienst, bereit zeigte. Er lebte den Adel der Liebe und des Dienstes nach der Logik Christi, der sich, wie die Liturgie des heutigen Festes singt, »als makelloses Lamm und friedenstiftendes Opfer auf dem Altar des Kreuzes dargebracht hat, um das Werk der Erlösung zu vollziehen« (Präfation von Christus, dem König).

Als echter Jünger des Armen von Assisi war Tommaso da Cori Christus, dem König des Universums, gehorsam. Er betrachtete im Gebet und verwirklichte in seinem Leben die Armut und die Hingabe an Gott und an den Nächsten, die das Evangelium fordert. So erscheint sein ganzes Leben als Zeichen des Evangeliums, Zeugnis für die in Christus offenbarte und im Heiligen Geist wirksame Liebe des himmlischen Vaters zum Heil des Menschen.

223 5. Danken wir Gott, der auf den Wegen der Zeit nicht aufhört, leuchtende Zeugen für sein Reich der Gerechtigkeit und des Friedens zu erwecken. Die zwölf neuen Heiligen, die dem Volk Gottes zur Verehrung vorzustellen ich heute die Freude habe, zeigen uns den Weg, den wir gehen müssen, um gut vorbereitet zum Großen Jubiläum des Jahres 2000 zu gelangen. Es ist in der Tat nicht schwer, an ihrem Beispiel einige Züge zu erkennen, die das Jubiläum kennzeichnen. Ich denke insbesondere an das Martyrium und an die Nächstenliebe (vgl. Incarnationis Mysterium, 12–13). Allgemeiner gesagt, erinnert die heutige Feier an das große Geheimnis der Gemeinschaft der Heiligen, die Grundlage für das andere bezeichnende Element des Jubiläums, nämlich den Ablaß (vgl. ebd. 9–10).

Die Heiligen zeigen uns den Weg zum Himmelreich, den Weg des radikal aufgenommenen Evangeliums. Sie stützen zugleich unsere freudige Gewißheit, daß jede geschaffene Wirklichkeit in Christus ihre Vollendung findet und daß dank Seiner das All, völlig erneuert und versöhnt in der Liebe, Gott dem Vater übergeben wird.

Damit auch wir diesen Weg geistlicher Vollkommenheit zurücklegen, dazu mögen uns helfen der hl. Cirilo Bertrán mit seinen acht Gefährten, der hl. Inocencio de la Immaculada, der hl. Benedikt Menni und der hl. Thomas da Cori. Stets unterstütze und schütze uns Maria, die Königin aller Heiligen, die wir gerade heute bei ihrer Darbringung im Tempel betrachten. Nach ihrem Beispiel können auch wir treu am Geheimnis der Erlösung mitarbeiten. Amen.





CHRISTMETTE NACH DER ÖFFNUNG DER HEILIGEN PFORTE UND DER ERÖFFNUNG DES GROSSEN JUBILÄUMS DES JAHRES 2000

Freitag, 24. Dezember 1999



1. "Hodie natus est nobis Salvator mundi" (Antwortgesang).

Seit zwanzig Jahrhunderten bricht aus dem Herzen der Kirche diese Frohe Botschaft hervor. In dieser Heiligen Nacht richtet sie der Engel an uns, die Männer und Frauen am Ende des Jahrtausends: "Fürchtet euch nicht, denn ich verkünde euch eine große Freude: Heute ist euch in der Stadt Davids der Retter geboren" (Lc 2,10-11). Wir haben uns im Advent darauf vorbereitet, diese tröstlichen Worte aufzunehmen: In ihnen wird das "Heute" unserer Erlösung Wirklichkeit.

In dieser Stunde erhält das "Heute" einen besonderen Klang. Denn wir gedenken nicht nur der Geburt des Erlösers. Wir stehen am feierlichen Beginn des Großen Jubiläums. Im Geist verbinden wir uns mit jenem besonderen Augenblick der Geschichte, da Gott Mensch wurde und unser Fleisch annahm.

Ja, der Sohn Gottes, eines Wesens mit dem Vater, Gott von Gott und Licht vom Licht, von Ewigkeit her vom Vater gezeugt: Er nahm unsere menschliche Natur an, einen menschlichen Leib von der Jungfrau Maria. Er wurde hineingeboren in die Zeit. Gott ist eingetreten in die Geschichte. Das unvergleichliche ewige "Heute" Gottes wurde in den alltäglichen Dingen des Menschen gegenwärtig.

2. "Hodie natus est nobis Salvator mundi" (vgl. Lc 2,10-11).

Wir beugen unser Knie vor dem Sohn Gottes. Wir vereinen uns im Geist mit dem Staunen, das Maria und Josef erfüllte. Wir beten Christus an, der in einer Grotte geboren wurde. Mit den Hirten von damals teilen wir ihren Glauben, der voll war mit Überraschungen. Dabei dürfen wir dasselbe Wunder und das gleiche Glück erfahren.

Man muß sich vom Eindruck dieses Ereignisses einfach überwältigen lassen: Wir können nur staunen. Denn wir erfahren den Augenblick der Liebe, der die Ewigkeit mit der Geschichte verbindet: das "Heute", das die Zeit des Jubels und der Hoffnung eröffnet, denn "ein Sohn ist uns geschenkt. Die Herrschaft ruht auf seiner Schulter" (Is 9,5). So lesen wir beim Propheten Jesaja.

224 Zu Füßen des Wortes, das Fleisch geworden ist, legen wir unsere Freuden und Sorgen, unsere Tränen und Hoffnungen nieder. Nur in Christus, dem neuen Menschen, wird das Geheimnis des Menschseins wirklich gelüftet.

Mit dem Apostel Paulus halten wir uns vor Augen, daß in Betlehem die Gnade Gottes erschienen (ist), um alle Menschen zu retten" (
Tt 2,11). Das ist der Grund, weshalb in der Weihnachtsnacht überall auf Erden und in allen Sprachen der Welt frohe Lieder erklingen.

3. In dieser Nacht erfüllt sich vor unseren Augen das, was das Evangelium verkündet: "Gott hat die Welt so sehr geliebt, daß er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, ... das ewige Leben hat" (Jn 3,16).

Seinen einzigen Sohn hat Gott hingegeben!

Du, o Christus, bist der eingeborene Sohn des lebendigen Gottes, der in der Grotte von Betlehem zu uns gekommen ist! Nach zweitausend Jahren erleben wir dieses Geheimnis neu als einzigartiges und unwiederholbares Ereignis. Unter so vielen Menschenkindern, die in diesen Jahrhunderten auf die Welt gekommen sind, bist allein Du der Sohn Gottes: Deine Geburt hat den Lauf der Menschheitsgeschichte in unaussprechlicher Weise verändert.

Das ist die Wahrheit, die in dieser Nacht die Kirche dem dritten Jahrtausend weitergeben will. Ihr alle, die ihr nach uns kommen werdet, sollt diese Wahrheit annehmen. Sie hat die Geschichte ganz und gar verwandelt. Seit der Nacht von Betlehem ist sich die Menschheit bewußt, daß Gott Mensch geworden ist: Gott ist Mensch geworden, um dem Menschen an seiner göttlichen Natur Anteil zu geben.

4. Du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes! An der Schwelle zum dritten Jahrtausend entbietet Dir die Kirche ihren Gruß:

Sohn Gottes, Du bist in die Welt gekommen, um den Tod zu überwinden. Du bist gekommen, um in das menschliche Leben durch das Evangelium Licht zu bringen. Dich begrüßt die Kirche. Zusammen mit Dir möchte sie ins dritte Jahrtausend eintreten. Du bist unsere Hoffnung. Du allein hast Worte des ewigen Lebens.

Du, der Du in der Nacht von Betlehem zur Welt gekommen bist, bleibe bei uns!

Du, der Du der Weg, die Wahrheit und das Leben bist, geleite uns!

Du, der Du vom Vater gekommen bist, führe uns im Heiligen Geist zu ihm! Wähle den Weg, den allein Du kennst und den Du uns geoffenbart hast, damit wir das Leben haben und es in Fülle haben.

225 Du Christus, Sohn des lebendigen Gottes, sei für uns die Tür!

Sei für uns die wahre Tür - dargestellt von jener Tür, die wir in dieser Nacht feierlich geöffnet haben!

Sei für uns die Tür, die uns ins Geheimnis des Vaters einführt. Gib, daß niemand ausgeschlossen bleibt, wenn der Vater seine erbarmenden Hände zum Friedensgruß ausbreitet!

"Hodie natus est nobis Salvator mundi": Christus ist unser einziger Retter! Das ist die Botschaft der Weihnacht 1999: Das "Heute" dieser Heiligen Nacht eröffnet das Große Jubiläum.

Maria, Morgenröte der neuen Zeit, begleite uns, wenn wir mit Zuversicht die ersten Schritte im Jubeljahr gehen.

Amen!




Predigten 1978-2005 216