Predigten 1978-2005 277


PRIESTERWEIHE AUF DEM PETERSPLATZ

Sonntag, 14. Mai 2000

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37. Weltgebetstag für die Berufungen




1. »Ich bin der gute Hirt« (
Jn 10,11 Jn 10,14).

Heute ist in der ganzen Kirche dieses Wort Christi zu hören. Er, der Herr, ist der Hirt, der sein Leben für seine Herde hingibt. In ihm erfüllt sich das Versprechen, das der Gott Israels durch die Propheten geäußert hatte: »Jetzt will ich meine Schafe selber suchen und mich selber um sie kümmern« (Ez 34,11).

An diesem Sonntag, der allgemein nach dem »Guten Hirten« benannt ist, feiert die Kirche den Weltgebetstag für die Berufungen. Ich freue mich, gerade an diesem Tag sechsundzwanzig neue Priester der Diözese Rom zu weihen. Es sind die Priester des Jahres 2000, zur Verkündigung des Evangeliums in unserer Diözese bestellt. An euch, liebe Kandidaten, richte ich meinen ganz herzlichen Gruß, den ich auf all jene – Angehörige, Erzieher und Freunde – ausdehne, die in diesem unvergeßlichen Augenblick eures Lebens um euch geschart sind.

2. »Der gute Hirt gibt sein Leben hin für die Schafe« (Jn 10,11). Christus weidet das Volk Gottes mit der Kraft der Liebe, indem er sich selbst opfert. Er erfüllt seinen Hirtenauftrag, indem er sich zum Opferlamm macht. Sacerdos et hostia. Aber niemand zwingt ihn dazu: Er selbst gibt sein Leben ganz freiwillig hin, um es dann wieder zu nehmen (vgl. Jn 10,17) und auf diese Weise »für uns« zu siegen, wo wir schon zur Niederlage verurteilt waren. »Agnus redemit oves.«

Er ist »der Stein, den die Bauleute verwarfen, der aber zum Eckstein geworden ist« (vgl. Ps 118,22 Ac 4,11). Das ist das wunderbare Wirken Gottes, der seinen Sohn erhöht und ihm einen Namen gegeben hat, der größer ist als alle Namen: der einzige, von dem sicher ist, daß wir durch ihn gerettet werden können (vgl. Ac 4,12).

Im Namen Jesu Christi, des Guten Hirten, werdet ihr, liebe Diakone, heute zu Priestern geweiht.

3. »Danket dem Herrn, denn er ist gütig,
denn seine Huld währt ewig« (Ps 118,1 Ps 118,29).

Liebe Weihekandidaten! Ihr werdet Priester im Jubiläumsjahr, im »Gnadenjahr des Herrn« (Is 61,2). Die unerschöpfliche Gnade des Sakraments wird euch innerlich verwandeln, damit euer Leben, auf ewig mit dem Leben des Priesters Christus vereint, zu einem Lobgesang auf die Liebe Gottes werde: »Von den Taten deiner Huld, Herr, will ich ewig singen« (Ps 89,2).

Das Geheimnis der Liebe Gottes, des Schöpfers und Erlösers, das sich in der Menschwerdung des Wortes offenbarte und in seinem österlichen Opfer erfüllte, ist so groß, daß es jeden Tag und jeden Moment eures Amtes überreichlich ausfüllen wird. Schöpft aus diesem Geheimnis, vor allem in der Feier der hl. Messe, fortwährend die geistliche Energie zur treuen Erfüllung eurer Sendung. Durch eure Hände wird der Gute Hirt auch weiterhin im Sakrament sein Leben für das Heil der Welt hingeben, alle Menschen an sich ziehen und alle auffordern, die Umarmung des einzigen Vaters anzunehmen. Seid euch immer dieses Geschenks, das die Vorsehung euch heute macht, bewußt, und seid dankbar dafür.

279 In Kürze wird die Kirche jeden von euch folgendermaßen ermahnen: »Bedenke, was du tust; ahme nach, was du vollziehst und stelle dein Leben unter das Geheimnis des Kreuzes« (Ritus). Stellt euer Leben unter das Geheimnis des Kreuzes Christi!

Christus selbst ist es, der rettet und heiligt, und ihr werdet – in dem Maße der Intensität eurer Vereinigung mit ihm – direkt an seinem Werk beteiligt sein. Wenn ihr in ihm bleibt, werdet ihr reiche Frucht bringen; getrennt von ihm aber könnt ihr nichts vollbringen (vgl.
Jn 15,5). Er hat euch erwählt, und heute »bestimmt« er euch dazu, daß ihr euch aufmacht und Frucht bringt und daß eure Frucht bleibt (vgl. Jn 15,16).

4. Liebe Diakone! Ihr gehört zur Diözese Rom und habt eure Ausbildung in den Seminaren dieser Kirche erhalten: im »Seminario Romano Maggiore «, im »Almo Collegio Capranica«, im »Redemptoris Mater« und im Seminar der Oblaten der Göttlichen Liebe. Ich möchte denen danken, die euch auf eurem Weg bis hierher begleitet und geführt haben. Ich denke dabei an eure Eltern und an die Priester, die euch mit ihrem Beispiel und Rat bei der Wahl eurer Berufung geholfen haben. Ich denke an die Verantwortlichen für eure theologische, spirituelle und pastorale Ausbildung, die Oberen der römischen Seminare, die ich von Herzen zur Fortsetzung ihres Dienstes mit großherzigem Engagement ermutige, damit die Kirche von Rom um viele und gut ausgebildete Priester bereichert werde. Die Freude, euch als Priester zu sehen, die ihrer Sendung immer treu bleiben, wird der größte Lohn für alle sein.

Außerdem möge euer Beispiel auch andere Jugendliche dazu ermutigen, Christus mit derselben Bereitschaft zu folgen. Deshalb beten wir am heutigen Tag, der den Berufungen gewidmet ist: Der »Herr der Ernte« berufe auch in Zukunft Arbeiter zum Dienst für sein Reich, denn »die Ernte ist groß« (Mt 9,37).

5. Liebe Weihekandidaten! Über eurer Berufung wacht die selige Jungfrau Maria, das Vorbild jedes Aufrufs zu einer besonderen Weihe in der Kirche. In dieser Stunde vertraut euch Christus erneut ihr an, und er wiederholt jedem von euch die Worte, die er vom Kreuz herab an den Apostel Johannes richtete: »Siehe, deine Mutter!« (Jn 19,27).

Der »Salus Populi Romani« empfehle ich euch und euer Amt. Sie wird euch Tag um Tag dazu führen, eins mit dem Guten Hirten zu werden, besonders in der täglichen Feier der Eucharistie.

Und Du, »Guter Hirt, wahres Brot, stärke und schütze sie« zu einem immer großzügigeren Dienst für deine Kirche, die zum Heil der Menschheit in der Welt wirkt. Amen.



JUBILÄUMSFEIER DER PRIESTER

UND 80. GEBURTSTAG DES PAPSTES

Donnerstag, 18. Mai 2000

1.»Ecce Sacerdos magnus, qui in diebus suis placuit Deo.« [Sehet den Hohenpriester, der in seinen Tagen Gott gefiel.]

Der Hohepriester, ja der höchste Priester, ist Jesus Christus. Mit seinem eigenen Blut – wie uns der Hebräerbrief sagt – ist er ein für allemal in das Heiligtum hineingegangen und hat so eine ewige Erlösung bewirkt (vgl. He 9,12). Christus, Priester und Opfer: Er ist »derselbe gestern, heute und in Ewigkeit« (He 13,8). Heute morgen sammeln wir uns, um über sein Priestertum nachzudenken: Wir, die wir als Priester dazu berufen wurden, auf besondere Art daran teilzuhaben.

Das Amtspriestertum! Davon spricht die heutige Liturgie, indem sie uns im Geiste in den Saal und zum Letzten Abendmahl zurückführt, als Christus den Aposteln die Füße wusch. Der Evangelist Johannes gibt uns sein Zeugnis davon. Aber in dem Text, der soeben verkündet wurde, liefert uns auch Lukas die korrekte Deutung dieser symbolischen Geste Christi, der von sich selbst sagt: »Ich aber bin unter euch wie der, der bedient« (Lc 22,27). Der Meister hinterläßt seinen Freunden das Gebot, einander zu lieben, wie er sie geliebt hat, nämlich indem sie einander dienen (vgl. Jn 13,14): »Ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit auch ihr so handelt, wie ich an euch gehandelt habe« (Jn 13,15).

280 2. Das Amtspriestertum! Darauf verweist uns vor allem die Eucharistie, worin Christus den neuen Ritus des christlichen Pascha und gleichzeitig das Priestertum in der Kirche eingesetzt hat.

Während des Letzten Abendmahls nahm Christus das Brot in seine Hände, brach es, reichte es seinen Jüngern und sprach: »Das ist mein Leib, der für euch hingegeben wird« (Messritus; vgl .
Lc 22,19). Dann nahm er den Kelch mit Wein, reichte ihn den Aposteln und sprach: »Das ist der Kelch des neuen und ewigen Bundes, mein Blut, das für euch und für alle vergossen wird zur Vergebung der Sünden. Tut dies zu meinem Gedächtnis« (Meßritus).

Jedes Mal, wenn ihr diesen Ritus wiederholt – erklärt der Apostel Paulus – »verkündet ihr den Tod des Herrn, bis er kommt« (1Co 11,26).

Liebe Priester! Auf diese Weise hat Christus das lebendige Gedenken an das Opfer, das Er dem Vater am Kreuz darbrachte, unter den Gestalten von Brot und Wein in unsere Hände gelegt. Er hat es seiner Kirche anvertraut, damit sie es bis zum Ende der Welt feiern soll. Wir wissen, daß in der Kirche Christus selbst – als Höchster und Ewiger Priester des Neuen Bundes – durch uns, durch die geweihten Amtsträger, die Jahrhunderte hindurch wirkt.

»Tut dies zu meinem Gedächtnis«: Jedes Mal, wenn ihr dies tun werdet, werdet ihr meinen Tod verkünden, bis zu meinem endgültigen Kommen.

3. Das Amtspriestertum! Wir haben alle daran Anteil, und heute wollen wir unseren gemeinsamen Dank für dieses einzigartige Geschenk zu Gott erheben. Ein Geschenk für alle Zeiten und für die Menschen jeder Rasse und Kultur. Ein Geschenk, das sich in der Kirche erneuert dank der unveränderlichen Barmherzigkeit Gottes und der großherzigen und treuen Antwort vieler verletzlicher Menschen. Ein Geschenk, das immer wieder den Beschenkten in Erstaunen versetzt.

Nach über fünfzig Jahren Priesterleben empfinde ich das starke Bedürfnis, Gott für seine unermeßliche Güte zu danken und ihn dafür zu preisen. In Gedanken kehre ich in diesem Augenblick in den Abendmahlssaal von Jerusalem zurück, wo ich im Laufe meiner Pilgerreise ins Heilige Land die hl. Messe feiern konnte. An jenem Ort ist mein und euer Priestertum aus dem Denken und aus dem Herzen Christi hervorgegangen. Aus diesem Grunde wollte ich den Brief an die Priester zum Gründonnerstag, den ich heute in Gedanken noch einmal an sie richte, gerade aus diesem »Raum auf höherer Ebene« senden.

Am Vorabend seines Leidens wollte uns Jesus im Abendmahlssaal Anteil geben an der Berufung und Sendung, mit der ihn der himmlische Vater betraut hatte, nämlich die Menschen in sein universales Heilsmysterium einzuführen.

4. Mit großer Herzlichkeit umfasse ich euch alle, liebe Priester der ganzen Welt! Dieses Umfassen kennt keine Grenzen und erstreckt sich auf die Priester jeder Teilkirche. Besonders gilt es euch, liebe kranke, einsame oder von Schwierigkeiten geprüfte Priester.

Ich denke auch an die Priester, die aus verschiedenen Gründen das heilige Amt nicht mehr ausüben und trotzdem noch in sich jene besondere Gleichgestaltung an Christus tragen, die dem unauslöschlichen Charakter der heiligen Weihe eigen ist. Ich bete viel auch für sie, und ich lade alle ein, im Gebet an sie zu denken, damit sie – auch dank der ordnungsgemäß erhaltenen Dispens – ihre Verpflichtung zu christlicher Konsequenz und kirchlicher Gemeinschaft in ihrem Innern lebendig halten.

5. Liebe Priester jedes Landes und jeder Kultur! Dieser Tag ist ganz unserem Priestertum, unserem priesterlichen Dienst gewidmet.

281 Mit großer Herzlichkeit grüße und danke ich dem Präfekten der Kongregation für den Klerus, Dario Kardinal Castrillon Hoyos, der mir zu Beginn dieser Feier, auch in eurem Namen, seine herzlichen Wünsche zu diesem für mich sehr wichtigen Tag ausgesprochen hat. Ich begrüße die anwesenden Kardinäle, Erzbischöfe und Bischöfe. Ich grüße euch alle, liebe Brüder im Priesteramt, die ihr heute mit mir feiert und um den Preis nicht unerheblicher Opfer sogar von weither gekommen seid. Euch alle schließe ich an mein Herz.

Wir wurden in der Kirche für dieses besondere Amt geweiht. Wir sind auf unterschiedliche Weise berufen, dort, wo die Vorsehung uns hinstellt, zur Bildung der Gemeinschaft des Gottesvolkes beizutragen. Unsere Aufgabe – der Apostel Petrus erinnert uns daran – besteht darin, die uns anvertraute Herde Gottes zu weiden, nicht durch Zwang, sondern freiwillig, nicht als Beherrscher, sondern durch ein vorbildliches Zeugnis (vgl. ). Dieses Zeugnis kann, wenn nötig, bis zum eigenen Blutvergießen gehen, wie es für nicht wenige unserer Mitbrüder im Laufe des gerade zu Ende gegangenen Jahrhunderts gewesen ist.

Das ist für uns der Weg der Heiligkeit, der zur endgültigen Begegnung mit dem »obersten Hirten« führt, in dessen Händen »der Kranz der Herrlichkeit« liegt (vgl.
1P 5,4). Das ist unser Auftrag im Dienst der Christen. Dabei helfe uns Maria, Mutter unseres Priestertums. Es helfen uns auch die vielen heiligen Priester, die uns in diesem erhabenen Auftrag und diesem verantwortungsvollen Amt vorausgegangen sind.

Bete auch du für uns, liebes Volk der Christen, das heute im Glauben und in der Freude um uns versammelt ist. Du bist das königliche Volk, das priesterliche Geschlecht, die heilige Gemeinde. Du bist das Volk Gottes, das überall auf der Welt am Priestertum Christi teilhat. Nimm das Geschenk an, das wir heute im Dienst an deiner einzigartigen Würde erneuern. Du priesterliches Volk, danke Gott mit uns für unser Amt, und singe mit uns für deinen und unseren Herrn: Lob sei dir, Christus, für das Geschenk des Priestertums! Laß die Kirche des neuen Jahrtausends auf das großzügige Wirken zahlreicher und heiliger Priester bauen können!

Amen!

Einen herzlichen Gruß entbiete ich den Pilgern deutscher Sprache. Besonders freue ich mich über die große Anzahl von Priestern, die mit mir zusammen in die Danksagung der Eucharistie eingestimmt haben. Liebe Mitbrüder! Danken wir gemeinsam Gott, dem Schöpfer des Lebens, daß er uns geschaffen hat. Danken wir ihm besonders für die Gnade des Priestertums, das wir täglich leben dürfen.





HEILIGSPRECHUNG VON 27 MEXIKANERN AUF DEM PETERSPLATZ

Sonntag, 21. Mai 2000

1.»Wir wollen nicht mit Wort und Zunge lieben, sondern in Tat und Wahrheit« (1Jn 3,18). Diese dem Apostel Johannes entlehnte Aufforderung im Text der zweiten Lesung dieser Liturgie lädt uns ein, Christus nachzuahmen und zugleich in enger Gemeinschaft mit ihm zu leben. Jesus selbst hat das zu uns gesagt, und zwar im Evangelium, das wir soeben gehört haben: »Wie die Rebe aus sich keine Frucht bringen kann, sondern nur, wenn sie am Weinstock bleibt, so könnt auch ihr keine Frucht bringen, wenn ihr nicht in mir bleibt« (Jn 15,4).

Durch die tiefe Gemeinschaft mit Christus, die bei der Taufe begann und durch das Gebet, die Sakramente und die Übung der evangelischen Tugenden genährt wird, haben Männer und Frauen zu allen Zeiten als Kinder der Kirche das Ziel der Heiligkeit erreicht. Heilig sind sie, weil sie Gott zum Mittelpunkt ihres Lebens gemacht und aus der Suche nach seinem Reich und dessen Ausbreitung den Grund ihres eigenen Daseins gemacht haben. Heilig sind sie, weil ihre Werke immer von ihrer vollkommenen Liebe zum Herrn und zu ihren Brüdern und Schwestern sprechen und sie reiche Frucht bringen dank ihres lebendigen Glaubens an Jesus Christus und dank ihrer Verpflichtung, zu lieben, wie Er uns und sogar seine Feinde geliebt hat.

2. Die Kirche freut sich, bei dieser Jubiläumspilgerfahrt der Mexikaner folgende Söhne und Töchter Mexikos heiligzusprechen: Cristóbal Magallanes und seine 24 Begleiter, unter ihnen Priester und Laien, die als Märtyrer starben, außerdem José Maria de Yermo y Parres, Priester und Gründer der Dienerinnen des Heiligen Herzens Jesu, sowie María de Jesús Sacramentado Venegas, Gründerin der Töchter des Heiligen Herzens Jesu.

Um an dieser feierlichen Liturgie teilzunehmen und so das Gedächtnis dieser illustren Söhne und Töchter der Kirche und eures Vaterlandes zu ehren, seid ihr, zahlreiche Pilger aus Mexiko, in Begleitung einer recht großen Gruppe von Bischöfen hierhergekommen. Euch alle begrüße ich ganz herzlich. Die mexikanische Kirche ist voll Freude, da sie nun auf diese Fürsprecher im Himmel zählen kann. Sie sind Vorbilder der höchsten Form von Nächstenliebe, weil sie in die Spuren Christi getreten sind. Sie alle haben ihr Leben für Gott und ihre Brüder und Schwestern aufgeopfert, und zwar indem sie entweder das Martyrium erlitten haben oder ganz im Dienst an den Bedürftigen aufgingen. Die Festigkeit in Glaube und Hoffnung war ihnen eine Stütze während der verschiedenen Prüfungen, denen sie ausgesetzt waren. Sie hinterlassen uns ein wertvolles Vermächtnis: eine Frucht ihres in Mexiko verwurzelten Glaubens. Dieser Glaube muß in der Morgenfrühe des dritten christlichen Jahrtausends erhalten und wiederbelebt werden, damit ihr weiterhin Christus und seiner Kirche treu bleibt, wie ihr es auch in der Vergangenheit wart. Immer treues Mexiko!

282 3. In der ersten Lesung haben wir vernommen, was Paulus in Jerusalem tat: »So ging er bei ihnen in Jerusalem ein und aus, trat unerschrocken im Namen des Herrn auf und führte auch Streitgespräche mit den Hellenisten, die aber planten, ihn zu töten« (). Mit der Mission des hl. Paulus wird das Verkündigungswerk der Kirche vorbereitet, durch das die Botschaft des Evangeliums in die ganze Welt hinausgetragen wurde. Und bei dieser Ausbreitung hatte es niemals an Verfolgungen und Gewaltanwendung gegen die Verkünder der Frohbotschaft gefehlt. Doch setzt sich die Kirche über menschliche Widerwärtigkeiten hinweg und zählt auf die Verheißung göttlicher Hilfe. Daher haben wir folgendes gehört: »Die Kirche […] hatte nun Frieden; sie wurde gefestigt und lebte in der Furcht vor dem Herrn. Und sie wuchs durch die Hilfe des Heiligen Geistes« (Ac 9,31).

Diese Perikope aus der Apostelgeschichte können wir durchaus auch auf die Situation anwenden, die Cristóbal Magallanes und seine 24 Begleiter durchmachten und so im ersten Drittel des zwanzigsten Jahrhunderts zu Märtyrern wurden. Der größte Teil von ihnen gehörte zum Diözesanklerus, und drei von ihnen waren Laien, die sich ernsthaft für die Unterstützung von Priestern engagiert hatten. Auch als die Religionsverfolgung nach Mexiko, in ihr geliebtes Heimatland, vordrang und Haß gegen die katholische Religion entfachte, hörten sie nicht auf, ihr Amt auszuüben. Alle nahmen sie gelassen und aus freiem Willen das Martyrium als ein Glaubenszeugnis auf sich und verziehen ausdrücklich ihren Verfolgern. Sie blieben Gott und dem katholischen Glauben treu, der tief verwurzelt war in den kirchlichen Gemeinschaften, denen sie dienten und deren materielles Wohl sie förderten. Somit sind sie uns heute zum Vorbild für die ganze Kirche und insbesondere für die mexikanische Gesellschaft geworden.

Nach all diesen harten Prüfungen, die die Kirche in Mexiko in jenen turbulenten Jahren durchmachen mußte, können die mexikanischen Christen heute, gestärkt durch das Zeugnis dieser Glaubenszeugen, in Frieden und Harmonie leben und der Gesellschaft den Reichtum der Werte des Evangeliums schenken. Die Kirche wächst und gedeiht, und sie ist der Ort, an dem überreich Priester- und Ordensberufungen entstehen, wo Familien nach dem Plan Gottes gegründet werden und die Jugendlichen, die einen beachtlichen Teil des mexikanischen Volkes ausmachen, in Hoffnung auf eine bessere Zukunft heranwachsen können. Möge euch das leuchtende Beispiel von Cristóbal Magallanes und seinen Märtyrergefährten helfen, mit neuem Eifer Gott treu zu sein und fähig zu werden, weiterhin die mexikanische Gesellschaft umzugestalten, damit in ihr Gerechtigkeit, Brüderlichkeit und Harmonie unter allen Menschen herrsche.

4. »Und das ist sein Gebot: Wir sollen an den Namen seines Sohnes Jesus Christus glauben und einander lieben, wie es seinem Gebot entspricht« (1Jn 3,23). Das Gebot schlechthin, das Jesus den Seinen gab, ist, einander brüderlich zu lieben, wie er uns geliebt hat (vgl. Jn 15,12). In der zweiten Lesung haben wir gehört, daß dieses Gebot einen zweifachen Aspekt hat, nämlich zum einen an die Person Jesu Christi, des Sohnes Gottes, zu glauben und ihn immerdar zu bekennen; zum anderen bedeutet es, daß wir einander lieben sollen, weil Christus selbst uns dies aufgetragen hat. Dieses Gebot ist so grundlegend für das Leben des Gläubigen, daß es zur notwendigen Voraussetzung wird, damit Gott überhaupt in uns Wohnung nehmen kann. Glaube, Hoffnung und Liebe führen dazu, Gott existentiell als sicheren Weg zur Heiligkeit anzunehmen.

Man kann sagen, daß dies auch der Weg war, den José María de Yermo y Parres auf sich genommen hat, der seine priesterliche Hingabe dergestalt lebte, daß er sich mit all seinen Kräften Christus verschrieb. Außerdem zeichnete er sich vor allem durch seine Liebe zum Gebet und zur Betrachtung aus. Im Herzen Christi fand er den Leitfaden für seine Spiritualität, und in Anbetracht der unendlichen Liebe Christi zu den Menschen wollte er ihn nachahmen und machte die Nächstenliebe zu seiner Lebensregel.

Der neue Heilige gründete den Orden der Dienerinnen des Heiligen Herzens Jesu und der Armen. Es ist dies eine Bezeichnung, die seine beiden großen Vorlieben zusammenfaßt, die in der Kirche den Geist und das Charisma des neuen Heiligen zum Ausdruck bringen.

Liebe Töchter des hl. José María de Yermo y Parres, lebt das reiche Erbe eures Gründers mit Großzügigkeit, und beginnt stets bei der geschwisterlichen Gemeinschaft untereinander, die ihr dann in erbarmende Liebe für alle Brüder und Schwestern umsetzt und in Demut, Einfalt und mit Wirkkraft, vor allem aber in vollkommener Einheit mit Gott, weitergebt.

5. »Bleibt in mir, dann bleibe ich in euch […] Wer in mir bleibt und in wem ich bleibe, der bringt reiche Frucht; denn getrennt von mir könnt ihr nichts vollbringen« (). Im Evangelium, das wir soeben gehört haben, fordert uns Jesus auf, in ihm zu bleiben, um alle Menschen mit ihm zu vereinen. Diese Aufforderung verlangt von uns, daß wir unser Taufversprechen einlösen, nämlich in seiner Liebe zu leben, sich von seinem Wort inspirieren zu lassen, sich durch die Eucharistie zu nähren, seine Vergebung zu erlangen und, wenn es sein muß, mit ihm das Kreuz auf sich zu nehmen. Die Trennung von Gott ist die größte Tragödie, die dem Menschen widerfahren kann. Es ist der Weinstock, der den Rebzweig zum Wachsen bringt, und so verhält es sich auch mit der Gnade Christi, die uns erwachsen und reif werden läßt, damit wir Früchte des ewigen Lebens bringen.

Die hl. Maria de Jesús Sacramentado Venegas ist die erste Mexikanerin, die heiliggesprochen wurde. Sie verstand es, während ihres ganzen irdischen Daseins mit Christus vereint zu bleiben, und daher brachte sie auch reiche Früchte des ewigen Lebens hervor. Ihre Spiritualität zeichnete sich durch eine einzigartige eucharistische Frömmigkeit aus, denn es ist offenkundig, daß es ein herausragender Weg zur Einheit mit dem Herrn ist, Christus im allerheiligsten Mysterium seiner reellen Präsens im Altarsakrament zu suchen, anzubeten und zu lieben.

Sie wollte ihr Werk fortsetzen durch die Gründung der Töchter vom Heiligen Herzen Jesu, die heute in der Kirche ihr Charisma der Liebe zu den Armen und Kranken weiterführen. Die Liebe Gottes ist allumfassend und möchte alle Menschen erreichen. Deshalb verstand die neue Heilige auch, daß es ihre Aufgabe war, diese Liebe zu verbreiten. So opferte sie sich stets für alle auf bis zum Ende ihrer Tage. Dies tat sie sogar dann noch, als ihre körperlichen Kräfte nachließen und sie harten Prüfungen ausgesetzt wurde, die sie ohnedies ein Leben lang heimsuchten und schwächten. Sie war eine treue Befolgerin der Ordensregeln, achtete die Bischöfe und Priester mit großem Respekt und war fürsorglich um die Seminaristen bemüht. Die hl. Maria de Jesús Sacramentado ist ein beredtes Zeugnis der absoluten Hingabe an den Dienst für Gott und die leidende Menschheit.

6. Diese feierliche Liturgie erinnert uns daran, daß der Glaube eine tiefe Beziehung zum Herrn mit sich bringt. Die neuen Heiligen lehren uns, daß die wahren Nachfolger und Jünger Jesu jene sind, die Gottes Willen erfüllen und mit ihm durch den Glauben und die Gnade verbunden sind.

283 Wenn wir das Wort Gottes hören, unser eigenes Dasein harmonisch leben und Christus den ersten Platz im Leben einräumen, dann wird unser menschliches Dasein Christus gleichgestaltet. »Bleibt in mir und ich in euch«, das ist immer wieder die Einladung Jesu, die stets von neuem in einem jeden von uns sowie in unserem Umfeld ertönen muß. Der hl. Paulus nimmt diesen Ruf wörtlich und kann deshalb ausrufen: »[…] nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir« (Ga 2,20). Möge das in dieser Liturgie verkündete Wort Gottes bewirken, daß unser Leben authentisch sei, indem wir existentiell mit dem Herrn vereint bleiben und nicht nur in Worten, sondern in Werken und in Wahrheit lieben (vgl. 1Jn 3,18). So wird unser Leben wirklich ein Leben »durch Ihn, mit Ihm und in Ihm« sein.

Wir erleben das Große Jubiläum des Jahres 2000. Zu seinen Zielen gehört unter anderem, »in jedem Gläubigen eine echte Sehnsucht nach Heiligkeit« (Tertio millennio adveniente TMA 42) zu wecken. Möge das Vorbild dieser neuen Heiligen, die ein Geschenk der mexikanischen Kirche an die Universalkirche sind, alle Gläubigen bewegen, mit allen Mitteln zu ihrem Ziel zu gelangen, vor allem aber durch die Hilfe der göttlichen Gnade mit Mut und Entschiedenheit nach Heiligkeit zu streben.

Möge U. Lb. Frau von Guadalupe, die auch jene Märtyrer im Moment innigster Hingabe angerufen haben und der der hl. José María de Yerno und die hl. María de Jesús Sacramentado Venegas tiefste Verehrung entgegenbrachten, die guten Vorsätze aller, die heute die neuen Heiligen verehren, durch ihren mütterlichen Schutz stärken und uns helfen, ihrem Beispiel zu folgen. Möge sie auch die Kirche leiten und beschützen, auf daß sie durch ihre Evangelisierung und das christliche Zeugnis all ihrer Kinder den Weg der Menschheit im dritten Jahrtausend erleuchte. Amen!



HEILIGJAHRFEIER DER DIÖZESE ROM

Sonntag, 28. Mai 2000



1. »Wie mich der Vater geliebt hat, so habe auch ich euch geliebt. Bleibt in meiner Liebe« (Jn 15,9). Christus öffnet am Abend vor seinem Tod sein Herz vor den im Abendmahlssaal versammelten Jüngern. Er hinterläßt ihnen sein geistliches Testament. In der österlichen Zeit begibt sich die Kirche beständig im Geiste in den Abendmahlssaal, um in Ehrfurcht die Worte des Herrn zu hören und aus ihnen Licht und Trost für ihren Weg auf den Straßen der Welt zu gewinnen.

Bewegten Herzens kommt heute unsere Kirche von Rom, die ihre Heiligjahrfeier begeht, in den Abendmahlssaal. Sie geht dorthin, um sich vom göttlichen Lehrer befragen zu lassen, um über seine Worte nachzudenken und eine angemessene Antwort auf die Fragen zu finden, die er an sie richtet.

Das Wort, das unsere Kirche heute aus dem Munde ihres Herrn vernimmt, ist klar und eindeutig: »Bleibt in meiner Liebe! […] Das ist mein Gebot: Liebt einander, so wie ich euch geliebt habe« (Jn 15,9 Jn 15,12). Richtet sich Jesus mit diesem Wort nicht in besonderer Weise an uns? Hat nicht etwa die Kirche von Rom die besondere Aufgabe, die »Vorsteherin des Liebesbundes« (Ignatius, Ad Rom, Einleitung) in der gesamten christlichen Ökumene zu sein. Ja, das Gebot der Liebe verpflichtet unsere Kirche von Rom mit besonderer Kraft und Dringlichkeit.

Die Liebe ist anspruchsvoll. Christus sagt: »Es gibt keine größere Liebe, als wenn einer sein Leben für seine Freunde hingibt« (Jn 15,13). Die Liebe wird Jesus ans Kreuz bringen. Jeder Jünger muß dessen eingedenk sein. Die Liebe kommt aus dem Abendmahlssaal und führt wieder in den Abendmahlssaal zurück. Denn nach der Auferstehung wird es wieder im Abendmahlssaal sein, daß die Apostel im Geiste zu den Worten zurückkehren, die Jesus am Gründonnerstag gesprochen hat, und sie werden sich deren heilsbringenden Inhaltes bewußt werden. Durch die Liebe Christi, die sie angenommen und erwidert haben, sind sie nunmehr seine Freunde: »Ich nenne euch nicht mehr Knechte; denn der Knecht weiß nicht, was sein Herr tut. Vielmehr habe ich euch Freunde genannt, denn ich habe euch alles mitgeteilt, was ich von meinem Vater gehört habe. (Jn 15,15).

Nach der Auferstehung und der Himmelfahrt des göttlichen Lehrers werden die Apostel, im Abendmahlssaal versammelt, den Sinn seiner Worte voll erfassen: »[Ich habe euch] dazu bestimmt, daß ihr euch aufmacht und Frucht bringt und daß eure Frucht bleibt« (Jn 15,16). Durch das Wirken des Heiligen Geistes werden diese Worte sie zu einer heilsbringenden Gemeinschaft, nämlich zur Kirche, machen. Die Apostel werden verstehen, daß sie zu der besonderen Mission erwählt sind, Zeugnis für die Liebe abzulegen: »Wie mich der Vater geliebt hat, so habe auch ich euch geliebt. Bleibt in meiner Liebe.«

Dieser Auftrag geht heute an uns weiter: als Christen sind wir dazu berufen, Zeugen der Liebe zu sein. Dies ist die »Frucht«, die wir bringen sollen, und diese Frucht »bleibt« in Zeit und Ewigkeit!

2. Die zweite Lesung, die der Apostelgeschichte entnommen ist, berichtet von der apostolischen Sendung, die dieser Liebe entspringt. Petrus, der vom römischen Zenturio Cornelius zu sich gerufen wird, geht zu ihm nach Caesarea und hilft ihm bei seiner Bekehrung, der Bekehrung eines Heiden. Der Apostel selbst merkt zu diesem äußerst wichtigen Ereignis an: »Wahrhaftig, jetzt begreife ich, daß Gott nicht auf die Person sieht, sondern daß ihm in jedem Volk willkommen ist, wer ihn fürchtet und tut, was recht ist« (). Als der Heilige Geist auf diese Gruppe von ursprünglich heidnischen Gläubigen herabkommt, erklärt Petrus: »Kann jemand denen das Wasser zur Taufe verweigern, die ebenso wie wir den Heiligen Geist empfangen haben?« (Ac 10,47). Von oben erleuchtet, versteht und bezeugt Petrus, daß alle von der Liebe Christi berufen sind.

284 Wir stehen hier vor einer entscheidenden Wende im Leben der Kirche: einer Wende, der die Apostelgeschichte große Bedeutung beimißt. Denn die Apostel und insbesondere Petrus hatten noch nicht genau bemerkt, daß sich ihre Sendung nicht allein auf die Söhne und Töchter Israels beschränkte. Das, was im Hause des Cornelius geschah, konnte sie davon überzeugen, daß dem nicht so war. Von da an nahm die Entwicklung des Christentums außerhalb Israels seinen Anfang, und es festigte sich ein immer tieferes Bewußtsein von der Universalität der Kirche: jeder Mann und jede Frau ist ohne Unterschied von Rasse und Kultur gerufen, das Evangelium aufzunehmen. Die Liebe Christi gilt allen, und der Christ ist Zeuge dieser göttlichen und universalen Liebe.

3. Von dieser Wahrheit zutiefst überzeugt, begab sich Petrus zunächst nach Antiochien und schließlich nach Rom. Die Kirche von Rom verdankt ihm ihre Entstehung. Die heutige Begegnung der kirchlichen Gemeinschaft von Rom, im Herzen des Großen Jubiläums des Jahres 2000, lasse in uns allen die Erinnerung dieses apostolischen Ursprungs wiederaufleben, die Erinnerung an Petrus, den ersten Oberhirten unserer Stadt. Zu seinem Grab kommen in diesen Monaten zahlreiche Pilger aus allen Teilen der Erde, um das Jubiläum der Menschwerdung des Herrn zu feiern und den selben Glauben Petri an Christus, den Sohn des lebendigen Gottes, zu bekennen.

Somit zeigt sich ein weiteres Mal die besondere Berufung, die die göttliche Vorsehung der Stadt Rom vorbehalten hat: nämlich der Bezugspunkt für die Gemeinschaft und Einheit der gesamten Kirche und für die geistliche Erneuerung der ganzen Menschheit zu sein.

4. Liebe Gläubige dieser geliebten Kirche von Rom, es ist mir eine Freude bei dieser Gelegenheit, bei der wir uns zur Feier des Diözesanjubiläums versammelt sehen, meinen herzlichen Gruß an euch zu richten. Ich grüße den Herrn Kardinalvikar, den »Viceregente« und die Weihbischöfe, die Priester, Diakone, Ordensmänner und -frauen und euch Laien, die ihr euch aktiv in den Pfarreien, Bewegungen, Gruppen und in den verschiedenen Bereichen der Arbeit und des Lebens dieser Stadt einsetzt. Grüßen möchte ich auch den Bürgermeister und die hier anwesenden Obrigkeiten.

Der heutige Tag stellt den ideellen Höhepunkt einer langen Wegstrecke der Vorbereitung dar. Von der Diözesansynode bis zur Stadtmission, hat unsere Kirche von Rom in den vergangenen Jahren in ihren verschiedenen Mitgliedern große pastorale Vitalität und eifriges Engagement bei der Evangelisierung bewiesen. Dafür wollen wir heute dem Herrn Dank sagen. Durch angemessene pastorale Initiativen konnte die ganze Stadt die Verkündigung des Evangeliums in den Häusern und an den Arbeitsstätten wahrnehmen. Hierdurch wurde deutlich gemacht, wie tief verwurzelt die Kirche im gesellschaftlichen Gefüge ist und wie nahe sie den ärmsten und ausgegrenzten Menschen steht.

Zum Abschluß der Stadtmission, am Abend der Pfingstvigil, sagte ich euch: Wir dürfen die Früchte dieser Jahreszeit, die so reich an Gaben des Herrn ist, nicht verschwenden. Eben deshalb ist die heutige Begegnung zwar ein Zielpunkt, sie ist jedoch ebenso ein unersetzlicher Ausgangspunkt. Es müssen von nun an gemeinsame Anstrengungen unternommen werden, um den »Geist der Stadtmission« immer stärker in die allgemeine und alltägliche Pastoral der Pfarreien und kirchlichen Lebensbereiche einzubringen. Dies muß von allen als eine »beständige Aufgabe« angesehen werden, und es muß das ganze Volk Gottes miteinbezogen werden, angefangen bei den Missionaren, Priestern, Ordensleuten und Laien, die die Schönheit und Freude der Evangelisierung lebendig verspürt haben. Gerade hinsichtlich dieses notwendigen Neubeginns in den Familien und den verschiedenen Bereichen der Stadt ist es mehr als angebracht, daß wir im kommenden pastoralen Jahr zu einer aufmerksamen Unterscheidung der Früchte des bisher beschrittenen Weges gelangen.

5. Danken wir dem Herren für alles, was die Diözese erlebt. Danken wir ihm vor allem für die Ereignisse, die nach und nach in diesem Großen Jubeljahr gefeiert werden. Wir befinden uns nun am Vorabend großer und anspruchsvoller Termine, die unserer vollen und großherzigen Zusammenarbeit bedürfen. Vor allem denke ich an den Eucharistischen Weltkongreß, das »Herz des Jubiläums«, der die lebendige Gegenwart des fleischgewordenen Wortes unter uns und für uns feiert, »das Brot des Lebens für die Welt«.

Und dann der XV. Weltjugendtag.Hierzu wird im August eine große Zahl von Jugendlichen aus allen Teilen der Welt zusammenkommen in der Erwartung, von den römischen Altersgenossen mit Freude und Sympathie empfangen und von den Familien und der gesamten kirchlichen und städtischen Gemeinschaft beherbergt zu werden.

Im Monat Oktober werden wir überdies das Jubiläum der Familien feiern, das von seiten der Diözese und der christlichen Familien einzigartiger Aufmerksamkeit bedarf. Bereiten wir uns mit innerer Anteilnahme auf diese Ereignisse vor.

6. Kirche von Rom, sei dir der Einzigartigkeit deiner Sendung auch hinsichtlich des Großen Jubiläums bewußt! Verliere nicht den Mut angesichts der Schwierigkeiten, denen du auf deinem täglichen Weg begegnest. Es stärkt dich das Zeugnis der Apostel Petrus und Paulus, die deine Anfänge mit ihrem Blut geweiht haben. Es ermutige dich das Beispiel der Heiligen und Märtyrer, welche dir die Fackel einer unbezwingbaren Hingabe an das Evangelium übergeben haben. Durch den Einsatz deiner Söhne und Töchter gelange die Liebe Christi zu allen Bewohnern der Stadt. Sie breite sich in allen Bereichen aus, um überallhin Freude und Hoffnung zu bringen.

Und du, Maria, »Salus populi romani« [Heil des römischen Volkes], Mutter der göttlichen Liebe, hilf uns. Voller Vertrauen empfehlen wir uns dir an. Durch deine mütterliche Fürsprache erneuere sich für die Kirche von Rom die Herabkunft des Heiligen Geistes, der Urgrund ihrer Einheit und die Kraft für ihre Mission. Gelobt sei Jesus Christus!





Predigten 1978-2005 277