Predigten 1978-2005 302

HEILIGJAHRFEIER DER UNIVERSITÄTEN

Sonntag, 10. September 2000


1.»Er hat alles gut gemacht; er macht, daß die Tauben hören und die Stummen sprechen« (Mc 7,37).

In der Jubiläumsatmosphäre dieser Feier sind wir vor allem eingeladen, uns mit dem Staunen und Lob derer zu vereinen, die dem Wunder beiwohnten, von dem der Evangeliumstext soeben berichtet hat. Wie so viele andere Heilungsbegebenheiten gibt es Zeugnis für die Ankunft des Gottesreiches in der Person Jesu. In Christus verwirklichen sich die vom Propheten Jesaja verkündeten messianischen Verheißungen: »Die Ohren der Tauben sind wieder offen […] die Zunge des Stummen jauchzt auf« (). In Ihm wurde für die ganze Menschheit das Gnadenjahr des Herrn eröffnet (vgl. ).

Dieses Gnadenjahr durchläuft die Zeiten, von ihm ist nun die ganze Geschichte gezeichnet, es ist der Beginn der Auferstehung und des Lebens, an dem nicht nur die Menschheit, sondern auch die Schöpfung teilhat (vgl. ).

Um erneut die Erfahrung dieses Gnadenjahres zu machen, sind wir hier zu dieser Heilig- Jahr-Feier der Universitäten versammelt, werte Rektoren, Dozenten, Verwaltungsleiter und Hochschulseelsorger, die Sie aus verschiedenen Ländern kommen, und ihr, meine lieben Studenten, die ihr aus aller Welt angereist seid.

Euch allen gilt mein herzlicher Gruß. Danken möchte ich den Kardinälen und den konzelebrierenden Bischöfen für ihre Anwesenheit. Ich grüße ferner den [italienischen] Minister für Universitäten und die anderen hier anwesenden Persönlichkeiten. Sich der Liebe Gottes vertrauensvoll öffnen

2. »Effata!« – »Öffne dich!« (Mc 7,34). Das von Jesus bei der Heilung des Taubstummen gesprochene Wort ertönt heute für uns; es ist ein eindrückliches Wort von großer symbolischer Dichte, das uns aufruft, uns dem Hören und Zeugnis zu öffnen.

303 Läßt der Taubstumme, von dem das Evangelium spricht, nicht an die Lage dessen denken, dem es nicht gelingt, in eine Kommunikation zu treten, die seinem Dasein einen Sinn gibt? In gewisser Weise erinnert er an den Menschen, der sich in eine vermeintliche Autonomie verschließt, in der er sich dann isoliert gegenüber Gott und oft auch dem Mitmenschen befindet. An diesen Menschen wendet Jesus sich, um ihm die Fähigkeit wiederzugeben, sich für den [ganz] Anderen und die anderen zu öffnen in einer Haltung des Vertrauens und unentgeltlicher Liebe. Er bietet ihm die außerordentliche Gelegenheit, Gott, der Liebe ist und sich von dem, der liebt, erkennen läßt, zu begegnen. Er bietet ihm das Heil.

Ja, Christus öffnet den Menschen für die Erkenntnis Gottes und seiner selbst. Er öffnet ihn für die Wahrheit – Er, der die Wahrheit ist (vgl.
Jn 14,6) –, indem er ihn im Inneren berührt und so »von innen her« auf jede seiner Fähigkeiten sieht.

Für euch, liebe Brüder und Schwestern, die ihr auf dem Gebiet der Forschung und des Studiums tätig seid, stellt dieses Wort einen Aufruf dar, den Geist zu öffnen für die Wahrheit, die befreit! Zugleich beruft das Wort Christi euch, bei zahllosen Scharen Jugendlicher Vermittler von diesem »Effata« zu werden, das den Geist öffnet für die Aufnahme des einen oder anderen Aspekts der Wahrheit in den verschiedenen Wissensgebieten. In diesem Licht gesehen, wird euer täglicher Einsatz zur Nachfolge Christi auf dem Weg des Dienstes an den Brüdern in der Wahrheit der Liebe.

Christus ist der, der »alles gut gemacht« hat (Mc 7,37). Er ist das Vorbild, auf das wir ständig blicken sollen, um unsere akademische Tätigkeit zu einem wirksamen Dienst am menschlichen Streben nach immer vollkommenerer Erkenntnis der Wahrheit zu machen.

3. »Sagt den Verzagten: Habt Mut, fürchtet euch nicht! Seht, hier ist euer Gott […] er selbst wird kommen und euch erretten« (Is 35,4).

In diese Worte des Jesaja läßt sich auch eure Sendung fassen, liebe Männer und Frauen der Universität. Ihr seid Tag für Tag damit beschäftigt, die Wahrheit zu verkünden, zu verteidigen, zu verbreiten. Oft handelt es sich um Wahrheiten, die die verschiedensten Wirklichkeiten des Kosmos und der Geschichte betreffen. Nicht immer berührt das Thema direkt das Problem des letzten Sinnes des Lebens und die Beziehung zu Gott. Das aber bleibt in jedem Fall der äußerste Horizont allen Denkens. Auch in der Forschung über Aspekte des Lebens, die dem Glauben ganz fern zu liegen scheinen, verbirgt sich eine Sehnsucht nach Wahrheit und Sinn, die über das Spezifische und Bedingte hinausgeht.

Wenn der Mensch nicht geistlich »taub und stumm« ist, führt ihn jeder Weg des Denkens, der Wissenschaft und der Erfahrung auch zu einem Abglanz des Schöpfers und weckt in ihm eine oft verborgene und vielleicht auch verdrängte, jedoch unhaltbare Sehnsucht nach Ihm. Gut erkannt hatte das der hl. Augustinus, wenn er sagte: »Geschaffen hast du uns im Hinblick auf dich, [o Herr,] und unruhig ist unser Herz, bis es ruhet in dir« (Conf. 1,1; BKV2 [Bd. 18], Kempten 1914, S. 1).

Eure Berufung als Studenten und Dozenten, die ihr Herz für Christus geöffnet haben, ist es, diese Beziehung zwischen dem Wissen auf einzelnen Gebieten und jenem höchsten »Wissen«, das Gott betrifft und in gewissem Sinn mit ihm, mit seinem menschgewordenen Wort und mit dem von ihm geschenkten Geist der Wahrheit zusammenfällt, zu leben und wirksam zu bezeugen. Die Universität wird so durch euren Beitrag zum Ort des »Effata«, wo Christus sich eurer bedient, um wieder das Wunder des Öffnens der Ohren und der Lippen zu vollbringen und damit neues Hören und wahre Kommunikation hervorzurufen.

Von dieser Begegnung mit Christus hat die Freiheit der Forschung nichts zu fürchten. Auch der Dialog und der Respekt vor den Personen wird davon nicht beeinträchtigt, denn die christliche Wahrheit muß von ihrem Wesen her angeboten, darf niemals aufgedrängt werden; sie hat als ihren Fixpunkt die tiefe Achtung vor dem »Heiligtum des Gewissens« (Redemptoris missio RMi 39 vgl. Redemptor hominis RH 12 II. Vat. Ökum. Konzil, Dignitatis humanae DH 3).

4. Die unsere ist eine Zeit großer Veränderungen, die auch die Welt der Universität erfassen. Der humanistische Charakter der Kultur erscheint bisweilen von nebensächlicher Bedeutung, während sich die Tendenz verstärkt, den Horizont des Wissens auf das rein Meßbare zu beschränken und jede Frage zu vernachlässigen, die den letzten Sinn der Wirklichkeit berührt. Man kann sich fragen, was für einen Menschen die Universität heute heranbildet. Angesichts der Herausforderung eines neuen Humanismus, der authentisch und integral sein will, braucht die Universität aufmerksame Menschen für das Wort des einzigen Lehrers; sie braucht qualifizierte Fachleute und glaubwürdige Zeugen Christi. Eine gewiß nicht leichte Aufgabe, die ständigen Einsatz verlangt, aus Gebet und Studium genährt wird und sich in der Gewöhnlichkeit des Alltäglichen ausdrückt.

Unterstützung in dieser Aufgabe bietet die Universitätspastoral, die zugleich geistliche Betreuung der Personen und wirksame kulturelle Bildungstätigkeit bedeutet, in der das Licht des Evangeliums die Wege der Forschung, des Studiums und der Didaktik orientiert und humanisiert.

304 Zentren solcher pastoraler Tätigkeit sind die Universitätskapellen, wo Dozenten, Studenten und Angestellte Halt und Hilfe für ihr christliches Leben finden. Als signifikative Orte im Kontext der Universität fördern sie den Einsatz eines jeden in den Formen und Weisen, die sich aus dem Universitätsmilieu ergeben. Sie sind Stätte des Geistes, Übungsplatz christlicher Tugenden, gastlich offenes Haus, lebendiges Ausstrahlungszentrum für eine christliche Orientierung der Kultur im respektvollen und offenen Dialog, im klaren und begründeten Angebot (vgl. 1P 3,15), im Zeugnis, das Fragen stellt und überzeugt.

5. Meine Lieben, es ist für mich eine große Freude, heute mit euch das Jubiläum der Universitäten zu feiern. Eure zahlreiche und qualifizierte Präsenz ist ein vielsagendes Zeichen für die kulturelle Fruchtbarkeit des Glaubens.

Den Blick fest auf das Geheimnis des menschgewordenen Wortes gerichtet (vgl. Bulle Incarnationis mysterium, 1), findet der Mensch sich selbst (vgl. Gaudium et spes GS 22). Er erfährt auch eine innige Freude, die selbst im inneren Stil des Studierens und Lehrens zum Ausdruck kommt. Die Wissenschaft übersteigt so die Grenzen, die sie auf einen bloßen funktionalen und pragmatischen Prozeß reduzieren, um ihre Würde als Forschung im Dienst am Menschen in seiner ganzen Wahrheit, erleuchtet und orientiert durch das Evangelium, wiederzufinden.

Liebe Dozenten und Studenten, das ist eure Berufung: die Universität zu dem Milieu zu machen, wo man das Wissen pflegt, dem Ort, wo die Person planerische Fähigkeit, Weisheit, Impuls zu qualifiziertem Dienst an der Gesellschaft findet.

Diesen euren Weg vertraue ich Maria, »Thron der Weisheit«, an, deren Bild ich euch heute übergebe, damit sie als Meisterin und Pilgerin in den Universitätsstädten der Welt aufgenommen werde. Sie, die am Anfang der Evangelisierung mit ihrem Gebet die Apostel unterstützte, möge auch euch helfen, die Welt der Universität mit christlichem Geist zu durchdringen.



HEILIGJAHRFEIER DER SENIOREN

Sonntag, 17. September 2000



1. »Ihr aber, für wen haltet ihr mich?« (Mc 8,29). Diese Frage stellt Jesus seinen Jüngern, nachdem er sie über die allgemeine Meinung der Leute befragt hat. Damit vertieft er den Dialog mit den Jüngern und zwingt sie gewissermaßen zu einer direkteren, persönlichen Antwort. Im Namen aller antwortet Petrus ohne Zögern und mit der Klarheit des Glaubens: »Du bist der Messias!« (Mc 8,29).

Der Dialog Jesu mit den Aposteln, den wir heute auf diesem Platz anläßlich der Heiligjahrfeier der Senioren vernehmen, drängt uns, die Bedeutung des Ereignisses zu vertiefen, das wir hier feiern. Im Jubiläumsjahr, das an die Geburt Christi vor 2000 Jahren erinnert, erhebt die gesamte Kirche in einer ganz besonderen Weise »ein großes Lob- und Dankgebet vor allem für das Geschenk der Menschwerdung des Gottessohnes und der von ihm vollbrachten Erlösung« zum Herrn (vgl. Tertio millennio adveniente TMA 32).

»Ihr aber, für wen haltet ihr mich?« Vor dieser Frage, die uns immer wieder gestellt wird, wollen wir uns die Antwort des Petrus zu eigen machen und in Christus das menschgewordene Wort, den Herrn unseres Lebens, erkennen.

2. Liebe Brüder und Schwestern, die ihr zu eurer Heiligjahrfeier nach Rom gepilgert seid! Aufs herzlichste heiße ich euch willkommen, erfreut darüber, diesen einzigartigen Augenblick der Gnade und kirchlichen Gemeinschaft mit euch zu feiern.

Euch alle grüße ich mit Zuneigung. Besonders erwähnt sei Kardinal James Francis Stafford und alle hier anwesenden Mitbrüder im Bischofs- und Priesteramt. Mein liebevolles Gedenken gilt allen betagten Bischöfen und Priestern auf der ganzen Welt sowie den Ordensleuten und Laien, die ihre Kräfte in der Erfüllung ihrer Standespflichten verausgabt haben. Danke für euer Beispiel der Liebe, Hingabe und Treue zur empfangenen Berufung!

305 Meine Wertschätzung möchte ich all denen zum Ausdruck bringen, die Schwierigkeiten und Entbehrungen auf sich genommen haben, um bei diesem Treffen nicht zu fehlen. Doch zugleich denke ich auch an alle älteren Menschen, die, auf sich allein gestellt oder krank, ihr Heim nicht verlassen konnten, sich aber geistlich mit uns verbunden haben und diese Feier über Radio und Fernsehen mitverfolgen. Allen, die sich in beschwerlichen Situationen oder besonderen Schwierigkeiten befinden, versichere ich meine herzliche Nähe und mein Gedenken im Gebet.

3. Die Heiligjahrfeier der Senioren, die wir heute begehen, erhält besondere Bedeutung, wenn man sich die wachsende Präsenz älterer Menschen in der heutigen Gesellschaft vor Augen hält. Das Heilige Jahr feiern bedeutet vor allem, die Botschaft Christi für diese Menschen zu vernehmen, zugleich aber sich die Botschaft der Erfahrung und Weisheit zunutze zu machen, deren Träger sie in dieser besonderen Phase ihres Lebens sind. Für viele von ihnen ist der Lebensabend die Zeit, um ihr Leben neuzugestalten und erworbene Erfahrung und Fähigkeiten nutzbar zu machen.

In Wahrheit ist – wie ich im Brief an die Alten Menschen (vgl. Nr. 13) zu betonen Anlaß hatte – auch das vorgerückte Alter eine Zeit der Gnade, die dazu einlädt, sich in stärkerer Liebe mit dem Heilsgeheimnis Christi zu vereinen und tiefer an seinem Heilsplan teilzunehmen. Die Kirche blickt mit Liebe und Vertrauen auf euch Senioren und setzt sich ein, um die Verwirklichung einer menschlichen, sozialen und geistlichen Umgebung zu fördern, in der jeder Mensch diesen wichtigen Abschnitt seines Lebens ganz und würdig leben kann.

Gerade in diesen Tagen hat der Päpstliche Rat für die Laien einen Beitrag zu diesem Aspekt der Pastoral geleistet und ein Studientreffen über das Thema »Das Geschenk eines langen Lebens: Verantwortung und Hoffnung« veranstaltet. Ich habe diese Initiative sehr geschätzt und wünsche, daß dieses Symposion in den Familien, beim kirchlichen und weltlichen Personal der Heime, die ältere Menschen betreuen, und bei allen, die mit ihrer Tätigkeit im Dienst an den Senioren stehen, den Willen bestärke, aktiv beizutragen zur Erneuerung eines spezifischen Einsatzes auf sozialer und pastoraler Ebene. Man kann in der Tat noch vieles tun, um ein größeres Bewußtsein für die Bedürfnisse der älteren Menschen zu schaffen, um ihnen zu helfen, ihre Fähigkeiten bestmöglich auszudrücken, um ihr aktives Einbeziehen ins Leben der Kirche zu fördern und vor allem um zu bewirken, daß ihre Würde als Personen immer und in jedem Fall respektiert und in ihrem Wert anerkannt werde.

4. Auf all das werfen die Lesungen dieses Sonntags, die uns einladen, die Weise zu vertiefen, auf die der Heilsplan Gottes sich verwirklicht hat, ein Licht. Wir haben aus dem Buch des Propheten Jesaja die Beschreibung des leidenden Gottesknechtes vernommen, sie ist das Porträt einer Person, die sich ganz zur Verfügung Gottes stellt: »Gott, der Herr, hat mir das Ohr geöffnet. Ich aber wehrte mich nicht und wich nicht zurück« (
Is 50,5). Der Gottesknecht nimmt die ihm aufgetragene Sendung an, auch wenn sie schwierig und voller Gefahren ist: Die Zuversicht, die er in Gott setzt, gibt ihm die Kraft und die nötigen Mittel, um sie auszuführen; er bleibt fest auch in widrigen Lagen.

Das Geheimnis des Leidens und der Erlösung, das durch die Gestalt des Gottesknechtes vorangekündigt wird, hat sich in Christus vollends erfüllt. Wie wir im heutigen Evangelium gehört haben, begann Jesus die Apostel zu lehren, »der Menschensohn müsse vieles erleiden« (Mc 8,31). Auf den ersten Blick scheint eine solche Aussicht menschlich schwer akzeptierbar, wie auch aus der unmittelbaren Reaktion des Petrus und der Apostel hervorgeht (vgl. ). Und wie könnte es auch anders sein? Das Leiden kann nicht anders als Angst machen! Doch gerade im erlösenden Leiden Christi liegt die wahre Antwort auf die Herausforderung des Leidens, die unsere menschliche Befindlichkeit so sehr belastet. Christus hat in der Tat unsere Leiden auf sich genommen und unseren Schmerz auf sich geladen und durch sein Kreuz und seine Auferstehung in ein neues Licht der Hoffnung und des Lebens gestellt. Bewertung der Zeit aus anderer Sichtweise

5. Liebe Brüder und Schwestern, Freunde in vorgerücktem Alter! In einer Welt wie der heutigen, in der oft Kraft und Leistung zum Mythos erhoben werden, habt ihr die Sendung, die Werte zu bezeugen, die jenseits des Scheines wirklich zählen und die für immer bleiben, weil sie ins Herz jedes Menschen hineingeschrieben und vom Wort Gottes verbürgt sind.

Gerade als Menschen in der sogenannten »dritten Lebensphase« habt ihr einen ganz besonderen Beitrag für die Entwicklung einer echten »Kultur des Lebens« darzubieten – habt ihr …, haben »wir«, denn auch ich gehöre eurer Altersgruppe an –, und zwar im Zeugnisgeben dafür, daß jeder Augenblick des Daseins ein Geschenk Gottes ist und daß jedes menschliche Lebensalter seinen eigenen Reichtum besitzt, den es der Allgemeinheit zur Verfügung zu stellen gilt.

Ihr selbst könnt erfahren, wie die Zeit, die ohne den Zwang zu vielen Tätigkeiten verstreicht, ein tieferes Nachdenken und einen ausgedehnteren Dialog mit Gott im Gebet ermöglicht. Eure Reife drängt euch ferner, die mit der Erfahrung gesammelte Weisheit mit den Jüngsten zu teilen und ihnen in den Schwierigkeiten des Wachstums zur Seite zu stehen, ihnen Zeit und Aufmerksamkeit zu widmen in dem Augenblick, wo sie sich für die Zukunft öffnen und ihren eigenen Weg im Leben suchen. Ihr könnt an ihnen eine wahrhaft wertvolle Aufgabe vollbringen.

Liebe Brüder und Schwestern! Die Kirche blickt mit großer Wertschätzung und Vertrauen auf euch. Die Kirche braucht euch! Aber auch die zivile Gesellschaft braucht euch! So habe ich vor einem Monat zu den Jugendlichen gesagt, und so sage ich heute zu euch Senioren, zu »uns« Senioren! Die Kirche braucht uns! Auch die zivile Gesellschaft braucht uns! Wißt die Zeit, über die ihr verfügt, und die Talente, die Gott euch verliehen hat, großherzig einzusetzen und euch mit dem Angebot eurer Hilfe und Unterstützung für die anderen zu öffnen. Leistet euren Beitrag, das Evangelium zu verkünden als Katecheten, Leiter von Gottesdiensten, Zeugen christlichen Lebens. Widmet Zeit und Kräfte dem Gebet, dem Lesen des Wortes Gottes und dem Nachdenken darüber.

6. »Ich zeige dir meinen Glauben aufgrund der Werke« (Jc 2,18). Mit diesen Worten hat der Apostel Jakobus uns aufgefordert, keine Angst zu haben, den Glauben an Christus offen und mutig im täglichen Leben zum Ausdruck zu bringen, besonders durch die Werke der Nächstenliebe und Solidarität gegenüber den in Not Befindlichen (vgl. V. 15–16).

306 Ich danke heute dem Herrn für die vielen Brüder und Schwestern, die diesen tätigen Glauben im täglichen Dienst an den Betagten bezeugen, aber auch für die vielen älteren Menschen, die sich im begrenzten Rahmen ihrer Möglichkeiten noch immer für die anderen aufopfern.

Bei diesem festlichen Anlaß der Heiligjahrfeier der Senioren wollt ihr das Bekenntnis eures Glaubens an Christus, den einzigen Erlöser des Menschen, und eure Zugehörigkeit zur Kirche mit dem Vorsatz eines Lebens, gelebt im Zeichen der Liebe, erneuern.

Miteinander wollen wir heute Dank sagen für das Geschenk der Menschwerdung des Gottessohnes und der von ihm vollbrachten Erlösung. Wir setzen den Pilgerweg unseres täglichen Daseins in der Gewißheit fort, daß die menschliche Geschichte in ihrer Gesamtheit und auch das persönliche Schicksal jedes einzelnen Teil eines göttlichen Planes sind, auf den das Geheimnis der Auferstehung Christi sein Licht wirft.

Bitten wir Maria, die im Glauben pilgernde Jungfrau und unsere himmlische Mutter, daß sie uns auf dem Weg des Lebens begleite und uns helfe, wie sie unser »Ja« zum Willen Gottes zu sagen, indem wir mit ihr unser »Magnificat« in Zuversicht und immerwährender Freude des Herzens singen.



EUCHARISTIEFEIER AUF DEM PETERSPLATZ ZUM ABSCHLUSS DES XX. INTERNATIONALEN MARIOLOGISCH-MARIANISCHEN KONGRESSES

Sonntag, 24. September 2000

Liebe Brüder und Schwestern!


1. »Und er stellte ein Kind in ihre Mitte…« (Mc 9,36). Diese einzigartige Geste Jesu, die uns im soeben verkündeten Evangelium in Erinnerung gerufen wurde, folgt unmittelbar auf jene Ermahnung, mit der der Meister die Jünger aufgefordert hatte, nicht der Macht, sondern dem Dienen den Vorrang zu geben. Diese Lehre mußte die Zwölf zutiefst treffen, denn sie hatten soeben »miteinander darüber gesprochen, wer (von ihnen) der Größte sei« (Mc 9,34). Offensichtlich hielt es der Meister für angebracht, eine solch anspruchsvolle Lehre mit der Ausdruckskraft dieser zärtlichen Geste zu verdeutlichen. Ein Kind, das – den damaligen Vorstellungen entsprechend – kaum von Bedeutung war, schloß er in seine Arme und identifizierte sich gewissermaßen mit ihm: »Wer ein solches Kind um meinetwillen aufnimmt, der nimmt mich auf« (Mc 9,37).

Diese einzigartige Episode aus dem Evangelium dient bei der heutigen Eucharistiefeier, die den 20. Internationalen Mariologisch-marianischen Kongreß und die Internationale Heiligjahrfeier der Marienheiligtümer beschließt, als Ausgangspunkt für unsere Reflexionen. Sie enthält nicht nur eine moralische Lehre, sondern sie ist in erster Linie von christologischer und indirekt auch von marianischer Bedeutung.

In der Umarmung des Kindes offenbart Christus vor allem die große Empfindsamkeit seines Herzens, das zu tiefer Sensibilität und Zuneigung fähig ist. Es zeigt sich hier insbesondere die Zärtlichkeit des Vaters, der ihn im Heiligen Geist von Ewigkeit an liebt und in seinem menschlichen Antlitz den »geliebten Sohn« erkennt, an dem er Gefallen findet (vgl. Mc 1,11 Mc 9,7). Dann ist da die zutiefst weibliche und mütterliche Zärtlichkeit, mit der Maria ihn während der langen Jahre, die sie im Haus von Nazaret verbrachten, umsorgt hat. Vor allem im Mittelalter verweilte die christliche Tradition oft vor dem Bildnis der Jungfrau mit dem Jesuskind in ihren Armen. So wendet sich etwa Aelred von Rievaulx mit liebevollen Worten an Maria und fordert sie auf, den nach drei Tagen im Tempel wiedergefundenen Sohn in die Arme zu schließen (vgl. ): »Nimm ihn, den du liebst, in deine Arme, liebreichste Frau, halte ihn fest umfangen, umarme und küsse ihn, gleiche die drei Tage seiner Abwesenheit durch vielfache Freude und Wonne aus« (De Iesu puero duodenni 8: SCh 60, S. 64).

2. »Wer der Erste sein will, soll der Letzte von allen und der Diener aller sein« (Mc 9,35). Die sinnbildliche Umarmung des Kindes verdeutlicht die ganze Kraft dieses Grundsatzes, der in der Person Jesu, und dann auch in Maria, seine beispielhafte Verwirklichung findet.

Niemand kann wie Jesus von sich sagen, der »Erste« zu sein, denn er ist »der Erste und der Letzte«, »das Alpha und das Omega« (vgl. Ap 22,13), der Abglanz der Herrlichkeit des Vaters (vgl. He 1,3). Bei seiner Auferstehung hat Gott ihm den »Namen verliehen, der größer als alle Namen ist« (Ph 2,9). Doch auf seinem Leidensweg erwies er sich auch als der »Letzte von allen«. Als »Diener aller« zögerte er nicht, seinen Jüngern die Füße zu waschen (vgl. Jn 13,14).

307 Ganz von nahem folgt ihm Maria in dieser Selbsterniedrigung nach! Sie, die zur göttlichen Mutterschaft auserwählt war und durch dieses herausragende Gnadengeschenk den Vorrang vor allen anderen Kreaturen hatte, sieht sich vor allem als »Magd des Herrn« (Lc 1,38 Lc 1,48) und widmet sich vollkommen dem Dienst am Sohn Gottes. Sie wird auch bereitwillig zur »Magd« der Brüder, wie aus verschiedenen Episoden des Evangeliums – von der Heimsuchung bis zur Hochzeit von Kana – deutlich hervorgeht.

3. Der von Jesus im Evangelium verkündete Grundsatz verdeutlicht somit auch die Größe Marias. Ihre »Vorrangstellung« gründet auf ihrer »Demut«. Und eben diese Demut ist es, die sie mit Gott verbindet, der sie mit seinen Gaben reich beschenkt und zur »kecharitomene«, zur Begnadeten (Lc 1,28), macht. Sie selbst bekennt im Magnifikat: »Denn auf die Niedrigkeit seiner Magd hat er geschaut … Denn der Mächtige hat Großes an mir getan« ().

Während des soeben abgeschlossenen mariologischen Kongresses habt ihr eure Aufmerksamkeit auf jene »großen Taten« gerichtet, die an Maria gewirkt worden sind. Ihr habt über ihre innerste und tiefste Dimension nachgedacht, nämlich jene ihrer ganz besonderen trinitarischen Beziehung. Maria ist die »Theotokos«, die Mutter des eingeborenen Sohnes Gottes: Daher ist es durchaus nicht verwunderlich, daß auch ihre Beziehung zum Vater und zum Heiligen Geist einzigartiger Natur sein muß.

Diese Beziehung befreite sie in ihrem Leben auf Erden jedoch keineswegs von den Mühen und Nöten des menschlichen Daseins: Maria teilte voll und ganz die alltägliche Wirklichkeit vieler einfacher Familien ihrer Zeit, denn auch sie mußte Armut, Leid, Flucht, Exil, Verständnislosigkeit erdulden. Somit wird sie durch ihre spirituelle Größe keineswegs »in die Ferne gerückt«: Sie ist unseren Weg gegangen und hat uns auf dem »Pilgerweg des Glaubens« (Lumen gentium LG 58) begleitet. Doch auf ihrem inneren Weg hielt sie in absoluter Treue am Plan Gottes fest. In eben dieser grenzenlosen Treue gründet auch die unendliche Größe, die sie zum »bescheidensten und höchsten der Geschöpfe« macht (Dante Alighieri, Die Göttliche Komödie, deutsch von Karl Vossler, Gütersloh).

4. Wir sehen in Maria vor allem die »bevorzugte geliebte Tochter« (Lumen gentium LG 53) des Vaters. Wir alle sind von Gott berufen, »seine Söhne zu werden durch Jesus Christus« (Ep 1,5), »Söhne im Sohn«. Für Maria gilt dies jedoch in ganz besonderer Weise, denn ihr kommt das Privileg zu, mit voller menschlicher Wahrheit die Worte Gottes über Jesus zu wiederholen: »Du bist mein Sohn« (vgl. Lc 3,22 Lc 2,48). Für ihre Aufgaben als Mutter ist sie mit außerordentlicher Heiligkeit ausgestattet worden, in der der Blick des Vaters ruht.

Eine einzigartige Beziehung verbindet Maria mit der zweiten trinitarischen Person, dem fleischgewordenen Wort, aufgrund ihrer unmittelbaren Mitwirkung am Geheimnis der Menschwerdung. Sie ist die Mutter, und als solche wird sie von Christus verehrt und geliebt. Zugleich erkennt sie in ihm ihren Herrn und Gott: sie wird seine aufmerksame und treue Schülerin (vgl. Lc 2,19 Lc 2,51) und seine großmütige Gefährtin (Lumen gentium LG 61) im Werk der Erlösung.Im fleischgewordenen Wort und in Maria ist die unendliche Distanz zwischen dem Schöpfer und seinem Geschöpf zu größter Nähe geworden. Sie bilden jenen heiligen Raum der geheimnisvollen Vermählung zwischen der göttlichen und menschlichen Natur, jenen Ort, an dem sich die Dreifaltigkeit erstmals offenbart und wo Maria die neue Menschheit verkörpert, bereit, in gehorsamer Liebe den Dialog des Bundes wieder aufzunehmen.

5. Was läßt sich über ihre Beziehung zum Heiligen Geist sagen? Maria ist das makellose »Heiligtum«, in dem er seine Wohnstatt nimmt. Die christliche Tradition sieht Maria als Urbild der gehorsamen Antwort auf den inneren Anruf des Geistes, als Vorbild einer bedingungslosen Annahme seiner Gnadengaben. Der Geist festigt ihren Glauben, stärkt ihre Hoffnung, entfacht die Flamme der Liebe. Durch den Geist wird ihre Jungfräulichkeit fruchtbar, und aus ihm entspringt ihr Freudengesang. Der Geist erleuchtet ihr Nachsinnen über das Wort und hilft ihr, nach und nach die Sendung des Sohnes zu verstehen. Und wiederum ist es der Geist, der sie in ihrer Verzweiflung auf dem Kalvarienberg stützt und der sie, mit den Aposteln im Gebet verharrend, am Pfingstmorgen auf die volle Ausgießung der Gnadengaben vorbereitet.

6. Liebe Brüder und Schwestern! Dieses Geheimnis der Gnade zeigt deutlich, daß die beiden Ereignisse, die mit dieser Eucharistiefeier zu Ende gehen – der Internationale Mariologisch-marianische Kongreß und die Internationale Heiligjahrfeier der Marienheiligtümer – vortrefflich in dieses Jubiläumsjahr passen. Ist es denn nicht das 2000jährige Jubiläum der Geburt Christi, das wir feiern? Es versteht sich demnach von selbst, daß das Jubiläum des Sohnes auch das Jubiläum der Mutter ist!

Daher wäre es wünschenswert, daß zu den Früchten dieses Gnadenjahres nicht nur die tiefere Liebe zu Christus, sondern auch eine erneuerte Marienverehrung gehören. Ja, Maria muß intensiv geliebt und verehrt werden, jedoch mit jener wahren Hingabe, die

in der Heiligen Schrift und der Tradition verwurzelt sein muß und hierbei vor allem die Liturgie zur Geltung kommen läßt und in ihr eine sichere Orientierung für die unmittelbarsten Ausdrucksformen der Volksfrömmigkeit findet;

in dem Bemühen zum Ausdruck kommen muß, der »Allerseligsten« auf dem Weg zur persönlichen Vollkommenheit nachzueifern;

308frei sein muß von jeder Form des Aberglaubens und nichtiger Leichtgläubigkeit, um, im Einklang mit dem Urteil der Kirche, im richtigen Sinn jene außerordentlichen Erscheinungen aufzunehmen, durch die sich die selige Jungfrau gelegentlich für das Wohl des Gottesvolkes mitteilt;

fähig sein muß, stets zum Ursprung der Größe Marias zurückzufinden und zum immerwährenden lobpreisenden Magnifikat an den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist zu werden.

7. Liebe Brüder und Schwestern! »Wer ein solches Kind um meinetwillen aufnimmt, nimmt mich auf«, sagt uns Jesus im Evangelium. Ebenso könnte er sagen: »Wer meine Mutter aufnimmt, nimmt mich auf.« Und Maria, die ihrerseits mit kindlicher Liebe angenommen wird, deutet auf ihren Sohn, so wie damals bei der Hochzeit zu Kana: »Was er euch sagt, das tut« (
Jn 2,5).

Dies, meine Lieben, gibt euch die heutige Jubiläumsfeier, die Christus und seine allerheiligste Mutter in einem einzigen Lobpreis vereint, mit auf den Weg. Ein jeder von euch möge reiche spirituelle Früchte erhalten und zur wahren Erneuerung des Lebens ermutigt werden. Ad Iesum per Mariam! [Durch Maria zu Jesus!] Amen.



GEDENKMESSE FÜR DIE VERSTORBENEN PÄPSTE PAUL VI. UND JOHANNES PAUL I.

Donnerstag, 28. September 2000



1. »Legt euren Gürtel nicht ab, und laßt eure Lampen brennen!« (Lc 12,35).

Viele Male lädt Christus die Jünger im Evangelium zur Wachsamkeit ein. Eigentlich handelt es sich um einen deutlichen Aufruf: Wacht! Seid bereit! Dieser Aufruf gilt auch uns, verehrte Brüder, die wir um den Altar des Herrn versammelt sind, um sein Opfer für die auserwählten Seelen der Päpste Paul VI. und Johannes Paul I. zu feiern. Es ist in diesem Moment ergreifend, an sie zu denken und sie beide zu sehen, wie sie »mit angelegtem Gürtel und brennenden Lampen« dank ihres persönlichen Tugendgrads und ihres Dienstes für die endgültige Begegnung mit Christus, dem Herrn, bereit sind.

Insbesondere für Papst Luciani hat sich die Seligpreisung wörtlich erfüllt: »Selig die Knechte, die der Herr wach findet, wenn er kommt« (Lc 12,38). Und daß er in seinem Eifer für die Kirche wachsam war, zeigt der tiefe Eindruck, den er in den Herzen der Gläubigen – trotz seines kurzen Pontifikats – hinterlassen hat.

2. In diesem Jahr bekommt die traditionelle Feier für meine verehrten Vorgänger Paul VI. und Johannes Paul I. durch die Gnadenzeit des Jubiläums einen besonderen Sinn und eine größere geistliche Wirkung.

Genauer betrachtet, kommt diese Feier nicht nur den Seelen dieser unserer verstorbenen Brüder zugute, sondern sie ist auch zu unserem Wohl, die wir hier im Gebet versammelt sind. Wenn uns nun die Möglichkeit gegeben ist, dieser Verstorbenen zu gedenken, so laden sie uns von jenseits der Schwelle des Todes dazu ein, über das letzte Ziel dieser irdischen Pilgerschaft nachzudenken.

3. »Was kann uns scheiden von der Liebe Christi?« (Rm 8,35). Es ist der Apostel Paulus, der diese Frage stellt. Wir kennen die Antwort: die Sünde trennt den Menschen von Gott, aber die Geheimnisse der Menschwerdung, des Leidens, des Todes und der Auferstehung Christi haben den gebrochenen Bund wiederhergestellt. Niemand und nichts kann uns von der Liebe Gottes, des Vaters, trennen, die in der Kraft des Heiligen Geistes von Jesus Christus geoffenbart und verwirklicht ist. Der Tod selbst, vom Gift der Sünde befreit, hat seinen Schrecken verloren: für den, der glaubt, ist er zum Schlaf geworden, der die ewige Ruhe im verheißenen Land vorwegnimmt.

309 Das Buch der Weisheit hat uns daran erinnert, daß »der Gerechte aber, kommt auch sein Ende früh, […] in Gottes Ruhe ein[geht]«, denn »er gefiel Gott und wurde von ihm geliebt« (Weish 4,7,10). Welch große Liebe hat der Vater für die verehrten Päpste Paul VI. und Johannes Paul I. vorgesehen! Er hat sie zum Glauben gerufen, zum Priestertum, zum Bischofsamt und zum Petrusamt. Er hat sie bereichert mit unzähligen Gaben der Weisheit und Tugenden. Und wir, die wir für sie beten, vertrauen darauf, »daß Gnade und Erbarmen seinen Auserwählten zuteil wird« (Sg 4,15). Wir sagen Dank, daß er sie der Kirche zum Geschenk gemacht hat. Durch ihr Zeugnis und ihren Dienst wurde – und wird auch heute noch – die Kirche aufgebaut.

4. »Meine Seele dürstet nach Gott, nach dem lebendigen Gott« (Ps 42,3). Dieser Durst, den Papst Montini und Papst Luciani so stark gespürt haben, wird dann gestillt sein, wenn »sie kommen und Gottes Antlitz schauen werden« (vgl. Ps 42,3).

In die Schar der Seligen, die bereits Gottes Herrlichkeit schauen, sind seit kurzer Zeit zwei Päpste aufgenommen: Pius IX. und Johannes XXIII. Ihrer besonderen Fürsprache vertrauen wir heute unsere Gebetsanliegen an, damit in der himmlischen Liturgie Paul VI. und Johannes Paul I. voranschreiten: »wie ich zum Haus Gottes zog in festlicher Schar, mit Jubel und Dank in feiernder Menge« (Ps 42,5).

Dort, am Thron des Höchsten, möge sie die selige Jungfrau Maria empfangen, in deren unbefleckter Schönheit sie endlich in Vollendung jene Kirche bewundern können, die sie auf Erden geliebt und der sie gedient haben.




Predigten 1978-2005 302