Predigten 1978-2005 605


EUCHARISTIEFEIER ANLÄSSLICH DES 150. JAHRESTAGES DER VERKÜNDIGUNG DES DOGMAS VON DER UNBEFLECKTEN EMPFÄNGNIS MARIENS

Hochfest der Unbefleckten Empfängnis der Sel. Jungfrau Maria

Mittwoch, 8. Dezember 2004

1.»Sei gegrüßt, du Begnadete, der Herr ist mit dir« (Lc 1,28).

Mit diesen Worten des Erzengels Gabriel wenden wir uns mehrmals am Tag an die Jungfrau Maria. Wir wiederholen sie heute am Hochfest der ohne Erbsünde empfangenen Jungfrau und Gottesmutter Maria mit besonders großer Freude, weil wir des 8. Dezember 1854 gedenken, an dem der selige Pius IX. dieses wunderbare Dogma des katholischen Glaubens in dieser vatikanischen Basilika verkündet hat.

Ich grüße herzlich alle, die heute hier versammelt sind, insbesondere die Vertreter der Nationalen Mariologischen Gesellschaften, die am Internationalen Marianisch-mariologischen Kongreß teilgenommen haben, der von der Päpstlichen Marianischen Akademie veranstaltet wurde.

Ferner grüße ich euch, liebe anwesende Brüder und Schwestern, die ihr gekommen seid, um die Unbefleckte Jungfrau in kindlicher Liebe zu verehren. Allen voran grüße ich Kardinal Camillo Ruini und erneuere meine herzlichsten Glückwünsche zu seinem Priesterjubiläum, wobei ich ihm meinen aufrichtigen Dank für den Dienst ausspreche, den er mit großmütiger Hingabe für die Kirche als mein Generalvikar für die Diözese Rom und als Vorsitzender der Italienischen Bischofskonferenz geleistet hat und weiterhin leistet.

606 2. Wie tief ist das Geheimnis der Unbefleckten Empfängnis, das uns die heutige Liturgie vorstellt! Ein Geheimnis, das die Kontemplation der Gläubigen immer wieder anregt und das Nachdenken der Theologen inspiriert. Das Thema des zuvor erwähnten Kongresses – »Maria von Nazaret nimmt den Sohn Gottes in die Geschichte auf« – ermöglichte eine Vertiefung der Lehre von Marias Unbefleckter Empfängnis als Voraussetzung für die Aufnahme des Wortes Gottes in ihrem jungfräulichen Schoß, des Erlösers des Menschengeschlechtes, der von ihr Fleisch angenommen hat.

»Voll der Gnade«, »?e?a??t?µe??«: Nach dem griechischen Original des Lukasevangeliums wendet sich der Engel mit diesem Beinamen an Maria. Es ist der Name, mit dem Gott die Jungfrau durch seinen Boten bezeichnen wollte. So hat er sie von Ewigkeit her, »ab aeterno«, erdacht und gesehen.

3. In dem soeben verkündeten Hymnus des Briefes an die Epheser preist der Apostel Gott, den Vater, denn er hat »uns mit allem Segen seines Geistes gesegnet durch unsere Gemeinschaft mit Christus im Himmel« (1,3). Mit welch außerordentlichem Segen hat Gott am Anfang der Zeit Maria bedacht! Du bist wirklich mehr gesegnet als alle anderen Frauen, Maria (vgl.
Lc 1,42)!

Gott, der Vater, hat sie in Christus vor der Erschaffung der Welt erwählt, damit sie heilig und untadelig lebe vor Gott; er hat sie aus Liebe im voraus dazu bestimmt, Erstlingsfrucht der Gotteskindschaft zu werden durch Jesus Christus« (vgl. ).

4. Marias Vorausbestimmung wie auch die eines jeden von uns bezieht sich auf die Vorausbestimmung des Sohnes. Christus ist jener »Nachwuchs«, der gemäß dem Buch Genesis die alte Schlange »am Kopf trifft« (vgl. Gn 3,15); er ist das »fehlerfreie« Lamm (vgl. Ex 12,5 1P 1,19), das geopfert wurde, um die Menschheit von der Sünde zu erlösen.

Im Hinblick auf seinen Erlösungstod wurde seine Mutter Maria vor der Erbsünde und vor jeder anderen Sünde bewahrt. Im Sieg des neuen Adam ist auch der Sieg der neuen Eva, der Mutter der Erlösten, enthalten. So ist die Immaculata Zeichen der Hoffnung für alle Lebenden, die den Satan durch das Blut des Lammes besiegt haben (vgl. Ap 12,11).

5. Wir betrachten heute die demütige junge Frau von Nazaret, die heilig und untadelig vor Gott in der »Liebe« lebte (vgl. Ep 1,4), deren Ursprung der Dreifaltige Gott selbst ist.

Welch erhabenes Werk der Heiligsten Dreifaltigkeit ist die Unbefleckte Empfängnis der Mutter des Erlösers! In der Bulle Ineffabilis Deus weist Pius IX. darauf hin, daß Gott, der Allmächtige, »durch ein und denselben Ratschluß die Herkunft Marias und die Fleischwerdung der göttlichen Weisheit« festgesetzt hat (Pii IX Pontificis Maximi Acta, Pars prima, S. 559).

Das »Ja« der Jungfrau bei der Verkündigung des Engels verbindet sich mit unserem konkreten irdischen Dasein, in demütigem Gehorsam gegenüber dem göttlichen Willen, die Menschheit nicht vor der Geschichte, sondern in der Geschichte zu retten. Denn die »neue Eva« hat, von jedem Makel der Erbsünde bewahrt, in einzigartiger Weise das Wirken Christi als vollkommener Mittler und Erlöser erfahren. Als erste von ihrem Sohn Erlöste hat sie in Fülle an seiner Heiligkeit teil; sie ist bereits das, was die ganze Kirche zu sein wünscht und hofft. Sie ist die eschatologische Ikone der Kirche.

6. Die Immaculata, die Anfang der Kirche, der makellosen Braut Christi, ist (vgl. Präfation), geht dem Volk Gottes immer den »Pilgerweg des Glaubens« ins Himmelreich voran (vgl. Lumen gentium LG 58 Redemptoris Mater RMA 2).

In der Unbefleckten Empfängnis Mariens sieht die Kirche, wie sich, vorweggenommen in ihrem hervorragendsten Mitglied, bereits die österliche Gnade der Erlösung abzeichnet.

607 Im Ereignis der Menschwerdung findet sie den Sohn und die Mutter untrennbar miteinander verbunden: denjenigen, »der ihr Herr und Haupt ist, und diejenige, die durch das erste ›Fiat‹ des Neuen Bundes ein Vorbild für ihre Aufgabe als Braut und Mutter darstellt« (Redemptoris Mater RMA 1).

7. Dir, Unbefleckte Jungfrau, die du von Gott über alle anderen Geschöpfe hinaus als Fürsprecherin der Gnade und als Vorbild der Heiligkeit für sein Volk vorherbestimmt bist, vertraue ich heute erneut in besonderer Weise die ganze Kirche an.

Führe du ihre Kinder auf dem Pilgerweg des Glaubens, und mache sie dem Wort Gottes immer gehorsamer und treuer.

Begleite du jeden Christen auf dem Weg der Umkehr und der Heiligkeit, im Kampf gegen die Sünde und in der Suche nach der wahren Schönheit, die immer Abglanz und Widerschein der göttlichen Schönheit ist.

Erwirke du allen Völkern Frieden und Heil. Der Ewige Vater, der dich als Unbefleckte Mutter des Erlösers gewollt hat, erneuere auch in unserer Zeit durch dich die Wunder seiner barmherzigen Liebe. Amen.



EUCHARISTIEFEIER IM PETERSDOM FÜR DIE DOZENTEN UND STUDENTEN

DER RÖMISCHEN UNIVERSITÄTEN

: Dienstag, 14. Dezember 2004
1.»Komm, o Herr, die Welt erwartet dich!«

Die Anrufung, die wir eben wiederholt haben, führt uns gut in die Atmosphäre des Advents ein – eine Zeit der Erwartung und Hoffnung, in der die jährliche Liturgiefeier mit euch, liebe Studenten, stattfindet.

Ich danke euch, daß ihr dieses hoffnungsvolle Warten auf das Kommen des Herrn im Geheimnis der Nacht von Betlehem jedes Jahr mit mir teilen möchtet. Danke, denn als »Wächter des Morgens« wollt ihr – heute, in diesen Wochen und das ganze Leben lang – wachen, um für den Empfang des nahenden Herrn bereit zu sein.

Ganz herzlich begrüße ich euch alle: die akademische Gemeinschaft der römischen Universitäten und die Delegationen der Universitäten anderer europäischer Städte; den stellvertretenden Minister für Bildung, Universität und Forschung und die anderen hier anwesenden Autoritäten; ich begrüße die Universitätsseelsorger und die Mitglieder des Orchesters und der Universitätschöre aus Rom und Latium.

Mein besonderer Dank gilt Herrn Professor Ornaghi und der Studentin, die mir in eurem Namen herzliche Zuneigung und Wünsche zum Weihnachtsfest ausgesprochen haben.

608 2. Liebe Studenten, wir befinden uns im Jahr der Eucharistie, und zur Vorbereitung auf den Weltjugendtag habt ihr das Thema »Eucharistie und Wahrheit über den Menschen« zum Gegenstand eurer Überlegungen gemacht. Es ist ein anspruchsvolles Thema, denn vom eucharistischen Geheimnis fühlen wir uns angespornt, die Wahrheit unseres Glaubens, unserer Hoffnung und unserer Liebe zu überprüfen.

Man kann nicht gleichgültig bleiben, wenn Christus sagt: »Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel herabgekommen ist« (
Jn 6,51). In unserem Gewissen taucht sofort die Frage auf, die er stellt: »Glaubst du, daß ich es bin? Glaubst du wirklich?« Im Licht seiner Worte: »Wer von diesem Brot ißt, wird in Ewigkeit leben« (ebd.), können wir nicht umhin, uns über Sinn und Wert unseres Alltags zu befragen.

Und was soll zur Frage über die wahre Liebe gesagt werden, wenn man die Worte des Herrn meditiert: »Das Brot, das ich geben werde, ist mein Fleisch, (ich gebe es hin) für das Leben der Welt« (ebd.)? Ja. In diesem Brot, dem eucharistischen Brot, ist das heilbringende Opfer des Lebens enthalten, das Christus für das Leben der Welt hingegeben hat. Kommt einem dann nicht ganz spontan die Frage: »Und mein ›Fleisch‹ – das heißt meine Menschlichkeit, mein Dasein –, ist es auch für jemanden hingegeben? Ist es erfüllt von Gottes- und Nächstenliebe? Oder bleibt es im erdrückenden Kreislauf des Egoismus eingeschlossen?«

3. Ihr, liebe Studenten, seid auf der ständigen Suche nach der Wahrheit. Zur Wahrheit über den Menschen gelangt man jedoch nicht allein durch die Mittel, die uns die Wissenschaft in ihren unterschiedlichen Fachrichtungen bietet. Ihr wißt gut, daß man den Kern der Wahrheit über den Menschen, der Wahrheit über uns selbst, nur dank des liebevollen Blicks Christi entdecken kann. Und Er, der Herr, kommt im Geheimnis der Eucharistie auf uns zu. Hört deshalb nie auf, Ihn zu suchen; dann werdet ihr in seinen Augen einen anziehenden Widerschein jener Güte und Schönheit finden, die er selbst durch die Gabe seines Geistes in eure Herzen ausgegossen hat. Dieser geheimnisvolle Abglanz seiner Liebe sei das Licht, das euch stets auf eurem Weg leitet!

Das ist der Wunsch, den ich kurz vor dem Weihnachtsfest voll Zuneigung für jeden von euch ausspreche, liebe Brüder und Schwestern. Der Sohn Gottes, der zu unserem Heil Mensch wurde, gebe euch den Mut, im Licht seiner grenzenlosen Liebe die Wahrheit über euch selbst zu suchen! Unser Erlöser ist schon nahe: Geht ihm entgegen! Amen.



CHRISTMETTE

PREDIGT VON PAPST JOHANNES PAUL II.

Heiligabend - 24. Dezember 2004

1.„Adoro Te devote, latens Deitas“.

In dieser Nacht ist mein Herz von den Anfangsworten des bekannten eucharistischen Hymnus erfüllt, der mich in diesem Jahr, das auf besondere Weise der Eucharistie gewidmet ist, Tag für Tag begleitet.

Im Sohn der Jungfrau, der, „in Windeln gewickelt, in einer Krippe liegt“ (Lc 2,12), erkennen wir und beten an „das Brot, das vom Himmel herabgekommen ist“ (Jn 6,41 Jn 6,51), den Erlöser, der auf die Erde gekommen ist, um der Welt das Leben zu geben.

2. Betlehem! Die Stadt, in der Jesus Christus gemäß der Schrift geboren wurde, bedeutet auf hebräisch „Haus des Brotes“. Dort also sollte der Messias geboren werden, der von sich gesagt hat: „Ich bin das Brot des Lebens“ (Jn 6,35 Jn 6,48).

In Betlehem ist Der geboren, der unter dem Zeichen des gebrochenen Brotes sein Pascha-Gedächtnis hinterlassen hat. Die Anbetung des Jesuskindes wird in dieser Heiligen Nacht zur eucharistischen Anbetung.

609 3. Wir beten dich an, Herr, der du im Sakrament des Altares wirklich gegenwärtig bist, du lebendiges Brot, das dem Menschen Leben gibt. Zartes, wehrloses Kind in der Krippe, wir bekennen dich als unseren einzigen Gott! In der Fülle der Zeit bist du „Mensch unter Menschen geworden, um Ende und Anfang zu verbinden, das heißt den Menschen mit Gott zu vereinen“ (vgl. hl.Irenäus, Adv. haer., IV, 20,4).

In dieser Nacht wurdest du, unser Göttlicher Erlöser, geboren, und für uns Wanderer auf den Pfaden der Zeit hast du dich zur Speise des ewigen Lebens gemacht.

Denk an uns, ewiger Sohn Gottes, der du im jungfräulichen Schoß Marias Fleisch geworden bist. Deiner bedarf die ganze Menschheit, die von so vielen Prüfungen und Schwierigkeiten gezeichnet ist.

Bleibe bei uns, du lebendiges Brot, das zu unserem Heil vom Himmel herabgekommen ist! Bleib immer bei uns. Amen!





JAHRESSCHLUSSGOTTESDIENST IM PETERSDOM MIT TE DEUM

Freitag, 31. Dezember 2004

1.Ein weiteres Jahr geht zu Ende. Im lebhaften Bewußtsein der Flüchtigkeit der Zeit sind wir heute abend hier versammelt, um Gott zu danken für alle Gaben, die er uns im Laufe des Jahres 2004 geschenkt hat.

Wir tun es, indem wir traditionsgemäß das »Te Deum« singen.

2. »Te Deum laudamus!«

Wir danken dir, Vater, daß du, als die Zeit erfüllt war, deinen Sohn gesandt hast (vgl. Ga 4,4), nicht um die Welt zu richten, sondern damit die Welt durch ihn mit unermeßlicher Liebe gerettet wird (vgl. Jn 3,17).

Wir danken dir, Herr Jesus, unser Erlöser, daß du von Maria, der jungfräulichen Mutter, unsere menschliche Natur hast annehmen wollen. In diesem Jahr der Eucharistie wollen wir dir für das Geschenk deines Leibes und deines Blutes im Sakrament des Altares noch eifriger danken.

Wir loben dich, Heiliger Geist, Paraklet, und danken dir, daß du uns unsere Sohnschaft zu Bewußtsein bringst (vgl. Rm 8,16) und uns lehrst, daß wir, uns an Gott wendend, ihn Vater, »Abbà«, nennen (vgl. Jn 4,23-24 Ga 4,6).

610 3. Liebe Brüder und Schwestern der Diözesangemeinschaft Roms! Bei unserer Begegnung zum Jahresschluß richte ich jetzt meinen herzlichen Gruß an euch. Ich grüße vor allem den Kardinalvikar, die Weihbischöfe, die Priester, die geweihten Personen und jedes Mitglied des christlichen Volkes. Ich grüße voll Hochachtung den Präsidenten der Region, den Bürgermeister von Rom, den Präsidenten der Provinz und die übrigen anwesenden zivilen Obrigkeiten.

Liebe Brüder und Schwestern, wir danken gemeinsam Gott für die Zeichen der Güte und Barmherzigkeit, mit denen er unsere Stadt auf ihrem Weg in den vergangenen Monaten begleitet hat. Möge er alle apostolischen Vorhaben und guten Initiativen vollenden.

4. »Salvum fac populum tuum, Domine«, »Herr, rette dein Volk«. Darum bitten wir dich heute abend durch Maria, während wir die Erste Vesper des Festes ihrer Gottesmutterschaft feiern.

Heilige Mutter des Erlösers, begleite uns bei diesem Übergang ins neue Jahr. Erwirke für Rom und für die ganze Welt das Geschenk des Friedens. Mutter Gottes, bitte für uns!


                                                                  2005



EUCHARISTIEFEIER AM HOCHFEST DER GOTTESMUTTER MARIA

XXXVIII. WELTFRIEDENSTAG

Samstag, 1. Januar 2005



1. »Gruß dir, heilige Mutter, du hast den König geboren, der in Ewigkeit herrscht über Himmel und Erde« (Eröffnungsvers).

Am ersten Tag des Jahres versammelt sich die Kirche zum Gebet vor der Ikone der Mutter Gottes und ehrt voll Freude diejenige, die der Welt die Frucht ihres Leibes, Jesus, den »Fürst des Friedens« (Is 9,5), geschenkt hat.

2. Inzwischen ist es feste Tradition geworden, am gleichen Tag den Weltfriedenstag zu feiern. Aus diesem Anlaß entbiete ich den verehrten Botschaftern des Diplomatischen Korps beim Heiligen Stuhl mit Freude herzliche Glückwünsche. Einen besonderen Gruß richte ich an die Botschafter jener Länder, die jüngst von der ungeheuren Naturkatastrophe am schwersten getroffen wurden.

Mein dankbarer Gruß gilt auch den Mitgliedern des Staatssekretariats unter der Leitung von Kardinal Angelo Sodano sowie den Mitgliedern des Päpstlichen Rates für Gerechtigkeit und Frieden und insbesondere ihrem Präsidenten Kardinal Renato Martino.

3. Der Weltfriedenstag ist eine Einladung an die Christen und alle Menschen guten Willens, ihren entschiedenen Einsatz für den Aufbau des Friedens zu erneuern. Das setzt die Annahme einer grundlegenden moralischen Forderung voraus, die in den Worten des Apostels Paulus gut zum Ausdruck kommt: »Laß dich nicht vom Bösen besiegen, sondern besiege das Böse durch das Gute!« (Rm 12,21).

611 Angesichts der vielen Manifestationen des Bösen, die leider die Menschheitsfamilie verletzen, besteht die vorrangige Aufgabe darin, den Frieden mit konsequenten Mitteln zu fördern, wobei dem Dialog, den Werken der Gerechtigkeit und der Erziehung zur Vergebung großes Gewicht zukommt (vgl. Botschaft zum Weltfriedenstag 2005, 1).

4. Das Böse mit den Waffen der Liebe zu besiegen wird zum Mittel, durch das jeder zum Frieden aller beitragen kann. Das ist der Weg, den die Christen und Glaubenden der verschiedenen Religionen mit allen, die sich im universalen moralischen Gesetz wiedererkennen, zu gehen berufen sind.

Liebe Brüder und Schwestern, unsere gemeinsame Sendung ist es, den Frieden auf Erden zu fördern!

Die Jungfrau Maria helfe uns, die Worte des Herrn zu verwirklichen: »Selig, die Frieden stiften, denn sie werden Söhne Gottes genannt werden!« (
Mt 5,9).

Allen ein gutes neues Jahr! Gelobt sei Jesus Christus!





EXEQUIEN FÜR DEN VERSTORBENEN

KARDINAL JAN PIETER SCHOTTE IM PETERSDOM

Freitag, 14. Januar 2005



1. »Selig, die Frieden stiften…« (Mt 5,9). Die Worte Christi sind für uns Licht und Trost in dieser von Trauer erfüllten Liturgiefeier, in der wir von unserem verehrten Bruder, dem geschätzten Kardinal Jan Pieter Schotte, Abschied nehmen.

Er war ein Mann des Friedens! Er hat aus dem Wert des Friedens einen der prägenden Aspekte seines langen Dienstes und aufopferungsvollen Einsatzes für die Weltkirche und insbesondere für den Heiligen Stuhl gemacht. Er war davon überzeugt, daß der Christ Zeugnis für den Frieden ablegen muß, und wählte daher als bischöflichen Wahlspruch die Worte: »Parare viam Domino pacis.« In diesem Wahlspruch ist der Bezug auf Johannes den Täufer zu erkennen, den Patron der Kongregation vom Unbefleckten Herzen Mariä, der er angehörte. Die Aufgabe des Täufers bestand nämlich darin, dem Herrn den Weg zu bereiten (vgl. Lc 1,76). Kardinal Schotte wollte ausdrücklich den Frieden erwähnen und setzte dieses Wort neben den Namen des Herrn – »Parare viam Domino pacis« –, um gleichsam zu unterstreichen, daß der wahre Friede nur in der Annahme Christi und seines Evangeliums erreicht werden kann (vgl. Weish Sg 3,3).

2. Nachdem er in seiner religiösen Familie wichtige Aufgaben erfüllt hatte, stellte der verstorbene Kardinal seine vielfältigen Gaben der Intelligenz, Menschlichkeit und Spiritualität über 30 Jahre lang großherzig und unermüdlich der Römischen Kurie in verschiedenen Ämtern zur Verfügung. Ich denke an seine Arbeit zunächst im Staatssekretariat und dann in der Päpstlichen Kommission »Iustitia et Pax«, aus der ich ihn anschließend dazu berief, die Aufgabe des Generalsekretärs der Bischofssynode zu übernehmen. Auch kann ich nicht vergessen, was er unter anderem als Präsident des Arbeitsbüros des Heiligen Stuhls geleistet hat.

Unermüdlich stiftete er Gemeinschaft und arbeitete aktiv an der universalen pastoralen Sorge des Nachfolgers Petri mit.

3. Wir erinnern uns an diesen unseren lieben und verehrten Bruder als Zeugen der Liebe, die von Gott kommt und die das Fundament der kirchlichen Einheit ist (vgl. 1Jn 3,14-16). Es tröstet uns die Hoffnung, daß er jetzt den »Herrn des Friedens«, den er so sehr geliebt und dem er so großherzig in seinem Leben gedient hat, von Angesicht zu Angesicht sieht.

612 Der barmherzige Herr möge ihn in sein Reich des Friedens aufnehmen. Die Unbefleckte Jungfrau begleite ihn, wenn er nun den Lohn erhält, der den guten und treuen Dienern des Evangeliums verheißen ist. Amen!







Predigten 1978-2005 605