Predigten 1978-2005 381


EUCHARISTIEFEIER IM ABBASIDEN-STADION VON DAMASKUS

Sonntag, 6. Mai 2001



»Saule, Saule, quid me persequeris?«

1. »Saul, Saul, warum verfolgst du mich?« Er antwortete:»Wer bist du, Herr?« Dieser sagte: »Ich bin Jesus, den du verfolgst. Steh auf und geh in die Stadt; dort wird dir gesagt werden, was du tun sollst« (Ac 9,4 – 6).

Als Pilger bin ich heute nach Damaskus gekommen, um die Erinnerung an jene Begebenheit zu beleben, die sich vor 2000 Jahren hier ereignete: die Bekehrung des hl. Paulus. Nach Damaskus unterwegs, um die Bekenner des Namens Christi zu bekämpfen und einzukerkern, erlebt Saul in der Nähe dieser Stadt eine einzigartige Erleuchtung. Der auferstandene Christus zeigt sich ihm auf dem Weg, und unter dem Einfluß dieser Begegnung vollzieht sich in ihm eine tiefe Verwandlung: Aus dem Verfolger wird ein Apostel, aus dem Gegner des Evangeliums wird dessen großer Missionar. Die Lesung aus der Apostelgeschichte erinnert in sehr detaillierter Weise an dieses Ereignis, das den Lauf der Geschichte veränderte: »Dieser Mann ist mein auserwähltes Werkzeug: Er soll meinen Namen vor Völker und Könige und die Söhne Israels tragen. Ich werde ihm auch zeigen, wie viel er für meinen Namen leiden muß« (Ac 9,15 – 16).

Seligkeit, ich danke Ihnen aufrichtig für Ihre liebenswürdigen Willkommensworte zu Beginn dieser Feier. Durch Ihre Person grüße ich herzlich die Bischöfe und Mitglieder der griechisch-katholischen Kirche der Melkiten, deren Patriarch Sie sind. Meine herzlichen Grüße gehen auch an die Kardinäle, Patriarchen, Bischöfe, Priester und Gläubigen aller katholischen Gemeinschaften Syriens und der anderen Länder dieser Region. Ich freue mich über die brüderliche Anwesenheit der Patriarchen, Bischöfe und Gläubigen der anderen Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften, und ich entbiete ihnen meinen herzlichen Gruß. Ihnen, liebe orthodoxe Patriarchen, danke ich für Ihre herzliche Teilnahme und die Ihrer Gemeinschaften an meiner Pilgerfahrt. Aufrichtig danke ich dem Minister für das höhere Bildungswesen, Herrn Hassan Rysha, in Vertretung des Präsidenten der Republik, und den Mitgliedern der muslimischen Gemeinschaft, die sich bei dieser Gelegenheit ihren christlichen Freunden haben anschließen wollen. Im Verlauf dieses Tages des Martyriums wollen wir all jener gedenken, die für die Verteidigung ihres Vaterlandes ihr Leben gelassen haben, indem wir sie der Barmherzigkeit aller Heiligen anempfehlen.

2. Das außergewöhnliche Ereignis, das sich unweit von hier zutrug, war für die Zukunft Paulus’ und der Kirche von entscheidender Bedeutung. Die Begegnung mit Christus hat das Leben des Apostels von Grund auf verändert, denn sie berührte ihn im Innersten seines Wesens und öffnete ihn vollkommen auf die göttliche Wahrheit hin. Paulus akzeptierte aus freiem Willen, diese Wahrheit anzuerkennen und sein Leben in die Nachfolge Christi zu stellen. Durch die Aufnahme des göttlichen Lichts und die Taufe wurde sein Wesen im tiefsten Inneren dem Wesen Christi gleichgestaltet; so wurde sein Leben verwandelt, und er fand sein Glück im Glauben und im Vertrauen auf denjenigen, der ihn aus der Finsternis in sein wunderbares Licht berief (vgl. 2Tm 1,12 Ep 5,8 Rm 13,12). Die Begegnung mit dem Auferstandenen, die sich im Glauben ereignet, ist in der Tat ein Licht auf dem Weg der Menschen, ein Licht, das die ganze Existenz durchdringt. Auf dem strahlenden Antlitz Christi offenbart sich die Wahrheit Gottes auf augenscheinliche Weise. Halten auch wir unseren Blick fest auf den Herrn gerichtet! O Christus, Licht der Welt, verbreite über uns und über alle Menschen diesen vom Himmel kommenden Glanz, der deine Apostel umgab! Erleuchte und läutere die Augen unseres Herzens, um uns zu lehren, alles im Licht deiner Wahrheit und deiner Liebe zur Menschheit anzusehen!

Die Kirche hat der Welt kein anderes Licht weiterzugeben als das Licht, das sie von ihrem Herrn erhält. Wir, die wir im Tod und in der Auferstehung Christi getauft wurden, haben die göttliche Erleuchtung empfangen, und es ist uns gegeben, Kinder des Lichts zu sein. Erinnern wir uns an den schönen Ausruf des hl. Johannes von Damaskus, der den Ursprung unserer gemeinsamen kirchlichen Berufung herausstellt: »Du hast mich dadurch zum Licht geführt, daß du mich an Sohnes Statt annahmst, und du hast mich unter die Mitglieder deiner heiligen und makellosen Kirche eingereiht« (vgl. Darlegung über den orthodoxen Glauben, 1). Das Wort Gottes ist auf unserem Weg ein helles Licht; es ermöglicht uns die Erkenntnis der Wahrheit, die frei macht und heiligt.

382 3. »Danach sah ich: eine große Schar aus allen Nationen und Stämmen, Völkern und Sprachen; niemand konnte sie zählen. Sie standen in weißen Gewändern vor dem Thron und vor dem Lamm und trugen Palmzweige in den Händen« (Ap 7,9).

Dieser Text der heutigen Liturgie aus dem Buch der Offenbarung zeigt auf eigene Weise das Werk, das durch den apostolischen Dienst des hl. Paulus vollbracht wurde. Paulus spielte in der Tat eine wesentliche Rolle bei der Verkündigung des Evangeliums außerhalb der Grenzen des Landes Jesu. Die ganze damals bekannte Welt, angefangen bei den Ländern rund um das Mittelmeer, wurde zum Feld der paulinischen Evangelisierung, und wir können sagen, daß in der Folgezeit, im Laufe aller Jahrhunderte bis in unser Zeitalter, die gewaltige Fortentwicklung der Verkündigung des Evangeliums in gewisser Weise die logische Fortsetzung des Wirkens des Völkerapostels darstellt. Bis in unsere Tage hinein trägt die Kirche die Früchte seiner apostolischen Tätigkeit in sich, und sie greift ständig auf den missionarischen Dienst des hl. Paulus zurück, der für ganze Generationen von Christen zum Pionier und zur inspirierenden Kraft jeder Art von Mission geworden ist.

Nach dem Beispiel des Paulus ist die gesamte Kirche aufgefordert, ihren Blick bis zu den Grenzen der Erde zu erheben, um die ihr anvertraute Sendung fortzusetzen, nämlich allen Völkern und Kulturen das Licht des Auferstandenen zu vermitteln – unter Achtung der Freiheit der Personen und der menschlichen und geistlichen Gemeinschaften. Die große Menge der Menschen jeder Herkunft ist aufgerufen, Gott zu preisen. Denn der hl. Ephräm betont: »Du hast es keineswegs nötig, uns die Schätze mitzuteilen, die du uns gibst. Du brauchst nur eins: daß wir unser Herz weit machen, um deine Güter darin zu bergen, indem wir uns deinem Willen ausliefern und dich mit unseren Ohren anhören. Alle deine Werke strahlen durch die Kränze, die ihnen die Weisheit deines Mundes gewunden hat durch die Worte: All dies ist sehr gut« (vgl. Diathermane, 2,5 – 7).

Ebenso wie Paulus stehen auch die Jünger Christi vor einer großen Herausforderung: Sie müssen die Frohe Botschaft weitergeben in einer den jeweiligen Kulturen angepaßten Sprache, ohne daß ihre Substanz verloren geht oder ihr Sinn entstellt wird. Habt also auch ihr keine Angst davor, durch das Wort und durch euer ganzes Leben für diese freudvolle Botschaft bei euren Brüdern und Schwestern Zeugnis zu geben: Gott liebt alle Menschen, und er lädt sie ein, eine einzige Familie in der Liebe zu bilden, denn sie sind alle Geschwister!

4. Diese freudige Botschaft muß alle Jünger Christi zur eifrigen Suche nach den Wegen der Einheit anspornen, damit sie ein immer wahrhaftigeres und glaubhafteres Zeugnis ablegen, indem sie sich das Gebet des Herrn »Alle sollen eins sein« zu eigen machen. Ich freue mich aufrichtig über die brüderlichen Beziehungen, die bereits zwischen den Mitgliedern der christlichen Kirchen eures Landes bestehen, und ich ermutige euch, sie in Gemeinschaft mit euren Bischöfen und Patriarchen in Wahrheit und mit Umsicht weiterzuentwickeln. Zu Beginn des neuen Jahrtausends ruft Christus uns auf, im Geiste jener Liebe, die unsere Einheit bildet, aufeinander zuzugehen. Seid stolz auf die bedeutenden liturgischen und spirituellen Traditionen eurer orientalischen Kirchen! Sie gehören zum Bestand der einzigen Kirche Christi und stellen Brücken zwischen den verschiedenen Auffassungen dar. Seit den Anfängen des Christentums hat euer Land ein blühendes christliches Leben gekannt. In der spirituellen Nachkommenschaft von Ignatios von Antiochien, Ephräm, Symeon oder Johannes von Damaskus bleiben die Namen zahlreicher Väter, Mönche, Eremiten und vieler weiterer Heiliger, die der Ruhm eurer Kirchen sind, im lebendigen Gedächtnis der Universalkirche. Durch eure Verbundenheit mit dem Land eurer Vorväter und durch die hochherzige Entscheidung, euren Glauben dort zu leben, bezeugt auch ihr heute die Fruchtbarkeit der Botschaft des Evangeliums, die von Generation zu Generation weitergegeben worden ist.

Zusammen mit all euren Landsleuten – ungeachtet der Zugehörigkeit zu verschiedenen Gemeinschaften – sollt ihre eure Bemühungen im Hinblick auf den Aufbau einer brüderlichen, gerechten und solidarischen Gesellschaft, in der jeder Mensch in seiner Menschenwürde und seinen Grundrechten vollständig anerkannt wird, unermüdlich fortsetzen. Auf diesem heiligen Boden sind Christen, Muslime und Juden aufgerufen, vertrauensvoll und mutig zusammenzuarbeiten und sich dafür einzusetzen, daß so bald wie möglich der Tag kommt, an dem jedes Volk seine legitimen Rechte respektiert sieht und in Frieden und gegenseitigem Einverständnis leben kann. Die Armen, Kranken, Behinderten und alle vom Leben Verletzten seien unter euch immer geachtete und geliebte Brüder und Schwestern! Das Evangelium ist ein machtvoller Faktor zur Verwandlung der Welt. Mögen die Menschen von heute durch euer Lebenszeugnis die Antwort auf ihre tiefsten Sehnsüchte und die Grundlagen des gesellschaftlichen Miteinanders entdecken!

5. Ihr christlichen Familien, die Kirche zählt und setzt ihr Vertrauen auf euch, damit ihr euren Kindern den Glauben weitergebt, den ihr durch die Jahrhunderte seit der Zeit des Apostels Paulus empfangen habt. Ihr sollt Feuerstellen des Lichts sein und vollständig dem Plan Gottes und den wahren Bedürfnissen des Menschen entsprechen. Bleibt hierbei stets einmütig und für alle offen, und verteidigt immer das Recht auf Leben von seiner Empfängnis an. Räumt dem Gebet, dem Hören des Wortes Gottes und der christlichen Bildung einen wichtigen Platz ein, dann werdet ihr darin eine wirksame Stütze finden, um auf die Schwierigkeiten des täglichen Lebens und auf die großen Herausforderungen der heutigen Welt eine Antwort zu finden. Die regelmäßige Teilnahme an der sonntäglichen Eucharistie ist für jedes gläubige und konsequente Christenleben eine Notwendigkeit. Sie ist bevorzugtes Geschenk, in dem sich die Gemeinschaft mit Gott und den Brüdern ereignet und ankündigt.

Brüder und Schwestern! Werdet nicht müde, das Antlitz des sich euch offenbarenden Christus zu suchen. In ihm werdet ihr das Geheimnis der wahren Freiheit und der Freude des Herzens finden! Laßt den Wunsch nach wahrer Brüderlichkeit unter allen Menschen die Tiefe eures Wesens beseelen! Wenn ihr euch mit Begeisterung in den Dienst an den anderen stellt, werdet ihr in eurem Leben Sinn finden, denn die christliche Identität besteht nicht im Widerspruch zu den anderen, sondern in der Fähigkeit, aus sich heraus- und den Brüdern entgegenzugehen. Die Öffnung gegenüber der Welt, mit klarem Verstand und ohne Furcht, ist Teil der Berufung des Christen, der sich seiner besonderen Identität bewußt und in seinem religiösen Erbe verwurzelt ist, worin der Reichtum des Zeugnisses der Kirche zum Ausdruck kommt.

6. »Meine Schafe hören auf meine Stimme; ich kenne sie, und sie folgen mir. Ich gebe ihnen ewiges Leben. Sie werden niemals zugrunde gehen, und niemand wird sie meiner Hand entreißen. Mein Vater, der sie mir gab, ist größer als alle, und niemand kann sie der Hand meines Vaters entreißen. Ich und der Vater sind eins« (Jn 10,27 – 30).

Das sind die Worte des heutigen Evangeliums, durch die Jesus Christus selbst uns die bewundernswerte Dynamik der Evangelisierung vor Augen stellt. Gott, der viele Male und auf vielerlei Weise zu den Vätern gesprochen hat durch die Propheten, hat letztlich durch den Sohn gesprochen (vgl. He 1,1 – 2). Dieser Sohn, eines Wesens mit dem Vater, ist das Wort des Lebens. Er selbst gibt das ewige Leben. Er ist gekommen, damit wir das Leben haben und es in Fülle haben (vgl. Jn 10,10). Vor den Stadttoren von Damaskus erfuhr Paulus diese Wahrheit in seiner Begegnung mit dem auferstandenen Christus und machte sie zum Inhalt seiner Predigttätigkeit. Die wunderbare Wirklichkeit des Kreuzes Christi, an dem sich die Erlösung der Welt vollzog, stellte sich ihm vor. Paulus verstand diese Wirklichkeit und widmete ihr sein ganzes Leben.

Brüder und Schwestern! Erheben wir unseren Blick zum Kreuz Christi, um darin die Quelle unserer Hoffnung zu entdecken! Im Kreuz finden wir den wahren Weg des Lebens und des Glücks. Betrachten wir das liebevolle Antlitz Gottes, der uns seinen Sohn opfert, um aus uns allen »ein Herz und eine Seele« (Ac 4,32) zu machen. Nehmen wir ihn in unserem Leben auf, um uns an ihm zu orientieren und das Geheimnis der Gemeinschaft zu verwirklichen, das die eigentliche Wesensart der Kirche verkörpert und offenbart.

383 Eure Zugehörigkeit zur Kirche muß für euch und für alle eure Brüder und Schwestern ein Zeichen der Hoffnung sein; es soll daran erinnern, daß der Herr sich jedem Menschen auf seinem Weg anschließt, manchmal auf geheimnisvolle und unerwartete Weise, so wie er es mit Paulus auf dem Weg nach Damaskus tat, als er ihn mit seinem strahlenden Licht umgab.

Möge der Auferstandene, dessen Osterfest dieses Jahr alle Christen gemeinsam gefeiert haben, uns die Gemeinschaft in der Nächstenliebe zum Geschenk machen! Amen.



EUCHARISTIEFEIER UND SELIGSPRECHUNGEN

AUF DER ,,PIAZZALE DEI GRANAI DI FLORIANA" IN VALLETTA (MALTA)

Mittwoch, 9. Mai 2001



»Sie alle sollen dem Herrn danken für seine Huld, für sein wunderbares Tun an den Menschen« (Ps 107,15).

Liebe Brüder und Schwestern!

1. Mit großer Freude bin ich erneut auf diese Insel gekommen, die dem hl. Paulus, dem Völkerapostel, so teuer war und auch dem Nachfolger des Petrus lieb ist. Dieser Besuch bildet den Abschluß meiner Jubiläumspilgerreise, die im Geiste der Heilsgeschichte nachgegangen ist, vom Land Abrahams zum Sinai, wo Gott die Zehn Gebote gab, dann ins Heilige Land, wo sich die großen Ereignisse unserer Erlösung vollzogen. Jetzt bin ich auf den Spuren des hl. Paulus wieder zu euch gekommen, liebe Bewohner von Malta.

Die Ankunft des Apostels an eurer Küste war dramatisch. Der hl. Lukas berichtet uns von der gefährlichen Schiffsreise und der Verzweiflung der Besatzung und der Passagiere, als das Schiff auf einer Sandbank in der Brandung zu zerschellen drohte (vgl. Ac 27,39 – 44). Wir hörten ihr Aussage: »Als wir gerettet waren, erfuhren wir, daß die Insel Malta heißt« (Ac 28,1). Malta empfing dank der göttlichen Vorsehung das Evangelium in der frühesten Zeit des Christentums. »Sie alle sollen dem Herrn danken für seine Huld, für sein wunderbares Tun an den Menschen« (Ps 107,15).

2. Am Opferaltar des Herrn hier an dem Ort der »Granai Floriana« vereint sich der Bischof von Rom mit euch, um die Allerheiligste Dreifaltigkeit zu lobpreisen für das Zeugnis, das ihr im Lauf der Jahrhunderte für das Evangelium abgelegt habt. Getreu dem Apostel Paulus, eurem Vater im Glauben, seid ihr im Schoß der Kirche wegen eurer Frömmigkeit und eurem missionarischen Eifer bekannt. Malta besitzt ein wunderbares christliches Erbe, auf das ihr mit Recht stolz seid, doch dieses Erbe ist auch ein Geschenk, das mit großer Verantwortung verbunden ist (vgl. Lc 12,48).

Im Zweiten Brief an Timotheus schreibt der hl. Paulus seinem Mitarbeiter: »Denk daran, daß Jesus Christus … von den Toten auferstanden ist …Wenn wir standhaft bleiben, werden wir auch mit ihm herrschen« (2Tm 2,8 – 12). Diese Worte nahmen sich die beiden Söhne und die Adoptivtochter von Malta, die ich heute seliggesprochen habe, zu Herzen. Die ganze Kirche freut sich heute mit euch, weil diese drei in der Schar der Heiligen aller sozialen Stände in der Geschichte Maltas zur besonderen Verehrung und Nachfolge erwählt wurden. Vom Himmel aus begleiten sie uns auf unserem irdischen Pilgerweg, und durch ihre Fürbitte am Throne Gottes helfen sie uns, den Gipfel der Heiligkeit zu erklimmen, den sie mit der Gnade des Heiligen Geistes erreicht haben.

3. Nach seinem Tod im Jahr 1962, kurz vor Eröffnung des II. Vatikanischen Konzils, wurde der sel. Georg Preca in Malta und bei den Matesern, wo immer sie wohnten, durch seine Heiligkeit bekannt. Don Georg war ein Pionier im Bereich der Katechese und der Förderung der Rolle von Laiengläubigen im Apostolat, das vom Konzil dann besonders ins Licht gerückt wurde. Don Georg wurde für Malta gleichsam ein zweiter Vater im Glauben. Demütig und bescheiden nutzte er in vollkommener Weise seine Talente des Geistes und des Herzens, die Gott ihm geschenkt hatte, und machte sich die Worte des hl. Paulus an Timotheus zu eigen: »Was du vor vielen Zeugen von mir gehört hast, das vertrau zuverlässigen Menschen an, die fähig sind, auch andere zu lehren« (2Tm 2,2). Die Gesellschaft von der Christlichen Lehre, die er gründete, führt sein Werk des Zeugnisses und der Evangelisierung auf diesen Inseln und anderswo fort.

Nicht weit von hier entfernt hörte der junge Seminarist Georg Preca die prophetischen Wort eines Priesters, seines Mentors: »Georg, wenn du erwachsen bist, werden sich viele Gottesfürchtige dir anschließen. Du wirst für sie und sie werden für dich ein Segen sein.« Die Kirche von Malta nennt Georg Preca heute »selig«, weil sie weiß, daß er für sie an diesem Ort eine Licht- und Kraftquelle ist. In seinen Schriften über die Sanftmut, dem Buch L-Iskola tal-Manswetudni und seinem Brief, fordert Don Georg seine christlichen Freunde auf, dem Beispiel des gekreuzigten Herrn zu folgen und jede Beleidigung zu verzeihen (vgl. Lc 23,34). Ist das nicht eine Botschaft der gegenseitigen Achtung und Vergebung, die heute in Malta und in der ganzen Welt so notwendig ist? Ja, denn die Sanftmut der Seligpreisungen hat die Macht, die Familie, die Arbeitsplätze und Schulen, die Städte und Dörfer, die Politik und die Kultur umzuwandeln. Sie kann die Welt verändern! »Selig, die keine Gewalt anwenden; denn sie werden das Land erben« (Mt 5,5).

384 »Magister, utinam sequatur evangelium universus mundus« [Göttlicher Meister, die ganze Welt befolge dein Evangelium]: Das Gebet des sel. Don Georg spiegelt vollkommen den Missionsauftrag des Herrn wider: »Darum geht zu allen Völkern und macht alle Menschen zu meinen Jüngern … und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe« (Mt 28,19 – 20). Im Lauf des Großen Jubiläumsjahres hat die Kirche erneut die immerwährende Frische der Liebe und des Erbarmens des Vaters erlebt, der seinen eingeborenen Sohn zu unserem Heil gesandt hat. War es nicht die außerordentliche Fähigkeit von Don Georg, die Neuheit der christlichen Botschaft zu vermitteln, die ihn zu einem großen Apostel gemacht hat? Braucht Malta heute nicht Priester, Ordensleute, Katechisten, Lehrer, die voll Eifer die frohe Nachricht von dem verkünden, was der Vater für uns in Christus getan hat? Zu Beginn des neuen Jahrtausends blickt die Kirche auf dich, Malta, damit du deine apostolische und missionarische Berufung noch eifriger lebst!

4. Auch der Diener Gottes Ignatius Falzon hatte eine besondere Vorliebe für die Verkündigung des Evangeliums und die Unterweisung im katholischen Glauben. Auch er nutzte seine vielen Talente und seine Bildung im Dienst der Katechesetätigkeit. Der Apostel Paulus schreibt: »Jeder gebe, wie er es sich in seinem Herzen vorgenommen hat, nicht verdrossen und nicht unter Zwang; denn Gott liebt einen fröhlichen Geber« (2Co 9,7). Der sel. Ignatius gab reichlich und voll Freude, und die Menschen fanden in ihm nicht nur eine ungeheure Energie, sondern auch Freude und tiefen Frieden. Er verzichtete auf eine weltliche Karriere, für die er ausgebildet worden war. Er wollte hingegen dem geistlichen Wohl der anderen dienen, einschließlich der zahlreichen englischen Soldaten und Matrosen, die damals in Malta stationiert waren. Einige von ihnen waren katholisch, und als er mit ihnen bekannt wurde, nahm er den ökumenischen Geist der Achtung und des Dialogs vorweg, der uns heute so vertraut ist, der aber damals noch nicht so verbreitet war.

Ignatius Falzon schöpfte Kraft und Inspiration aus der Eucharistie, aus dem Gebet vor dem Tabernakel, aus der Marienverehrung und aus dem Rosenkranzgebet und der Nachfolge des hl. Josef. Das sind die Gnadenquellen, aus denen alle Christen schöpfen können. Heiligkeit und Eifer für das Reich Gottes erblühen besonders dort, wo die Pfarreien und Gemeinschaften das Gebet und die Verehrung des Allerheiligsten Altarsakraments pflegen. Ich rufe euch deshalb auf, eure traditionellen Andachtsübungen hochzuschätzen, sie – wenn nötig – zu reinigen und durch eine gesunde Katechese und Unterweisung zu festigen. Das Andenken des sel. Ignatius Falzon könnte nicht besser geehrt werden.

5. Schwester Maria Adeodata Pisani wurde als Tochter eines maltesischen Vaters in Italien geboren, kam mit 18 Jahren hierher und verbrachte den größten Teil ihres Lebens als glänzendes Vorbild der benediktinischen Ordensweihe im Kloster des hl. Petrus. Ich weiß, daß einige Schwestern des Klosters nicht kommen konnten, aber die Feier im Fernsehen verfolgen. Ich sende euch, liebe Schwestern, meinen besondern Segen an diesem freudenreichen Tag.

Gebet, Gehorsam, Dienst für ihre Schwestern und Reife in der Erledigung der ihr übertragenen Aufgaben: Das waren die Eigenschaften des heiligmäßigen, stillen Lebens von Maria Adeodata. Im Herzen der Kirche verborgen, saß sie dem Herrn zu Füßen und hörte seinen Worten zu (vgl. Lc 10,39), während sie das verkostete, was ewig währt (vgl. Col 3,2). Durch Gebet, Arbeit und Nächstenliebe wurde sie eine Quelle geistlicher und missionarischer Fruchtbarkeit, ohne die die Kirche das Evangelium nicht so verkünden kann, wie Christus es will, denn Sendung und Betrachtung erfordern einander (vgl. Novo millennio ineunte NM 16).

Das heiligmäßige Vorbild von Schwester Adeodata trug gewiß dazu bei, die Erneuerung des Ordenslebens in ihrem Konvent zu fördern. Ihrer Fürsprache möchte ich deshalb mein besonderes Herzensanliegen anvertrauen. In jüngster Zeit wurde viel getan, um das Ordensleben den veränderten Umständen von heute anzupassen, und das war von Nutzen für das Leben vieler Ordensleute. Dennoch ist eine neue Wertschätzung der tiefsten theologischen Beweggründe dieser besonderen Form der Weihe notwendig. Wir warten noch auf die volle Umsetzung der Lehre des II. Vatikanischen Konzils über die transzendente Bedeutung dieser besonderen Liebe zu Gott und den Nächsten, die zu einem Leben führt, das nach dem Gelübde der Armut, des Gehorsams und der Keuschheit ausgerichtet ist. Ich empfehle allen geweihten Männern und Frauen das Vorbild der personalen Reife und Verantwortung, die im Leben der sel. Adeodata so deutlich offenbar werden.

6. Zur Pfingstvigil wird die Erzdiözese Malta die Synodenversammlung eröffnen, und in Gozo hat Bischof Cauchi eine Pastoralvisite begonnen. Ich hoffe sehr, daß diese und andere Initiativen dazu beitragen, die vom II. Vatikanischen Konzil dargelegte Auffassung von der Kirche als Gemeinschaft des ganzen Volkes Gottes zu fördern, eine Auffassung, die eine »Neuvangelisierung « erfordert und die von den Katholiken in Malta geteilt wird. In dieser Gemeinschaft gibt es unterschiedliche Aufgaben und Dienste, aber alle sind gerufen, bei der Förderung des Reiches Christi, des Reiches der Gerechtigkeit, des Friedens und der Liebe, mitzuarbeiten. Dank der Fürsprache der neuen Seligen schreitet die Kirche von Malta mit Zuversicht voran in eine neue Zeit der Einheit und der Mitverantwortung von Klerus, Ordensleuten und Laien! Das wird den Katholiken von Malta einen neuen Ansporn geben, der sie befähigt, mit Zuversicht in das neue Jahrtausend einzutreten, während sie die überreichen geistlichen Früchte des Großen Jubiläums des Jahres 2000 ernten.

Malta, Malta! Du hast vom Dienst des hl. Paulus und vom Zeugnis des sel. Georg Preca, des sel. Ignatius Falzon und der sel. Adeodata so viel empfangen. Bleibe auch in Zukunft dem anvertrauten Erbe treu! Folge Christus mit ungeteiltem Herzen nach, und fürchte dich nicht, die heilbringende Wahrheit und die lebenspendenden Werte zu bekräftigen! Die Jungfrau Maria, die Mutter des fleischgewordenen Wortes, begleite und schütze dich immer, damit du nie aufhörst, »dem Herrn zu danken für seine Huld, für sein wunderbares Tun an den Menschen« (vgl. Ps 107,15).

Es lebe der sel. Georg Preca!
Es lebe der sel. Ignatius Falzon!
Es lebe die sel. Adeodata Pisani!
Amen.

385 Grußworte zum Abschluß der Seligsprechung:

Werter Herr Präsident De Marco,
verehrter Herr Erzbischof Mercieca,
geschätzte Bevölkerung von Malta und Gozo,

möge euch der Herr eure Freundlichkeit und Zuneigung überreich vergelten!

Ich möchte euch für eure andächtige Teilnahme an dieser liturgischen Feier danken. Mit Gesängen und Gebeten haben wir die große Freude der Kirche erlebt, die zwei Söhne dieser Inseln und eine Ordensschwester, die den größten Teil ihres Lebens hier in vorbildhafter Hingabe verbrachte, zu Seligen erklärt hat.

Wenn ihr nun nach Hause geht, überbringt euren Lieben und allen euch Nahestehenden, die heute nicht hier bei uns sein konnten, den Segen des Papstes.

Ganz besonders möchte ich voller Zuneigung und Anteilnahme einige Gruppen von Personen grüßen, die zwar nicht körperlich, aber ganz gewiß in geistiger Weise hier anwesend sind.

Einen herzlichen Gruß entbiete ich den Bewohnern der Insel Gozo, die ich dieses Mal nicht besuchen konnte.

Mein besonderer Gruß geht an die sechs Gemeinschaften von Klausurschwestern. Ich weiß, daß sie tagtäglich für den Papst beten. Liebe Schwestern, ich danke euch hierfür und bitte euch, auch weiterhin geistige Stützpfeiler der Kirche zu sein.

Meine Gedanken gehen zu den alten Menschen, denen ich mich sehr verbunden fühle. Den Kranken rufe ich zu: Seid voller Hoffnung und haltet durch! Ihr könnt sehr viel beitragen zum Erlösungswerk Christi, indem ihr euer Leiden mit dem des gekreuzigten Herrn vereint.

386 Mit besonderer Zuneigung grüße ich nun die Gefangenen der Besserungsanstalt »Corradino«. Ich weiß, daß sie – ebenso wie ihr Verwandten und Freunde – sich so sehr einen Besuch des Papstes wünschten in Erinnerung an den hl. Paulus, den Apostel, der im Gefängnis saß. In geistiger Weise umarme ich euch und rufe die überreichen göttlichen Gnadengaben auf euch herab. Gott segne euch alle.

Auch am heutigen Tag erreichen uns traurige Nachrichten, die von schrecklichen Gewalttaten sogar gegen unschuldige Jugendliche berichten. Wir alle müssen unsere Gebete für den Frieden im Lande Jesu verstärken.

Gelobt sei Jesus Christus!



EUCHARISTIEFEIER MIT PRIESTERWEIHE

Sonntag, 13. Mai 2001



1. »Daran werden alle erkennen, daß ihr meine Jünger seid: wenn ihr einander liebt« (Jn 13,35).

Das Evangelium dieses fünften Sonntags der Osterzeit führt uns in die vertraute Atmosphäre des Abendmahlssaals zurück. Dort setzte Christus beim Letzten Abendmahl das Sakrament der Eucharistie und das Priestertum des Neuen Bundes ein und hinterließ den Seinen das »neue Gebot« der Liebe. Erleben wir heute erneut die eindringliche spirituelle Stimmung jener einzigartigen Stunde. Die Worte des Herrn an seine Jünger sind besonders an euch gerichtet, liebe Priesteramtskandidaten, und ihr seid eingeladen, heute morgen sein Testament der Liebe und des Dienens zu empfangen.

Mit großer Zuneigung sind wir alle um euch versammelt. An eurer Seite stehen vor allem eure Angehörigen und Freunde, die ich aufs herzlichste begrüße. Um euch ist im Geiste die gesamte Diözesangemeinschaft Roms geschart, in der ihr eure Ausbildung absolviert habt. Es begleiten euch bei diesem entscheidenden Schritt die Rektoren, die Dozenten und eure Ausbilder des »Pontificio Seminario Romano Maggiore«, des »Almo Collegio Capranica«, des Seminars »Redemptoris Mater«, des Seminars der Oblaten und Söhne der Muttergottes von der Göttlichen Liebe, des »Istituto Missionari Identes« und des Instituts der Söhne der hl. Anna.

Mit besonderer Dankbarkeit wende ich mich an alle, die für eure Ausbildung gesorgt haben. Zu Beginn dieser Feier hat der Kardinalvikar ihre Empfindungen zum Ausdruck gebracht. Durch ihn, dem ich von Herzen danke, möchte ich all jenen, die in der Diözese im Bereich der Berufungen tätig sind, meinen aufrichtigen Dank aussprechen.

2. »Jetzt ist der Menschensohn verherrlicht, und Gott ist in ihm verherrlicht« (Jn 13,31).

Während die Liturgie uns auffordert, in innerer Betrachtung im Abendmahlssaal zu verweilen, hören wir noch einmal den Evangelisten Johannes, dem der Nachklang des Herzens Christi immer sehr wichtig ist und der Seine Worte wiedergibt, nachdem Judas Iskariot sich entfernt hatte. Jesus spricht von seiner Herrlichkeit, jener Herrlichkeit, die sich der Vater und der Sohn im Ostergeheimnis gegenseitig zuteil werden lassen.

Liebe Diakone! Heute fordert Christus euch auf, in diese Herrlichkeit einzugehen und nunmehr keine andere Herrlichkeit als diese zu suchen. Auch für euch ist dies eine entscheidende »Stunde«, denn die Priesterweihe ist der Augenblick, in dem Christus – durch die Weihe im Heiligen Geist – euch auf ganz einzigartige Weise mit seinem Priestertum für das Heil der Welt verbindet. Jeder von euch wird also eingesetzt, um Gott »in persona Christi Capitis« die Ehre zu erweisen. Wie Christus und mit ihm vereint, werdet ihr Gott verherrlichen und von Ihm verherrlicht werden, indem ihr euch selbst für das Heil der Welt hingebt (vgl. Jn 6,51), indem ihr die Menschen, die der Vater euch anvertrauen wird, bis zur Vollendung liebt (vgl. Jn 13,1) und indem ihr einander die Füße wascht (vgl. Jn 13,14).

387 Der Herr übergibt euch sein Gebot auf neue Art: »Wie ich euch geliebt habe, so sollt auch ihr einander lieben« (Jn 13,34). Es stellt für euch ein Geschenk und eine Verpflichtung dar: das Geschenk des sanften und leichten Jochs Christi (vgl. Mt 11,30); und die Verpflichtung, dieses Joch immer als erste zu tragen und euch demütig zu Vorbildern für die Herde zu machen (vgl. 1P 5,3), die euch der Gute Hirt anvertraut hat. Auf seine Hilfe sollt ihr euch immer berufen, und an seinem Beispiel sollt ihr euch stets orientieren.

3. Im Rückblick auf die reiche Erfahrung des Jubiläumsjahres möchte ich euch heute symbolisch erneut das Apostolische Schreiben Novo millennio ineunte überreichen, das die Grundzüge des Weges der Kirche in diesem neuen Abschnitt der Geschichte vorzeichnet. Ihr habt die Aufgabe, die Schritte des Christenvolkes mit großzügiger Hingabe zu leiten, wobei ihr folgenden zwei Bereichen des seelsorglichen Engagements eure besondere Aufmerksamkeit widmen sollt: »Neu anfangen bei Christus« (NM 29-41) und »Zeugen der Liebe« sein (). Bezüglich dieses zweiten, von Gemeinschaft und Nächstenliebe gekennzeichneten Bereiches wird die »Fähigkeit der christlichen Gemeinschaft, allen Gaben des Geistes Raum zu geben«, wesentlich sein, indem nämlich »alle Getauften und Gefirmten dazu angespornt werden, sich ihrer aktiven Verantwortung im kirchlichen Leben bewußt zu werden« (vgl. 46).

Das ist – im weitesten und grundlegenden Sinn – die »Berufungspastoral«, die notwendiger- und dringlicherweise umfassend und engmaschig angelegt werden muß. Es geht darum, immer mehr eine »Berufungsmentalität« anzuregen und zu fördern; diese muß ihren Ausdruck finden in einer persönlichen und gemeinschaftlichen Methode, die ausgerichtet ist auf Zuhören, Einsicht und großherzige Antwort auf Gott, der uns ruft. Liebe Priesteramtskandidaten! Eure Berufung ist auch Frucht des Gebets der Kirche und des beharrlichen und geduldigen Wirkens vieler Arbeiter der Ernte des Herrn, die den Boden auch für euch gepflügt, gesät und bestellt haben. Eure Beständigkeit ist an diese spirituelle Solidarität gebunden, an der es in der Kirche nie fehlen darf. Deshalb möchte ich an dieser Stelle allen danken, die – in der Stille und mit ihren täglichen Gedanken – ihr Gebet und ihre Leiden für die Priester und die Berufungen darbringen.

4. Paulus und Barnabas kehrten »nach Lystra, Ikonion und Antiochia zurück. Sie sprachen den Jüngern Mut zu und ermahnten sie, treu am Glauben festzuhalten; sie sagten: Durch viele Drangsale müssen wir in das Reich Gottes gelangen« (Ac 14,21 – 22). Mit wenigen Hinweisen wird das Leben der christlichen Gemeinschaft aufgezeigt; sie ist aufgerufen, angesichts der Prüfungen und der vielen Drangsale, durch die man in das Reich Gottes gelangen muß, »treu am Glauben festzuhalten«.

Liebe Weihekandidaten! Seid euch eurer Sendung bewußt, strebt nach Heiligkeit, und verbreitet die Liebe. Ihr sollt in erster Linie in die Kirche verliebt sein, in die Kirche auf Erden und in die himmlische Kirche; schaut auf sie mit Glauben und Liebe, trotz der Makel und Falten, die ihr menschliches Antlitz verunzieren können. Ihr sollt in ihr »die heilige Stadt, das neue Jerusalem« erkennen, das – wie der Apostel im Buch der Offenbarung berichtet – von Gott her aus dem Himmel herabkommt, »bereit wie eine Braut, die sich für ihren Mann geschmückt hat« (Ap 21,2). Die Apostelgeschichte unterstreicht die Verbindung zwischen den Missionaren und der Gemeinschaft. Die Gemeinschaft ist das Lebensumfeld, von dem sie ausgehen und zu dem sie zurückkehren: Aus ihr empfangen sie gewissermaßen ihren Antrieb, und zu ihr tragen sie die gesammelten Erfahrungen, indem sie die Zeichen des göttlichen Wirkens in der Mission erkennen. Der Priester ist nicht ein Mensch individueller Initiativen; er ist der Diener des Evangeliums im Namen der Kirche. Jedes seiner apostolischen Werke nimmt seinen Ausgang in der Kirche und kehrt zu ihr zurück.

5. Die Unterstützung der Gemeinschaft im Gebet soll euch, liebe Weihekandidaten, nie fehlen. Paulus und Barnabas »hatte man für das Werk, das sie nun vollbracht hatten, der Gnade Gottes empfohlen« (vgl. Ac 14,26). Auch ihr, meine Lieben, werdet heute »der Gnade Gottes empfohlen« im Hinblick auf die Sendung, die ihr in der Kirche erfüllen sollt: Diener Christi, des Hirten und Hohenpriesters, inmitten seines Volkes zu sein. Die Gemeinde in Rom betet für euch. Die hll. Apostel Petrus und Paulus treten fürbittend für euch ein. Eure Fürsprecherin ist die sel. Jungfrau Maria, »Salus Populi Romani« und Mutter der Priester.

Von dieser Gemeinschaft des tiefen Gebets gestützt und beseelt, macht euch nun auf! Fahrt mutig hinaus auf den See, und entfaltet die Segel für das Wehen des Heiligen Geistes. So werdet ihr glücklich sein für alles, was Gott mit euch zusammen tun wird (vgl. Ac 14,27), und ihr werdet – trotz mancher Prüfungen und Schwierigkeiten – die Größe und Freude eurer Sendung erfahren. So sei es!



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