Predigten 1978-2005 422

422 Die ausführliche und gut durchdachte Auseinandersetzung des hl. Paulus mit dem christlichen Mysterium stellt eine Einladung an alle Jünger des Herrn für ein immer tieferes Verständnis der Glaubensinhalte dar. Diese Einladung gilt in erster Linie den Theologen, denn ihr Auftrag in der Kirche, den sie in Gemeinschaft mit den rechtmäßigen Hirten des Gottesvolkes wahrnehmen, besteht eben darin, durch ihre Arbeit zur Vertiefung des Sinngehalts der Offenbarung beizutragen und diese Inhalte in einer für ihre Zeitgenossen verständlichen Sprache zu äußern. Sie wendet sich auch an die Dozenten der unterschiedlichen kirchlichen Fachrichtungen, die dazu aufgerufen sind, die Glaubensvermittlung zu unterstützen und die Wahrheitssuche zu fördern.

2. Mit den Worten des Apostels, die zur Nachahmung des beispielhaften Glaubens Abrahams auffordern, freue ich mich, meinen herzlichen Willkommensgruß an euch alle zu richten, die ihr an dieser festlichen Eucharistiefeier teilnehmt. Zunächst begrüße ich Herrn Kardinal Zenon Grocholewski, den Präfekten der Kongregation für das Katholische Bildungswesen, der dieser Eucharistiefeier vorsteht. Einen dankbaren Gruß richte ich dann an die Rektoren der kirchlichen Universitäten, an die Mitglieder des Lehrkörpers und an die Rektoren der Seminare und Kollegien sowie an alle, die auf unterschiedliche Weise tatkräftig an der geistigen, kulturellen und menschlichen Ausbildung der Studenten mitarbeiten und heute abend hier sind. Schließlich umarme ich euch alle, liebe junge Menschen, die ihr das Privileg habt, eure kulturelle und spirituelle Bildung beim Stuhl Petri zu vervollkommnen. Ein Wort besonderer Zuneigung und Ermutigung möchte ich an diejenigen richten, die dieses Jahr ihren Weg in der römischen Universitätsgemeinschaft beginnen. Seid euch bewußt, daß der Einsatz und die Mühe dieser dem Studium gewidmeten Zeit mit dem Licht und der Hilfe der Gnade Gottes, die hochherzig angenommen und erwidert werden soll, reiche Früchte des Guten bringen werden, und zwar nicht nur für euch, sondern auch für jene, denen ihr in den Aufgaben- und Verantwortungsbereichen, in die ihr berufen werdet, begegnet.

Euch allen – Studenten, Dozenten, Ausbildern und akademischen Leitern – möchte ich meine Hochachtung und Wertschätzung für eure Tätigkeit im akademischen und didaktischen Bereich aussprechen. Ich wünsche von Herzen, daß das heute feierlich eröffnete Jahr dazu beitrage, in euch allen reiche Früchte der Weisheit und Gnade herv rzubringen.

3. Das II. Vatikanische Konzil hat nachdrücklich betont, daß die Kirche ein »Geheimnis der Gemeinschaft« ist, das sich aus der Einheit des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes ableitet (vgl. Lumen gentium
LG 4 Unitatis redintegratio UR 2). Diese Gemeinschaft muß als harmonische Verbindung verschiedener Funktionen, Charismen und Gaben verstanden werden, die vom selben Geist beseelt sind, im Dienst derselben Sendung stehen und auf den selben Zweck abzielen. In dieser geordneten Betrachtung der Einheit der Kirche muß das theologische Wissen in logischer Konsequenz zu seinen Voraussetzungen vollständig in den lebendigen Kontext der kirchlichen Gemeinschaft eingefügt werden, denn das theologische Denken entspricht im wesentlichen der eigentlichen Dynamik des Glaubens und ist demnach ein integrierender Bestandteil der Evangelisierung. Der Theologe ist dazu aufgerufen, seinen Beitrag zur Erforschung und Vertiefung der offenbarten Wahrheit zu leisten, damit das Evangelium des Heils besser verstanden und allen Menschen leichter vermittelt werden kann.

In Forschung und Lehre muß sich der Theologe daher immer der wesensmäßig kirchlichen Berufung seiner Tätigkeit bewußt sein. Analog dazu werden die Dozenten der anderen kirchlichen Disziplinen von einer tiefen Leidenschaft für die Wahrheit und einer konsequenten Dienstbereitschaft für die Evangelisierungssendung der Kirche erfüllt sein.

4. Liebe Dozenten und Studenten der kirchlichen Universitäten Roms! Ich lade euch daher ein, euch die Bedeutsamkeit und Komplexität eurer Aufgabe immer deutlicher bewußt zu machen. Erkennt vor allem, daß ihr eure Arbeit mit der Kirche, in der Kirche und für die Kirche tut. Dies erfordert eine ständige Auseinandersetzung mit dem »sensus fidei« des Gottesvolkes und eine tiefe Übereinstimmung mit dem Lehramt der Kirche: Es hat den Zweck, die Ursprünglichkeit und Folgerichtigkeit der Lehren zu gewährleisten, die mit dem von Christus den Aposteln und ihren Nachfolgern hinterlassenen Glaubensgut weitergegeben werden.

Insbesondere fordere ich euch Studenten auf, die Möglichkeiten wahrzunehmen, die euch von der Stadt und der Diözese Rom angeboten werden. Hier könnt ihr nämlich nicht nur zwischen vielen Fachrichtungen wählen, sondern auch den Zeugnissen einer einzigartigen Vielfalt von Kulturen und Traditionen begegnen. All das muß einen freundschaftlichen und konstruktiven Austausch fördern, der jeden in seinem Einsatz bei der Suche nach Wahrheit, nach der alle streben müssen, ermutigen möge.

5. Es ist mein inniger Wunsch, daß die Erfahrung des Studiums in Rom allen dabei helfe, ihren Sinn der Zugehörigkeit zur Kirche und das Erlebnis ihrer »Katholizität« zu verstärken. Durch das Geheimnis des Leidens, des Todes und der Auferstehung Christi versammelt Gott aus allen Nationen der Erde ein neues Volk, damit es in der Welt seine Wundertaten verkünde und jedem Menschen die Freude des Heils kundtue. Die Seligpreisung, die im Antwortpsalm vorkam – »Selig der Mensch, dem du das Heil schenkst«–, richtet sich an die ganze Welt.

Es ist eine freudige Botschaft, die »am hellen Tag« und »auf den Dächern« verkündet werden will (vgl. Lc 12,3), wie Jesus uns im Evangelium erneut gesagt hat, damit jeder Mann und jede Frau sie kennenlernen und im eigenen Leben aufnehmen kann.

Das Studium der Theologie und der kirchlichen Disziplinen ist auf die Evangelisierung ausgerichtet. Lernt also eine ernsthafte Methodik, und widmet euch mutig und hochherzig den Mühen der Forschung, um dann persönlich die fruchtbringende Begegnung zwischen Glaube und Vernunft zu erleben. Durch diese zwei Flügel könnt ihr euch der Betrachtung der Wahrheit immer weiter nähern (vgl. Fides et ratio, Einleitung)und somit zu frohen Wegbegleitern der Menschen unserer Zeit werden, die auf den Straßen der Welt oft verwirrt und verloren sind.

6. »Fürchtet euch nicht! Ihr seid mehr wert als viele Spatzen« (Lc 12,7). Diese Worte Jesu, die den heutigen Text aus dem Evangelium beschließen, enthalten eine ermutigende und tröstende Botschaft, in erster Linie für die Apostel bestimmt, die sie direkt aus dem Mund des Meisters hörten, als sie sich auf eine schwierige und risikoreiche Mission zur Bezeugung des Evangeliums vorbereiteten. Liebe junge Menschen! Sie mögen auch euch allen eine Stütze sein, wenn ihr nun mit einem neuen Abschnitt der Vorbereitung auf die Sendung beginnt, die der Herr euch anvertrauen wird.

423 Der mütterliche Schutz der Jungfrau Maria, Sitz der Weisheit, begleite alle, Dozenten und Studenten, durch dieses akademische Jahr hindurch, und lehre jeden, die Verkündigung des Evangeliums in einem reinen und bereitwilligen Herzen zu bewahren und darüber nachzudenken (vgl. Lc 2,19 Lc 2,51).

Maria, die Jungfrau der Aufnahme und des Zuhörens, Mutter des fleischgewordenen Wortes, leite und beschütze allezeit euren Weg zum vollen und volkommenen Verständnis der Wahrheit. Amen!

Erlaubt mir eine Erinnerung an die Zeit, als ich Bischof von Krakau war. Heute und morgen gedenken wir des hl. Johannes Cantius, der im Mittelalter als Professor an der Krakauer Universität wirkte. Der 20. Oktober ist der Eröffnungstag des akademischen Jahres in den Hochschulen jener Stadt, vor allem der berühmten Jagellonen-Universität. In Erinnerung an diesen Tag des Studienbeginns in Krakau und ausgehend von der Eröffnung, die wir heute in Rom feiern, möchte ich allen akademischen Einrichtungen der Kirche in allen Teilen der Welt den Segen des Herrn für das beginnende akademische Jahr wünschen.

Gelobt sei Jesus Christus!



EUCHARISTIEFEIER MIT SELIGSPRECHUNG

DES EHEPAARES

LUIGI BELTRAME QUATTROCCHI UND MARIA CORSINI

PREDIGT DES HEILIGEN VATERS

Sonntag, 21. Oktober 2001

Weltmissionstag


1. "Wird der Menschensohn, wenn er kommt, auf der Erde noch Glauben vorfinden?"
(vgl. Lc 18,8). »

Die Frage, mit der Jesus jenes Gleichnis beendet, in dem er von der Notwendigkeit spricht, »allezeit zu beten und nicht nachzulassen« (vgl. Lc 18,1), rüttelt unser Innerstes auf. Es ist eine Frage, auf die keine Antwort erfolgt: Denn sie wird jeder Person, jeder kirchlichen Gemeinschaft, jeder menschlichen Generation gestellt. Die Antwort muß jeder von uns selbst geben. Christus will uns daran erinnern, daß das Dasein des Menschen auf die Begegnung mit Gott ausgerichtet ist;aber gerade in dieser Hinsicht fragt er sich, ob er bei seiner Wiederkunft noch Menschen finden wird, die ihn bereitwillig erwarten, um mit ihm ins Haus des Vaters einzutreten. Darum sagt er zu allen: »Seid also wachsam! Denn ihr wißt weder den Tag noch die Stunde« (Mt 25,13).

Liebe Brüder und Schwestern! Liebe Familien! Wir haben uns heute anläßlich der Seligsprechung der beiden Eheleute Luigi e Maria Beltrame Quattrocchi zusammengefunden. Mit diesem feierlichen kirchlichen Akt wollen wir ein Modell der bejahenden Antwort auf die Frage Christi vorstellen. Die Antwort wird von zwei Eheleuten gegeben, die in Rom während der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts lebten, in einem Jahrhundert, in dem der Glaube an Christus auf eine harte Probe gestellt wurde. Die Eheleute Luigi und Maria ließen auch in diesen schweren Jahren das Licht des Glaubens – »lumen Christi« – leuchten und gaben es an ihre vier Kinder weiter, von denen drei heute hier in dieser Basilika anwesend sind. Meine Lieben, eure Mutter schrieb über euch: »Wir erzogen sie im Glauben, damit sie Gott erkennen und ihn lieben« (L’ordito e l trama, S. 9). Eure Eltern gaben aber dieses lebendige Licht auch weiter an die Freunde, die Bekannten, die Kollegen …Und – vom Himmel aus – schenken sie es jetzt der ganzen Kirche.

Ich begrüße neben den Verwandten und Freunden der neuen Seligen die kirchlichen Würdenträger, die an dieser Feier teilnehmen, angefangen bei Kardinal Camillo Ruini und den anwesenden Herren Kardinälen, Erzbischöfen und Bischöfen. Außerdem begrüße ich die Vertreter der zivilen Autoritäten, unter ihnen den italienischen Staatspräsidenten und die Königin von Belgien.

424 2. Es gab keine bessere und bedeutsamere Gelegenheit als die heutige, um der Veröffentlichung des Apostolischen Schreibens Familiaris consortio vor 20 Jahren zu gedenken. Dieses Dokument behält auch heute noch seine volle Aktualität. Es beschreibt nicht nur den Wert der Ehe und die Aufgaben der Familie, sondern ermutigt zu verstärkten Anstrengungen auf dem Weg zur Heiligkeit, zu der die Eheleute durch die sakramentale Gnade berufen sind, denn diese »erschöpft sich nicht in der Feier des Ehesakramentes, sondern begleitet die Gatten durch ihr ganzes Leben« (Familiaris consortio FC 56). Die Schönheit dieses Weges leuchtet im Zeugnis der sel. Luigi und Maria auf, einem beispielhaften Zeichen des italienischen Volkes, das dem Ehebund und der auf ihm gegründeten Familie so viel verdankt.

Diese Eheleute haben im Licht des Evangeliums und mit großem menschlichen Einsatz die eheliche Liebe und den Dienst am Leben vorgelebt. Sie haben die volle Verantwortung und Aufgabe übernommen, mit Gott im Schöpfungswerk zusammenzuarbeiten, indem sie sich den Kindern hochherzig widmeten, um sie zu erziehen, zu leiten und auf die Entdeckung seines Liebesplans hin auszurichten. Aus diesem geistlich so fruchtbaren Boden sind Berufungen zum Priestertum und zum geweihten Leben hervorgegangen, die zeigen, wie eng Ehe und Jungfräulichkeit miteinander verbunden sind, angefangen von der gemeinsamen Verankerung in der bräutlichen Liebe des Herrn.

Indem sie aus dem Wort Gottes und dem Zeugnis der Heiligen schöpften, haben die Eheleute ein gewöhnliches Leben auf außergewöhnliche Weise gelebt. Inmitten der Freuden und Sorgen einer normalen Familie verstanden sie es, ein außerordentlich reiches geistliches Leben zu führen. Im Mittelpunkt stand die tägliche Feier der Eucharistie, zu der die kindliche Verehrung der Jungfrau Maria, das Rosenkranzgebet am Abend und die Beziehung zu klugen geistlichen Ratgebern hinzukamen. So wußten sie die Kinder in der Berufswahl zu begleiten, indem sie sie lehrten, alles »vom Dach aus nach oben« zu bewerten, wie sie oft und gerne sagten.

3. Der Reichtum des Glaubens und der Liebe der Eheleute Luigi und Maria Beltrame Quattrocchi ist ein lebendiger Beweis für das, was das Zweite Vatikanische Konzil mit der Berufung aller Gläubigen zur Heiligkeit meinte, als es bekräftigte, daß die Eheleute dieses Ziel anstreben und dabei »proprium viam sequentes«, »ihren eigenen Weg gehen« sollen (Lumen gentium LG 41). Diese besondere und genaue Weisung des Konzils findet heute volle Verwirklichung mit der ersten Seligsprechung eines Ehepaares: Bei diesem wurden die Treue zum Evangelium und der heroische Tugendgrad, ausgehend von ihrem Lebensstand als Eheleute und als Eltern, festgestellt.

In ihrem Leben wie in dem vieler anderer Ehepaare, die sich bemühen, Tag für Tag ihren Pflichten als Eltern nachzukommen, kann man beobachten, wie die Liebe Christi zur Kirche sakramental aufscheint. Denn die Eheleute erfüllen »in der Kraft dieses Sakramentes ihre Aufgabe in Ehe und Familie. Im Geist Christi, durch den ihr ganzes Leben mit Glaube, Hoffnung und Liebe durchdrungen wird, gelangen sie mehr und mehr zu ihrer eigenen Vervollkommnung, zur gegenseitigen Heiligung und so gemeinsam zur Verherrlichung Gottes« (Gaudium et spes GS 48).

Liebe Familien, heute haben wir einen wunderbaren Beweis dafür, daß der gemeinsame Weg zur Heiligkeit als Ehepaar möglich und schön ist; und er ist außerordentlich fruchtbar und entscheidend für das Wohl der Familie, der Kirche und der Gesellschaft.

Dies bewegt uns dazu, den Herrn zu bitten, daß immer mehr Ehepaare imstande sind, durch die Heiligkeit ihres Lebens das »tiefe Geheimnis« der ehelichen Liebe aufscheinen zu lassen, das in der Schöpfung seinen Ursprung hat und in der Einheit Christi mit der Kirche seine Vollendung findet (vgl. Ep 5,22 –33).

4. Wie jeder Weg der Heiligung, so ist auch der eurige, liebe Eheleute, nicht leicht. Ihr habt jeden Tag Schwierigkeiten und Prüfungen zu bewältigen, um eurer Berufung treu zu bleiben, die Harmonie in der Ehe und Familie zu pflegen, eure Sendung als Eltern zu erfüllen und am Leben der Gesellschaft teilzuhaben.

Ihr sollt im Wort Gottes die Antwort auf die vielen Fragen suchen, die das Alltagsleben euch stellt. Der Apostel Paulus hat uns in der Zweiten Lesung daran erinnert, daß »jede von Gott eingegebene Schrift auch nützlich ist zur Belehrung, zur Widerlegung, zur Besserung, zur Erziehung in der Gerechtigkeit« (2Tm 3,16). Gestützt von der Kraft dieses Wortes, könnt ihr gemeinsam dafür eintreten, »ob man es hören will oder nicht«, indem ihr die Kinder »in unermüdlicher und geduldiger Belehrung« ermahnt und ermutigt (2Tm 4,2).

Das Ehe-und Familienleben kennt auch Momente der Verirrung. Ich denke besonders an diejenigen, die das Drama der Trennung erleben; ich denke an diejenigen, die eine Krankheit ertragen müssen, und an jene, die unter dem frühzeitigen Ableben des Ehepartners leiden. Auch in diesen Situationen kann man ein deutliches Zeugnis der Treue in der Liebe geben, das mit der Läuterung im durchlittenen Schmerz noch bedeutsamer geworden ist.

5. Ich vertraue alle geprüften Familien der fürsorgenden Hand Gottes und der liebevollen Sorge Marias an, des erhabenen Vorbilds als Braut und Mutter, die das Leiden und die Mühe der Nachfolge Christi bis unters Kreuz sehr gut gekannt hat. Liebe Eheleute, laßt euch nie von der Hoffnungslosigkeit überwältigen: Die Gnade des Sakraments stützt und hilft euch, die Arme ständig zum Himmel zu erheben wie Mose, von dem die Erste Lesung berichtet (vgl. Ex 17,11 –12). Die Kirche ist euch nahe und hilft euch mit ihrem Gebet, vor allem in schwierigen Momenten.

425 Ich bitte zugleich alle Familien, ihrerseits die Arme der Kirche zu stützen, damit sie nie in ihrer Sendung der Fürbitte, des Trostes, der Leitung und Ermutigung nachläßt. Liebe Familien, ich danke euch für die Hilfe, die ihr auch mir in meinem Dienst an der Kirche und an der Menschheit leistet. Ich bitte den Herrn jeden Tag, daß er all den Familien, die unter Armut und Ungerechtigkeit leiden, helfen möge und die Zivilisation der Liebe wachsen lasse.

6. Meine Lieben, die Kirche vertraut auf euch, wenn sie die Herausforderungen in Angriff nimmt, die sich ihr im neuen Jahrtausend stellen. Unter den Wegen ihrer Sendung »ist die Familie der erste und der wichtigste« (Brief an die Familien
LF 2); die Kirche zählt auf sie und fordert sie auf, »echtes Subjekt der Evangelisierung und des Apostolats« zu sein (ebd., 16).

Ich bin sicher, daß ihr diesen Anforderungen allerorts und unter allen Umständen gewachsen seid. Liebe Eheleute, ich ermutige euch, eure Rolle und eure Pflichten vollkommen wahrzunehmen. Erneuert in euch selbst den missionarischen Schwung, indem ihr euer Heim zum vorrangigen Ort für die Verkündigung und die Aufnahme des Evangeliums macht in einer Atmosphäre des Gebets und in konkret gelebter christlicher Solidarität.

Der Heilige Geist, der Marias Herz erfüllt hat, damit sie in der Fülle der Zeit das Wort des Lebens empfangen und es mit ihrem Bräutigam Josef aufnehmen kann, stehe euch bei und stärke euch. Er erfülle eure Herzen mit Freude und Frieden, so daß ihr dem himmlischen Vater, von dem jede Gnade und jeder Segen kommt, alle Tage Lob und Dank darbringt.

Amen!



EUCHARISTIEFEIER IM PETERSDOM ZUM ABSCHLUSS DER

X. ORDENTLICHEN VOLLVERSAMMLUNG DER BISCHOFSSYNODE

PREDIG VON JOHANNES PAUL II.

27. Oktober 2001



1. »Wir werden den Völkern das Heil des Herrn verkünden« (Antwortpsalm).

Diese Worte des Antwortpsalms bringen sehr treffend die innere Einstellung zum Ausdruck, die uns, verehrte Brüder, zum Abschluß der X. Ordentlichen Versammlung der Bischofssynode miteinander verbindet. Der lange und eingehende Gedankenaustausch über das Thema des Bischofsamtes hat in jedem von uns das tiefe Bewußtsein der Sendung, die uns unser Herr Jesus Christus übertragen hat, erneuert. Mit apostolischem Eifer und im Namen des gesamten Bischofskollegiums, das wir, am Grab des Apostels versammelt, hier vertreten, wollen wir unsere einmütige Treue gegenüber dem Auftrag des Auferstandenen bekräftigen: »Wir werden den Völkern das Heil des Herrn verkünden.«

Es ist gewissermaßen ein Neuanfang in der Spur des Großen Jubiläumsjahres 2000 und zu Beginn des dritten christlichen Jahrtausends. In die Atmosphäre des Jubeljahres hat uns die Erste Lesung zurückversetzt, jene messianische Weissagung Jesajas, die im Laufe des Heiligen Jahres so oft erklungen ist. Es ist eine Botschaft der Hoffnung für alle Armen und Bedrängten. Es ist die Eröffnung des »Gnadenjahrs des Herrn« (Is 61,2), das im Jubiläumsjahr so eindrucksvoll zum Ausdruck kam, das aber über das Kalenderjahr hinausgeht, um sich auf alle Bereiche auszuweiten, die von der heilbringenden Gegenwart Christi und seines Geistes erfüllt sind.

Wenn wir heute erneut diese Botschaft hören, fühlen wir uns in der zum Abschluß des Großen Jubiläumsjahres verkündeten Überzeugung bestätigt: »Die lebendige Pforte, die Christus ist«, bleibt für die Generationen des neuen Jahrtausends weiter geöffnet denn je (vgl. Novo millennio ineunte NM 59). Denn Christus ist die Hoffnung der Welt. Die Aufgabe der Kirche und insbesondere der Apostel und ihrer Nachfolger besteht darin, sein Evangelium bis an die Grenzen der Erde zu verbreiten.

2. Die Ermahnung des Apostels Petrus an die Ältesten, die wir in der Zweiten Lesung gehört haben, wie auch die soeben vorgelesene Perikope aus dem Evangelium bedienen sich der Symbole des Hirten und der Herde und stellen das Amt Christi und der Apostel unter einem »pastoralen« Blickwinkel dar. »Sorgt als Hirten für die euch anvertraute Herde Gottes«, schreibt der hl. Petrus (1P 5,2), eingedenk des Auftrags, den er selbst von Christus erhalten hatte: »Weide meine Lämmer […] Weide meine Schafe« (). Noch bedeutsamer ist die Selbstoffenbarung des Gottessohnes: »Ich bin der gute Hirt« (Jn 10,11), mit dem Hinweis auf das Opfer: »Ich gebe mein Leben hin für die Schafe« (Jn 10,15).

426 Deshalb bezeichnet sich Petrus als »Zeuge der Leiden Christi, [der] auch an der Herrlichkeit teilhaben soll, die sich offenbaren wird« (1P 5,1). In der Kirche ist der Hirte in erster Linie Überbringer dieses österlichen und eschatologischen Zeugnisses, das seinen Höhepunkt in der Feier der Eucharistie, Gedächtnis an den Tod des Herrn und Vorankündigung seiner Wiederkunft in Herrlichkeit, findet. Die Feier der Eucharistie ist also pastorales Handeln in höchster Vollendung: Die Worte »Tut dies zu meinem Gedächtnis« bringen nicht nur die rituelle Wiederholung des Abendmahls mit sich, sondern auch als Folge davon die Bereitschaft, sich selbst für die Herde hinzugeben – nach dem Beispiel Christi, das er in seinem Leben und vor allem in seinem Tod gab.

3. In den vergangenen Wochen wurde während der Beiträge in der Synodenaula mehrmals auf das Bild des guten Hirten Bezug genommen. In der Tat handelt es sich um das »Vorbild« schlechthin, das durch die Jahrhunderte hindurch viele heilige Bischöfe inspiriert hat und das, besser als jedes andere Bild, die Aufgaben und den Lebensstil der Apostelnachfolger aufzeigt. In diesem Zusammenhang soll auch angemerkt werden, daß die heute zu Ende gegangene Synodenversammlung ideell an das gesamte Lehramt anknüpft, das die Kirche uns im Laufe ihrer Geschichte hinterlassen hat. Man denke nur an das Konzil von Trient, von dem uns etwa viereinhalb Jahrhunderte trennen. Einer der Gründe, weshalb jenes Konzil einen so bedeutenden erneuernden Einfluß auf den Weg des Gottesvolkes gehabt hat, liegt mit Sicherheit auch in der Wiederbelebung der »cura animarum« als vorrangige Aufgabe der Bischöfe. Sie wurden verpflichtet, ihren ständigen Wohnsitz bei ihrer Herde zu haben und durch die Errichtung von Seminaren tüchtige Mitarbeiter im Hirtenamt heranzubilden.

Vierhundert Jahre später hat das II. Vatikanische Konzil die Lehre des Tridentinums wiederaufgenommen und weiterentwickelt und sie auf die Perspektive der Neuevangelisierung hin geöffnet. Zu Beginn des dritten Jahrtausends ist das Idealbild des Bischofs, auf den die Kirche weiterhin zählt, die eines Hirten, der – in der Heiligkeit des Lebens Christus gleichgestaltet – sich großherzig für die ihm anvertraute Kirche einsetzt und gleichzeitig die Sorge für alle Kirchen auf der ganzen Erde im Herzen trägt (vgl. 2Co 11,28).

4. Der Bischof als guter Hirt findet Licht und Kraft für sein Amt im Wort Gottes, das er in der kirchlichen Gemeinschaft auslegt und mit mutiger Treue »opportune et importune« verkündet (2Tm 4,2). Als Lehrer des Glaubens fördert der Bischof alles, was es in seiner Herde an Gutem und Positivem gibt; er stützt und führt alle Schwachen im Glauben (vgl. Rm 14,1) und tritt dafür ein, Verfälschungen aufzudecken und Verfehlungen zu bekämpfen.

Es ist wichtig, daß der Bischof sich der Herausforderungen bewußt ist, denen sich der Glaube an Christus heutzutage stellen muß. Sie entstammen einer Mentalität, die auf menschlichen Kriterien gründet, welche das Gesetz und den Plan Gottes zuweilen relativieren. Vor allem muß er den Mut besitzen, die unversehrte Lehre zu verkünden und zu verteidigen, auch wenn dies mit Leid verbunden sein sollte. In Gemeinschaft mit dem Apostelkollegium und mit dem Nachfolger Petri hat der Bischof nämlich die Pflicht, die Gläubigen vor aller Art von Gefahren zu schützen; er soll ihnen durch eine aufrichtige Rückkehr zum Evangelium Christi die wahre Lösung für die komplexen Probleme, die auf der Menschheit lasten, aufzeigen. Der Dienst, den die Bischöfe für ihre Herde leisten sollen, wird in dem Maße eine Quelle der Hoffnung sein, wie er eine Ekklesiologie der Gemeinschaft und Sendung widerspiegelt. In den Synodentagungen der vergangenen Wochen wurde mehrmals auf die Notwendigkeit einer Spiritualität der Gemeinschaft hingewiesen. Gemäß einem Zitat aus Instrumentum laboris wurde wiederholt gesagt: »Die Stärke der Kirche liegt in der Gemeinschaft, ihre Schwäche in Spaltungen und Gegensätzen« (63).

Nur wenn eine tiefe und überzeugte Einheit der Hirten untereinander und mit dem Nachfolger Petri sowie der Bischöfe mit ihren Priestern deutlich spürbar sein wird, kann eine glaubhafte Antwort auf die Herausforderungen der gegenwärtigen sozialen und kulturellen Umstände gegeben werden. Liebe Brüder und Mitglieder der Synodenversammlung, in dieser Hinsicht möchte ich euch meine dankbare Wertschätzung aussprechen für das Zeugnis freudiger Gemeinschaft, das ihr in diesen Tagen gegeben habt, erfüllt von der Sorge um die Menschheit unserer Zeit.

5. Ich möchte euch bitten, euren Gläubigen meinen Gruß zu übermitteln, ganz besonders euren Priestern, denen ihr eure besondere Aufmerksamkeit schenken solltet, indem ihr zu jedem von ihnen eine direkte, vertrauensvolle und herzliche Beziehung knüpft. Ich weiß: Ihr bemüht euch schon jetzt darum in der Überzeugung, daß eine Diözese nur dann gut funktioniert, wenn ihr Klerus freundschaftlich und in brüderlicher Liebe um seinen Bischof vereint ist.

Auch richte ich an euch die Bitte, die emeritierten Bischöfe zu grüßen und ihnen meine Worte der Dankbarkeit für ihre Arbeit im Dienst an den Gläubigen zu übermitteln. Ich habe eine Delegation von ihnen zu dieser Synodenversammlung eingeladen, damit auch über diese Thematik nachgedacht werde, die für die Kirche eine Neuheit ist, da sie auf einer Entscheidung des II. Vatikanischen Konzils zum Wohl der Teilkirchen gründet. Ich vertraue darauf, daß jede Bischofskonferenz sich mit der Frage auseinandersetzen wird, wie die emeritierten Bischöfe, die gesundheitlich noch wohlauf und voller Tatkraft sind, am besten eingesetzt werden können, indem sie mit verschiedenen kirchlichen Diensten und vor allem mit der Untersuchung der Problembereiche betraut werden, in denen sie besondere Erfahrungen und Kompetenz erworben haben. Wer sich dazu bereit erklärt, kann sich – als aktives Mitglied des Bischofskollegiums – an der Seite der jüngeren Mitbrüder in dieser oder jener bischöflichen Kommission engagieren.

Einen besonderen Gruß möchte ich auch an die Bischöfe Chinas richten, deren Abwesenheit bei der Synode uns nicht daran gehindert hat, ihre geistige Nähe in der Erinnerung und im Gebet zu spüren.

6. »Wenn dann der oberste Hirt erscheint, werdet ihr den nie verwelkenden Kranz der Herrlichkeit empfangen« (1P 5,4). Am Ende dieser ersten Synodenversammlung des dritten Jahrtausends möchte ich der 22 im 20. Jahrhundert heiliggesprochenen Bischöfe gedenken: Alessandro Maria Sauli, Bischof von Pavia; Robert Bellarmin, Kardinal, Bischof von Capua, Kirchenlehrer; Albertus Magnus, Bischof von Regensburg, Kirchenlehrer; John Fisher, Bischof von Rochester, Märtyrer; Antonio Maria Claret, Erzbischof von Santiago de Cuba; Vincenzo Maria Strambi, Bischof von Macerata und Tolentino; Antonio Maria Gianelli, Bischof von Bobbio; Gregorio Barbarigo, Bischof von Padua; Juan de Ribera, Erzbischof von Valencia; Oliver Plunkett, Erzbischof von Armagh, Märtyrer; Giustino de Jacobis, Bischof von Nilopolis und Apostolischer Vikar von Abessinien; Johann Nepomuk Neumann, Bischof von Philadelphia; Geronimo Hermosilla, Valentino Berrio Ochoa und weitere sechs Bischöfe, Märtyrer in Vietnam; Ezechiel Moreno y Diaz, Bischof von Pasto (Kolumbien); Charles Joseph Eugène de Mazenod, Bischof von Marseille. In weniger als einem Monat werde ich außerdem die Freude haben, Giuseppe Marello, Bischof von Acqui, heiligzusprechen.

Aus dieser erlesenen Schar heiliger Hirten, die man mit der langen Reihe der seliggesprochenen Bischöfe erweitern könnte, erhebt sich, wie bei einem Mosaik, das Antlitz Christi, des guten Hirten und Missionars des Vaters. Auf diese lebende Ikone richten wir unseren Blick zu Beginn des neuen Zeitalters, das die Vorsehung uns eröffnet, um mit immer größerem Engagement Diener des Evangeliums, der Hoffnung der Welt, zu sein.

427 Die allerseligste Jungfrau Maria, Königin der Apostel, stehe uns immer in unserem Amt bei. Zu jeder Zeit erstrahlt sie am Horizont der Kirche und der Welt als Zeichen des Trostes und der sicheren Hoffnung.



SELIGSPRECHUNG VON ACHT DIENERN GOTTES

PREDIGT DES HEILIGEN VATERS

Sonntag, 4. November 2001



1. »Alles ist dein Eigentum, Herr, du Freund des Lebens« (Sg 11,26). Diese Worte aus dem Buch der Weisheit laden uns ein, über die große Botschaft der Heiligkeit nachzudenken. Sie wird uns vor Augen geführt in dieser festlichen Eucharistiefeier, bei der acht neue Selige proklamiert worden sind: Pavol Peter Gojdic¡, Metod Dominik Trc¡ka, Giovanni Antonio Farina, Bartolomeu Fernandes dos Mártires, Luigi Tezza, Paolo Manna, Gaetana Sterni, María Pilar Izquierdo Albero.

Durch ihr Leben, das sie vollkommen zur Ehre Gottes und für das Wohl ihrer Brüder und Schwestern hingegeben haben, sind sie auch weiterhin in der Kirche und für die Welt ein beredtes Zeichen der Liebe Gottes – die erste Quelle und das letzte Ziel aller Lebenden.

2. »Denn der Menschensohn ist gekommen, um zu suchen und zu retten, was verloren ist« (Lc 19,10). Die heilbringende Sendung, die Christus im heutigen Abschnitt aus dem Lukasevangelium verkündet, machten sich Bischof Pavol Peter Gojdic¡ und der Redemptoristenpater Metod Dominik Trc¡ka, die heute seliggesprochen werden, zutiefst zu eigen. Vereint durch den aufopferungsvollen und mutigen Dienst für die griechisch-katholische Kirche in der Slowakei, erlitten sie die gleichen Nöte wegen ihrer Treue zum Evangelium und zum Nachfolger Petri. Jetzt teilen sie die gleiche Krone der Herrlichkeit.

Von seiner asketischen Erfahrung im Orden des hl. Basilius des Großen gestärkt, bemühte sich Pavol Peter Gojdic¡ – zunächst als Bischof in der Eparchie Presov und später als Apostolischer Administrator von Mukacev – unablässig um die Verwirklichung des Pastoralprogramms, das er sich vorgenommen hatte: »Mit der Hilfe Gottes will ich ein Vater der Waisen, Helfer der Armen und Tröster der Traurigen werden.« Seinen Mitmenschen war er als »Mann mit goldenem Herzen« bekannt, für die Vertreter der damaligen Regierung hingegen war er eher zu einem »Stachel im Fleisch« geworden. Nachdem das kommunistische Regime die griechisch-katholische Kirche in den Bereich des Illegalen gerückt hatte, wurde er verhaftet und interniert. Damit begann für ihn ein langer Leidensweg mit Mißhandlungen und Demütigungen, bei dem er aufgrund seiner Treue zu Christus sowie seiner Liebe zur Kirche und zum Papst schließlich sein Leben hingab.

Auch Metod Dominik Trcjka stellte sein ganzes Dasein in den Dienst an der Sache des Evangeliums und des Heils der Brüder, bis hin zum höchsten Opfer des Lebens. Als Oberer der Gemeinschaft der Redemptoristen von Stropkov in der Ostslowakei entfaltete er eine eifrige missionarische Tätigkeit in den drei Eparchien Pres¡ov, Uz¡horod und Kriz¡evci. Nach der kommunistischen Machtübernahme wurde er ebenso wie seine Mitbrüder aus dem Redemptoristenorden in ein Konzentrationslager gebracht. Stets vom Gebet gestützt, nahm er die Qualen und Demütigungen, die er wegen des Evangeliums erlitt, mit Seelenstärke und Entschlossenheit auf sich. Sein Leidensweg endete im Gefängnis von Leopoldov, wo er infolge von Entbehrungen und Krankheit starb, nachdem er seinen Peinigern vergeben hatte.

3. Das leuchtende Bild eines nach dem Beispiel Christi lebenden Hirten des Gottesvolkes bietet uns heute auch Bischof Giovanni Antonio Farina, dessen lange andauerndes Hirtenamt – zuerst in der Christengemeinde von Treviso und dann in Vicenza – von einer breitgefächerten apostolischen Tätigkeit gekennzeichnet war, die ständig auf die lehramtliche und spirituelle Bildung des Klerus und der Gläubigen abzielte. Wenn wir auf sein Werk schauen, das der Suche nach der Herrlichkeit Gottes, der Ausbildung der Jugend und den Werken der Nächstenliebe gegenüber den Ärmsten und Verlassenen gewidmet war, kommen uns die Worte des Apostels Paulus in den Sinn, die wir in der Zweiten Lesung gehört haben: Alles muß vollendet werden, damit »der Name Jesu, unseres Herrn, […] verherrlicht werde« (2Th 1,12). Das Zeugnis des neuen Seligen bringt heute noch reiche Früchte hervor, insbesondere durch die von ihm gegründete religiöse Familie, die Lehrschwestern von der hl. Dorothea – Töchter der Heiligen Herzen; unter ihnen erstrahlt die Heiligkeit von Maria Bertilla Boscardin, die von meinem verehrten Vorgänger Papst Johannes XXIII. heiliggesprochen wurde.

In Pater Paolo Manna erkennen wir ebenfalls einen besonderen Widerschein der Herrlichkeit Gottes. Pater Manna setzte sein ganzes Leben für die Mission ein. Aus allen Seiten seiner Schriften strahlt die Person Jesu, Mittelpunkt des Lebens und Wesensgrund der Mission, ganz lebendig hervor. In einem seiner Briefe an die Missionare schrieb er: »Der Missionar ist gar nichts, wenn er nicht Jesus Christus verkörpert […] Nur ein Missionar, der Jesus Christus in sich selbst getreu nachbildet, […] kann sein Bild in die Seelen der anderen übertragen « (vgl. Brief 6 ). In der Tat gibt es keine Mission ohne Heiligkeit, wie ich in der Enzyklika Redemptoris missio bestätigte: »Die missionarische Spiritualität der Kirche ist ein Weg zur Heiligkeit. Es gilt, ein neues glühendes Verlangen nach Heiligkeit in den Missionaren und in der ganzen christlichen Gemeinschaft zu wecken« (90).

4. »Unser Gott mache euch eurer Berufung würdig und vollende in seiner Macht allen Willen zum Guten und jedes Werk des Glaubens« (vgl. 2Th 1,11).

Diese Betrachtung des Apostels Paulus über den Glauben, der in gute Vorsätze und Werke umgesetzt werden soll, hilft uns, das geistige Format des sel. Luigi Tezza besser zu verstehen. Er war das leuchtende Beispiel einer Existenz, die sich vollkommen der gelebten Nächstenliebe und Barmherzigkeit gegenüber den an Körper und Geist Leidenden weiht. Für sie gründete er das Institut der Töchter des hl. Kamillus, denen er beibrachte, ein vollkommenes Vertrauen zum Herrn zu entwickeln. »Der Wille Gottes! Das ist meine einzige Führung«– betonte er –, »der einzige Zweck meines Strebens, dem ich alles opfern möchte.« In dieser vertrauensvollen Hingabe an den Willen Gottes nahm er sich die Jungfrau Maria zum Vorbild, die er besonders in der Stunde ihres »fiat «und in ihrer stillen Gegenwart zu Füßen des Kreuzes betrachtete und zärtlich liebte.


Predigten 1978-2005 422