Predigten 1978-2005 435


VESPER UND TE DEUM ZUM JAHRESABSCHLUß 2001

PREDIGT DES HEILIGEN VATERS JOHANNES PAUL II.

Montag, 31. Dezember 2001

1.»Herr, ist das die Zeit?«: Wie oft stellt sich der Mensch diese Frage, besonders in den dramatischen Stunden der Geschichte! In ihm ist immer der Wunsch lebendig, den Sinn und die Dynamik der persönlichen und gemeinschaftlichen Ereignisse, in die er verwickelt ist, zu erkennen. Er möchte »zuvor« wissen, was »danach« geschehen wird, damit er keine unangenehme Überraschung erlebt.

Auch die Apostel waren nicht frei von diesem Wunsch. Aber Jesus hat diese Neugierde nie unterstützt. Als ihm diese Frage gestellt wurde, antwortete er, daß nur der himmlische Vater die Zeiten und Fristen kennt und festsetzt (vgl. Ac 1,7). Er fügte jedoch hinzu: »… ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen, der auf euch herabkommen wird; und ihr werdet meine Zeugen sein …bis an die Grenzen der Erde« (Ac 1,8). Er bot ihnen also an, eine »neue« Haltung gegenüber der Zeit einzunehmen.

436 Jesus fordert uns auf, nicht vergeblich nach dem zu forschen, was Gott vorbehalten ist – eben der Verlauf der Ereignisse –, sondern die Zeit zu nutzen, die jeder zur Verfügung hat, nämlich die Gegenwart, indem man an der Verbreitung des Evangeliums überall auf Erden mit gotteskindlicher Liebe mitwirkt. Auch für uns ist es angebracht, zum Jahreswechsel und wenige Stunden vor Beginn des neuen Jahres darüber nachzudenken.

2. »Als aber die Zeit erfüllt war, sandte Gott seinen Sohn, geboren von einer Frau« (
Ga 4,4). Vor der Geburt Jesu war der Mensch der Tyrannei der Zeit ausgeliefert, ähnlich einem Sklaven, der nicht weiß, was sein Herr im Sinn hat. Als aber »das Wort Fleisch geworden ist und unter uns gewohnt hat« (Jn 1,14), wurde diese Sicht völlig umgekehrt.

In der Heiligen Nacht, die wir vor einer Woche gefeiert haben, ist der Ewige in die Geschichte eingetreten; das vom unweigerlichen Fluß der Tage bestimmte »Noch Nicht« der Zeit hat sich in geheimnisvoller Weise mit dem »Schon« der Offenbarung des Sohnes Gottes verbunden. Die Zeit erreicht im unergründlichen Geheimnis der Menschwerdung ihre Fülle. Gott umfängt die Geschichte der Menschen auf Erden, um sie zur endgültigen Vollendung zu führen.

Für uns Gläubige sind Sinn und Ziel der Geschichte und jedes menschlichen Schicksals in Christus begründet. In Ihm, dem ewigen Wort, das im Schoße Mariens Fleisch angenommen hat, sind wir in die Ewigkeit miteinbezogen, denn Gott wollte sich sichtbar machen, indem Er selbst das Ziel der Geschichte und die Bestimmung der Mühe und Not jeder Person, die auf Erden lebt, offenbart.

Ja, darum wollen wir in dieser Liturgie am Ende des Jahres 2001 Gott voll Freude danken, der uns in sein Geheimnis eingeführt und damit den Anfang für die neue und endgültige Zeit gesetzt hat.

3. Te Deum laudamus, / Te Dominum confitemur.

Mit den Worten des alten Hymnus danken wir Gott von ganzem Herzen für das Gute, das er uns im Lauf der vergangenen zwölf Monate geschenkt hat.

Während vor unseren Augen die vielen Ereignisse des Jahres 2001 vorbeiziehen, möchte ich den Hochwürdigsten Herrn Kardinalvikar herzlich begrüßen, der von seinen Weihbischöfen und vielen Priestern begleitet wird, die im pastoralen Dienst an der Kirche von Rom meine wertvollen Mitarbeiter sind. Mein Gruß gilt auch dem Herrn Bürgermeister und den Mitgliedern des Stadt- und Gemeinderates sowie den übrigen hier anwesenden Autoritäten und all jenen, die hier die verschiedenen städtischen Institutionen vertreten.

Von dieser Basilika aus, die bei den Römern so beliebt ist, gehen meine besten Glück- und Segenswünsche an die gesamte Bevölkerung der Stadt Rom und besonders an diejenigen, die diese Festtage unter Schwierigkeiten und Entbehrungen begehen. Ich versichere allen, daß ich an sie denke und sie in mein Gebet einschließe; zugleich lade ich jeden einzelnen ein, seinen Weg mutig weiterzugehen im Vertrauen auf die göttliche Vorsehung, die in ihren verborgenen Plänen immer voller Liebe ist.

4. In unserer Stadt ist immer noch der Nachklang des Großen Jubiläums zu spüren, das das Leben von Rom und seinen Bewohnern tief geprägt hat. Denn es hat in der Gemeinschaft der Gläubigen überreiche Gnaden hinterlassen. Die Diözesanversammlung vom Juni 2001, die in den Pfarreien und kirchlichen Organisationen eingehend vorbereitet worden war, hat die Verpflichtung zur ständigen Mission als Ziel gesetzt, das in diesen Jahren entschlossen anzustreben ist, wie es den Weisungen des Apostolischen Schreibens Novo millennio ineunte und des Pastoralprogamms der Diözese entspricht, das sich an ihm orientiert.

Rom hat ein ständiges Verlangen nach der Botschaft Christi und der Begegnung mit ihm im Hören auf sein Wort, in der Eucharistie und in der Liebe zum Nächsten. Deshalb ist es notwendig, daß der apostolische Eifer im Herzen der Priester, der Ordensleute und der vielen Laien wächst, die ihre Berufung erkannt haben, Zeugen des Herrn in den Familien und am Arbeitsplatz zu sein.

437 Allen wiederhole ich, was ich in der Botschaft an die Diözesanversammlung vom vergangenen Juni geschrieben habe: »Fahrt hinaus, um die Botschaft des Evangeliums in die Häuser, in das Lebensumfeld, in die Wohnviertel und in die ganze Stadt zu tragen« (4).

Jede christliche Gemeinde sei Schule des Gebets und Übungsplatz der Heiligkeit; sie sei eine Familie von Familien, in der die Aufnahme des Herrn und die Geschwisterlichkeit, gelebt um die Eucharistie als Mitte, sich in eine schwungvolle Neuevangelisierung umsetzen.

5. Mit der ständigen Sendung ist ein weiteres großes Ziel verbunden, das vom diözesanen Pastoralprogramm aufgezeigt und Gegenstand besonderer Reflexion beim Diözesantreffen im Juni 2002 sein wird: die Pastoral der Berufungen.

Jede Pfarrei und Gemeinschaft ist zum ständigen Gebet und zu einer dynamischen und zuversichtlichen Bildungsarbeit unter den Jugendlichen und den Familien aufgerufen, damit der Herr Arbeiter in seine Ernte sende und der Ruf Gottes in seiner befreienden Kraft verstanden und voll Freude und Dankbarkeit angenommen werde.

Ich wende mich vor allem an euch, liebe Pfarrer und liebe Priester, damit die Freude, Diener Christi zu sein, und die Hochherzigkeit des Dienstes an der Kirche immer deutlich in eurem Leben aufleuchten. Das ist eine wichtige Voraussetzung für die Pastoral der Berufungen. Am Anfang jeder Priester- und Ordensberufung steht fast immer ein Priester, der durch sein Beispiel und die geistliche Begleitung die Person auf der Suche nach dem Weg des »Geschenks« und des »Geheimnisses« geführt und begleitet hat. .

6. Te Deum laudamus! An diesem Abend erhebe sich aus unserm dankbaren Herzen dieser Lobpreis und diese Danksagung. Der Dank für die empfangenen Wohltaten, für die erreichten apostolischen Ziele und für die verwirklichten guten Taten. Ich möchte ganz besonders danken für die 300 Pfarreien unserer Stadt, die ich bisher besuchen konnte. Ich bitte Gott um die Kraft, daß ich, so lange Er will, den treuen Dienst an der Kirche von Rom und an der gesamten Welt fortsetzen kann.

Liebe Schwestern und Brüder, am Jahresende ist es besonders geboten, sich auch auf die eigene Gebrechlichkeit und auf die Zeiten zu besinnen, in denen man der Liebe Gottes nicht ganz treu war. Wir bitten den Herrn um Vergebung für unsere Fehler und Nachlässigkeiten: Miserere nostri, Domine, miserere nostri. Überlassen wir uns vertrauensvoll der Güte des Herrn. Er wird uns barmherzig sein und uns helfen, unsere apostolische Aufgabe weiterhin zu erfüllen.

7. In Te, Domine, speravi: non confundar in aeternum! Wir vertrauen uns dir an und überantworten uns ganz deinen Händen, Herr der Zeit und der Ewigkeit. Du bist unsere Hoffnung: die Hoffnung Roms und der Welt; die Stütze der Schwachen und der Trost der Verirrten, die Freude und der Friede dessen, der dich aufnimmt und dich liebt.

Während dieses Jahr zu Ende geht und der Blick sich schon auf das neue Jahr richtet, überläßt sich das Herz zuversichtlich deinen geheimnisvollen Heilsplänen.

Fiat misericordia tua, Domine, super nos, quaemadmodum speravimus in Te.

Dein Erbarmen sei immer mit uns: auf dich haben wir gehofft. Auf dich allein hoffen wir, Christus, Sohn der Jungfrau Maria, deiner und unserer liebevollen Mutter.




2002


EUCHARISTIEFEIER IM PETERSDOM AM HOCHFEST DER

GOTTESMUTTER MARIA UND XXV. WELTFRIEDENSTAG

1. Januar 2002


PREDIGT DES HL. VATERS JOHANNES PAUL II.




438 1. "Gruß Dir, heilige Mutter, du hast den König geboren, der in Ewigkeit herrscht über Himmel und Erde"
(Eröffnungsvers).

Mit diesem alten Gruß richtet sich die Kirche heute, am achten Tag nach Weihnachten und ersten Tag des Jahres 2002, an die allerseligste Jungfrau Maria und ruft sie als Mutter Gottes an.

Der ewige Sohn des Vaters nahm in ihr unser Fleisch an und wurde durch sie zum »Sohn Davids und Sohn Abrahams« (
Mt 1,1). Daher ist Maria seine wahre Mutter: »Theotòkos«, die Mutter Gottes!

Wenn Jesus das Leben ist, dann ist Maria die Mutter des Lebens.
Wenn Jesus die Hoffnung ist, dann ist Maria die Mutter der Hoffnung.
Wenn Jesus der Friede ist, dann ist Maria die Mutter des Friedens, die Mutter des Friedensfürsten.

Da wir nun das neue Jahr beginnen, bitten wir diese heilige Mutter um ihren Segen. Bitten wir sie, uns Jesus zu schenken, unseren vollkommenen Segen, in dem der Vater ein für alle Mal die Geschichte gesegnet hat, indem er sie zur Heilsgeschichte werden ließ.

2. »Gruß dir, heilige Mutter!« Unter dem mütterlichen Blick Mariens findet der heutige Weltfriedenstag statt. Wir wollen nachdenken über den Frieden in einer Atmosphäre weitverbreiteter Besorgnis angesichts der jüngsten dramatischen Ereignisse, die die Welt erschüttert haben. Auch wenn es nach rein menschlichen Maßstäben schwierig erscheinen mag, mit Optimismus in die Zukunft zu blicken, dürfen wir dennoch nicht der Versuchung der Mutlosigkeit erliegen. Vielmehr sollen wir uns mutig für den Frieden einsetzen in der festen Gewißheit, daß das Böse nicht überhand nehmen wird.

Das Licht und die Hoffnung für unseren Einsatz erhalten wir von Christus. Das Kind, das in Betlehem geboren wurde, ist das ewige Wort des Vaters, das zu unserem Heil Fleisch geworden ist, es ist der »Gott-mit-uns«, der das Geheimnis des wahren Friedens mit sich bringt. Es ist der Fürst des Friedens.

3. Mit diesen Empfindungen richte ich meinen ehrerbietigen Gruß an die beim Hl. Stuhl akkreditierten Herren Botschafter, die an dieser festlichen Feier teilnehmen wollten. Von Herzen grüße ich den Präsidenten des Päpstlichen Rats für Gerechtigkeit und Frieden, Kardinal François Xavier Nguyên Van Thuân, und all seine Mitarbeiter. Ihnen gilt unser Dank für die Anstrengungen, die sie unternommen haben, um eine alljährliche Botschaft zur Feier des Weltfriedenstages zu verbreiten, die in diesem Jahr das Thema »Kein Friede ohne Gerechtigkeit – keine Gerechtigkeit ohne Vergebung« behandelt.

439 Gerechtigkeit und Vergebung: Dies sind die beiden »Grundpfeiler« des Friedens, auf die ich besonders aufmerksam machen wollte. Zwischen Gerechtigkeit und Vergebung gibt es keinen Gegensatz, sondern sie ergänzen einander, da sie beide von wesentlicher Bedeutung für die Förderung des Friedens sind. Dieser bedeutet nämlich weit mehr als eine vorübergehende Einstellung von Feindseligkeiten: Er ist eine tiefgreifende Heilung der in den Herzen blutenden Wunden (vgl. Botschaft zum Weltfriedenstag, 3). Allein die Vergebung kann die Rachsucht überwinden und das Herz für eine wahre und dauerhafte Versöhnung zwischen den Völkern öffnen.

4. Richten wir den Blick heute auf das Kind, das Maria im Arm hält. In ihm erkennen wir denjenigen, in dem sich Barmherzigkeit und Wahrheit begegnen, Gerechtigkeit und Friede sich küssen (vgl.
Ps 85,11). In ihm beten wir den wahren Messias an, in dem Gott – zu unserem Heil – Wahrheit und Barmherzigkeit, Gerechtigkeit und Vergebung miteinander verbunden hat.

Im Namen Gottes richte ich erneut meinen eindringlichen Aufruf an alle, Glaubende und Nichtglaubende, damit das Zweierpaar »Gerechtigkeit und Vergebung« stets die Beziehungen zwischen den Einzelpersonen, den gesellschaftlichen Gruppen und Völkern bestimmen möge.

Dieser Appell ergeht in besonderer Weise an all jene, die an Gott glauben, vor allem an die drei großen abrahamitischen Religionen Judentum, Christentum und Islam, die dazu berufen sind, immer ihre feste und entschlossene Ablehnung der Gewalt zu verkünden. Niemand darf – aus keinem Grund – im Namen des einen und barmherzigen Gottes töten. Gott ist das Leben und die Quelle des Lebens. An ihn zu glauben bedeutet, für seine Barmherzigkeit und Vergebung Zeugnis abzulegen und jedweden Mißbrauch seines heiligen Namens zurückzuweisen.

Aus verschiedenen Teilen der Welt erhebt sich der sehnsuchtsvolle Ruf nach Frieden; er erhebt sich besonders aus jenem Land, das Gott durch seinen Bund und seine Menschwerdung gesegnet hat und das wir daher »Heiliges Land« nennen. Aus jenem Land schreit die »Stimme des Blutes« zu Gott (vgl. Gn 4,10); das Blut, das von Brüdern vergossen wird, die sich auf denselben Patriarchen Abraham berufen; sie sind – wie jeder Mensch – Kinder desselben himmlischen Vaters.

5. »Gruß dir, heilige Mutter!« Jungfrau, Tochter Sions, wie sehr muß dein Mutterherz unter diesem Blut leiden!

Das Kind, das du an deine Brust drückst, trägt einen Namen, der den Völkern der biblischen Religion lieb und teuer ist: »Jesus«, was so viel bedeutet wie »Gott rettet«. So nannte der Erzengel ihn, bevor er in deinem Schoß empfangen wurde (vgl. Lc 2,21). Im Antlitz des neugeborenen Messias erkennen wir das Angesicht deiner verunglimpften und ausgenutzten Söhne und Töchter. Wir erkennen in ihm vor allem das Angesicht der Kinder, gleich, welcher Rasse, Nation und Kultur sie angehören. O Maria, für sie und für ihre Zukunft erbitten wir von dir, die vom Haß verhärteten Herzen zu erweichen, damit sie sich der Liebe öffnen und damit endlich die Vergebung an die Stelle der Rache tritt.

Erwirke, o Mutter, daß die Wahrheit der Aussage »Es gibt keinen Frieden ohne Gerechtigkeit, es gibt keine Gerechtigkeit ohne Vergebung« sich in die Herzen aller Menschen einpräge. Die Menschenfamilie wird so jenen Frieden finden können, der der Begegnung zwischen Gerechtigkeit und Barmherzigkeit entspringt.

Heilige Mutter, Mutter des Friedensfürsten, steh uns bei!
Mutter der Menschheit und Königin des Friedens, bitte für uns!



EUCHARESTIEFEIER MIT BISCHOFSWEIHE

AM HOCHFEST DER ERSCHEINUNG DES HERRN

Sonntag, 6. Januar 2002

PREDIGT DES HEILIGEN VATERS JOHANNES PAUL II.




440 1. »Lumen gentium … Christus«, »Christus ist das Licht der Völker« (Lumen gentium, LG 1).

Die Thematik des Lichts beherrscht die Festtage der Weihnacht und der Erscheinung des Herrn, die ursprünglich – und im Osten noch heute – in einem einzigen großen »Fest des Lichts« zusammengefaßt waren. In der eindrucksvollen Atmosphäre der Heiligen Nacht ist das Licht erschienen; Christus, »das Licht der Welt«, ist geboren. Er ist »das aufstrahlende Licht aus der Höhe« (Lc 1,78) – ein Licht, das in die Welt gekommen ist, um die Finsternis des Bösen zu zerstreuen und die Welt mit dem Glanz der göttlichen Liebe zu erfüllen. Der Evangelist Johannes schreibt: »Das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet, kam in die Welt« (Jn 1,9).

»Deus lux est – Gott ist Licht«, betont auch der hl. Johannes. Damit faßt er nicht eine gnostische Theorie zusammen, sondern »die Botschaft, die wir von ihm [Jesus] gehört haben« (1Jn 1,5). Im Evangelium gibt er die Worte wieder, die er aus dem Munde des Meisters vernahm: »Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, wird nicht in der Finsternis umhergehen, sondern wird das Licht des Lebens haben« (Jn 8,12).

Durch die Menschwerdung hat sich der Sohn Gottes als Licht offenbart – nicht nur ein äußerliches Licht in der Geschichte der Welt, sondern auch ein Licht im Innern des Menschen, in seiner persönlichen Geschichte. Er wurde zu einem von uns und verlieh hierdurch unserem irdischen Dasein neuen Sinn und Wert. Auf diese Weise, und in vollkommener Achtung der menschlichen Freiheit, wurde Christus »lux mundi – Licht der Welt«, zum Licht, das in der Finsternis leuchtet (vgl. Jn 1,5).

2. Heute, am Hochfest der »Epiphanie«, was soviel wie »Erscheinung« bedeutet, kehrt die Thematik des Lichts auf eindrucksvolle Weise wieder. Der Messias, der sich in Betlehem den einfachen Hirten der Gegend zeigte, offenbart sich heute erneut als Licht der Völker aller Zeiten und aller Orte. Für die Magier, die aus dem Orient kamen, um ihn anzubeten, nimmt das Licht des »neugeborenen Königs der Juden« (vgl. Mt 2,2) die Gestalt eines Himmelskörpers an. Er strahlt so hell, daß er ihre Blicke anzieht und sie bis nach Jerusalem lenkt. So führt er sie auf die Spur der alten messianischen Weissagungen: »Ein Stern geht in Jakob auf, ein Zepter erhebt sich in Israel« (Nb 24,17).

Wie eindrucksvoll ist doch das Symbol des Sterns, das sich in der gesamten Ikonographie des Weihnachtsfestes und des Dreikönigstags findet! Noch heute weckt es tiefe Empfindungen, auch wenn es – wie viele andere Zeichen aus dem sakralen Bereich – zuweilen Gefahr läuft, durch eine konsumorientierte Verwendung ins Banale gezogen zu werden. Wenn man dieses Symbol aber auf den ursprünglichen Zusammenhang zurückführt, spricht der Stern, den wir über der Krippe betrachten, Verstand und Herz auch der Menschen des dritten Jahrtausends an.Er spricht den säkularisierten Menschen an und weckt in ihm erneut die Sehnsucht nach seinem Seinszustand als Wanderer, der auf der Suche nach der Wahrheit ist und sich nach dem Absoluten sehnt. Die Etymologie des Verbs »sich sehnen nach« [Orig. ital.: »desiderare«, Anm. d. Red.] erinnert an die Erfahrung der Seefahrer, die sich nachts an den Sternen orientieren, die auf lateinisch als »sidera« bezeichnet werden. .

3. Wer empfindet nicht die Sehnsucht nach einem »Stern«, der ihn auf seinem Weg auf Erden leitet? Ein solches inneres Bedürfnis verspüren sowohl die Einzelpersonen als auch die Nationen. Um dieser Sehnsucht nach universalem Heil zu entsprechen, erwählte sich der Herr ein Volk, das »allen Geschlechtern der Erde« (Gn 12,3) als Leitstern dienen sollte. Durch die Menschwerdung seines Sohnes hat Gott dann die Erwählung auf alle anderen Völker ausgeweitet, ohne Unterschiede der Rasse oder Kultur. So entstand die Kirche; sie besteht aus Männern und Frauen, »die, in Christus geeint, vom Heiligen Geist auf ihrer Pilgerschaft zum Reich des Vaters geleitet werden und eine Heilsbotschaft empfangen haben, die allen auszurichten ist« (Gaudium et spes GS 1).

Für die gesamte kirchliche Gemeinschaft erklingt daher die Weissagung des Propheten Jesaja, die wir in der Ersten Lesung gehört haben. »Auf, werde Licht, denn es kommt dein Licht, und die Herrlichkeit des Herrn geht leuchtend auf über dir. […] Völker wandern zu deinem Licht und Könige zu deinem strahlenden Glanz« (Is 60,1 Is 60,3).

4. Ihr, liebe Brüder, werdet durch die heutige Bischofsweihe als Hirten dieses einzigartigen messianischen Volkes, das die Kirche ist, eingesetzt. Christus macht euch zu seinen Amtsträgern und beruft euch, Missionare seines Evangeliums zu sein. Manche von euch werden dieses »Amt der Gnade Gottes« (vgl. Ep 3,2) als Päpstliche Vertreter in verschiedenen Staaten ausüben: Du, Msgr. Giuseppe Pinto, in Senegal und Mauritanien; du, Msgr. Claudio Gugerotti, in Georgien, Armenien und Aserbaidschan; du, Msgr. Adolfo Tito Yllana, in Papua-Neuguinea; und du, Msgr. Giovanni d’Aniello, in der Demokratischen Republik Kongo.

Andere werden Hirten von Ortskirchen sein: Du, Msgr. Daniel Mizonzo, wirst die Diözese von Nkayi in der Republik Kongo leiten; du, Msgr. Louis Portella, das Bistum Kinkala, ebenfalls in der Republik Kongo. Dir, Msgr. Marcel Utembi Tapa, habe ich die Diözese Mahagi-Nioka in der Demokratischen Republik Kongo anvertraut; und dir, Msgr. Franco Agostinelli, das Bistum Grosseto in Italien. Du, Msgr. Amandio José Tomás, wirst dem Erzbischof von Evora in Portugal als Weihbischof zur Seite stehen.

Du schließlich, Msgr. Vittorio Lanzani, wirst als Delegat der Dombauhütte von St. Peter deinen Dienst für die Kirche hier im Vatikan fortsetzen, in dieser Patriarchalbasilika, die dir so sehr am Herzen liegt.

441 5. Vor einem Jahr, ebenfalls am Fest der Erscheinung des Herrn, habe ich zum Abschluß des Heiligen Jahres der Familie der Gläubigen und der gesamten Menschheit in geistiger Weise das Apostolische Schreiben Novo millennio ineunte übergeben, das mit der Aufforderung Christi an Petrus und die übrigen beginnt: »Duc in altum – Fahr hinaus!«

Ich denke an jene unvergeßliche Stunde zurück, liebe Brüder, und überreiche diesen programmatischen Text der Neuevangelisierung erneut jedem von euch. Ich rufe euch erneut die Worte des Erlösers zu: »Duc in altum!« Fürchtet nicht die Finsternis der Erde, denn derjenige, der euch sendet, ist »das Licht der Welt« (
Jn 8,12), »der strahlende Morgenstern« (Ap 22,16).

Und du, Jesus, der du einst zu deinen Jüngern gesagt hast: »Ihr seid das Licht der Welt« (Mt 5,14), gib, daß das Zeugnis dieser unserer Brüder für das Evangelium vor den Menschen unserer Zeit erstrahle. Mache ihre Sendung fruchtbar, damit die Menschen, die du ihrer pastoralen Fürsorge anvertraust, immer den Vater im Himmel preisen (vgl. Mt 5,16).

Mutter des menschgewordenen Wortes, treue Jungfrau, bewahre diese neuen Bischöfe unter deinem steten Schutz, damit sie mutige Missionare des Evangeliums seien als treuer Widerschein der Liebe Christi, Licht der Völker und Hoffnung der Welt.



TAUFFEIER IN DER SIXTINISCHEN KAPELLE

AM FEST DER TAUFE DES HERRN

Sonntag, 13. Januar 2002



1. »Das ist mein geliebter Sohn, an dem ich Gefallen gefunden habe« (Mt 3,17).

Im Evangelium haben wir soeben die Worte gehört, die aus dem Himmel erklangen, als Jesus im Fluß Jordan von Johannes getauft wurde. Eine Stimme aus der Höhe sprach sie: die Stimme Gottes, des Vaters. Die Worte offenbaren das Geheimnis, das wir heute feiern, die Taufe Christi. Der Mensch, auf den der Heilige Geist in Gestalt einer Taube herabkommt, ist der Sohn Gottes, der von der Jungfrau Maria unser Fleisch angenommen hat, um es von der Sünde und vom Tod zu erlösen.

Dieses Heilsgeheimnis ist groß! Und in dieses Geheimnis werden heute die Kinder eingeführt, die ihr, liebe Eltern, Taufpatinnen und Taufpaten, vorstellt. Indem sie in der Kirche das Sakrament der Taufe empfangen, werden sie Kinder Gottes, »Söhne im Sohn«. Es ist das Geheimnis der »zweiten Geburt«, der Wiedergeburt. Gott danken für das Geschenk der Geburt

2. Liebe Eltern, ich wende mich besonders an euch: Ihr habt diesen Kindern das Leben geschenkt, indem ihr am Werk Gottes, des Urhebers des Lebens und in einzigartiger Weise jeden menschlichen Lebens, mitgewirkt habt. Ihr habt sie gezeugt und bringt sie heute zum Taufbecken, damit sie aus dem Wasser und dem Heiligen Geist wiedergeboren werden. Die Gnade Christi wird ihr sterbliches Dasein in ein unsterbliches verwandeln, indem sie es von der Erbsünde befreit. Dankt dem Herrn für das Geschenk ihrer Geburt und ihrer geistlichen Wiedergeburt von heute.

Welche Kraft ermöglicht diesen unschuldigen und unwissenden Kindern, einen so einschneidenden geistlichen »Schritt« zu tun? Es ist der Glaube, der Glaube der Kirche, der ganz besonders von euch, liebe Eltern, Taufpatinnen und Taufpaten, bekannt wird. Gerade in diesem Glauben werden eure Kleinen getauft. Christus vollbringt das Wunder der Wiedergeburt des Menschen nicht ohne das Mitwirken des Menschen selbst, und die erste Mitarbeit des Menschen ist der Glaube, mit dem er sich, von Gott im Innern angezogen, seinen Händen freiwillig anvertraut.

Diese Kinder empfangen heute die Taufe aufgrund eures Glaubens, den zu bekennen ich euch in Kürze bitten werde. Meine Lieben, wieviel Liebe, welch große Verantwortung ist mit der Geste verbunden, die ihr im Namen eurer Kinder vollzieht!

442 3. In Zukunft, wenn sich ihr Verstand zu entwickeln beginnt, werden sie selbst persönlich und freiwillig einen geistlichen Weg gehen, der sie mit der Gnade Gottes dahin führen wird, im Sakrament der Firmung das Geschenk zu bekräftigen, das sie heute empfangen.

Aber werden sie sich, ohne daß sie ein gutes Glaubenszeugnis von den Erwachsenen in ihrer Umgebung erhalten, dem Glauben öffnen können? Liebe Eltern, diese Kinder brauchen vor allem euch, liebe Taufpatinnen und Taufpaten, sie brauchen auch euch, um den wahren Gott, der barmherzige Liebe ist, kennenzulernen. Es liegt an euch, sie zu dieser Erkenntnis zu führen in erster Linie durch das Zeugnis eures Verhaltens in den Beziehungen mit ihnen und mit den anderen, Beziehungen, die geprägt sind von Aufmerksamkeit, Annahme und Vergebung. Die Kinder werden verstehen, daß Gott Treue bedeutet, wenn sie seinen, wenn auch begrenzten und fehlbaren Widerschein in eurer liebevollen Gegenwart erfahren können.

Die Verantwortung der Mitarbeit der Eltern am geistlichen Wachsen ihrer Kinder ist groß! Dessen waren sich die seligen Eheleute Luigi und Maria Beltrame Quattrocchi deutlich bewußt, die ich zu meiner Freude kürzlich zur Ehre der Altäre erheben konnte. Ich lade euch ein, sie besser kennenzulernen und nachzuahmen. Wenn für euch schon die Sendung, »dem Fleisch nach« Eltern zu sein, groß ist, um wieviel größer ist dann die Aufgabe, an der göttlichen Vaterschaft mitzuwirken, indem ihr dazu beitragt, in diesen Kindern das Bild Jesu, des vollkommenen Menschen, auszuformen.

4. In dieser anspruchsvollen Sendung sollt ihr euch nie allein fühlen! Vertraut vor allem auf den Schutzengel, dem Gott seine einmalige Botschaft der Liebe für jedes eurer Kinder aufgetragen hat. Auch die ganze Kirche, zu der ihr aus Gnade angehört, bemüht sich dann, euch zu helfen: Im Himmel wachen die Heiligen, insbesondere diejenigen, deren Namen die Kinder tragen und die ihre »Namenspatrone« sind. Auf Erden gibt es die kirchliche Gemeinschaft, in der es möglich ist, den eigenen Glauben und das eigene christliche Leben zu stärken, indem es durch das Gebet und die Sakramente genährt wird. Ihr könnt euren Kindern nur das geben, was ihr zuerst empfangen und angenommen habt!

Dann gibt es für alle eine Mutter dem Geist nach: Maria. Ihr vertraue ich eure Kinder an, damit sie wahre Christen werden; auch euch, liebe Eltern, liebe Taufpatinnen und Taufpaten, vertraue ich Maria an, damit ihr es immer versteht, diesen Kindern die Liebe zu schenken, derer sie bedürfen, um zu wachsen und zu glauben.Denn das Leben und der Glaube gehen Hand in Hand! So sei es mit Gottes Hilfe im Dasein jedes Getauften.



FEST DER DARSTELLUNG DES HERRN

PREDIGT VON PAPST JOHANNES PAUL II.

Samstag, 2. Februar 2002

VI. Tag des geweihten Lebens




1. »Sie brachten das Kind nach Jerusalem hinauf, um es dem Herrn zu weihen, gemäß dem Gesetz des Herrn...« (Lc 2,22).

Vierzig Tage nach dem Weihnachtsfest erlebt die Kirche heute von neuem das Geheimnis der Darstellung Jesu im Tempel. Sie erlebt es mit dem Staunen der Heiligen Familie von Nazaret, erleuchtet von der vollen Offenbarung jenes »Kindes«, das – wie uns soeben in der Ersten und Zweiten Lesung in Erinnerung gerufen wurde – der von den Propheten verheißene eschatologische Richter ist (Mi 3,1 –3), der »barmherzige und treue Hohepriester«, der gekommen ist, um »die Sünden des Volkes zu sühnen« (He 2,17).

Das Kind, das Maria und Josef sorgenvoll in den Tempel bringen, ist das fleischgewordene Wort, der Erlöser des Menschen und der Geschichte!

Heute – eingedenk dessen, was an jenem Tag in Jerusalem geschehen ist – sind auch wir dazu eingeladen, in den Tempel einzutreten, um über das Geheimnis Christi nachzudenken, des Erstgeborenen des Vaters, der durch seine Menschwerdung und sein Ostern zum Erstgeborenen der erlösten Menschheit wurde.

443 Das heutige Fest bildet die Fortsetzung der Thematik Christi, des Lichts, die für die Hochfeste Weihnachten und Epiphanie so bezeichnend ist.

2. »…ein Licht, das die Heiden erleuchtet, / und Herrlichkeit für dein Volk Israel« (
Lc 2,32). Diese prophetischen Worte spricht der greise Simeon, vom Geiste Gottes erfüllt, als er das Jesuskind in seine Arme nimmt. Er kündigt zugleich an, daß der »Messias des Herrn« seine Sendung erfüllen wird als »Zeichen […], dem widersprochen wird« (Lc 2,34). Auch Maria, die Mutter, wird persönlich am Leiden ihres göttlichen Sohnes teilhaben (vgl. Lc 2,35).

Am heutigen Fest feiern wir daher das Geheimnis der Weihe: der Weihe Christi, der Weihe Marias, der Weihe all jener, die sich aus Liebe zum Reich Gottes in die Nachfolge Jesu stellen.

3. Mit brüderlicher Herzlichkeit begrüße ich Herrn Kardinal Eduardo Martínez Somalo, der dieser Feier vorsteht. Es ist mir eine Freude, euch begegnen zu können, liebe Brüder und Schwestern, die ihr einst – in unmittelbarer oder weit zurückliegender Vergangenheit – die Entscheidung getroffen habt, euch selbst dem Herrn im geweihten Leben vollkommen hinzuschenken. Jedem von euch entbiete ich meinen herzlichen Gruß und denke an all das Große, das Gott in euch vollbracht hat und auch weiterhin vollbringt, indem er euer ganzes Dasein »an sich zieht«.

Mit euch zusammen lobe ich den Herrn, der eine so große und schöne Liebe ist, daß er das unschätzbare Geschenk der ganzen Person verdient;dies vollzieht sich in der unergründlichen Tiefe des Herzens und im konkreten Lauf des täglichen Lebens durch unsere verschiedenen Lebensalter hindurch.

Euer »Hier bin ich!«, das den Gesten Christi und der Jungfrau Maria nachempfunden ist, wird symbolhaft von den Kerzen zum Ausdruck gebracht, die heute abend die Vatikanbasilika erleuchtet haben. Das heutige Fest ist in besonderer Weise euch gewidmet, die ihr im Volk Gottes mit einzigartiger Beredsamkeit die eschatologische Neuartigkeit des christlichen Lebens verkörpert. Ihr seid dazu berufen, Licht der Wahrheit und der Gerechtigkeit zu sein; Zeugen der Solidarität und des Friedens.

4. Noch ganz lebendig sind die Erinnerungen an den Gebetstag für den Frieden in Assisi. Ich war und bin mir dessen bewußt, daß ich für diese außergewöhnliche Mobilmachung zugunsten des Friedens in der Welt in besonderer Weise auf euch zählen kann, liebe Personen des geweihten Lebens. Hierfür möchte ich euch auch bei dieser Gelegenheit meine tiefe Dankbarkeit zum Ausdruck bringen.

Danke vor allem für das Gebet. Wie viele kontemplative Gemeinschaften – die sich ganz und gar dem Gebet widmen, indem sie Tag und Nacht ans Herz des Gottes des Friedens anklopfen – wirken mit am Sieg Christi über den Haß, die Rache und die Strukturen der Sünde!

Über das Gebet hinaus stiften viele von euch, liebe Brüder und Schwestern, den Frieden durch das Zeugnis der Brüderlichkeit und der Gemeinschaft, indem sie in der Welt – wie Sauerteig – den Geist des Evangeliums verbreiten. Auch hierfür sei euch gedankt!

In vielerlei Gebieten fehlt es auch nicht an Ordensleuten und Ordensfrauen, die ihren tatkräftigen Einsatz für die Gerechtigkeit leisten, indem sie sich für die Ausgegrenzten einsetzen, den Wurzeln der Konfliktherde entgegenwirken und somit daran teilhaben, einen wahren und dauerhaften Frieden aufzubauen. Wo immer die Kirche tätig ist, um den Menschen und das Gemeinwohl zu verteidigen und zu fördern, da seid auch ihr, liebe Männer und Frauen des geweihten Lebens. Ihr seid aufgrund eurer Ganzhingabe an Gott auch ganz für die Brüder und Schwestern da. Hierfür sind euch alle Menschen guten Willens sehr dankbar!

5. Das Bild Marias, die wir betrachten, als sie Jesus im Tempel darbringt, weist voraus auf das Bild der Kreuzigung, das wir hierdurch besser verstehen werden: Jesus, Sohn Gottes, Zeichen des Widerspruchs. Denn auf dem Kalvarienberg findet die Selbsthingabe des Sohnes, und hiermit verbunden jene der Mutter, ihre Vollendung. Dasselbe Schwert durchbohrt beide, die Mutter und den Sohn (vgl. Lc 2,35). Derselbe Schmerz. Dieselbe Liebe.

444 Auf diesem Weg wurde die »Mater Jesu« zur »Mater Ecclesiae«. Ihre Pilgerfahrt des Glaubens und der Weihe ist das Urbild für jeden Getauften. In besonderer Weise ist sie dies für jeden, der dem geweihten Leben angehört.

Wie trostreich ist es zu wissen, daß uns Maria auf unserem Weg der Weihe als Mutter und Lehrerin an der Seite steht! Abgesehen von der rein gefühlsmäßigen Ebene tut sie dies auf noch tiefgehendere Weise im Bereich der übernatürlichen Wirksamkeit, die bezeugt wird von den Schriften, von der Tradition und dem Zeugnis der Heiligen, von denen viele Christus nachfolgen wollten auf dem anspruchsvollen Weg der evangelischen Räte.

Maria, Mutter Christi und unsere Mutter, wir danken dir für die Sorge, mit der du uns auf unserem Lebensweg begleitest, und wir bitten dich: Stelle uns heute erneut Gott vor, unserem einzigen Gut, damit unser Leben, von Liebe verzehrt, zum lebendigen Opfer werde, heilig und ihm wohlgefällig.

Amen!





Predigten 1978-2005 435