Predigten 1978-2005 444


ASCHERMITTWOCHSLITURGIE IN DER

BASILIKA SANTA SABINA AUF DEM AVENTIN

Mittwoch, 13. Februar 2002



1. »Zerreißt eure Herzen, nicht eure Kleider, und kehrt um zum Herrn, eurem Gott!« (Jl 2,13).

Mit diesen Worten des Propheten Joël führt uns die heutige Liturgie in die Fastenzeit ein. Die innere Erneuerung wird hier als grundlegende Dimension dieser besonderen Zeit der Gnade hervorgehoben, die wir nun durchleben werden. Ferner verdeutlicht sie jene starke Motivation, die uns ermöglicht, den Weg zu Gott wieder aufzunehmen: die wiedergewonnene Gewißheit, daß Gott barmherzig ist und jeden Menschen liebt und zur Umkehr aufruft.

Mit großem symbolischen Reichtum erinnert der soeben verkündete Text daran, daß die spirituelle Verpflichtung durch konkrete Entscheidungen und Gesten zum Ausdruck kommen muß; daß wahre Umkehr nicht auf Äußerlichkeiten oder vage Vorsätze beschränkt sein darf, sondern vielmehr eine Aufgabe ist, die notwendigerweise das gesamte Leben betrifft und verändert.

Die Aufforderung, »kehrt zum Herrn, eurem Gott, zurück«, bedeutet, daß wir uns von all jenem loslösen müssen, was uns von ihm entfernt. Diese Loslösung ist der unabdingbare Ausgangspunkt zur Wiederherstellung des durch die Sünde gebrochenen Bundes mit Gott.

2. »Wir bitten an Christi Statt: Laßt euch mit Gott versöhnen« (2Co 5,20). Die dringliche Einladung zur Versöhnung mit Gott finden wir auch in den soeben verlesenen Worten aus dem Zweiten Korintherbrief .

Der im Mittelpunkt dieses Gedankens stehende Hinweis auf Christus deutet darauf hin, daß dem Sünder in ihm die Möglichkeit zur wahren Versöhnung gegeben ist, denn »er hat den, der keine Sünde kannte, für uns zur Sünde gemacht, damit wir in ihm Gerechtigkeit Gottes würden« (2Co 5,21). Allein Christus kann eine Situation der Sünde in eine Situation der Gnade verwandeln. Er allein kann die Zeit einer durch die Sünde zutiefst geprägten und entstellten, von Spaltungen und Haß zerrütteten Menschheit in eine »Zeit der Gnade« verwandeln. »Denn er ist unser Friede. Er vereinigte die beiden Teile (Juden und Heiden) und riß durch sein Sterben die trennende Wand der Feindschaft nieder und versöhnte die beiden durch das Kreuz mit Gott in einem einzigen Leib« (Ep 2,14 Ep 2,16).

445 Dies ist die Zeit der Gnade! Eine Zeit, die auch uns geschenkt wird, die wir heute im Geist der Buße den entsagungsreichen Weg der Fastenzeit beginnen.

3. »Kehrt um zu mir von ganzem Herzen mit Fasten, Weinen und Klagen« (
Jl 2,12).

Mit den Worten des Propheten Joël fordert die Aschermittwochsliturgie alte Menschen, reife Männer und Frauen, Jugendliche und Kinder zur Umkehr auf. Alle müssen wir den Herrn um Vergebung bitten für uns und für die anderen (vgl. ebd. 2, 16 –17).

Liebe Brüder und Schwestern, dem Brauch der Stationskirchen in der Fastenzeit entsprechend haben wir uns hier in der alten Basilika von »Santa Sabina« versammelt, um diesem dringenden Aufruf Folge zu leisten. Ebenso wie die Zeitgenossen des Propheten haben auch wir Bilder des Leids und entsetzlicher Tragödien vor Augen und im Herzen, Situationen, die häufig die Folge von unverantwortlicher Selbstsucht sind. Auch wir tragen die Last der Verwirrung vieler Menschen angesichts des Leids der Unschuldigen und der Widersprüche der heutigen Menschheit. Wir brauchen die Hilfe des Herrn, um Vertrauen und Lebensfreude wiederzugewinnen. Wir müssen zu ihm zurückkehren, der uns heute das Tor zu seinem Herzen voller Güte und Erbarmen öffnet.

4. Mittelpunkt der heutigen Liturgiefeier ist eine symbolische Geste, die sehr treffend durch die sie begleitenden Worte veranschaulicht wird. Es ist die Auflegung des Aschenkreuzes, deren Bedeutung – die unmißverständliche Erinnerung an unser Menschsein – in der ersten Formel des Ritus hervorgehoben wird: »Bedenke, Mensch, daß du Staub bist und wieder zum Staub zurückkehren wirst« (vgl. Gn 3,19). Diese Worte aus dem Buch der Genesis erinnern an die Vergänglichkeit der menschlichen Existenz und führen uns die Hinfälligkeit jedes weltlichen Vorhabens vor Augen, wenn die Hoffnung des Menschen nicht im Herrn gründet. Die zweite Formel, die der Ritus vorsieht, »Bekehrt euch, und glaubt an das Evangelium« (Mc 1,15), unterstreicht eine für den christlichen Lebensweg unerläßliche Bedingung: die wahre innere Erneuerung und die vertrauensvolle Zustimmung zum Wort Christi.

Die heutige Liturgie kann gewissermaßen als »Liturgie des Todes« betrachtet werden, die an den Karfreitag erinnert, in dem der heutige Ritus seine Vollendung findet. Denn in ihm, der »sich erniedrigte und gehorsam war bis zum Tod, bis zum Tod am Kreuz« (vgl. Ph 2,8), müssen auch wir sterben, um das ewige Leben zu erlangen.

5. Hören wir die Einladung, die der Herr durch die bedeutsamen und feierlichen Gesten und Worte dieser Aschermittwochsliturgie an uns richtet! In demütiger und zuversichtlicher Haltung, die der Psalmist uns lehrt, wollen wir diese Einladung annehmen: »Gegen dich allein habe ich gesündigt, ich habe getan, was dir mißfällt. … Erschaffe mir, Gott, ein reines Herz, und gib mir einen neuen, beständigen Geist!« (Ps 51,100).

Möge die Fastenzeit allen erneut die Gelegenheit zur Erneuerung und tiefen Versöhnung mit Gott, mit uns selbst und mit den Brüdern und Schwestern bieten. Die schmerzensreiche Jungfrau Maria sei hierbei unsere Mittlerin. Auf sie, die mit dem Leiden und dem heilbringenden Leiden ihres Sohnes verbunden ist, richten wir auf dem Weg der Fastenzeit unseren Blick.





EUCHARISTIEFEIER AUF DEM PETERSPLATZ AM PALMSONNTAG PREDIGT DES HEILIGEN VATERS JOHANNES PAUL II.


24. März 2002

XVII. Weltjugendtag

"Ihr seid das Salz der Erde. . . ihr seid das Licht der Welt" (Mt 5,13-14)




446 1. "Pueri Hebraeorum, portantes ramos olivarum. . .
Die Kinder von Jerusalem trugen Zweige in den Händen. Sie zogen dem Herrn entgegen".

1. So singen wir in der liturgischen Antiphon, die an diesem Sonntag – der Palmsonntag genannt wird – die feierliche Prozession mit den Oliven- und Palmzweigen begleitet. Erneut konnten wir erleben, was sich an jenem Tag ereignet hat: In der jubelnden Menge um Jesus, der auf einer Eselin in Jerusalem einzog, waren auch sehr viele Kinder. Einige Phärisäer wollten, daß Jesus sie zum Schweigen brächte, aber Er antwortete, daß die Steine schreien würden, wenn sie geschwiegen hätten (vgl.
Lc 19,39 – 40).

Auch heute sind, Gott sei Dank, viele junge Menschen hier auf den Petersplatz gekommen. Die »Kinder von Jerusalem« sind zu jungen Männern und Frauen aller Nationen, Sprachen und Kulturen geworden. Willkommen, ihr Lieben! An jeden von euch richte ich meinen herzlichsten Gruß. Das heutige Treffen bereitet uns auf den kommenden Weltjugendtag vor: Er wird im kanadischen Toronto, einer der kosmopolitischsten Städte der Welt, stattfinden. Dort befindet sich auch schon das Kreuz der Jugendlichen, das die jungen Italiener am Palmsonntag des vergangenen Jahres ihren kanadischen Altersgenossen übergeben haben.

2. Das Kreuz steht im Mittelpunkt der heutigen Liturgie. Ihr, liebe Jugendliche, beweist durch eure aufmerksame und begeisterte Teilnahme an dieser festlichen Feier, daß ihr euch des Kreuzes nicht schämt. Ihr fürchtet euch nicht vor dem Kreuz Christi. Im Gegenteil, ihr liebt und verehrt es, weil es das Zeichen des Erlösers ist, der für uns gestorben und auferstanden ist. Wer an den gekreuzigten und auferstandenen Jesus glaubt, trägt das Kreuz als Siegeszeichen, als unzweifelhaften Beweis dafür, daß Gott die Liebe ist. Durch die vollkommene Hingabe seiner selbst, eben durch das Kreuz, hat unser Heiland die Sünde und den Tod endgültig überwunden. Deshalb rufen wir ihm jubelnd zu: »Wir beten dich an, Herr Jesus Christus, und preisen dich. Denn durch dein heiliges Kreuz hast du die Welt erlöst.«

3. »Er war für uns gehorsam bis zum Tod, bis zum Tod am Kreuz. Darum hat ihn Gott über alle erhöht und ihm den Namen verliehen, der größer ist als alle Namen« (Ruf vor der Passion). Mit diesen Worten des Apostels Paulus, die bereits in der Zweiten Lesung erklungen sind, haben wir soeben unseren Ruf vor dem Beginn des Passionsberichts erhoben. Sie bringen unseren Glauben zum A sdruck, den Glauben der Kirche.

Der Glaube an Christus ist jedoch nie etwas Selbstverständliches. Die Lesung seiner Passion stellt uns vor Christus, der in seiner Kirche lebt. Das Ostergeheimnis, das wir in den Tagen der Karwoche aufs neue erleben, ist stets aktuell. Wir sind heute die Zeitgenossen des Herrn, und – ebenso wie die Menschen in Jerusalem, wie die Jünger und die Frauen – wir sind aufgerufen, uns zu entscheiden, ob wir mit Ihm sein oder aber fliehen oder bloße Zuschauer bei seinem Tod sein wollen.

In der Karwoche öffnet sich jedes Jahr erneut jene große Bühne, auf der sich das endgültige Drama entscheidet, und zwar nicht nur für eine Generation, sondern für die gesamte Menschheit und für jeden einzelnen Menschen.

4. Der Passionsbericht hebt die Treue Christi hervor im Gegensatz zur menschlichen Untreue.In der Stunde der Prüfung, als alle – auch die Jünger und sogar Petrus – Jesus verlassen (vgl. Mt 26,56), bleibt Er treu und ist bereit, sein Blut zu vergießen, um den Ihm vom Vater anvertrauten Auftrag zu erfüllen. An seiner Seite steht Maria, still und leidend.

Liebe Jugendliche! Lernt von Jesus und von seiner und unserer Mutter. Die wahre Stärke des Menschen zeigt sich in der Treue, mit der er zum Zeugnis für die Wahrheit fähig ist und dabei Schmeicheleien und Drohungen, Unverständnis und Erpressung, ja sogar harter und gnadenloser Verfolgung widersteht. Das ist der Weg, auf dem unser Heiland uns in seine Nachfolge ruft.

Nur wenn ihr dazu bereit seid, werdet ihr zu dem, was Jesus von euch erwartet, nämlich zum »Salz der Erde« und »Licht der Welt« (Mt 5,13 –14). Genau dies ist, wie ihr wißt, das Thema des nächsten Weltjugendtages. Das Bild des Salzes »…erinnert uns daran, daß durch die Taufe unser ganzes Sein tiefgreifend verändert worden ist, weil es mit dem neuen Leben, das von Christus kommt, ›gewürzt‹ worden ist (vgl. Rm 6,4)« (Botschaft zum XVII. Weltjugendtag, 2).

447 Liebe junge Menschen, verliert nie euren »Geschmack« als Christen, den Geschmack des Evangeliums! Haltet ihn lebendig, indem ihr ständig das Ostergeheimnis betrachtet: Das Kreuz sei eure Schule der Weisheit. Rühmt euch ausschließlich dieses erhabenen Lehrstuhls der Wahrheit und Liebe.

5. Die Liturgie lädt uns ein, mit Jesus, dem die jungen Juden zujubeln, nach Jerusalem hinaufzugehen. In Kürze wird Er »leiden und am dritten Tag von den Toten auferstehen« (
Lc 24,46). Der hl. Paulus hat uns daran erinnert, daß Jesus »sich entäußerte und wie ein Sklave wurde« (vgl. Ph 2,7), um für uns die Gnade der göttlichen Sohnschaft zu erwirken. Hieraus entspringt die wahre Quelle des Friedens und der Freude für jeden von uns! Hierin liegt das Geheimnis der österlichen Freude, die aus den Qualen der Passion hervorgeht.

Mein Wunsch ist, liebe junge Freunde, daß jeder von euch Anteil an dieser Freude haben möge. Der, den ihr als Meister gewählt habt, ist kein Händler von Illusionen; er ist weder ein Mächtiger dieser Welt noch ein schlauer und gewandter Rechthaber. Ihr wißt, wem ihr zu folgen beschlossen habt: Es ist der auferstandene Gekreuzigte! Der für euch gestorbene und für euch auferstandene Christus.

Und die Kirche versichert euch, daß ihr nicht enttäuscht werdet. Niemand außer Ihm kann euch nämlich jene Liebe, jenen Frieden und jenes ewige Leben geben, nach denen euer Herz sich zutiefst sehnt. Selig seid ihr, junge Menschen, wenn ihr zu treuen Jüngern Christi werdet! Glücklich seid ihr, wenn ihr in jeder Lebensstituation bereit seid zu bezeugen, daß dieser Mensch wirklich der Sohn Gottes ist (vgl. Mt 27,39)!

Es führe und begleite euch Maria, die Mutter des menschgewordenen Wortes, die sich zur Fürsprecherin jedes Menschen macht, der das Licht der Welt erblickt.



CHRISAM-MESSE IM PETERSDOM

PREDIGT DES HEILIGEN VATERS JOHANNES PAUL II.

Gründonnerstag, 28. März 2002




1. »Der Geist Gottes, des Herrn, ruht auf mir; denn der Herr hat mich gesalbt« (Is 61,1).

Diese Worte des Propheten Jesaja sind das Leitmotiv der »Missa Chrismatis«, die an diesem Gründonnerstag morgen in jeder Diözese die gesamte Priesterschaft um ihren Oberhirten versammelt sieht. Im Laufe dieses feierlichen Ritus, der vor dem Beginn des österlichen Triduums stattfindet, werden die Öle gesegnet, die dem Christenvolk den Balsam der göttlichen Gnade schenken.

»Der Herr hat mich gesalbt.« Diese Worte erinnern in erster Linie an die messianische Sendung Jesu, der mit der Kraft des Heiligen Geistes gesalbt und zum höchsten und ewigen Priester jenes Neuen Bundes geworden ist, den er durch sein Blut besiegelt hat. Alle Vorwegnahmen des Priestertums im Alten Testament finden in Ihm, dem einzigen und endgültigen Mittler zwischen Gott und den Menschen, ihre Erfüllung.

2. »Heute hat sich das Schriftwort, das ihr eben gehört habt, erfüllt« (Lc 4,21). So kommentiert Jesus in der Synagoge von Nazaret die prophetische Botschaft Jesajas. Er behauptet von sich selbst, der vom Herrn Gesalbte zu sein, derjenige, den der Vater gesandt hat, um den Menschen die Befreiung von den Sünden und den Armen und Betrübten die frohe Botschaft zu bringen. Er ist gekommen, um die Zeit der Gnade und Barmherzigkeit auszurufen. Im Kolosserbrief merkt der Apostel Paulus an, daß Christus, »der Erstgeborene der ganzen Schöpfung«, auch »der Erstgeborene der Toten« ist (1, 15. 18). Indem er in den Ruf des Vaters einwilligt, die Menschennatur anzunehmen, bringt er den Hauch des neuen Lebens mit sich und schenkt allen, die an ihn glauben, das Heil.

3. »Die Augen aller […] waren auf ihn gerichtet« (Lc 4,20).

448 Auch wir halten, ebenso wie die damals in der Synagoge von Nazaret Anwesenden, unseren Blick fest auf den Erlöser gerichtet, der »uns zu Königen und zu Priestern vor Gott, seinem Vater, gemacht hat« (vgl. Ap 1,6). Wenn jeder Getaufte an seinem königlichen und prophetischen Priestertum Anteil hat, um »geistige Opfer darzubringen, die Gott gefallen«(1P 2,5), dann sind die Priester dazu berufen, in besonderer Weise an seiner Selbsthingabe teilzuhaben. Sie sind dazu aufgerufen, sie im Dienst am allgemeinen Priestertum der Gläubigen zu leben. Die Weihe ist also das Sakrament, durch das die vom Meister den Aposteln anvertraute Sendung bis zum Ende der Zeiten in der Kirche ausgeübt wird: Es ist das Sakrament des apostolischen Dienstes, das die unterschiedlichen Stufen des Bischofsamts, des Priestertums und des Diakonats umfaßt.

Liebe Brüder! Heute werden wir uns dieses einzigartigen Amtes, das uns übertragen wurde, besonders deutlich bewußt. Der göttliche Meister hat uns in der Eucharistie die Feier seines eigenen Opfertodes anvertraut und uns damit in seine besondere Nachfolge berufen. Daher bekräftigen wir Ihm gegenüber im Laufe der heutigen Zelebration unsere Treue und Liebe, und im Vertrauen auf die Kraft seiner Gnade erneuern wir die Versprechen, die wir am Tag unserer Weihe geleistet haben.

4. Wie bedeutsam ist doch dieser Tag für uns! Am Gründonnerstag hat Jesus uns als Diener seiner sakramentalen Gegenwart unter den Menschen eingesetzt. Er hat seine Vergebung und sein Erbarmen in unsere Hände gelegt und uns sein Priestertum für immer zum Geschenk gemacht.

»Tu es sacerdos in aeternum!« In unserem Innern erklingt dieser Ruf, der uns erkennen läßt, daß unser Leben unauflöslich mit dem seinen verbunden ist. Für immer!

Während wir für dieses geheimnisvolle Geschenk danken, können wir nicht umhin, unsere Untreue zu bekennen. In dem Schreiben, das ich – wie jedes Jahr – zu diesem besonderen Anlaß an die Priester gerichtet habe, rief ich in Erinnerung, daß »…wir alle – im Bewußtsein der menschlichen Schwachheit, aber im Vertrauen auf die heilende Kraft der göttlichen Gnade – dazu aufgerufen [sind], das ›mysterium Crucis‹ mit Liebe anzunehmen und uns beim Streben nach Heiligkeit mehr anzustrengen« (Nr. 11). Liebe Brüder! Laßt uns den Wert und die Bedeutung des Bußsakraments in unserem Leben nicht vergessen. Es ist zutiefst mit der Eucharistie verbunden und macht uns zu Ausspendern der göttlichen Barmherzigkeit. Wenn wir auf diese Quelle der Vergebung und Versöhnung zurückgreifen, können wir wahre Diener Christi sein und seinen Frieden und seine Liebe um uns herum ausstrahlen.

5. »Von den Taten deiner Huld, o Herr, will ich ewig singen« (Antwortpsalm).

Um den Altar über dem Grab des Apostels Petrus versammelt, sagen wir Dank für das Geschenk unseres Priestertums und beten für alle, die wertvolle Mittler des Rufes Gottes an uns gewesen sind.

Ich denke dabei zunächst an unsere Eltern, die uns das Leben geschenkt und für uns die Gnade der Taufe erbeten haben; auf diese Weise haben sie uns in das Volk des Heils eingegliedert, und durch ihren Glauben erzogen sie uns dazu, aufmerksam und bereitwillig auf die Stimme des Herrn zu hören. Neben ihnen denken wir an die Menschen, die uns durch ihr Zeugnis und ihren weisen Rat bei der Erkenntnis unserer Berufung geführt haben. Und was ließe sich über die vielen gläubigen Laien sagen, die uns auf dem Weg zum Priesteramt begleiteten und uns auch weiterhin im seelsorglichen Amt nahestehen? Der Herr vergelte es ihnen allen.

Wir beten für alle Priester, insbesondere für jene, die inmitten vieler Probleme tätig sind oder Verfolgungen erleiden, mit einem besonderen Gedenken an alle, die ihre Treue zu Christus mit dem Blut bezahlt haben.

Wir beten für diejenigen unserer Mitbrüder, die ihre mit der Priesterweihe übernommenen Verpflichtungen nicht mehr erfüllen oder die eine Zeit der Schwierigkeit oder der Krise durchleben. Christus, der uns für einen so erhabenen Auftrag erwählt hat, läßt es uns nie an der Gnade und Freude seiner Nachfolge fehlen – sowohl auf dem Tabor als auch auf dem Kreuzweg.

Maria, die Mutter des höchsten und ewigen Priesters, der seine Apostel nicht »Diener«, sondern »Freunde« nannte, begleite und unterstütze uns. Jesus, unserem Meister und Bruder, sei Herrlichkeit und Macht in alle Ewigkeit (vgl. Ap 1,6). Amen!



ABENDMAHLSMESSE IM PETERSDOM

PREDIGT DES HEILIGEN VATERS JOHANNES PAUL II.

449
Gründonnerstag, 28. März 2002

1.»Da er die Seinen, die in der Welt waren, liebte, erwies er ihnen seine Liebe bis zur Vollendung« (
Jn 13,1).

Diese Worte, die wir im soeben verkündeten Abschnitt aus dem Evangelium gehört haben, bringen sehr gut die Atmosphäre des Gründonnerstags zum Ausdruck. Sie lassen uns die Gefühle nachempfinden, von denen Christus »in der Nacht, in der er ausgeliefert wurde« (1Co 11,23), erfüllt war, und sie spornen uns an, in tiefer Dankbarkeit an dem feierlichen Ritus teilzunehmen, den wir heute vollziehen.

An diesem Abend treten wir in das Pascha-Mysterium Christi ein, das der dramatische und abschließende Moment – den wir so lange vorbereitet und erwartet haben – des Lebens des Wortes Gottes auf Erden ist. Jesus ist nicht zu uns gekommen, um sich bedienen zu lassen, sondern um zu dienen, und er hat die Dramen und Hoffnungen der Menschen aller Zeiten auf sich genommen. Indem er in mystischer Weise das Kreuzesopfer vorwegnahm, wollte er im Abendmahlssaal unter den Gestalten von Brot und Wein unter uns bleiben und übertrug den Aposteln und ihren Nachfolgern die Sendung und Macht, sein lebendiges und wirksames Gedächtnis im eucharistischen Ritus fortzuführen.

Diese Feier, die uns alle auf mystische Art miteinbezieht, führt uns in das österliche Triduum ein, in dessen Verlauf auch wir vom einzigen »Herrn und Meister« lernen werden, die »Hände zu reichen«, um dorthin zu gehen, wohin wir zur Erfüllung des Willens des himmlischen Vaters gerufen werden.

2. »Tut dies zu meinem Gedächtnis« (1Co 11,24 –25). Mit dieser Weisung, die uns dazu verpflichtet, seine Geste zu wiederholen, beschließt Jesus die Einsetzung des Altarsakraments. Auch zum Abschluß der Fußwaschung lädt Er uns ein, Ihn nachzuahmen: »Ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit auch ihr so handelt, wie ich an euch gehandelt habe« (Jn 13,15). Auf diese Weise stellt Er eine tiefe wechselseitige Beziehung her zwischen der Eucharistie, dem Sakrament seiner Opfergabe, und dem Gebot der Liebe, das uns dazu einlädt, die Brüder und Schwestern anzunehmen und ihnen zu dienen.

Die Teilnahme am Tisch des Herrn läßt sich nicht trennen von der Pflicht, den Nächsten zu lieben. Jedesmal, wenn wir an der Eucharistie teilnehmen, sprechen auch wir unser »Amen« vor dem Leib und Blut des Herrn. Wir verpflichten uns hierdurch, das zu tun, was Christus getan hat, nämlich unseren Brüdern »die Füße zu waschen«, wobei wir uns in das konkrete und klare Abbild dessen verwandeln, der »[sich] entäußerte … und … wie ein Sklave [wurde]« (Ph 2,7).

Die Liebe ist das wertvollste Erbe, das Er all jenen hinterlassen hat, die Er in seine Nachfolge ruft. Seine Liebe, an der seine Jünger Anteil haben, wird am heutigen Abend der gesamten Menschheit angeboten.

3. »Denn wer davon ißt und trinkt, ohne zu bedenken, daß es der Leib des Herrn ist, der zieht sich das Gericht zu, indem er ißt und trinkt« (1Co 11,29). Die Eucharistie ist eine großes Geschenk, aber sie bedeutet auch eine große Verantwortung für all jene, die sie empfangen. Jesus bekräftigt vor Petrus, der sich nur widerstrebend die Füße waschen läßt, die Notwendigkeit, rein zu sein, um am Opfermahl der Eucharistie teilzunehmen.

Die Tradition der Kirche hat stets die Beziehung zwischen der Eucharistie und dem Sakrament der Versöhnung hervorgehoben. Auch ich wollte dies im Schreiben an die Priester zum Gründonnerstag bekräftigen, in dem ich vor allem die Priester dazu eingeladen habe, mit neuem Staunen die Schönheit des Sakraments der Versöhnung zu betrachten. Nur so können sie es dann auch die Gläubigen wiederentdecken lassen, die ihrer pastoralen Sorge anvertraut sind.

Das Bußsakrament schenkt den Getauften wieder die göttliche Gnade zurück, die durch die Todsünde verlorengegangen ist, und es bereitet sie darauf vor, in würdiger Weise die Eucharistie zu empfangen. Zudem kann das Sakrament durch das direkte Gespräch, das seine Feier für gewöhnlich mit sich bringt, dem Bedürfnis nach persönlicher Kommunikation entgegenkommen, die heutzutage durch den schnellebigen Rhythmus der technologisierten Gesellschaft immer schwieriger wird. Durch sein erleuchtetes und geduldiges Wirken kann der Beichtvater den Pönitenten in jene tiefe Gemeinschaft mit Christus führen, die das Sakrament wiederherstellt und die Eucharistie zu ihrer vollen Verwirklichung bringt.

450 Die Wiederentdeckung des Sakraments der Versöhnung möge allen Gläubigen dabei helfen, mit Respekt und Verehrung an den Tisch des Leibes und Blutes des Herrn zu treten.

4. »Da er die Seinen, die in der Welt waren, liebte, erwies er ihnen seine Liebe bis zur Vollendung« (
Jn 13,1).

Begeben wir uns in geistiger Weise in den Abendmahlssaal! Versammeln wir uns in gläubiger Gesinnung um den Altar des Herrn, und gedenken wir des Letzten Abendmahles. Indem wir die Gesten Christi wiederholen, verkünden wir, daß sein Tod die Menschheit von der Sünde erlöst hat und auch weiterhin eine Zukunft des Heils für die Menschen aller Zeiten eröffnet.

Es ist Aufgabe der Priester, den Ritus fortzuführen, der unter den Gestalten von Brot und Wein das Opfer Christi wirklich, tatsächlich und substantiell bis zum Ende der Zeiten vergegenwärtigt. Es ist Aufgabe aller Christen, demütige und aufmerksame Diener der Brüder und Schwestern zu werden, um an ihrem Heil mitzuwirken. Es ist Aufgabe jedes einzelnen Gläubigen, durch das eigene Leben zu verkünden, daß der Menschensohn die Seinen »bis zur Vollendung liebte«. An diesem Abend wird unser Glaube durch die geheimnisvolle Stille gestärkt.

Mit der ganzen Kirche vereint, verkünden wir deinen Tod, o Herr. Voller Dankbarkeit verspüren wir schon die Freude über deine Auferstehung. Voll Zuversicht verpflichten wir uns, in Erwartung deiner glorreichen Wiederkunft zu leben. Heute und immer, o Christus, unser Erlöser. Amen!



OSTERNACHTFEIER

PREDIGT DES HEILIGEN VATERS JOHANNES PAUL II.

Samstag, 30. März 2002



1. “Gott sprach: Es werde Licht! Und es wurde Licht” (Gn 1,3).

Eine Explosion des Lichtes, die das Wort Gottes aus dem Nichts hervorrief, zerriß die erste Nacht, die Nacht der Schöpfung.

Der Apostel Johannes wird später schreiben: “Gott ist Licht, und keine Finsternis ist in ihm” (1Jn 1,5). Gott hat nicht die Finsternis geschaffen, sondern das Licht! Gottes Werk folgt von Anbeginn an einer positiven Zielsetzung. Dies drückt das Buch der Weisheit mit offenbarender Klarheit aus: “Zum Dasein hat er alles geschaffen, und heilbringend sind die Geschöpfe der Welt. Kein Gift des Verderbens ist in ihnen, das Reich des Todes hat keine Macht auf der Erde” (Sg 1,14).

In jene erste Nacht, die Nacht der Schöpfung, senkt das Ostergeheimnis seine Wurzeln, das nach dem Drama des Sündenfalls die Wiederherstellung und Krönung des Uranfangs darstellt. Das göttliche Wort hat alles ins Dasein gerufen und ist in Jesus Fleisch geworden, um uns zu retten. Und wenn es dem ersten Adam beschieden war, zur Erde zurückzukehren, von der er genommen war (vgl. Gn 3,19), so ist der zweite Adam vom Himmel herabgestiegen, um siegreich dorthin zurückzukehren, als Erstlingsgabe der neuen Menschheit (vgl. Jn 3,13 1Co 15,47).

2. Eine andere Nacht bildet das entscheidende Ereignis der Geschichte Israels: Es ist der wunderbare Auszug aus Ägypten, dessen Bericht jedes Jahr in der Osternachtfeier vorgetragen wird.

451Der Herr trieb die ganze Nacht das Meer durch einen starken Ostwind fort. Er ließ das Meer austrocknen, und das Wasser spaltete sich. Die Israeliten zogen auf trockenem Boden ins Meer hinein, während rechts und links von ihnen das Wasser wie eine Mauer stand “ (Ex 14,21-22). Das Volk Gottes ist aus dieser “Taufe” im Roten Meer geboren, als es die mächtige Hand des Herrn erlebte, die es der Knechtschaft entriss, um es in das ersehnte Land der Freiheit, der Gerechtigkeit und des Friedens zu führen.

Das ist die zweite Nacht, die Nacht des Exodus.

Die Prophetie des Buches Exodus erfüllt sich heute auch für uns, die wir dem Geiste nach, dank unserer Abstammung im Glauben von Abraham, Israeliten sind (vgl. Rm 4,16). In seinem Pascha hat uns Christus, als neuer Moses, aus der Knechtschaft der Sünde zur Freiheit der Kinder Gottes gelangen lassen. Nachdem wir mit Christus gestorben sind, erstehen wir durch die Kraft seines Geistes mit ihm zu neuem Leben. Seine Taufe ist zu unserer Taufe geworden.

3. Auch Ihr, geliebte Brüder und Schwestern, Katechumenen aus verschiedenen Ländern - aus Albanien, China, Japan, Italien, Polen, der Demokratischen Republik Kongo -, dürft diese Taufe, die den Menschen zu neuem Leben erweckt, empfangen. Zwei von euch, eine japanische und eine chinesische Mutter, bringen auch ihr Kind mit, so dass in derselben Feier die Mütter zusammen mit ihren Kindern getauft werden.

“In dieser heiligsten Nacht”, in der Christus von den Toten auferstanden ist, vollzieht sich für euch ein geistiger “Exodus”: Ihr lasst das alte Dasein hinter euch und tretet ein in das “Land der Lebenden”. Dies ist die dritte Nacht, die Nacht der Auferstehung.

4. “O wahrhaft selige Nacht, dir allein war es vergönnt, die Stunde zu kennen, in der Christus erstand von den Toten”. So haben wir im Osterlob zu Beginn dieser feierlichen Osternacht, der Mutter aller nächtlichen Gottesdienste, gesungen.

Nach der tragischen Nacht des Karfreitags, als “die Macht der Finsternis” (Lc 22,53) über Den, der “das Licht der Welt” (Jn 8,12) ist, die Oberhand zu haben schien, nach dem großen Schweigen des Karsamstag, an dem Christus nach Vollendung seines irdischen Werkes im Geheimnis des Vaters Ruhe fand und seine Botschaft vom Leben in die Abgründe des Todes trug, da endlich bricht die Nacht an, die “dem dritten Tag” vorausgeht, an dem, nach der Schrift, der Messias auferstehen sollte, wie er selbst es mehrmals seinen Jüngern angekündigt hatte.

“O wahrhaft selige Nacht, die Himmel und Erde versöhnt, die Gott und Menschen verbindet!” (Osterlob).

5. Dies ist die Nacht des Glaubens und der Hoffnung schlechthin. Während alles in Finsternis versinkt, wacht Gott - das Licht. Mit ihm wachen alle, die auf ihn vertrauen und hoffen.

O Maria, dies ist wahrhaftig deine Nacht! Während die letzten Lichter des Samstags verlöschen und die Frucht deines Leibes in der Erde ruht, bleibt dein Herz wach! Dein Glaube und deine Hoffnung schauen nach vorne. Sie sehen, dass hinter dem schweren Felsblock das Grab bereits leer ist; sie erblicken hinter den dicken Schleiern der Dunkelheit die Morgenröte der Auferstehung.

Mutter, lass auch uns wachen im Schweigen der Nacht, im Glauben und in der Hoffnung auf das Wort des Herrn. So werden wir in der Fülle des Lichtes und des Lebens, Christus, der Erstlingsgabe der Auferstandenen, begegnen, der mit dem Vater und dem Heiligen Geist herrscht von Ewigkeit zu Ewigkeit. Halleluja!



EUCHARISTIEFEIER MIT SELIGSPRECHUNG VON 6 DIENERN GOTTES

PREDIGT DES HEILIGEN VATERS JOHANNES PAUL II.

452

Sonntag, 14. April 2002



1. »Während sie redeten und ihre Gedanken austauschten, kam Jesus hinzu und ging mit ihnen« (Lc 24,15). Wie wir soeben im heutigen Abschnitt aus dem Evangelium gehört haben, macht sich Jesus zum Weggefährten und begleitet die beiden Jünger auf ihrem Weg zum Dorf Emmaus. Er erklärt ihnen den Sinn der Schrift und, als sie ihr Ziel erreicht haben, bricht er mit ihnen das Brot, genauso wie er es am Vorabend seines Kreuzestodes mit den Aposteln getan hatte. In diesem Augenblick gehen den Jüngern die Augen auf, und sie erkennen ihn (vgl. V. 31).

Die österliche Erfahrung von Emmaus erneuert sich fortwährend in der Kirche. Ein wunderbares Beispiel hierfür können wir auch im Leben derer bestaunen, die ich heute zu meiner großen Freude zur Ehre der Altäre erhoben habe: Gaetano Errico, Lodovico Pavoni und Luigi Variara, Priester; María del Tránsito de Iesús Sacramentado, Jungfrau; Artemide Zatti, Ordensmann; María Romero Meneses, Jungfrau.

Wie die Emmausjünger haben auch diese neuen Seligen die lebendige Gegenwart des Herrn in der Kirche zu erkennen vermocht; sie haben Schwierigkeiten und Ängste überwunden und wurden zu seinen begeisterten und mutigen Zeugen vor der Welt.

2. »Nicht um einen vergänglichen Preis wurdet ihr losgekauft, […] sondern mit dem kostbaren Blut Christi« (1P 1,18 –19). Bei diesen Worten aus der Zweiten Lesung denken wir an den sel. Gaetano Errico, Priester und Gründer der Kongregation der Missionare von den Heiligen Herzen Jesu und Mariä.

In einer von tiefen politischen und sozialen Veränderungen geprägten Zeit und angesichts des spirituellen Rigorismus der Jansenisten verkündete Gaetano Errico die Größe der Barmherzigkeit Gottes, der die Menschen, die unter der Herrschaft des Bösen und der Sünde leben, ständig zur Bekehrung aufruft. Als wahrer Märtyrer des Beichtstuhls setzte der neue Selige oft den ganzen Tag seine ganze Kraft dafür ein, die Beichtenden zu empfangen und ihnen zuzuhören. Mit seinem Vorbild spornt er uns dazu an, den Wert und die Bedeutung des Bußsakraments wiederzuentdecken, in dem Gott seine Vergebung in Fülle gewährt und seinen schwächsten Kindern seine väterliche Milde zuteil werden läßt.

»Diesen Jesus hat Gott auferweckt, dafür sind wir alle Zeugen« (Ac 2,32). Diese tiefe Gewißheit, die zu einem brennenden und unbeugsamen Glauben wurde, leitete die spirituelle und priesterliche Erfahrung von Lodovico Pavoni, Priester und Gründer der Kongregation der Söhne der Unbefleckten Jungfrau.

Er war ein besonders feinfühliger Mensch und setzte sich mit all seinen Kräften für die Betreuung von armen und verlassenen Jugendlichen, insbesondere von Taubstummen, ein. Er entfaltete seine Tätigkeiten auf vielfältigen Gebieten, angefangen bei der erzieherischen Arbeit im Bereich des Verlagswesens, mit originellen apostolischen Ideen sowie mutigen und neuartigen Aktionen. Grundlage all seiner Aktivitäten war eine solide Spiritualität. Mit seinem Zeugnis ermahnt er uns, Jesus zu vertrauen und immer tiefer in das Geheimnis seiner Liebe einzudringen.

3. »Und er legte ihnen dar, ausgehend von Mose und allen Propheten, was in der gesamten Schrift über ihn geschrieben steht« (Lc 24,27). Durch diese Worte des heutigen Evangeliums offenbart sich Jesus als Gefährte auf dem Lebensweg des Menschen und als geduldiger Lehrmeister, der das Herz zu formen und den Verstand zu erleuchten weiß, damit der Mensch den Plan Gottes erkennen kann. Nach ihrer Begegnung mit Ihm hatten die Emmausjünger ihre Niedergeschlagenheit und Verwirrung überwunden: Sie kehrten sofort zur jungen christlichen Gemeinschaft zurück, um ihr die freudige Nachricht mitzuteilen, daß sie den auferstandenen Herrn gesehen hatten.

Diese Spiritualität verbindet die drei neuen Seligen, die auf den Spuren Don Boscos und der salesianischen Tradition nach Heiligkeit suchten. Die Erhebung zur Ehre der Altäre von Don Luigi Variara, von Herrn Artemide Zatti und von Sr. María Romero ist eine große Freude für diese religiöse Familie.

4. Aus Italien, genauer gesagt aus der Diözese Asti, begab sich der Salesianer P. Luis Variara nach Kolumbien, ein treuer Jünger des barmherzigen Jesus und Freund der Betrübten. Vom ersten Augenblick an widmete er seine jugendliche Energie und seine reiche Begabung dem Dienst an den Aussätzigen. Er war der erste Salesianer, der in Kolumbien zum Priester geweiht wurde, und es gelang ihm, eine Gruppe junger, geweihter Frauen um sich zu scharen. Unter ihnen waren auch einige Leprakranke oder Töchter von Leprakranken, die deshalb nicht in andere Ordensinstitute aufgenommen wurden. Mit der Zeit wurde diese Gruppe in die Kongregation der Töchter von den Heiligen Herzen Jesu und Mariä umgewandelt, ein blühendes Institut, das heute in verschiedenen Ländern vertreten ist.


Predigten 1978-2005 444