Predigten 1978-2005 515

515 5. »Wir dagegen verkündigen Christus als den Gekreuzigten […] Gottes Kraft und Gottes Weisheit« (1Co 1,23-24). In der Zweiten Lesung des heutigen Tages berichtet der hl. Paulus, wie er Jesus Christus all jenen verkündete, die eher Wundertaten oder menschliche Weisheit erwarteten. Der Christ muß stets seinen Herrn verkünden, ohne vor den Schwierigkeiten stehenzubleiben, wie groß auch immer sie sein mögen. [Der Papst fuhr auf deutsch fort:]

Im Laufe der Geschichte haben unzählige Männer und Frauen das Reich Gottes auf der ganzen Welt verkündet. Unter ihnen muß Maria Charitas Brader, die Gründerin der Missionsfranziskanerinnen der Maria Immaculata, erwähnt werden.

Aus dem beschaulichen Ordensleben des Klosters Maria Hilf in ihrer Schweizer Heimat brach die neue Selige eines Tages auf, um sich zunächst in Ecuador und dann in Kolumbien ganz der Mission »ad gentes« zu widmen. Mit unbegrenztem Vertrauen in die göttliche Vorsehung gründete sie Schulen und Heime, vor allem in Armenvierteln, und verbreitete dabei eine tiefe eucharistische Frömmigkeit. [Der Papst sagte erneut auf spanisch:]

Auf dem Sterbebett sagte sie zu ihren Schwestern: »Haltet fest an den guten Werken der Kongregation, am Almosengeben, an der großen Liebe zu den Armen, an der großen Liebe unter den Schwestern und an eurer Treue gegenüber den Bischöfen und Priestern.« Welch schöne Lektion eines missionarischen Lebens im Dienste Gottes und der Menschen! [Zur deutschen Sprache zurückkehrend, sagte Johannes Paul II.:]

6. »Das Schwache an Gott ist stärker als die Menschen« (1Co 1,25). Diese Worte des heiligen Apostels Paulus spiegeln die Frömmigkeit und den Lebensstil des sel. Ladislaus Batthyány-Strattmann wider, der Familienvater und Arzt war. Das reiche Erbe seiner adeligen Vorfahren verwendete er, um die Armen unentgeltlich zu behandeln und zwei Krankenhäuser zu errichten. Sein größtes Interesse galt nicht materiellen Gütern; ebenso wenig waren der Erfolg und die Karriere Ziele seines Lebens. Dies lehrte und lebte er in seiner Familie und wurde so der beste Glaubenskünder für seine Kinder. Indem er seine geistliche Kraft aus der Eucharistie schöpfte, zeigte er jenen, welche die göttliche Vorsehung ihm zuführte, die Quelle seines Lebens und seiner Sendung. [Der Papst sprach dann folgende Worte auf ungarisch:]

Der sel. Ladislaus Batthyány-Strattmann zog die irdischen Reichtümer niemals jenem wahren Gut vor, das im Himmel ist. Sein Beispiel des Familienlebens und der großherzigen christlichen Solidarität sei allen eine Ermutigung, dem Evangelium treu zu folgen. [Johannes Paul II. schloß auf italienisch:]

7. Die Heiligkeit der neuen Seligen spornt auch uns an, nach der Vollkommenheit des Evangeliums zu streben, indem wir alle Worte Jesu in die Tat umsetzen. Es handelt sich dabei gewiß um einen anspruchsvollen asketischen Weg, der aber allen zugänglich ist.

Die Jungfrau Maria, Königin aller Heiligen, stehe uns mit ihrer mütterlichen Fürsprache zur Seite. Die neuen Seligen seien unsere sicheren Führer zur Heiligkeit. Amen!



EUCHARISTIEFEIER AUF DEM PETERSPLATZ AM PALMSONNTAG PREDIGT DES HEILIGEN VATERS JOHANNES PAUL II.


13. April 2003

XVIII. Weltjugendtag

»Siehe, deine Mutter!« (Jn 19,27)




516 1. »Gesegnet sei er, der kommt im Namen des Herrn!« (Mc 11,9).

Die Liturgie des Palmsonntags ist gleichsam ein feierliches Eingangstor zur Karwoche. Sie verbindet zwei gegensätzliche Momente miteinander: den Empfang Jesu in Jerusalem und das Drama der Passion; das freudige »Hosanna« und das mehrfach wiederholte »Kreuzige ihn!«; den triumphalen Einzug und die scheinbare Niederlage des Kreuzestodes. So nimmt sie die »Stunde« vorweg, in welcher der Messias viel erleiden muß, getötet und am dritten Tag auferstehen wird (vgl. Mt 16,21), und bereitet uns darauf vor, das Ostergeheimnis in Fülle zu leben.

2. »Jauchze, Tochter Jerusalem! Siehe, dein König kommt zu dir« (Za 9,9). Beim Einzug Jesu jubelt die Stadt, in der die Erinnerung an David lebendig ist; die Stadt der Propheten, von denen viele dort um der Wahrheit willen das Martyrium erlitten; die Stadt des Friedens, die im Laufe der Jahrhunderte unter Gewalt, Krieg und Verschleppung gelitten hat.

In mancherlei Hinsicht könnte die Stadt Jerusalem als Symbol der Menschheit angesehen werden, besonders an diesem dramatischen Beginn des dritten Jahrtausends, den wir gegenwärtig durchleben. Deshalb nehmen die Palmsonntagsriten eine besondere Aussagekraft an. Tröstlich erklingen die Worte des Propheten Sacharja: »Juble laut, Tochter Zion! Jauchze, Tochter Jerusalem! Siehe, dein König kommt zu dir. Er ist gerecht und hilft; er ist demütig und reitet auf einem Esel […] Vernichtet wird der Kriegsbogen. Er verkündet für die Völker den Frieden« (Za 9,9-10). Heute feiern wir, weil Jesus, der Friedenskönig, in Jerusalem einzieht.

3. Damals liefen Christus an den Hängen des Ölbergs die Kinder und Jugendlichen Jerusalems entgegen; sie jubelten ihm zu und schwenkten freudig Öl- und Palmzweige.

Heute stehen zu seinem Empfang die jungen Menschen der ganzen Welt bereit, die in allen Diözesangemeinschaften den XVIII. Weltjugendtag feiern.

Ich begrüße euch ganz herzlich, liebe Jugendliche aus Rom, und auch euch, die ihr aus verschiedenen Ländern hierhergepilgert seid. Ich grüße die zahlreichen Verantwortlichen der Jugendpastoral, die an dem vom Päpstlichen Rat für die Laien organisierten Kongreß über die Weltjugendtage teilnehmen. Und wie könnten wir nicht unsere brüderliche Solidarität bekunden gegenüber euren Altersgenossen, die von Krieg und Gewalt im Irak, im Heiligen Land und in verschiedenen anderen Teilen der Welt so schwer geprüft werden?

Heute nehmen wir gläubig und jubelnd Christus auf, der unser »König« ist: ein König der Wahrheit, der Freiheit, der Gerechtigkeit und der Liebe. Dies sind die vier Säulen, auf denen das Gebäude des wahren Friedens erbaut werden kann, wie der selige Papst Johannes XXIII. vor 40 Jahren in der Enzyklika Pacem in terris schrieb. Dieses historische Dokument, das nichts von seiner Aktualität verloren hat, übergebe ich heute im Geiste einem jeden von euch, liebe Jugendliche der ganzen Welt:Lest es, denkt darüber nach, und bemüht euch, es in die Tat umzusetzen. Dann werdet ihr »selig« sein, weil ihr zu wahren Kindern des Gottes des Friedens werdet (vgl. Mt 5,9).

4. Der Friede ist ein Geschenk Christi, das er durch das Kreuzesopfer für uns erwirkt hat. Um den Frieden wirksam zu fördern, müssen wir mit dem göttlichen Meister bis auf den Kalvarienberg hinaufsteigen. Wer kann uns bei diesem Aufstieg besser führen als Maria, die uns unter dem Kreuz im treuen Apostel Johannes zur Mutter gegeben wurde? Um den jungen Menschen zu helfen, diese wundervolle spirituelle Wirklichkeit zu entdecken, habe ich als Thema der Botschaft zum diesjährigen Weltjugendtag die Worte des sterbenden Christus gewählt: »Siehe, deine Mutter!« (Jn 19,26). Johannes nahm dieses Testament der Liebe an und öffnete Maria sein Haus (vgl. Jn 19,27), das heißt, er nahm sie in sein Leben auf und teilte mit ihr eine vollkommen neue geistige Nähe. Die tiefe Verbindung zur Mutter des Herrn wird den »geliebten Jünger« zu einem Apostel jener Liebe machen, die er durch das unbefleckte Herz Marias aus dem Herz Christi erhalten hatte.

5. »Siehe, deine Mutter!« Jesus richtet diese Worte an einen jeden von euch, liebe Freunde. Auch euch bittet er, Maria als Mutter »›zu euch nach Hause‹ zu nehmen, sie aufzunehmen ›in das, was euch gehört‹«, denn »sie übt ihr mütterliches Dienstamt aus, indem sie euch erzieht und formt, bis Christus vollkommen in euch Gestalt angenommen hat« (Botschaft zum Weltjugendtag 2003, 3; in: O.R. dt., Nr. 14, 4.4.2003, S. 7). Maria bewirke, daß ihr großherzig auf den Ruf des Herrn antwortet und freudig und treu an der christlichen Sendung festhaltet!

Wie viele Jugendliche haben im Laufe der Jahrhunderte diese Aufforderung gehört, und wie viele tun dies auch in unseren Tagen! Junge Menschen des dritten Jahrtausends, habt keine Angst davor, euer Leben als vollkommene Antwort an Christus hinzugeben! Er allein verändert das Leben und die Geschichte der Welt.

517 6. »Wahrhaftig, dieser Mensch war Gottes Sohn« (Mc 15,39). Wir haben erneut das eindeutige Glaubensbekenntnis gehört, das der Hauptmann sprach, als er »ihn auf diese Weise sterben sah« (ebd.). Aus dem Gesehenen ergibt sich das erstaunliche Zeugnis des römischen Soldaten, des ersten Menschen, der verkündet hat, daß jener Mensch am Kreuz »Gottes Sohn war«.

Herr Jesus, auch wir haben »gesehen«, wie du gelitten hast und wie du für uns gestorben bist. Treu bis zum letzten Atemzug, hast uns durch deinen Tod dem Tod entrissen. Durch dein Kreuz hast du uns erlöst.

Stille Zeugin dieser für die Heilsgeschichte entscheidenden Augenblicke bist du, Maria, schmerzensreiche Mutter.

Gib uns deine Augen, um in dem schmerzverzerrten Antlitz des Gekreuzigten das Abbild des glorreichen Auferstandenen zu erkennen.

Hilf uns, ihn zu umarmen und ihm zu vertrauen, damit wir uns seiner Verheißungen würdig erweisen. Hilf uns, ihm heute und unser ganzes Leben lang treu zu bleiben.

Amen.



OSTERNACHTFEIER

PREDIGT DES HEILIGEN VATERS JOHANNES PAUL II.

Samstag, 19. April 2003


1. „Erschreckt nicht! Ihr sucht Jesus von Nazareth, den Gekreuzigten. Er ist auferstanden; er ist nicht hier“ (Mc 16,6).

Beim Anbruch des ersten Tages nach dem Sabbat, so berichtet das Evangelium, machen sich einige Frauen auf den Weg zum Grab, um den Leib Jesu zu ehren, der nach der Kreuzigung am Freitag in Eile in ein Leinentuch gewickelt und in die Grabstätte gelegt worden war. Sie suchen ihn, aber sie finden ihn nicht: Er ist nicht mehr an dem Ort, an dem er bestattet worden ist. Nur die Zeichen des Begräbnisses bleiben von ihm zurück: Das leere Grab, die Binden, das Leinentuch. Die Frauen sind jedoch beim Anblick „eines jungen Mannes, der mit einem weißen Gewandt bekleidet war“ erschreckt, der ihnen verkündet: „Er ist auferstanden; er ist nicht hier“.

Von da an hallt diese aufregende Nachricht, die dazu bestimmt ist, das Los der Geschichte zu verändern, von Generation zu Generation weiter: eine alte und immer neue Botschaft! Sie ertönte auch jetzt wieder in dieser Osternachtfeier, der Mutter aller Gebetsnächte, und sie breitet sich in diesen Stunden über den ganzen Erdenrund aus.

2. Oh erhabenes Geheimnis dieser Heiligen Nacht! Die Nacht, in der wir das exzeptionelle Ereignis der Auferstehung neu erleben! Wenn Christus Gefangener des Grabes geblieben wäre, hätten die Menschheit und alles Geschaffene gewissermaßen ihren Sinn verloren. Aber Du, Christus, bist wahrhaftig auferstanden!

518 Also gehen die Schriften in Erfüllung, die uns vor kurzem im Wortgottesdienst wieder zu Gehör gebracht wurden, wobei wir die Stationen des ganzen Heilsplanes durchlaufen haben. Am Beginn der Schöpfung „sah Gott alles, was er gemacht hatte: Es war sehr gut“ (Gn 1,31). Abraham hatte er versprochen: „Segnen sollen dich mit deinen Nachkommen alle Völker der Erde“(Gn 22,18). Einer der ältesten Gesänge der jüdischen Tradition ist uns wieder vorgetragen worden: Er enthüllt die Bedeutung des alten Exodus als „der Herr an jenem Tag Israel aus der Hand der Ägypter rettete“ (Ex 14,30). Die Verheißungen der Propheten bewahrheiten sich weiterhin in unseren Tagen: „Ich lege meinen Geist in euch und bewirke, daß ihr meinen Gesetzen folgt... (Ez 36,27).

3. In dieser Nacht der Auferstehung beginnt alles neu vom „Anfang“ her; Die Schöpfung nimmt ihre ursprüngliche Bedeutung im Plan der Erlösung wieder an. Es ist wie ein Neubeginn der Geschichte und des Kosmos, weil Christus auferstanden ist, „als der Erste der Entschlafenen“ (1Co 15,20). Er, „der Letzte Adam“, ist zum „lebendigmachenden Geist“ geworden (1Co 15,45).

Die Sünde unserer Stammeltern wird im Osterlob als „felix culpa“ besungen: „Oh glückliche Schuld, welch großen Erlöser hast du gefunden!“. Wo die Sünde übermächtig wurde, herrscht nun die Gnade und „der Stein, den die Bauleute verwarfen, er wurde zum Eckstein“ (Antwortpsalm)eines unzerstörbaren geistlichen Gebäudes.

In dieser Heiligen Nacht wird ein neues Volk geboren, mit dem Gott einen ewigen Bund besiegelt hat im Blut des fleischgewordenen, gekreuzigten und auferstandenen Wortes.

4. In der Taufe treten wir ein in das Volk der Erlösten. „Wir wurden mit ihm begraben durch die Taufe auf den Tod – erinnert uns der heilige Apostel Paulus im Brief an die Römer – ; und wie Christus durch die Herrlichkeit des Vaters von den Toten auferweckt wurde, so sollen auch wir als neue Menschen leben“ (Rm 6,4).

Diese Mahnung richtet sich in besonderer Weise an euch, liebe Katechumenen, denen die Mutter Kirche in Kürze die Teilhabe am großen Geschenk des göttlichen Lebens verleihen wird. Die Göttliche Vorsehung hat euch aus verschiedenen Ländern hierher geführt, um am Grab des heiligen Petrus die Sakramente der christlichen Eingliederung zu empfangen: die Taufe, die Firmung und die Eucharistie. So tretet ihr ein in das Haus des Herrn, werdet mit dem Öl der Freude gesalbt und dürft euch mit dem Himmelsbrot nähren.

Getragen von der Kraft des Heiligen Geistes steht immerfort fest in Treue zu Christus und verkündet mutig sein heiliges Evangelium!

5. Liebe Brüder und Schwestern, die ihr hier zugegen seid! Auch wir verbinden uns in einigen Augenblicken mit den Katechumenen, um unser Taufversprechen zu erneuern. Wiederum werden wir Satan und all seinen Werken widersagen, um uns Gott und seinen Heilsplänen ganz fest anzuschließen. Auf diese Weise wollen wir ein noch entschlosseneres Streben nach einem evangeliumsgemäßen Leben zum Ausdruck bringen.

Maria, die frohe Zeugin des Auferstehungsereignisses, helfe allen, die Wege „eines neuen Lebens“ zu beschreiten. Sie möge jedem bewußt machen, daß wir uns als neue Menschen begreifen und entsprechend verhalten müssen, da unser alter Mensch mit Christus am Kreuz gestorben ist, als Menschen, „die für Gott leben in Christus Jesus“ (vgl. Rm 6,4 – 11).

Amen. Halleluja!


EXEQUIEN FÜR KARD. AURELIO SABATTANI IM PETERSDOM

PREDIGT VON JOHANNES PAUL II .

Donnerstag, 24. April 2003


519 1. »Selig, die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit […] Selig, die Frieden stiften« (Mt 5,6 Mt 5,9).

Soeben haben wir im Rahmen dieser Feier, bei der wir vom verehrten Kardinal Aurelio Sabattani Abschied nehmen, das Kapitel der Seligpreisungen aus dem Evangelium gehört. Wie oft hatte er Gelegenheit, im Laufe seines langen Lebens diese Worte zu meditieren!

»Selig!« Jesus bezeichnet jene Menschen als selig, die ihm Tag für Tag nachgefolgt und dabei gegen den Strom der Logik dieser Welt geschwommen sind. Trotz der Begrenztheit jeder menschlichen Existenz scheint es uns, als gehöre auch dieser unser Bruder, der einen vielfältigen und hochherzigen Dienst für die Kirche geleistet hat, in die Schar dieser treuen Jünger Jesu. Im Gedenken an ihn feiern wir diesen Gottesdienst und bitten den Herrn, seine Barmherzigkeit walten zu lassen und ihm jene Seligkeit zu gewähren, die den Armen im Geiste, den Sanftmütigen, den Barmherzigen, denen, die Frieden stiften, sowie allen, die hungern und dürsten nach Gerechtigkeit, verheißen ist.

2. »Freut euch und jubelt: Euer Lohn im Himmel wird groß sein« (Mt 5,12). Unsere endgültige Wohnstatt und unseren »Lohn«, wie Jesus im Evangelium hervorhebt, finden wir nicht auf dieser Erde, sondern im Himmel. Dessen war sich der verstorbene Kardinal zutiefst bewußt, und in seinem geistigen Testament empfiehlt er den ihm nahestehenden Menschen, »im Glauben und in der Gnade Gottes zu leben, denn nur das hat einen endgültigen Wert«. In der Tat wußte er sehr genau, daß sich der Gläubige nur dann der Seligpreisungen des Evangeliums würdig erweist, wenn er seinen eigenen Willen dem Willen Christi angleicht, besonders in den schwierigen und leidvollen Stunden des Lebens. Nur wenn wir uns vertrauensvoll den Händen des Herrn überantworten und in allen Situationen eine ständige, innige Beziehung zu Ihm pflegen, werden wir zu wahren »Kindern Gottes«.

3. »Denn für mich ist Christus das Leben und Sterben Gewinn« (Ph 1,21). Dies konnte der Apostel Paulus an seinem Lebensende über sich selbst sagen. Ähnliche Empfindungen äußerte der verstorbene Kardinal in seinem geistigen Testament, in dem er anerkennt, von Gott fortwährend mit einzigartigen Gnaden beschenkt worden zu sein. Nun stellt er sich seinem Urteil, nachdem er selbst das Richteramt in der Kirche ausgeübt hat. Er tritt vor Gott – wie er zu sagen pflegte – mit zuversichtlichem Vertrauen und im Bewußtsein, stets vom Wunsch geleitet worden zu sein, Christus und seiner Kirche zu dienen.

Christus ist »der von Gott eingesetzte Richter der Lebenden und der Toten«, bekräftigt der Apostel Petrus in der Ersten Lesung (Ac 10,42), der wir soeben aufmerksam zugehört haben. Kardinal Sabattani hat versucht, in tiefer Verbundenheit mit dem Herrn zu leben und seine Lehren in die Tat umzusetzen. Diese Gewißheit schenkt uns Trost in dieser Stunde des Abschieds. Wer auf den Herrn vertraut, so hat uns der Antwortpsalm erinnert, braucht nichts zu befürchten, auch wenn er in finsterer Schlucht wandern muß (vgl. Ps 23).

4. Gerade vor diesem Hintergrund scheint es uns angebracht, das lange Erdenleben von Kardinal Aurelio Sabattani und vor allem die letzten Jahre, die von manch leidvoller Erfahrung geprägt waren, nachzuzeichnen. Nach seinem Studienabschluß »utroque iure« und seiner Priesterweihe arbeitete er zunächst im Staatssekretariat und später in seiner Heimatdiözese Imola. Nach seiner Rückkehr nach Rom wurde er zum Prälaten-Auditoren der Römischen Rota ernannt.

Mein verehrter Vorgänger, der Diener Gottes Paul VI., erhob ihn 1965 zum Erzbischof und Prälat des Heiligtums des Heiligen Hauses von Loreto, wo er bis 1971 blieb.

Er kam erneut nach Rom als Sekretär des Obersten Gerichtshofs der Apostolischen Signatur und nahm an zahlreichen internationalen Kongressen teil, bei denen er als brillanter und erleuchteter Kanonist weithin geschätzt war.

Seit 1983 war er Mitglied des Kardinalskollegiums mit der Titelkirche »Sant’Apollinare alle Terme« und widmete sich als Präfekt des Obersten Gerichtshofs der Apostolischen Signatur mit großem Engagement der kirchlichen Rechtsprechung. Später wurde er auch zum Erzpriester der Vatikanischen Patriarchalbasilika, zum Generalvikar für den Vatikanstaat und zum Präsidenten der Dombauhütte von St. Peter ernannt.

5. Nun hat er seine Pilgerreise auf Erden beendet und ist in der himmlischen Heimat angelangt, die der Herr seinen treuen Dienern bereitet.

520 Das österliche Geheimnis, das wir in dieser Oktav feierlich begehen, nimmt für uns heute eine vielsagende Bedeutung an. Das Leben, das wir durch die Taufe erhalten haben, endet nicht mit dem Tod, weil Christus mit seinem Tod am Kreuz die Macht des Todes überwunden hat. »Nach menschlichen Maßstäben« – so sagte ich beim Kreuzweg am Kolosseum – »hat der Tod das letzte Wort. Das Wort, das danach folgt, das Wort ›Auferstehung‹, ist ein Wort, das von Gott kommt«.

Deshalb werden wir in der Präfation mit vertrauensvoller Hingabe die Worte der christlichen Hoffnung wiederholen: »Denn deinen Gläubigen, o Herr, wird das Leben gewandelt, nicht genommen. Und wenn die Herberge der irdischen Pilgerschaft zerfällt, ist uns im Himmel eine ewige Wohnung bereitet

In Kürze werden wir dem verehrten Herrn Kardinal Aurelio Sabattani die letzte Ehre hier auf Erden erweisen. Öffnen wir unser Herz für die Botschaft der Hoffnung, die uns der Glaube schenkt. Es ist dieselbe Hoffnung, die das priesterliche und apostolische Leben von Kardinal Sabattani erleuchtet hat.

Die allerseligste Jungfrau möge ihn in ihre mütterlichen Arme schließen und ihn ins Paradies geleiten, für das er gelebt, gearbeitet, gelitten und gebetet hat. Die Heiligen mögen ihr dort aufnehmen, und mit ihnen sei er auf ewig in Gott selig. Amen!



EUCHARISTIEFEIER MIT SELIGSPRECHUNGEN

II. Sonntag der Osterzeit, 27. April 2003




1. »Danket dem Herrn, denn er ist gütig, denn seine Huld währt ewig« (Ps 118,1). So singt die Kirche am heutigen zweiten Sonntag der Osterzeit, dem Sonntag der Göttlichen Barmherzigkeit. Im Ostergeheimnis offenbart sich in Fülle der trostreiche Heilsplan der erbarmenden Liebe Gottes, deren erste Zeugen die Heiligen und Seligen des Himmels sind.

Durch eine providentielle Fügung habe ich die Freude, gerade an diesem Sonntag, an dem wir die »Göttliche Barmherzigkeit« feiern, sechs neue Selige zur Ehre der Altäre zu erheben. In jedem von ihnen zeigte sich die liebevolle und erstaunliche Barmherzigkeit des Herrn auf je eigene Weise: Giacomo Alberione, Priester und Gründer der Paulinischen Familie; der Priester Marco d'Aviano vom Orden der Kapuziner; Maria Cristina Brando, Jungfrau und Gründerin der Kongregation der »Suore Vittime Espiatrici di Gesù Sacramentato«; Eugenia Ravasco, Jungfrau und Gründerin der Kongregation der »Figlie dei Sacri Cuori di Gesù e di Maria«; Maria Domenica Mantovani, Jungfrau und Mitgründerin des Instituts der »Piccole Suore della Sacra Famiglia«; Giulia Salzano, Jungfrau und Gründerin der Kongregation der »Suore Catechiste del Sacro Cuore«.

2. »Diese [Zeichen] aber sind aufgeschrieben […], damit ihr durch den Glauben das Leben habt in seinem Namen« (Jn 20,31). Die Frohe Botschaft ist eine universale Nachricht, die für die Menschen jedes Zeitalters bestimmt ist. Sie richtet sich an jeden einzelnen persönlich und muß im konkreten Leben umgesetzt werden. Wenn die Christen zum »lebendigen Evangelium« werden, verwandeln sie sich in beredte »Zeichen« der Barmherzigkeit des Herrn, und ihr Zeugnis kann die Herzen der Menschen besser erreichen. Als folgsame Werkzeuge der göttlichen Vorsehung üben sie somit tiefen Einfluß auf die Geschichte aus. So war es auch bei diesen sechs Seligen aus dem geliebten Italien, dem Land so vieler Heiliger.

3. Der sel. Giacomo Alberione erkannte die Notwendigkeit, Jesus Christus – Weg, Wahrheit und Leben – »den Menschen unserer Zeit mit den Mitteln unserer Zeit« nahezubringen, wie er selbst zu sagen pflegte. Dabei orientierte er sich am Apostel Paulus, den er als »Theologen und Architekten der Kirche« bezeichnete, wobei er dem Lehramt des Nachfolgers Petri, jenem »Leuchtfeuer« der Wahrheit in einer Welt, die oft über keine festen ideellen Anhaltspunkte mehr verfügt, stets bereitwillig und treu Folge leistete. »Eine Gruppe von Heiligen soll diese Mittel einsetzen«, sagte dieser Apostel der Neuzeit.

Welch großartiges Erbe hinterläßt er seiner religiösen Familie! Seine geistigen Söhne und Töchter mögen den ursprünglichen Geist unverändert bewahren, um auf angemessene Weise den Anforderungen der Evangelisierung in der heutigen Welt zu entsprechen.

4. In einer anderen Zeit und in einem anderen Kontext erstrahlte der sel. Marco d'Aviano durch sein heiliges Leben, erfüllt von der tiefen Sehnsucht nach dem Gebet, nach Schweigen und nach der Anbetung des Geheimnisses Gottes. Dieser kontemplative Wanderer auf den Straßen Europas stand dank seiner von zahlreichen Wundern begleiteten mutigen Predigttätigkeit im Mittelpunkt einer umfangreichen geistigen Erneuerung. Als wehrloser Prophet der göttlichen Barmherzigkeit zwangen ihn die Umstände dazu, sich aktiv für die Verteidigung der Freiheit und der Einheit des christlichen Europas einzusetzen. Den europäischen Kontinent, der sich in diesen Jahren einer neuen Perspektive der Zusammenarbeit öffnet, erinnert der sel. Marco d’Aviano daran, daß dessen Einheit fester wird, wenn sie auf den gemeinsamen christlichen Wurzeln gründet.

521 5. Erstaunlich ist auch das, was Gott durch Maria Cristina Brando gewirkt hat. Sie war erfüllt von einer Spiritualität der Eucharistie und der Buße, die in zwei Grundzügen zum Ausdruck kommt, die wie »zwei Zweige von dem gleichen Stamm ausgehen«: die Liebe zu Gott und die Liebe zu den Mitmenschen. Der Wunsch, am Leiden Christi Anteil zu haben, wird gewissermaßen an die erzieherischen Werke »weitergegeben«, die darauf ausgerichtet sind, den Menschen ihre Würde ins Bewußtsein zu rufen und sie dazu zu bewegen, sich der barmherzigen Liebe des Herrn zu öffnen.

6. Ganz erfüllt vom Wunsch, die Liebe zu den Herzen Christi und Mariä zu verbreiten, war die sel. Eugenia Ravasco. Aus der Betrachtung dieser beiden Herzen schöpfte sie die Begeisterung für den Dienst am Nächsten und widmete ihr Leben voller Freude den jungen Menschen und den Armen. Mit Weitblick verstand sie es, sich den dringenden missionarischen Anforderungen zu öffnen, und sie schenkte denen ihre besondere Fürsorge, die der Kirche »fernstehen«.

In den Worten »Gutes tun aus Liebe zum Herzen Jesu« und »den brennenden Wunsch haben, sich für das Wohl anderer, vor allem der Jugend, einzusetzen«, kommt das Charisma zum Ausdruck, das sie dem von ihr gegründeten Institut hinterlassen hat.

7. Den gleichen Weg ging auch die sel. Maria Domenica Mantovani. Diese bemerkenswerte Tochter Veronas, Schülerin des sel. Giuseppe Nascimbeni, ließ sich von der Heiligen Familie von Nazaret inspirieren, um sich »vollends allen« hinzugeben. Hierbei brachte sie den Bedürfnissen der »armen Leute« stets große Aufmerksamkeit entgegen. Auf außergewöhnliche Weise war sie in jeder Situation, bis zum letzten Atemzug, dem Willen Gottes treu, von dem sie sich geliebt und berufen fühlte. Welch schönes Vorbild der Heiligkeit für jeden Glaubenden!

8. Und was ließe sich nicht alles über die sel. Giulia Salzano sagen! Ihrer Zeit weit voraus, war sie eine begeisterte Verfechterin der Neuevangelisierung, in der sie das apostolische Handeln mit dem unablässigen Gebet vor allem für die Bekehrung der »Gleichgültigen« verband.

Diese neue Selige ermutigt uns, am Glauben festzuhalten und nie das Vertrauen auf Gott zu verlieren, der alles erwirkt. Dazu berufen, Apostel des modernen Zeitalters zu sein, mögen die Gläubigen sich auch an der sel. Giulia Salzano ausrichten, »um zahlreichen Geschöpfen das unermeßliche Erbarmen Christi zuteil werden zu lassen«.

9. »Ewig währt die Huld Gottes!«, die in jedem der neuen Seligen erstrahlt. Durch sie hat Gott große Wunder vollbracht! Wahrhaft ewig ist deine Huld, o Herr! Nie verläßt du diejenigen, die sich an dich wenden.

Gemeinsam mit den neuen Seligen wiederholen wir mit kindlichem Vertrauen: »Jesus, ich vertraue auf dich! – Jezu, ufam Tobie!«: die Worte der hl. Faustyna Kowalska. Maria, Mutter der Barmherzigkeit, hilf uns, die ewig währende Huld Gottes durch unser Leben zu verkünden. Jetzt und in Ewigkeit. Amen! Halleluja!





APOSTOLISCHE REISE VON PAPST JOHANNES PAUL II. NACH SPANIEN



EUCHARISTIEFEIER MIT HEILIGSPRECHUNGEN

Plaza de Colón, Madrid

III. Sonntag der Osterzeit, 4. Mai 2003




1. »Seid Zeugen meiner Auferstehung« (vgl. Lc 24,46-48), sagt Jesus zu seinen Aposteln in dem soeben verkündeten Bericht des Evangeliums. Ein schwieriger und anspruchsvoller Auftrag, der den Männern erteilt wird, die aus Furcht, als Jünger des Nazoräers erkannt zu werden, noch nicht wagen, sich in der Öffentlichkeit zu zeigen. Die Erste Lesung hat uns Petrus vorgestellt: Er hat jetzt, nachdem er am Pfingsttag den Heiligen Geist empfangen hatte, den Mut, dem Volk die Auferstehung Jesu zu verkünden und es zur Buße und Umkehr aufzurufen.

522 Seitdem verkündet die Kirche mit der Kraft des Heiligen Geistes den Menschen aller Zeiten diese außerordentliche Botschaft. Als Pilger in Spanien ruft der Nachfolger Petri euch erneut auf: Spanien, sei auch heute Zeuge des auferstandenen Jesus Christus, indem du einer Vergangenheit der mutigen Evangelisierung nachfolgst!

2. Ich grüße herzlich das ganze Volk Gottes, das aus allen Teilen des Landes hier zusammengekommen ist, um an diesem feierlichen Gottesdienst teilzunehmen. Einen achtungsvollen und ehrerbietigen Gruß richte ich an Ihre Majestäten die Königlichen Hoheiten und an die Königliche Familie. Dem Erzbischof von Madrid, Kardinal Antonio María Rouco Varela, danke ich herzlich für die freundlichen Worte. Ich grüße die Kardinäle und Bischöfe Spaniens, die Priester und die gottgeweihten Personen;zudem geht mein liebevoller Gruß an die Mitglieder der Institute, die mit den neuen Heiligen verbunden sind.

Ich danke ganz besonders dem Regierungschef, den Präsidenten der Autonomen Gemeinschaften sowie den staatlichen Autoritäten für ihre Anwesenheit; sie haben wesentlich zur Verwirklichung der verschiedenen Abschnitte dieses Besuches beigetragen.

3. Die neuen Heiligen stehen heute als wahre Jünger des Herrn und Zeugen seiner Auferstehung vor uns.

Der hl. Pedro Poveda erfaßte die Bedeutung der sozialen Dimension der Erziehung und Bildung und erfüllte unter den Ausgegrenzten und Notleidenden eine wichtige humanitäre und erzieherische Aufgabe. Er war Lehrer des Gebets sowie Pädagoge des christlichen Lebens und der Beziehung zwischen dem Glauben und der Wissenschaft, überzeugt davon, daß die Christen entscheidende Werte und Aufgaben für den Aufbau einer gerechteren und solidarischeren Welt einbringen sollten. Am Ende seines Lebens empfing er die Krone des Martyriums.

Der hl. José María Rubio lebte sein Priestertum zuerst als Diözesanpriester und dann als Jesuit durch die völlige Selbsthingabe im Beichtstuhl und durch die Leitung zahlreicher geistlicher Exerzitienkurse, in denen er viele Christen formte, die später während der Kirchenverfolgung den Märtyrertod erlitten. Sein Leitspruch lautete: »Das tun, was Gott will, und das wollen, was Gott tut.«

4. Die hl. Genoveva Torres war ein Werkzeug der Zärtlichkeit Gottes gegenüber den alleinstehenden Menschen, die der Liebe, des Trostes und der Fürsorge an Leib und Geist bedurften. Das Charakteristische, das ihrer Spiritualität den Antrieb gab, war die Sühneanbetung der Eucharistie; davon ausgehend wirkte sie in einem demütigen, einfachen Apostolat der Entsagung und Nächstenliebe.

Die gleiche Liebe und Einfühlsamkeit gegenüber den Armen veranlaßte die hl. Ángela de la Cruz, ihre »Compañia de las Hermanas de la Cruz« zu gründen, die sich dem karitativen und sozialen Dienst an den Notleidenden widmete und auf die Kirche und die Gesellschaft von Sevilla der damaligen Zeit nachhaltige Auswirkung hatte. Ihre Merkmale waren Natürlichkeit und Einfachheit, während sie die Heiligkeit im Geist der Demütigung für Gott und die Brüder suchte.

Die hl. Maravillas de Jesús war von einem heroischen Glauben beseelt, der in der Antwort auf eine strenge Berufung geformt war und Gott in die Mitte ihres Dasein stellte. Nachdem die traurige Situation des Spanischen Bürgerkrieges überwunden war, rief sie Neugründungen des Karmelitenordens ins Leben, die vom charakteristischen Geist der theresianischen Reform geprägt waren. Ihr kontemplatives Leben und die Klausur des Klosters hinderten sie nicht daran, den Bedürfnissen der ihr nahestehenden Personen abzuhelfen und soziale und karitative Werke um sich herum zu fördern.

5. Die neuen Heiligen haben sehr konkrete Gesichter, und ihre Lebensgeschichten sind bekannt. Wie lautet ihre Botschaft? Ihre Werke, die wir bewundern und für die wir Gott danken, sind nicht auf ihre Kräfte oder ihr menschliches Wissen zurückzuführen, sondern auf das geheimnisvolle Wirken des Heiligen Geistes, der in ihnen eine unerschütterliche Treue zum gekreuzigten und auferstandenen Christus erweckt hat, und auf die Absicht, ihm nachzufolgen. Liebe katholische Gläubige Spaniens! Laßt euch von diesen wunderbaren Vorbildern inspirieren!

Während wir dem Herrn für die vielen Gaben danken, mit denen er Spanien bedacht hat, lade ich euch ein, mit mir darum zu bitten, daß in diesem Land weiterhin neue Heilige heranwachsen. Neue Früchte der Heiligkeit werden wachsen, wenn die kirchlichen Gemeinschaften dem Evangelium treu bleiben, das einer ehrwürdigen Tradition zufolge hier seit den Anfängen des Christentums gepredigt und die Jahrhunderte hindurch bewahrt wurde.

523 Neue Früchte der Heiligkeit werden entstehen, wenn die Familie es versteht, vereint zu bleiben wie ein wahres Heiligtum der Liebe und des Lebens. »Dieser christliche und katholische Glaube bildet die Identität des spanischen Volkes«, sagte ich anläßlich meiner Pilgerfahrt nach Santiago de Compostela (Ansprache bei der Pilgermesse, 9.11.82). Die Vergangenheit eines Volkes kennen und lieben lernen bedeutet, seine Identität zu festigen und zu bereichern. Verlaßt eure christlichen Wurzeln nicht! Nur so werdet ihr fähig sein, den kulturellen Reichtum eurer Geschichte in die Welt und in Europa einzubringen.

6. »Darauf öffnete er ihnen die Augen für das Verständnis der Schrift« (
Lc 24,45). Der auferstandene Christus erleuchtet die Apostel, damit seine Botschaft gehört werden kann und an alle Generationen weitergegeben wird, so daß der Mensch »durch Hören zum Glauben, durch den Glauben zur Hoffnung, durch die Hoffnung aber zur Liebe gelange« (vgl. Augustinus, De catechizandis rudibus, 4, 8: Bibliothek der Kirchenväter, Bd. 49, 1925, S. 244). Wenn sie den auferstandenen Jesus Christus predigt, will die Kirche allen Menschen einen Weg der Hoffnung verkünden und sie zur Begegnung mit Christus führen.

Während ich jetzt die Eucharistie feiere, erbitte ich für euch das große Geschenk der Treue zu euren christlichen Verpflichtungen. Das gewähre euch Gott der Vater auf die Fürsprache der allerseligsten Jungfrau, die in Spanien unter so vielen verschiedenen Titeln verehrt wird, und der neuen Heiligen.



Predigten 1978-2005 515