Pastores dabo vobis DE 27


27 "Der Geist des Herrn ruht auf mir" (Lc 4,18). Der im Weihesakrament ausgegossene Heilige Geist ist Quelle der Heiligkeit und Aufforderung zur Heiligung, nicht nur weil er dem Priester Christus, dem Haupt und Hirten der Kirche, gleichgestaltet ist und ihm aufträgt, die Sendung des Propheten, Priesters und Königs im Namen und in der Person Christi zu erfüllen, sondern auch, weil er sein tägliches Leben beseelt und belebt, indem er es durch Gaben und Aufgaben, durch Tugenden und Impulse bereichert, die in der Hirtenliebe zusammengefaßt sind. Eine ähnliche Liebe ist die einigende Synthese der evangelischen Werte und Tugenden und bildet zugleich die Kraft, die ihre Entfaltung bis zur christlichen Vollkommenheit unterstützt (72).

Die Radikalität des Evangeliums ist für alle Christen ohne Ausnahme ein grundlegender und unverzichtbarer Anspruch, der aus dem Anruf Christi erwächst, ihm aufgrund der vom Geist bewirkten innigen Verbundenheit mit ihm zu folgen und ihn nachzuahmen (vgl. Mt 6,18ff.; Mt 10,37ff.; Mc 8,110 Mc 10,17-21 Lc 9,57ff.). Dieser Anspruch stellt sich für die Priester wiederum nicht nur, weil sie "in" der Kirche sind, sondern auch, weil sie der Kirche "gegenüber" stehen, insofern sie Christus, dem Haupt und Hirten, gleichgestaltet, zum geweihten Dienstamt zugelassen und bestellt und von seiner Hirtenliebe beseelt sind. Als inneren Kern und äußere Konsequenz dieser Radikalität des Evangeliums gibt es eine reiche Blüte vielfältiger Tugenden und sittlicher Ansprüche, die für das pastorale und geistliche Leben des Priesters entscheidend sind, wie z. B. Glaube, Demut vor dem Geheimnis Gottes, Barmherzigkeit und Klugheit. Bevorzugter Ausdruck dieser Radikalität sind die verschiedenen "evangelischen Räte", die Jesus in der Bergpredigt vorschlägt (vgl. Mt 5-7); unter diesen Räten sind die Lebenshaltungen vonGehorsam, Keuschheit und Armut eng miteinander verbunden (73): Der Priester ist berufen, sie entsprechend jenen Bedingungen und Zielsetzungen und gemäß jenen ursprünglichen Sinngehalten zu leben, die Quelle und Ausdruck der ihm eigenen Identität sind.


28 "Zu den Tugenden, die für den Dienst der Priester besonders erfordert sind, muß man als ständige Seelenhaltung die innerste Bereitschaft zählen, nicht den eigenen Willen zu suchen, sondern den Willen dessen, der sie gesandt hat" (vgl. Jn 4,34 Jn 5,30 Jn 6,38) (74). Das ist der Gehorsam, der im Fall des geistlichen Lebens des Priesters einige besondere Wesensmerkmale aufweist.

Dieser Gehorsam ist zunächst ein "apostolischer" Gehorsam in dem Sinne, daß er die Kirche in ihrer hierarchischen Struktur anerkennt, liebt und ihr dient. Denn priesterlichen Dienst gibt es nur in Gemeinschaft mit dem Papst und mit dem Bischofskollegium, besonders mit dem eigenen Diözesanbischof; ihnen muß der Priester "den kindlichen Respekt und den Gehorsam" entgegenbringen, den er im Ritus der Priesterweihe gelobt hat. Diese Verfügbarkeit" gegenüber den kirchlichen Autoritätsträgern hat nichts Demütigendes an sich, sondern sie entspringt aus der verantwortungsvollen Freiheit des Priesters, der nicht nur die Erfordernisse eines organischen und organisierten kirchlichen Lebens auf sich nimmt, sondern auch jene Gnade der Unterscheidung und Verantwortung bei kirchlichen Entscheidung anerkennt, die Jesus seinen Aposteln und ihren Nachfolgern zugesagt hatte, damit das Geheimnis der Kirche zuverlässig gehütet und der christlichen Gemeinschaft insgesamt auf ihrem gemeinsamen Weg zum Heil gedient werde.

Der richtig motivierte und ohne servile Unterwürfigkeit gelebte echte christliche Gehorsam hilft dem Priester, die ihm übertragene Vollmacht gegenüber dem Volk Gottes mit evangelischer Transparenz auszuüben: ohne autoritäres Verhalten und ohne demagogische Entscheidungen. Nur wer in Christus zu gehorchen vermag, weiß, wie man nach dem Evangelium von anderen Gehorsam einfordern kann.

Der priesterliche Gehorsam stellt zudem einen "Gemeinschaftsanspruch" dar: Es ist nicht der Gehorsam eines einzelnen, der sich individuell mit der Autorität verbindet, er ist vielmehr zutiefst in die Einheit des Presbyteriums eingebunden; als solches ist das Presbyterium berufen, die einträchtige Zusammenarbeit mit dem Bischof und durch diesen mit dem Nachfolger Petri zu leben (75).

Diese Seite des Gehorsams erfordert vom Priester eine beachtliche Askese sowohl in dem Sinne, daß er es sich zur Gewohnheit macht, nicht zu sehr an seinen eigenen Vorlieben oder Standpunkten zu hängen, als auch in der Weise, daß er den Mitbrüdern Raum läßt, damit sie frei von jeder Eifersucht, Mißgunst und Rivalität ihre Talente und Fähigkeiten zur Geltung bringen können. Der Gehorsam des Priesters ist ein solidarischer Gehorsam, der aus seiner Zugehörigkeit zum einen Presbyterium entspringt und mitverantwortliche Orientierungen und Entscheidungen immer in ihm und mit ihm angeht.

Schließlich ist dem priesterlichen Gehorsam ein besonderer "pastoraler" Charakter eigen. Das heißt, er wird in einem Klima der ständigen Verfügbarkeit, der Bereitschaft gelebt, sich von den Nöten und Bedürfnissen der Herde ergreifen und geradezu "aufzehren" zu lassen. Diese Nöte und Anliegen müssen wirklich berechtigt sein, und manchmal wird eine Auswahl und Überprüfung unumgänglich. Aber es läßt sich nicht leugnen, daß das Leben des Priesters völlig "in Anspruch genommen" wird von dem Hunger nach dem Evangelium, nach Glauben, nach Hoffnung, nach Gottes Liebe und seinem Geheimnis, wie er in dem ihm anvertrauten Volk Gottes mehr oder weniger bewußt vorhanden ist.


29 Unter den evangelischen Räten, schreibt das Konzil, "ragt die kostbar göttliche Gnadengabe hervor, die der Vater einigen gibt (vgl. Mt 19,11 1Co 7,7), die Jungfräulichkeit oder der Zölibat, in dem man sich leichter ungeteilten Herzens (vgl. 1Co 7,32-34) Gott allein hingibt. Diese vollkommene Enthaltsamkeit um des Himmelreiches willen wurde von der Kirche immer besonders in Ehren gehalten als Zeichen und Antrieb für die Liebe und als eine besondere Quelle geistlicher Fruchtbarkeit in der Welt" (76). In der Jungfräulichkeit und im Zölibat bewahrt die Keuschheit ihren ursprünglichen Sinngehalt: Die menschliche Geschlechtlichkeit wird dabei als authentischer Ausdruck der Ziele und als wertvoller Dienst an interpersonaler Gemeinschaft und Hingabe gelebt. Dieser Sinngehalt ist in der Jungfräulichkeit voll bewahrt; diese verwirklicht gerade auch im Verzicht auf die Ehe die "bräutliche Bedeutung" des Leibes durch eine persönliche Bindung und Hingabe an Jesus Christus und seine Kirche, die die im jenseits zu erwartende vollkommene und endgültige Gemeinschaft und Hingabe ankündigen und vorwegnehmen: "In der Jungfräulichkeit steht der Mensch auch leiblich in der Erwartung der eschatologischen Hochzeit Christi mit der Kirche; er schenkt sich ganz der Kirche und hofft, daß Christus sich der Kirche schenken wird in der vollen Wahrheit des ewigen Lebens" (77).

In diesem Licht lassen sich die Beweggründe für die Entscheidung leichter verstehen und beurteilen, die die Kirche des Abendlandes vor Jahrhunderten getroffen und an der sie festgehalten hat trotz aller Schwierigkeiten und der Einsprüche, die im Laufe der Zeit dagegen erhoben wurden, nämlich die Priesterweihe nur Männern zu erteilen, die den Beweis erbringen, daß sie von Gott zur Gabe der Keuschheit in der Lebensform der bedingungslosen und dauerhaften Ehelosigkeit berufen sind.

Die Synodenväter haben ihre Gedanken dazu klar und nachdrücklich in einer wichtigen Vorlage zum Ausdruck gebracht, die es verdient, vollständig und wörtlich wiedergegeben zu werden: Während die in den Ostkirchen geltende Disziplin beibehalten wird, erinnert die Synode in der festen Überzeugung, daß die vollkommene Keuschheit im priesterlichen Zölibat ein Charisma ist, die Priester daran, daß die Keuschheit ein unschätzbares Geschenk Gottes für die Kirche und einen prophetischen Wert für die heutige Welt darstellt. Diese Synode billigt und bekräftigt von neuem und mit Nachdruck alles, was die lateinische Kirche und einige östliche Riten fordern, nämlich daß die priesterliche Würde nur solchen Männern übertragen wird, die von Gott das Geschenk der Berufung zur Keuschheit in der Ehelosigkeit empfangen haben (ohne Vorurteil gegen die Tradition einiger orientalischer Kirchen und gegen die Sonderfälle zum Katholizismus konvertierter verheirateter Geistlicher; für diese Fälle sind in der Enzyklika Pauls Vl. über den priesterlichen Zölibat, Nr. 42, Ausnahmen vorgesehen). Die Synode will bei niemandem den geringsten Zweifel an der festen Entschlossenheit der Kirche aufkommen lassen, an dem Gesetz festzuhalten, das den zur Priesterweihe nach dem lateinischen Ritus ausersehenen Kandidaten den frei gewählten ständigen Zölibat auferlegt. Die Synode drängt darauf, daß der Zölibat in seinem vollen biblischen, theologischen und spirituellen Reichtum dargestellt und erläutert wird, nämlich als kostbares Geschenk Gottes an seine Kirche und als Zeichen des Reiches, das nicht von dieser Welt ist, Zeichen der Liebe Gottes zu dieser Welt sowie der ungeteilten Liebe des Priesters zu Gott und zum Volk Gottes, sodaß der Zölibat als positive Bereicherung des Priestertums angesehen werden kann" (78).

Besonders wichtig ist es, daß der Priester die theologische Begründung des kirchlichen Zölibatsgesetzes erfaßt. Als Gesetz drückt es noch vor dem Willen des einzelnen, der durch dessen Verfügbarkeit zum Ausdruck gebracht wird, den Willen der Kirche aus. Aber der Wille der Kirche findet seine letzte Begründung in dem Band, das den Zölibat mit der heiligen Weihe verbindet, die den Priester Jesus Christus, dem Haupt und Bräutigam der Kirche, gleichgestaltet. Die Kirche als Braut Jesu Christi will vom Priester mit der Vollständigkeit und Ausschließlichkeit geliebt werden, mit der Jesus Christus, das Haupt und der Bräutigam, sie geliebt hat. Der priesterliche Zölibat ist also Selbsthingabe in und mit Christus an seine Kirche und Ausdruck des priesterlichen Dienstes an der Kirche in und mit dem Herrn.

Für ein angemessenes geistliches Leben des Priesters darf der Zölibat nicht als ein isoliertes oder rein negatives Element , sondern immer als Aspekt einer positiven, ganz spezifischen und charakteristischen Lebensorientierung angesehen und gelebt werden: Er verläßt Vater und Mutter und folgt Jesus, dem Guten Hirten, in eine apostolische Gemeinschaft, um dem Volk Gottes zu dienen. Der Zölibat muß also als unschätzbares Geschenk Gottes, als "Antrieb der Hirtenliebe" (79) als einzigartige Teilnahme an Gottes Vaterschaft und an der Fruchtbarkeit der Kirche und als Zeugnis vor der Welt für das eschatologische Reich in freier und von Liebe getragener Entscheidung angenommen und unablässig erneuert werden. Um sämtliche moralischen, pastoralen und spirituellen Erfordernisse des priesterlichen Zölibats zu leben, braucht es unbedingt das demütige und vertrauensvolle Gebet, wie uns das Konzil lehrt: je mehr in der heutigen Welt viele Menschen ein Leben in vollkommener Enthaltsamkeit für unmöglich halten, um so demütiger und beharrlicher werden die Priester und mit ihnen die ganze Kirche die Gabe der Beständigkeit und Treue erflehen, die denen niemals verweigert wird, die um sie bitten. Zugleich werden sie alle übernatürlichen und natürlichen Hilfen anwenden, die jedem zur Verfügung stehen" (80). Auch wird das Gebet, in Verbindung mit den Sakramenten der Kirche und asketischem Eifer, in schwierigen Situationen Hoffnung, bei Verfehlungen Vergebung und dort, wo es gilt, sich neu auf den Weg zu machen, Vertrauen und Mut einflößen.


30 Die evangelische Armut haben die Synodenväter sehr treffend und tiefgründig beschrieben, wenn sie diese Haltung als "Unterordnung aller Güter unter das höchste Gut, nämlich Gott und sein Reich", darstellten (81). Tatsächlich vermag nur der, der das Geheimnis Gottes als einziges und höchstes Gut, als wahren und endgültigen Reichtum betrachtet und lebt, die Armut zu verstehen und zu verwirklichen, die gewiß nicht Geringschätzung und Ablehnung der materiellen Dinge beinhaltet, sondern ein von Herzen dankbarer Gebrauch dieser Güter und zugleich ein freudiger Verzicht auf sie mit großer innerer Freiheit ist, die sich am Willen Gottes ausrichtet.

Die Armut des Priesters nimmt dadurch, daß er im Sakrament der Priesterweihe Christus, dem Haupt und Hirten, gleichgestaltet wird, deutlich pastorale" Merkmale an; mit diesen Merkmalen haben sich die Synodenväter eingehend befaßt und dazu die Konzilslehre (82) wieder aufgegriffen und weiterentwickelt. Sie schreiben unter anderem: "Nach dem Vorbild Christi, der, reich wie er war, aus Liebe zu uns arm geworden ist (vgl.
2Co 8,9), sollen die Priester die Armen und Schwachen als Menschen betrachten, die ihnen in besonderer Weise anvertraut sind; und sie müssen imstande sein, durch ein einfaches, strenges Leben Zeugnis zu geben von der Armut, indem sie sich daran gewöhnen, auf überflüssige Dinge bereitwillig zu verzichten" (Optatam totius OT 9 CIC 282) (83).

Zwar hat, "wer arbeitet, ein Recht auf seinen Lohn" (Lc 10,7), und der Herr hat denen, die das Evangelium verkündigen, geboten, vom Evangelium zu leben" (1Co 9,1-14); aber dieses Recht des Apostels darf absolut nicht mit einem Anspruch verwechselt werden, den Dienst am Evangelium und an der Kirche den Vorteilen und Interessen unterzuordnen, die daraus abgeleitet werden können. Einzig und allein die Armut gewährleistet dem Priester seine Bereitschaft, sich auch unter persönlichen Opfern dorthin senden zu lassen, wo seine Arbeit am dringendsten gebraucht wird. Sie ist die unerläßliche Bedingung und Voraussetzung dafür, daß der Apostel sich dem Geist fügt, der ihn bereitmacht zu "gehen" und, frei von Ballast und Bindungen, nur dem Willen des Meisters zu folgen (vgl. Lc 9,57-62 Mc 10,17-22).

Der Priester, der persönlich in das Leben der Gemeinde eingebunden. und für sie verantwortlich ist, muß auch bei der Verwaltung der Güter der Gemeinde das Zeugnis einer völligen "Transparenz" bieten; er soll diese Güter niemals so handhaben, als wären sie sein eigenes Vermögen, sondern als etwas, worüber er vor Gott sowie vor den Brüdern und Schwestern, vor allem den Armen gegenüber Rechenschaft ablegen muß. Das Bewußtsein der Zugehörigkeit zu dem einen Presbyterium wird den Priester anspornen, sich engagiert sowohl für eine gerechtere Verteilung der Güter unter den Brüdern als auch für so etwas wie einen gemeinsamen Gütergebrauch einzusetzen (vgl. Ac 2,42-47).

Die innere Freiheit, die die evangelische Armut schützt und nährt, befähigt den Priester dazu, an der Seite der Schwächsten zu stehen; sich mit ihren Bemühungen um die Errichtung einer gerechteren Gesellschaft zu solidarisieren; mit mehr Einfühlungsvermögen und Fähigkeit die Phänomene zu verstehen und zu unterscheiden, die die wirtschaftliche und soziale Seite des Lebens betreffen, sowie die Option für die Armen zu fördern: Diese macht fähig - ohne jemanden von der Verkündigung und dem Geschenk des Heils auszuschließen -, sich nach dem Vorbild, das Jesus bei der Erfüllung seines prophetischen und priesterlichen Dienstes gegeben hat, den Geringen, den Sündern, den Ausgestoßenen und Randgruppen jeder Art zuzuwenden (vgl. Lk Lc 4,18).

Nicht zu vergessen ist die prophetische Bedeutung der priesterlichen Armut, die in der Wohlstands- und Konsumgesellschaft besonders dringend ist: "Der wirklich arme Priester ist sicherlich ein konkretes Zeichen für die Trennung und Ablehnung und nicht für die Unterwerfung unter den Druck der modernen Welt, die ihr ganzes Vertrauen in das Geld und in die materielle Sicherheit legt" (84).

Jesus Christus, der am Kreuz seine Hirtenliebe in einer abgrundtiefen äußeren und inneren Lebenshingabe zur Vollkommenheit führte, ist das Vorbild und die Quelle für die Tugenden des Gehorsams, der Keuschheit und der Armut, die der Priester seiner Berufung nach als Ausdruck der pastoralen Liebe zu den Brüdern und Schwestern leben soll. Der Priester soll, wie Paulus an die Christen von Philippi schreibt, "so gesinnt sein", wie Jesus gesinnt war, der sich selbst entäußerte, um in der gehorsamen, keuschen und armen Liebe den Lehr- und Lebensweg zur Vereinigung mit Gott und zur Einheit mit den Menschen zu finden (vgl. Ph 2,5).


31 Wie jedes wahrhaft christliche geistliche Leben hat auch das des Priesters eine wesentliche und unverzichtbare kirchliche Dimension: Es hat teil an der Heiligkeit der Kirche selbst, die wir im Credoals "Gemeinschaft der Heiligen" bekennen. Die Heiligkeit des Christen kommt von jener der Kirche her, sie verleiht ihr Ausdruck und bereichert sie zugleich. Diese kirchliche Dimension hat im geistlichen Leben des Priesters aufgrund seiner spezifischen Beziehung zur Kirche besondere Eigenschaften, Zielsetzungen und Sinngehalte, die immer von seiner Gleichgestaltung mit Christus, dem Haupt und Hirten, von seinem geweihten Amt und von seiner Hirtenliebe her zu verstehen sind.

Aus dieser Sicht muß die Zugehörigkeit des Priesters zur Teilkirche und sein hingebungsvoller Einsatz für sie als geistlicher Wert in seinem Leben angesehen werden. Diese Zugehörigkeit und Hingabe lassen sich ja in der Tat nicht nur durch organisatorische und disziplinäre Ursachen begründen. Im Gegenteil, die Beziehung zum Bischof in dem einen Presbyterium, die Teilnahme an seinem Bemühen um die Kirche, die Hingabe an die am Evangelium orientierte Sorge um das Volk Gottes unter den konkreten Bedingungen von Geschichte und Umwelt einer Teilkirche sind Elemente, von denen man nicht absehen kann, wenn man die eigentliche Gestalt des Priesters und seines geistlichen Lebens beschreibt. In diesem Sinne erschöpft sich die "Inkardination" nicht in einer reinen Rechtsverbindlichkeit, sondern bringt auch eine Reihe von geistlichen und pastoralen Haltungen und Entscheidungen mit sich, die dazu beitragen, dem Berufungsprofil des Priesters eine eigene Physiognomie zu verleihen.

Der Priester muß sich dessen bewußt sein, daß seine Zugehörigkeit zu einer Teilkirche ihrem Wesen nach ein kennzeichnendes Element ist, um eine christliche Spiritualität zu leben. In diesem Sinne findet der Priester gerade in seiner Zugehörigkeit und Hingabe an die Teilkirche eine Quelle für Sinngehalte, für Unterscheidungs- und Aktionskriterien, die sowohl seiner pastoralen Sendung als auch seinem geistlichen Leben Gestalt geben.

Zum Weg der Vervollkommnung können auch weitere inspirierende Impulse oder Hinweise auf andere Traditionen des spirituellen Lebens beitragen, wenn sie in der Lage sind, das Leben des einzelnen Priesters zu bereichern und das Presbyterium insgesamt durch wertvolle geistliche Gaben zu beleben. Das geschieht im Fall vieler alter und neuer kirchlicher Gemeinschaften, die auch Priester in ihren Kreis aufnehmen: von den Vereinigungen apostolischen Lebens bis zu den Säkularinstituten für Priester, von den verschiedenen Formen kommunitärer Spiritualität bis hin zu den neuen kirchlichen Bewegungen. Priester, die Mitglieder von Orden oder geistlichen Gemeinschaften sind, bedeuten einen geistlichen Reichtum für die gesamte Priesterschaft der Diözese, der sie den Beitrag ganz spezifischer Gnadengaben und qualifizierter Dienste anbieten. Durch ihre Anwesenheit spornen sie die Teilkirche dazu an, ihre Öffnung nach allen Seiten intensiver zu leben (85).

Die Zugehörigkeit des Priesters zur Teilkirche und sein hingebungsvoller Einsatz, bis zur Hingabe des Lebens, für die Auferbauung der Kirche "in der Person" Christ, des Hauptes und Hirten, im Dienst an der ganzen christlichen Gemeinschaft und in herzlicher, kindlicher Beziehung zum Bischof werden von jedem anderen Charisma gestärkt, das von Anfang an zu einem priesterlichen Leben gehört oder sich ihm anschließt (86).

Damit die Fülle der Geistesgaben mit Freude angenommen und zur Ehre Gottes und zum Wohl der ganzen Kirche fruchtbar gemacht wird, ist von seiten aller in erster Linie die Kenntnis und Unterscheidung der eigenen und der Gnadengaben der anderen erfordert. Die Anwendung dieser Charismen muß immer begleitet sein von christlicher Demut, vom Mut zur Selbstkritik, von dem Vorsatz - der Vorrang vor jeder anderen Sorge hat -, mitzuhelfen beim Aufbau der ganzen Gemeinde, in deren Dienst jedes einzelne Charisma gestellt ist. Außerdem wird von allen ein aufrichtiges Bemühen um gegenseitige Wertschätzung und Achtung und um eine aufeinander abgestimmte Bewertung aller im Priestertum vorhandenen positiven und berechtigten Unterschiede gefordert. Auch das alles gehört zum geistlichen Leben und zur ständigen Askese des Priesters.


32 Die Zugehörigkeit zur Teilkirche und die Hingabe an sie engen die Tätigkeit und das Leben des Priesters nicht auf die Teilkirche (87) ein: Sie können sie in der Tat gar nicht einengen sowohl wegen der Natur der Teilkirche, wie der des priesterlichen Dienstes. Das Konzil schreibt dazu: "Die Geistesgabe, die den Priestern in ihrer Weihe verliehen wurde, rüstet sie nicht für irgendeine begrenzte und eingeschränkte Sendung, sondern für die alles umfassende und universale Heilssendung bis an die Grenzen der Erde (Ac 1,8), denn jeder priesterliche Dienst hat teil an der weltweiten Sendung, die Christus den Aposteln aufgetragen hat" (88).

Daraus ergibt sich, daß das geistliche Leben der Priester tief von einem Dynamismus missionarischen Bemühens geprägt sein muß. Es ist ihre Aufgabe, durch die Ausübung des Dienstes und das Zeugnis ihres Lebens die ihnen anvertraute Gemeinde als wahrhaft missionarische Gemeinde zu gestalten. Wie ich in der Enzyklika Redemptoris missio geschrieben habe, "müssen alle Priester ein missionarisches Herz und eine missionarische Mentalität haben. Sie müssen offen sein für die Anliegen der Kirche und der Welt; sie müssen auch die Fernstehenden beachten und vor allem die nichtchristlichen Gruppen in ihrer eigenen Umgebung. Im Gebet und besonders im eucharistischen Opfer mögen sie die Sorge der ganzen Kirche für die ganze Menschheit mittragen" (89).

Wird das Leben der Priester großzügig von diesem missionarischen Geist beseelt, so wird das die Antwort auf jenes zunehmend ernste Problem in der heutigen Kirche, das aus der ungleichen Verteilung des Klerus entsteht, erleichtern. In diesem Sinne hat bereits das Konzil äußerst klare und eindringliche Worte gesprochen: Die Priester mögen also daran denken, daß ihnen die Sorge für alle Kirchen am Herzen liegen muß. Deshalb sollen sich die Priester jener Diözesen, die mit einer größeren Zahl von Berufungen gesegnet sind, gern bereit zeigen, mit Erlaubnis oder auf Wunsch des eigenen Ordinarius ihren Dienst in Gegenden, in Missionsgebieten oder in Seelsorgsaufgaben auszuüben, in denen es an Klerus mangelt" (90).


33 Der Geist des Herrn ruht auf mir; denn der Herr hat mich gesalbt. Er hat mich gesandt, damit ich den Armen eine gute Nachricht bringe . . ." (Lc 4,18). Jesus läßt auch heute in unserem Priesterherzen die Worte wieder erklingen, die er in der Synagoge von Nazaret gesprochen hat. In der Tat enthüllt uns unser Glaube die wirksame Anwesenheit des Geistes Christi in unserem Dasein, in unserem Handeln und in unserem Erleben so, wie das Weihesakrament sie gestaltet, ermöglicht und geformt hat.

Ja, der Geist des Herrn ist der große Hauptakteur unseres geistlichen Lebens. Er schafft in uns das "neue Herz", er beseelt und führt es durch das neue Gesetz" der Liebe, der Hirtenliebe Christi. Entscheidend für die Entfaltung des geistlichen Lebens ist das Bewußtsein, daß dem Priester niemals die Gnade des Heiligen Geistes fehlt - als völlig unverdientes Geschenk und als verantwortungsvolle Aufgabe. Das Wissen um dieses Geschenk begründet und stärkt in den Schwierigkeiten, Versuchungen und Schwächen, die sich auf dem geistlichen Weg einstellen, das unerschütterliche Vertrauen des Priesters.

Ich wiederhole für alle Priester noch einmal, was ich bei einer anderen Gelegenheit an viele von ihnen in der Homilie gesagt habe: "Die priesterliche Berufung ist im wesentlichen eine Berufung zur Heiligkeit in der Form, die aus dem Sakrament der Priesterweihe entspringt. Die Heiligkeit ist Vertrautheit mit Gott, sie ist Nachahmung des armen, keuschen und demütigen Christus sie ist vorbehaltlose Liebe zu den Seelen und Hingabe an ihr wahres Wohl; sie ist Liebe zur Kirche, die heilig ist und uns heiligen will, weil das die Sendung ist, die Christus ihr anvertraut hat. jeder von euch muß heilig sein, um auch den Brüdern zu helfen, ihrer Berufung zur Heiligkeit zu folgen.

Wie sollte man sich nicht Gedanken über die entscheidende Rolle machen, die der Heilige Geist in der dem Priesteramt eigenen Berufung entfaltet? Rufen wir uns die Worte des Ritus der Priesterweihe in Erinnerung, die für die wesentlichen in der sakramentalen Formel gehalten werden: Allmächtiger Gott, wir bitten dich: Gib deinen Knechten die priesterliche Würde. Erneuere in ihnen den Geist der Heiligkeit. Gib, o Gott, daß sie festhalten an dem Amt, das sie aus seiner Hand empfingen; ihr Leben sei für alle Ansporn und Richtschnur.

Durch die Priesterweihe empfangt ihr, meine Lieben, den Geist Christi, der euch ihm ähnlich macht, damit ihr in seinem Namen handeln und in euch seine Empfindungen erleben könnt. Die innige Gemeinschaft mit dem Geist Christi verlangt, während sie die Wirksamkeit der sakramentalen Handlung gewährleistet, die ihr in der Rolle Christi vernehmt, auch in der Glut des Gebetes Ausdruck zu finden, in der Konsequenz der Lebensführung, in der pastoralen Liebe eines Dienstes, der unermüdlich auf das Heil der Brüder ausgerichtet ist. Sie verlangt, mit einem Wort, eure persönliche Heiligung" (91).

KAPITEL IV


KOMMT UND SEHT


Der Priesterberuf in der Pastoral der Kirche



34 "Kommt und seht!" (Jn 1,39). So antwortet Jesus den beiden Jüngern Johannes des Täufers auf ihre Frage, wo er wohne. Aus seinen Worten erfahren wir, was Berufung bedeutet.

Und so erzählt der Evangelist die Berufung von Andreas und Petrus: Am Tag darauf stand Johannes wieder dort, und zwei seiner jünger standen bei ihm. Als Jesus vorüberging, richtete Johannes seinen Blick auf ihn und sagte: Seht, das Lamm Gottes! Die beiden jünger hörten, was er sagte, und folgten Jesus. Jesus aber wandte sich um, und als er sah, daß sie ihm folgten, fragte er sie: Was wollt ihr? Sie sagten zu ihm: Rabbi - das heißt übersetzt: Meister wo wohnst du? Er antwortete. Kommt und seht! Da gingen sie mit und sahen, wo er wohnte, und blieben jenen Tag bei ihm; es war um die zehnte Stunde.

Andreas, der Bruder des Simon Petrus, war einer der beiden, die das Wort des Johannes gehört hatten und Jesus gefolgt waren. Er traf zuerst seinen Bruder Simon und sagte zu ihm: Wir haben den Messias gefunden. Messias heißt übersetzt. der Gesalbte (Christus). Erführte ihn zu Jesus. Jesus blickte ihn an und sagte: Du bist Simon, der Sohn des Johannes, du sollst Kephas heißen. Kephas bedeutet: Fels (Petrus)" (Jn 1,35-42).

Dieser Abschnitt des Evangeliums ist eine der Passagen der Heiligen Schrift, wo das "Geheimnis" der Berufung, in unserem Fall das Geheimnis der Berufung zum Apostel Jesu, beschrieben wird. Dem Abschnitt bei Johannes, der auch für die christliche Berufung als solche wichtig ist, kommt eine symbolhafte Bedeutung für den Priesterberuf zu. Als Gemeinschaft der jünger Jesu ist die Kirche dazu gerufen, diese Szene im Auge zu behalten, die sich in gewisser Weise in der Geschichte ständig wiederholt. Sie ist aufgefordert, den ursprünglichen, persönlichen Sinn der Berufung zur Nachfolge Christi im Priesteramt und die unauflöslichen Bande zwischen der göttlichen Gnade und der menschlichen Verantwortung zu vertiefen, wie sie das Wortpaar, dem wir im Evangelium öfter begegnen, enthält und verdeutlicht: Komm und folge mir nach (vgl. Mt 19,21). Die Kirche ist dringend dazu angehalten, die der Berufung eigene Dynamik, ihre stufenweise konkrete Entwicklung in den einzelnen Phasen - Jesus suchen, ihm folgen und bei ihm bleiben - zu entschlüsseln und zu durchlaufen.

Die Kirche erkennt in diesem "Evangelium der Berufung" das Grundmodell, die Kraft und den Antrieb für ihre Berufungspastoral, das heißt für die ihr aufgetragene Sendung, sich um das Entstehen, das Erkennen und die Begleitung von Berufungen, insbesondere der Berufungen zum Priestertum, zu kümmern. Die Tatsache, daß "der Priestermangel gewiß die Betrübnis jeder Kirche ist" (92), erfordert es, daß die Pastoral für die geistlichen Berufe vor allem heute von allen Mitgliedern der Kirche mit neuem, tatkräftigem und entschlossenerem Engagement aufgenommen wird, in dem Bewußtsein, daß die Sorge für die Priesterberufe weder etwas Sekundäres oder Nebensächliches noch ein isoliertes oder ausschnitthaftes Element, sozusagen bloß ein wenn auch wichtiger "Teil" der Gesamtseelsorge der Kirche ist: Vielmehr ist sie, wie die Synodenväter wiederholt bekräftigt haben, eine zutiefst in die allgemeine Pastoral jeder Ortskirche einbezogene Tätigkeit,(93) eine Sorge, die in die sogenannte "normale Seelsorge" integriert und voll mit ihr identifiziert werden muß, (94) eine Dimension, die wesentlich zur Pastoral der Kirche, das heißt zu ihrem Leben und ihrer Sendung, gehört (95).

Ja, die Dimension der Berufung ist der Pastoral der Kirche wesenseigen. Der Grund dafür liegt darin, daß die Berufung gewissermaßen das tiefgründige Sein der Kirche noch vor ihrem Wirken definiert. Im Namen Kirche, Ecclesia, selbst wird der ihr eigene tiefere Charakter der Berufung angedeutet, denn die Kirche ist wirklich "zusammengerufene Versammlung", Versammlung derer, die gerufen bzw. berufen sind: "Gott hat die Versammlung derer, die zu Christus als dem Urheber des Heils und dem Ursprung der Einheit und des Friedens glaubend aufschauen, als seine Kirche zusammengerufen und gestiftet, damit sie allen und jedem das sichtbare Sakrament dieser heilbringenden Einheit sei" (96).

Eine im eigentlichen Sinne theologische Deutung der Priesterberufung und der sie betreffenden Pastoral kann nur aus der Deutung des Geheimnisses der Kirche als Mysterium vocationis erwachsen.


35 Jede christliche Berufung hat ihre Grundlage in der unverdienten und zuvorkommenden Erwählung durch den Vater, der uns mit allem Segen seines Geistes gesegnet [hat] durch unsere Gemeinschaft mit Christus im Himmel. Denn in ihm hat er uns erwählt vor der Erschaffung der Welt, damit wir heilig und untadelig leben vor Gott; er hat uns aus Liebe im voraus dazu bestimmt, seine Söhne zu werden durch Jesus Christus und nach seinem gnädigen Willen zu ihm zu gelangen" (Ep 1,3-5).

Jede christliche Berufung kommt von Gott, ist Geschenk Gottes. Sie erfolgt jedoch niemals außerhalb oder unabhängig von der Kirche, sondern vollzieht sich immer in der Kirche und durch die Kirche, denn - so ruft uns das II. Vatikanische Konzil in Erinnerung -"Gott hat es gefallen, die Menschen nicht einzeln, unabhängig von aller wechselseitigen Verbindung, zu heiligen und zu retten, sondern sie zu einem Volk zu machen, das ihn in Wahrheit anerkennen und ihm in Heiligkeit dienen soll" (97).

Die Kirche vereint in sich nicht nur alle Berufungen, die Gott ihr auf ihrem Heilsweg schenkt, sondern sie erhält selbst ihre Gestalt als Geheimnis der Berufung, als leuchtender, lebendiger Widerschein des Mysteriums der göttlichen Trinität. Die Kirche, "das von der Einheit der Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes zusammengerufene Volk"(98), trägt in der Tat das Geheimnis des Vaters in sich, der, von niemandem gerufen und gesandt (vgl. Rm 11,33 ff.), alle ruft, seinen Namen zu heiligen und seinen Willen zu erfüllen; sie hütet sich das Geheimnis des Sohnes, der vom Vater gerufen und gesandt wurde, allen das Reich Gottes zu verkündigen, und der alle in seine Nachfolge ruft; und sie wahrt das Geheimnis des Heiligen Geistes, der jene für die Sendung heiligt, die der Vater durch seinen Sohn Jesus Christus beruft.

Die Kirche, die aufgrund ihrer angestammten Verfassung "Berufung" ist, ist Erzeugerin und Erzieherin von Berufungen. Sie ist es in ihrem Grunddasein als "Sakrament", als "Zeichen" und "Werkzeug", in dem die Berufung jedes Christen sichtbar wird und sich erfüllt; und sie ist es in ihrem Wirken, das heißt in der Entfaltung ihres Dienstes der Verkündigung des Wortes, der Feier der Sakramente und im Dienst und Zeugnis für die Liebe.

So läßt sich also die wesentliche kirchliche Dimension der christlichen Berufung begreifen: Nicht allein, daß sie aus" der Kirche und ihrer Vermittlung stammt, nicht allein, daß sie "in" der Kirche zu erkennen ist und sich "in" ihr erfüllt, sondern sie nimmt - in dem grundlegenden Dienst an Gott - auch und notwendigerweise Gestalt an als Dienst "an" der Kirche. Die christliche Berufung ist in jeder ihrer Formen ein Geschenk, bestimmt zum Aufbau der Kirche, zum Wachstum des Gottesreiches in der Welt (99).

Was wir von jeder christlichen Berufung sagen, findet seine Verwirklichung in besonderer Weise in der Berufung zum Priestertum: Sie ist der Anruf, sich durch das in der Kirche empfangene Weihesakrament in den Dienst des Gottesvolkes zu stellen mit einer besonderen Zugehörigkeit und Hinordnung zu Jesus Christus, verbunden mit der Vollmacht, im Namen und in der Person" dessen zu handeln, der das Haupt und der Hirte der Kirche ist.

Aus dieser Sicht ist zu verstehen, was die Synodenväter schreiben: "Die Berufung jedes Priesters verwirklicht sich grundlegend in der Kirche und für die Kirche: Durch sie kommt eine solche Berufung zur vollen Entfaltung. Daraus folgt, daß jeder Priester seine Berufung vom Herrn durch die Kirche als eine Gnadengabe, eine Gratia gratis data (Charisma) empfängt. Dem Bischof oder dem zuständigen Oberen obliegt es nicht nur, die Eignung und Berufung des Kandidaten zu prüfen, sondern sie auch zu erkennen. Ein derartiges kirchliches Element wohnt der Berufung zum Priesteramt als solchem inne. Der Priesteramtskandidat darf die Berufung nicht aufgrund dessen empfangen, daß er seine persönlichen Bedingungen durchsetzt, sondern dadurch, daß er auch die Normen und Bedingungen annimmt, die die Kirche aufgrund ihrer Verantwortung festsetzt" (100).


Pastores dabo vobis DE 27