Pastores dabo vobis DE 69


69 Schließlich darf nicht vergessen werden, daß der Priesteramtskandidat selbst sich als notwendige und unvertretbare Hauptperson der eigenen Ausbildung sehen muß: jede Ausbildung, auch die zum Priester, ist letztlich eine Art Selbst-Bildung. Niemand kann uns ja in unserer eigenen verantwortlichen Freiheit vertreten, die uns als Einzelpersonen zukommt.

Sicherlich muß auch und gerade der künftige Priester in dem Bewußtsein voranschreiten, daß für seine Ausbildung die Hauptperson schlechthin der Heilige Geist ist, der in der Gabe des neuen Herzens den Menschen nach dem Bild Jesu Christi, des Guten Hirten, gestaltet und ihm gleichförmig macht. In diesem Sinn bekräftigt der Kandidat die ihm eigene Freiheit auf die radikalste Weise, wenn er das formende Gestalten des Geistes an seiner eigenen Persönlichkeit bejaht. Dies bedeutet seitens des Priesteramtskandidaten aber auch, daß er die menschlichen Vermittlungsformen, derer sich der Geist bedient, annimmt. Daher erweist sich das Handeln der verschiedenen Erzieher wirklich und in vollem Umfang nur dann als wirksam, wenn der künftige Priester ihm seine persönliche Überzeugung und herzliche Zusammenarbeit entgegenbringt.

KAPITEL VI


ICH RUFE DIR INS GEDÄCHTNIS: ENTFACHE DIE GNADE GOTTES WIEDER,


DIE DIR ZUTEIL GEWORDEN IST


Die Weiterbildung des Priesters



70 "Darum rufe ich dir ins Gedächtnis: Entfache die Gnade Gottes wieder, die dir durch die Auflegung meiner Hände zuteil geworden ist" (2Tm 1,6).

Die Worte des Apostels an den Bischof Timotheus lassen sich mit voller Berechtigung auf jene Weiterbildung anwenden, zu der alle Priester aufgerufen sind, kraft der "göttlichen Gabe", die sie bei der heiligen Weihe empfangen haben. Die Worte führen uns dazu, die ungeteilte Wahrheit und die unverwechselbare Eigenheit der Priesterbildung als Lebensprozeß zu erfassen. Dabei hilft uns auch ein anderer Text des Apostels Paulus, in dem es -wiederum an Timotheus gerichtet - heißt: "Vernachlässige die Gnade nicht, die in dir ist und die dir verliehen wurde, als dir die Ältesten aufgrund prophetischer Worte gemeinsam die Hände auflegten. Dafür sollst du sorgen, darin sollst du leben, damit alle deine Fortschritte offenbar werden. Achte auf dich selbst und auf die Lehre; halte daran fest! Wenn du das tust, rettest du dich und alle, die auf dich hören" (1Tm 4,14-16).

Der Apostel fordert Timotheus auf, die göttliche Gabe "wiederzubeleben" bzw. wiederzuentfachen, so wie man es mit der Glut tut. Das bedeutet, die göttliche Gabe anzunehmen und im Leben zu verwirklichen, ohne dabei jemals jenes "immerwährend Neue" zu verlieren oder zu vergessen, das jedem Geschenk Gottes eigen ist, der alles neu macht (vgl. Offb Ap 21,5), und so diese Gabe in ihrer unüberbietbaren Frische und ursprünglichen Schönheit lebendig zu halten.

Aber ein solches "Wiederbeleben" ist nicht nur der Erfolg eines Bemühens, das der persönlichen Verantwortlichkeit des Timotheus anheimgestellt wäre, es ist nicht nur das Ergebnis einer Anstrengung seiner Erinnerungsfähigkeit und seiner Willenskraft. Es ist die Wirkung einer gnadenhaften Dynamik, die der göttlichen Gabe selbst zutiefst innewohnt: Gott selbst also ist es, der seine eigene Gabe wiederbelebt, oder besser, der all den außerordentlichen Reichtum an Gnade und Verantwortung freisetzt, der in diesem Geschenk eingeschlossen ist.

Mit der sakramentalen Ausgießung des Heiligen Geistes, der heiligt und sendet, wird der Priester Jesus Christus, dem Haupt und Hirten der Kirche, gleichgestaltet und ausgesandt zur Erfüllung des seelsorglichen Amtes. Auf diese Weise ist der Priester auf immer und unauslöschlich in seinem Sein als Amtsträger Christi und der Kirche gezeichnet, er ist eingefügt in eine fortdauernde und unumkehrbare Lebensform, und er ist mit einem seelsorglichen Amt beauftragt, das - im Sein des Priesters verwurzelt - seine ganze Existenz beansprucht und ebenfalls fortdauernd ist. Das Weihesakrament teilt dem Priester die sakramentale Gnade, die Hirtenliebe Christi mit, die ihn nicht nur der Heils-Vollmacht und des Heils-Dienstes Jesu teilhaftig macht, sondern auch seiner pastoralen "Liebe"; gleichzeitig versichert es den Priester all derjenigen Gnadengaben, die ihm jeweils dann gegeben werden, wenn sie für eine würdige und vollkommene Erfüllung des empfangenen Dienstamtes notwendig oder nützlich sind.

Die Weiterbildung findet so ihr eigentliches Fundament und ihre ursprüngliche Begründung im Wirkgeschehen des Weihesakramentes.

Sicher fehlen keineswegs auch einfach menschliche Gründe, die den Priester zur Realisierung einer Weiterbildung veranlassen. Sie ist ein Erfordernis fortschreitender Selbstverwirklichung: jedes Leben ist ein unablässiger Weg auf weitere Reifung hin, und diese vollzieht sich durch beständige Ausbildung. Sie ist überdies ein Erfordernis des priesterlichen Amtes, und sei es nur seinem allgemeinen und allen anderen Berufen in der gleichen Weise eigenen Wesen nach. im Blick auf den Dienst am anderen. Es gibt heutzutage keinen Beruf, kein Engagement, keine Arbeit, die nicht eine beständige Bemühung um ein Leben im Heute erforderte, wenn man aktuell und wirkungsvoll sein möchte. Das Erfordernis, "Schritt zu halten" mit dem Gang der Geschichte, ist ein anderer menschlicher Grund für die Weiterbildung.

Diese und andere Gründe werden allerdings motiviert und näherhin qualifiziert durch die bereits genannten theologischen Gründe, die sich noch weiter vertiefen lassen.

Das Weihesakrament läßt sich - aufgrund seines Wesens als Zeichen", wie es allen Sakramenten eigen ist - als Wort Gottes auffassen, das es auch wirklich ist - als Wort Gottes, der ruft und sendet. Es ist der stärkste Ausdruck für Berufung und Sendung des Priesters. Im Weihesakrament ruft Gott den Kandidaten "coram Ecclesia" "ins" Priestertum. Das "komm und folge mir nach" Jesu gelangt zu seiner vollen und endgültigen Kundgabe in der sakramentalen Feier seiner Kirche: es äußert sich und teilt sich mit durch die Stimme der Kirche, die im Munde des Bischofs hörbar wird, der betet und die Hände auflegt. Und der Priester gibt im Glauben Antwort auf den Ruf Jesu: "Ich komme und folge dir nach." Von diesem Moment an beginnt die Antwort, die sich als Lebensentscheidung mit den Jahren im Priestertum in zahllosen anderen Antworten je neu ausdrücken und behaupten muß, die alle grundgelegt und belebt sind vom ja" der heiligen Weihe.

In diesem Sinne kann man von einer Berufung "im" Priestertum sprechen. In der Tat fährt Gott damit fort, zu rufen und zu senden und so seinen Heilsplan in der geschichtlichen Entfaltung des priesterlichen Lebens wie auch der Wechselfälle von Kirche und Gesellschaft zu offenbaren. Und in eben dieser Perspektive tritt die Bedeutung einer Weiterbildung zutage: sie ist erforderlich, um diesen beständigen Ruf oder Willen Gottes unterscheiden und ihm Folge leisten zu können. So wird der Apostel Petrus auch dann noch gerufen, nachdem der Auferstandene ihm seine Herde anvertraut hat: Jesus sagte zu ihm: Weide meine Schafe! Amen, amen, das sage ich dir: Als du noch jung warst, hast du dich selbst gegürtet und konntest gehen, wohin du wolltest. Wenn du aber alt geworden bist, wirst du deine Hände ausstrecken, und ein anderer wird dich führen, wohin du nicht willst. Das sagte Jesus, um anzudeuten, durch welchen Tod er Gott verherrlichen würde. Nach diesen Worten sagte er zu ihm: Folge mir nach!" (Jn 21,17-19). Es gibt also ein ''folge mir nach", das das Leben und die Sendung des Apostels begleitet. Es ist ein "Folge mir nach", das den Aufruf und den Anspruch zur Treue bis in den Tod (vgl. Joh Jn 21,22) bezeugt, ein ''folge mir nach", das eine Nachfolge Christi bis zur totalen Selbsthingabe im Martyrium bedeuten kann (214).

Die Synodenväter haben dem Grund, der die Notwendigkeit einer Weiterbildung belegt und zugleich sein tiefstes Wesen enthüllt, Ausdruck gegeben, indem sie ihn als "Treue" gegenüber dem priesterlichen Amt und als "beständigen Bekehrungsvorgang" (215) bezeichnet haben. Es ist der mit dem Sakrament ausgegossene Heilige Geist, der den Priester in dieser Treue stützt, der ihn begleitet und ihn auf dem Weg unablässiger Bekehrung anspornt. Die Geistgabe setzt die Freiheit des Priesters nicht außer Kraft, sondern regt sie an, mit ihr in verantwortlicher Weise zusammenzuwirken und in der Weiterbildung eine ihm übertragene Aufgabe zu sehen. Auf diese Weise ist die Weiterbildung Ausdruck und Anspruch der Treue des Priesters seinem Amt und, mehr noch, seinem eigenen Sein gegenüber. Sie bedeutet also gleichermaßen Liebe zu Jesus Christus und Einklang mit sich selbst. Aber sie ist auch ein Liebeshandeln gegenüber dem Volk Gottes, zu dessen Dienst der Priester bestellt ist. Mehr noch, sie ist Handeln echter und wirklicher Gerechtigkeit: er steht gegenüber dem Gottesvolk in der Pflicht, insofern er gerufen ist, ihm jenes grundlegende "Recht" zuzuerkennen und in ihm zu bestärken, nämlich Empfänger des Wortes Gottes, der Sakramente und des Liebesdienstes zu sein, was der ursprüngliche und unaufgebbare Gehalt pastoralen Dienstes des Priesters ist. Die Weiterbildung ist notwendig dafür, damit der Priester diesem Recht des Volkes in der erforderlichen Art und Weise Genüge tun kann.

Seele und Grundgestalt dieser Weiterbildung ist die pastorale Liebe: Der Heilige Geist, der die pastorale Liebe eingießt, führt und begleitet den Priester zu einem immer tieferen Verständnis des Christus-Mysteriums, das in seinem Reichtum unergründlich ist (vgl. Eph 3,14ff.) und hilft ihm - als dessen Widerschein - zu einem Verständnis des Mysteriums der priesterlichen Sendung. Die pastorale Liebe selbst drängt den Priester, die Erwartungen, Bedürfnisse, Probleme und sensiblen Lebensbereiche der Menschen, denen sein Amt gilt, immer mehr zu verstehen: der Menschen, die sich in ihren konkreten Situationen persönlicher, familiärer und sozialer Art angenommen fühlen müssen.

Auf all dieses zielt die Weiterbildung, verstanden als ein bewußtes und freies Eingehen auf die Dynamik der pastoralen Liebe und des Heiligen Geistes, der ihre Quelle ist und aus dem sie beständig gespeist wird. In diesem Sinn ist die Weiterbildung ein Erfordernis, das dem Geschenk des sakramentalen Amtes selbst innewohnt und sich zu jeder Zeit als notwendig offenbart. Heute erweist sie sich aber als besonders dringlich, nicht nur aufgrund der rasanten gesellschaftlichen und kulturellen Veränderung der Menschen und der Völker, unter denen das Priesteramt vollzogen wird, sondern auch wegen der "Neuevangelisierung", die den wesentlichen und unaufschiebbaren Auftrag der Kirche am Ende des zweiten Jahrtausends darstellt.


71 Die Weiterbildung der Welt- wie der Ordenspriester ist die natürliche und absolut notwendige Fortsetzung jenes Bildungsprozesses der priesterlichen Persönlichkeit, der im Seminar oder im Ordenshaus seinen Ausgang genommen und dort auf dem Ausbildungsgang mit Blick auf die Weihe entfaltet worden ist.

Die Wahrnehmung und Anerkennung der bestehenden inneren Zusammengehörigkeit zwischen der Ausbildung, die der Priesterweihe vorausgeht und jener, die darauf folgt, ist von besonderer Bedeutung. Wenn es nämlich Unausgewogenheiten oder gar einen Bruch zwischen diesen beiden Ausbildungsphasen gäbe, würden daraus unmittelbar schwerwiegende Konsequenzen für die seelsorgliche Tätigkeit und die brüderliche Gemeinschaft unter den Priestern - besonders denen unterschiedlichen Alters - folgen. Die Weiterbildung ist nicht nur eine Wiederholung der im Seminar angeeigneten Ausbildung, die bloß neu vorgelegt oder mit neuen Anwendungshinweisen versehen wäre. Sie vollzieht sich mit Inhalten und vor allem unter Zuhilfenahme von Methoden, die verhältnismäßig neu sind, als eine lebendige Wirklichkeit, die - im Grunde ein und dieselbe - in ihrem Voranschreiten (so sehr auch die Wurzeln in der Seminarausbildung ruhen) Anpassungen, Erneuerungen und Veränderungen benötigt, ohne freilich der Gefahr von Brüchen zwischen diesen Phasen oder von falschen Dauerlösungen zu erliegen.

Und umgekehrt ist es notwendig, daß vom Priesterseminar an die spätere Weiterbildung grundgelegt und daß der Sinn der künftigen Priester für dieses Anliegen geöffnet wird, indem ihre Notwendigkeit, ihre Vorteile und ihr Geist dargelegt sowie die Bedingungen für ihre Verwirklichung sichergestellt werden.

Eben weil die Weiterbildung eine Fortsetzung der Seminarausbildung ist, kann ihr Ziel nicht eine sozusagen bloß professionelle Anpassung sein, die man durch die Aneignung einiger neuer pastoraler Techniken erhielte. Sie sollte eher die Art und Weise darstellen, mit der ein allgemeiner und ganzheitlicher beständiger Reifungsvorgang lebendig gehalten wird, nämlich einerseits durch die Vertiefung aller Dimensionen der Ausbildung (menschlich, geistlich, intellektuell und pastoral) und andererseits durch das Herstellen ihres inneren und lebendigen ureigenen Zusammenhangs untereinander. Ausgangs- und Bezugspunkt wird dabei immer die pastorale Liebe sein müssen.


72 Eine erste Vertiefung betrifft die menschliche Dimension der Priesterbildung. Vom täglichen Umgang mit den Menschen hier und vom Mitleben ihres Alltags muß der Priester die menschliche Empfindungsfähigkeit erweitern und vertiefen, die es ihm erlaubt, die Bedürfnisse zu verstehen und die Anliegen aufzunehmen, die unausgesprochenen Fragen wahrzunehmen, die Hoffnungen und Erwartungen, die Freuden und die Mühen gemeinsamen Lebens zu teilen sowie zur Begegnung mit allen und zum Gespräch mit allen fähig zu sein. Insbesondere dadurch, daß der Priester die menschliche Erfahrung des Leidens in seinen unterschiedlichen Erscheinungweisen - vom Elend bis zur Krankheit, vom Ausgestoßensein bis zum Bildungsmangel, zu Einsamkeit, zu materieller und sittlicher Armut - kennt und teilt, d. h. sich innerlich davon betreffen läßt, bereichert er die eigene Menschlichkeit und macht sie glaubwürdiger und transparenter in einer wachsenden und leidenschaftlichen Liebe zum Menschen.

Bei dem Bemühen, seine menschliche Reife zu vervollkommnen, empfängt der Priester eine besondere Hilfe durch die Gnade Jesu Christi: die Liebe des Guten Hirten drückt sich ja nicht nur im Geschenk des Heils für die Menschen aus, sondern auch in der konkreten Lebensgemeinschaft mit ihnen. Es handelt sich dabei um ein Leben, dessen Freude und Leid Jesus als das Wort, das "Fleisch" geworden ist (vgl. Joh
Jn 1,14), erfahren wollte, dessen Mühen er wahrnehmen, dessen Gefühle er teilen, dessen Schmerz er lindern wollte; in einem Leben als Mensch unter Menschen und mit den Menschen eröffnet Jesus Christus die höchste, ureigentlichste und vollkommenste Ausdrucksform des Menschseins: wir sehen ihn, wie er auf der Hochzeit zu Kana feiert, wie er eine befreundete Familie besucht, wie er sich um die hungrige Menge kümmert, die ihm gefolgt ist, wie er kranke oder gar tote Kinder ihren Eltern zurückgibt, wie er über den Verlust des Lazarus weint ...

Vom Priester, der in seiner menschlichen Empfindungsfähigkeit zu immer größerer Vollkommenheit gelangt ist, soll das Gottesvolk etwas sagen können, das dem vergleichbar ist, was der Hebräerbrief über Jesus sagt: "Wir haben ja nicht einen Hohenpriester, der nicht mitfühlen könnte mit unserer Schwäche, sondern einen, der in allem wie wir in Versuchung geführt worden ist, aber nicht gesündigt hat" (He 4,15).

Die fortdauernde Priesterbildung hinsichtlich ihrer geistlichen Dimension ist ein Erfordernis des neuen Lebens nach dem Evangelium, zu dem der Priester in besonderer Weise vom Heiligen Geist gerufen ist, der im Weihesakrament ausgegossen wird. Der Geist, der den Priester weiht und ihn nach dem Bild Jesu Christi, des Hauptes und Hirten, gestaltet, schafft eine Verbindung, die - im Sein des Priesters selbst angelegt - danach verlangt, in persönlicher Weise angeeignet und gelebt zu werden, d. h. bewußt und frei, durch eine immer reichere Lebens- und Liebesgemeinschaft und ein immer intensiveres und radikaleres Teilen der Empfindungen und Haltungen Jesu Christi. In dieser Verbindung zwischen dem Herrn Jesus und dem Priester, einer ontologischen und psychologischen, einer sakramentalen und sittlichen Verbindung, besteht das Fundament und zugleich die Kraft für Jenes "Leben aus dem Geist und jene "Radikalität des Evangeliums", wozu jeder Priester gerufen ist und die von der Weiterbildung in ihrem geistlichen Aspekt begünstigt wird. Dieses Bemühen um Weiterbildung erweist sich auch in bezug auf das Priesteramt als notwendig, nämlich für seine Glaubwürdigkeit und geistliche Fruchtbarkeit. "Bist du Seelsorger?" fragte sich der hl. Karl Borromäus. Und er antwortete darauf in einer Ansprache an die Priester auf folgende Weise: "Vernachlässige darüber nicht die Sorge für dich selbst, und sei andern gegenüber nicht so freigebig, daß für dich selbst nichts übrigbleibt. Du mußt zwar an die Seelen denken, deren Vorsteher du bist, aber nicht so, daß du dich selbst vergißt. Erkennt, Brüder, daß nicht allen Männern der Kirche in gleicher Weise dasselbe notwendig ist. Es gibt das innere Gebet, das allen unseren Handlungen vorausgeht, sie begleitet und ihnen folgt: Ich will dir singen, sagt der Prophet, und erkennen (vgl. Ps Ps 100,1). Spendest du die Sakramente, lieber Bruder, so bedenke, was du tust. Feierst du die Messe, so bedenke, was du darbringst. Singst du im Chor, bedenke, mit wem du sprichst und was du sagst. Leitest du die Seelen, so bedenke, mit wessen Blut sie reingewaschen sind, und, alles, was ihr tut, geschehe in Liebe (1Co 16,14). Alle Schwierigkeiten, die wir notwendig Tag für Tag in großer Zahl erfahren - wir sind ja in sie hineingestellt -, werden wir leicht überwinden können. Auf diese Weise gewinnen wir die Kraft, Christus in uns und in anderen zu gebären'' (216).

Besonders das Gebetsleben bedarf beim Priester beständiger "Erneuerung". Die Erfahrung lehrt ja, daß man beim Beten nicht von einem angelegten Vorrat zehren kann: jeden Tag ist es erforderlich, nicht nur die äußere Treue bei der Einhaltung von Gebetszeiten neu zu gewinnen, besonders derjenigen Zeiten, die der Feier des Stundengebetes gewidmet sind und derer, die der persönlichen Wahl überlassen und nicht von festen Abläufen und terminlichen Vorgaben des liturgischen Dienstes abgesichert sind. Es geht dabei auch und vor allem um die beständige Suche nach einer wirklichen persönlichen Begegnung mit Jesus und um ein vertrauensvolles Gespräch mit dem Vater, um eine tiefe Erfahrung des Geistes.

Wenn der Apostel Paulus von allen Gläubigen sagt, daß sie gehalten sind, "zum vollkommenen Menschen zu werden und Christus in seiner vollendeten Gestalt darzustellen" (Ep 4,13), dann kann dies in besonderer Weise auf die Priester angewandt werden, die zur Vervollkommnung der Liebe und somit zur Heiligkeit gerufen sind, und dies auch, weil gerade ihr seelsorgliches Amt sie als lebendige Vorbilder für alle Gläubigen haben will.

Auch die intellektuelle Dimension der Ausbildung verlangt nach Fortsetzung und Vertiefung im Leben des Priesters, insbesondere durch das Studium sowie ein ernsthaftes und engagiertes Mühen um Vergegenwärtigung des kulturellen Lebens. In der Tellnahme an der prophetischen Sendung Jesu und eingefügt in das Mysterium der Kirche als Lehrmeisterin der Wahrheit, ist der Priester gerufen, den Menschen in Jesus Christus das Antlitz Gottes zu offenbaren und damit das wahre Antlitz des Menschen selbst" (217). Aber das verlangt seitens des Priesters eine Suche nach diesem Antlitz und dessen Betrachtung in Verehrung und Liebe (vgl. Ps Ps 26,7 Ps 41,2): nur so kann er es anderen nahebringen. In besonderem Maße erweist sich auch die Fortsetzung des theologischen Studiums als erforderlich, damit der Priester in Treue den Dienst am Wort erfüllen kann, in der Verkündigung des Wortes ohne Verwirrungen und Zweideutigkeiten, in seiner Abhebung von den bloßen menschlichen Meinungen, selbst wenn diese hochgerühmt und weit verbreitet sein sollten. Auf diese Weise wird er dem Gottesvolk wirklich dienen, indem er ihm hilft, jedem, der danach fragt, ein Zeugnis christlicher Hoffnung zu geben (vgl. 1P 3,15). Außerdem "ist der Priester, wenn er sich bewußt und beständig dem theologischen Studium widmet, zu einer Aneignung des urtümlichen kirchlichen Reichtums auf sichere und persönliche Weise in der Lage. Er kann daher die Sendung erfüllen die von ihm verlangt, den Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der wahren katholischen Lehre zu begegnen und die Neigung zur Zwietracht und zu einer ablehnenden Haltung gegenüber dem Lehramt und der Tradition bei sich und bei anderen zu überwinden" (218).

Der pastorale Aspekt der Weiterbildung kommt in dem folgenden Wort des Apostels Petrus gut zum Ausdruck: "Dient einander als gute Verwalter der vielfältigen Gnade Gottes, jeder mit der Gabe, die er empfangen hat" (1P 4,10). Um jeden Tag gemäß der empfangenen Gnade zu leben, ist es erforderlich, daß der Priester ein immer offenerer Mensch wird für die Annahme der pastoralen Liebe Jesu Christi, die ihm durch seinen Geist im Sakrament geschenkt ist, das er empfangen hat. So wie alles Tun des Herrn Frucht und Zeichen seiner pastoralen Liebe gewesen ist, so ist auch das Wirken des Priesters in seinem Dienstamt. Die pastorale Liebe ist Gabe und - damit verbunden - Aufgabe, ist Gnade und Verantwortung, der es treu zu sein gilt: es gilt daher, sie anzunehmen und aus ihr die lebendige Tatkraft bis hin zu den äußersten Beanspruchungen zu beziehen. Wie schon gesagt, treibt die pastorale Liebe den Priester dazu an, die Lebenssituation der Menschen, zu denen er gesandt ist, immer besser zu verstehen; die geistlichen Umstände zu unterscheiden, in die hinein die Anrufe des Geistes ergehen; die passendsten Methoden und die nützlichsten Formen zu finden, um heute sein Dienstamt ausüben zu können. So durchdringt und stärkt die pastorale Liebe die menschlichen Anstrengungen des Priesters für sein pastorales Wirken, damit es gegenwärtig, glaubwürdig und wirkungsvoll werden kann. Aber all das erfordert eben eine beständige pastorale Weiterbildung.

Der Weg zur Reife verlangt nicht nur, daß der Priester darin fortfährt, die verschiedenen Dimensionen seiner Ausbildung zu vertiefen; sondern er verlangt auch und vor allem, daß er diese Dimensionen immer harmonischer miteinander in Einklang zu bringen weiß und so fortschreitend eine Zusammenführung aller Aspekte im Blick auf ihre innere Einheit anpeilt. Eben diese wird von der pastoralen Liebe gewährleistet, die ja die verschiedenen Aspekte nicht nur aufeinander abstimmt und vereint, sondern sie auch näherhin qualifiziert, indem sie sie als Aspekte innerhalb der Ausbildung des Priesters überhaupt kennzeichnet. So ergeben sich die Kennzeichen des Priesters als Hinweis, als lebendiges Bild, als Dienst Jesu, des Guten Hirten.

Die Weiterbildung hilft dem Priester, der Versuchung zu widerstehen, sein Dienstamt auf einen Aktivismus zu reduzieren, der zum Selbstzweck wird; es auf eine unpersönliche Sakramentenversorgung zu reduzieren oder dieses Amt gar zu einer Beamtenfunktion im Dienst der kirchlichen Organisation degenerieren zu lassen. Allein die dauernde Weiterbildung hilft dem Priester dabei, das "Mysterium", das er in sich trägt, zum Wohl der Kirche und der Menschheit mit wachsamer Liebe zu behüten.


73 Die verschiedenen, einander ergänzenden Dimensionen der Weiterbildung helfen uns, ihren tieferen Sinn zu erfassen: sie zielt darauf, dem Priester dabei zu helfen, Diener im Geist Jesu und - nach Art Jesu - des Guten Hirten zu sein und so zu wirken.

Die Wahrheit muß getan werden! So ermahnt uns der hl. Jakobus: "Hört das Wort nicht nur an, sondern handelt danach; sonst betrügt ihr euch selbst" (
Jc 1,22). Die Priester sind dazu gerufen, die "Wahrheit dessen zu tun, was sie sind" bzw. ihre Identität und ihr Dienstamt in der Kirche und für die Kirche "in der Liebe" zu leben (vgl. Eph Ep 4,15). Sie sind dazu gerufen, sich immer lebendiger die göttliche Gabe bewußt zu machen, ihrer stets eingedenk zu bleiben. Genau dies meint die Aufforderung des Paulus an Timotheus: "Bewahre das dir anvertraute kostbare Gut durch die Kraft des Heiligen Geistes, der in uns wohnt" (2Tm 1,14).

Es wurde im ekklesiologischen Zusammenhang schon mehrfach darauf hingewiesen, daß man die tiefere Bedeutung der priesterlichen Weiterbildung auch in bezug auf ihr Dasein und ihren Vollzug in der Kirche als Mysterium, Communio und Missio betrachten kann.

Innerhalb der Kirche als "Mysterium" ist der Priester vermittels seiner Weiterbildung gerufen, das Bewußtsein der ganzen und staunenswürdigen Wahrheit seines Seins im Glauben zu bewahren und zu entfalten: Er ist Diener Christi und "Diener der Diener Christi" (vgl. 1Co 4,1). Paulus fordert die Christen ausdrücklich auf, ihn gemäß dieser Bestimmung zu betrachten; aber zuallererst lebt er selbst im Bewußtsein der erhabenen Gabe, die er vom Herrn empfangen hat. So sollte es bei jedem Priester sein, wenn er in der Wahrheit über seine Berufung bleiben will. Doch das ist allein im Glauben möglich, allein mit dem Blick, der sich der Sehweise Christi bedient.

In diesem Sinn muß man sagen, daß die Weiterbildung darauf zielt, zu gewährleisten, daß der Priester ein Glaubender sei und es mehr und mehr werde: daß er sich stets in seiner Wahrheit betrachte, und zwar mit den Augen Christi. Er muß diese Wahrheit mit dankbarer und freudiger Liebe schützen. Er muß seinen Glauben erneuern, wenn er das Priesteramt ausübt: sich als Diener Christi empfinden, als Sakrament der Liebe Gottes zum Menschen, sooft er Vermittler und lebendiges Werkzeug der Gnadenmitteilung Gottes an die Menschen ist. Er muß eben diese Wahrheit in den Mitbrüdern wiederfinden: sie ist die Grundlage der Wertschätzung und der Liebe gegenüber den anderen Priestern.


74 Die Weiterbildung hilft dem Priester - innerhalb der Kirche als "Gemeinschaft''-, das Bewußtsein zu vervollkommnen, daß sein Dienstamt letztlich darauf hingeordnet ist, die Familie Gottes zusammenzurufen als eine von Liebe beseelte Gemeinde und sie durch Christus im Heiligen Geist zum Vater zu führen (219).

Der Priester muß wachsen im Bewußtsein der tiefen Gemeinschaft, die ihn an das Gottesvolk bindet: er befindet sich nicht nur der Gemeinde "gegenüber", sondern vor allem "in" ihr. Er ist Bruder unter Brüdern und Schwestern. Kraft der Taufe - bezeichnet mit der Würde und Freiheit der Kinder Gottes im eingeborenen Sohn - ist der Priester Glied dieses einen Leibes Christi (vgl. Eph
Ep 4,16). Das Bewußtsein dieser Gemeinschaft mündet in das Bedürfnis, die Mitverantwortung für die eine gemeinsame Heilssendung anzuregen und zu entfalten mit lebhafter und herzlicher Anerkennung aller Charismen und Aufgaben, die der Geist den Gläubigen für die Auferbauung der Kirche schenkt. Vor allem in der Erfüllung des seelsorglichen Amtes, das seinem Wesen nach auf das Wohl des Gottesvolkes hingeordnet ist, muß der Priester seine tiefe Gemeinschaft mit allen leben und bezeugen, gemäß den Worten Pauls VI.- "Wir müssen uns zu Brüdern der Menschen machen, gerade indem wir ihre Hirten, Väter und Lehrer sein wollen. Die Atmosphäre des Dialogs ist die Freundschaft. Mehr noch, der Dienst" (220).

In einem noch genauer bestimmten Sinn ist der Priester gerufen, das Bewußtsein dafür zu vervollkommnen, Glied der Ortskirche zu sein, der er inkardiniert ist, d. h. in die er durch eine ebenso rechtliche wie geistliche und pastorale Verbindung eingefügt ist. Ein solches Bewußtsein setzt die besondere Liebe zur eigenen Gemeinde voraus und entfaltet sie. Diese ist ja wirklich das lebendige und dauernde Ziel der pastoralen Liebe, die das Leben des Priesters begleiten muß und die ihn anleitet, mit dieser seiner Gemeinde ihre Lebensgeschichte und -erfahrung in ihrem Reichtum und ihren Gebrechen, ihren Schwierigkeiten und Hoffnungen zu teilen sowie in ihr und für sie zu ihrem Wohl zu arbeiten. Das heißt also, sich gleichermaßen von der eigenen Gemeinde bereichert zu fühlen wie zu ihrer Auferbauung aktiv in Anspruch genommen zu sein. Dabei wird - als einzelner und zusammen mit den anderen Priestern - das pastorale Wirken fortgesetzt, durch das sich jene Mitbrüder hervorgetan haben, die ihm vorausgegangen sind. Es ist ein unaufhebbares Erfordernis der pastoralen Liebe gegenüber der eigenen Gemeinde und gegenüber künftigen Formen des Dienstamtes in ihr, daß der Priester sich mit sorgsamem Eifer darum bemüht, Nachfolger im priesterlichen Dienst zu finden.

Der Priester muß auch wachsen im Bewußtsein der Gemeinschaft, die zwischen den verschiedenen Gemeinden besteht, eine Gemeinschaft, die eben darin wurzelt, daß es "Kirchen" sind, die vor Ort die eine und universale Kirche Christi mit Leben erfüllen. Ein solches Bewußtsein der Kirchengemeinschaft untereinander wird den "Austausch der Gaben" fördern, und zwar zunächst einmal der lebendigen und persönlichen Gabe, die die Priester selbst darstellen. Daraus rührt die Verfügbarkeit, mehr noch, das großherzige Engagement für die Verwirklichung einer gleichmäßigen Verteilung des Klerus (221). Bei den einzelnen Gemeinden ist vor allem an jene zu denken, die "keine eigenen Berufungen haben können, da ihnen die Freiheit genommen ist", wie auch jene "Gemeinden, die erst jüngst Verfolgungen entronnen sind, und an die armen, denen schon seit langer Zeit und von vielerlei Seite großherzig und brüderlich geholfen worden ist und nach wie vor geholfen wird" (222).

Innerhalb der Kirchengemeinschaft ist der Priester gerufen, in seiner Weiterbildung besonders in und mit dem eigenen Presbyterium in Gemeinschaft mit dem Bischof zu wachsen.Das Presbyterium ist seiner vollen Wahrheit nach ein Mysterium: es ist)a eine übernatürliche Wirklichkeit, da diese Gemeinschaft im Weihesakrament wurzelt. Dieses ist ihre Quelle und ihr Ursprung; es ist der" Ort" ihres Entstehens und Wachsens. In der Tat "sind die Priester durch das Welhesakrament mit einem persönlichen und unauflöslichen Band mit Christus, dem Hohenpriester, verbunden. Die Weihe wird ihnen als einzelnen gespendet, aber sie sind hineingenommen in die Gemeinschaft des Presbyteriums, verbunden mit dem Bischof" (Lumen gentium LG 28 Presbyterorum ordinis PO 7 und PO 8) (223).

Dieser sakramentale Ursprung verlängert sich in den Raum der priesterlichen Amtsausübung hinein als Schritt vom Mysterium zum Ministerium. "Die Einheit der Priester mit dem Bischof und untereinander ist keine äußerliche Hinzufügung zur Eigenart ihres Dienstes, sondern bringt dessen Wesen zum Ausdruck, insofern sie die Sorge Christi, des Hohenpriesters, für die Belange des Volkes ist, das von der Einheit der Heiligsten Dreifaltigkeit zusammengeführt wird" (224). "Diese priesterliche Einheit, gelebt im Geist pastoraler Liebe, macht die Priester zu Zeugen Jesu, der zum Vater gebetet hat, "daß alle eins seien" (Jn 17,21).

Die Grundzüge des Presbyteriums sind also die einer wahren Familie, einer Brüderlichkeit, deren Bande nicht solche des Fleisches und des Blutes sind, sondern der Weihegnade: einer Gnade, die die menschlichen, psychologischen, emotionalen, freundschaftlichen und geistlichen Beziehungen unter den Priestern aufnimmt und erhebt; einer Gnade, die sich ausbreitet und entfaltet, die sich verdeutlicht und konkretisiert in den unterschiedlichen Formen gegenseitiger Hilfeleistung, nicht nur geistlicher, sondern auch materieller Art. Die Brüderlichkeit unter Priestern schließt niemanden aus, kann und muß aber ihre Präferenzen haben: es sind dies solche, die dem Evangelium gemäß sind und vor allem jenen gelten, die am meisten der Hilfe und der Ermutigung bedürfen. Solch eine Brüderlichkeit "läßt den jungen Priestern besondere Sorge zuteil werden, bleibt in herzlichem und brüderlichem Gespräch mit denen mittleren und vorgerückten Alters und mit denen, die sich aus verschiedenen Gründen in Schwierigkeiten befinden; diese Brüderlichkeit läßt auch die Priester, die diese Lebensform verlassen haben oder ihr nicht entsprechen, nicht nur nicht im Stich, sondern folgt ihnen mit noch größerer brüderlicher Sorge" (225).

Zu dem einen Presbyterium gehören - auf einen anderen Titel hin - auch die Ordenspriester, die in einer Ortskirche leben und arbeiten. Ihre Anwesenheit stellt eine Bereicherung für alle Priester und für die verschiedenen von ihnen gelebten Charismen dar. Diese Ordenspriester sind dabei ein lebendiger Anruf, daß die Priester im Verständnis für das eigene Priestertum wachsen sollen, sie leisten ihren Beitrag, die Weiterbildung der Priester anzuregen und zu begleiten. Die Gabe des Ordenslebens ist im Gefüge einer Diözese -sofern sie begleitet wird von aufrichtiger Wertschätzung und der rechten Respektierung der Eigenheiten eines jeden Instituts und einer jeden geistlichen Tradition - eine Horizonterweiterung für das christliche Zeugnis und trägt auf mannigfache Weise zur Bereicherung der priesterlichen Spiritualität bei, vor allem hinsichtlich einer rechten Beziehung und gegenseitigen Einflußnahme zwischen den Werten der Ortskirche und der Kirche des ganzen Gottesvolkes. Die Ordensleute ihrerseits werden darauf achten, daß sie einen Geist echter Kirchengemeinschaft bewahren und eine herzliche Teilnahme am Leben der Diözese und an den pastoralen Entscheiden des Bischofs bekunden, indem sie das ihnen eigene Charisma bereitwillig für die Auferbauung aller in Liebe zur Verfügung stellen (226).

Schließlich läßt sich im Rahmen der Kirchengemeinschaft und des Presbyteriums dem Problem derEinsamkeit des Priesters besser begegnen, mit dem sich die Synodenväter beschäftigt haben. Es gibt eine Einsamkeit, die zur Erfahrung eines jeden gehört und etwas ganz Normales ist. Es gibt aber auch eine Einsamkeit, die aus bestimmten Schwierigkeiten entsteht und ihrerseits neue Probleme aufwirft. In diesem Sinne "sind die aktive Zugehörigkeit zum Presbyterium einer Diözese, die regelmäßigen Kontakte mit dem Bischof und mit den anderen Priestern, die gegenseitige Zusammenarbeit, das gemeinschaftliche und brüderliche Leben unter Priestern wie auch die Freundschaft und der herzliche Umgang mit den Gläubigen, die in den Pfarrgemeinden mitarbeiten, überaus nützliche Hilfsmittel zur Überwindung der Folgen von Einsamkeit, die der Priester hin und wieder erleben kann" (227).

Die Einsamkeit schafft aber nicht nur Probleme, sondern bietet auch positive Möglichkeiten für das Leben des Priesters: "Wenn sie im Geist der Hingabe angenommen und in der innigen Beziehung mit dem Herrn Jesu Christus gesucht wird, kann die Einsamkeit eine Gelegenheit für das Gebet und das Studium sein sowie eine Hilfe für die Heiligung und das menschliche Wachstum (228).

Zweifelsohne ist eine bestimmte Form von Einsamkeit ein notwendiges Element der ständigen Weiterbildung. Jesus wußte sich oft allein zurückzuziehen, um zu beten (vgl. Mt Mt 14,23). Die Fähigkeit, eine recht verstandene Einsamkeit zu pflegen, ist eine unverzichtbare Bedingung für die Sorge um das geistliche Leben. Es handelt sich um ein von der Anwesenheit des Herrn erfülltes Alleinsein, das uns - im Licht des Geistes - mit dem Vater in Verbindung setzt. In diesem Sinn sind die Sorge um das Schweigen und die Suche nach Zeiten und Orten der "Wüste" notwendig für eine umfassende persönliche Weiterbildung, sei es auf intellektuellem, sei es auf geistlichem und pastoralem Gebiet. In diesem Sinne kann man sagen, daß zu wirklicher brüderlicher Gemeinschaft unfähig ist, wer die eigene Einsamkeit nicht recht zu leben versteht.


Pastores dabo vobis DE 69