Pastores gregis DE 20

Der Geist und die Praxis der Armut des Bischofs


20 Im Zeichen kollegialen Einklangs haben die Synodenväter den Appell aufgegriffen, den ich im Eröffnungsgottesdienst an die Synode gerichtet habe, nämlich die Seligpreisung der Armut im Evangelium als eine der unabdingbaren Voraussetzungen für eine fruchtbare Erfüllung des bischöflichen Dienstes in der heutigen Situation anzuerkennen. Auch bei dieser Gelegenheit wurde in der Versammlung der Bischöfe die Gestalt des Herrn Christus klar hervorgehoben, »der das Werk der Erlösung in Armut und Verfolgung vollbrachte« und der auch die Kirche, an erster Stelle mit ihren Bischöfen, einlädt, »den gleichen Weg einzuschlagen, um die Früchte des Heils den Menschen mitzuteilen« .87

Daher muß der Bischof, der authentischer Zeuge und Diener des Evangeliums der Hoffnung sein will, ein vir pauper sein. Das verlangt sein Zeugnis für den armen Christus, zu dem er verpflichtet ist; das verlangt auch die Sorge der Kirche für die Armen, denen Vorzug gebührt. Die Entscheidung des Bischofs, sein Dienstamt in Armut zu leben, trägt entscheidend dazu bei, aus der Kirche das »Zuhause der Armen« zu machen.

Diese Entscheidung versetzt den Bischof außerdem in eine Lage innerer Freiheit bei der Ausübung seines Amtes, die ihm erlaubt, die Früchte des Heils wirksam zu vermitteln. Die bischöfliche Autorität muß mit einer unermüdlichen Hochherzigkeit und mit einer unerschöpflichen Freigebigkeit geübt werden. Das verlangt von seiten des Bischofs ein volles Vertrauen in die Vorsehung des himmlischen Vaters, eine großzügige Gütergemeinschaft, einen enthaltsamen Lebensstil und eine dauernde persönliche Umkehr. Nur auf diesem Weg wird er fähig sein, an den Ängsten und Schmerzen des Gottesvolkes teilzunehmen, das er nicht nur leiten und nähren soll, sondern mit dem er solidarisch sein muß, indem er mit ihm die Probleme teilt und zur Stärkung der Hoffnung beiträgt.

Er wird diesen Dienst mit Effizienz erfüllen, wenn er ein einfaches, nüchternes und zugleich aktives und weitherziges Leben führt und diejenigen, die in unserer Gesellschaft an letzter Stelle stehen, nicht ausgrenzt, sondern in die Mitte der christlichen Gemeinde stellt.88 Gleichsam ohne es sich bewußt zu werden, wird er die »Phantasie der Liebe« fördern, die eher die Fähigkeit, brüderliches Teilen zu leben, hervorheben wird als die Effizienz der geleisteten Hilfe. Denn, wie die Apostelgeschichte ausführlich bezeugt, entfachte in der Kirche zur Zeit der Apostel die Armut der einen die Solidarität der anderen, mit dem überraschenden Ergebnis, daß »es keinen unter ihnen gab, der Not litt« (4, 34). Die Kirche ist der Welt, die von Problemen des Hungers und der Ungleichheiten unter den Völkern belagert wird, diese Prophetie schuldig. In dieser Perspektive des Teilens und der Einfachheit verwaltet der Bischof die Güter der Kirche wie ein »bonus pater familias« und wacht darüber, daß sie gemäß der eigentlichen Ziele der Kirche eingesetzt werden: Gottesdienst, Unterhalt der Amtsträger, Apostolatswerke, karitative Initiativen für Arme.

Procurator pauperum ist seit jeher ein Titel der Hirten der Kirche gewesen und soll das konkret auch heute sein, um die Botschaft des Evangeliums von Jesus Christus gegenwärtig und beredt zu machen als Grundlage der Hoffnung aller, besonders aber derjenigen, die allein von Gott ein würdigeres Leben und eine bessere Zukunft erwarten können. Angeregt und ermahnt durch das Beispiel der Hirten sollen die ganze Kirche und die Teilkirchen jene »vorrangige Option für die Armen« wahrmachen, die ich als Programm für das dritte Jahrtausend empfohlen habe.89

In Keuschheit einer Kirche dienen, die Christi Reinheit widerspiegelt


21 »Trag diesen Ring als Zeichen deiner Treue. Denn in unverbrüchlicher Treue sollst du die Braut Christi, die heilige Kirche, vor jedem Schaden bewahren« .90 Mit diesen Worten, die bei der Bischofsweihe gesprochen werden, wird der Bischof aufgefordert, sich der Verpflichtung, die er übernimmt, bewußt zu werden, nämlich an sich die jungfräuliche Liebe Christi für alle seine Gläubigen widerzuspiegeln. Er ist vor allem aufgerufen, zwischen den Gläubigen gegenseitige Beziehungen zu wecken, die von jener Achtung und Wertschätzung inspiriert sind, wie sie sich für eine Familie geziemen, wo die Liebe entsprechend der Mahnung des Apostels Petrus gedeiht: »Darum hört nicht auf, einander von Herzen zu lieben. Ihr seid neu geboren worden, nicht aus vergänglichem, sondern aus unvergänglichem Samen: aus Gottes Wort, das lebt und das bleibt« (1P 1,22-23).

Während er mit seinem Beispiel und seinem Wort die Christen auffordert, sich selbst als lebendiges und heiliges Opfer darzubringen, das Gott gefällt (vgl. Röm Rm 12,1), erinnert er alle daran, daß »die Gestalt dieser Welt vergeht« (1Co 7,31), und daß es daher notwendig ist, in »Erwartung der seligen Hoffnung« auf das Erscheinen der Herrlichkeit Christi (vgl. Tit Tt 2,13) zu leben. In seiner pastoralen Sorge ist er besonders denen mit väterlicher Zuneigung nahe, die das Ordensleben im Bekenntnis der evangelischen Räte ergriffen haben und der Kirche ihren wertvollen Dienst darbieten. Er unterstützt und ermutigt sodann die Priester, die von göttlicher Gnade berufen aus freien Stücken die Verpflichtung zum Zölibat um des Himmelreiches willen auf sich genommen haben, indem er ihnen und sich selbst die evangeliumsgemäßen und geistlichen Beweggründe dieser in höchstem Grade für den Dienst am Volk Gottes bedeutsamen Entscheidung ins Gedächtnis ruft. Für die Kirche und die Welt von heute stellt das Zeugnis der keuschen Liebe auf der einen Seite eine Art spirituelle Therapie für die Menschheit dar, auf der anderen Seite einen Protest gegen die Vergötzung des Sexualtriebes.

Im gegenwärtigen sozialen Umfeld muß der Bischof seiner Herde und vor allem seinen Priestern in väterlicher Aufmerksamkeit auf ihre aszetischen und spirituellen Schwierigkeiten besonders nahe sein. Er hat ihnen den geeigneten Halt zu geben, um die Treue zur Berufung und zu den Erfordernissen einer beispielhaften Heiligkeit des Lebens in der Ausübung des Dienstamtes in ihnen zu fördern. In Fällen schwerwiegender Mängel aber und mehr noch in Fällen von Vergehen, die dem Zeugnis selbst des Evangeliums schaden zufügen, besonders wenn dies von Amtsträgern der Kirche geschieht, muß der Bischof stark und entschlossen, gerecht und sachlich sein. Er ist gehalten gemäß den vorgeschriebenen kanonischen Normen sofort einzuschreiten: sowohl zur Zurechtweisung und zum geistlichen Wohl des Amtsträgers als auch zur Behebung des Ärgernisses und zur Wiederherstellung der Gerechtigkeit wie auch hinsichtlich des Schutzes und der Hilfe für die Opfer.

Mit seinem Wort, mit wachem und väterlichen Handeln erfüllt der Bischof die Verpflichtung, der Welt die Wahrheit einer heiligen und reinen Kirche in ihren Dienern und ihren Gläubigen darzubieten. Wenn der Bischof so handelt, geht er seiner Herde voran, wie es Christus, der Bräutigam, getan hat, der sein Leben für uns hingegeben und allen das Beispiel einer reinen und jungfräulichen und daher auch fruchtbaren und universalen Liebe hinterlassen hat.

Wegbereiter einer Spiritualität der Gemeinschaft und der Sendung


22 Im Apostolischen Schreiben Novo millennio ineunte habe ich die Notwendigkeit herausgestellt, »die Kirche zum Haus und zur Schule der Gemeinschaft zu machen« .91 Der Anstoß hat ein breites Echo gefunden und wurde in der Synodenversammlung wieder aufgegriffen. Selbstverständlich hat der Bischof auf seinem geistlichen Weg als erster die Aufgabe, sich zum Förderer und Animator einer Spiritualität der Gemeinschaft zu machen. Dies tut er, indem er sich unermüdlich darum bemüht, sie überall dort, wo menschliche und christliche Formung stattfindet, zu einem grundsätzlichen Erziehungsprinzip zu machen: in der Pfarrgemeinde, in den katholischen Vereinen, in den kirchlichen Bewegungen, in den katholischen Schulen, in der Jugendarbeit. In besonderer Weise wird sich der Bischof darum kümmern müssen, daß die Spiritualität der Gemeinschaft dort Fuß faßt, wo die künftigen Priester ausgebildet werden, also in den Priesterseminaren wie auch in den Noviziaten der Orden, in den Ordenshäusern, an den theologischen Instituten und Fakultäten.

Die wesentlichen Punkte dieser Förderung der Spiritualität der Gemeinschaft habe ich im genannten Apostolischen Schreiben zusammenfassend angeführt. Hier soll es genügen hinzuzufügen, daß ein Bischof besonders innerhalb seiner Priesterschaft sowie auch unter den Diakonen, den Ordensmännern und Ordensfrauen dazu ermutigen soll. Er wird das im persönlichen Gespräch und in der Begegnung, aber auch bei den gemeinschaftlichen Treffen tun. Er wird nicht versäumen, für solche Treffen in seiner Teilkirche besondere Gelegenheiten zu ermöglichen, bei denen die Bereitschaft wächst, auf den Geist zu hören, »der zu den Gemeinden spricht« (
Ap 2,7 Ap 2,11 al. ). Solche Gelegenheiten sind Einkehrtage, geistliche Exerzitien sowie Spiritualitätstage, wie auch der kluge Gebrauch der neuen Kommunikationsmittel, wenn sich dies im Sinne einer größeren Wirksamkeit als günstig erweist.

Eine Spiritualität der Gemeinschaft zu pflegen, heißt für einen Bischof auch, die Gemeinschaft mit dem Papst und mit den anderen Brüdern im Bischofsamt, besonders innerhalb derselben Bischofskonferenz und Kirchenprovinz zu fördern. Auch in diesem Fall wird ein Bischof – nicht zuletzt, um die Gefahr der Einsamkeit und der Entmutigung angesichts des Übermaßes und der Ünverhältnismäßigheit der Probleme zu überwinden – über das Gebet hinaus gern auf die Freundschaft und auf die brüderliche Gemeinschaft mit seinen Brüdern im Bischofsamt zurückgreifen.

Die Gemeinschaft, deren Quelle und Vorbild die Dreifaltigkeit ist, kommt immer in der Sendung zum Ausdruck. Die Sendung ist die Frucht und die logische Folge der Gemeinschaft. Man fördert die Dynamik der Gemeinschaft, wenn man sich den Horizonten und Dringlichkeiten der Sendung öffnet und dabei immer das Zeugnis der Einheit gewährleistet, damit die Welt glaubt, und die Räume der Liebe erweitert, damit alle zur trinitarischen Gemeinschaft gelangen, von der sie herkommen und für die sie bestimmt sind. Je intensiver die Gemeinschaft ist, um so mehr wird die Sendung gefördert. Dies gilt besonders, wenn sie in der Armut der Liebe gelebt wird, die in der Fähigkeit besteht, auf jede Person, Gruppe oder Kultur allein mit der Kraft des Kreuzes zuzugehen, spes unica und erhabenstes Zeugnis der Liebe Gottes, die sich auch als Liebe universaler Brüderlichkeit erweist.

Weiterführung im Alltag


23 Der geistliche Realismus veranlaßt uns zuzugeben, daß der Bischof gefordert ist, seine Berufung zur Heiligkeit unter äußeren und inneren Schwierigkeiten, eigenen Schwächen und denen anderer, unter täglich neuen unvorhergesehenen Umständen und in einem Kontext persönlicher und institutioneller Probleme zu leben. Ein Zeuge dieser Dauersituation im Leben der Bischöfe ist der heilige Gregor der Große, wenn er leidvoll feststellt: »Seitdem ich aber die Schultern unter die Last des Hirtenamtes beugen muß, kann sich mein Geist nicht mehr völlig gesammelt auf sich selbst besinnen, weil er sich teilen und auf vieles richten muß. Bald muß ich mich um die Angelegenheiten der Kirche, bald die der Klöster kümmern, oft über das Leben und das Tun einzelner Menschen nachdenken... Ist aber der Geist gespalten und zerrissen und gezwungen, so viele und wichtige Dinge zu bedenken, wann soll er sich dann auf sich selbst zurückziehen, um sich für die Predigt zu sammeln, wenn er sich dem Dienst der Wortverkündigung nicht entziehen will... Die Lebensführung des Wächters muß daher sowohl erhaben als auch umsichtig sein« .92

Um die Zentrifugalkräfte, die seine innere Einheit zu zerbrechen suchen, auszugleichen, muß der Bischof einen gelassenen Lebensstil pflegen, der das mentale, psychologische und affektive Gleichgewicht begünstigt und ihn dazu befähigt, sich zu öffnen, um die Menschen und ihre Fragen in eines Haltung echter Anteilnahme an ihren verschiedenen frohen und traurigen Situationen anzunehmen. Auch die Pflege der eigenen Gesundheit in ihren verschiedenen Dimensionen stellt für einen Bischof einen Akt der Liebe gegenüber den Gläubigen dar und bietet Gewähr für größere Offenheit und Verfügbarkeit für die Eingebungen des Geistes. Bekannt sind die diesbezüglichen Empfehlungen des heiligen Karl Borromäus, einer leuchtenden Bischofsgestalt, in der Ansprache, die er auf seiner letzten Synode hielt: »Bist du in der Seelsorge tätig? Vernachlässige darüber nicht die Sorge für dich selbst und sei anderen gegenüber nicht so freigebig, daß für dich selbst nichts übrigbleibt. Du mußt zwar an die Seelen denken, deren Hirt du bist, aber nicht so, daß du dich selbst vergißt« .93

Der Bischof wird daher darauf achten, mit Ausgewogenheit an die Fülle seiner Verpflichtungen heranzugehen und sie untereinander in Einklang zu bringen: die Feier der heiligen Geheimnisse und das persönliche Gebet, das persönliche Studium und die pastorale Planung, die Sammlung und die nötige Ruhe. Durch diese Hilfen für sein geistliches Leben gestärkt, wird er durch die Erfahrung der Tiefe der Gemeinschaft mit der Dreifaltigkeit, die ihn erwählt und geweiht hat, den Frieden des Herzens finden. In der Gnade, die Gott ihm zusichert, wird er jeden Tag seinen Dienst in gewissenhafter Beachtung der Bedürfnisse der Kirche und der Welt als Zeuge der Hoffnung erfüllen können.

Die Fortbildung des Bischofs


24 In engem Zusammenhang mit der Verpflichtung des Bischofs, unermüdlich auf dem Weg der Heiligkeit voranzuschreiten und eine christozentrische und kirchliche Spiritualität zu leben, hat die Synodenversammlung auch die Forderung nach einer ständigen Weiterbildung erhoben. Diese stete Weiterbildung, die für alle Gläubigen notwendig ist – wie bei den vorangegangenen Synoden unterstrichen und in den nachfolgenden Apostolischen Schreiben Christifideles Laici, Pastores dabo vobis und Vita consecrata nochmals bekräftigt wurde –, muß besonders für den Bischof als unverzichtbar angesehen werden, da er die Verantwortung für den gemeinsamen Fortschritt und den einträchtigen Weg in der Kirche trägt.

Wie für die Priester und die Personen des geweihten Lebens ist auch für einen Bischof die ständige Weiterbildung ein seiner Berufung und Sendung innewohnendes Erfordernis. Denn dank ihrer ist es möglich, die neuen Impulse zu erkennen, mit denen Gott die anfängliche Berufung präzisiert und aktualisiert. Auch der Apostel Petrus vernimmt nach dem »Folge mir nach!« der ersten Begegnung mit Christus (vgl. Mt
Mt 4,19) dieselbe Aufforderung vom Auferstandenen nochmals, der, bevor er die Erde verläßt, ihm die Mühen und Leiden des künftigen Amtes voraussagt und hinzufügt: »Folge mir nach!« (Jn 21,22). »Es gibt also ein ,,folge mir nach'', das das Leben und die Sendung des Apostels begleitet. Es ist ein ,,folge mir nach'', das den Aufruf zur Treue und den Anspruch auf sie bis in den Tod bezeugt, ein ,,folge mir nach'', das einesequela Christi bis zur totalen Selbsthingabe im Martyrium bedeuten kann« .94 Es geht offensichtlich nicht nur darum, eine angemessene Aktualisierung zu vollziehen, wie sie von einer realistischen Kenntnis der Situation der Kirche und der Welt gefordert wird, um auf diese Weise dem Bischof zu ermöglichen, sich mit offenem Verstand und mitleidsvollem Herzen in die Gegenwart einzufügen. Zu diesem guten Motiv für eine aktualisierte ständige Weiterbildung kommen anthropologische Beweggründe hinzu, die sich daraus ableiten, daß das Leben selbst ein unablässiger Weg zur Reife ist, sowie theologische Motivationsgründe, die tief mit der sakramentalen Wurzel zusammenhängen: Der Bischof muß nämlich »das ,,Mysterium'', das er in sich trägt, zum Wohl der Kirche und der Menschheit mit wachsamer Liebe behüten« .95

Um sich regelmäßig auf dem laufenden zu halten, besonders über Themen von großer Bedeutung, bedarf es längerer Zeiten des Zuhörens, der Gemeinschaft und des Dialogs mit erfahrenen Personen – Bischöfen, Priestern, Ordensmännern und Ordensfrauen, Laien – in einem Austausch von pastoralen Erfahrungen, theoretischen Kenntnissen und spirituellen Quellen, die eine echte persönliche Bereicherung sicherstellen. Zu diesem Zweck haben die Synodenväter die Nützlichkeit spezieller Fortbildungskurse für die Bischöfe unterstrichen, wie die jährlichen Zusammenkünfte, die von der Kongregation für die Bischöfe oder jener für die Evangelisierung der Völker für die neu ernannten Bischöfe veranstaltet werden. Desgleichen wurde der Wunsch ausgesprochen, daß von den Patriarchalsynoden, von den nationalen und regionalen Bischofskonferenzen als auch von den kontinentalen Bischofsversammlungen Studientage, Fortbildungskurse und auch Exerzitien für die Bischöfe ausgerichtet werden mögen.

Es wird angebracht sein, daß der Vorsitz der Bischofskonferenz die Aufgabe annimmt, für die Vorbereitung und Durchführung solcher Fortbildungsprogramme zu sorgen. Sie soll die Bischöfe zur Teilnahme an diesen Kursen ermutigen, damit auch auf diese Weise eine größere Gemeinschaft unter den Bischöfen im Hinblick auf eine bessere pastorale Wirksamkeit in den einzelnen Diözesen erreicht wird.96

Eines wird auf jeden Fall deutlich: Wie das Leben der Kirche, so sind auch die Art des Handelns, die pastoralen Initiativen und die Formen des Dienstes des Bischofs in Entwicklung begriffen. Auch unter diesem Gesichtspunkt erweist sich eine Anpassung gemäß den Bestimmungen des Codex des kanonischen Rechtes und mit Bezug auf die neuen Herausforderungen als auch an die neuen Formen des Engagements der Kirche in der Gesellschaft als notwendig. In diesem Zusammenhang hat die Synodenversammlung vorgeschlagen, das von der Kongregation für die Bischöfe bereits am 22. Februar 1973 veröffentlichte Direktorium Ecclesiae imago zu überarbeiten und es an die gewandelten Anforderungen der Zeit anzupassen, sowie an die Veränderungen, die in der Kirche und im seelsorglichen Alltag stattgefunden haben.97

Das Beispiel heiliger Bischöfe


25 In ihrem Leben und in ihrem Amt, auf dem geistlichen Weg und bei dem Bemühen, ihre apostolische Arbeit anzupassen, erfahren die Bischöfe stets Trost durch das Vorbild heiliger Bischöfe. Ich selbst habe in der Predigt bei der Eucharistiefeier zum Abschluß der Synode das Vorbild während des letzten Jahrhunderts heiliggesprochener Bischöfe als Zeugnis einer Gnade des Geistes angeführt, an der es der Kirche niemals gefehlt hat und niemals fehlen wird.98

Die Geschichte der Kirche, angefangen bei den Aposteln, kennt eine wirklich große Zahl von Bischöfen, deren Lehre und Heiligkeit in der Lage sind, dem geistlichen Weg auch der Bischöfe des dritten Jahrtausends Erleuchtung und Orientierung zu geben. Die glorreichen Zeugnisse der großen Bischöfe der ersten Jahrhunderte der Kirche, der Stifter der Teilkirchen, der Bekenner des Glaubens und der Märtyrer, die in Zeiten der Verfolgung ihr Leben für Christus hingegeben haben, bleiben gleichsam leuchtende Bezugspunkte, auf welche die Bischöfe unserer Zeit blicken können, um daraus Hinweise und Anregungen für ihren Dienst am Evangelium zu beziehen.

Viele sind besonders vorbildlich in der Übung der Tugend der Hoffnung gewesen, wenn sie in schweren Zeiten ihr Volk wieder aufgerichtet, nach Zeiten der Verfolgung und Katastrophen die Kirchen neu aufgebaut, Hospize zur Aufnahme von Pilgern und Armen errichtet, Spitäler zur Pflege von Kranken und Alten eröffnet haben. Viele andere Bischöfe waren erleuchtete Führer, die neue Wege für ihr Volk eröffnet haben. Während sie in schweren Zeiten den Blick auf den gekreuzigten und auferstandenen Christus, unsere Hoffnung, gerichtet hielten, gaben sie positive und kreative Antworten auf die Herausforderungen des Augenblicks. Am Beginn des dritten Jahrtausends gibt es immer noch solche Hirten, die eine Geschichte zu erzählen haben, die von einem fest im Kreuz verankerten Glauben geschrieben wurde. Es sind Hirten, die wissen, die menschlichen Sehnsüchte und Bestrebungen zu erfassen, anzunehmen, im Licht des Evangeliums zu läutern und zu deuten, und die daher zusammen mit dem ihnen anvertrauten Volk auch eine Geschichte aufzubauen haben.

Jede Teilkirche wird sich also darum kümmern, ihre heiligen Bischöfe zu feiern, und wird auch an die Bischöfe erinnern, die wegen ihres heiligen Lebens und ihrer erleuchteten Lehren im Volk ein besonderes Erbe an Bewunderung und Liebe hinterlassen haben. Sie sind die geistlichen Wächter, die vom Himmel herab den Weg der pilgernden Kirche in der Welt leiten. Auch damit die Erinnerung an die Treue der in der Ausübung ihres Dienstes herausragenden Bischöfe immer bewahrt bleibe, hat die Synodenversammlung empfohlen, daß sich die Teilkirchen, oder von Fall zu Fall die Bischofskonferenzen, dafür einsetzen, durch aktualisierte Biographien die Gläubigen mit diesen Gestalten bekanntzumachen, und wenn angebracht, die Angemessenheit der Einleitung eines Heiligsprechungsverfahrens zu prüfen.99

Das Zeugnis eines voll verwirklichten geistlichen und apostolischen Lebens bleibt auch heute der großartige Beweis für die Kraft des Evangeliums bei der Verwandlung der Menschen und der Gemeinden, indem es die Heiligkeit Gottes in die Welt und in die Geschichte eindringen läßt. Auch das ist ein Grund zur Hoffnung, besonders für die jungen Generationen, die von der Kirche anregende Vorschläge erwarten, an denen sie sich in ihrem Einsatz für die Erneuerung der Gesellschaft unserer Zeit in Christus inspirieren lassen können.

DRITTES KAPITEL


LEHRER DES GLAUBENS UND


HEROLD DES WORTES GOTTES


»Geht hinaus in die ganze Welt, und verkündet das Evangelium« (Mc 16,15)


26 Seinen Aposteln erteilt der auferstandene Jesus den Auftrag, alle Völker »zu Jüngern zu machen« und sie zu lehren, alles zu befolgen, was er selbst ihnen geboten hat. Der Kirche, der Gemeinschaft der Jünger des gekreuzigten und auferstandenen Herrn, wird also feierlich die Aufgabe übertragen, allen Geschöpfen das Evangelium zu verkünden. Es ist eine Aufgabe, die bis ans Ende der Zeiten andauern wird. Von jenem ersten Anfang her ist es nicht mehr möglich, an eine Kirche ohne diesen Evangelisierungsauftrag zu denken. Das Bewußtsein dafür hat der Apostel Paulus mit den bekannten Worten bekundet: »Wenn ich nämlich das Evangelium verkünde, kann ich mich deswegen nicht rühmen; denn ein Zwang liegt auf mir. Weh mir, wenn ich das Evangelium nicht verkünde!« (1Co 9,16).

Wenn die Pflicht zur Verkündigung des Evangeliums der ganzen Kirche und jedem ihrer Glieder zu eigen ist, so gilt das ganz besonders für die Bischöfe. Diese übernehmen am Tag der heiligen Weihe, die sie in die Apostolische Sukzession hineinstellt, als ihre hauptsächliche Aufgabe jene, das Evangelium zu verkündigen, und es so zu verkündigen, daß sie »in der Kraft des Geistes die Menschen zum Glauben rufen oder im lebendigen Glauben stärken« .100

Die Evangelisierungstätigkeit des Bischofs, deren Ziel es ist, die Menschen zum Glauben zu führen oder sie im Glauben zu stärken, bildet einen herausragenden Ausdruck seiner Vaterschaft. Er kann daher mit Paulus wiederholen: »Hättet ihr nämlich auch ungezählte Erzieher in Christus, so doch nicht viele Väter. Denn in Christus Jesus bin ich durch das Evangelium euer Vater geworden« (1Co 4,15). Eben durch diese Dynamik, neues Leben gemäß dem Geist hervorzubringen, erweist sich das Bischofsamt in der Welt als Zeichen der Hoffnung für die Völker und für jeden Menschen.

Sehr passend haben deshalb die Synodenväter daran erinnert, daß der Verkündigung Christi stets der erste Platz zukommt und daß der Bischof durch sein Wort und durch das Zeugnis seines Lebens der erste Verkünder des Evangeliums ist. Er muß sich der Herausforderungen bewußt sein, die die gegenwärtige Stunde mit sich bringt, und den Mut haben, sich diesen zu stellen. Alle Bischöfe werden als Diener der Wahrheit diese ihre Aufgabe kraftvoll und mit Vertrauen wahrnehmen.101

Christus im Herzen des Evangeliums und des Menschen


27 Tatsächlich ragte in den Beiträgen der Synodenväter das Thema der Verkündigung des Evangeliums hervor. Sie haben wiederholt und auf verschiedenste Weise festgehalten, daß der lebendige Mittelpunkt in der Verkündigung des Evangeliums der für die Rettung aller Menschen gekreuzigte und auferstandene Christus ist.102

Christus ist in der Tat das Herz der Evangelisierung, deren Programm »letztlich in Christus selbst seine Mitte findet. Ihn gilt es kennenzulernen, zu lieben und nachzuahmen, um in ihm das Leben des Dreifaltigen Gottes zu leben und mit ihm der Geschichte eine neue Gestalt zu geben, bis sie sich im himmlischen Jerusalem erfüllt. Das Programm ändert sich nicht mit dem Wechsel der Zeiten und Kulturen, auch wenn es für einen echten Dialog und eine wirksame Kommunikation die Zeit und die Kultur berücksichtigt. Es ist unser Programm für das dritte Jahrtausend« .103

Von Christus, dem Herzen des Evangeliums, gehen alle anderen Glaubenswahrheiten aus, und von ihm erstrahlt die Hoffnung für alle Menschen. Denn Christus ist das Licht, das jeden Menschen erleuchtet, und jeder, der in ihm wiedergeboren wurde, empfängt die Erstlingsgaben des Geistes, durch die er fähig wird, das neue Gesetz der Liebe zu erfüllen.104

Der Bischof ist also kraft seiner apostolischen Sendung dazu befähigt, sein Volk in das Herz des Geheimnisses des Glaubens einzuführen, wo es der lebendigen Person Jesu Christi begegnen kann. Die Gläubigen werden so begreifen, daß alle christliche Erfahrung ihre Quelle und ihren unvergänglichen Bezugspunkt im Pascha Jesu hat, des Siegers über Sünde und Tod.105

Die Verkündigung des Todes und der Auferstehung des Herrn »muß folglich die prophetische Verkündigung eines Jenseits enthalten, das eine tiefe, endgültige Berufung des Menschen ist, die zugleich eine Fortsetzung und ein völliges Übersteigen des jetzigen Zustandes darstellt: jenseits der Zeit und der Geschichte, jenseits der Wirklichkeit dieser Welt, deren Gestalt vergeht [...] Die Evangelisierung enthält somit auch die Verkündigung einer Hoffnung auf die Verheißungen, die von Gott im Neuen Bund in Jesus Christus gegeben worden sind« .106

Der Bischof, Hörer und Bewahrer des Wortes


28 Indem es den von der Überlieferung der Kirche vorgezeichneten Weg fortsetzt, erklärt das Zweite Vatikanische Konzil, daß das den Bischöfen eigene Lehramt darin besteht, den Glauben heilig zu bewahren und mutig zu verkünden.107

Unter diesem Gesichtspunkt enthüllt sich in seinem ganzen Bedeutungsreichtum der im römischen Ritus der Bischofsweihe vorgesehene Gestus, bei dem das geöffnete Evangeliar über das Haupt des Erwählten gehalten wird: Damit soll einerseits zum Ausdruck gebracht werden, daß das Wort den Dienst des Bischofs umfängt und behütet, und andererseits, daß das Leben des Bischofs ganz dem Wort Gottes unterworfen sein muß in der täglichen Hingabe an die Verkündigung des Evangeliums in geduldiger Belehrung (vgl.
2Tm 4). Auch die Synodenväter haben mehrmals daran erinnert, daß es der Bischof ist, der das Wort Gottes liebevoll bewahrt und mutig verteidigt, indem er von seiner Heilsbotschaft Zeugnis gibt. Tatsächlich geht der Sinn des bischöflichenmunus docendi aus dem Wesen dessen hervor, was bewahrt werden soll, nämlich der Schatz des Glaubens.

Unser Herr Christus hat seiner Kirche in der Heiligen Schrift beider Testamente und in der Tradition den einen Schatz der göttlichen Offenbarung anvertraut, der gleichsam ein Spiegel ist, »in dem die Kirche Gott, von dem sie alles empfängt, auf ihrer irdischen Pilgerschaft anschaut, bis sie hingeführt wird, ihn von Angesicht zu Angesicht zu sehen, so wie er ist« .108 Dies ist im Gang der Jahrhunderte bis heute geschehen: Wenn die verschiedenen Gemeinden im Wechsel der Zeiten das immer neue und wirkungsvolle Wort annahmen, haben sie folgsam auf die Stimme des Heiligen Geistes gehört und sich bemüht, es in den aktuellen Zeitumständen der verschiedenen geschichtlichen Epochen lebendig und wirksam werden zu lassen. So ist das überlieferte Wort, die Tradition, immer bewußter zum Wort des Lebens geworden. Währenddessen wurde die Aufgabe seiner Verkündigung und seiner Bewahrung unter der Leitung und dem Beistand des Geistes der Wahrheit fortschreitend verwirklicht als ununterbrochene Übermittlung von allem, was die Kirche ist, und von allem, was sie glaubt.109

Diese Tradition, die ihren Ursprung von den Aposteln herleitet, schreitet im Leben der Kirche fort, wie das Zweite Vatikanische Konzil gelehrt hat. In ähnlicher Weise wächst und entfaltet sich das Verständnis der überlieferten Dinge und Worte, so daß im Festhalten am überlieferten Glauben, in seiner Verwirklichung und in seinem Bekenntnis einer einzigartiger Einklang zwischen Bischöfen und Gläubigen herrscht.110 Auf der Suche nach der Treue zu dem Geist, der in der Kirche spricht, begegnen sich die Gläubigen und die Hirten und festigen jene tiefen Glaubensbande, die gleichsam das erste Moment des sensus fidei darstellen. Es ist nützlich, diesbezüglich noch einmal die Worte des Zweiten Vatikanischen Konzils zu hören: »Die Gesamtheit der Gläubigen, welche die Salbung vom Heiligen Geist haben (vgl. 1Jn 2,10 1Jn 2,27), kann im Glauben nicht irren. Und diese ihre besondere Eigenschaft macht sie durch den übernatürlichen Glaubenssinn des ganzen Volkes dann kund, wenn sie ,,von den Bischöfen bis zu den letzten gläubigen Laien'' ihre allgemeine Übereinstimmung in Sachen des Glaubens und der Sitten äußert« .111

Darum ist das Leben der Kirche und das Leben in der Kirche für jeden Bischof die Voraussetzung für die Ausübung seines Lehramtes. Ein Bischof findet seine Identität und seinen Platz innerhalb der Gemeinschaft der Jünger des Herrn, in der er die Gabe des göttlichen Lebens und die erste Unterweisung im Glauben empfangen hat. Jeder Bischof muß, besonders wenn er von seinem Bischofsstuhl aus vor der Versammlung der Gläubigen sein Amt als Lehrer in der Kirche ausübt, mit dem heiligen Augustinus wiederholen können: »Von diesem Platz aus sind wir für euch Lehrer; aber unter dem einen Lehrer sind wir in dieser Schule alle zusammen Mitschüler« .112 In der Kirche, der Schule des lebendigen Gottes, sind alle, Bischöfe und Gläubige, Mitschüler, und alle bedürfen der Unterweisung durch den Geist.

Tatsächlich sind die Orte zahlreich, von denen aus der Geist seine innere Belehrung erteilt: zunächst das Herz jedes einzelnen und dann das Leben der verschiedenen Teilkirchen, in denen die vielfältigen Bedürfnisse der Menschen und der verschiedenen kirchlichen Gemeinschaften sichtbar werden und sich in bekannten, aber auch in anderen, neuen Sprachen bemerkbar machen.

Der Geist verschafft sich noch immer Gehör, während er in der Kirche unterschiedliche Formen von Charismen und Diensten weckt. Gewiß auch aus diesem Grund waren in der Synodenaula mehrmals Stimmen zu hören, die den Bischof nach dem Vorbild des Guten Hirten, der seine Schafe kennt und jedes bei seinem Namen ruft, zur direkten Begegnung und zum persönlichen Kontakt mit den Gläubigen aufforderten, die in den seiner Hirtensorge anvertrauten Gemeinden leben. Denn die häufige Begegnung des Bischofs vornehmlich mit seinen Priestern und dann mit den Diakonen, mit den Ordensleuten und ihren Kommunitäten, mit den gläubigen Laien, einzeln und in den verschiedenen Gruppierungen, hat große Bedeutung für die Ausübung eines wirksamen Dienstes inmitten des Volkes Gottes.

Der authentische und autoritative Dienst am Wort


29 Mit der Bischofsweihe hat jeder Bischof die grundlegende Sendung empfangen, mit Vollmacht das Wort zu verkünden. Denn jeder Bischof ist kraft der heiligen Weihe authentischer Lehrer, der dem ihm anvertrauten Volk den Glauben verkündet, der angenommen und im sittlichen Leben umgesetzt werden muß. Das heißt, die Bischöfe sind mit der Autorität Christi selbst ausgerüstet, und das ist der fundamentale Grund, weswegen »die Bischöfe, wenn sie in Gemeinschaft mit dem römischen Bischof lehren, von allen als Zeugen der göttlichen und katholischen Wahrheit zu verehren sind. Die Gläubigen aber müssen mit einem im Namen Christi vorgetragenen Urteil ihres Bischofs in Glaubens- und Sittensachen übereinkommen und ihm mit religiös gegründetem Gehorsam anhangen« .113 In diesem Dienst an der Wahrheit steht jeder Bischof der Gemeindegegenüber, insofern er für die Gemeinde da ist, der er seine pastorale Sorge zuwendet und für die er eindringlich sein Gebet zu Gott erhebt.

Jeder Bischof gibt also das, was er gehört und aus dem Herzen der Kirche empfangen hat, seinen Brüdern zurück, für die er wie der Gute Hirt Sorge tragen muß. Der sensus fidei erreicht in ihm seine Vollständigkeit. Das Zweite Vatikanische Konzil lehrt nämlich: »Durch jenen Glaubenssinn, der vom Geist der Wahrheit geweckt und genährt wird, hält das Gottesvolk unter der Leitung des heiligen Lehramtes, in dessen treuer Gefolgschaft es nicht mehr das Wort von Menschen, sondern wirklich das Wort Gottes empfängt (vgl.
1Th 2,13), den einmal den Heiligen übergebenen Glauben (vgl. Jud Jud 3) unverlierbar fest. Durch ihn dringt es mit rechtem Urteil immer tiefer in den Glauben ein und wendet ihn im Leben voller an« .114 Es ist also ein Wort, das innerhalb der Gemeinde und ihr gegenüber nicht mehr einfach das Wort des Bischofs als Privatperson ist, sondern das Wort des Hirten, der den Glauben bestätigt, um das Geheimnis Gottes versammelt und Leben hervorbringt.

Die Gläubigen brauchen das Wort ihres Bischofs, sie brauchen die Bestätigung und die Läuterung ihres Glaubens. Die Synodenversammlung hat ihrerseits dieses Bedürfnis dadurch unterstrichen, daß sie einige spezifische Bereiche hervorhob, wo das besonders spürbar ist. Einen dieser Bereiche stellt das kerygma, die Erstverkündigung dar, die immer notwendig ist, um den Glaubensgehorsam zu wecken, die sich aber gerade in der von religiöser Gleichgültigkeit und Unwissenheit so vieler Christen gekennzeichneten Situation der heutigen Zeit als noch dringender erweist.115 Auch im Bereich der Katechese ist offensichtlich der Bischof der Katechet schlechthin. Die markante Rolle heiliger und großer Bischöfe, deren katechetische Texte noch heute voll Bewunderung konsultiert werden, ermutigt uns zu betonen, daß es die stets aktuelle Aufgabe des Bischofs ist, die oberste Leitung der Katechese zu übernehmen. Bei dieser Aufgabe soll er es nicht versäumen, auf den Katechismus der Katholischen Kirche zu verweisen.

Es gilt daher noch immer, was ich im Apostolischen Schreiben Catechesi tradendae geschrieben habe: »Ihr [Bischöfe] habt in euren Kirchen eine besondere Sendung; ihr seid dort die für die Katechese zuallererst Verantwortlichen« .116 Deshalb ist es Pflicht jedes Bischofs, in seiner Teilkirche die effektive Priorität einer aktiven und wirksamen Katechese zu gewährleisten. Ja, er muß selber seine Sorge um die Katechese durch direktes Eingreifen wahrnehmen, das darauf abzielt, eine echte Liebe für die Katechese zu wekken und zu pflegen.117

Im Wissen um seine Verantwortung im Bereich der Weitergabe des Glaubens und der Glaubenserziehung muß sich jeder Bischof dafür einsetzen, daß ein ähnlicher Eifer bei allen vorhanden ist, die aufgrund ihrer Berufung und Sendung zur Weitergabe des Glaubens bestellt sind. Es handelt sich um die Priester und Diakone, um die Gläubigen des geweihten Lebens, um die Familienväter und -mütter, um die pastoralen Mitarbeiter und insbesondere die Katecheten sowie auch um die Dozenten für Theologie und kirchliche Wissenschaften und die Lehrer für katholischen Religionsunterricht.118 Deshalb soll sich der Bischof sowohl um ihre grundlegende Ausbildung als auch um ihre ständige Fortbildung kümmern.

Besonders nützlich ist auch für diese seine Pflicht der offene Dialog und die Zusammenarbeit mit den Theologen, denen es obliegt, den unergründlichen Reichtum des Mysteriums Christi mit geeigneten Methoden zu vertiefen. Mögen es die Bischöfe nicht versäumen, den Theologen wie auch den Schulen und akademischen Lehranstalten, an denen diese tätig sind, Ermutigung und Unterstützung zu bieten, damit sie ihre Arbeit als Dienst am Volk Gottes in Treue zur Tradition und mit Achtsamkeit gegenüber den Erfordernissen der Geschichte erfüllen.119 Wenn immer es angebracht ist, sollen die Bischöfe mit Standhaftigkeit die Einheit und Unversehrtheit des Glaubens verteidigen und hierbei mit Vollmacht beurteilen, was dem Wort Gottes mehr oder weniger entspricht.120

Die Synodenväter haben die Aufmerksamkeit der Bischöfe auch auf ihre lehramtliche Verantwortung im Bereich der Moral gelenkt. Die von der Kirche aufgestellten Vorschriften spiegeln die göttlichen Gebote wider, die ihre Zusammenfassung und ihre Krönung im Liebesgebot des Evangeliums finden. Das Ziel, das jede göttliche Vorschrift anstrebt, ist das höchste Wohl des Menschen. Auch heute gilt die Empfehlung aus dem Buch Deuteronomium: »Ihr sollt nur auf dem Weg gehen, den der Herr, euer Gott, euch vorgeschrieben hat, damit ihr Leben habt und es euch gut geht« (5, 33). Man darf zudem nicht vergessen, daß die Zehn Gebote fest in der menschlichen Natur selbst verwurzelt sind und daß darum die Werte, die sie verteidigen, universale Gültigkeit besitzen. Das gilt besonders für das menschliche Leben, das von seiner Empfängnis bis zu seinem Ende durch den natürlichen Tod verteidigt werden muß, die Freiheit der Menschen und Völker, die soziale Gerechtigkeit und die Strukturen zu deren Durchsetzung.121


Pastores gregis DE 20