Vita consecrata DE 106

An die Jugend


106 Euch jungen Leuten, sage ich: wenn ihr den Ruf des Herrn vernehmt, weist ihn nicht zurück! Fügt euch vielmehr mutig ein in die groben Richtungswege der Heiligkeit, die herausragende heilige Männer und Frauen in der Nachfolge Christi angebahnt haben. Pflegt eure altersspezifischen Sehnsüchte, aber folgt bereitwillig dem Vorhaben, das Gott mit euch plant, wenn er euch einlädt, die Heiligkeit im geweihten Leben zu suchen. Bewundert alle Werke Gottes in der Welt, aber wisset den Blick auf die Wirklichkeiten zu richten, die zur Unvergänglichkeit bestimmt sind.Das dritte Jahrtausend erwartet den Beitrag des Glaubens und der Phantasie von Scharen junger Menschen des geweihten Lebens, auf dab die Welt heiterer und fähiger werde, Gott und in ihm alle seine Söhne und Töchter anzunehmen.

An die Familien


107 Ich wende mich an euch, christliche Familien. Ihr Eltern, dankt dem Herrn, wenn er eines eurer Kinder zum geweihten Leben berufen hat. Es mub — wie es immer gewesen ist — als eine grobe Ehre angesehen werden, wenn der Herr auf eine Familie blickt und eines ihrer Glieder auswählt, um es einzuladen, den Weg der evangelischen Räte einzuschlagen! Hegt den Wunsch, eines eurer Kinder dem Herrn zu schenken, damit die Liebe Gottes in der Welt wachsen möge. Welche schönere Frucht der ehelichen Liebe könnte es für euch geben?Es mub daran erinnert werden: wenn die Eltern die Werte des Evangeliums nicht leben, werden der Junge und das Mädchen nur schwer in der Lage sein, den Ruf zu vernehmen, die Notwendigkeit der Opfer zu verstehen, die es auf sich zu nehmen gilt, sowie die Schönheit des Zieles zu schätzen wissen, das erreicht werden soll. Denn die Kinder machen in der Familie die ersten Erfahrungen der Werte des Evangeliums und der Liebe, die sich an Gott und an die anderen verschenkt. Sie müssen auch zum verantwortungsvollen Umgang mit der eigenen Freiheit erzogen werden, um bereit zu sein, ihrer Berufung gemäb höchste geistliche Wirklichkeiten zu leben.Ich bete, dab ihr, christliche Familien, durch das Gebet und das sakramentale Leben mit dem Herrn verbunden, Berufungen annehmende Heimstätten seid.

An die Männer und Frauen guten Willens


108 Alle Männer und Frauen, die meine Stimme hören wollen, möchte ich einladen, nach den Wegen zu suchen, die auch auf den vom geweihten Leben vorgezeichneten Pfaden zum lebendigen und wahren Gott führen. Die Personen des geweihten Lebens geben Zeugnis davon, dab »wer Christus, dem vollkommenen Menschen, folgt, auch selbst mehr Mensch wird«.Wie viele von ihnen haben sich als barmherzige Samariter über die unzähligen Wunden der Brüder und Schwestern gebeugt — und beugen sich jetzt noch —, denen sie unterwegs begegneten.Schaut auf diese Menschen, die von Christus ergriffen sind, die in der von der Gnade und der Liebe Gottes getragenen Selbstbeherrschung auf das Heilmittel hinweisen, das von Habgier, Genub- und Herrschsucht befreit. Vergebt nicht die Charismen, die wunderbare »Gottsucher« und Wohltäter der Menschheit geformt und denjenigen, die mit aufrichtigem Herzen Gott suchen, sichere Wege geöffnet haben. Betrachtet die grobe Zahl von Heiligen, die in dieser Lebensform gewachsen sind, betrachtet das Gute, das der Welt gestern und heute von denen erwiesen wurde und wird, die sich Gott geweiht haben! Braucht diese unsere Welt etwa nicht frohe Zeugen und Propheten der segensreichen Macht der Liebe Gottes? Braucht sie nicht auch Männer und Frauen, die es durch ihr Leben und ihre Tätigkeit verstehen, Samen des Friedens und der Brüderlichkeit zu säen?.

An die Personen des geweihten Lebens


109 Vor allem aber richte ich an euch, Männer und Frauen des geweihten Lebens, zum Abschlub dieses Apostolischen Schreibens meinen vertrauensvollen Appell: lebt ganz eure Hingabe an Gott, um es dieser Welt an keinem Strahl der göttlichen Schönheit fehlen zu lassen, der den Weg des menschlichen Daseins erhellt. Die Christen, die tief in die Geschäftigkeit und die Sorgen dieser Welt verwickelt, aber auch zur Heiligkeit berufen sind, müssen in euch geläuterte Herzen finden, die im Glauben Gott »schauen«, Menschen, die dem Wirken des Hl. Geistes gegenüber fügsam sind, die in der Treue zum Charisma der Berufung und der Sendung zügig vorangehen.Ihr wibt gut, dab ihr einen Weg ständiger Bekehrung, ausschlieblicher Hingabe an die Liebe Gottes und der Brüder eingeschlagen habt, um immer leuchtender von der Gnade Zeugnis zu geben, die die christliche Existenz verklärt. Die Welt und die Kirche suchen nach glaubwürdigen Zeugen Christi. Das geweihte Leben ist ein Geschenk, das Gott anbietet, damit das »einzig Notwendige« (vgl. Lk Lc 10,42) allen vor Augen gestellt werde. Mit dem Leben, mit den Werken und den Worten Christus zu bezeugen ist einzigartiger Auftrag des geweihten Lebens in Kirche und Welt.Ihr wibt, wem ihr Glauben geschenkt habt (vgl. 2Tm 1,12): gebt ihm alles! Die jungen Leute sollen sich nicht irreführen lassen: wenn sie zu euch kommen, wollen sie das sehen, was sie anderswo nicht zu sehen bekommen. Ihr habt angesichts der Zukunft eine ungeheure Aufgabe: insbesondere die jungen Personen des geweihten Lebens können durch das Zeugnis ihrer Weihe ihre Altersgenossen zur Erneuerung ihres Lebens anleiten.Die leidenschaftliche Liebe zu Jesus Christus stellt eine mächtige Anziehungskraft für die anderen jungen Menschen dar, die er in seiner Güte ruft, ihm aus der Nähe und für immer zu folgen. Unsere Zeitgenossen wollen an den Personen des geweihten Lebens die Freude sehen, die davon kommt, dab sie beim Herrn sind.Ihr Personen des geweihten Lebens, alt und jung, lebt die Treue zu eurer Verpflichtung gegenüber Gott, in gegenseitiger Erbauung und Hilfe. Trotz der Schwierigkeiten, denen ihr bisweilen begegnen mochtet, und trotz der nachlassenden Wertschätzung für das geweihte Leben in einer gewissen öffentlichen Meinung habt ihr den Auftrag, die Männer und Frauen unserer Zeit aufs neue einzuladen, nach oben zu schauen, sich nicht von den Dingen des Alltags mitreiben, sondern sich von Gott und vom Evangelium seines Sohnes faszinieren zu lassen. Vergebt nicht, dab ihr in ganz besonderer Weise sagen könnt und mübt, dab ihr nicht nur von Christus seid, sondern dab »ihr Christus geworden seid!«.

In die Zukunft blicken


110 Ihr sollt euch nicht nur einer glanzvollen Geschichte erinnern und darüber erzählen, sondern ihr habt eine grobe Geschichte aufzubauen! Blickt in die Zukunft, in die der Geist euch versetzt, um durch euch noch grobe Dinge zu vollbringen.Macht euer Leben zu einer leidenschaftlichen Christuserwartung, indem ihr ihm entgegengeht wie die klugen Jungfrauen dem Bräutigam entgegengehen. Seid immer bereit, treu zu Christus, zur Kirche, zu eurem Institut und gegenüber dem Menschen unserer Zeit.So werdet ihr Tag für Tag von Christus erneuert werden, um mit seinem Geist brüderliche Gemeinschaften aufzubauen, mit ihm den Armen die Fübe zu waschen und euren unersetzlichen Beitrag zur Verklärung der Welt zu leisten.Diese unsere, den Händen des Menschen anvertraute Welt, die im Begriff ist, in das neue Jahrtausend einzutreten, soll immer menschlicher und gerechter sein können, Zeichen und Vorwegnahme der künftigen Welt, in der er, der erniedrigte und verherrlichte, der arme und gepriesene Herr, mit dem Vater und dem Heiligen Geist für uns und für unsere Brüder und Schwestern die vollkommene und bleibende Freude sein wird.

Gebet an die Heiligste Dreifaltigkeit


111 Selige und seligmachende Heiligste Dreifaltigkeit, mache deine Söhne und Töchter selig, die du berufen hast, die Gröbe deiner Liebe, deiner barmherzigen Güte und deiner Schönheit zu bekennen.Heiliger Vater, heilige die Söhne und Töchter, die sich um der Ehre deines Namens willen dir geweiht haben. Begleite sie mit deiner Macht, damit sie bezeugen können, dab du der Ursprung von allem bist, die einzige Quelle der Liebe und der Freiheit. Wir danken dir für das Geschenk des geweihten Lebens, das im Glauben dich sucht und in seiner universalen Sendung alle einlädt, den Weg zu dir zu gehen.Erlöser Jesus Christus, menschgewordenes Wort, wie du deine Lebensform jenen anvertraut hast, die du gerufen hast, so ziehe weiterhin Menschen zu dir, die für die Menschheit unserer Zeit Hüter der Barmherzigkeit, Vorboten deiner Wiederkunft, lebendiges Zeichen der Güter der künftigen Auferstehung sein sollen. Keine Bedrängnis trenne sie von dir und von deiner Liebe! Heiliger Geist, in die Herzen ausgegossene Liebe, die du Geist und Sinn, Gnade und Inspiration schenkst, ewige Lebensquelle, die du durch die zahlreichen Charismen die Sendung Christi vollendest, wir bitten dich für alle Personen des geweihten Lebens. Erfülle ihr Herz mit der innigen Gewibheit, dazu auserwählt worden zu sein, um zu lieben, zu loben und zu dienen. Lab sie deine Freundschaft kosten, erfülle sie mit deiner Freude und mit deinem Trost, hilf ihnen, Momente der Schwierigkeit zu überwinden und nach dem Fall in Vertrauen wieder aufzustehen, mache sie zum Spiegel der göttlichen Schönheit. Gib ihnen den Mut, sich den Herausforderungen unserer Zeit zu stellen, und die Gnade, den Menschen die Güte und Menschenfreundlichkeit unseres Retters Jesus Christus zu bringen (vgl. Tit Tt 3,4).

Anrufung der Jungfrau Maria


112 Maria, Sinnbild der Kirche, Braut ohne Falte und Makel, die, indem sie dich nachahmt, »jungfräulich einen unversehrten Glauben, eine feste Hoffnung und eine aufrichtige Liebe bewahrt«,stehe den Personen des geweihten Lebens in ihrem Streben nach der ewigen und einzigen Seligkeit bei.Dir, Jungfrau der Heimsuchung, vertrauen wir sie an, damit sie auf die Nöte der Menschen einzugehen verstehen, um ihnen Hilfe, vor allem aber Jesus zu bringen. Lehre sie die Wunder zu verkündigen, die der Herr in der Welt vollbringt, damit alle Völker seinen Namen rühmen. Stehe ihnen bei in ihrer Arbeit für die Armen, die Hungernden, die Hoffnungslosen, die Geringsten und für alle, die mit aufrichtigem Herzen deinen Sohn suchen.An dich, Mutter, die du die geistliche und apostolische Erneuerung deiner Söhne und Töchter in der Antwort der Liebe und der Ganzhingabe an Christus willst, wenden wir uns vertrauensvoll mit unserem Gebet. Du, die du bereit im Gehorsam, mutig in der Armut, empfangsbereit in der fruchtbaren Jungfräulichkeit den Willen des Vaters erfüllt hast, erwirke von deinem göttlichen Sohn, dab alle, die die Gabe empfangen haben, ihm im geweihten Leben zu folgen, von ihm mit einer verklärten Existenz Zeugnis geben können, indem sie mit allen anderen Brüdern und Schwestern voll Freude auf die himmlische Heimat und auf das nie erlöschende Licht zugehen.

Wir bitten Dich darum, dab der höchste Herr aller Dinge, Vater, Sohn und Heiliger Geist, in allen und in allem verherrlicht, gepriesen und geliebt werde.

Gegeben zu Rom, bei Sankt Peter, am 25. März, dem Hochfest der Verkündiging des Herrn, des Jahres 1996, dem 18. Jahr meines Pontifikats.









Vita consecrata DE 106