Sabedoria (EUS) 1



DAS BUCH DER WEISHEIT (EUB)




Aufforderung zu einem Leben nach der Weisheit: 1,1 - 6,21

Die Mahnung zu gerechtem Leben

1 1 Liebt Gerechtigkeit, ihr Herrscher der Erde, denkt in Frömmigkeit an den Herrn, sucht ihn mit reinem Herzen!
2
Denn er läßt sich finden von denen, die ihn nicht versuchen, und zeigt sich denen, die ihm nicht mißtrauen.
3
Verkehrte Gedanken trennen von Gott; wird seine Macht herausgefordert, dann weist sie die Toren zurück.
4
In eine Seele, die auf Böses sinnt, kehrt die Weisheit nicht ein, noch wohnt sie in einem Leib, der sich der Sünde hingibt.
5
Denn der heilige Geist, der Lehrmeister, flieht vor der Falschheit, er entfernt sich von unverständigen Gedanken und wird verscheucht, wenn Unrecht naht.
6
Die Weisheit ist ein menschenfreundlicher Geist, doch läßt sie die Reden des Lästerers nicht straflos; denn Gott ist Zeuge seiner heimlichen Gedanken, untrüglich durchschaut er sein Herz und hört seine Worte.
7
Der Geist des Herrn erfüllt den Erdkreis, und er, der alles zusammenhält, kennt jeden Laut.
8
Darum bleibt keiner verborgen, der Böses redet, das Strafurteil geht nicht an ihm vorüber.
9
Die Pläne des Frevlers werden untersucht; der Herr erfährt von seinen Reden und bestraft seine Vergehen.
10
Denn das eifersüchtige Ohr hört alles, kein leises Murren bleibt ihm verborgen.
11
Hütet euch also vor unnützem Murren, und verwehrt eurer Zunge das Verleumden! Denn euer heimliches Reden verhallt nicht ungehört, und ein Mund, der lügt, tötet die Seele.
12
Jagt nicht dem Tod nach in den Irrungen eures Lebens, und zieht nicht durch euer Handeln das Verderben herbei!
13
Denn Gott hat den Tod nicht gemacht und hat keine Freude am Untergang der Lebenden.
14
Zum Dasein hat er alles geschaffen, und heilbringend sind die Geschöpfe der Welt. Kein Gift des Verderbens ist in ihnen, das Reich des Todes hat keine Macht auf der Erde;
15
denn die Gerechtigkeit ist unsterblich.

Vom Treiben der Frevler

16 Die Frevler aber holen winkend und rufend den Tod herbei und sehnen sich nach ihm wie nach einem Freund; sie schließen einen Bund mit ihm, weil sie es verdienen, ihm zu gehören.



2 1 Sie tauschen ihre verkehrten Gedanken aus und sagen: Kurz und traurig ist unser Leben; für das Ende des Menschen gibt es keine Arznei, und man kennt keinen, der aus der Welt des Todes befreit.
2
Durch Zufall sind wir geworden, und danach werden wir sein, als wären wir nie gewesen. Der Atem in unserer Nase ist Rauch, und das Denken ist ein Funke, der vom Schlag des Herzens entfacht wird;
3
verlöscht er, dann zerfällt der Leib zu Asche, und der Geist verweht wie dünne Luft.
4
Unser Name wird bald vergessen, niemand denkt mehr an unsere Taten. Unser Leben geht vorüber wie die Spur einer Wolke und löst sich auf wie ein Nebel, der von den Strahlen der Sonne verscheucht und von ihrer Wärme zu Boden gedrückt wird.
5
Unsere Zeit geht vorüber wie ein Schatten, unser Ende wiederholt sich nicht; es ist versiegelt, und keiner kommt zurück.
6
Auf, laßt uns die Güter des Lebens genießen und die Schöpfung auskosten, wie es der Jugend zusteht.
7
Erlesener Wein und Salböl sollen uns reichlich fließen, keine Blume des Frühlings darf uns entgehen.
8
Bekränzen wir uns mit Rosen, ehe sie verwelken;
9
keine Wiese bleibe unberührt von unserem ausgelassenen Treiben. Überall wollen wir Zeichen der Fröhlichkeit zurücklassen; das ist unser Anteil, das fällt uns zu.
10
Laßt uns den Gerechten unterdrücken, der in Armut lebt, die Witwe nicht schonen und das graue Haar des betagten Greises nicht scheuen!
11
Unsere Stärke soll bestimmen, was Gerechtigkeit ist; denn das Schwache erweist sich als unnütz.
12
Laßt uns dem Gerechten auflauern! Er ist uns unbequem und steht unserem Tun im Weg. Er wirft uns Vergehen gegen das Gesetz vor und beschuldigt uns des Verrats an unserer Erziehung.
13
Er rühmt sich, die Erkenntnis Gottes zu besitzen, und nennt sich einen Knecht des Herrn.
14
Er ist unserer Gesinnung ein lebendiger Vorwurf, schon sein Anblick ist uns lästig;
15
denn er führt ein Leben, das dem der andern nicht gleicht, und seine Wege sind grundverschieden.
16
Als falsche Münze gelten wir ihm; von unseren Wegen hält er sich fern wie von Unrat. Das Ende der Gerechten preist er glücklich und prahlt, Gott sei sein Vater.
17
Wir wollen sehen, ob seine Worte wahr sind, und prüfen, wie es mit ihm ausgeht.
18
Ist der Gerechte wirklich Sohn Gottes, dann nimmt sich Gott seiner an und entreißt ihn der Hand seiner Gegner.
19
Roh und grausam wollen wir mit ihm verfahren, um seine Sanftmut kennenzulernen, seine Geduld zu erproben.
20
Zu einem ehrlosen Tod wollen wir ihn verurteilen; er behauptet ja, es werde ihm Hilfe gewährt.
21
So denken sie, aber sie irren sich; denn ihre Schlechtigkeit macht sie blind.
22
Sie verstehen von Gottes Geheimnissen nichts, sie hoffen nicht auf Lohn für die Frömmigkeit und erwarten keine Auszeichnung für untadelige Seelen.
23
Gott hat den Menschen zur Unvergänglichkeit erschaffen und ihn zum Bild seines eigenen Wesens gemacht.
24
Doch durch den Neid des Teufels kam der Tod in die Welt, und ihn erfahren alle, die ihm angehören.



3 1 Die Seelen der Gerechten sind in Gottes Hand, und keine Qual kann sie berühren.
2
In den Augen der Toren sind sie gestorben, ihr Heimgang gilt als Unglück,
3
ihr Scheiden von uns als Vernichtung; sie aber sind in Frieden.
4
In den Augen der Menschen wurden sie gestraft; doch ihre Hoffnung ist voll Unsterblichkeit.
5
Ein wenig nur werden sie gezüchtigt; doch sie empfangen große Wohltat. Denn Gott hat sie geprüft und fand sie seiner würdig.
6
Wie Gold im Schmelzofen hat er sie erprobt und sie angenommen als ein vollgültiges Opfer.
7
Beim Endgericht werden sie aufleuchten wie Funken, die durch ein Stoppelfeld sprühen.
8
Sie werden Völker richten und über Nationen herrschen, und der Herr wird ihr König sein in Ewigkeit.
9
Alle, die auf ihn vertrauen, werden die Wahrheit erkennen, und die Treuen werden bei ihm bleiben in Liebe. Denn Gnade und Erbarmen wird seinen Erwählten zuteil.
10
Die Frevler aber werden für ihre Pläne bestraft, sie, die den Gerechten mißachtet haben und vom Herrn abgefallen sind.
11
Unglücklich sind alle, die Weisheit und Belehrung verachten; leer ist ihre Hoffnung, vergeblich sind ihre Mühen und wertlos ihre Taten.
12
Ihre Frauen sind unverständig und ihre Kinder böse, fluchbeladen ist ihr Geschlecht.

Kinderlose Gerechte und kinderreiche Frevler

13 Selig ist die Kinderlose, die unschuldig blieb und kein Lager der Sünde kannte; sie wird gleich einer Mutter geehrt, wenn die Seelen ihren Lohn empfangen.
14
Selig ist auch der Kinderlose, der sich nicht frevelhaft verging und gegen den Herrn nichts Böses plante; besondere Gnade wird seiner Treue zuteil und ein gar köstlicher Anteil am Tempel des Herrn.
15
Denn ruhmreich ist der Lohn guter Mühe und unvergänglich die Wurzel der Klugheit.
16
Doch die Kinder von Ehebrechern verkümmern, und die Nachkommen einer sündigen Verbindung schwinden dahin.
17
Auch wenn sie lange leben, gelten sie nichts, und ehrlos ist am Ende ihr Alter.
18
Sterben sie früh, so haben sie keine Hoffnung und keinen Trost am Tag des Gerichts;
19
denn schlimm ist das Ende eines schuldhaften Geschlechts.



4 1 Besser ist Kinderlosigkeit mit Tugend; unsterblich ist ihr Ruhm, sie steht in Ehren bei Gott und bei den Menschen.
2
Ist sie zugegen, ahmt man sie nach; ist sie entschwunden, sehnt man sie herbei. In der Ewigkeit triumphiert sie, geschmückt mit dem Kranz, Siegerin im Wettstreit um einen edlen Preis.
3
Doch die große Kinderschar der Frevler bringt keinen Nutzen; sie ist ein unechtes Gewächs, treibt keine Wurzeln in die Tiefe und faßt keinen sicheren Grund.
4
Breitet es auch eine Zeitlang üppig seine Zweige aus, so wird es doch vom Wind hin und her geschüttelt und von der Gewalt der Stürme entwurzelt.
5
Die Äste, die noch schwach sind, werden geknickt; ihre Frucht ist unbrauchbar, unreif und ungenießbar, zu gar nichts geeignet.
6
Denn die Kinder eines sündigen Beischlafs treten im Gericht als Zeugen auf für die Schlechtigkeit ihrer Eltern.

Der frühe Heimgang des Gerechten und das lange Leben der Frevler

7 Der Gerechte aber, kommt auch sein Ende früh, geht in Gottes Ruhe ein.
8
Denn ehrenvolles Alter besteht nicht in einem langen Leben und wird nicht an der Zahl der Jahre gemessen.
9
Mehr als graues Haar bedeutet für die Menschen die Klugheit, und mehr als Greisenalter wiegt ein Leben ohne Tadel.
10
Er gefiel Gott und wurde von ihm geliebt; da er mitten unter Sündern lebte, wurde er entrückt.
11
Er wurde weggenommen, damit nicht Schlechtigkeit seine Einsicht verkehrte und Arglist seine Seele täuschte.
12
Denn der Reiz des Bösen verdunkelt das Gute, und der Taumel der Begierde verdirbt den arglosen Sinn.
13
Früh vollendet, hat der Gerechte doch ein volles Leben gehabt;
14
da seine Seele dem Herrn gefiel, enteilte sie aus der Mitte des Bösen. Die Leute sahen es, ohne es zu verstehen; sie nahmen es sich nicht zu Herzen,
15
daß Gnade und Erbarmen seinen Auserwählten zuteil wird, Belohnung seinen Heiligen.
16
Der Gerechte, der entschlafen ist, verurteilt die Frevler, die noch leben, die früh vollendete Jugend das hohe Alter des Ungerechten.
17
Die Frevler sehen das Ende des Weisen, verstehen aber nicht, was der Herr mit ihm wollte und warum er ihn in Sicherheit brachte.
18
Sie sehen es und gehen darüber hinweg; doch der Herr lacht über sie.
19
Dann werden sie verachtete Leichen sein, ewiger Spott bei den Toten. Sie werden verstummen, wenn er sie kopfüber hinabstürzt und aus ihren Grundfesten reißt. Sie werden völlig vernichtet und erleiden Qualen; die Erinnerung an sie verschwindet.

Die Bösen und die Guten im Endgericht

20 Zitternd kommen sie zum Gericht über ihre Sünden; ihre Vergehen treten ihnen entgegen und überführen sie.



5 1 Dann wird der Gerechte voll Zuversicht dastehen vor denen, die ihn bedrängt und seine Mühen verachtet haben.
2
Wenn sie ihn sehen, packt sie entsetzliche Furcht, und sie geraten außer sich über seine unerwartete Rettung.
3
Jetzt denken sie anders; seufzend und voll Angst sagen sie zueinander:
4
Dieser war es, den wir einst verlachten, verspotteten und verhöhnten, wir Toren. Sein Leben hielten wir für Wahnsinn und sein Ende für ehrlos.
5
Jetzt zählt er zu den Söhnen Gottes, bei den Heiligen hat er sein Erbteil.
6
Also sind wir vom Weg der Wahrheit abgeirrt; das Licht der Gerechtigkeit strahlte uns nicht, und die Sonne ging nicht für uns auf.
7
Bis zum Überdruß gingen wir die Pfade des Unrechts und des Verderbens und wanderten durch weglose Wüsten, aber den Weg des Herrn erkannten wir nicht.
8
Was nützte uns der Übermut, was brachten uns Reichtum und Prahlerei?
9
All das ist vorbei wie ein Schatten, wie eine flüchtige Nachricht.
10
Wie wenn ein Schiff durch die wogende Flut fährt: Ist es vorübergezogen, so ist von ihm keine Spur mehr zu finden, kein Pfad seines Kiels in den Wellen.
11
Wie wenn ein Vogel durch die Luft fliegt: Kein Zeichen findet sich von seiner Bahn, er peitscht die leichte Luft mit seinem Flügelschlag und durchschneidet sie mit gewaltig rauschenden Schwingen, doch bleibt kein Zeichen seines Weges in ihr zurück.
12
Oder wie wenn ein Pfeil auf das Ziel geschossen wird: Die geteilte Luft strömt sofort wieder zusammen, so daß man seine Bahn nicht mehr erkennt.
13
So sind wir ins Dasein getreten, um hinzuschwinden; wir hatten keinerlei Tugend aufzuweisen, sondern wurden von unserer Schlechtigkeit verschlungen.
14
Ja, die Hoffnung des Frevlers ist wie die Spreu, die der Wind verweht, wie der Gischt, den der Sturm verjagt, wie der Rauch, den der Wind zerstäubt; sie schwindet wie die Erinnerung an einen flüchtigen Gast.
15
Die Gerechten aber leben in Ewigkeit, der Herr belohnt sie, der Höchste sorgt für sie.
16
Darum werden sie aus der Hand des Herrn das Reich der Herrlichkeit empfangen und die Krone der Schönheit. Denn er wird sie mit seiner Rechten behüten und mit seinem Arm beschützen.
17
Er rüstet sich mit seinem Eifer und macht die Schöpfung zur Waffe, mit der er die Feinde bestraft.
18
Als Panzer zieht er Gerechtigkeit an, und als Helm setzt er strenges Gericht auf.
19
Als Schild nimmt er unüberwindliche Heiligkeit,
20
und grimmigen Zorn schärft er zum Schwert; zusammen mit ihm kämpft die ganze Welt gegen die Toren.
21
Treffsicher fahren die Blitzespfeile dahin; abgeschossen aus den Wolken wie von einem wohlgerundeten Bogen, fliegen sie auf ihr Ziel.
22
Eine Steinschleuder entsendet Hagelkörner, die voll von göttlichem Zorn sind. Das Wasser des Meeres wütet gegen die Feinde, und Ströme schlagen grimmig über ihnen zusammen.
23
Der Atem des Allmächtigen erhebt sich gegen sie und trägt sie wie ein Sturm davon. So bringt die Gesetzlosigkeit Verheerung über die ganze Erde, und das böse Tun stürzt die Throne der Mächtigen.



6 1 Hört also, ihr Könige, und seid verständig, lernt, ihr Gebieter der ganzen Welt!
2
Horcht, ihr Herrscher der Massen, die ihr stolz seid auf Völkerscharen!
3
Der Herr hat euch die Gewalt gegeben, der Höchste die Herrschaft, er, der eure Taten prüft und eure Pläne durchforscht.
4
Ihr seid Diener seines Reichs, aber ihr habt kein gerechtes Urteil gefällt, das Gesetz nicht bewahrt und die Weisung Gottes nicht befolgt.
5
Schnell und furchtbar wird er kommen und euch bestrafen; denn über die Großen ergeht ein strenges Gericht.
6
Der Geringe erfährt Nachsicht und Erbarmen, doch die Mächtigen werden gerichtet mit Macht.
7
Denn der Herrscher des Alls scheut niemand und weicht vor keiner Größe zurück. Er hat klein und groß erschaffen und trägt gleiche Sorge für alle;
8
den Mächtigen aber droht strenge Untersuchung.
9
An euch also, ihr Herrscher, richten sich meine Worte, damit ihr Weisheit lernt und nicht sündigt.
10
Wer das Heilige heilig hält, wird geheiligt, und wer sich darin unterweisen läßt, findet Schutz.
11
Verlangt also nach meinen Worten; sehnt euch danach, und ihr werdet gute Belehrung empfangen.
12
Strahlend und unvergänglich ist die Weisheit; wer sie liebt, erblickt sie schnell, und wer sie sucht, findet sie.
13
Denen, die nach ihr verlangen, gibt sie sich sogleich zu erkennen.
14
Wer sie am frühen Morgen sucht, braucht keine Mühe, er findet sie vor seiner Türe sitzen.
15
Über sie nachzusinnen ist vollkommene Klugheit; wer ihretwegen wacht, wird schnell von Sorge frei.
16
Sie geht selbst umher, um die zu suchen, die ihrer würdig sind; freundlich erscheint sie ihnen auf allen Wegen und kommt jenen entgegen, die an sie denken.
17
Ihr Anfang ist aufrichtiges Verlangen nach Bildung; das eifrige Bemühen um Bildung aber ist Liebe.
18
Liebe ist Halten ihrer Gebote; Erfüllen der Gebote sichert Unvergänglichkeit,
19
und Unvergänglichkeit bringt in Gottes Nähe.
20
So führt das Verlangen nach Weisheit zur Herrschaft hinauf.
21
Ihr Herrscher der Völker, wenn ihr Gefallen an Thronen und Zeptern habt, dann ehrt die Weisheit, damit ihr ewig herrscht.

Das Wesen und Wirken der Weisheit: 6,22 - 8,18

Einleitung

22 Ich will verkünden, was die Weisheit ist und wie sie wurde, und will euch kein Geheimnis verbergen. Ich will ihre Spur vom Anfang der Schöpfung an verfolgen, ihre Kenntnis will ich verbreiten und nicht an der Wahrheit vorbeigehen.
23
Verzehrender Neid soll mich nicht auf meinem Weg begleiten; denn er hat mit der Weisheit nichts gemein.
24
Eine große Anzahl von Weisen ist Heil für die Welt, ein kluger König ist Wohlstand für das Volk.
25
Laßt euch also durch meine Worte unterweisen; es wird euch von Nutzen sein.


7 1 Auch ich bin ein sterblicher Mensch wie alle anderen, Nachkomme des ersten, aus Erde gebildeten Menschen. Im Schoß der Mutter wurde ich zu Fleisch geformt,
2
zu dem das Blut in zehn Monaten gerann durch den Samen des Mannes und die Lust, die im Beischlaf hinzukam.
3
Geboren atmete auch ich die gemeinsame Luft, ich fiel auf die Erde, die Gleiches von allen erduldet, und Weinen war mein erster Laut wie bei allen.
4
In Windeln und mit Sorgen wurde ich aufgezogen;
5
kein König trat anders ins Dasein.
6
Alle haben den einen gleichen Eingang zum Leben; gleich ist auch der Ausgang.

Die Gottesgabe der Weisheit

7 Daher betete ich, und es wurde mir Klugheit gegeben; ich flehte, und der Geist der Weisheit kam zu mir.
8
Ich zog sie Zeptern und Thronen vor, Reichtum achtete ich für nichts im Vergleich mit ihr.
9
Keinen Edelstein stellte ich ihr gleich; denn alles Gold erscheint neben ihr wie ein wenig Sand, und Silber gilt ihr gegenüber soviel wie Lehm.
10
Ich liebte sie mehr als Gesundheit und Schönheit und zog ihren Besitz dem Lichte vor; denn niemals erlischt der Glanz, der von ihr ausstrahlt.
11
Zugleich mit ihr kam alles Gute zu mir, unzählbare Reichtümer waren in ihren Händen.
12
Ich freute mich über sie alle, weil die Weisheit lehrt, sie richtig zu gebrauchen, wußte aber nicht, daß sie auch deren Ursprung ist.
13
Uneigennützig lernte ich, und neidlos gebe ich weiter; ihren Reichtum behalte ich nicht für mich.
14
Ein unerschöpflicher Schatz ist sie für die Menschen; alle, die ihn erwerben, erlangen die Freundschaft Gottes. Sie sind empfohlen durch die Gaben der Unterweisung.

Bitte um die Gabe der Lehre

15 Mir aber gewähre Gott, nach meiner Einsicht zu sprechen und zu denken, wie die empfangenen Gaben es wert sind; denn er ist der Führer der Weisheit und hält die Weisen auf dem rechten Weg.
16
Wir und unsere Worte sind in seiner Hand, auch alle Klugheit und praktische Erfahrung.
17
Er verlieh mir untrügliche Kenntnis der Dinge, so daß ich den Aufbau der Welt und das Wirken der Elemente verstehe,
18
Anfang und Ende und Mitte der Zeiten, die Abfolge der Sonnenwenden und den Wandel der Jahreszeiten,
19
den Kreislauf der Jahre und die Stellung der Sterne,
20
die Natur der Tiere und die Wildheit der Raubtiere, die Gewalt der Geister und die Gedanken der Menschen, die Verschiedenheit der Pflanzen und die Kräfte der Wurzeln.
21
Alles Verborgene und alles Offenbare habe ich erkannt; denn es lehrte mich die Weisheit, die Meisterin aller Dinge.

Das Wesen der Weisheit

22 In ihr ist ein Geist, gedankenvoll, heilig, einzigartig, mannigfaltig, zart, beweglich, durchdringend, unbefleckt, klar, unverletzlich, das Gute liebend, scharf,
23
nicht zu hemmen, wohltätig, menschenfreundlich, fest, sicher, ohne Sorge, alles vermögend, alles überwachend und alle Geister durchdringend, die denkenden, reinen und zartesten.
24
Denn die Weisheit ist beweglicher als alle Bewegung; in ihrer Reinheit durchdringt und erfüllt sie alles.
25
Sie ist ein Hauch der Kraft Gottes und reiner Ausfluß der Herrlichkeit des Allherrschers; darum fällt kein Schatten auf sie.
26
Sie ist der Widerschein des ewigen Lichts, der ungetrübte Spiegel von Gottes Kraft, das Bild seiner Vollkommenheit.
27
Sie ist nur eine und vermag doch alles; ohne sich zu ändern, erneuert sie alles. Von Geschlecht zu Geschlecht tritt sie in heilige Seelen ein und schafft Freunde Gottes und Propheten;
28
denn Gott liebt nur den, der mit der Weisheit zusammenwohnt.
29
Sie ist schöner als die Sonne und übertrifft jedes Sternbild. Sie ist strahlender als das Licht;
30
denn diesem folgt die Nacht, doch über die Weisheit siegt keine Schlechtigkeit.



8 1 Machtvoll entfaltet sie ihre Kraft von einem Ende zum andern und durchwaltet voll Güte das All.

Die Weisheit als Lehrerin der Tugend

2 Sie habe ich geliebt und gesucht von Jugend auf, ich suchte sie als Braut heimzuführen und fand Gefallen an ihrer Schönheit.
3
Im Umgang mit Gott beweist sie ihren Adel, der Herr über das All gewann sie lieb.
4
Eingeweiht in das Wissen Gottes, bestimmte sie seine Werke.
5
Ist Reichtum begehrenswerter Besitz im Leben, was ist dann reicher als die Weisheit, die in allem wirkt?
6
Wenn Klugheit wirksam ist, wer in aller Welt ist ein größerer Meister als sie?
7
Wenn jemand Gerechtigkeit liebt, in ihren Mühen findet er die Tugenden. Denn sie lehrt Maß und Klugheit, Gerechtigkeit und Tapferkeit, die Tugenden, die im Leben der Menschen nützlicher sind als alles andere.
8
Wenn jemand nach reicher Erfahrung strebt: sie kennt das Vergangene und errät das Kommende, sie versteht, die Worte schön zu formen und Rätselhaftes zu deuten; sie weiß im voraus Zeichen und Wunder und kennt den Ausgang von Perioden und Zeiten.

Die Weisheit als Lebensgefährtin

9 So beschloß ich, sie als Lebensgefährtin heimzuführen; denn ich wußte, daß sie mir guten Rat gibt und Trost in Sorge und Leid.
10
Mit ihr werde ich Ruhm beim Volke haben und trotz meiner Jugend vom Alter geehrt sein.
11
Ich werde als scharfsinniger Richter gelten und in den Augen der Mächtigen Staunen erregen.
12
Schweige ich, so warten sie in Spannung, spreche ich, so merken sie auf, rede ich länger, so legen sie die Hand auf den Mund.
13
Mit ihr werde ich Unsterblichkeit erlangen und ewigen Ruhm bei der Nachwelt hinterlassen.
14
Völker werde ich sorgsam leiten, und Nationen werden mir untertan sein.
15
Schreckliche Tyrannen werden mich fürchten, wenn sie von mir hören; in der Volksversammlung werde ich mich als tüchtig und im Krieg als tapfer erweisen.
16
Komme ich nach Hause, dann werde ich bei ihr ausruhen; denn der Umgang mit ihr hat nichts Bitteres, das Leben mit ihr kennt keinen Schmerz, sondern nur Frohsinn und Freude.
17
Als ich dies bei mir überlegte und in meinem Herzen erwog, daß das Leben mit der Weisheit Unsterblichkeit bringt,
18
die Freundschaft mit ihr reine Freude und die Mühen ihrer Hände unerschöpflichen Reichtum, daß stete Gemeinschaft mit ihr Klugheit bringt und das Zwiegespräch mit ihr Ruhm -, da ging ich auf die Suche nach ihr, um sie heimzuführen.

Salomos grosses Gebet: Das Walten der Weisheit in der Geschichte: 8,19 - 19,22

Das Gebet um Weisheit: 8,19 - 9,19

Einleitung

19 Ich war ein begabtes Kind und hatte eine gute Seele erhalten,
20
oder vielmehr: gut, wie ich war, kam ich in einen unverdorbenen Leib.
21
Ich erkannte aber, daß ich die Weisheit nur als Geschenk Gottes erhalten könne - und schon hier war es die Klugheit, die mich erkennen ließ, wessen Gnadengeschenk sie ist. Daher wandte ich mich an den Herrn und sprach zu ihm aus ganzem Herzen:



9 1 Gott der Väter und Herr des Erbarmens, du hast das All durch dein Wort gemacht.
2
Den Menschen hast du durch deine Weisheit erschaffen, damit er über deine Geschöpfe herrscht.
3
Er soll die Welt in Heiligkeit und Gerechtigkeit leiten und Gericht halten in rechter Gesinnung.
4
Gib mir die Weisheit, die an deiner Seite thront, und verstoß mich nicht aus der Schar deiner Kinder!
5
Ich bin ja dein Knecht, der Sohn deiner Magd, ein schwacher Mensch, dessen Leben nur kurz ist, und gering ist meine Einsicht in Recht und Gesetz.
6
Wäre einer auch vollkommen unter den Menschen, er wird kein Ansehen genießen wenn ihm deine Weisheit fehlt.
7
Du bist es, der mich zum König deines Volkes und zum Richter deiner Söhne und Töchter erwählt hat.
8
Du hast befohlen, einen Tempel auf deinem heiligen Berg zu bauen und einen Altar in der Stadt deiner Wohnung, ein Abbild des heiligen Zeltes, das du von Anfang an entworfen hast.
9
Mit dir ist die Weisheit, die deine Werke kennt und die zugegen war, als du die Welt erschufst. Sie weiß, was dir gefällt und was recht ist nach deinen Geboten.
10
Sende sie vom heiligen Himmel und schick sie vom Thron deiner Herrlichkeit, damit sie bei mir sei und alle Mühe mit mir teile und damit ich erkenne, was dir gefällt.
11
Denn sie weiß und versteht alles; sie wird mich in meinem Tun besonnen leiten und mich in ihrem Lichtglanz schützen.
12
Dann wird dir mein Handeln gefallen; ich werde dein Volk gerecht regieren und des Throns meines Vaters würdig sein.
13
Denn welcher Mensch kann Gottes Plan erkennen, oder wer begreift, was der Herr will?
14
Unsicher sind die Berechnungen der Sterblichen und hinfällig unsere Gedanken;
15
denn der vergängliche Leib beschwert die Seele, und das irdische Zelt belastet den um vieles besorgten Geist.
16
Wir erraten kaum, was auf der Erde vorgeht, und finden nur mit Mühe, was doch auf der Hand liegt; wer kann dann ergründen, was im Himmel ist?
17
Wer hat je deinen Plan erkannt, wenn du ihm nicht Weisheit gegeben und deinen heiligen Geist aus der Höhe gesandt hast?
18
So wurden die Pfade der Erdenbewohner gerade gemacht, und die Menschen lernten, was dir gefällt;19 durch die Weisheit wurden sie gerettet.


Die rettende Macht der Weisheit - sieben Beispiele: 10,1 - 11,4

Adam

10 1 Sie hat den Urvater der Welt nach seiner Erschaffung behütet, als er noch allein war; sie hat ihn aus seiner Sünde befreit
2
und ihm die Kraft gegeben, über alles zu herrschen.
3
Ein Ungerechter aber, der in seinem Zorn von ihr abfiel, ging durch seine Leidenschaft zugrunde, die ihn zum Brudermord trieb.

Noach

4 Die Weisheit hat die Erde, die seinetwegen überflutet wurde, wieder gerettet und den Gerechten auf wertlosem Holz durch die Wasser gesteuert.

Abraham

5 Als die Völker, einmütig nur in ihrer Schlechtigkeit, durch die Verwirrung ihrer Sprache getrennt wurden, erwählte sie den Gerechten und behütete ihn, so daß er vor Gott ohne Tadel war und trotz der Liebe zu seinem Kind stark blieb.

Lot

6 Als die Frevler zugrunde gingen, rettete sie einen Gerechten, so daß er vor dem Feuer fliehen konnte, das auf die fünf Städte fiel;
7
von ihrer Schlechtigkeit zeugen heute noch rauchendes Ödland und Pflanzen, die zur Unzeit Früchte tragen, und eine Salzsäule ragt als Denkmal einer ungläubigen Seele empor.
8
Jene, die an der Weisheit achtlos vorübergingen, erlitten nicht nur Schaden, weil sie das Gute nicht erkannten, sondern sie hinterließen auch den Lebenden ein Mahnmal ihrer Torheit, damit nicht verborgen bleibe, worin sie sich verfehlt hatten.
9
Die Weisheit aber rettete ihre Diener aus jeglicher Mühsal.

Jakob

10 Einen Gerechten, der vor dem Zorn des Bruders floh, geleitete sie auf geraden Wegen, zeigte ihm das Reich Gottes und enthüllte ihm heilige Geheimnisse. Sie machte ihn reich bei seiner harten Arbeit und vermehrte den Ertrag seiner Mühen.
11
Sie half ihm gegen die Habsucht seiner Unterdrücker und verschaffte ihm Wohlstand.
12
Sie beschützte ihn vor seinen Feinden und gab ihm Sicherheit vor seinen Verfolgern. In einem harten Kampf verlieh sie ihm den Siegespreis, damit er erkannte, daß Gottesfurcht stärker als alles andere ist.

Josef

13 Einen Gerechten, der verkauft worden war, ließ sie nicht im Stich, sondern bewahrte ihn vor der Sünde.
14
Sie stieg mit ihm in den Kerker hinab und verließ ihn während seiner Gefangenschaft nicht, bis sie ihm das königliche Zepter brachte und Gewalt über seine Bedrücker. Sie überführte alle, die ihn beschuldigt hatten, als Lügner und verlieh ihm ewigen Ruhm.

Das Volk Israel

15 Sie hat ein heiliges Volk, ein untadeliges Geschlecht, aus der Gewalt einer Nation gerettet, die es unterdrückte.
16
Sie ging in die Seele eines Dieners des Herrn ein und widerstand schrecklichen Königen durch Zeichen und Wunder.
17
Sie gab den Heiligen den Lohn ihrer Mühen und geleitete sie auf wunderbarem Weg. Sie wurde ihnen am Tag zum Schutz und in der Nacht zum Sternenlicht.
18
Sie führte sie durch das Rote Meer und geleitete sie durch gewaltige Wasser.
19
Ihre Feinde aber ließ sie in der Flut ertrinken und spülte sie aus der Tiefe des Abgrunds ans Land.
20
Darum plünderten die Gerechten die Frevler aus, sie priesen, Herr, deinen heiligen Namen und lobten einmütig deine schützende Hand.
21
Denn die Weisheit hat den Mund der Stummen geöffnet, und die Zungen der Unmündigen hat sie beredt gemacht.



11 1 Sie ließ alles gelingen, was sie unter der Führung des heiligen Propheten unternahmen.
2
Sie zogen durch eine unbewohnte Wüste und schlugen in unwegsamen Gegenden ihre Zelte auf.
3
Sie leisteten ihren Feinden Widerstand und wehrten ihre Gegner ab.
4
Als sie dürsteten und dich anriefen, wurde ihnen Wasser aus schroffem Fels gegeben, so daß sie ihren Durst stillen konnten aus hartem Gestein.

Das Volk Gottes und seine Feinde - sieben Vergleiche: 11,5-19,22

Das Wasser des Nil - das Wasser aus dem Felsen

5 Denn was ihren Feinden zur Strafe wurde, das empfingen sie als Wohltat in ihrer Not.
6
Der ständig fließende Strom wurde durch schmutziges Blut getrübt.
7
So wurden jene für den befohlenen Kindermord gestraft. Diesen aber gabst du wider Erwarten reichlich Wasser,
8
nachdem du ihnen vorher durch ihren Durst gezeigt hattest, wie ihre Gegner von dir bestraft wurden.
9
Denn als sie geprüft und, wenn auch nur milde, zurechtgewiesen wurden, da erkannten sie, wie die Frevler im Zorn gerichtet und gepeinigt worden waren.
10
Sie hast du wie ein mahnender Vater auf die Probe gestellt, die Frevler aber wie ein strenger König gerichtet und verurteilt.
11
Fern von den Gerechten wurden sie ebenso geplagt, wie damals, als sie ihnen noch nahe waren;
12
denn zweifaches Leid und Seufzen brachte ihnen die Erinnerung an das Vergangene:
13
Als sie nämlich hörten, daß ihre eigene Bestrafung jenen sogar zur Wohltat geworden war, da erkannten sie das Wirken des Herrn.
14
Den sie einst ausgesetzt und weggeworfen, den sie mit Hohn abgewiesen hatten, den mußten sie am Ende von allem bestaunen, nachdem sie einen viel schlimmeren Durst gelitten hatten als die Gerechten.

Erste Einschaltung: Gottes Art zu strafen

15 Zur Strafe für ihre frevlerische Torheit, in die sie sich verirrt hatten, als sie vernunftloses Gewürm und armseliges Ungeziefer verehrten, sandtest du ihnen eine Menge vernunftloser Tiere.
16
Sie sollten erkennen: Man wird mit dem gestraft, womit man sündigt.
17
Für deine allmächtige Hand, die aus ungeformtem Stoff die Welt gestaltet hat, wäre es keine Schwierigkeit gewesen, eine Menge von Bären gegen sie zu senden oder grimmige Löwen
18
oder unbekannte, neugeschaffene, wuterfüllte Tiere, die feuersprühenden Atem aushauchen oder zischenden Dampf ausstoßen oder schreckliche Funken aus den Augen sprühen.
19
Nicht nur ihre verderbliche Gewalt hätte sie zermalmen, schon ihr furchterregender Anblick hätte sie vernichten können.
20
Aber abgesehen davon hätten sie durch einen einzigen Hauch fallen können, verfolgt von deinem Strafgericht und fortgeweht vom Sturm deiner Macht. Du aber hast alles nach Maß, Zahl und Gewicht geordnet.
21
Denn du bist immer imstande, deine große Macht zu entfalten. Wer könnte der Kraft deines Arms widerstehen?
22
Die ganze Welt ist ja vor dir wie ein Stäubchen auf der Waage, wie ein Tautropfen, der am Morgen zur Erde fällt.
23
Du hast mit allen Erbarmen, weil du alles vermagst, und siehst über die Sünden der Menschen hinweg, damit sie sich bekehren.
24
Du liebst alles, was ist, und verabscheust nichts von allem, was du gemacht hast; denn hättest du etwas gehaßt, so hättest du es nicht geschaffen.
25
Wie könnte etwas ohne deinen Willen Bestand haben, oder wie könnte etwas erhalten bleiben, das nicht von dir ins Dasein gerufen wäre?
26
Du schonst alles, weil es dein Eigentum ist, Herr, du Freund des Lebens.



12 1 Denn in allem ist dein unvergänglicher Geist.
2
Darum bestrafst du die Sünder nur nach und nach; du mahnst sie und erinnerst sie an ihre Sünden, damit sie sich von der Schlechtigkeit abwenden und an dich glauben, Herr.
3
Du hast auch die früheren Bewohner deines heiligen Landes gehaßt,
4
weil sie abscheuliche Verbrechen verübten, Zauberkünste und unheilige Festbräuche;
5
sie waren erbarmungslose Kindermörder und verzehrten beim Opfermahl Menschenfleisch und Menschenblut. Darum beschlossest du, mitten im Gelage die Teilnehmer
6
und deren Eltern, die mit eigener Hand hilflose Wesen töteten, durch die Hände unserer Väter zu vernichten;
7
denn das Land, das dir vor allen anderen teuer ist, sollte eine seiner würdige Bevölkerung von Gotteskindern erhalten.
8
Doch selbst mit jenen gingst du schonend um, weil sie Menschen waren; du sandtest deinem Heer Hornissen voraus, um sie nach und nach zu vernichten.
9
Obgleich du die Macht hattest, in einer Schlacht die Frevler den Gerechten in die Hand zu geben, oder sie durch wilde Tiere oder ein unerbittliches Wort mit einem Schlag auszurotten,
10
vollzogst du doch erst nach und nach die Strafe und ließest so Zeit für die Umkehr. Dabei wußtest du genau, daß ihr Ursprung böse und ihre Schlechtigkeit angeboren war und daß sich ihr Denken in Ewigkeit nicht ändern werde;
11
sie waren schon von Anfang an ein verfluchter Stamm. Keine Furcht vor irgend jemand hat dich dazu bestimmt, sie für ihre Sünden ohne Strafe zu lassen.
12
Denn wer darf sagen: Was hast du getan? Wer vermag sich deinem Urteilsspruch zu widersetzen? Wer könnte dich anklagen wegen des Untergangs von Völkern, die du selbst geschaffen hast? Wer wollte gegen dich auftreten als Anwalt schuldiger Menschen?
13
Denn es gibt keinen Gott außer dir, der für alles Sorge trägt; daher brauchst du nicht zu beweisen, daß du gerecht geurteilt hast.
14
Kein König und kein Herrscher kann dich zur Rede stellen wegen der Menschen, die du gestraft hast.
15
Gerecht, wie du bist, verwaltest du das All gerecht und hältst es für unvereinbar mit deiner Macht, den zu verurteilen, der keine Strafe verdient.
16
Deine Stärke ist die Grundlage deiner Gerechtigkeit, und deine Herrschaft über alles läßt dich gegen alles Nachsicht üben.
17
Stärke beweist du, wenn man an deine unbeschränkte Macht nicht glaubt, und bei denen, die sie kennen, strafst du die trotzige Auflehnung.
18
Weil du über Stärke verfügst, richtest du in Milde und behandelst uns mit großer Nachsicht; denn die Macht steht dir zur Verfügung, wann immer du willst.
19
Durch solches Handeln hast du dein Volk gelehrt, daß der Gerechte menschenfreundlich sein muß, und hast deinen Söhnen die Hoffnung geschenkt, daß du den Sündern die Umkehr gewährst.
20
Du hast die Feinde deiner Kinder, auch wenn sie den Tod verdienten, sehr nachsichtig und nur nach und nach gestraft und ihnen Zeit und Möglichkeit gegeben, sich von ihrer Schlechtigkeit abzuwenden.
21
Aber wieviel umsichtiger noch hast du deine Söhne bestraft, deren Vätern du Gutes verheißen hast, als du mit ihnen unter Eid den Bund schlossest.
22
Während du uns erziehst, geißelst du unsere Feinde zehntausendfach, damit wir als Richter deine Güte uns zum Vorbild nehmen und auf Erbarmen hoffen, wenn wir selber vor dem Gericht stehen.
23
Du hast jene, die in Torheit und Unrecht dahinlebten, mit ihren eigenen Greueln gepeinigt.
24
Allzuweit waren sie in die Irre gegangen, als sie die allerhäßlichsten und verachtetsten Tiere für Götter hielten und wie unverständige Kinder sich täuschen ließen.
25
Darum hast du ihnen wie unvernünftigen Kindern eine Strafe gesandt, die sie zum Gespött machte.
26
Wer sich aber durch eine Strafe, die ihn zum Gespött macht, nicht warnen läßt, der wird eine Strafe erleiden, die der Macht Gottes entspricht.
27
In ihren Leiden wurden sie zornig über die Tiere, die sie für Götter hielten und mit denen sie jetzt gestraft wurden. So erfuhren sie jenen, von dem sie vorher nichts wissen wollten, und erkannten ihn als den wahren Gott; deshalb war ja auch die äußerste Strafe über sie gekommen.



Sabedoria (EUS) 1