Die Priester sollen immer und überall Menschen des Friedens sein

Ansprache bei der Generalaudienz am 22 September 1993

 

1. Die priesterliche Gemeinschaft über die wir mehrmals in den vorhergehenden Katechesen gesprochen haben ist nicht zu trennen von der kirchlichen Gemeinschaft sondern gehört zu ihrem innersten Wesen Sie ist ihr Wesenskern und steht ständig in Verbindung mit allen anderen Gliedern des Leibes Christi Dieser lebendigen Gemeinschaft dienen die Priester in ihrer Eigenschaft als Hirten kraft des Weihesakraments und der Sendung mit der die Kirche sie betraut hat.

Beim II. Vatikanischen Konzil hat die Kirche versucht, in den Priestern dieses Bewußtsein der Zugehörigkeit und der Teilhabe neu zu beleben, damit jeder von ihnen daran denkt, daß er zwar ein Hirt, aber weiterhin auch ein Christ ist, der allen Anforderungen seiner Taufe entsprechen und als Bruder unter allen anderen Getauften leben soll, im Dienst „ein und desselben Leibes Christi, dessen Auferbauung allen anvertraut ist" (Presbyterorum ordinis, Nr. 9). Es ist wichtig, daß das Konzil gemäß der Ekklesiologie des Leibes Christi den brüderlichen Charakter der Beziehungen des Priesters zu den anderen Gläubigen unterstreicht, so wie es bereits den brüderlichen Charakter der Beziehungen des Bischofs zu den Priestern bekräftigt hat. In der christlichen Gemeinschaft sind die Beziehungen grundlegend brüderlich, wie Jesus in „seinem" Auftrag gefordert hat, den der Apostel Johannes im Evangelium und in den Briefen so beharrlich unterstreicht (vgl. Joh 13, 14: 15,12. 17; 1 Joh 4, 11. 21) Jesus selbst sagt zu seinen Jüngern: „Ihr alle .... seid Bruder" (Mt 23,8).

 

2. Nach der Lehre Jesu heißt der Gemeinschaft vorstehen nicht, über sie zu herrschen, sondern ihr zu dienen. Er selbst hat uns das Beispiel des Hirten gegeben, der seine Herde weidet und ihr dient, und er hat verkündet, daß er nicht gekommen ist, um bedient zu werden, sondern um zu dienen (vgl. Mk 10,45; Mt 20,28). Wenn er Jesus, den guten Hirten und einzigen Herrn und Meister (vgl.; Mt 23,8), betrachtet, versteht der Priester, daß er weder die eigene Ehre noch das eigene Interesse suchen kann, sondern nur das, was Jesus Christus gewollt hat, so daß er sich in den Dienst seines Reiches in der Welt stellt. Deshalb weiß er - und das Konzil erinnert ihn daran daß er sich als Diener aller, mit ehrlicher und hochherziger Selbsthingabe verhalten soll, indem er alle mit dem Dienst verbundenen Opfer auf sich nimmt und immer daran denkt, daß Jesus Christus, der einzige Herr und Meister, gekommen ist, um zu dienen, und es getan hat, um „sein Leben hinzugeben als Lösegeld für viele" (Mt 20,28).

 

3. Das Problem der Beziehungen der Priester zu den anderen Gläubigen in der christlichen Gemeinschaft ist von besonderer Bedeutung in bezug auf die sogenannte Laienschaft die als solche außerordentliches Gewicht in unserer Zeit besitzt durch das neue Bewußtsein von der entscheidenden Rolle die die Laienchristen in der Kirche spielen.

Bekanntlich haben die geschichtlichen Umstände die kulturelle und organisatorische Wiedergeburt der Laienschaft besonders im 19 Jahrhundert begünstigt und in der Kirche hat sich zwischen den zwei Weltkriegen eine Theologie der Laienschaft entwickelt, die zum besonderen Konzilsdekret Apostolicam actuositatem und noch weiter zur gemeinschaftlichen Sicht der Kirche geführt hat, die in der dogmatischen Konstitution Lumen Gentium dargelegt ist, und zu der Rolle, die dort der Laienschaft zuerkannt wird.

Was die Beziehungen der Priester zu den Laien betrifft, so betrachtet sie das Konzil in bezug auf eine lebendige, aktive und organische Gemeinschaft, die zu bilden und zu leiten der Priester berufen ist. Zu diesem Zweck empfiehlt das Konzil den Priestern die Wurde der Laien wirklich zu fordern die Wurde der Menschen die durch die Taufe zur Gotteskindschaft erhoben und mit den Gnadengaben bekleidet werden. Für jeden von ihnen bringt die göttliche Gnade eine eigene Aufgabe in der kirchlichen Heilssendung mit sich, auch in den Bereichen wie Familie, Gesellschaft, Beruf, Kultur usw., wo die Priester gewöhnlich nicht die besonderen Aufgaben der Laien erfüllen können (vgl. Presbyterorum ordinis, Nr. 9). Das Bewußtsein dieser Besonderheit soll sowohl von den Laien als auch von den Priestern immer mehr entwickelt werden aufgrund eines verstärkten Sinnes der kirchlichen Zugehörigkeit und Teilhabe.

 

4. Dem Konzil entsprechend sollen die Priester die rechte Freiheit der Laien achten die als Kinder Gottes vom Heiligen Geist beseelt sind In dieser Atmosphäre der Achtung der Würde und Freiheit ist die Mahnung des Konzils an die Priester zu verstehen: „Sie sollen gern auf die Laien hören, ihre Wünsche brüderlich erwägen und ihre Erfahrung und Zuständigkeit in den verschiedenen Bereichen des menschlichen Wirkens anerkennen, damit sie gemeinsam mit ihnen die Zeichen der Zeit verstehen können." Die Priester werden versuchen, mit Hilfe des Herrn die Charismen der Laien, „schlichte wie bedeutendere, mit Glaubenssinn aufspüren, freudig anerkennen und mit Sorgfalt hegen" (ebd.).

Es ist wichtig und interessant, daß das Konzil feststellt: „Unter den Gaben Gottes, die sich reichlich bei den Gläubigen finden, verdienen die eine besondere Pflege, die nicht wenige zu einem intensiveren geistlichen Leben anspornen" (ebd.). Gott sei Dank, wissen wir, daß sich viele Gläubige - auch in der Kirche von heute und oft sogar über ihre sichtbaren Vereinigungen hinaus - dem Gebet, der Meditation, der Buße widmen oder widmen wollen (zumindest der täglichen Arbeit die fleißig und geduldig verrichtet wird, und dem schwierigen Zusammenleben) mit oder ohne unmittelbare Verpflichtung zum aktiven Apostolat. Sie fühlen häufig das Bedürfnis nach einem priesterlichen Berater oder sogar geistlichen Führer, der sie empfängt, anhört und in christlicher Freundschaft bescheiden und liebevoll behandelt. Man konnte sagen daß die moralische und soziale Krise unserer Zeit mit den Problemen die sich sowohl für den Einzelnen als auch für die Familien stellen dieses Bedürfnis nach priesterlicher Hilfe im geistlichen Leben starker spuren laßt Eine neue Einsicht und neue Hingabe an den Beichtdienst und die geistliche Führung ist den Priestern lebhaft zu empfehlen auch in bezug auf die neuen Forderungen der Laien die eifriger danach streben den Weg der vom Evangelium vorgezeichneten christlichen Vollkommenheit zu gehen.

 

5. Das Konzil empfiehlt den Priestern die Mitarbeit der Laien im Apostolat und in der Seelsorge innerhalb der Christengemeinde anzuerkennen zu fordern und zu nähren und nicht zu zögern ihnen Ämter zum Dienst in der Kirche anzuvertrauen ihnen Freiheit und Raum zum Handeln zu lassen (ebd.) Wir befinden uns folgerichtig im Bereich der Achtung der Wurde und der Freiheit der Kinder Gottes aber auch des Dienstes im Sinn des Evangeliums Dienst in der Kirche sagt das Konzil Es ist gut zu wiederholen daß das alles ein lebendiges Gefühl der Zugehörigkeit zur Gemeinschaft und der aktiven Teilhabe an ihrem Leben voraussetzt. Und noch tiefer den Glauben und das Vertrauen auf die Gnade die in der Gemeinschaft und ihren Gliedern wirksam ist.

Als Bezugspunkt kann für den Seelsorgedienst in diesem Bereich das dienen was das Konzil sagt das heißt daß die Priester mitten unter den Laien (leben) um alle zur Einheit in der Liebe zu führen (ebd.) Alles kreist um diese Hauptwahrheit und insbesondere um die Öffnung und Aufnahme für alle das ständige Bemühen den Eintracht zu bewahren oder wiederherzustellen den Einklang die Versöhnung zu begünstigen die gegenseitige Verständnisbereitschaft zu fordern und eine Atmosphäre des Friedens zu schaffen Ja die Priester sollen immer und überall Menschen des Friedens sein.

 

6. Das Konzil vertraut den Priester diese Friedensmission für die Gemeinschaft an: Frieden in der Liebe und Wahrheit Ihre Aufgabe ist es darum die verschiedenen Meinungen so in Einklang zu bringen daß niemand sich in der Gemeinschaft der Gläubigen fremd fühlt. Sie sind die Verfechter des gemeinsamen Wohls für das sie im Namen des Bischofs Sorge tragen und zugleich die entschiedenen Verteidiger der Wahrheit damit die Gläubigen nicht von jedem Wind der Lehre hin und her getrieben werden Ihrer besonderen Sorge sind die anvertraut die die Sakramente nicht mehr empfangen ja vielleicht sogar vom Glauben abgefallen sind sie werden es nicht unterlassen als gute Hirten gerade auch ihnen nachzugehen (ebd.).

Ihre Sorge gilt folglich allen in und außerhalb des Schafstalls entsprechend den Anforderungen der missionarischen Dimension, die heute nicht anders als seelsorglich sein kann Vor diesem pastoralen Hintergrund wird jeder Priester das Problem der Kontakte mit den Nichtglaubenden sehen die keiner Kirche angehören ja sich sogar als gottlos bezeichnen Er wird sich von der Hirtenliebe gedrängt zu allen hinge zogen fühlen. Allen wird er die Türen der Gemeinschaft zu öffnen versuchen. Das Konzil erinnert hier die Priester an das besondere Augenmerk das sie auf die Brüder richten sollen die nicht in voller kirchlicher Gemeinschaft mit uns stehen Das ist der ökumenische Horizont Das Konzil schließt mit der Aufforderung an die Priester, „alle diejenigen sich anvertraut zu wissen, die Christus nicht als ihren Erlöser anerkennen (ebd.) Christus bekanntmachen ihm die Türen der Sinne und der Herzen öffnen an seinem immer neuen Kommen in die Welt mitarbeiten Das ist der Hauptzweck des Hirtendienstes.

 

7. Es handelt sich um einen schweren Auftrag der den Priestern von Christus durch die Kirche zukommt. Verständlicherweise bittet das Konzil alle Gläubigen um ihre Mitarbeit, die sie als Hilfe bei der Arbeit, bei der Bewältigung von Schwierigkeiten und vielmehr noch durch ihr Verständnis und ihre Liebe zu leisten imstande sind. Die Gläubigen sind das andere Ende der Liebesbeziehung, die zwischen den Priestern und der gesamten Gemeinschaft bestehen soll. Die Kirche, die ihren Priestern Aufmerksamkeit und Sorge gegenüber den Gläubigen empfiehlt, ruft die Gläubigen ihrerseits zur Solidarität gegenüber den Hirten auf: „Die Christgläubigen aber sollen sich bewußt sein, daß sie ihren Priestern gegenüber in Schuld stehen. Darum mögen sie diesen als ihren Hirten und Vätern in Kindesliebe verbunden sein. Sie sollen an den Sorgen und Nöten ihrer Priester Anteil nehmen und ihnen durch Gebet und Tat nach Kräften helfen (ebd.).

Das wiederholt der Papst, indem er an alle Laienchristen einen dringenden Aufruf im Namen Jesu, unseres einzigen Herrn und Meisters, richtet: Helft euren Hirten durch das Gebet und durch die Tat! Liebt und unterstützt sie bei der täglichen Ausübung ihres Dienstes.

 

In deutscher Sprache sagte der Papst:

 

Liebe Schwestern und Brüder!

 

In der Petersbasilika heiße ich alle deutschsprachigen Pilger und Besucher herzlich willkommen und verleihe meiner Freude Ausdruck daß Ihr so zahlreich dem Nachfolger Petri Eure Verbundenheit bekundet.

Mein besonders herzlicher Willkommensgruß gilt der großen Zahl von Schülerinnen und Schülern aus Deutschland. Für das begonnene Schuljahr erbitte ich Euch Gottes Segen und wünsche Euch viel Erfolg Ferner grüße ich die Polizeibeamten aus Nordrhein Westfalen ich danke. Euch für Euren treuen Dienst am Mitmenschen Außerdem heiße ich den Kirchenchor der Pfarrei Eversberg sowie die Professoren, Studentinnen und Studenten der Theologie der Philipps-Universität Marburg herzlich willkommen.

Euch Euren lieben Angehörigen zu Hause sowie den mit uns über Radio Vatikan und das Fernsehen verbundenen Gläubigen erteile ich von Herzen meinen Apostolischen Segen.