Die Teilhabe der Laien am Priestertum Christi

Ansprache bei der Generalaudienz am 14. Dezember 1993

1. In den vorhergegangenen Katechesen über die Laien haben wir mehrmals den Dienst zum Lobpreis Gottes und die anderen Kultaufgaben angedeutet, die den Laien zustehen. Heute wollen wir dieses Thema naher behandeln, ausgehend von den Texten des II. Vatikanischen Konzils, wo wir lesen: „Da der ewige Hohepriester Christus Jesus auch durch die Laien sein Zeugnis und seinen Dienst fortsetzen will, macht er sie durch seinen Geist lebendig und treibt sie unaufhörlich an zu jedem guten und vollkommenen Werk" (Lumen Gentium, Nr. 34). Unter diesem Antrieb des Heiligen Geistes entsteht in den Laien eine Teilhabe am Priestertum Christi in der Form, die wir seinerzeit als allgemein für die ganze Kirche bezeichnet haben und in der alle, auch die Laien, gerufen sind, Gott geistliche Verehrung zu erweisen. „Denen nämlich, die er mit seinem Leben und seiner Sendung innigst verbindet, gibt er (Christus) auch Anteil an seinem Priesteramt zur Ausübung eines geistlichen Kultes zur Verherrlichung Gottes und zum Heil der Menschen. Deshalb sind die Laien Christus geweiht und mit dem Heiligen Geist gesalbt und dadurch wunderbar dazu berufen und ausgerüstet, daß immer reichere Früchte des Geistes in ihnen hervorgebracht werden" (ebd.).

2. Wir sehen, daß das Konzil sich nicht darauf beschränkt, anzuerkennen, daß die Laien „des priesterlichen, prophetischen und königlichen Amtes Christi auf ihre Weise teilhaftig" sind (Lumen Gentium, Nr. 31), sondern klar sagt, daß Christus selbst die Ausübung seines Priestertums in ihrem Leben fortführt, wo sich deshalb die Teilhabe am allgemeinen Priestertum der Kirche im Auftrag und durch das Werk Christi, des ewigen und einzigen Hohenpriesters, vollzieht.

Und weiter: Dieses priesterliche Werk Christi an den Laien wird durch den Heiligen Geist vollbracht. Christus „macht sie durch seinen Geist lebendig". Das hat Jesus verheißen, als er den Grundsatz verkündete, daß der Geist lebendig macht (vgl. Joh 6,63). Der, welcher am Pfingsttag gesandt wurde, die Kirche zu bilden, hat die ständige Aufgabe, das Priestertum und die priesterliche Tätigkeit Christi in der Kirche auch in den Laien zu entwickeln, die durch die Taufe im vollen Sinn Glieder des Leibes Christi sind. Denn durch die Taufe beginnt die Gegenwart und priesterliche Wirksamkeit Christi in jedem Glied seines Leibes, in das der Heilige Geist die Gnade eingießt und das Merkmal einprägt, während er dem Glaubenden die Fähigkeit verleiht, an dem von Christus in der Kirche ausgeübten Gottesdienst zur Ehre des Vaters lebendig teilzuhaben. Bei der Firmung verleiht er den Gläubigen die Fähigkeit, sich als reife Menschen im Glauben einzusetzen im Dienst des Bezeugens und in der Verbreitung des Evangeliums, der zur Sendung der Kirche gehört (vgl. Thomas von Aquin, Summa Theologica, III,q.63, a.3; q.72, aa.5-6).

3. Durch diese Vermittlung seines Priestertums schenkt Christus allen seinen Gliedern, auch den Laien (vgl. Lumen Gentium, Nr. 34), die Fähigkeit, in ihrem Leben jenen Gottesdienst zu verwirklichen, den er selbst „den Vater anbeten ... im Geist und in der Wahrheit" nennt (Joh 4,23). Durch die Ausübung eines solchen Gottesdienstes hat der Gläubige, beseelt vom Heiligen Geist, am Opfer des menschgewordenen Wortes und an seiner Sendung als Hoherpriester und Welterlöser teil.

Gemäß dem Konzil sind die Laien gerufen, in dieser transzendenten priesterlichen Wirklichkeit des Geheimnisses Christi ihr ganzes Leben als geistliches Opfer darzubringen und so mit der Kirche an der vom Erlöser unaufhörlich gewirkten Heiligung der Welt mitzuarbeiten. Das ist die hohe Sendung der Laien: „Es sind nämlich alle ihre Werke, Gebete und apostolischen Unternehmungen, ihr Ehe- und Familienleben, die tägliche Arbeit, die geistige und körperliche Erholung, wenn sie im Geist getan werden, aber auch die Lasten des Lebens, wenn sie geduldig ertragen werden, ‚geistige Opfer, wohlgefällig vor Gott durch Jesus Christus‘ (1 Petr 2,5). Bei der Feier der Eucharistie werden sie mit der Darbringung des Herrenleibes dem Vater in Ehrfurcht dargeboten. So weihen auch die Laien, überall Anbeter in heiligem Tun, die Welt selbst Gott" (Lumen Gentium, Nr. 34; vgl. Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 901).

4. Der geistliche Kult bringt eine Teilhabe der Laien an der Eucharistiefeier mit sich, dem Kern der ganzen Ökonomie der Beziehungen zwischen den Menschen und Gott in der Kirche. In diesem Sinn nehmen die Laien teil „am priesterlichen Amt Christi, durch das Jesus sich selbst am Kreuz geopfert hat und sich in der Feier der Eucharistie ständig neu für die Verherrlichung des Vaters und für das Heil der Menschheit darbringt" (Christifideles laici, Nr. 14). In der Eucharistiefeier haben die Laien aktiv teil durch die Darbringung ihrer selbst in Einheit mit Christus, dem Priester und Opfer; und diese ihre Darbringung hat kirchliche Bedeutung kraft des Taufprägemals, das sie befähigt, Gott durch Christus und in der Kirche den offiziellen Gottesdienst der christlichen Religion darzubringen (vgl. Thomas von Aquin, Summa Theologica III, a.63, a.3). Die sakramentale Teilhabe am eucharistischen Mahl regt ihre Opfergabe an und vervollkommnet sie, indem sie ihnen die sakramentale Gnade eingießt und hilft, entsprechend den Anforderungen des mit Christus und der Kirche vollbrachten Opfers zu leben und wirken.

5. Hier müssen wir die Bedeutung der von der Kirche vorgeschriebenen Teilnahme an der sonntäglichen Eucharistiefeier hervorheben. Sie ist für alle der höchste Akt des Gottesdienstes in der Ausübung des allgemeinen Priestertums, wie es das sakramentale Meßopfer in der Ausübung des priesterlichen Dienstes für die Priester ist. Die Teilnahme am eucharistischen Mahl ist für alle eine Voraussetzung zur lebendigen Vereinigung mit Christus, wie er selbst gesagt hat: „Wenn ihr das Fleisch des Menschensohnes nicht eßt und sein Blut nicht trinkt, habt ihr das Leben nicht in euch" (Joh 6,53).

Der Katechismus der Katholischen Kirche ruft allen Gläubigen die Bedeutung der sonntäglichen Teilnahme an der Eucharistie in Erinnerung (vgl. Katechismus der Katholischen Kirche, Nrn. 2181-2182).

Hier möchte ich schließen mit den bekannten Worten aus dem ersten Petrusbrief, welche die Rolle der Laien umschreiben, die am kirchlichen eucharistischen Geheimnis teilhaben: „Laßt euch als lebendige Steine zu einem geistigen Haus aufbauen, zu einer heiligen Priesterschaft, um durch Jesus Christus geistige Opfer dar zubringen, die Gott gefallen" (]Petr 2,5).

In deutscher Sprache sagte der Papst:

Liebe Schwestern und Brüder!

Ausgangspunkt unserer heutigen Katechese über die Teilhabe der Laien am priesterlichen Dienst Christi soll eine Aussage des Konzils sein, wo es heißt: „Da der ewige Hohepriester Christus Jesus auch durch die Laien sein Zeugnis und seinen Dienst fortsetzen will, macht er sie durch seinen Geist lebendig und treibt sie unaufhörlich an zu jedem guten und vollkommenen Werk" (Lumen Gentium, Nr. 34). Im Heiligen Geist gewinnen die Laien Teilhabe am Priestertum Christi in einer Form, die allen Gliedern der Kirche gemeinsam ist und wonach auch die Laien berufen sind, Gott gegenüber den geistlichen Kult auszuüben. Das Konzil spricht den Laien Teilhaftigkeit am „priesterlichen, prophetischen und königlichen Amt Christi zu" (Lumen Gentium, Nr. 31) und stellt fest, daß Christus selbst durch sein Priestertum in ihrem Leben wirkt. Durch die Kraft des Heiligen Geistes verleiht Christus allen Gliedern der Kirche die Fähigkeit, in ihrem Leben zu verwirklichen, was er selbst „den Vater im Geist und in der Wahrheit anbeten" (Joh 4,22) nannte.

Der geistliche Kult beinhaltet eine Teilhabe der Laien an der eucharistischen Feier, dem Mittelpunkt der Beziehungen zwischen Gott und den Menschen in der Kirche. So erinnert der Katechismus der Katholischen Kirche alle Gläubigen an die Teilnahme an der sonntäglichen Eucharistiefeier (vgl. Katechismus der Katholischen Kirche, Nrn. 2181-2182).

Mit dieser kurzen Betrachtung grüße ich alle deutschsprachigen Pilger und Besucher sehr herzlich. Zum bevorstehenden Weihnachtsfest erbitte ich den Glauben, die Liebe und die Offenheit des Herzens, die euch ein neues Verstehen des tiefen Inhaltes von Weihnachten und Epiphanie schenken möge, das mehr erfahren läßt als äußere Wahrnehmung. Euch allen und Euren Lieben daheim erteile ich von Herzen meinen Apostolischen Segen.