Tagung zur Priesterausbildung fünfzehn Jahre nach
Pastores dabo vobis
Pontificio Collegio spagnolo di San Giuseppe
Rom, den 7. November 2008
Herausforderungen für die Priesterausbildung heute
Wesen und Sendung des Priesteramtes
Beitrag von S.H.E. Mons. Mauro Piacenza, Titular-Erzbischof von
Vittoriana,
Sekretär der Kongregation für den Klerus
Eminenzen und Hochwürdigste
Exzellenzen,
Hochwürdigster
Rektor,
Ehrwürdige, liebe
Mitbrüder,
Es freut mich
sehr unter Ihnen zu sein, um die Arbeiten dieser Tagung zu eröffnen, die
Pastores dabo vobis als Ausgangspunkt hat. Das Nachsynodale Apostolische
Schreiben des Diener Gottes, Papst Johannes Paul II. stellt nach den Dekreten
des II. Vatikanischen Konzils, Optatam totius und Presbiterorum ordinis den
bedeutsamsten und direktesten Bezugspunkt dar, sowohl für die
Priesterausbildung heute, wie für die korrekte Lektüre und Auslegung dieser
wertvollen Konzilstexte.
Die Aufgabe als
Sekretär der Kongregation für den Klerus ruft mich jeden Tag dazu auf, einen
tendenziell universellen und gewiss leidenschaftlichen Blick auf die Situation
des Klerus in der Welt zu werfen. Somit kann ich die Hingabe, das Zeugnis und
den großherzigen Pastoraldienst feststellen, den die Priester mit Treue leben.
Zugleich fehlen jedoch nicht die Sorgen für die aktuelle Situation, die vor
allem in bestimmten Regionen eine aufmerksame Kenntnis verlangt, um wirksam
überwunden werden zu können.
Am Nachmittag und
während der nächsten Tage werden Sie gemäß der klassischen, in Pastores dabo
vobis angegebenen Vierteilung, das Thema der Priesterausbildung angehen und
dabei die menschliche, geistliche, intellektuelle und pastorale Perspektive
berücksichtigen. In meinem Beitrag möchte ich deshalb den Akzent auf die
Fundamente der priesterlichen Berufung setzen, auf ihre von Christus selbst
gewollte tiefe Wesenhaftigkeit, die in zweitausend Jahren kirchlicher Tradition
aufgenommen ist. Es um den Dienst der Priester, insbesondere um den Weg zur
wirklichen Heiligung, zu dem uns der authentisch gelebte Dienst an Gott und den
Menschen führt.
!. Wesen und
Fundamente der priesterlichen Berufung
In Pastores dabo
vobis, Nr. 42 wird die Wurzel der priesterlichen Berufung im Dialog zwischen
Jesus und Petrus erkannt (Joh 21);“ Sich für das Priestertum ausbilden lassen
heißt, eine persönliche Antwort auf die entscheidende Frage Christi zu geben:
,Liebst du mich?. Für den künftigen Priester kann die Antwort nur die Ganzhingabe
seines Lebens sein".
Ich bin der
Ansicht, dass ein solcher geistlich-theologischer Bezug wichtige Folgen in sich
trägt, die wir noch untersuchen werden.
Vorher möchte ich
jedoch eine methodologische und semantische Prämisse über den Gebrauch des
Begriffs „Berufung“ anstellen. Ich habe den Eindruck, dass dieser Begriff nun
zu oft verwendet wird, um eher eigenständig getroffene Lebensentscheidungen und
weniger, um den spezifischen Ruf des Herrn aufzuzeigen. Die Folge davon ist,
dass jeglicher Beruf, Arbeit oder Lebensbedingung eine vermutliche Berufung
wird.
Mit der
Umschreibung einer theologischen Aussage von Kard. Cottier, gemäß dem „wenn
alles Gnade ist, nichts Gnade ist“, könnten wir sagen: “Wenn alles eine Berufung ist, ist nichts eine
Berufung!“.
Wenn alles
unterschiedslos als „Berufung“ dargestellt wird, führt dies zum Risiko einer
schlimmen Abflachung, eines künstlichen Horizontalismus und einer
„Normalisierung“ der Berufung, die als das Ergebnis einer rein menschlichen
Entscheidung erscheinen würde.
Wenn es stimmt, dass es nicht nur
zulässig, sondern eine Pflicht ist, zum Beispiel über „universelle Berufung zur
Heiligkeit“ oder über die „Berufung zum Leben“ zu sprechen, müssen wir
anerkennen, dass diese Sprache dem moralisch-theologischen Schema angehören von
dem P. Haring einen der wichtigsten Bezugspunkte darstellt und der die Heilsbeziehung
aufgrund des Diptychons: “Gott ruft – der Mensch antwortet“ ausgelegt hat. Wir
können nicht umhin, als die Verdienste einer solchen Position anzuerkennen,
müssen aber auch deren Grenzen sehen. Denn wenn diese nicht richtig verstanden
wird , läuft sie Gefahr die dramatische Realität der Erbsünde nicht ausreichend
zu berücksichtigen und somit wegen eines gewissen anthropologischen Optimismus
und Irenik auch zu „sündigen“.
Persönlich bin
ich davon überzeugt, dass wieder mit großer Klarheit zwischen „natürlicher
Berufung“ und „überirdischer Berufung“
unterschieden werden kann und muss, wobei nur der letzteren in engerem Sinne
die authentische Bedeutung der Berufung vorbehalten werden kann. In diesem
Sinne ist und bleibt die Ehe eine sehr schöne Realität, zu der jeder gesund
orientierte Mensch gerufen ist. Deshalb hätte es keinen Sinn hier über eheliche
„Berufung“ zu sprechen, wenn nicht zugleich geklärt wird, dass es sich weniger
um eine „Berufung“, sondern um eine „natürliche Neigung“ handelt.
Es wird dann die
sakramentale christliche Ehe sein, die mit dem „Akzent einer Berufung“
beschrieben werden kann, weil diese natürliche Einrichtung von unserem Herrn
zur Sakramentswürde erhoben worden ist (Katechismus der Katholischen Kirche Nr.
1601). Aber gewiss können nicht alle Gefühlsregungen des Menschen überirdischen
Ursprungs sein: Gut können wir uns vorstellen, was passieren würde, wenn jede
„Neigung“ des Menschen als göttliche „Berufung“ kanonisiert werden würde. Es
ist klar, dass ein solcher Ansatz einer Prüfung der Realität nicht standhält, vor
allem nicht beim universellen Drama der Sünde, bei der es nie zulässig ist,
Gott irgendeine Verantwortung dafür zuzuschreiben.
Wenn also über
„Berufung“ gesprochen wird, ist es notwendig die authentische Bedeutung der
Begriffe wiederherzustellen und dabei zu erkennen, dass allein das Christwerden
eine authentisch überirdische Berufung ist, wobei jedoch der Begriff nur den
Berufungen vorbehalten sein soll, die klassisch schon immer als solche
betrachtet worden sind (Berufung zum Priestertum, zum gottgeweihten Leben).
Wenn es wahr ist,
dass man nicht als Christen zur Welt kommt – kulturell in gewissem Sinne schon
– sondern, dass man zu Christen wird, durch die Begegnung mit einem Ereignis,
mit Christus, der unserem Leben einen neuen Horizont gibt (Deus caritas est,
1), dann ist es genauso wahr und unverzichtbar, dass die priesterliche Berufung
keine menschliche Entscheidung, sondern ein göttlicher Ruf ist. Es ist der
überirdische Eintritt Gottes in die menschliche Existenz! Ein Gott, der dazu
aufruft, ihm radikal, ganz zu folgen und auf alles zu verzichten, was
menschlich gut und erlaubt ist, um für ihn und die Welt das „Gelobte Land“ beim
Stamm Levi zu sein, der wegen der Gottesverehrung kein Land auf dieser Welt
besaß. Wir erinnern an den Psalm :“Der Herr ist mein Erbteil und mein Becher“
(Psalm 16,5).
Dieser Versuch
die Semantik des Begriffs „Berufung“ wiederzugewinnen hat enorme Konsequenzen
methodologischer Art, vor allem beim Unterscheidungsprozess der Berufung: Wenn
die Berufung ein überirdisches Ereignis ist, dann muss der
Unterscheidungsprozess mit überirdischen Methoden vollführt werden. Hingegen
wäre ein rein psychologisch technischer Unterscheidungsprozess für die Berufung
gewaltsam gegenüber dem Objekt, welches ex natura sui, die Methode der Kenntnis
durchsetzt.
Die Psychologie
ist eine natürliche Methode und deshalb unangebracht um die überirdische
Berufung zu erkennen. Die Humanwissenschaften können sich auch sehr nützlich
erweisen, um am „Menschlichen zu arbeiten“, das die überirdische Berufung
unterstützen muss, können jedoch nie ausschlaggebend beim Erkennen der Berufung
sein.
Es ist außerdem
vor Augen zu halten, dass der Herr, denen, die er ruft, auch mit der Gnade
einer besonderen „menschlichen Blütezeit“ beschenkt. Die Menschheit, die von
der Gnade der überirdischen Berufung zum Priestertum und, mehr im Allgemeinen,
zur Unbeflecktheit für das Reich Gottes berührt wird, erblüht wie man es nie
erwartet hätte, und wie die Erfahrung der Kongregation es bezeugt, verwelkt sie
plötzlich, wenn sie den Weg der Berufung aufgibt.
Die priesterliche Berufung ist deshalb
ein überirdisches Ereignis der Gnade, ein freier und souveräner Eingriff des
Herrn, der „die zu sich rief, die er erwählt hatte, und sie kamen zu ihm. Und
er setzte zwölf ein, die er bei sich haben und die er dann aussenden wollte“
(Mk 3,13 Pastores dabo vobis Nr. 65). Auf dieses überirdische Ereignis
antwortet die Freiheit des Menschen, indem sie dem göttlichen Willen zustimmt
und sich ihm schrittweise anpasst.
Wenn wir also zum
Incipit dieses Beitrags, zu Pastores dabo vobis 42 zurückkommen, könnten wir
sagen, dass das Fundament der priesterlichen Berufung die große,
leidenschaftliche, entflammende, ausschließliche und totalisierende
Liebesbeziehung zwischen Christus dem Herrn und dem Gerufenen ist. Ohne diese
„mitreißende“ Erfahrung, die das Leben verändert und in gewissem Sinne verwirrt,
gibt es in der Erlebnisgeschichte eines jeden keine authentische Berufung, kein
wirkliches Verstehen der großen Taten Gottes.
Diese Liebe, die
natürlich göttlichen Ursprung hat, berührt wirklich des Menschen Herz, die
Intelligenz, die Freiheit, den Willen und die Affektivität des Gerufenen, da
durch die tiefe Einheit des Menschen, alle Dimensionen des Ich’s wie „verzückt“
und durch den Ruf des Herrn zutiefst geprägt sind.
Diese Liebe für
den Herrn, einzige wirkliche Grundlage der Berufung, wird in einem Aspekt
dokumentiert, der heute leider nicht ausreichend hervorgehoben wird, aber eine
zentrale Stellung im Leben des Priesters und vorher des Seminaristen einnimmt:
die Liebe zur göttlichen Gegenwärtigkeit des Auferstandenen Christus in der
Eucharistie. Ich denke, dass die eucharistische Anbetung zu einer täglichen und
längeren Tätigkeit werden sollte und
zwar derart, dass sie sowohl für die Erst-, wie für die Weiterbildung
kennzeichnend ist. Was alles reift unter der eucharistischen Sonne heran? Und
wenn sich die Haut unter den Strahlen der astronomischen Sonne bräunt, welchen
Wachstumsprozess, „Christifizierung“ mag es dann unter den Strahlen der
eucharistischen Sonne geben? Die Berufung entsteht, wächst, entwickelt sich,
bleibt treu und fruchtbar nur in der starken Beziehung zu Christus.
Bei der Anbetung des gegenwärtigen Christus
muss das Intellekt verstehen, dass Jesus von Nazareth, Herr und Christus, die
einzige Wahrheit, die totale Wahrheit , der einzige, unersetzbare Heiland ist!
Wie könnte es sonst eine christliche Akkulturation für den zukünftigen Priester
geben? Womit könnte die Missionarität genährt
werden, die so dringlich wie ein Fluss mit hohem Wasserstand sein soll?
Natürlich sind
die Förderung der menschlichen Werte und ein allgemeines Solidaritätsempfinden
nicht ausreichende Gründe, um das Leben hinzugeben im täglichen Martyrium der
Unbeflecktheit, des Gehorsams, des Dienstes und – wenn man dazu gerufen – im
Martyrium Blutvergießens für das Zeugnis, das man ablegt. Man gibt nicht das
Leben hin für eine Idee oder einen „Wert“! Man gibt das Leben für eine Person
hin! Eine Person, die man kennt, die man liebt und von der man geliebt wird:
Das ist die Beziehung zu Christus, auch hinsichtlich der Intelligenz und der
wirklichen intellektuellen Bildung.
Durch die Anbetung des gegenwärtigen
Christus muss das Herz die Ausschließlichkeit dieser Liebe spüren. Eine Liebe,
die alles in uns und um uns herum entflammt! Die wirkliche Wurzel des heiligen
Zölibats ist diese Liebe. Weit davon entfernt, eine reine Disziplinarordnung zu
sein, wie einige zu verstehen geben wollen, ist das heilige Zölibat oder
besser, die Unbeflecktheit für das Reich Gottes, die existentielle Umsetzung
der Apostolica vivenda forma, die, wie Jesus selbst, Gott an erste und an die
einzige Stelle setzt, auch in der Liebe. Das „Gesetz“ ist nur eine
selbstverständliche Folge davon.
Durch die Anbetung
des gegenwärtigen Christus ist sogar der tiefere Sinn der Kirchenordnung zu
verstehen, das heißt, in der Kirche Jünger Christi sein. Die so gerügte
Kirchenordnung ist nichts anderes als die Nachfolge Christi! Und da müssen wir
dringend die Wurzeln wieder finden, die Liebe zu Christus und die Liebe für
alle Seelen, und zwar um Seinetwillen.
Die Anbetung des
gegenwärtigen Christus ist die wirkliche und eigentlich einzige „Schule des
Glücks“. In Christus macht auch das Opfer glücklich, weil es Teilnahme am
großen Heilsentwurf ist, den der Vater zum Heil aller Menschen gewollt hat.
Von diesem
Standpunkt her wird die Buße in ihrem überirdischen Wert zurück gewonnen und zu
einer echten Tugend in der Tradition,
die nie banal, und reich an Liebe und Zärtlichkeit für den Herrn ist, mit
ständigen Aufmerksamkeiten für ihn, mit der permanenten Memoria Crucis, die das
Leben der Märtyrer und der Mystiker kennzeichnet. So werden auch die „kleinen
Opfer“ auf richtige Weise wiedereingesetzt mit den Handlungen, die der Erinnerung
oder als Gabe dienen und die den Tag mit Christus und seiner Gegenwärtigkeit
füllen. Jedoch bedarf es der Demut, der Einfachheit und einer geistlichen
Kindheit.
Nur von diesem
Standpunkt her ist es auch in der Seminar- und Weiterbildung möglich mit dem
eigenen Fleische zu verstehen, was die Zugehörigkeit zum mystischen Leib und
das Handeln in Persona Christi bedeuten und zwar auch indem man durch das
eigene Leiden teilnimmt am Mysterium der vikarischen Substitution, das der
Priester aufgerufen ist täglich innerlich zu erleben.
Ein Priester, der dieses Bewusstsein über
die Gegenwärtigkeit Christi hat, wird ein Mensch Gottes sein, keusch, gehorsam,
ganz von sich selbst distanziert und deshalb: frei!
Der Gehorsam ist
in der Kirche gewiss ein Evangelischer Rat, eine moralische Tugend, aber vor
allem eine permanente Wiedererscheinung von Christus selbst „Gehorsam bis zum
Tod und bis zum Tod am Kreuz“( Phil 2,8). Es ist die Wiedererscheinung der
Liebe, welche die Erlösung ist, die vom Baum des Kreuzes strömt, die Gehorsam
ist und dieser Gehorsam ist Liebe, reine Liebe!
Nur unter diesen Beziehungen ist es
möglich zum wirklichen Sinn der Kirche zu erziehen, zur Liebe für die Heilige
Mutter, die uns alle gezeugt hat und zeugt, im Glauben und im heiligen
katholischen Priestertum.
Für zu lange Zeit
und an zu vielen Orten hat man es der Welt überlassen die Seminaristen zu
erziehen, die der Osmose mit dem Klima einer Gesellschaft überlassen wurden,
die relativistisch, hedonistisch, narzißtisch und letzten Endes anti-katholisch
ist!
Auf diese Weise
hat man es erlaubt, dass die Welt die Gedanken der Seminaristen geprägt hat,
das was sie sagen, die Kritik und Beurteilung der Mutter, das heißt, der
Kirche, das Nachgehen historisch-politischer Kategorien, die von einer Hermeneutik
der „Diskontinuität“ durchgesetzt werden, im Innern des einzigen kirchlichen
Subjekts. Schließlich sogar das Kleiden, das Singen und ein gewisses
unverantwortliches „Sexualisieren“ mit
unreifen und oberflächlichen Gesten, alles von der Welt veränderte Aspekte! Gut
wissen wir, dass Weltgeist und Gottes Geist sich in Opposition gegenüberstehen. So wie wir auch wissen, dass der
theologische Ort nicht die Welt ist, sondern die Kirche, die Gegenwärtigkeit
Christi in der Welt.
Worin unterscheiden
sich einige Seminaristen von ihren Altersgenossen?
Es ist nicht eine
Häresie, auf die der kirchliche Korpus sogleich reagiert hätte, sondern es ist ein
allgemeines Klima, das wie Nebel alles umhüllt und uns unfähig macht mit
Klarheit zwischen Gut und Böse, Wahr und Falsch, Tugend und Laster zu
unterscheiden.
Zum besseren
Verständnis könnten wir eine Analogie mit dem feststellen, was erst auf
philosophischer und dann auf volkstümlicher Ebene mit dem Begriff „modern“
geschehen ist: In der allgemeinen Sprache ist eine Sache gut, wenn sie modern
ist. Dabei ist es unwichtig, ob sie wahr oder falsch ist, ob sie dem Menschen
wirklich hilft oder schadet, danach ist nicht gefragt. Es reicht aus, dass
etwas „modern“ ist, und schon ist es sympathisch und wird sogar mit dem
Verstand und mit dem Herzen, und daher auch in den Gebräuchen aufgenommen.
Das gleiche
geschieht in einigen kirchlichen Bereichen: Man braucht nur die nun schon
berühmten Wendungen „nach dem Konzil“ oder „ nach dem Geist des Konzils“ gebrauchen
und keiner wagt es zu prüfen, ob bei dieser vortrefflichen Versammlung der
Väter bestimmte Aussagen wirklich gemacht worden sind.
Denken wir nur an
einige „Schlüsselwörter“ mit denen manchmal gute Berufungen gedemütigt und
verloren werden: „zu streng“, „zu sehr an die Form gebunden“, „nicht
aufgeschlossen für die Vielfalt“, „zu überzeugt“, „hat keinerlei Zweifel“, „hat
den Glauben nicht kritisch verarbeitet“, „bricht die Kommunion“ usw.
Jetzt muss die
Zweideutigkeit überwunden und das „Kind beim rechten Namen genannt“ werden,
denn solang keine Klarheit über die Gebrechen besteht, kann keine Behandlung
herausgefunden und keine wirklich katholische und moderne Bildung für den
zukünftigen Weltklerus geschaffen werden.
2: Der Dienst,
Weg der Heiligung
In Anbetracht
dessen, was hier dargelegt wurde, ist also zu verstehen wie der Dienst
dargestellt, aufgenommen und gelebt werden soll. Der Heilige Vater Benedikt
XVI. hat öfter und mit Klarheit, zum Beispiel in Deus caritas est wiederholt,
wie dringlich es ist, dass im kirchlichen Wirken und besonders im
Priesterdienst jegliche funktionalistische und aktivistische Reduktion
überwunden werden.
Die Besonderheit
der priesterlichen Berufung, die für das Leben und die Identität der Kirche
wesentlich und unersetzbar ist – was in Anbetracht der nicht wenigen Attentate
auf die Identität und somit auch auf den Pastoraldienst der Presbyter gesagt
werden muss – postuliert als logische Folge die Besonderheit des
Heiligungswegs, zu dem jeder Priester durch die Ausübung seines Dienstes
aufgerufen wird.
Auch in diesem
Fall entdecken wir erneut die zentrale Stellung der Eucharistie: Als Quelle und
Höhepunkt des gesamten Priesterdienstes ist sie zugleich der Impuls zum
moralischen Leben und zur Heiligung des Klerus.
Zelebrieren wir
sie also mit dem Staunen eines Kindes, mit dem tiefen Bewusstsein eines
Mystikers, mit der akkuraten Vorbereitung eines Verliebten und in der Stille
des Gebets eines Menschen, der weiß, dass er im Dienste Gottes steht und, der
fast entschwinden möchte, denn „Er muss wachsen, ich aber muss kleiner werden“
(Joh 3,30).
Der Dienst soll
sich dann nicht vom Leben des Priesters unterscheiden, der bei alldem was er
tut einen priesterlichen Stil bewahren muss, wie wenn er immer auf der
Altarstaffel stünde: in seinen menschlichen Zügen, in seiner Sprache, in seinem
Habitus, die eine spezifische Denkweise ausdrücken. Es geht darum immer wie der
gute Hirte zu handeln, der sich selbst hingibt für seine Schafe, der nie nur ein
reiner Verwalter, oder schlimmer, ein Söldner ist, sondern der es schafft die
Schafe anzuziehen, in den Schoß der heiligen Kirche.
Solche
menschlichen Züge entstehen nicht durch ein plötzliches Bemühen, sondern
aufgrund eines durch angemessene Erziehung erworbenes Bewusstsein darüber, dank
der göttlichen Gnade und Barmherzigkeit ein, (lateinisch gesagt): „alter Cristus“
zu sein, der auf der Welt unterwegs ist.
Das ist der Priester und das ist das
wirkliche Wesen der Pastoral!
Es geht darum, der Mode und dem
zeitgenössischen Trend nicht nachzugeben und womöglich in der Sünde nachzugehen,
im persönlichen, wie im sozialen Bereich, sondern es geht darum, die Schafe zu hüten,
besonders die verlorenen und die kranken. All dies mit dem brennenden Wunsch,
dass alle Christus, den einzig wirklichen Erlöser der Geschichte und des
Menschen kennen lernen können und sich zugleich die sichtbaren Grenzen der
Kirche ausdehnen bis zu den Grenzen der Welt.
Alle Menschen
sind „gerufen der Familie Christi anzugehören“. Der Priester wird heilig, indem
er in diesem Sinne wirkt, lebt und leidet damit alle, die ihm anvertraut sind
oder die er trifft, durch seinen Dienst und seine menschlichen Züge, Christus
wirklich erfahren können.
Somit kann der Priester nicht in der
Einsamkeit oder Isolierung Zuflucht suchen oder denken, dass der Eintritt in
das kanonische Rentenalter bedeutet, dass er aufhören kann sich um das Wohl der
Seelen zu kümmern.
Das Priestertum
ändert, auch sakramental gesehen, auf ontologische Weise denjenigen, der es
empfangen hat. Also ist man immer Priester, sogar bis über den Tod hinaus!
Es gibt keinen
Dienst, auch nicht der theologisch qualifizierte, der jemals den Priester
ersetzen kann.
Lasst uns zu
diesem Bewusstsein erziehen! Erneuern wir unsere Zugehörigkeit zu Christus und
unsere unermüdliche Liebe für die Eucharistie, bei der wir die Gnade empfangen
haben diese zu feiern.
Lasst uns den
Beichtstuhl lieben, als Ort, als Dienst, als Identifizierung mit dem
barmherzigen Christus, der uns die dreifaltige Liebe schenkt.
Möge die Heilige
Jungfrau Maria, Mutter der Priester, unseren Heiligungsweg schützen, unser
Bewusstsein dafür stärken, dass wir auch ihre Kinder sind. Möge sie durch ihre
inständige Allmacht der Kirche eine neue große Blütezeit der Berufungen und der
heiligen Priester schenken.
In diesem Sinne
schient mir eine Morgendämmerung am Himmelshorizont zu sein.
Danke.