Seliger Eduard Poppe
Pfarrer
(1890-1924)
«Haben Sie nicht gemerkt, welch lichtvoller Nimbus
die heiligen Priester einhüllt und alles um sie herum erleuchtet? Welche
Veränderungen sie bewirken durch die stille Predigt ihres heiligen Lebens! Wie
viele Nachahmer sie in ihre Nachfolge ziehen, indem sie sie in ihr
priesterliches Ideal mit einbinden! Möge Jesus uns die Gnade erweisen, dass wir
mit einem solchen Priester in Kontakt treten!» Der Verfasser dieser Zeilen,
Pfarrer Eduard Poppe (1890-1924) - den Papst Johannes-Paul II. am 3. Oktober
1999 seliggesprochen hat -, ahnte nicht, dass diese Worte sich auch auf seine
eigene Geschichte anwenden lassen werden.
Eduard Poppe wurde am 18.
Dezember 1890 in der Kleinstadt Temse in der Nähe von Gent (Belgien) geboren.
Sein Vater, Désiré, war Bäcker von Beruf und arbeitete hart für den
Lebensunterhalt der Seinen. In schweren Zeiten pflegte er zu sagen: «Man muss
immer mit dem Willen Gottes zufrieden sein.» Josefa, seine Mutter, führte ihren
Haushalt mit Warmherzigkeit und strenger Disziplin zugleich. Sie besuchte jeden
Tag die Messe, sofern sie konnte, denn die Familie wuchs rasch. Elf Kinder
sollten ihr Heim erfreuen: Drei von ihnen starben jedoch früh, die beiden Söhne
wurden Priester, fünf Töchter Nonnen, und eine einzige Tochter blieb bei der
Mutter.
Ein übermütiges und
eigensinniges Kind
Von seinen ersten Lebensjahren an
legte Eduard ein ebenso glückliches wie rühriges Wesen an den Tag. Doch er war
nicht leicht zu ertragen: Er tobte viel und riskierte dabei, dass viele Sachen
kaputt gingen und er sich verletzte. Er war übermütig und eigensinnig, so dass
er seine Schwestern nicht in Ruhe lassen konnte. Eduard ging gern zur Schule,
blieb jedoch noch lieber zu Hause, wo er seinem Übermut leichter freien Lauf
lassen konnte. Mit zwölf Jahren empfing er die Erstkommunion, danach die
Firmung. Unter dem wohltuenden Einfluss der Sakramente wurde Eduard danach
ernsthafter: Streiche und Neckereien kamen nun seltener vor.
Im Frühjahr 1904 eröffnete Herr
Poppe seinem Sohn, er trage sich mit dem Gedanken, sein Geschäft zu erweitern;
er wünschte, dass dieser eine Konditorlehre beginne. Eduard blieb zunächst
stumm, da er beschlossen hatte, Priester zu werden. Schließlich erwiderte er
seinem Vater, er wolle nicht Bäcker werden. Einige Zeit später äußerte ein
befreundeter Priester eine günstige Meinung über die Berufung Eduards. Herr
Poppe sagte daraufhin zu seiner Frau: «Ich möchte, was Gott will. Wir dürfen ja
nicht egoistisch sein. Gott hat uns unsere Kinder nicht für uns allein geschenkt.»
So kam es, dass der Junge im Herbst in das kleine Sankt-Nikolaus-Seminar in
Waas eintrat. Am 10. Januar 1907 starb Herr Poppe an Erschöpfung. Der damals
sechzehnjährige Eduard erwog, für einige Zeit seine Studien abzubrechen und die
Bäckerei zu übernehmen, doch seine Mutter sagte: «Vor seinem Tod hat Papa mir
das Versprechen abgenommen, dass ich dich weiterstudieren lasse. Ich will mein
Versprechen halten.»
Im September 1910 wurde Eduard
zum Militärdienst in die Kompanie der Universität einberufen, wo er sein
Philosophiestudium beginnen sollte. Sobald man in der Kaserne von seinem
Wunsch, Priester zu werden, erfuhr, war er Spott und Provokationen ausgesetzt.
Die Derbheit und die Ausschweifungen seiner Gefährten wurden ihm unerträglich,
eine «Hölle», wie er später sagte. Zudem konnte er unter der Woche nicht zur
Messe gehen. Diese Entbehrung kam ihn hart an. Die Erfahrung des Soldatenlebens
öffnete ihm jedoch die Augen für das menschliche Elend und kam ihm später
zustatten, als ihm 1922 die Verantwortung für die im Militärdienst befindlichen
Seminaristen und Ordensleute übertragen wurde. Nach einigen Monaten fand er
seinen inneren Frieden wieder und schöpfte Kraft aus der Eucharistie, die er
wieder empfangen konnte, um diese Prüfung als Gelegenheit zum Apostolat zu
nutzen. Er verstand das Leben und die Schwierigkeiten der Soldaten nun besser
und wollte allen zu Diensten sein. Er stellte fest, wie sehr auch eigenwillige
Menschen der Freundschaft bedürfen; dank seiner netten Art, seiner Hilfsbereitschaft
und seiner guten Laune gelang es ihm, die Herzen zu öffnen und die Seelen zum
geistlichen Leben zu führen.
Eines Tages entdeckte er die
Lebensgeschichte der Schwester Therese von Lisieux: «Dieses Buch hat mir mehr
Freude und Gewinn gebracht als jedes philosophische Werk», schrieb er. «Ich
habe darin Dinge gelernt, die mich Jahre des Studierens nicht hätten lehren
können.» Was ihn bei der jungen Karmelitin faszinierte, war ihre Art, die
Versenkung zu verstehen, da sie seinen eigenen Neigungen so gut entsprach: ein
ganz schlichtes, vertrautes, praktisches Gebet, das sich allen Ereignissen und
allen Beschäftigungen anpasst, das alles heiligt. Der heilige Ludwig-Maria
Grignion de Montfort brachte ihm das mütterliche Lächeln Marias nahe, doch der
Lieblingsheilige von Pfarrer Poppe scheint der heilige Franziskus von Assisi
wegen seiner Liebe zum Kreuz Jesu gewesen zu sein.
«Lieber sterben als
Gott nur halb dienen»
Nach Ableistung seines
Militärdienstes legte Eduard am 13. März 1912 mit tiefer Freude am Seminar von
Leuven die Soutane an. Er würdigte die Unterweisung seines Oberen: «Nach dem
Plan Gottes muss sich die Tat aus dem Gebet nähren: Das innere Leben ist die
Quelle des Apostolats... Glauben Sie nicht an den Leitsatz: ,Der Priester
heiligt sich, indem er Andere heiligt', das ist ein Trugbild. Die richtige
Formel lautet: ,Sich heiligen, um Andere zu heiligen'.» Doch Eduards Ideal der
Heiligung wurde nicht von allen Mitbrüdern geteilt. Er bekam eines Tages zu
hören: «Ihre Begeisterung ist bei jungen Seminaristen üblich. Alle beginnen,
als müsste der Eifer ewig währen. Nach zehn Jahren
Priesteramt ist diese Illusion
durch die Lebenswirklichkeit völlig ausgelöscht.» Solche Überlegungen
verunsicherten Eduard zutiefst; er schrieb an seine Schwester Eugénie, die
Nonne geworden war: «Stimmt es, dass der Eifer nur zu Anfang eines Priester-
oder Ordenslebens vorhanden ist, solange man die Schwierigkeiten dabei nicht
kennt? Stimmt es, dass ich eines Tages irgendein beliebiger Priester sein werde
und alle meine übernatürliche Kraft eingebüßt habe? Ich kann und will vor allem
nicht daran glauben. Lieber sterben als Gott nur halb dienen.»
Doch die entmutigenden
Überlegungen, die Eduard zu hören bekommen hatte, stürzten ihn in Ungewissheit
und Zweifel. War das Ideal der Heiligkeit ein Trugbild? Das Beten fiel ihm
jetzt schwer, er wurde von Kälte übermannt, selbst wenn er zur Seligsten
Jungfrau betete. In seinem Leben erblickte er nur noch Egoismus, Verzagtheit
und eitle Gefühlsduselei, bis ins Gebet hinein. «Wie soll ich glauben, dass
Gott ein so nichtswürdiges Wesen liebt?» Und ausgerechnet er hatte ein Heiliger
werden wollen! Aus einer guten Eingebung heraus sprach er diese Gedanken seinem
Beichtvater gegenüber aus; dieser antwortete: «Sagen Sie oft: ,Herr, ich glaube,
aber hilf mir.' Lassen Sie sich vor allem nicht entmutigen. Blicken Sie auf das
Kruzifix: Dort werden Sie den freudigen Frieden des Opfers finden.» Eduard
befolgte diese wertvollen Ratschläge, und nach und nach unter dem barmherzigen
Einfluss Marias lichtete sich der dichte Nebel, der ihn eingehüllt hatte. Beim
Betrachten des Kreuzes empfand er das lebhafte Bedürfnis, das Leiden Christi zu
teilen, und konnte die geheimnisvolle Verbindung zwischen Leiden und Liebe
erahnen.
Im September 1913 nahm er sein
Theologiestudium am Genter Seminar auf. Bald brach der Erste Weltkrieg aus, und
Eduard wurde am 1. August 1914 als Sanitäter mobilisiert. Am 4. befand er sich
bereits in Namur, wo der Kampf wütete. Am 25. zog sich die belgische Armee in
Richtung Süden zurück. Von Übermüdung erschöpft, wurde Eduard halbtot auf einen
Lazarettwagen geladen. Im Dorf Bourlers nahm ihn der dortige Pfarrer Castelain
bis Dezember in Pflege. Dieser
Priester hatte ein grenzenloses
Vertrauen auf den heiligen Josef. Eduard wollte auch die Erfahrung machen.
Eines Tages nahmen die Deutschen ein Dutzend junge Leute aus dem Dorf mit:
Eduard bat den heiligen Josef um ihre Freilassung noch am selben Tag. Einige
Stunden später kehrten sie mit Ausnahme eines Franzosen alle heim. Eduard
erneuerte seine Bitte und wurde auch diesmal erhört. Von diesem Tage an blieben
Maria und Josef im Herzen des Geistlichen Poppe untrennbar miteinander
verbunden.
Nach vielem Hin und Her erreichte
Eduard dank Kardinal Mercier die Befreiung vom Militärdienst und kehrte im
April 1915 ins Seminar zurück. Am 1. Mai 1916 wurde er zum Priester geweiht. Er
war sehr bewegt und andächtig und bot sich dem Herzen Jesu in der Eucharistie
gleich ihm als Opfer für die Sünder dar.
Auf der Suche nach
den verlorenen Schafen
Am 16. Juni wurde er zum Vikar in
der in einem Arbeiterviertel in Gent gelegenen Gemeinde Sainte-Colette ernannt.
Die erst vor kurzem gegründete Pfarrgemeinde war nicht gerade blühend: Gute
Christen waren dünn gesät, das kirchliche Leben lag darnieder. Die Sommerzeit
erlaubte Eduard, sein Apostolat auf der Straße in Angriff zu nehmen. Er trat
liebenswürdig auf, schenkte den Kindern Bilder, begrüßte die Arbeiter abends
auf dem Heimweg aus der Fabrik: «Sie werden mich schon kennenlernen; sie müssen
spüren, dass ich sie liebe», dachte er. Nach und nach kam man miteinander ins
Gespräch, er erhielt Zugang zu den Häusern, insbesondere zu den schmutzigsten.
Das Elend dieser armen Leute zerriss ihm das Herz; der Krieg hatte tragische
Situationen heraufbeschworen. Er machte seine Geldbörse auf und gab alles, was
er konnte. Angesichts seines offensichtlichen Wohlwollens schwand die
antiklerikale Voreingenommenheit der Leute dahin; er konnte von Christus
sprechen und die alten christlichen Wurzeln zu neuem Leben erwecken. Er war
glücklich, voller Hoffnung und Eifer.
Doch er wurde oft vom Kreuz der
Erlösung heimgesucht. Eines Tages sagte sein Pfarrer zu ihm: «Ich mag nicht,
dass Sie mit diesen Leuten verkehren. Sie sind zu jung, um sich so zu
exponieren. Es ist außerdem unnütz: Sie machen sich Illusionen und vergeuden
Ihre Zeit. Sparen Sie sich ihre Kraft für die Betreuung der frommen Seelen
auf.» Eduard durfte allerdings Kranke und Sterbende besuchen Der Entschluss
seines Pfarrers, den er befolgte, machte ihn betroffen. «Menschlich
gesprochen», schrieb er, «ist das entmutigend für ein Priesterherz ... Ach!
Mein Gott, hilf mir Du!»
Die Eucharistie:
die Sonne seines Lebens!
Um die Kraft zu finden, die er
benötigte, verbrachte Eduard viel Zeit vor dem Tabernakel. Mitunter seufzte er
auf: «O Jesus, die Menschen lieben dich so wenig! Lass uns zwei wenigstens
einander lieben.» Am Abend vor Allerheiligen, nach einem schweren Tag,
angefüllt mit Beichten, fand ihn einmal ein Freund vor dem Allerheiligsten
Sakrament wieder: «Eduard, was machen Sie denn da?» - «Oh! Ich tue nichts; ich
leiste einfach unserem Herrn Gesellschaft. Ich bin zu müde, um mit ihm zu
sprechen, aber ich ruhe mich in seiner Nähe aus.»
Seit seiner Ankunft in der
Gemeinde war dem jungen Priester die Betreuung der Knaben anvertraut. Er wollte
die Kinder in den Schulferien beschäftigen. Am Ende des Schuljahres suchte er
die Schule der Brüder der Nächstenliebe auf und hielt folgende Ansprache an die
Schüler: «Nun sind Ferien; ihr werdet euch amüsieren, und das ist sehr gut.
Vergesst aber unseren Herrn Jesus nicht. Er ist so gütig und er liebt euch, in
den Ferien genauso wie in der Schulzeit. Zeigt ihm, dass auch ihr ein Herz
habt: jeden Morgen bei der Sieben-Uhr-Messe und abends bei der Andacht!... Ich
werde sehen, wer von euch zu den Tüchtigsten gehört, und für diese gibt es
einen Lohn.» Dieselbe Ansprache hielt er in der Mädchenschule. Am nächsten Tag
folgten dreißig Kinder dem Ruf. An den Tagen danach erst fünfzig, dann hundert,
zweihundert... Eduard erteilte ihnen eine mit Geschichten und lustigen
Einfällen ausgeschmückte Unterweisung. Dann gab er ihnen ein kurzes Stoßgebet
auf, das sie im Laufe des Tages oft wiederholen sollten. Um Unruhe zu
vermeiden, rief er die ungestümsten Kinder zusammen und machte sie für die Ordnung
verantwortlich.
In der Absicht, die Kinder durch
die Eucharistie zu heiligen, plante er eine Kommunionsliga, die «eine
Vereinigung von Kindern» sein sollte, «die Jesus lieben und die sich heiligen
wollen, indem sie sich gegenseitig bestärken und überall mit gutem Beispiel
vorangehen.» Bei den Versammlungen der Liga ging Eduard von dem Grundsatz aus,
dass man den Kindern nicht nur das halbe Evangelium predigen darf, wie das
manche tun aus Angst, sie vor den Kopf zu stoßen, sondern das ganze Evangelium:
die christliche Vollkommenheit. Dafür kann jeder auf die Gnade zählen, die uns
vor allem durch die Eucharistie zuteil wird. Im Juni 1917 zählte die
Kommunionsliga bereits 90 Mitglieder. Die Frömmigkeit blühte in der Gemeinde
wieder auf. Eduard war überglücklich. Am Herz-Jesu-Fest empfingen 21 kleine
Kinder die Erstkommunion. Sie stammten aus armen Familien, und ihre Mütter
weinten vor Freude.
Zum Ende des Monats Juli war
Eduard, von seinem unermüdlichen Einsatz erschöpft, am Ende seiner Kräfte. Es
wurde ihm für einen Monat völlige Ruhe verordnet. Er verbrachte diese Zeit bei
den Schwestern der Nächstenliebe in Melle. Bei seiner Rückkehr nahm er seinen
täglichen Dienst wieder auf, doch sein Vorgesetzter, der sich um seine
Gesundheit sorgte, entzog ihm die Versammlungen der Kommunionsliga, die
Kinderseelsorge und die Katechismusstunden. Eduard gehorchte schweren Herzens;
ohne ihn würde sein Werk langsam abbröckeln. Er schrieb später: «Leiden und
gehorchen! Steht der Knecht etwa über seinem Meister? Wir sind intelligent, wir
verstehen uns darauf, unsere Werke zu entwerfen und zu verwirklichen; wir
besitzen Voraussicht und Initiative; wir brennen sogar vor Eifer. Doch Jesus
war intelligenter und eifriger, vorausschauender und erfahrener als wir! Sein
Eifer war ein verzehrendes Feuer. Er wusste sein Leben viel besser zu ordnen
als wir ... Und dennoch gehorchte Jesus Josef und Maria in Allem. Er lässt das
letzte Wort der Autorität: Dreißig Jahre lang erkennt er den Wert der Autorität
an und lehrt ihn. Der Preis für den Gehorsam steigt ins Unermessliche, wenn wir
bedenken, dass Jesus, der sich ihm unterwirft, Gott ist. Sein ganzes Leben,
sein Leben als Kind und als Jüngling, seine Mission und sein Tod - ein Tod am
Kreuze - waren ein großer Akt des Gehorsams.»
Ein beredtes
Vorbild
Trotz aller Erleichterungen und
der Fürsorge, die man ihm angedeihen ließ, wurde der junge Vikar immer
schwächer; er sah sich gezwungen, seine Arbeit immer mehr einzuschränken. Unter
Befürwortung seines Beichtvaters bat er den Bischof im Juli 1918 um eine
Versetzung. Am 4. Oktober wurde er zum Seelsorger im Hause der Schwestern des
heiligen Vinzenz von Paul im Dorfe Moerzeke ernannt. Das Haus beherbergte neun
Ordensschwestern, alte Leute, einige Kranke und mehrere Waisen, insgesamt um
die fünfzig Bewohner. Jeden Donnerstag Abend hielt Eduard Poppe in der Kapelle
des Klosters eine Stunde der Anbetung des Allerheiligsten Sakramentes ab. Durch
ihr Vorbild mitgerissen, kamen bald die Bewohner des Hauses hinzu; dann zog der
Priester Kinder an, die ihrerseits ihre Eltern mitbrachten. Bald war die
Kapelle voll, und Pfarrer Poppe nutzte das, um eine kurze Predigt zu halten,
gefolgt von Lesungen und Gesängen.
Wenn der eifrige Apostel sich für
eine Seele in Gefahr interessierte, so wandte er sich zunächst an den
Schutzengel der betreffenden Person, erinnerte ihn an seine Mission und entwarf
gemeinsam mit ihm einen Rettungsplan. Wenn er eine Schule oder eine Versammlung
betrat, so begrüßte er die Schutzengel der Anwesenden. Vor allem unterhielt er
sich aber mit seinem eigenen Schutzengel. Da er in diesem den Boten sah, der
seine Seele mit Jesus und Maria verband, nannte er ihn den «kleinen Gabriel»
nach dem Namen des Engels der Verkündigung.
Am 11. Mai 1919 empfing Eduard
nach einem Herzanfall die Letzte Ölung in großem Frieden: «Ich habe den Herrn
nie darum gebeten, alt zu werden», erklärte er einem Freund, «sondern nur
darum, dass die Menschen ihn lieben und die Priester sich heiligen.» Gegen alle
Erwartung erholte er sich wieder, so dass der Arzt Besuche gestattete: Das
Zimmer Eduards leerte sich nie. Am 8. Juni wurde er von einem erneuten,
schwereren Herzanfall niedergestreckt; keine Besuche mehr, keine Messe. Sein
Gesundheitszustand besserte sich noch einmal, doch er schwebte fortan zwischen
Leben und Tod und war von Tag zu Tag auf das Ende gefasst. In den
Erholungsphasen nahm er, so gut er konnte, sein Apostolat wieder auf. Quer über
seinem Bett ließ er ein Brett anbringen, damit er vor allem an seine
Priesterbrüder schreiben konnte. Er hielt sich über die sozialen Fragen auf dem
Laufenden, für die er sich immer wieder erwärmen konnte, und sorgte sich um den
Glauben und die Religionsausübung der Arbeiter, indem er für sie Leiden und
Gebete darbrachte. Einem seiner Freunde, der Abgeordneter geworden war, versuchte
er die Bedeutung seiner Rolle bei der Suche nach einer gerechten Lösung der
Arbeiterfrage begreiflich zu machen. «Ich bete zu Gott», schrieb er ihm, «er
möge Ihnen dazu verhelfen, Ihre politischen und
sozialen Überzeugungen nach dem
Evangelium auszurichten. Ich wäre glücklich, wenn auch nur ein Abgeordneter auf
Gott zählen würde, um ein seinen Anstrengungen angemessenes Ergebnis zu
erzielen.»
Einige Monate lang ging es ihm
besser, obwohl er weiterhin schwach blieb. Die Krankheit leistete sogar einen
Beitrag zur Mission, wie der Heilige Vater bei der Seligsprechung sagte: «Pater
Poppe, der die Heimsuchung kennengelernt hat, richtet eine Botschaft an die
Kranken und erinnert sie daran, dass das Gebet und die Liebe zu Maria für das
missionarische Engagement der Kirche wesentlich sind.»
Der Apostel Marias
Am 1. Januar 1924 folgte eine
weitere Herzattacke und nach einer kurzen Ruhepause am 3. Februar ein noch
schwererer Rückfall. In einem an seine Priesterfreunde gerichteten Brief
verriet er das Geheimnis seines Herzens: «Maria wird euch mit ihrem Schatten
bedecken, und ihr werdet ruhig und zuversichtlich sein. Sie wird sich mit euch
auf den Weg machen und euch über geheime Abkürzungen führen. Vom Leiden werdet
ihr nicht verschont bleiben, doch Sie wird euch danach hungern lassen wie nach
einer unerlässlichen Nahrung. Ach, Maria! Maria! Ihr Name wird auf euren Lippen
wie Honig und Balsam sein. Ave Maria! Wer kann dem widerstehen? Wer also, sagt,
sollte mit dem Ave Maria verdammt werden?»
Nach und nach begriff Eduard,
dass sein irdischer Auftrag beendet war, dass Jesus ihn aus dieser Welt
abberufen wollte und er sterben musste, sein Leben opfern für seine Schafe, wie
das in die Erde gesäte Weizenkorn, das reiche Frucht trägt. Von da an bereitete
er sich gefasst auf das erhabene Zeugnis des völlig angenommenen Todes vor und
bat die Nonne, die ihn pflegte, ihm oft folgende Worte zu wiederholen: «Ich
weiß nicht, ob der liebe Gott mit mir zufrieden ist; ich gebe mich Ihm ganz
hin. Oh! Wie süß es ist, im letzten Augenblick an nichts zu denken, weder an
die eigenen Sünden noch an die Tugenden, sondern nur an das Erbarmen! Das ist
wirklich der Tod der kleinen Opfer der Liebe.» So wurden seine letzten Tage zur
Illustration folgender, am Anfang seines Amtes niedergeschriebener Worte:
«Brüder, wir haben nur ein vergängliches Leben. Wir sind Reisende; es ist
Wahnsinn, hier auf Erden seine Bleibe und seine Ruhe zu suchen.»
Im Frühjahr kamen trotz seines
Schwächezustandes Viele ihn besuchen. Manchmal mussten sie sehr lange warten,
bis sie an die Reihe kamen, doch sie waren von seinem trostspendenden Empfang
nie enttäuscht. Am 10. Juni wurde er beim Aufstehen von einem letzten
Schlaganfall niedergestreckt. Er empfing die Letzte Ölung, dann warfen seine
halboffenen Augen einen letzten Blick auf die Statue des Heiligsten Herzens
Jesu, seine Hände öffneten sich, wie für eine letzte Opfergabe, und er gab
seine Seele im Alter von 33 Jahren an Gott zurück.
Mögen wir uns folgendes Gebet
merken, das aus seinem priesterlichen Herzen kam: «Erinnere dich an deine
Leiden, Jesus. Erinnere dich an deine Liebe und an die Unschuld der Kleinen!
Schicke uns Priester!»
Dieses Gebet hallte in den Worten
des Heiligen Vaters in der Predigt wider, die er bei der Messe anlässlich der
Welttage der Jugend (20. August 2000) hielt: «Möget ihr immer, in jeder
Gemeinschaft, einen Priester haben, der die Eucharistie feiert!... Die Welt
darf der süßen und befreienden Gegenwart des in der Eucharistie lebenden Jesus
nicht beraubt werden. Seid selbst eifrige Zeugen für die Gegenwart Christi auf
unseren Altären. Möge die Eucharistie euer Leben gestalten und das Leben der
Familien, die ihr gründen werdet! Sie möge alle eure Entscheidungen im Leben
lenken.»
In diesem Sinne beten wir für all
Ihre Anliegen und gedenken Ihrer Verstorbenen.
Dom Antoine Marie osb
http://www.clairval.com/lettres/de/2001/04/18/1180401.htm