Christus, unser
Hoherpriester hat sich um unseretwillen dem Vater dargebracht. Seid ihr bereit,
euch Christus, dem Herrn, von Tag zu Tag enger zu verbinden und so zum Heil der
Menschen für Gott zu leben?
(Pontificale Romanum. De Ordinatione Episcopi, presbyterorum
et diaconum,
editio
typica altera, Typis Polyglottis Vaticanis 1990)
Liebe
Mitbrüder im priesterlichen Dienstamt!
Der einzige Grund unseres Lebens und
unseres Dienstes ist Jesus von Nazareth, Christus, der Herr. Das priesterliche
Dasein hat in Ihm, und nur in Ihm, seinen wahren Ursprung, sein wahres Ziel, in
Ihm hat es seine vollständige Verwirklichung auf Erden. Die innige und
persönliche Beziehung zum lebendigen und gegenwärtigen, auferstandenen Christus,
ist wirklich die einzige Erfahrung, die einen Menschen dazu bringen kann, sich
selbst – um der Brüder willen – Gott ganz hinzuschenken.
Liebe Brüder, wir wissen wohl, wie der
Herr uns an sich gezogen hat, wie sein Charme für jeden von uns unwiderstehlich
gewesen ist, wie der Prophet sagt: „Du hast mich betört, o Herr, und ich ließ
mich betören; Du hast mich gepackt und überwältigt“ (Jer 20,7). Diese
Faszination muss, wie jedes wahrhaft wertvolle Gut, beständig verteidigt, im
Auge behalten, beschützt und genährt werden, damit sie nicht verlorengeht, oder,
was vielleicht noch schlimmer wäre, zu einer blassen Erinnerung wird, unfähig,
den oft aggressiven Einflüssen der Welt standzuhalten! In der innigen Beziehung
zu Gott, die Ursprung und Quelle jeden Apostolats ist, liegt das Geheimnis, das
es erlaubt, die Begeisterung für Christus auf Dauer lebendig zu bewahren.
Mag es hierfür auch andere gute Gründe
geben, so sind wir dennoch vor allem deshalb Priester, um „mit Christus, dem
Hohenpriester, auf innige Weise eins“ zu sein, eins mit Ihm, der unsere einzige
Rettung ist, die Liebe unseres Herzens, der Fels, auf den wir jeden Augenblick unseres
Dienstes stützen, der uns innerlicher ist, als wir selbst, und den wir mehr als
alles andere ersehnen. Christus, der Hohepriester, zieht uns in seinem Inneren
zu sich heran. Diese Vereinigung mit Ihm, die im Weihesakrament wurzelt, bringt
die Teilhabe an seinem Opfer mit sich: „Das Einswerden mit Christus setzt
Verzicht voraus. Es schließt ein, dass wir nicht unseren Weg und unseren Willen
durchsetzen wollen. Nicht dies oder jenes werden möchten, sondern uns ihm
überlassen, wo und wie er uns brauchen will“ (Benedikt XVI, Homilie,
Chrisammesse 09.04.2009). Der Ausdruck, „Einswerden“, erinnert uns daran, dass
dies alles nicht unser Werk ist, Ergebnis unserer eigenen Anstrengung und Willenskraft,
sondern das Werk der Gnade in uns: Es ist der Geist, der uns wesenhaft mit
Christus, dem Priester, gleich gestaltet, und uns die Kraft gibt, bis zum Ende
in dieser Teilhabe am göttlichen Leben und folglich am Werk Gottes auszuharren.
Das „reine Opfer“, das Christus der Herr ist, ruft schließlich jedem von uns das
unersetzliche Gut des Zölibates in Erinnerung, der die vollkommene
Enthaltsamkeit für den König des Himmels und jene Reinheit einschließt, die unsere
für die Menschen dargebrachte Opfergabe Gott wohlgefällig macht.
Möge das innige Einssein mit Jesus
Christus und der Schutz der Seligen Jungfrau Maria, der „vollkommen Schönen“
und „ganz Reinen“, uns auf dem täglichen Weg der Teilhabe an jenem Werk stützen,
das das eines Anderen ist. Hierin besteht der priesterliche Dienst. Wir sollen
wissen, dass solche Teilhabe die Tür zum Heil ist – vor allem für uns, die wir diese
Teilhabe leben: In diesem Sinne ist Christus unser Leben!
X Mauro Piacenza
Titularerzbischof
von Victoriana
Sekretär