Die katholische Lehre über das Amtspriestertum vor, während und nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil

 

Don Mauro Gagliardi

Ateneo Pontificio Regina Apostolorum, Rom

 

0. Einleitung

Der folgende Text enthält einen kurzen Abriß über die katholische Lehre vom Amtspriestertum, im Besonderen auf der Stufe des Presbyterats. In Anbetracht des begrenzten Umfangs einer solchen Einführung, die sehr komplexe Themen berührt, werden wir uns auf grundlegende Hinweise und Zusammenfassungen beschränken, wobei wir auf zahlreiche Bezugnahmen und Verweise verzichten, die in einer Vollständigkeit anstrebenden Abhandlung nötig oder zumindest nützlich wären.

 

 

1. Das Weihepriestertum im Lehramt der Kirche bis zum II. Vatikanum

Schon seit den Schriften des hl. Clemens von Rom und des hl. Ignatius von Antiochien findet man in der nachapostolischen Kirche Hinweise auf die Existenz und Verbreitung des dreistufigen Weiheamtes: Episkopat, Presbyterat und Diakonat[1]. Hier interessiert uns überwiegend der Presbyterat, den wir auch Sacerdotium oder Priesteramt nennen werden, indem wir einige der wichtigsten lehramtlichen Dokumente zitieren, unter Weglassung der Verweise auf die Kirchenväter und die Kirchenlehrer.

Gegen die Waldenser, die leugneten, daß für die gültige Zelebration der Eucharistie der Amtspriester nötig ist, schritt das 4. Laterankonzil (1215) ein und stellte in unmißverständlicher Form fest: «Dieses Sakrament kann ausnahmslos nur der regulär ordinierte Priester zelebrieren» (DS[2] 802).

Umfangreicher ist die Lehre des Konzils von Florenz des Jahres 1439. In der Bulle über die  Vereinigung mit der armenischen Kirche Exsultate Deo wird eine zusammenfassende Lehre über die sieben Sakramente dargelegt, in der es heißt: «Durch das Sakrament der Priesterweihe wird die Kirche geistlich geleitet und ausgebreitet » (DS 1311). Zusammen mit der Taufe und der Firmung gehört die Priesterweihe zu den Sakramenten, «die der Seele ein unauslöschliches Prägemal (Charakter indelebilis) einprägen, ein geistiges Zeichen, das sie von den anderen  unterscheidet» (DS 1313). Der Priester ist Diener verschiedener Sakramente: Taufe (DS 1315), Eucharistie (DS 1321), Bußsakrament (DS 1323), letzte Ölung (DS 1325), und in bestimmten Fällen kann er auch die Firmung spenden (DS 1318). In der Zelebration der Eucharistie, «konsekriert  der Priester, indem er in der Person Christi spricht [in persona Christi]» (DS 1321).

 Das Konzil von Florenz gibt auch die ‚Materie‛ des Sakraments der Priesterweihe an, die in der porrectio instrumentorum – das heißt in der Übergabe der jeder Weihestufe eigenen Geräte besteht –; und die ‚Form‛, die in der von der Kirche festgesetzten Weiheformel besteht (DS 1326). Die Formel lautet: «Empfange die Vollmacht, das Opfer in der Kirche darzubringen, für die Lebenden und die Toten, im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes» (ebenda.), woraus hervorgeht, daß das Wesen des Weihepriestertums in der Darbringung des eucharistischen Opfers in der Kirche und im Namen der Dreifaltigkeit besteht[3].

Das dritte Konzil, das sich systematisch mit dem sechsten Sakrament beschäftigt hat, ist das Konzil von Trient (1545-1563), dessen Lehraussage über das Priestertum besser verstanden wird, wenn man die lutherische Lehre über die Eucharistie und über die heilige Weihe kennt, die wir hier allerdings nicht ausführen können. Der Kanon 9 des Decretum de sacramentis (des Dekrets über die Sakramente), aus dem Jahr 1547, exkommuniziert denjenigen, der behauptet, daß durch das Weihesakrament in der Seele kein Prägemal, «das heißt (k)ein geistiges und unauslöschliches Zeichen» eingeprägt wird (DS 1609). Kanon 10 exkommuniziert denjenigen, der behauptet, daß «alle Christen die Vollmacht haben, das Wort [Gottes] zu verkünden und alle Sakramente zu spenden» (DS 1610). Kanon 11 bekräftigt und verurteilt die gegenteilige Behauptung, daß die Diener die Sakramente gültig spenden, wenn sie zumindest die Absicht haben, das zu tun, was die Kirche tut, wenn sie diese feiert (DS 1611). Kanon 12 lehrt und droht demjenigen die Exkommunikation an, der bei der Behauptung des Gegenteils beharrt, daß der Diener die Sakramente auch dann gültig spendet, wenn er sich im Zustand der Todsünde befindet. (DS 1612).

Das Dekret über die Doctrina de sacramento paenitentiae, die Lehre vom Sakrament der Buße, aus dem Jahr 1551, bekräftigt, daß allein die Bischöfe und die Priester Diener des Sakraments der Buße sind, da allein ihnen und nicht allen Gläubigen die Schlüsselgewalt (die Vollmacht des Lösens und Behaltens) übertragen worden ist, und daß diese die (kirchliche) Handlung der Vergebung der Sünden auch dann gültig vollziehen, wenn sie selbst sich im Zustand der Todsünde befinden, (und zwar deswegen) weil sie Diener Christi sind. (DS 1684; 1710). Im Bußsakrament spricht der Priester, indem er die Sünden als vergeben erklärt, ein Urteil in der Form eines richterlichen Aktes aus, das heißt, er handelt als Richter (DS 1685; 1709). Das Dekret über die Doctrina de sacramento extremae unctionis (die Lehre von der letzten Ölung), lehrt, daß die Diener des Sakraments der letzten Ölung die Presbyter der Kirche sind, ein Ausdruck, unter dem man gemäß Joh 5,14 die Bischöfe beziehungsweise die von ihnen geweihten Priester verstehen muß. (DS 1697; 1719)[4].

Sehr wichtig für unser Thema ist auch das Dekret über die Doctrina et canones de Ss. Missae sacrificio (über die Lehre und die Kanones über das Opfer der hl. Messe), aus dem Jahr 1562. In diesem wird das Weihepriestertum in eindeutige Beziehung zu dem einzigen Priester Jesus Christus gesetzt. Dort heißt es nämlich, daß der Herr Jesus Christus die Eucharistie eingesetzt hat, «da sein Priestertum nicht mit dem Tod ausgelöscht werden durfte» und daher hat Er – «der ewige Priester nach der Ordnung Melchisedechs» – die Apostel zu «Priestern des neuen Bundes» eingesetzt «und ihnen und ihren Nachfolgern im Priesterstand» aufgetragen, «das sichtbare, unblutige Opfer», das heißt die Eucharistie, darzubringen, mit dem das blutige Opfer am Kreuz, durch das wir gerettet worden sind, zeichenhaft dargestellt wird. Das Konzil präzisiert, daß der Augenblick der Einsetzung des Priestertums der Apostel der des Aussprechens der Worte: «Tut dies zu meinem Gedächtnis » ist. (DS 1740; 1752). Die Priester werden also als Opferpriester Christi im eucharistischen Sakrament betrachtet: Christus «hat das neue Pascha – sich selbst – eingesetzt, das durch seine Priester unter sichtbaren Zeichen von der Kirche aufgeopfert werden mußte.» (DS 1741).

In der XXIII. Session, am 15. Juli 1563, beschäftigte sich das Tridentinum direkt mit der heiligen Weihe, und verfaßte das Dekret über die Doctrina et canones de sacramento Ordinis (Lehre und Gesetze (Kanones) vom Sakrament der Weihe. Der Text beginnt mit der Bekräftigung der untrennbaren Verbindung von Priestertum und Opfer auch außerhalb der christlichen Heilsökonomie (DS 1764). Da unser Herr Jesus Christus in der Eucharistie ein neues Opfer gestiftet hat, hat er damals auch ein neues Priestertum eingesetzt. (DS 1764; 1771). Das Konzil unterscheidet verschiedene Grade zwischen höheren und niederen Weihen (DS 1765; 1772). Die Priesterweihe ist sicher eines der von Christus eingesetzten sieben Sakramente der Kirche und das Konzil bekräftigt, daß durch dieses Sakrament eine besondere Gnade verliehen wird (DS 1766; 1773-1774). Da das Sakrament das Prägemal aufdrückt, ist es, wenn einmal das Priestertum verliehen ist, nicht mehr möglich Laie zu werden (DS 1767; 1774). Aus dem sakramentalen Charakter der Weihe leitet das Konzil die Tatsache ab, daß nicht alle Christen Priester des Neuen Bundes sind, in dem Sinn, daß nicht alle dieselbe geistige Vollmacht besitzen. (DS 1767). Stattdessen gibt es in der Kirche eine Hierarchie, die aus Bischöfen, Priestern und Amtsträgern zusammengesetzt ist, (DS 1776), in der die Bischöfe einen höheren Rang haben als die Priester (DS 1777).

Der Catechismus ad Parochos (Katechismus an die Pfarrer)  aus dem Jahr 1566 unterstreicht, die tridentinischen Lehren aufgreifend, den sakral-repräsentativen und den kultisch-priesterlichen Aspekt des katholischen Priestertums. Die Priester (Bischöfe und Presbyter) «sind gleichsam Deuter und Botschafter Gottes, in dessen Namen sie den Menschen das göttliche Gesetz und die Gebote und Lehren für das Leben mitteilen. Sie repräsentieren dessen Person auf Erden. Es ist klar, daß man sich kein hervorragenderes Amt ausdenken kann als das ihre und daß sie mit Recht nicht nur Engel sondern sogar Götter genannt werden; denn sie vertreten unter uns die Wirksamkeit und das Handeln des unsterblichen Gottes » (§ 273)[5]. In diesem ersten Zitat bemerken wir den sakralen Charakter der „Stellvertretung” Christi, der dem geweihten Priester eigen ist. Der kultisch-priesterliche Aspekt kommt im selben § 273 zum Ausdruck: «Obwohl die Priester immer eine höchste Würde bekleidet haben, übertreffen die des Neuen Bundes alle anderen an Würde. Die ihnen verliehene Vollmacht, den Leib und das Blut des Herrn zu konsekrieren und aufzuopfern, und die Vollmacht, die Sünden zu vergeben, überschreiten, kann man sagen, die Reichweite des menschlichen Verstandes. Es gibt auf der Erde nichts Vergleichbares.».

Indem wir in unseren Ausführungen chronologisch und in großen Zügen fortfahren, kommen wir direkt zu dem apostolischen Schreiben Apostolicae Curae, erlassen am 13. September 1896 von Papst Leo XIII. Es befaßt sich mit den anglikanischen Ordinationen und erklärt sie für ungültig.[6] Der Grund, weswegen der Papst diese Weihen für ungültig erklärt, besteht in der Unzulänglichkeit in der ‚Form’. Wenn als ‘Materie’ dieses Sakraments die Handauflegung gilt, so besteht die ‘Form’ des Sakraments in der Weiheformel, die bei den Anglikanern lautet: «Empfange den Heiligen Geist». Für Papst Leo, bezeichnen diese Worte « keineswegs präzise die Weihe zum Priestertum beziehungsweise die durch sie verliehene Gnade und Vollmacht, die im Besonderen die Vollmacht ist, im Opfer der heiligen Messe (DS 3316) “den wahren Leib und das wahre Blut des Herrn zu konsekrieren und aufzuopfern [Zitat aus dem Konzilstext von Trient: DS 1771]» Der Papst weiß von der Tatsache, daß die Anglikaner die Formel später korrigiert haben, indem sie hinzufügten: «für die kirchliche Amtshandlung und die Aufgabe des Priesters [beziehungsweise des Bischofs]», Zeichen dafür, daß sie sich selbst der Unzulänglichkeit der früheren Formulierung bewußt waren. Aber diese Hinzufügung, sagt Leo XIII., «ist, auch wenn sie geeignet wäre der ‘Form’ die rechtmäßige Bedeutung zu geben, zu spät eingeführt worden», das heißt, als die Hierarchie bei den Anglikanern bereits ausgelöscht war» und daher «die Weihevollmacht nunmehr nichtig war» (ebenda).

Die Formel des anglikanischen Ordinale war auf inadäquate Weise verfaßt worden, da die Reformatoren es auf solche Art verfaßt haben, daß „sich in ihm nicht nur keine klare Erwähnung des Opfers, der Konsekration und der Vollmacht des Priesters, das Opfer zu konsekrieren findet, sondern es wurden im Gegenteil sogar [...] absichtlich alle Spuren davon eliminiert und zerstört» (DS 3317a)[7]. Dadurch daß die recht verstandene Bezugnahme auf das Opfer und auf die priesterliche Vollmacht eliminiert wurde, haben die Formeln «Empfange den Heiligen Geist» und «für die Amtshandlung und die Aufgabe des Priesters (beziehungsweise des Bischofs]» keinen Bestand (DS 3317b). Denn der Fehler in der Form ist mit dem Fehler in der Intention verbunden, die ebenfalls für die Gültigkeit nötig ist (DS 3318)[8].

Von großer Bedeutung ist auch die Apostolische Konstitution Sacramentum Ordinis, erlassen am 30. November 1947 vom Obersten Pontifex Pius XII.. Die Konstitution befaßt sich mit dem Weihesakrament, und zwar: mit dem Diakonat, dem Presbyterat und dem Episkopat, die daher als Stufen des Sakraments zu verstehen sind. Nicht eingeschlossen ist indessen der Stand des Subdiakons, des Akolyten, des Lektors, des Exorzisten und des Ostiarius (unterste Stufe der niederen Weihen, 1973 abgeschafft). Besonders befaßt sich Pius XII. mit den wesentlichen Riten, mit denen die Diakone, Presbyter und Bischöfe in der Kirche geweiht werden. Zu Beginn bekräftigt der Text, daß das Sakrament der Priesterweihe, «durch das die geistige Vollmacht übertragen und die Gnade verliehen wird, auf gebührende Weise die kirchlichen Ämter zu übernehmen, in der ganzen Kirche ein und dasselbe ist.» (DS 3857). Sodann definiert Papst Pacelli die ‘Materie’ und die ‚Form’ dieses Sakraments (in seinen drei Stufen), Die Handauflegung nennt er als die ‚Materie’, (nicht die porrectio instrumentorum, die Übergabe der Geräte) und als ‚Form’ die Worte, die sie (die Form) bezeichnen. (DS 3858-3859). Andererseits, schreibt er, «die römische Kirche hat stets die nach dem griechischen Ritus gespendeten Weihen für gültig erklärt, auch ohne die Übergabe der Geräte» (DS 3858). Die letztere ist, streng genommen, deswegen nicht für die Gültigkeit der Weihe notwendig. Sehr bedeutungsvoll ist die Passage, in der genau angegeben wird, daß die ‚Form’ des Sakraments in den Worten besteht «die die Anwendung dieser Materie [die Handauflegung], erklären, mit denen die sakramentalen Wirkungen unmißverständlich bezeichnet werden: die Weihevollmacht und die Gnade des Heiligen Geistes» (DS 3859), klar unterschieden nach den verschiedenen Stufen des Sakraments. Danach werden in Abschnitt 5 der Konstitution ‚Form’ und ‚Materie’ Stufe für Stufe genau erklärt (DS 3860)[9].

Während wir hier andere Lehraussagen übergehen müssen[10], ist es schließlich unsere Pflicht, in diesem Priesterjahr, das zum 150. Jahrestag des Todes des hl. Johannes Maria Vianney ausgerufen wurde, die am 1. August 1959 aus Anlaß des hundertsten Jahrestages des Todes des Pfarrers von Ars erlassene Enzyklika des Seligen Johannes des XXIII., Sacerdotii Nostri primordia, zu erwähnen. In der Enzyklika befaßt sich der Papst weniger mit der Lehre über das Priestertum als vielmehr vor allem mit dem geistlichen und seelsorglichen Leben der Priester, indem er auf diese Weise, die überwiegend pastorale Dimension des II. Vatikanischen Konzils vorbereitete[11].

 

Wenn wir die Elemente systematisch zusammenfassen, die aus dieser ganz kurzen Übersicht hervorgehen, können wir sagen, daß Jesus Christus der einzige Priester des Neuen Bundes ist, dessen Priestertum darin besteht, daß er sich für uns dem Vater aufopfert. Christus hat jedoch das Amtspriestertum in der Kirche eingesetzt, das nur diejenigen Getauften innehaben, die das Weihesakrament auf der Stufe des Presbyterats beziehungsweise des Episkopats empfangen haben. Das Presbyterat ist eine der zwei Stufen des Weihesakraments, welches das Priestertum verleiht; die andere Stufe ist der Episkopat. Die Priester sind also Amtspriester, weil sie am Opferpriestertum Jesu Christi teilhaben, wenn auch auf einer niedereren Stufe als die Bischöfe. Dies erkennt man zum Beispiel an der Tatsache, daß beide, der Bischof und der Priester, einen großen Teil der Sakramente spenden, was weder für die Diakone (die zum Dienen und nicht zum Opfern geweiht sind) geschweige denn für die Laien gilt, die durch die Taufe nur das allgemeine Priestertum der Gläubigen innehaben.

Das Priesteramt empfängt man ausschließlich durch die gültige Spendung des Weihesakraments. Das Magisterium lehrt in aller Deutlichkeit, daß in der Kirche nicht alle im Sinne des amtlichen bzw. hierarchischen Priestertums Priester sind. Amtspriester sind nur die Getauften, die das Weihesakrament empfangen haben, und nur diese können bestimmte kirchliche Amtshandlungen ausüben. Denn das Weihesakrament überträgt, um die Terminologie Pius XII. zu verwenden, eine besondere «Vollmacht» und  eine besondere «Gnade», die nicht mit der Taufe empfangen werden. Sie gehören in den Bereich der Vollmacht des Amtspriesters: die Leitung der Kirche, die Vollmacht, die Sakramente zu spenden, die maßgebliche Lehre und Verkündigung des Wortes Gottes. In den Bereich der Gnade gehört vor allem das sakramentale Prägemal, das in die Seele des Priesters als ein unzerstörbares Zeichen, das heißt für immer, eingeprägt wird, sowie die sogenannte «Standesgnade», die der Priester benötigt, um sein Amt ausüben und sich in ihm heiligen zu können.

Die Kirche lehrt, daß das Priestertum  sich wesentlich in Beziehung zum Opfer versteht und daß das Priestertum des Neuen Bundes vom Herrn in Beziehung zu seinem Kreuzesopfer eingesetzt worden ist, das auf unblutige Weise in der Feier der Eucharistie erneuert wird. Das Wesen des geweihten Priestertums besteht in erster Linie darin, das göttliche Opfer, Jesus Christus, auf dem Altar zur Heiligung der Gläubigen und zur Rettung der Welt darzubringen. Man kann sagen, daß die Mitte der priesterlichen Aufgabe für den Hohenpriester Jesus Christus und für die Priester, die an dessen Priestertum teilhaben, dasselbe ist, nämlich die Darbringung des Opfers: wenn es auch wahr ist, daß Christus auf die Erde gekommen ist, um die Ankunft des Reiches Gottes zu verkündigen, so zeigen die Evangelien doch, daß der Herr während seines irdischen Lebens ganz auf jene «Stunde» ausgerichtet ist, für die er gekommen ist, und die Offenbarung selbst wird erst vollendet sein  – sagt Jesus – nachdem sein persönliches Opfer vollbracht sein wird. Der letzte Sinn des Opfers besteht nicht in der Verkündigung des göttlichen Wortes, auch wenn diese äußerst wichtig ist und zusammen mit der Leitung der Kirche ein Amt darstellt, das zum Weihedienst gehört. Die Kirche lehrt, daß die Priester - besonders, wenn sie die Heilige Messe feiern - in persona Christi  handeln. Sie sind Diener Christi und deshalb handeln sie nicht aus sich selbst, sondern als Seine Werkzeuge. Daraus folgt, daß der Mangel an persönlicher Heiligkeit des Priesters die Sakramente nicht entwertet.

 

 

2. Die Lehre des II. Vatikanischen Konzils

Das Il. Vatikanum behandelt das Thema des Priestertums in verschiedenen Dokumenten, besonders jedoch widmet es sich ihm in Lumen Gentium (= LG) 28 und in dem Dekret Presbyterorum Ordinis (= PO). Der Text von LG 28 wurde mehr als ein Jahr vor dem von PO veröffentlicht. Er ist, obwohl er viel kürzer ist, wichtiger, weil er sich innerhalb einer der vier Konzilskonstitutionen befindet, welche die bedeutsamsten des II. Vatikanums sind. Aus diesem Grund  beginnen wir unsere kurze Analyse mit LG 28, um dann zu PO überzugehen.

 

2.1 Die Lehre über die Priester von LG 28

Der Text von LG 28[12] erinnert zu Beginn an die Einsetzung des Priesteramtes als Werk Christi und an dessen Weitergabe durch die Apostel an die Bischöfe, ihre Nachfolger. Diese Letzteren haben „die Aufgabe ihres Amtes ihrerseits in mehrfacher Abstufung verschiedenen Trägern in der Kirche rechtmäßig weitergegeben. So wird das aus göttlicher Einsetzung kommende kirchliche Dienstamt in verschiedenen Ordnungen ausgeübt von jenen, die schon seit alters Bischöfe, Priester und Diakone heißen.»[13].

Dann werden die Priester behandelt und der Text lehrt: «Die Priester haben zwar nicht die höchste Stufe des Pontifikats und hängen in der Ausübung ihrer Gewalt von den Bischöfen ab; dennoch sind sie mit ihnen durch die priesterliche Würde verbunden und kraft des Weihesakraments nach dem Bilde Christi, des höchsten und ewigen Priesters, zur Verkündigung der Frohbotschaft, zum Hirtendienst an den Gläubigen und zur Feier des Gottesdienstes geweiht und so wirkliche Priester des Neuen Bundes.“ „Presbyteri, quamvis pontificatus apicem non habeant et in exercenda sua potestate ab Episcopis pendeant, cum eis tamen sacerdotali honore coniuncti sunt et vi sacramenti Ordinis, ad imaginem Christi, summi atque aeterni Sacerdotis, ad Evangelium praedicandum fidelesque pascendos et ad divinum cultum celebrandum consecrantur, ut veri sacerdotes Novi Testamenti» (AAS 57 [1965], S. 34). In diesem Text sind zwei Hauptlehraussagen enthalten: a) die Priester haben nicht die höchste Stufe der priesterlichen Weihe – die den Bischöfen verliehen ist – dennoch sind sie wahre Priester des Neuen Bundes nach dem Bilde Christi, des höchsten und ewigen Priesters; b) ihre Aufgaben entsprechen den tria munera, den drei Aufgaben der Bischöfe, die sie offenbar mit geringerer Autorität und geistlicher Vollmacht ausüben: Predigt, Leitung, Heiligung (munus docendi, das Amt des Lehrens, munus regendi, das Amt des Leitens, munus sanctificandi, das Amt des Heiligens).

Hier ist zu bemerken, daß eine verbreitete italienische Übersetzung der Konzilsdokumente, das Enchiridion Vaticanum, sich nicht an den Wortlaut des ersten Teils des Textes gehalten hat. Die korrekte Übersetzung lautet: «Die Priester haben zwar nicht die höchste Stufe des Pontifikats (lateinisch: pontificatus) und hängen in der Ausübung ihrer Gewalt von den Bischöfen ab; dennoch sind sie mit ihnen durch die priesterliche Würde verbunden. Anstatt dessen hat das Enchiridion Vaticanum statt Pontifikat „Priestertum“ übersetzt und statt „durch die priesterliche Würde“ „in der priesterlichen Würde“.[14]. Diese Version gibt also das lateinische pontificatus mit «sacerdozio» wieder. Nun können die zwei Begriffe, was ihre Bedeutung anbelangt, auf der theologischen Ebene benachbart sein[15], da das priesterliche Amt darin besteht, Mittler zwischen Gott und dem Volk zu sein[16], wobei sich das Amt – wie wir gesehen haben –konkret auf verschiedene Weise entfaltet, besonders aber in der Feier der Eucharistie; das Amt des Pontifex besteht aber darin, Gott die Gebete der Kirche vorzutragen[17]. Es ist evident, daß es sich um Aspekte derselben kirchlichen Handlung handelt. Dennoch zieht es die theologische und liturgische Tradition auf der theologischen Ebene vor, nur den Bischof «Pontifex» zu nennen[18]:  dies zeigt sich zum Beispiel daran, daß das Liber pontificalis der Band ist, der die Gebete und Rubriken für die Zelebration des Bischofs enthält, während für den Priester das Liber ritualis[19] vorgesehen ist. Aber es stimmt auch, daß diese liturgischen Bücher die Unterscheidung zwischen dem betreffen, was dem Bischof obliegt und was die Aufgabe des Priesters ist, ausgenommen die Messe und das Officium pontificis.

Daher sieht die Zelebration der Messe, Höhepunkt der Ausübung des priesterlichen Dienstes, ein Buch vor, das von jedem Priester ohne Unterschied, Bischof wie Priester, verwendet wird: das Buch,  das durch eine langsame Entwicklung hindurch schließlich den Namen Missale bekommen hat. Von da her ist es zu erklären, daß sich die liturgische Tradition und die Möglichkeit, das Priesteramt theologisch  auf der Stufe des Presbyterats auch als Ausübung des Pontifikats zu verstehen, vereinbar sind. Natürlich besteht ein Rangunterschied zwischen den Priestern, die Bischöfe sind und den Priestern, die Presbyter sind (vgl. den bereits zitierten DS 1777) Und deshalb bezieht sich die Kirche, wenn sie vom Pontifikat spricht, auf den Episkopat und nicht auf den Presbyterat[20].

Wenn man also die Stelle von LG 28, so übersetzt, wie es das Enchiridion Vaticanum tut, geht eine wichtige Unterscheidung verloren. Wenn die Konzilsväter bekräftigen, daß die Priester nicht die höchste Stufe des Pontifikats (apex pontificatus) besitzen, wollen sie die Priester von den Bischöfen unterscheiden und nicht das Priestertum der einen vom Priestertum der anderen. Im Gegenteil, während der Text Priester und Bischöfe von einander unterscheidet, wenn es um den pontificatus geht, stellt er sie, was das sacerdotium[21] angeht, gleich. Was unter sacerdotium zu verstehen ist, sagt der Text gleich danach, indem er an das Weihesakrament erinnert, das von den Presbytern empfangen wurde und das sie dazu befähigt, die tria munera der ihnen eigenen Weihestufe «nach dem Bild Christi des Höchsten und Ewigen Priesters zu erfüllen». Hier zitiert LG 28 den Hebräerbrief 5,1-10; 7,24; 9,11-28. Es handelt sich um klassische Stellen, die wir hier nicht im Einzelnen untersuchen können. Sie charakterisieren das Wesen des Priestertums Christi auf der Grundlage der Kategorie des Opfers und der Fortdauer. Treu der ununterbrochenen Tradition, sowohl der lehramtlichen als auch der theologischen, versteht LG 28 das munus sacerdotale (die Aufgabe des Priesters) vor allem als Amtshandlung, Gott das heilige Opfer darzubringen: das tut in erster Linie Christus mit seinem vollkommenen und endgültigen Opfer, durch das der neue, ewige Bund gestiftet wird, und das tun die geweihten Priester – wie das Konzil sagt – nach seinem Bild.

Im folgenden nimmt LG 28 von neuem die Lehre von den tria munera auf, und unter diesen erkennt es ausdrücklich die Erhabenheit der Zelebration am Altar an: «am meisten üben sie (die Priester) ihr heiliges Amt (munus) in der eucharistischen Feier oder der Versammlung aus, wobei sie in der Person Christi handeln [in persona Christi] und sein Mysterium verkünden, die Gebete der Gläubigen mit dem Opfer ihres Hauptes vereinigen und das einzige Opfer des Neuen Bundes, das Opfer Christi nämlich, der sich ein für allemal dem Vater als unbefleckte Gabe dargebracht hat, im Meßopfer bis zur Wiederkunft des Herrn vergegenwärtigen und zuwenden» (AAS 57 [1965], p. 34). Es folgt die Aufzählung der anderen Amtshandlungen: das Amt der Versöhnung (und der Wiederaufrichtung), die Nöte und Bitten der Gläubigen tragen sie zu Gott dem Vater hin, sie sammeln die Gemeinde und führen sie zu Gott, inmitten der Herde beten sie den Vater im Geist und in der Wahrheit an und schließlich die lehramtliche Unterweisung, wobei Wort und Beispiel miteinander übereinstimmen sollen. (ibid.).

Die Konstitution LG geht sodann dazu über, die Zusammenarbeit der Priester mit den Bischöfen zu behandeln und bekräftigt, daß die Priester «mit ihrem Bischof ein einziges Presbyterium bilden» (AAS 57 [1965], p. 35). Wo auch immer die Priester tätig sind, machen sie den Bischof gewissermaßen gegenwärtig. Es ist bedeutungsvoll, daß LG an dieser Stelle die notwendige Verbundenheit zwischen Priestern und Bischof anerkennt, aber auch die wirkliche persönliche Verantwortung der Presbyter in der Sorge für die Kirche: «Unter der Autorität des Bischofs heiligen und leiten sie den ihnen anvertrauten Anteil der Herde des Herrn, machen die Gesamtkirche an ihrem Ort sichtbar und leisten einen wirksamen Beitrag zur Erbauung des gesamten Leibes Christi» (ebenda; Kursivdruck vom Verfasser). Außerdem wird  hervorgehoben, daß die Priester das Presbyterium  «zusammen mit ihrem Bischof» bilden. Der weitere Text kehrt zu der Autorität des Bischofs zurück, dem die Priester ehrfürchtig gehorchen sollen, während er selbst die Priester als Söhne und Freunde ansehen soll. LG bekräftigt, daß «auf Grund ihrer Weihe und ihres Dienstamtes, alle Priester, Diözesan- wie Ordenspriester dem Kollegium der Bischöfe zugeordnet sind [coaptantur] » (ebenda). Diese Stellen zeigen, wenn man sie zusammen betrachtet, daß das Zweite Vatikanum eindeutig die höhere Autorität der Bischöfe gegenüber den Presbytern lehrt, aber daß es auch sieht, daß ihre Dienste eng miteinander verbunden sind[22]. Das einigende Element ist die Weihe und das Priestertum.

Die heilige Ordination, zusammen mit der Sendung, stellt auch den Angelpunkt zu einer anderen wichtigen Bekräftigung der Konstitution über die Kirche dar: «Kraft der Gemeinsamkeit der heiligen Weihe und Sendung sind die Priester alle einander in ganz enger Brüderlichkeit verbunden. » (ebenda): es ist das Thema der priesterlichen Brüderlichkeit, die ontologisch auf das Weihesakrament und außerdem hinsichtlich der Funktion auf die gemeinsame Sendung gegründet ist. PO wird die hier in kurzen Worten vorgestellte Lehre aufnehmen und ausführlich behandeln. Nach verschiedenen konkreten Angaben schließt der Abschnitt 28 mit einem Bezug auf die Situation der heutigen Welt. «Weil die Menschheit heute mehr und mehr zur Einheit im bürgerlichen, wirtschaftlichen und sozialen Bereich zusammenwächst, sollen die Priester um so mehr in vereinter Sorge und Arbeit unter Leitung der Bischöfe und des Papstes jede Art von Spaltung beseitigen, damit die ganze Menschheit der Einheit der Familie Gottes zugeführt werde.» (AAS 57 [1965], SS. 35-36).

 

2.2 Das Konzilsdekret über Dienst und Leben der Priester

 Das Dekret Presbyterorum Ordinis, erlassen am 7. Dezember 1965, reiht sich bewußt ganz in die ununterbrochene Tradition des Lehramts und der Theologie der katholischen Kirche ein[23]. Die Zielsetzung des Dokuments wird im 1. Abschnitt (am Ende) angegeben: der Text wird veröffentlicht, «um das Amt der Priester in seelsorglich und menschlich vielfach so tiefgreifend veränderten Verhältnissen wirksamer zu unterstützen und ihrem Leben besser Sorge zu tragen» (AAS 58 [1966], p. 991). Es wird daher das gesamte Dekret sofort mit den Feststellungen am Ende von LG 28 verknüpft, welches das Heute unterstrich: die heutigen Verhältnisse der Gesellschaft, welche die Kirche dazu drängen, mehr als die theologische Lehre über das Weihepriestertum, die konkreten organisatorischen und praktischen Entscheidungen, die das Leben der Priester berühren, von neuem zu bedenken, in einer Weise, die sie in die Lage versetzt, ihren Dienst  für die Ewigkeit in den veränderten Verhältnissen der heutigen Welt angemessen zu erfüllen[24]. Auch hier zeigt sich also der überwiegend pastorale Charakter, den sich das Zweite Vatikanum geben wollte, und den jeder Interpret des Konzils beachten muß, wenn er seinem Geist und seinen Texten treu sein will.

Natürlich legt PO, um sich vor allem den konkreten Aspekten zu widmen, in geraffter Form auch die Lehre über das Priestertum dar, die in vollkommener Kontinuität mit der 2000jährigen Tradition der Kirche steht, und von dieser Lehre ausgehend, hebt es einige Aspekte hervor, die eine solide Basis dafür bilden können, jenen priesterlichen Lebensstil zu verwirklichen, den das Zweite Vatikanum als möglichen Lösungsversuch für die derzeitige Situation in der schwierigen Zeit, in der wir  leben, zeigen wollte. Angesichts der Grenzen dieser Studie können wir keine detaillierte Analyse von PO liefern und müssen uns darauf beschränken, die Hauptthemen aufzuzeigen, die sich auf die Lehre über das katholische Priestertum beziehen.

Der Priester wird als Diener Christi und der Brüder gesehen[25]. Das Priestertum wird also christozentrisch und ekklesiologisch verstanden. Es wird als Teilhabe am Dienst Christi definiert (Abschnitte 1 und 13). Mindestens dreimal nimmt das Dekret aus der theologischen und lehramtlichen Tradition den terminus technicus beziehungsweise die Lehre des in persona Christi auf (Abschnitte 2; 12; 13)[26]. Auch was das Wesen des Weihepriestertums angeht, reiht es sich in die Tradition ein, indem sie es in die heilige Weihevollmacht, das Opfer darzubringen und die Sünden nachzulassen unterteilt (Abschnitt 2). Diese Wahrheit wird von PO im Einklang mit der Ekklesiologie von LG dargestellt, und zwar indem auch die Bedeutung des allgemeinen Priestertums hervorgehoben und daran erinnert wird, daß die den Amtspriestern verliehene exklusive Vollmacht im Dienst der Kirche steht, das heißt, der Vereinigung, der Kommunio der Gläubigen in einem einzigen Leib. Diese Darstellung der Lehre, nach der später die «Ekklesiologie der Kommunio» ihren Namen gefunden hat[27], ist eine Bekräftigung der immer schon geltenden Lehre, auf eine neue Weise formuliert, die für die gegenwärtigen Zeiten geeigneter schien. Hier finden wir also Kontinuität und Neuheit beisammen. Was aber das Thema des Wesens des christlichen Amtspriestertums als Amt der Darbringung des eucharistischen Opfers anbelangt, so wird diese Lehre nochmals in Abschnitt 14 wiederholt, stets mit einem Hinweis und mit der Erwähnung einer Kategorie, die später sehr populär werden sollte, der Kategorie der «Hirtenliebe»[28]. In PO 14 heißt es: «Die Hirtenliebe erwächst am stärksten aus dem eucharistischen Opfer. Dieses bildet daher Mitte und Wurzel des ganzen priesterlichen Lebens, so daß der Priester in seinem Herzen wiederholen muß, was auf dem Opferaltar geschieht» (AAS 58 [1966], p. 1013).

Das Dekret nimmt auch die Lehre von dem deutlichen Unterschied zwischen dem allgemeinen und dem Amtspriestertum wieder auf, das man durch das Sakrament der heiligen Weihe empfängt: «Das Priestertum der Amtspriester setzt zwar die christlichen Grundsakramente (die Sakramente der Initiation) voraus, wird jedoch durch ein eigenes Sakrament übertragen. Dieses zeichnet die Priester durch die Salbung des Heiligen Geistes mit einem besonderen Prägemal und macht sie auf diese Weise dem Priester Christus gleichförmig, so daß sie in der Person des Hauptes Christus handeln können» (PO 2: AAS 58 [1966], p. 992). Aus diesem Grund besitzen die Amtspriester eine besondere priesterliche Autorität, welche die nicht geweihten Gläubigen nicht besitzen (Abschnitte 2; 6; 9). Das bedeutet aber nicht, daß sie dazu befugt wären, sich inmitten ihres Volkes wie Despoten aufzuführen. Vielmehr zählt das Dekret unter den verschiedenen, den Priester auszeichnenden Tugenden die Liebenswürdigkeit (Abschnitt 3) und echte Menschlichkeit (Abschnitt 6) auf, was nicht heißen soll, daß Charakterfestigkeit und unbestechlicher Gerechtigkeitssinn weniger wichtig sind (Abschnitt 3), noch daß man sich nach den Vorlieben der Menschen richten sollte (Abschnitt 6)[29].

Aus der erwähnten Lehre über den wesentlichen Unterschied zwischen dem allgemeinen Priestertum der Gläubigen und dem Amt der Priester ergeben sich verschiedene Konsequenzen. Es mögen hier jedoch fünf Hauptkonsequenzen genannt werden:

1)   An erster Stelle bekräftigt das Konzil die Erhabenheit, Notwendigkeit und Unvergänglichkeit des Amtspriestertums (Abschnitt 11).

2)   An zweiter Stelle gelten die Amtspriester als Inhaber der Befugnisse, beziehungsweise der Dienste, die sich von dem ihnen eigenen status (Stand) ableiten und die sie in enge Beziehung zu den Bischöfen setzen, das heißt zu den drei Ämtern, den tria munera[30]. Diese Funktionen gelten auch als Aufgabe der Priester, auch wenn sie nicht mit solcher Vollständigkeit ausgeübt werden, wie sie nur den Bischöfen zukommt. Wir haben bereits darauf hingewiesen, daß das wichtigste unter den munera das munus sanctificandi, (das Amt zu heiligen), ist, in besonderer Weise die Zelebration der heiligen Messe, welche die tiefste Wurzel des Priestertums der Amtspriester darstellt. PO spricht vom sakramentalen Dienst der Priester an verschiedenen Stellen und besonders in den Abschnitten 2; 5; und 13. In Abschnitt 13 wird noch einmal bekräftigt, daß die Priester ihr wichtigstes Amt, munus, im Mysterium des eucharistischen Opfers ausüben» (AAS 58 [1966], p. 1011). Großer Raum wird in dem Dekret auch dem wichtigen munus docendi gegeben, dem Amt zu lehren, auf seinen verschiedenen Ebenen. Es ist bekannt, daß die Amtspriester dieses munus, Amt, nicht in seiner Fülle innehaben: sie besitzen nicht die – den Bischöfen vorbehaltene – Autorität, die Lehre festzulegen. Das munus docendi, des Priesters, besitzt jedoch, auch wenn es nicht mit der potestas determinandi (der Vollmacht, die Lehre festzulegen) versehen ist – immer in der Einheit mit und der Unterwerfung unter das vom Papst geleitete Bischofskollegium – die potestas praedicandi (die Vollmacht der Verkündigung).  Die Amtspriester haben Vollmacht, die Lehre der Kirche in den regulären Formen der Homiletik, der Katechese, der Instruktion und aller anderen bekannten Formen der kirchlichen Praxis zu verkünden. PO widmet dem Dienst am Wort Gottes besonders die Abschnitte 2; 4; und 13. Das Dekret bestimmt genauer, daß die Verkündigung des Evangeliums Christi sowohl mit Worten, indem man sich an die gesunde Lehre hält, als auch mit dem Zeugnis des Lebens ausgeübt wird. Für das munus regendi (Leitungsamt) schließlich möge man besonders im Abschnitt 6 nachlesen.

3)   Aus diesen Elementen entwickeln die Väter des Konzils auch die Lehre über den Zweck des Priestertums, welche die dritte Konsequenz aus der deutlichen Bekräftigung seiner Sakramentalität ist. Wenn man das Dekret analysiert, treten besonders zwei Zwecke hervor. Die Presbyter sind vor allem geweiht zur Ehre Gottes, des Vaters, in Christus (Abschnitt 2) und, um Christus, dem Meister, Priester und König zu dienen (Abschnitt 1). An zweiter Stelle sind sie dazu erwählt, die Kirche zu erbauen, das heißt, sie zu sammeln und zum Vater zu bringen durch Christus im Heiligen Geist (Abschnitte 1; 6; 8). Deswegen ist das Priestertum auf die Heiligung der Menschen ausgerichtet (Abschnitt 2), die ohne Umkehr nicht möglich ist (Abschnitte 4; 5; 6). In ihrem Bemühen, diese (die Umkehr) zu fördern, werden sich die Priester als Diener jenes Evangeliums erweisen, das seit seinen Anfängen vom Herrn selbst verkündet wurde, als er zur Umkehr rief, das heißt zur Änderung des Lebens hinsichtlich der ungeordneten Gewohnheiten (vgl. Markus 1,15).

4)   Eine vierte Konsequenz, die sich aus der Unterstreichung des sakramentalen Charakters des Priestertums ergibt, besteht in der von PO vorgestellten Lehre über die sakramentale Bruderschaft der Amtspriester, die gerade auf das Sakrament gegründet ist, das sie empfangen haben. In Abschnitt 8 heißt es: «Die Priester, die durch die Weihe in den Priesterstand eingegliedert wurden, sind in inniger [intima] sakramentaler Bruderschaft miteinander verbunden; besonders in der Diözese, zu deren Dienst sie unter ihrem Bischof zugewiesen werden, bilden sie das eine Presbyterium» (AAS 58 [1966], p. 1003). Diese Bruderschaft ist «innig», weil sie auf die sakramentale Weihe gegründet ist, aber sie zeigt sich dann auch auf funktionaler Ebene in der Zusammenarbeit und der gegenseitigen Hilfsbereitschaft unter den Priestern, besonders unter den Priestern, die das Presbyterium einer Ortskirche bilden. Diese priesterliche Gemeinschaft beschränkt sich nicht auf den diözesanen Bereich: die Priester sind in der sakramentalen Bruderschaft auf ontologische Weise vereint und nicht nur hinsichtlich der Jurisdiktion. Das Konzil erinnert deshalb daran, daß «die Geistesgabe, die den Priestern in ihrer Weihe verliehen wurde, sie nicht für irgend eine begrenzte und eingeschränkte Sendung rüstet, sondern für eine alles umfassende, universale Heilssendung [...]; denn jeder priesterliche Dienst hat teil an derselben weltweiten Sendung, die Christus den Aposteln aufgetragen hat» (PO 10: AAS 58 [1966], p. 1008). Diese Lehre ist sehr wichtig und ordnet sich in das vorher Gesagte ein: der Priester (besonders der Diözesanpriester) lebt und wirkt verwurzelt in einer Teilkirche – die jedoch getrennt von der Universalkirche keinen Sinn hätte – und verbunden mit seinem Bischof und mit seinem Presbyterium; aber dies impliziert durchaus nicht eine enge oder gar auf einen ganz bestimmten Ort beschränkte Sicht des Priesteramtes. PO lehrt im Gegenteil zu wiederholtem Mal, daß die Priester sich einen universalen Blick bewahren müssen (siehe im Einzelnen die Abschnitte 6; 10; 14; 17).

Das Dekret berührt von neuem das Thema der sakramentalen und operativen, das heißt der sich in ihrem Wirken zeigenden Bruderschaft in den Abschnitten 12; 15 und 22. Dieses Thema ist von großer Bedeutung und wurde nach dem Konzil ausführlich untersucht. Es beeinflußt sicher auch das, was PO über die Beziehung zwischen den Priestern und den Bischöfen (Abschnitte 5; 7; 12; 15); zwischen den Priestern und der Kirche (Abschnitte 3; 9; 14); und zwischen den Priestern und der Welt (Abschnitte 3; 9; 17) sagt: lauter sehr interessante Aspekte, die hier allerdings nicht angemessen untersucht werden können.

5)   Eine fünfte und letzte Konsequenz, die sich aus der Betonung des sakramentalen Charakters des Priestertums ergibt, betrifft das spirituelle Leben der Amtspriester, das auf die Vervollkommnung ihrer Heiligkeit ausgerichtet sein soll. Die Hinweise sind zahlreich, aber der wichtigste Abschnitt ist der Abschnitt Nr. 12. Hier heißt es, daß die Priester zwar schon kraft der Taufgnade die Verpflichtung haben, nach Heiligkeit zu streben, ebenso wie alle anderen Gläubigen. «Als Priester sind sie jedoch aus einem besonderen Grund zum Streben nach dieser Vollkommenheit verpflichtet: denn im Empfang des Weihesakraments Gott auf neue Weise geweiht, sind sie lebendige Werkzeuge Christi des ewigen Priesters geworden, damit sie sein wunderbares Werk, das mit Kraft von oben die ganze menschliche Gesellschaft erneuert hat, durch die Zeiten fortzuführen vermögen.» (AAS 58 [1966], pp. 1009-1010). Es handelt sich um eine Anwendung des Ausspruchs aus dem Evangelium: «Wem viel gegeben ist, von dem wird viel verlangt» (Lukas 12,48). Andererseits erinnert das Konzil daran, daß zu dem Geschenk, das dem Presbyter (in Christus) gemacht worden ist, auch die Gnade seines Priesterstands gehört, «kraft deren er durch den Dienst an der ihm anvertrauten Gemeinde und am ganzen Volk Gottes besser der Vollkommenheit dessen nachstreben kann, an dessen Stelle er steht [Christus [partes sustinet]» (AAS 58 [1966], p. 1010).

Es wird also von neuem die Lehre von der größeren Erhabenheit des Priesterstandes bekräftigt, die PO bereits aus der lehramtlichen und theologischen Tradition wieder aufgenommen hatte: eine Vortrefflichkeit, die sich leider de facto nicht in allen einzelnen Fällen bewahrheitet, sondern die an sich besteht, weil sie auf den Unterschied «des Wesens und nicht nur des Grades » gegründet ist,[31] der zwischen dem allgemeinen Priestertum der Gläubigen und dem Amtspriestertum besteht. In Abschnitt 12 von PO wird präzisiert, daß die Diener ihre Berufung nicht nur erfüllen, indem sie die Herde weiden, das heißt in der Ausübung des munus pastorale, des Hirtenamtes, sondern auch, indem sie die persönliche Heiligkeit pflegen. Es heißt darin, daß die Priester «in sich die Werke des Fleisches abtöten und sich ganz dem Dienst an den Menschen hingeben; so können sie in der Kraft der Heiligkeit, mit der sie in Christus beschenkt sind, zur Mannesvollkommenheit heranreifen» (ebenda). Für die Heiligkeit des Priesters genügt also die Ausübung der Hirtenliebe nicht; zu ihr muß die Gleichgestaltung mit Christus hinzukommen, die ständige Umkehr zu Ihm, die auch mit der Abtötung der Werke des Fleisches in sich selbst einhergeht. Dieses Streben nach Heiligkeit ist von großer Bedeutung: «Auch wenn die Gnade Gottes auch durch unwürdige Diener das Heilswerk ausführen kann, so will Gott doch seine Heilswunder für gewöhnlich lieber durch diejenigen kundtun, die sich dem Antrieb und der Führung des Heiligen Geistes mehr geöffnet haben und darum wegen ihrer innigen Verbundenheit mit Christus und wegen eines heiligmäßigen Lebens mit dem Apostel sprechen können: ‚Nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir’ (Gal. 2,20)”» (ebenda).

Diese Selbstverleugnung der Priester – bei der in ihnen nicht in erster Linie ihr eigenes Ich handelt, sondern das Ich Christi, dessen Person sie in sich selbst tragen – verwirklicht sich in der Haltung, die sie dazu führt, im priesterlichen Leben nicht nach dem eigenen Belieben oder nach den eigenen Neigungen zu handeln oder, schlimmer noch, zum eigenen Nutzen, sondern, indem sie so handeln, daß sie durch ihr Amt immer mehr Christus und die Kirche erscheinen und handeln lassen. Diesen Aspekten widmet das Dekret verschiedene Hinweise, besonders zu empfehlen sind die Abschnitte 4; 6; 9; 13 und 15.

 

Wir müssen hier auf die Behandlung vieler anderer Aspekte verzichten, besonders auf die vielen praktischen Hinweise, die sich in PO befinden. Wir machen aber zum Abschluß darauf aufmerksam, daß das Dekret sich in nichts von der traditionellen kirchlichen Lehre über das Priestertum distanziert, daß es sie im Gegenteil mit Überzeugung und ausführlich wieder aufnimmt; dies sind Merkmale einer tiefen Kontinuität. Es findet sich in ihm allerdings auch ein Wesensmerkmal der Neuheit, angewendet auf die Seelsorge, das heißt in Beziehung zu den konkreten Erfordernissen der Priester unserer Zeit. Treu dem Kirchenmodell des Konzils, das später, «Ekklesiologie der Comunio» genannt wurde, unterstreicht PO besonders den Gemeinschaftsaspekt des priesterlichen Lebens. Dies erkennt man bereits an den ersten zwei Worten, die auch den Titel des Dekrets bilden: Presbyterorum Ordinis. Es handelt sich hier nicht nur um den Priester für sich betrachtet, sondern um den Priester innerhalb des Ordo Presbyterorum, des Priesterordens und, wenn er zum weltlichen Klerus gehört, innerhalb eines Diözesanpresbyteriums. Das erkennt man auch an der Tatsache, daß die Begriffe «Presbyter» und «Sacerdos, Priester» nur selten im Singular erscheinen, während sich das Dekret im allgemeinen auf die «Presbyter» und «die Priester» im Plural bezieht, um den Charakter des Leibes der Gesamtheit der Presbyter zu unterstreichen[32]. Wie wir zeigen konnten, ist die Bruderschaft der Sacerdotes, der Priester und die Einheit im Gremium der Presbyter innig, das heißt, sie gründet sich in erster Linie auf die Sakramentalität des Priestertums und nicht nur auf eine äußere Motivation, das heißt auf funktionale Aspekte. Das Konzilsdekret bringt also dieses interessante Element der Neuheit innerhalb der Kontinuität, hinzu, indem es die traditionelle Lehre über den Priester in eine pastorale Sichtweise von den Priestern  einfügt. Zwischen diesen beiden Aspekten besteht kein Gegensatz. Die Pastorallehre über die Priester kann ohne die theologische über den Priester nicht bestehen, und diese letztere findet in der anderen fruchtbare Anwendungsmöglichkeiten und praktische Konsequenzen für das Leben und die Sendung der Priester (welches der Gegenstand des Dekrets ist), Konsequenzen, die gewissenhaft aus dem Konzilstext entnommen worden sind.

 

 

3. Nachkonziliare theologische Tendenzen

In den Siebzigerjahren erlebte das Priestertum eine Krise von einem Ausmaß, das es möglicherweise noch nie gegeben hat, seit die Kirche besteht. Aus der Tatsache, daß dies kurz nach dem Abschluß des Zweiten Vatikanums eintrat, ist sicherlich zu folgern, daß sie post hoc, (danach), eingetreten ist, aber es ist gleichzeitig auch nicht sicher, daß man auch das propter hoc, (deswegen),  behaupten kann. Ein zeitliches Aufeinanderfolgen deutet nicht immer auf eine kausale Beziehung hin, und die Tatsache, daß man nach dem letzten Konzil eine diffuse «Identitätskrise des Priestertums»[33] erlebte, bedeutet nicht, daß die einzige plausible Erklärung darin besteht, daß diese Krise wegen des Zweiten Vatikanischen Konzils ausgebrochen sei. Es ist im Gegenteil nötig, anzuerkennen, daß sie außer aus kulturellen und gesellschaftlichen Gründen auch aus dem Grund aufgetreten ist, daß man sich sehr schnell vom Konzilstext losgelöst hat, um andere Auffassungen über das Priestertum zu entwickeln. Die Identitätskrise des Priesters – die auf verschiedene Weisen bis heute andauert – hat bei den Theologen und Seelsorgern viele Forderungen aufkommen lassen und in den Publikationen über das Weiheamt eine Abweichung zur Folge gehabt: die Literatur über das Priestertum hat sich zwischen dem Ende der Siebzigerjahre und den Achtzigerjahren nicht mehr an den Konzilstexten orientiert, höchstens in obliquo, als Pflichtübung, sondern am Thema der Ämter im Neuen Testament und an der Forschung über die Existenzberechtigung des Weiheamtes in der Kirche[34].

In großen Umrissen betrachtet, gruppierten sich die theologischen Forschungen über das Priestertum um zwei Richtungen herum, die christologische und die ekklesiologische[35]. Die Studien der ersten Reihe (der christologischen) haben sich entlang zweier Hauptlinien entwickelt, von denen die eine den kultischen Charakter des Weiheamtes besonders betont, indem sie es vor allem als sacerdozio, Priestertum, versteht, und eine andere, die überwiegend die Kategorie der Repräsentanz, der Stellvertretung, entwickelt, in einer Überlegung, die vom missionarischen und pastoralen Charakters des Priestertums ausgeht. Wenn wir uns an die Analyse von LG und PO, die wir auf der Grundlage der 2000jährigen Tradition der Kirche vorgenommen haben, halten, erscheint das erste Modell das angemessenere zu sein, auch wenn wir bei ihm einige Fehler vermeiden müssen, in die man verfallen kann, wenn man es falsch anwendet. In dem «sakral-priesterlichen» Modell wird das Priestertum auf der Grundlage des Priestertums verstanden, das Christus gestiftet und zuerst den Aposteln übertragen hat und dann, von ihnen aus, ihren Nachfolgern. Grundlegend bei dieser Sicht ist der Text des Hebräerbriefs, dessen Wert in Bezug auf die Theologie des christlichen Priestertums in unserer Zeit oft bestritten worden ist, der jedoch – wie wir gesehen haben – von der lehramtlichen und theologischen Tradition eindeutig bestätigt worden ist. Es ist klar, daß in dieser Sicht die Identität des katholischen Priesters in Beziehung zu Christus verstanden wird: Der Priester ist alter Christus, ein zweiter Christus, weil er – wie es in PO heißt – in sich die Person Christi trägt[36]. Die Grenze dieses theologischen Ansatzes, auf die verschiedene neuere Gelehrte aufmerksam gemacht haben, besteht in der Tatsache, daß einige Vertreter dieser theologischen Formulierung das munus sanctificandi als das «Sein» des Priesters und die munera docendi et regendi nur als das«Tun» verstehen und damit die Einheit der tria munera aufs Spiel setzen. Diese letztere Anwendung des sakralen beziehungsweise priesterlichen Modells der Theologie des Priestertums stimmt nicht vollkommen mit den Texten des Zweiten Vatikanums vom Priestertum überein, die vom hervorragenden, alles überragenden (apikalen) Charakter des munus sanctificandi sprechen, es aber nicht gänzlich von den anderen zwei munera trennen.

Deshalb haben es andere Theologen vorgezogen, um innerhalb der Richtung der christologischen Interpretation zu bleiben, die Theologie des katholischen Priestertums über das Modell der Stellvertretung (das missionarisch-pastorale Modell), zu entwickeln, das – wie wir gesehen haben – bereits im Tridentinischen Katechismus[37]angewendet wurde.  Unter diesen Autoren, ragt der Name Joseph Ratzinger[38] hervor. Er übernahm die Kategorie der «Sendung Christi» als Ausgangspunkt für seine Theologie des Amtspriestertums. Der Amtspriester wird vor allem als Gesandter verstanden. Die Sendung begründet das Wesen des Weiheamtes, und diese Sendung wird immer gemäß der christologischen Position verstanden: es ist Christus, der Gesandte des göttlichen Vaters, der im Diener gegenwärtig ist (stellvertretende Verkörperung) und durch ihn seine Sendung fortsetzt. Auf diese Weise vermeidet man auch die Alternative zwischen ontologischen und funktionalen Aspekten des katholischen Priestertums. Und Ratzinger hat diese Interpretationslinie auch als Papst bei der Generalaudienz am Mittwoch nach der feierlichen Eröffnung des Priesterjahres mit aller Betonung neu vorgelegt. Der Papst erwähnte auch ausdrücklich seine Studien, die er als privater Theologe auf diesem Gebiet gemacht hat, indem er sagte:

 

«In einer Welt, in der die allgemeine Vorstellung vom Leben das Heilige immer weniger einbezieht, an dessen Stelle die „Funktionalität” zur einzigen entscheidenden Kategorie wird, könnte die katholische Auffassung vom Priestertum Gefahr laufen, ihre natürliche, selbstverständliche Geltung zu verlieren -- bisweilen auch im Inneren des kirchlichen Bewußtseins selbst. Nicht selten stehen einander sowohl in der Theologie, als auch in der konkreten pastoralen Praxis und der Priesterausbildung zwei verschiedene, manchmal sogar entgegengesetzte Auffassungen vom Priestertum gegenüber. Dazu habe ich vor nunmehr einigen Jahren erklärt, „daß es auf der einen Seite eine sozio-funktionale Auffassung gibt, die das Wesen des Priestertums mit dem Begriff ‚Dienst’ beschreibt: dem Dienst an der Gemeinschaft in der Erfüllung einer Aufgabe… Auf der anderen Seite steht die sakramental-ontologische Auffassung, die natürlich den Dienstcharakter des Priestertums nicht leugnet, diesen jedoch im Sein des Dieners verankert sieht und daran festhält, daß dieses Sein von einem Geschenk bestimmt ist, das vom Herrn durch die Vermittlung der Kirche verliehen worden ist, und dessen Name Sakrament lautet” (J. Ratzinger, «Ministero e vita del Sacerdote», in Elementi di Teologia fondamentale. Saggio su fede e ministero, Brescia 2005, S. 165). „Auch die terminologische Verschiebung vom Wort „Priestertum” zu den Ausdrücken „Dienst, Amt, Aufgabe”, ist ein Zeichen für diese unterschiedliche Auffassung. Mit ersterer, der ontologisch-sakramentalen, ist im Wortpaar „Priestertum-Opfer“ der Vorrang der „Eucharistie“ verbunden, während der zweiten der Primat des „Wortes und des Dienstes“ der Verkündigung entsprechen würde.

Beim genauen Hinsehen, handelt es sich nicht um zwei einander entgegengesetzte Auffassungen, und die Spannung, die dennoch zwischen ihnen besteht, muß von innen gelöst werden [es folgt ein Zitat aus PO 2 ...].

Wir fragen uns also: „Was bedeutet es gerade für die Priester, das Evangelium zu verkünden? Worin besteht der sogenannte Primat der Verkündigung?” Jesus nennt die Verkündigung des Reiches Gottes das wahre Ziel seines Kommens in die Welt, und seine Verkündigung ist nicht nur ein „Reden“. Sie schließt gleichzeitig auch sein Handeln ein: die Zeichen und die Wunder, die er vollbringt, zeigen an, daß das Reich als wirkliche Gegenwart in die Welt kommt, die letztlich seine Person, er selbst ist. In diesem Sinne muß man daran erinnern, daß auch im Primat der Verkündigung Wort und Zeichen untrennbar miteinander verbunden sind. Die christliche Verkündigung verkündigt keine „Worte”, sondern „das Wort“, und die Botschaft und die Person Christi, die ontologisch offen für die Beziehung mit dem Vater und seinem Willen gehorsam ist, gehen ineinander über. Ein authentischer Dienst am Wort erfordert also von Seiten des Priesters, daß er nach einer vertieften Selbstverleugnung strebt, bis er mit dem Apostel sagen kann: „nicht mehr ich lebe sondern Christus lebt in mir”. Der Priester darf sich nicht als „Herr” des Wortes betrachten sondern als dessen Diener. Er ist nicht das Wort, sondern er ist, wie Johannes der Täufer verkündete, dessen Geburt wir gerade heute feiern, die „Stimme” des Wortes: „Stimme eines Rufenden in der Wüste: bereitet dem Herrn den Weg, ebnet ihm die Straßen “ (Mark. 1,3).

Nun, „Stimme” des Wortes zu sein, stellt für den Priester keinen rein funktionalen Aspekt dar. Im Gegenteil, es setzt ein wesentliches, substantielles „Sich-verlieren” in Christus voraus, indem er mit seinem ganzen Ich an Seinem Geheimnis des Todes und der Auferstehung teilhat: mit seinem Verstand, seiner Freiheit, seinem Willen und der Darbringung seiner selbst, als lebendiges Opfer (vgl. Röm. 12,1-2). Nur durch die Teilhabe am Opfer Christi, an seiner Kenosis, (Entäußerung), wird die Verkündigung authentisch! Und dies ist der Weg, dem er zusammen mit Christus folgen muß, um gemeinsam mit Ihm zum Vater sagen zu können: „nicht, was ich will, sondern, was du willst“, soll geschehen (Mark. 14,36). Die Verkündigung verlangt also immer die Selbsthingabe; diese ist die Bedingung dafür, daß die Verkündigung authentisch und wirkkräftig ist.

Als alter Christus ist der Priester zutiefst mit dem Wort des Vaters vereint, das durch die Menschwerdung die Knechtsgestalt angenommen hat, Sklave geworden ist (vgl. Phil 2,5-11). Der Priester ist Diener Christi in dem Sinne, daß sein Dasein, das Christus ontologisch gleichförmig wird, einen von seinem Wesen her relationalen Charakter annimmt: er steht in Christus, durch Christus und mit Christus im Dienst der Menschen. Gerade, weil er Christus gehört, steht der Priester radikal im Dienst der Menschen: er ist der Diener ihres Heils, ihres Glücks, ihrer echten Befreiung, und in dieser allmählichen Annahme des Willens Christi wächst er im Gebet, wächst er, indem er „Herz an Herz” mit Ihm lebt. Das also ist die unverzichtbare Bedingung jeder Verkündigung, die die Teilhabe am sakramentalen Opfer der Eucharistie und einen lernbereiten Gehorsam gegenüber der Kirche verlangt.»[39].

 

Wie aus dem langen Zitat hervorgeht, entnimmt der Papst seinen theologischen Studien den Ansatz einer Theologie des Priestertums, die einerseits der christozentrischen Richtung folgt aber gleichzeitig auf der Grundlage des missionarisch-pastoralen Modells der Stellvertretung formuliert ist. Dabei hebt der Heilige Vater jedoch nach wie vor hervor, was unverzichtbar bleibt: der sakrale Charakter des Priestertums. So zitiert Benedikt XVI. unter anderem den Ausdruck alter Christus, der typisch für das sakral-kultische Modell ist und daher keine Zweifel an der vom Pontifex vorgelegten Lehre zuläßt. Zusammenfassend kann man sagen: Der Papst hat an die Untrennbarkeit des Wortpaars Identität-Sendung erinnert. Das Priestertum muß, was die priesterliche Identität betrifft, ontologisch vom Empfang des Weihesakraments her verstanden werden. Eine ähnliche Identität wird auf die Mission bezogen und ist von dieser untrennbar[40]. Die Ablehnung eines der beiden Aspekte führt zu verkürzten Auffassungen vom Weihepriestertum. Papst Benedikt bekräftigte diese Lehre bei der Generalaudienz am 1. Juli:

 

«Tatsächlich kann jeder Priester, gerade wenn er das Begriffspaar Identität-Sendung bedenkt, die Notwendigkeit dieser allmählichen Identifizierung mit Christus besser erkennen, einer Identifizierung, die ihm die Treue und die Fruchtbarkeit des Zeugnisses für das Evangelium gewährleistet. Der Titel des Priesterjahres selbst - Treue Christi, Treue des Priesters - macht deutlich, daß das Geschenk der göttlichen Gnade jeder möglichen menschlichen Antwort und pastoralen Verwirklichung vorausgeht, und so sind im Leben des Priesters missionarische Verkündigung und Gottesdienst nie trennbar, so wie ontologisch-sakramentale Identität und Sendung zur Evangelisierung nie getrennt werden dürfen. Im übrigen ist das Ziel der Sendung eines jeden Priesters, so könnten wir sagen, „kultisch“: daß alle Menschen sich Gott als lebendiges, heiliges und ihm wohlgefälliges Opfer darbringen können (vgl. Röm. 12,1)“. [41].

 

Die ausgewogene Sicht, in der Benedikt sich bemüht, alle Aspekte zu berücksichtigen, läßt umgekehrt die Voreingenommenheit und Einseitigkeit in Literatur u. Vorlesungen, die in den letzten Jahrzehnten häufig in der anderen Interpretationsrichtung, der ekklesiologischen, produziert wurden, deutlich hervortreten. Oft mußten sich in den Siebzigerjahren die Priesteramtskandidaten beziehungsweise die Priester bei den allmonatlichen Einkehrtagen für den Klerus, immer wieder anhören, daß der Priester nicht so sehr Repräsentant Christi sei, (wie es das Zweite Vatikanische Konzil lehrt), sondern daß er Vertreter der Gemeinde sein solle, in seiner Eigenschaft als ihr Vorsteher aber auch als ihr Sprecher gegenüber der Öffentlichkeit. Auf diese Weise näherte man sich hier der protestantischen Auffassung des Amtes, wesentliche Aspekte der theologisch-lehramtliche katholischen Tradition jedoch verlor man aus den Augen, auch auf der Ebene der konkreten Ausübung des Amtes, indem man den Priester konsequent der Gemeinde unterstellte, deren Dolmetscher er eher sein sollte als deren Leiter und der er Rechenschaft schuldete.

Nicht selten haben sich dann einige theologische Ansätze die systematische Desakralisierung, ja sogar «Entpriesterlichung» des priesterlichen Dienstes zum Ziel gesetzt. Das Priesteramt wurde überwiegend, wenn nicht sogar ausschließlich, von seiner Funktion her interpretiert und nicht ontologisch verstanden. Unter den Gelehrten, die diese Linie vertraten und natürlich auch untereinander recht unterschiedliche Auffassungen vortrugen, ragen die Namen Karl Rahner[42], Edward Schillebeeckx[43], Hans Küng[44], Leonardo Boff[45] und andere heraus. Es ist hier (aus Platzgründen) unmöglich, ihre Vorschläge auch nur rein schematisch zu behandeln. Wir können nur ganz allgemein sagen, daß eine in der Hauptsache funktionale Sicht vom Priestertum weder mit den Texten des Zweiten Vatikanums, noch mit der zweitausendjährigen lehramtlichen und theologischen Tradition, aus der dieses schöpft und deren aktuellste konziliare Stellungnahme es darstellt, nicht übereinstimmt. Wir zitieren noch einmal Benedikt den XVI:

 

«Da sie mit ihrer „Weihe“ eine so außerordentliche Gnadengabe empfangen haben, werden die Priester zu ständigen Zeugen ihrer Begegnung mit Christus. Gerade von diesem inneren Bewußtsein her können sie ihre „Sendung“ durch die Verkündigung des Wortes und die Spendung der Sakramente gut erfüllen. Nach dem II. Vatikanischen Konzil ist da und dort der Eindruck entstanden, daß es in der Sendung der Priester in unserer Zeit etwas Dringlicheres gäbe. Manche dachten, daß man vor allem eine andere Gesellschaft aufbauen müßte. Der Abschnitt aus dem Evangelium, den wir zu Beginn gehört haben, ruft dagegen die beiden wesentlichen Elemente des priesterlichen Dienstes in Erinnerung. Jesus sendet, damals wie heute, die Apostel aus, das Evangelium zu verkünden und gibt ihnen die Vollmacht, die bösen Geister auszutreiben. „Verkündigung“ und „Vollmacht”, das heißt, „Wort” und „Sakrament“ sind also die beiden grundlegenden Säulen des priesterlichen Dienstes, die weit über den sonstigen vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten dieses Amtes stehen.“   [46].

 

 

4. Konkrete Entwicklungen in der Pastoral und der Priesterausbildung

Auch für diesen letzten Abschnitt gilt wie für alle vorhergehenden, daß er keinen Anspruch auf eine geschlossene, vollständige Erörterung stellt und auch nicht stellen könnte. Wir liefern nur einige wenige Hinweise zu einem sehr wichtigen Thema, das die gebotenen Überlegungen zu passenden Gelegenheiten verdient.

Das seelsorgliche Handeln der Priester und die Ausbildung der Priesteramtskandidaten sind eng mit der Auffassung verbunden, die man von der Identität und der Rolle des geweihten Priesters hat. Die lehramtliche Linie, die in das große Konzil von Trient mündete, hat ein klares Bild vom Priester geprägt und einen unermeßlichen Einfluß auf die Seelsorge und die Priesterausbildung ausgeübt. Der Priester wird dort vor allem als der Seelenhirte verstanden, als die Autorität, die über einen Teil der Herde Christi eingesetzt ist und bei deren Heiligung mitwirkt, als lebendiges Werkzeug des Herrn, vor allem durch die Feier und Spendung der Sakramente, besonders der Eucharistie und des Bußsakraments aber auch durch die anderen ihm übertragenen munera  (Ämter und Aufgaben)[47]. Die Seminarausbildung – man erinnere sich, daß es gerade das Tridentinische Konzil war, das den Impuls zu dieser Institution gab – strebte grundsätzlich danach, die Priester darauf vorzubereiten, sich der Seelsorge zu widmen und unterstrich mit Recht und oft die hohe Würde des Priesters, der vom Herrn erwählt wurde, im Schoß der Kirche, in deren Namen und im Gehorsam zu ihrer Hierarchie, eine Aufgabe von außergewöhnlichem Wert und besonderer Würde auszuüben. Der Kirchenvater, auf den sich das Tridentinum hier bezogen hat, ist der hl. Johannes Chrysostomus, der wunderbare Texte über die Würde und Größe des Priesters geschrieben hat.

Die Grenze dieses (tridentinischen) Ansatzes besteht in der Gefahr des Klerikalismus und einer mangelnden Hervorhebung des katholischen Laienstandes. Eine weitere Gefahr besteht darin, daß man die Gestalt des Priesters verabsolutiert und vergißt, daß dieser (der Priester) dazu berufen ist, nicht nur «gegenüber» der Kirche sondern auch «in» ihr seine Aufgabe zu erfüllen[48]. Drittens konnte man nicht immer deutlich das Band der priesterlichen Bruderschaft erkennen, die sich auf die Zugehörigkeit zum Weihestand der Presbyter gründet. Schließlich, stimmt es zwar, daß sich gemäß dieser Sicht die Verbindung zwischen dem Episkopat und dem Presbyterat auf das ihnen gemeinsame Priestertum gründet, das heißt auf die Vollmacht, die Eucharistie zu feiern (consacrare=weihen) und andere Sakramente zu spenden (munus sanctificandi), daß aber die Verbindung zwischen den Bischöfen und den Priestern, was die anderen zwei munera angeht, weniger deutlich ist. Das Zweite Vatikanische Konzil wollte deshalb, wie wir gesehen haben, die traditionelle Lehre über das Priestertum innerhalb einer Sicht neu bekräftigen, die diesen Gefahren und auch den veränderten historischen Gegebenheiten Rechnung tragen würde. Hierbei handelt es sich um keine lehrmäßige Korrektur oder Änderung sondern um eine neue Präsentation der stets geltenden Lehre und ihre konsequente, überzeugende Anwendung auf die Seelsorge. Wenn diese Lehre angenommen und angewendet wurde, hat sie deutlich sichtbare Früchte für das priesterliche Leben und die auf dieses Leben vorbereitende Ausbildung gebracht.

Wie bereits gesagt, ist jedoch oft ein andersartiges Modell an ihre Stelle getreten. Es wurde rasch der Text des Konzils verlassen und ein in der Hauptsache, wenn nicht gar ausschließlich, funktionales Konzept des Priestertums entworfen. Das Wort «sacerdozio» selbst wurde häufig aus dem Wortschatz gestrichen: man sprach nur noch von den «presbiteri» und nicht mehr von den «sacerdoti». In vielen Seminarien wurde gelehrt, daß man auf keinen Fall sagen dürfe «diventare sacerdoti, Priester werden», sondern man müsse sagen «essere ordinati presbiteri, zu Priestern geweiht werden». Der erste Ausdruck wurde abgelehnt, weil er zu ontologisch klingt: „presbiterato” sei eher ein Dienst an der Gemeinde, der durch den Ritus der Ordination übertragen werde, aber kein übernatürliches Geschenk, das mit dem sakramentalen Prägemal unzerstörbar in die Seele des Geweihten eingeprägt wird. In der Ausbildung in vielen Noviziaten und Seminaren wurden Profile von Bischöfen und Priestern vorgestellt -- so als gäbe es keine anderen -- , die im gesellschaftlichen Leben ganz aufgegangen sind, dagegen viel weniger oder überhaupt keine Priestergestalten – etwa auch heilige und zur Heiligkeit führende, – die sich vor allem dem sakramentalen Amt der Eucharistie und des Bußsakraments gewidmet haben, oder die Meister des Wortes Gottes waren oder der Kunst des Gebets und der christlichen Askese. Priestergestalten wie die eines hl. Alfons Maria de’ Liguori, eines hl. Pietro Giuliano Eymard, eines hl. Jean Marie Vianney, eines hl. Pater Pio von Pietrelcina oder eines hl. Leopoldo Mandic kamen – und kommen auch jetzt häufig – im Unterrichtsplan des Ausbildungsprogramms vieler Häuser für die Ausbildung zum Priestertum nicht vor, und wenn sie vorkamen, dann hob man bei ihnen besonders ihre aktive Seite und die Werke der Nächstenliebe hervor – die sicher von enormer Bedeutung sind – und sprach weniger von der Praxis der Unterweisung in der gesunden Lehre, dem Gebetsleben, der Sorge für die Seelen und der Liturgie. Im Gegenteil geschah es häufig, daß man nicht nur dem funktionalen Aspekt des Priestertums den Vorrang vor dem ontologischen gab, sondern auch, daß die priesterliche Sendung eher als ein „auf die Welt Zugehen” verstanden wurde, als daß man sich derer annahm, die bereits glaubten, und die dabei unterstützt werden sollten, nach der christlichen Vollkommenheit zu streben. Außerdem wurde in der Ausbildung die Einheit zwischen dem allgemeinen Priestertum und dem Amtspriestertum betont und der Unterschied zwischen beiden, von dem das Konzil definiert, daß er «dem Wesen nach und nicht bloß dem Grade nach» besteht (LG 10), verwischt. Während also das II. Vatikanische Konzil die Linie einer Erneuerung des priesterlichen Lebens und damit auch indirekt die Erneuerung der auf dieses Leben vorbereitenden Ausbildung -- siehe hierzu das Dekret Optatam Totius – vorgeschrieben hat, haben sich in der Tat in der postkonziliaren Zeit andere Theologien und damit auch andere Ausrichtungen in der Ausbildung durchgesetzt, die der Kirche so viele junge Priester zugeführt haben, die in ihrer großmütigen Einsatzbereitschaft unvermutet frustriert beziehungsweise in ihrer Tätigkeit desorientiert dastanden, da ihnen keine klare Vorstellung von ihrer priesterlichen Identität und damit auch ihrer Sendung vermittelt worden war.

Auch in diesem Fall kann daher das lateinische Sprichwort post hoc ergo propter hoc  (danach, also deswegen) auf die beschriebene Situation nicht angewendet werden. Die schwierige Situation, die «Identitätskrise des Priesters» der postkonziliaren Zeit, hat ihre Wurzeln nicht in den Texten des II. Vatikanums, sondern in deren Überlagerung durch eine Hermeneutik, (eine Interpretation), der Diskontinuität, die sich von der großen Tradition der Kirche und von der fruchtbaren Relektüre (dem Nocheinmal- Durcharbeiten der traditionellen Lehre), welche die Konzilstexte unternommen haben, trennen wollten, um eine andere an deren Stelle zu setzen. Es muß daher daran erinnert werden, daß „das II. Vatikanische Konzil, indem es die traditionelle Lehre vom Amtspriestertum in die Perspektive der Sendung  einreihte, damit nicht die Perspektive des Kults und der Weihe (Wandlung in der Messe) abgelehnt hat, sondern daß es sie noch dynamischer und kirchlicher gemacht hat.»[49]. Zusammenfassend, können wir, wenn wir noch einmal die terminologische Anmerkung von Pastores dabo vobis 16 aufgreifen, die Risiken des früheren Modells zusammenfassen als Gefahr, nur ein Priestertum «gegenüber» der Kirche zu leben, während dieses jüngere Modell die Gefahr enthält, das Priestertum nur «in» und nicht auch der Kirche «gegenüber» zu sehen. In den radikaleren praktischen Umsetzungen geht dann auch noch die entscheidende Beziehung zur Ekklesiologie verloren, und das Priesteramt wird ausschließlich als ein Dienst «für die Welt» verstanden, als ein nicht-religiöses Tun gegenüber der Welt und für das Wohl der Gesellschaft: hier haben wir die völlige Säkularisierung des katholischen Priestertums, in der es keine priesterliche Identität mehr gibt. Es ist klar, daß innerhalb einer solchen Sichtweise viele traditionelle Elemente des katholischen Priestertums – hier sei nur die Zölibatsverpflichtung[50] und die Verpflichtung zum Tragen des priesterlichen Gewands genannt – keine Grundlage mehr haben, um überzeugen zu können und daher heftig angefochten werden. Aber auch das spirituelle Leben selbst, das Streben nach Heiligkeit durch ein Leben der Gnade, der Kontemplation und Askese – die vom Konzil dringend empfohlen werden – fügen sich nicht leicht in einen solchen Rahmen. In einem Priesteramt, das in säkularem Sinn verstanden wird, braucht man all diese Dinge nicht, die im Gegenteil als Verschwendung kostbarer Zeit interpretiert werden können, die für soziale Aktivitäten besser aufgewendet wäre, oder sie könnten als Flucht vor den Problemen des „wirklichen Lebens” gelten.

In diesem Sinn zeigt die Ansprache, die der Heilige Vater Benedikt XVI. aus Anlaß des Priesterjahres gehalten hat, noch einmal den Annäherungsversuch einer Hermeneutik der Kontinuität auf, die in der Lektüre der Konzilstexte und in ihrer praktischen Durchführung verwirklicht wird. Besonders der bezeichnende Hinweis auf den Pfarrer von Ars erweist sich als äußerst bedeutungsvoll. Lassen Sie mich nun als Schluß einige Auszüge aus den jüngsten Einlassungen des Papstes wiedergeben, die ich passagenweise hervorheben möchte. In der Ansprache, in der Benedikt XVI. die Ausrufung des Priesterjahrs mitteilte, bekräftigte er:

 

«Durch die Handauflegung des Bischofs und das Weihegebet der Kirche werden die Kandidaten neue Menschen, sie werden „Priester”. In diesem Licht wird deutlich sichtbar, wie die tria munera, die drei Ämter, zuerst ein Geschenk sind und dann erst ein Amt, zuerst eine Teilhabe an einem Leben und erst deshalb eine Vollmacht. Gewiß hat die große Tradition der Kirche zu Recht die sakramentale Wirkkraft von der konkreten Situation des einzelnen Priesters losgelöst, und so wurde der Schutz der legitimen Erwartungen der Gläubigen  angemessen gewährleistet. Aber diese richtige lehramtliche Präzisierung hebt keineswegs das nötige, ja unverzichtbare, Streben nach sittlicher Vollkommenheit auf, das in jedem wirklich priesterlichen Herzen wohnen muß».

 

In dieser Ansprache erklärte der Oberste Pontifex sodann, daß er sich zu der Ausrufung des Priesterjahres gerade deswegen entschieden habe, «um das Streben der Priester nach geistlicher Vollkommenheit zu unterstützen, von der vor allem die Wirkungskraft ihres Dienstes abhängt». Und dann fügte er hinzu:

 

«Die Sendung hat ihre Wurzeln auf spezielle Weise in einer guten Ausbildung, die sich in der Verbundenheit mit der ununterbrochenen kirchliche Tradition, ohne Zäsur oder Versuchung zur Diskontinuität entwickelt hat. In diesem Sinn ist es wichtig in den Priestern, vor allem in den jüngeren Generationen, eine korrekte Rezeption der Texte des ökumenischen 2. Vatikanischen Konzils zu fördern, interpretiert im Licht des ganzen Lehrguts der Kirche. Dringend nötig erscheint auch die Wiedergewinnung jenes Gewissens, das die Priester dazu drängt, da zu sein, als Priester identifizierbar und erkennbar, sei es an ihrem Urteil über den Glauben, sei es an ihren persönlichen Tugenden oder sei es auch an ihrer Kleidung, in den Bereichen der Kultur und der Nächstenliebe, die seit je her den Kern der Sendung der Kirche bildet und ihr am Herzen liegt.»[51].

 

In dem Brief an die Priester aus Anlaß der Ausrufung des ihnen geweihten Jahres mahnte der Heilige Vater vor allem angesichts der Skandale, die Priester manchmal erregen:

 

«Was in solchen Fällen der Kirche am meisten nützen kann, ist nicht so sehr die verbissene Aufdeckung der Schwächen ihrer Diener als vielmehr ein erneuertes frohes Bewußtsein der Größe des Geschenks Gottes, das sich in den strahlenden Gestalten großherziger Hirten, von Liebe zu Gott und zu den Seelen glühender Ordensleute, erleuchteter und geduldiger geistlicher Führer verwirklicht hat».

 

Sodann führte der Papst als Modell des Priesterlebens den hl. Pfarrer von Ars an:

 

«Was wir als erstes (von ihm) lernen müssen, ist seine totale Identifikation mit seinem Priesterdienst. In Jesus gehen Person und Sendung ineinander über: sein ganzes Heilswerk war und ist Ausdruck seines „Sohnseins,“ das, von Ewigkeit her, dem göttlichen Vater in der Haltung liebender Unterwerfung unter seinen Willen gegenüber steht. In demütiger aber wahrer Ähnlichkeit, soll auch der Priester diese Identifikation sehnlich wünschen. Es handelt sich gewiß nicht darum zu vergessen, daß die wesentliche Wirksamkeit des Priesterdienstes nicht von der Heiligkeit des Dieners abhängt; aber man darf auch nicht die außerordentliche Fruchtbarkeit außer Acht lassen, die von der Begegnung mit der objektiven Heiligkeit des Dienstes und der subjektiven des Dieners hervorgebracht wird.»

Dann zitiert Benedikt XVI. einige Aussprüche des hl. Johannes Maria Vianney, die sich auf die zentrale Bedeutung der Messe für das Leben des Priesters bezieht:

„Alle guten Werke zusammen wiegen nicht das Opfer der Messe auf, weil jene Werke von Menschen stammen, während die Heilige Messe das Werk Gottes ist.” http://www.vatican.va/holy_father/benedict_xvi/letters/2009/documents/hf_ben-xvi_let_20090616_anno-sacerdotale it.html-ftn17

Der Papst sagte: Er war überzeugt, daß aller Feuereifer des Lebens eines Priesters von der Messe abhängt: „Die Ursache für die Erschlaffung des Priesters liegt darin, daß er nicht auf die Messe Acht gibt! Mein Gott, wie muß man einen Priester beweinen, der zelebriert, als würde er etwas ganz gewöhnliches tun!”

 http://www.vatican.va/holyfather/benedict-xvi/ letters/ 2009/ documents/hf_ben-xvi_let_20090616_anno-sacerdotale-it.html -ftn18 Und er hatte es sich zur Gewohnheit gemacht, beim Zelebrieren immer auch das Opfer des eigenen Lebens darzubringen: „Wie gut tut ein Priester daran, wenn er sich jeden Morgen Gott im Opfer darbringt!”. Diese persönliche Identifikation mit dem Kreuzesopfer führte ihn – mit einer einzigen inneren Bewegung – vom Altar zum Beichtstuhl».

Im Hinblick auf das asketische Leben des Priesters erwähnt der Pontifex:

«er, (der Pfarrer von Ars), strebte danach, durch, strenge Askese ganz der eigenen Berufung und Sendung anzuhängen: „Das große Unglück für uns Priester – beklagte der Heilige – besteht darin, daß die Seele abstumpft” http://www.vatican.va/holy_father/benedict_xvi/letters/2009/documents/hf_ben-xvi_let_20090616_anno-sacerdotale-it.html - ftn30;

und er verstand darunter ein gefährliches sich Gewöhnen des Hirten an den Zustand der Sünde beziehungsweise der Lauheit, in dem viele seiner Schäflein lebten. Mit Nachtwachen und Fasten zügelte er seinen Körper, um zu vermeiden, daß dieser seiner priesterlichen Seele Widerstand leisten würde. Und er schreckte nicht davor zurück, sich selbst abzutöten, zum Wohl der ihm anvertrauten Seelen und um zur Sühnung der vielen im Beichtstuhl gehörten Sünden beizutragen».

Dann erwähnte der Papst weitere Aspekte, unter anderem den der Gemeinschaft der Priester mit den Bischöfen:

«Ich möchte außerdem, an Hand des Apostolischen Schreibens Pastores dabo vobis von Papst Johannes Paul dem II., hinzufügen, daß das geweihte Amt eine radikaleGemeinschaftsform’ hat und nur als Gemeinschaftswerk der Priester mit ihrem Bischof erfüllt werden kann.

http://www.vatican.va/holy_father/benedict_xvi/letters/2009/documents/hf_ben-xvi_let_20090616_anno-sacerdotale-it.html - ftn48 Es ist nötig, daß diese Gemeinschaft unter den Priestern und mit ihrem Bischof, die sich auf das Weihesakrament gründet und in der gemeinsamen eucharistischen Feier zum Ausdruck kommt, in verschiedene konkrete Formen einer effektiven und affektiven priesterlichen Brüderlichkeit umgesetzt wird. http://www.vatican.va/holy_father/benedict_xvi/letters/2009/documents/hf_ben-xvi_let_20090616_anno-sacerdotale_it.html -_ftn49

Nur so werden es die Priester verstehen, das Geschenk des Zölibats in seiner Fülle zu leben und fähig sein, die christlichen Gemeinden zum Blühen zu bringen, in denen sich die Wunder der ersten Verkündigung des Evangeliums wiederholen mögen.»[52].

 

Schließlich noch ein Ausschnitt aus der Homilie, die der Papst in der Vesper zum Hochfest des Heiligsten Herzens Jesu gehalten hat:

«Wie könnten wir uns, ohne daß unser Herz angerührt würde, daran erinnern, daß direkt aus diesem Heiligsten Herzen das Geschenk unseres priesterlichen Dienstes hervorgegangen ist? Wie könnten wir vergessen, daß wir Priester dazu geweiht sind, demütig und mit Vollmacht dem allgemeinen Priestertum der Gläubigen zu dienen? Unsere Sendung ist für die Kirche und die Welt unverzichtbar; sie fordert vollkommene Treue zu Christus und unablässige Einheit mit Ihm; dieses Bleiben in seiner Liebe (der Liebe Jesu), verlangt, daß wir beständig nach der Heiligkeit streben, wie es der hl. Johannes Maria Vianney getan hat»[53].



[1] Eine vollständige Dokumentation der Patristik der ersten drei christlichen Jahrhunderte, zusammen mit einer wichtigen Einführung von immerhin 200 Seiten, findet man in: E. Cattaneo, I ministeri nella Chiesa antica. Testi patristici dei primi tre secoli, Paoline, Milano 1997.

[2] Die Abkürzung DS bezieht sich bekannertweise auf: H. Denzinger – A. Schönmetzer (ed.), Enchiridion Symbolorum, Definitionum et Declarationum de rebus fidei et morum (P. Hünermann, ed.), EDB, Bologna 1995.

[3] Dieser letztere Teil der Lehre des Konzils von Florenz, der der Materie und der Form des Sakramentes gewidmet ist, muss vor dem Hintergrund der Konstitution Sacramentum Ordinis von Pius XII. betrachtet werden, auf den wir bald wieder zurückkommen werden.

[4] Il Tridentino non insegna che la parola presbiteri vada interpretata in questo modo in ogni passo biblico. L’insegnamento riguarda solo l’uso del termine in Joh 5,14.

[5] Hier in der Ausgabe von T.S. Centi (ed.), Cathechismo Tridentino, Cantagalli, Siena 1981.

[6] Offizieller Text in Acta Sanctae Sedis 29 (1896-1897), SS. 193-203.

[7] Si noti che l’Ordinale anglicano del 1552 aveva eliminato la consegna del calice e della patena agli ordinandi presbiteri e l’aveva sostituita con la consegna della Bibbia, segno evidente di un’errata comprensione dell’essenza del sacerdozio del Nuovo Testamento.

[8] Per l’analisi approfondita di questa Lettera Apostolica, cf. G. Rambaldi, Ordinazioni anglicane e sacramento dell'ordine nella chiesa. Aspetti storici e teologici a cento anni dalla bolla Apostolicae curae di Leone XIII, PUG, Roma 1995.

[9] Per un commento della Costituzione, che risolve anche l’apparente contrasto con i decreti del Concilio di Firenze, cf. G. Ferraro, Il sacerdozio ministeriale. Dottrina cattolica sul sacramento dell’ordine, Grafite, Napoli 1999, pp. 148-155.

[10] Ricordiamo ad esempio le Encicliche che tre Papi del XX secolo hanno pubblicato in occasione del proprio cinquantesimo di sacerdozio: la Haerent Animo di san Pio X (4 agosto 1908), l’Ad catholici sacerdotii di Pio XI (20 dicembre 1935) e la Menti Nostrae di Pio XII (23 settembre 1950).

[11] Il testo ufficiale dell’Enciclica è in AAS 51 (1959), pp. 545-579. Il Pontefice precisa lo scopo della Lettera dicendo di non voler tratteggiare tutti gli aspetti della vita sacerdotale, ma solo alcuni di essi, quelli cioè che in ogni epoca, ma particolarmente nel nostro tempo, risultano di importanza (cf. p. 549). I temi trattati sono distribuiti in tre sezioni, dedicate all’ascesi sacerdotale; alla preghiera e al culto eucaristico; allo zelo pastorale.

[12] Per una storia della redazione di questo paragrafo, che riproduce anche numerosi «modi» dei Padri conciliari, cf. A. Favale (ed.), I sacerdoti nello spirito del Vaticano II, LDC, Leumann (TO) 1969, pp. 17-43.

[13] Concilio Vaticano II, Lumen Gentium, n. 28: Acta Apostolicae Sedis (= AAS) 57 (1965), pp. 33-34. Sul tema si può vedere: K.J. Becker, «La differenza tra vescovo e sacerdote nel Decreto sul sacramento dell’Ordine del Concilio di Trento e nella Costituzione sulla Chiesa del Concilio Vaticano II», in Infallibile? Rahner, Congar, Sartori, Ratzinger, Schnackenburg e altri specialisti contro H. Küng, Paoline, Roma 1971, pp. 291-350; G. Ghirlanda, «Episcopato e presbiterato nella Lumen Gentium», Communio 59 (1981), pp. 53-70.

[14] Enchiridion Vaticanum, 1: Documenti del Concilio Vaticano II (1962-1965), EDB, Bologna 199716, p. 539, n. 354.

[15] L’ho sostenuto io stesso nel mio recente volume: La liturgia fonte di vita. Prospettive teologiche, Fede e Cultura, Verona 2009.

[16] «Proprium officium sacerdotis est esse mediatorem inter Deum et populum»: Tommaso d’Aquino, Summa Theologiae, III, 22, 1: qui nell’ediz. bilingue La Somma Teologica (Domenicani italiani, ed.), 35 voll., ESD, Bologna 1984. L’opera di mediazione si svolge soprattutto nell’offerta del santo sacrificio: «In sacrificio offerendo potissime sacerdotis consistit officium»: ibid., 4 s.c.

[17] «Officium pontificis est preces ad Deum fundere»: Tommaso d’Aquino, Scriptum super Sententiis, III, 17, 1, 3, 1 s.c. 2: qui nell’ediz. bilingue Tommaso d’Aquino, Commento alle Sentenze di Pietro Lombardo e testo integrale di Pietro Lombardo, ESD, Bologna 2000, V, p. 898.

[18] Ad esempio, il Catechismo Tridentino afferma che i vescovi «sono chiamati anche pontefici, secondo l’uso dei pagani, che chiamavano così i capi dei sacerdoti» (§ 285).

[19] Per maggiori dettagli, cf. C. Folsom, «I libri liturgici romani», in Pontificio Istituto Liturgico Sant’Anselmo (ed.), Scientia liturgica. Manuale di liturgia, I: Introduzione alla liturgia, Piemme, Casale Monferrato (AL) 20033, pp. 322-330.

[20] San Tommaso d’Aquino riserva in genere il titolo di pontefici ai soli vescovi, tuttavia egli interpreta il sacerdozio che da Cristo è trasmesso a vescovi e presbiteri citando il brano di Eb 5,1 nella versione latina, in cui ricorre proprio la parola pontifex: «Omnis [!] pontifex...»: cf. Summa Theologiae, II-II, 86, 2; III, 22, 1.

[21] Questo non è affatto in contrasto con la dottrina della sacramentalità dell’episcopato, insegnata in LG 21, per la quale: «con la consacrazione episcopale viene conferita la pienezza del sacramento dell’Ordine, quella cioè che l’uso liturgico della Chiesa e la voce dei santi Padri chiama il sommo sacerdozio, la totalità del sacro ministero» (AAS 57 [1965], p. 25).

[22] Naturalmente si potrebbero citare altri brani, come il già menzionato LG 21, che esordisce affermando: «In episcopis igitur, quibus presbyteri assistunt, ...».

[23] Per la storia della redazione del Decreto, cf. A. Favale (ed.), I sacerdoti nello spirito del Vaticano II, pp. 44-123; R. Wasselynck, Les prêtres. Élaboration du décret ‘Presbyterorum Ordinis’ de Vatican II, Desclée, Paris 1968.

[24] «Se è vero che l’evoluzione della società comporta necessariamente una certa evoluzione delle condizioni di vita e del comportamento sacerdotale, il prete rimane fondamentalmente il “prete di sempre”. Non sono le modifiche del mondo circostante che possono condurre ad una modifica della natura del sacerdozio»: J. Galot, Teologia del sacerdozio, LEF, Firenze 1981, p. 3.

[25] Circa il servizio a Cristo, cf. i nn. 1; 9; 12; 13; 14; 15. Per quanto riguarda il servizio ai fratelli, cf. i nn. 6; 9; 12; 15.

[26] Si possono consultare: B.D. Marliangeas, Clés pour une théologie du ministère. In persona Christi, in persona Ecclesiae, Beauchesne, Paris 1978; L. Loppa, “In persona Christi” – “Nomine Ecclesiae”. Linee per una teologia del ministero nel Concilio Ecumenico Vaticano II e nel magistero post-conciliare (1962-1985), PUL, Roma 1985.

[27] Per un’adeguata comprensione dell’ecclesiologia di comunione del Vaticano II, è necessario conoscere la Lettera della Congregazione per la Dottrina della Fede, Communionis notio, del 28 maggio 1992, pubblicata in AAS 85 (1993), pp. 838-850.

[28] Cf. ad esempio: P. Rabitti, Il prete: l’uomo della carità pastorale. Note sulla spiritualità del prete diocesano, EDB, Bologna 1980.

[29] Per le altre virtù necessarie al presbitero, si vedano i nn. 3; 6; 7; 12; 13; 14; 15; 16; 17; 18; 19.

[30] La nota 27 del n. 4 afferma: «Dei presbiteri, in quanto sono cooperatori dei vescovi, si possono dire le stesse cose che si dicono dei vescovi» (AAS 58 [1966], p. 995).

[31] LG 10: AAS 57 (1965), p. 14. Cf. L. Bogliolo, «L’essenziale diversità tra sacerdozio gerarchico e sacerdozio comune», Divinitas 22 (1978), pp. 220-228.

[32] In PO si trova 111 volte il termine presbiteri al plurale e solo 7 volte al singolare.

[33] Cf. A. Favale –G. Gozzelino, Il ministero presbiterale. Fenomenologia e diagnosi di una crisi, LDC, Leumann (TO) 1972

[34] Cf. E. Castellucci, Il ministero ordinato, Queriniana, Brescia 2002, p. 249.

[35] Tra le rassegne più recenti, si può vedere: C. Scordato, «Teologia del presbiterato: orientamenti teologici postconciliari», in P. Sorci (ed.), Il presbitero nella Chiesa dopo il Vaticano II, Il Pozzo di Giacobbe, Trapani 2005, pp. 145-196.

[36] Cf. G. Rambaldi, «‘Alter Christus’, in persona Christi’, personam Christi gerere’. Note sull’uso di tali e simili espressioni nel Magistero da Pio XI al Vaticano II e il loro riferimento al carattere», in J. Esquerda Bifet – V. de Sousa Alves (ed.), El carisma permanente del sacerdocio ministerial, Aldecoa, Burgos 1973, pp. 211-264.

[37] Aggiungiamo qui un altro testo a quelli citati precedentemente: «Questa potestà [sacerdotale] è duplice: di ordine e di giurisdizione. La prima si riferisce al Corpo reale di nostro Signore Gesù Cristo nella santa Eucaristia. La seconda riguarda esclusivamente il Corpo mistico di Gesù Cristo, equivalendo alla facoltà di governare e guidare il popolo cristiano verso l’eterna beatitudine del cielo. La potestà dell’Ordine però non si esaurisce nella facoltà di consacrare l’Eucaristia: ma vale a preparare e abilitare gli animi degli uomini a riceverla; e include tutto ciò che comunque si riferisce al sacramento eucaristico» (§ 274).

[38] Cf. i diversi contributi in J. Ratzinger, Elementi di Teologia fondamentale. Saggi sulla fede e sul ministero, Queriniana, Brescia 2005; Id., «Natura del sacerdozio», in La Chiesa. Una comunità sempre in cammino, Paoline, Milano 1991, pp. 75-93.

[39] Benedetto XVI, Udienza generale di mercoledì 24 giugno 2009 (corsivo nostro). Sul tema del «perdersi in Cristo», cf. anche Benedetto XVI, Omelia nella Santa Messa del Crisma del Giovedì Santo, 9 aprile 2009.

[40] So hat sich bereits Johannes Paul II. in seinem am 25. März 1992 veröffentlichten postsynodalen apostolischen Schreiben Pastores dabo vobis  (vollständiger Text in AAS 84 [1992], Abschnitt 16, Seiten. 657-804) ausgedrückt: «Die grundlegende Beziehung für den Priester ist die zu Jesus Christus, dem Haupt und Hirten: denn er hat in spezifischer und wirkmächtiger Weise Anteil erhalten an der „Weihe/Salbung“ [= Priestertum] und an der “Sendung” [= Stellvertretung ] Christi. […………....] Die Beziehung des Priesters zu Jesus Christus und , in Ihm, zur seiner Kirche , liegt in der Existenz (dem Sein) des Priesters selbst, auf Grund seiner sakramentalen Weihe bzw. Salbung, und in seinem Tun, das heißt in  seiner Sendung bzw. in seinem Dienst/Amt» (Abschnitt. 16: AAS 84 [1992], pp. 681-682).

[41] Benedetto XVI, Udienza generale di mercoledì 1° luglio 2009 (corsivo nostro).

[42] Cf. K. Rahner, «L’aggancio teologico per la determinazione dell’essenza del sacerdozio ecclesiastico», in Nuovi Saggi, Paoline, Roma 1973, IV, pp. 443-452; Id., «Considerazioni teologiche sulla figura del sacerdote di oggi e di domani», ibid., pp. 453-480; Id., «Sull’autocomprensione del sacerdozio ministeriale», ibid., 1975, V, pp. 567-591.

[43] Cf. E. Schillebeeckx, Il ministero nella Chiesa. Servizio di presidenza nella comunità di Gesù Cristo, Queriniana, Brescia 1981; Id., Per una Chiesa dal volto umano. Identità cristiana dei ministeri nella Chiesa, ibid., 1986.

[44] Cf. H. Küng, Preti: perché? Un aiuto, Dehoniane, Bologna 1971.

[45] Cf. L. Boff, «Una strutturazione: il carisma come principio di organizzazione», in Chiesa. Carisma e potere. Saggio di ecclesiologia militante, Borla, Roma 1984, pp. 254-271.

[46] Benedetto XVI, Udienza generale di mercoledì 1° luglio 2009 (corsivo nostro).

[47] Secondo Jean Galot, la categoria di «pastore» è quella che rappresenta il miglior «principio di unità per comprendere ed esprimere l’insieme delle funzioni del sacerdote»: Teologia del sacerdozio, p. 142.

[48] Queste espressioni provengono dal n. 16 dell’Esortazione Pastores dabo vobis di Giovanni Paolo II (AAS 84 [1992], p. 681).

[49] E. Castellucci, Il ministero ordinato, p. 237.

[50] Resta sempre molto utile il saggio del cardinale A.M. Stickler, Il celibato ecclesiastico. La sua storia e i suoi fondamenti teologici, LEV, Città del Vaticano 1994.

[51] Benedetto XVI, Discorso ai partecipanti alla plenaria della Congregazione per il Clero, 16 marzo 2009 (corsivo nostro).

[52] Benedetto XVI, Lettera per l’indizione dell’Anno Sacerdotale in occasione del 150° anniversario del “dies natalis” di Giovanni Maria Vianney, 16 giugno 2009 (corsivo nostro).

[53] Benedetto XVI, Omelia nella celebrazione dei Vespri della solennità del Sacratissimo Cuore di Gesù, 19 giugno 2009 (corsivo nostro).