Sacerdotii nostri primordia
Schreiben an alle Priester der
Kirche zum Gründonnerstag
16. März 1986
Liebe Brüder im Priesteramt!
Gründonnerstag, das Fest der Priester
1. Wieder stehen wir kurz
vor dem Gründonnerstag, dem Tag, an dem Jesus
Christus die heilige Eucharistie und zugleich unser Priesteramt eingesetzt hat.
„Da er die Seinen, die in der Welt waren, liebte, erwies er ihnen seine Liebe
bis zur Vollendung."1 Als der Gute Hirt ging er hin, sein Leben
zu geben für seine Schafe,2 um die Menschen zu retten, sie mit
seinem Vater zu versöhnen und zu einem neuen Leben zu führen. Und so bot er
schon den Aposteln als Speise seinen Leib dar, für sie hingegeben, und sein
Blut, für sie vergossen.
In jedem Jahr ist dies
ein großer Tag für alle Christen: In der
Nachfolge der ersten Jünger kommen sie zusammen, um in der abendlichen
Liturgie, welche das Letzte Abendmahl erneuert, den Leib und das Blut Christi
zu empfangen. Sie erhalten vom Heiland das Vermächtnis der Bruderliebe, die ihr
ganzes Leben durchdringen soll, und sie beginnen, mit ihm zu wachen, um sich
seiner Passion anzuschließen. Ihr selbst werdet sie zur Gemeinschaft
zusammenführen und ihr Gebet leiten. Aber dieser Tag ist in besonderer Weise
groß für euch, liebe Brüder im Priesteramt. Er ist das Fest der Priester. Er
ist der Tag, an dem unser Priestertum entstand, das Teilhabe ist am einzigen
Priestertum unseres Mittlers Jesu Christi. An diesem Tag sind die Priester der
ganzen Welt eingeladen, zusammen mit ihren Bischöfen die Eucharistie gemeinsam
zu feiern und vor ihnen die Versprechen ihrer priesterlichen Verpflichtungen im
Dienst Christi und seiner Kirche zu erneuern.
Wie ihr wißt, fühle ich mich einem jeden von euch bei dieser
Gelegenheit besonders verbunden. Und wie in jedem Jahr sende ich euch als
Zeichen unserer sakramentalen Einheit im selben Priestertum und gedrängt durch
meine herzliche Wertschätzung, die ich für euch hege, und durch meinen Auftrag,
alle meine Brüder in ihrem Dienst für den Herrn zu stärken, diesen Brief, um
euch zu helfen, das unerhörte Geschenk neu zu beleben, das euch durch die
Auferlegung der Hände anvertraut worden ist.3 Dieses Priesteramt, an
dem wir Anteil haben, ist auch unsere Berufung und unsere Gnade. Es prägt unser
ganzes Leben mit dem Siegel eines Dienstes, der am meisten notwendig ist und
die höchsten Anforderungen stellt, der Dienst am Heil der Seelen. Wir werden
darin eingeübt durch das Vorbild zahlreicher Mitbrüder, die uns vorangegangen
sind.
Das unerreichte Vorbild
des Pfarrers von Ars
2. Einer von ihnen ist dem
Gedächtnis der Kirche sehr gegenwärtig geblieben und wird in
diesem Jahr wegen des zweihundertsten Jahrestages seiner Geburt besonders
gefeiert: der heilige Jean-Marie Vianney, Pfarrer von Ars.
Wir möchten alle Christus, dem Ersten der Hirten, für dieses
außerordentliche Beispiel eines priesterlichen Lebens und Wirkens danken, wie
es der heilige Pfarrer von Ars der ganzen Kirche und vor allem uns Priestern
darbietet.
Wie viele von uns haben
sich auf das Priestertum vorbereitet oder üben heute ihren schwierigen Dienst als Seelsorger aus, indem sie dabei die
Gestalt des heiligen Jean-Marie Vianney vor Augen haben! Sein Beispiel sollte
nicht in Vergessenheit geraten. Mehr denn je haben wir sein Zeugnis und seine
Fürbitte nötig, um der Situation unserer Zeit begegnen zu können, in der sich
die Verkündigung trotz einer gewissen Zahl von Hoffnungszeichen einer
wachsenden Verweltlichung gegenübersieht, man die übernatürliche Aszese
vernachlässigt, viele die Ausrichtung auf das Reich Gottes aus den Augen
verlieren und man sich oft, sogar in der Pastoral, zu ausschließlich um den
sozialen Aspekt und um irdische Ziele kümmert. Der Pfarrer von Ars mußte im
vergangenen Jahrhundert gegen Schwierigkeiten angehen, die vielleicht anders
aussahen, aber nicht weniger groß als die heutigen waren. Durch sein Leben und
Wirken war er für die Gesellschaft seiner Zeit gleichsam eine starke
evangelische Herausforderung, die erstaunliche Früchte der Bekehrung gebracht
hat. Zweifellos stellt er auch heute noch für uns diese große evangelische
Herausforderung dar.
Ich lade euch darum ein,
jetzt über unser Priestertum nachzudenken und
dabei auf diesen einzigartigen Hirten zu schauen, der zugleich die volle
Erfüllung des priesterlichen Amtes und die Heiligkeit seines Trägers
veranschaulicht.
Ihr wißt, daß Jean-Marie Baptiste Vianney am 4. August 1859 in
Ars verstorben ist, nach vierzig Jahren einer Hingabe bis zur Erschöpfung. Er
war damals 73 Jahre alt. Bei seiner Ankunft war Ars ein kleines, unbekanntes
Dorf in der Diözese von Lyon, heute von Belley. Am Ende seines Lebens strömte
man aus ganz Frankreich dorthin, und sein Ruf der Heiligkeit hat nach seinem
Heimgang zu Gott schnell die Aufmerksamkeit der ganzen Kirche auf sich gezogen.
Nach der Seligsprechung durch den heiligen Pius X. im Jahre 1905 hat Pius XI.
ihn im Jahre 1925 heiliggesprochen; im Jahre 1929 hat er ihn dann zum
Schutzpatron der Seelsorger der ganzen Welt erklärt. Zum
hundertsten Jahrestag seines Todes hat Johannes XXIII. die Enzyklika Nostri
sacerdotii primitias geschrieben, um den Pfarrer von Ars als Beispiel für
Leben und Aszese des Priesters, als Vorbild für Gebet und eucharistische
Frömmigkeit sowie für pastoralen Einsatz vorzustellen, und das alles auf die
Bedürfnisse unserer Zeit bezogen. Im vorliegenden Brief möchte ich lediglich
eure Aufmerksamkeit auf einige wesentliche Aspekte richten, die uns helfen
können, unser Priestertum neu und tiefer zu entdecken und es besser zu leben.
Das wahrhaft außerordentliche Leben des Pfarrers von Ars
Sein ausdauernder Wille,
sich auf das Priestertum vorzubereiten
3. Der Pfarrer von Ars
ist zunächst ein Beispiel an starkem Willen
für diejenigen, die sich auf das Priestertum vorbereiten. Eine Reihe von
Schwierigkeiten hätte ihn entmutigen können: Auswirkungen der Revolutionswirren,
fehlender Unterricht in seiner ländlichen Umgebung, die Zurückhaltung seines
Vaters, die Notwendigkeit, sich an der Feldarbeit zu beteiligen, die Risiken
des Militärdienstes und vor allem, trotz seiner intuitiven Intelligenz und
regen Empfindsamkeit, die große Schwierigkeit, zu lernen und sich etwas
einzuprägen und folglich dem theologischen Unterricht auf Latein folgen zu
können, und schließlich eine dadurch bedingte Entlassung aus dem Seminar von Lyon.
Weil jedoch die Echtheit seiner Berufung anerkannt wurde, konnte er im Alter
von 29 Jahren geweiht werden. Wegen seiner Ausdauer im Arbeiten und Beten überwand
er alle Hindernisse und Begrenzungen wie auch in seinem späteren Priesterleben
die Schwierigkeit, seine Predigten mühsam vorzubereiten oder am Abend Werke von
Theologen oder geistlichen Schriftstellern zu lesen. Von jungen Jahren an war
er von der großen Sehnsucht erfüllt, als Priester „die Seelen für den lieben
Gott zu gewinnen"; er wurde darin bestärkt durch das Vertrauen seines
Nachbarpfarrers von Ecully, der einen guten Teil seiner Vorbereitung auf das
Priestertum übernommen hatte, weil er an seiner Berufung nicht zweifelte. Welch
mutiges Beispiel für diejenigen, die heute die Gnade erkennen, zum Priestertum
berufen zu sein!
Die Tiefe seiner Liebe zu
Christus und zu den Seelen
4. Der Pfarrer von
Ars ist für alle Seelsorger ein Beispiel an
priesterlichem Eifer. Das Geheimnis seiner Hochherzigkeit liegt ohne Zweifel
in seiner grenzenlos gelebten Liebe zu Gott, mit der er ständig auf jene
Liebe antwortete, die sich im gekreuzigten Herrn Jesus Christus offenbart
hat. Dort gründet sein sehnliches Verlangen, alles zu tun, um die durch
Christus zu einem so hohen Preis erlösten Seelen zu retten und zur Liebe Gottes
zurückzuführen. Erinnern wir uns an eines seiner knappen Worte, für die er ein
Geschick hatte: „Das Priestertum, das ist die Liebe des Herzens Jesu."4
Immer wieder kam er in seinen Predigten und Katechesen auf diese Liebe zurück:
„Mein Gott, ich möchte lieber sterben in der Liebe zu dir, als nur einen
einzigen Augenblick zu leben, ohne dich zu lieben . . . Ich liebe dich, mein
göttlicher Erlöser, weil du für mich gekreuzigt worden bist . . . weil du mich
gekreuzigt hältst für dich."5
Um Christi willen sucht er wortwörtlich den radikalen Forderungen zu
entsprechen, die Jesus im Evangelium den Jüngern, die er zur Mission aussendet,
stellt: Gebet, Armut, Demut, Selbstverleugnung, freiwillige Buße. Und wie
Christus empfindet er für seine Pfarrkinder eine Liebe, die ihn zur letzten
pastoralen Hingabe und zum Opfer seiner selbst führt. Selten ist sich ein
Seelsorger seiner Verantwortung so sehr bewußt gewesen, indem er sich vor
Sehnsucht verzehrte, seine Gläubigen ihrer Sünde oder ihrer Lauheit zu
entreißen. „Mein Gott, gewähre mir die Bekehrung meiner Pfarrei: Dafür laß mich
erleiden, was du möchtest, mein ganzes Leben lang."
Liebe Brüder im Priesteramt, belehrt durch das II. Vatikanische
Konzil, das die Weihe des Priesters auf so glückliche Weise in seine pastorale
Sendung eingefügt hat, wollen wir den Elan unseres pastoralen Eifers mit
Jean-Marie Vianney im Herzen Jesu suchen, in seiner Liebe zu den Seelen. Wenn
wir nicht aus derselben Quelle schöpften, liefe unser Dienst Gefahr, recht
wenig Früchte zu tragen!
Die erstaunlichen und.
vielfältigen Früchte seines Dienstes
5. Gerade im Falle
des Pfarrers von Ars sind die Früchte erstaunlich gewesen, fast wie bei
Jesus im Evangelium. Der Heiland, dem Jean-Marie Vianney all seine Kräfte und
sein ganzes Herz weiht, schenkt ihm gleichsam die Seelen. Ihm vertraut er sie
an, in überreichem Maße. Da ist zunächst seine
Pfarrei - bei seiner Ankunft zählte sie nur 230 Personen —, die sich tief
verändern wird. Nun weiß man, daß es in diesem Dorf viel Gleichgültigkeit im Glauben und sehr wenig religiöse Praxis bei
den Menschen gab. Der Bischof hatte Jean-Marie Vianney gewarnt: „Es gibt nicht
viel Gottesliebe in dieser Pfarrei, du mußt sie dorthin bringen." Aber
sehr schnell wird dieser Pfarrer weit über sein Dorf hinaus zum Seelsorger
ungezählter Menschen, die aus der ganzen Gegend, aus verschiedenen Teilen
Frankreichs und aus anderen Ländern herbeiströmen. Man spricht von 80000
Personen im Jahr 1858! Man wartete manchmal mehrere Tage, um ihn zu treffen und
bei ihm zu beichten. Was die Menschen anzieht, ist nicht so sehr die Neugierde
und auch nicht sein Ruf, der durch Wunder, außerordentliche Heilungen, die der
Heilige verbergen möchte, begründet ist. Es ist vielmehr die Vorahnung, einem
Heiligen zu begegnen, so erstaunlich durch sein Bußleben, so vertraut mit Gott
im Gebet, so auffällig in seiner Friedfertigkeit und Demut inmitten seiner
Erfolge bei den Leuten und vor allem so einfühlend, um der seelischen
Verfassung der Menschen zu entsprechen und sie von ihrer Last zu befreien,
besonders im Beichtstuhl. Ja, Gott hat als Beispiel für die Seelsorger den
erwählt, der in den Augen der Menschen armselig, schwächlich, wehrlos und
verachtet hätte erscheinen können.6 Er hat ihn überreich beschenkt
mit seinen besten Gaben als Hirt und Arzt der Seelen.
Auch wenn man die
besondere Begnadung des Pfarrers von Ars berücksichtigt, liegt nicht doch gerade darin ein Zeichen der Hoffnung für
die Seelsorger, die auch heute an einer gewissen geistigen Wüste leiden?
Die wichtigsten
pastoralen Dienste im Wirken des Pfarrers von Ars
Die verschiedenen Wege
seines Apostolates, stets auf das Wesentliche bezogen
6. Jean-Marie Vianney
widmete sich im wesentlichen der Glaubensunterweisung und der Reinigung der
Gewissen; diese beiden Dienste führten dann
zusammen zur Eucharistie. Muß man nicht darin auch heute noch die drei
Schwerpunkte im pastoralen Dienst des Priesters erblicken? Wenn es auch gewiß
das Ziel ist, das Volk Gottes durch Katechese und christliche Buße um das
Geheimnis der Eucharistie zu versammeln, so sind doch auch andere pastorale
Mittel und Wege je nach den Umständen notwendig: Manchmal ist es eine schlichte Gegenwart
über Jahre hinweg, verbunden mit einem stillen
Glaubenszeugnis im nichtchristlichen Milieu, oder eine Bekanntschaft mit
Personen, mit Familien und deren Anliegen; dann ein erster Anruf, der versucht,
die Ungläubigen und die Lauen zum Glauben zu erwecken; auch das Zeugnis der
Liebe und Gerechtigkeit zusammen mit den christlichen Laien, das den Glauben
glaubwürdiger macht und ins Leben überträgt. Hieraus ergibt sich eine ganze
Reihe von Arbeiten oder apostolischen Werken, welche die christliche Glaubensformung
vorbereiten oder fortführen. Der Pfarrer von Ars hat alles darangesetzt,
Initiativen in die Wege zu leiten, die seiner Zeit und seinen Pfarrangehörigen
angemessen waren. Gleichwohl waren alle seine priesterlichen Tätigkeiten auf
die Eucharistie, die Katechese und das Sakrament der Versöhnung bezogen.
Das Sakrament der Versöhnung
7. Ohne jeden Zweifel hat
gerade sein unermüdlicher Dienst am Bußsakrament das
hauptsächliche Charisma des Pfarrers von Ars offenbart und zu Recht seinen Ruf
begründet. Es ist gut, daß ein solches Beispiel uns heute dazu drängt, dem
Dienst an der Versöhnung seine volle Bedeutung zurückzugeben, die ihm zukommt,
wie die Bischofssynode vom Jahre 1983 mit soviel Recht hervorgehoben hat.7
Ohne den Willen zu Bekehrung, Buße und Bitte um Vergebung, den die Hirten der
Kirche unermüdlich ermutigen und bestärken müssen, würde das so ersehnte
Aggiorna-mento oberflächlich und trügerisch bleiben.
Der Pfarrer von Ars bemühte sich zunächst darum, in den Gläubigen das Verlangen
nach Reue zu wecken. Er betonte die Schönheit der Vergebung Gottes. Waren
nicht sein ganzes Leben als Priester und all seine Kräfte der Bekehrung der
Sünder geweiht? Nun ist es gerade im Beichtstuhl, wo sich mehr als sonst die
Barmherzigkeit zeigte. Er wollte sich darum denen, die von überall her zur
Beichte gekommen waren, nicht entziehen; so widmete er ihnen oft zehn Stunden
am Tag, manchmal auch fünfzehn oder mehr. Das war für ihn ohne Zweifel die
härteste seiner aszetischen Übungen, ein „Martyrium"; zunächst physisch in
Hitze, Kälte oder drückender Enge; dann auch moralisch, denn er litt selbst
unter den vorgebrachten Sünden und noch mehr unter dem Fehlen von Reue: „Ich
weine über das, was euch nicht zum Weinen bringt." Neben solchen
gleichgültigen Menschen, die er in aller Güte empfing und für die Gottesliebe
zu erwecken suchte, schenkte ihm der Herr die Gnade, reumütige große Sünder zu
versöhnen und auch Seelen, die danach verlangten, zur Vollkommenheit zu führen. Hier vor allem verlangte Gott also von ihm, daß er
an der Erlösung mitwirkte.
Was uns betrifft, so
haben wir mehr als im letzten Jahrhundert den gemeinschaftlichen Aspekt der Buße, der Vorbereitung auf die Vergebung, der Danksagung
nach der Vergebung wiederentdeckt. Aber die sakramentale Lossprechung erfordert
eine persönliche Begegnung mit dem gekreuzigten Herrn Jesus Christus durch die
Vermittlung seines beauftragten Dieners.8 Leider kommen heute
beichtwillige Gläubige nicht in großer Zahl und bereitwillig zum Beichtstuhl,
wie zur Zeit des Pfarrers von Ars. Nun, gerade dort, wo sich eine große Zahl
aus vielfältigen Gründen vom Bußsakrament fernhält, ist damit ein Zeichen
gegeben, daß man dringend eine Gesamtpastoral des Sakramentes der Versöhnung
entwickeln muß; unablässig muß man dahin wirken, daß die Christen die
Erfordernisse einer ehrlichen Beziehung zu Gott wiederentdecken, ebenfalls das
Bewußtsein von Sünde, bei der man sich dem göttlichen wie dem menschlichen
Gegenüber verschließt, ferner die Notwendigkeit, sich zu bekehren und durch die
Kirche die Vergebung als unverdientes Geschenk Gottes zu empfangen, und
schließlich auch die Bedingungen, die es ermöglichen, das Sakrament gut zu
feiern, indem man die hierbei bestehenden Vorurteile, falschen Ängste und die
Routine hinter sich läßt.9 Eine solche Lage erfordert zugleich, daß
wir uns für diesen Dienst der Vergebung voll zur Verfügung stellen, stets
bereit, die notwendige Zeit und Sorgfalt dafür einzusetzen und - so möchte ich
sagen - diesem Dienst die Priorität vor anderen Aktivitäten zu geben. Die
Gläubigen werden so verstehen, welchen Wert wir - wie der Pfarrer von Ars -
dieser Aufgabe beimessen.
Gewiß bleibt der Dienst der Versöhnung, wie ich im Apostolischen Schreiben im
Anschluß an die Bischofssynode über die christliche Buße geschrieben habe,10
zweifellos der schwierigste und heikelste, der die meiste Mühe macht und die
höchste Anforderung an uns stellt, vor allem wenn die Zahl der Priester gering
ist. Er setzt auch beim Beichtvater hohe menschliche Qualitäten voraus, außer
einem tiefen und ernsthaften geistlichen Leben; der Priester muß auch selbst
dieses Sakrament regelmäßig empfangen.
Seid stets davon überzeugt, liebe Brüder im Priesteramt: Dieser Dienst der
Barmherzigkeit ist eine der schönsten und trostvollsten Aufgaben. Sie
ermöglicht euch, die Gewissen zu erleuchten, ihnen im Namen unseres Herrn Jesus
Christus Vergebung zuzusprechen und neue Lebenskraft zu schenken und für sie
geistlicher Arzt und Ratgeber zu sein; sie bleibt „für den priesterlichen Dienst
unersetzliches Zeichen und steter Test".11
Die Eucharistie: Meßopfer, Kommunion, Anbetung
8. Die beiden Sakramente
der Versöhnung und der Eucharistie bleiben eng
miteinander verbunden. Ohne eine Bekehrung, die man ständig erneuert, und den
Empfang der sakramentalen Gnade der Vergebung gelangt die Teilnahme an der
Eucharistie nicht zu ihrer vollen erlösenden Wirkung.12 Christus
selbst hat seine Sendung mit den Worten begonnen: „Kehrt um und glaubt an das
Evangelium".13 Ebenso begann der Pfarrer von Ars gewöhnlich
jeden Tag mit dem Dienst der Vergebung. Aber er war glücklich darüber, seine
bekehrten Pönitenten vor allem auf die Eucharistie hinzuweisen.
Die Eucharistie stand
ganz im Mittelpunkt seines geistlichen und seelsorglichen Lebens. Er sagte: „Alle guten Werke zusammen haben nicht den gleichen Wert
wie das Meßopfer; denn jene sind Menschenwerk, die heilige Messe aber ist
Gottes Werk."14 Hier wird das Opfer von Golgotha für die
Erlösung der Welt gegenwärtig gesetzt. Natürlich muß der Priester mit dem Opfer
der Messe seine tägliche persönliche Hingabe verbinden: „Ein Priester tut also
gut daran, sich jeden morgen Gott als Opfer darzubringen!"15
„Die heilige Kommunion und das heilige Meßopfer sind die zwei
wirksamsten Akte, um die Umkehr der Herzen zu erlangen."16 Ferner
war die Messe für Jean-Marie Vianney die große Freude und die Kraftquelle für
sein Priesterleben. Trotz des großen Andrangs von Beichtenden verwandte er
große Sorgfalt darauf, sich mehr als eine Viertelstunde still auf sie
vorzubereiten. Er feierte die Messe gesammelt und bekundete seine Anbetung
besonders bei der Wandlung und der Kommunion. Realistisch bemerkte er: „Der
Grund für das Nachlassen eines Priesters ist, daß man der Messe keine
Aufmerksamkeit mehr schenkt!"17 Der
Pfarrer von Ars war besonders von der bleibenden wirklichen Gegenwart Christi
in der Eucharistie ergriffen. Vor Tagesanbruch oder am Abend verbrachte er
gewöhnlich lange Stunden der Anbetung vor dem Tabernakel. Dorthin wandte er
sich auch oft während seiner Predigten, indem er voller Bewegung sagte: „Er ist
dort!" Aus demselben Grand zögerte er, der so arm in seinem Pfarrhaus
lebte, nicht, viel für die schöne Ausgestaltung seiner Kirche auszugeben. Die
bemerkenswerte Folge davon war, daß auch seine Pfarrangehörigen es sich schnell
zur Gewohnheit machten, vor dem Allerheiligsten Sakrament zu beten, indem sie
durch das Verhalten ihres Pfarrers die Größe dieses Glaubensgeheimnisses
entdecken.
Angesichts eines solchen
Zeugnisses denken wir an das, was uns das II. Vatikanische Konzil heute über die Priester sagt: „Am meisten üben sie ihr heiliges Amt in
der eucharistischen Feier . . . aus." 18 Und erst kürzlich hat uns die außerordentliche Synode (Dezember
1985) daran erinnert: „Die Liturgie muß sehr klar den Sinn für das Heilige
fördern und ihn aufleuchten lassen. Sie muß vom Geist der Ehrfurcht vor Gott,
der Anbetung und seiner Verherrlichung durchdrungen sein . . . Die Eucharistie
ist Quelle und Höhepunkt des ganzen christlichen Lebens."19 Liebe
Brüder im Priesteramt, das Beispiel des Pfarrers von Ars lädt uns zu einer
ernsten Gewissenserforschung ein: Welchen Platz räumen wir in unserem täglichen
Leben der Messe ein? Ist sie wie am Tag unserer Weihe - sie war unsere erste
priesterliche Handlung! - die Kraftquelle unserer Pastoral und unserer
persönlichen Heiligung? Welche Sorgfalt verwenden wir darauf, uns auf sie
vorzubereiten? Sie würdig zu feiern? Vor dem Allerheiligsten Sakrament zu
beten? Auch unsere Gläubigen dahin zu führen?
Aus unseren Kirchen das Haus Gottes zu machen, wo die göttliche
Gegenwart unsere Mitmenschen anzieht, die nur allzuoft eine Welt ohne Gott
erfahren?
Predigt und Katechese
9. Der Pfarrer von Ars war
ferner darauf bedacht, auch den Dienst am Wort Gottes keineswegs zu vernachlässigen, der ja absolut notwendig ist, um die Menschen
auf den Glauben und die Bekehrung vorzubereiten. Er sagte: „Unser Herr, der die
Wahrheit selber ist, legt nicht weniger Wert auf sein Wort als auf seinen
Leib."20 Man weiß, wieviel Zeit er vor allem am Anfang darauf
verwandte, um seine Sonntagspredigten mit Mühe auszuarbeiten. In der Folge kam
er dazu, sich auch spontaner auszudrücken, stets mit kraftvoller und klarer
Überzeugung und mit Bildern oder Vergleichen aus dem täglichen Leben, die für
seine Gläubigen sehr einprägsam waren. Seine Katechesen für die Kinder bildeten
ebenfalls einen wichtigen Teil seines Dienstes. Gern gesellten sich die
Erwachsenen zu den Kindern hinzu, um aus dieser einzigartigen Unterweisung, die
aus dem Herzen kam, auch für sich Nutzen zu ziehen.
Er hatte den Mut, das Böse in all seinen Formen anzuprangern, ohne jemandem zu
Gefallen zu sein; denn es ging hier um das ewige Heil seiner Gläubigen: „Wenn
ein Seelsorger stumm bleibt, da er sieht, daß Gott gelästert und die Seelen
irregeführt werden, dann Schande über ihn! Wenn er nicht sich selber verdammen
will, so muß er, wenn es eine Unordnung in seiner Pfarrei gibt, die Achtung von
seiten der Menschen und die Furcht, von ihnen mißverstanden oder gehaßt zu
werden, geringachten." Diese Verantwortung beängstigte ihn als Pfarrer.
Allgemein aber „zog er es vor, mehr die ansprechende Seite der Tugend als die
Häßlichkeit des Lasters aufzuzeigen". Und wenn er - zuweilen unter Tränen
- auf die Sünde und die Gefahr für das Heil zu sprechen kam, so betonte er vor
allem die Liebe Gottes, die beleidigt worden war, und das Glück, von Gott
geliebt zu werden, mit ihm verbunden zu sein sowie in seiner Gegenwart und für
ihn zu leben.
Liebe Brüder im Priesteramt! Ihr seid selbst fest überzeugt von
der Wichtigkeit der Verkündigung des Evangeliums, die das II. Vatikanische
Konzil an die erste Stelle unter den Aufgaben des Priesters gesetzt hat.21
Ihr sucht durch die Katechese, die Predigt und andere Formen, die auch
die Medien einschließen, die Herzen unserer Zeitgenossen mit ihren Erwartungen
und Unsicherheiten zu erreichen, um in ihnen den Glauben zu wecken und zu
nähren. Sorgt euch wie der Pfarrer von Ars und entsprechend der Ermahnung des
Konzils22 darum, das Wort Gottes selbst zu lehren, das die Menschen
zur Bekehrung und zur Heiligkeit aufruft.
Die Identität des Priesters
Der spezifische Dienst
des Priesters
10. Der heilige
Jean-Marie Vianney gibt eine beredte Antwort auf gewisse Weisen, wie man im
Lauf der letzten zwanzig Jahre die Identität des Priesters in Frage gestellt hat; es scheint übrigens, daß man inzwischen zu einer ausgeglicheneren
Beurteilung gelangt.
Der Priester findet immer
und unverändert die Quelle für seine Identität
im Priester Christus. Es ist nicht die Welt, die nach den Bedürfnissen und
Begriffen der gesellschaftlichen Rollen seine Funktion bestimmt. Der Priester
ist gekennzeichnet durch das Siegel des Priestertums Christi, an dessen Sendung
als einzigem Mittler und Erlöser er teilnehmen soll. Kraft dieser grundlegenden
Bindung öffnet sich dem Priester dann das weite Feld der Seelsorge für das Heil
der Menschen in Christus und in der Kirche. Ein Dienst, der ganz von der Liebe zu
den Seelen durchdrungen sein muß nach dem Vorbild Christi, der sein Leben für
sie hingibt. Gott will, daß alle Menschen gerettet werden, daß keiner von
diesen Kleinen verlorengeht.23 „Der Priester muß stets bereit sein,
sich der Bedürfnisse der Seelen anzunehmen", sagte der Pfarrer von Ars.24
„Er ist nicht für sich, er ist für euch da."25
Der Priester ist für die Laien da: Er führt und stützt sie in der Ausübung
des gemeinsamen Priestertums der Getauften, das vom II. Vatikanischen Konzil so
sehr herausgestellt worden ist. Dieses besteht darin, ihr Leben zu einer
geistigen Opfergabe zu machen, vom christlichen Geist in der Familie und in der
Verwaltung der irdischen Dinge Zeugnis zu geben sowie an der Evangelisierung ihrer
Brüder und Schwestern teilzunehmen. Der Dienst des Priesters ist jedoch von
anderer Natur. Er ist dazu bestimmt, im Namen Christi, des Hauptes, zu handeln,
um die Menschen in das durch Christus eröffnete neue Leben einzuführen, ihnen
seine Geheimnisse - Wort, Vergebung, Lebensbrot - zu vermitteln, sie zu seinem
Leib zu vereinen und ihnen zu helfen, sich von innen her zu bilden sowie nach
dem Heilsplan Gottes zu leben und zu handeln. Kurz, unsere Identität als
Priester zeigt sich in der schöpferischen Entfaltung der Liebe zu den Seelen,
die uns durch Jesus Christus geschenkt worden ist. Die Versuche, den Priester
den Laien gleichzuschalten, sind schädlich für die Kirche. Das will keineswegs
besagen, daß der Priester den menschlichen Anliegen der Laien fern bleiben
könnte. Er muß ihnen vielmehr sehr nahe sein, wie Jean-Marie Vianney, aber als
Priester, immer im Blick auf ihr Heil und den Fortschritt des Reiches Gottes.
Er bezeugt und spendet ein anderes Leben als das irdische.26 Es ist
wesentlich für die Kirche, daß die Identität des Priesters mit ihrer vertikalen
Dimension gewahrt bleibt. Das Leben und die Persönlichkeit des Pfarrers von Ars
sind dafür ein besonders leuchtendes und kraftvolles Beispiel.
Seine innere
Gleichgestaltung mit Christus und seine Solidarität mit den Sündern
11. Der heilige
Jean-Marie Vianney begnügt sich wahrhaftig nicht damit, seine Diensthandlungen
nur rituell zu vollziehen. Er sucht sein Herz und sein Leben Christus gleich zu
gestalten.
Das Gebet war die
Seele seines Lebens: das stille, betrachtende Gebet, gewöhnlich in seiner Kirche, zu Füßen des Tabernakels. Durch Christus öffnete
sich seine Seele den drei göttlichen Personen, denen er in seinem Testament „seine arme Seele" anvertraut. „Er bewahrte eine
ständige Verbindung
mit Gott inmitten seines äußerst
arbeitsreichen Lebens." Er vernachlässigte weder
das Breviergebet noch den Rosenkranz und wandte sich spontan an die Jungfrau
Maria.
Seine Armut war außergewöhnlich. Er verschenkte buchstäblich alles an die Armen. Er mied die
Ehrenbezeugungen. Die Keuschheit erstrahlte hell bei ihm. Er wußte um den Preis der Reinheit, um „die Quelle der Liebe, die Gott ist,
wiederzufinden". Der Gehorsam Christus gegenüber ließ sich für Jean-Marie Vianney übersetzen mit Gehorsam gegenüber der
Kirche und besonders gegen den Bischof. Er konkretisierte sich in der Annahme
der schweren Last des Pfarrers, die ihn oft erschreckte. Aber das Evangelium
betont mit Nachdruck gerade die Selbstverleugnung und die Annahme des Kreuzes.
Zahlreiche Kreuze begegneten dem Pfarrer von Ars im Verlauf seines
Priesterdienstes: Verleumdungen der Leute, Unverständnis von Seiten eines
Vikars oder von Mitbrüdern, Widerspruch und auch ein geheimnisvoller Kampf mit
den höllischen Mächten, mitunter sogar die Versuchung zur Verzweiflung in
geistiger Nacht.
Dennoch begnügte er sich nicht damit, diese Prüfungen ohne Klage
anzunehmen. Er schritt zur Abtötung, indem er sich ein ständiges Fasten
und noch ganz andere strenge Übungen auferlegte, um „seinen Körper dienstbar zu
machen", wie der heilige Paulus sagt. Doch muß man die Beweggründe für
diese Bußübungen, mit denen unser Jahrhundert leider wenig vertraut ist, klar
sehen: die Liebe zu Gott und die Bekehrung der Sünder. Deshalb fragt er einen
entmutigten Mitbruder: „Du hast gebetet ..., du hast geseufzt,... hast du aber
auch gefastet, hast du gewacht?"27 Man begegnet hier den Worten
Jesu an die Apostel: „Diese Art von Dämonen kann nur durch Gebet und Fasten
ausgetrieben werden."28 Letztlich heiligte Jean-Marie Vianney
sich selbst, um noch besser die anderen heiligen zu können. Gewiß, die
Bekehrung bleibt das Geheimnis der Herzen, die in ihrem Wollen frei sind, und
das Geheimnis der Gnade Gottes. Durch seinen Dienst kann der Priester die
Personen nur erleuchten, sie im Gewissensbereich führen und ihnen die
Sakramente spenden. Diese Sakramente sind ganz Handlungen Christi, deren
Wirksamkeit durch die Unvollkommenheit oder die Unwürde des Spenders nicht
vermindert wird. Doch hängt ihre Frucht auch von den Dispositionen des
Empfängers ab, und diese werden sehr gefördert durch die persönliche Heiligkeit
des Priesters, durch sein sichtbares Zeugnis wie auch durch den geheimnisvollen
Austausch der Verdienste in der Gemeinschaft der Heiligen. Der heilige Paulus
hat gesagt: „Für den Leib Christi, die Kirche, ergänze ich in meinem irdischen
Leib das, was an den Leiden Christi noch fehlt."29 Jean-Marie
Vianney wollte diese Gnaden der Bekehrung gleichsam nicht nur durch sein
Gebet, sondern auch durch das Opfer seines ganzen Lebens von Gott erlangen. Er
wollte Gott für diejenigen lieben, die ihn nicht liebten, und sogar einen
großen Teil der Buße verrichten, die sie nicht taten. Er war wirklich ein
solidarischer Hirte seines sündigen Volkes.
Liebe Brüder im Priesteramt, fürchtet nicht dieses ganz
persönliche Engagement - gekennzeichnet von der Aszese und beseelt von der Liebe
-, das Gott von uns verlangt, um unseren Priesterberuf gut auszuüben. Erinnern
wir uns an die kürzlichen Überlegungen der Väter der Bischofssynode: „Uns
scheint, daß Gott uns durch die heutigen Schwierigkeiten tiefer den Wert, die
Bedeutung und die zentrale Stelle des Kreuzes Jesu Christi lehren will."30
Im Priester lebt Christus neu seine Passion für die Seelen. Danken wir Gott,
der uns so erlaubt, mit Herz und Leib an der Erlösung teilzunehmen.
Aus all diesen Gründen hört der heilige Jean-Marie Vianney nicht auf,
stets lebendiger und aktueller Zeuge für die Wahrheit über die Berufung und den
Dienst des Priesters zu sein. Man wird sich stets an die überzeugende Art
erinnern, mit der er über die Größe des Priesters und seine absolute
Notwendigkeit zu sprechen verstand. Die Priester, diejenigen, die sich auf das
Priestertum vorbereiten, und jene, die dazu noch berufen werden, müssen ihre
Augen auf sein Beispiel heften und ihm nachfolgen. Die Gläubigen ihrerseits
werden durch ihn das Geheimnis des Priester-tums bei ihren Priestern besser
erkennen. Nein, die Gestalt des Pfarrers von Ars vergeht nicht!
Schluß: für den Gründonnerstag
12. Liebe Brüder! Mögen diese Überlegungen die Freude an eurem
Priestersein und den Wunsch, es noch tiefer zu leben, in euch erneuern! Das
Zeugnis des Pfarrers von Ars enthält noch viele andere Schätze, die es noch zu
bedenken gilt. Wir werden ausführlicher auf diese Themen zurückkommen während
meiner Pilgerreise, die ich im kommenden Oktober mit Freude unternehmen werde,
da mich die französischen Bischöfe zur Feier des zweihundertsten Geburtstages
von Jean-Marie Vianney nach Ars eingeladen haben.
Diese erste Betrachtung übermittle ich euch, liebe Brüder, zum Gründonnerstag.
In allen unseren Diözesen kommen wir an diesem Tag der Einsetzung unseres
Priestertums zusammen, um die Gnade des Weihesakramentes zu erneuern und die
Liebe neu zu entfachen, die unsere Berufung kennzeichnet.
Wir hören die Worte Christi, die er an uns wie an die Apostel
richtet: „Es gibt keine größere Liebe, als wenn einer sein Leben für seine
Freunde hingibt ... Ich nenne euch nicht mehr Knechte . . . Vielmehr habe ich
euch Freunde genannt."31
Vor ihm, der uns die Fülle seiner Liebe bezeugt hat, erneuern wir, Priester und
Bischöfe, unsere priesterlichen Verpflichtungen. Wir beten füreinander, jeder
für seinen Bruder und alle für alle. Wir bitten den ewigen Vater, daß das
Andenken an den Pfarrer von Ars uns helfe, unseren Eifer in seinem Dienst neu
zu beleben. Wir beten zum Heiligen Geist, daß er für die Kirche viele Priester
von der Art und Heiligkeit des Pfarrers von Ars berufen möge: Sie bedarf ihrer
in unserer Zeit so dringend, und sie ist auch heute nicht weniger
fähig, diese Berufungen zur vollen Entfaltung zu bringen.
Wir vertrauen unser
Priestertum der Jungfrau Maria an, der Mutter der Priester, zu der Jean-Marie
Vianney ununterbrochen mit kindlicher Liebe und vollem Vertrauen seine Zuflucht
genommen hat. Sie war für ihn ein weiterer Grund zur
Dankbarkeit: „Jesus Christus", so sagte er, „will uns, nachdem er uns
schon alles geschenkt hat, was er uns schenken konnte, auch noch zu Erben
dessen machen, was ihm am kostbarsten ist, nämlich seiner heiligen
Mutter."32
Meinerseits erneuere ich
euch von Herzen den Ausdruck meiner brüderlichen
Liebe und erteile euch zusammen mit eurem Bischof meinen Apostolischen Segen.
Aus dem Vatikan, den 16.
März 1986, am fünften Fastensonntag, im achten Jahr meines
Pontifikates.
Joannes Paulus PP. II.
Anmerkungen:
1 Joh 13, 1.
2 Vgl. Joh 10, 11.
3 Vgl. 2 Tim 1, 6.
4 Vgl. Jean-Marie Vianney, cure d'Ars, sa
pensée son coeur, presentes par l'Abbe Bernard
Nodet, editions Xavier Mappus, Le Puy, 1958, S. 100 (von jetzt an zitiert als:
Nodet).
5 Nodet, S. 44.
6 Vgl. 1 Kor 1, 27-29.
7 Vgl. Johannes Paul IL, Apostolisches Schreiben
im Anschluß an die Bischofssynode
Reconciliatio et paenitentia (2. Dezember 1984): AAS11 (1985), S.
185-275.
8 Vgl. Johannes Paul II., Enzyklika Redemptor
hominis (4. März 1979), Nr. 20: AAS 71
(1979), S. 313-316.
9 Vgl. Johannes Paul IL,
Apostolisches Schreiben im Anschluß an die
Bischofssynode
Reconciliatio et paenitentia (2. Dezember 1984, Nr. 28: AAS 11 [1985],
S. 250-252).
11
Vgl. ebenda, Nr. 29: ,4,45 77
(1985), S. 252-256.
11 Johannes
Paul IL, Brief an die Priester zum Gründonnerstag
1983, Nr. 3: .4.4575 (1983),
pars I, S. 419.
12 Vgl. Johannes Paul
IL, Enzyklika Redemptor hominis (4. März 1979), Nr. 20: ,4,45 71
(1979), S. 309-313.
13 Mk 1, 15.
14 Nodet, S. 108.
15 Nodet, S. 107.
16 Nodet, S. 110.
17 Nodet, S. 108.
18 Dogmataische
Konstitution über die Kirche Lumen gentium, 28.
19 II, B, b/1 und C/l;
vgl. IL Vatikanisches Konzil, Dogmatische
Konstitution über die
Kirche Lumen gentium, 11.
20 Nodet, S.
126.
21 Vgl. Dekret über Dienst und Leben der Priester Presbyterorum
Ordinis, 4.
22 Vgl. ebenda.
23 Vgl. Mt 18,
14.
24 Nodet, S. 101.
25 Nodet, S. 102.
26 Vgl. II. Vatikanisches
Konzil, Dekret über Dienst und Leben der Priester Presbyterorum
Ordinis, 3.
27 Nodet, S.
193.
28 Mt 17,
21.
29 Kol
1, 24.
30 Schlußbericht, D/2.
31 Joh 15,
13-15.
32 Nodet, S.
252.