ANSPRACHE 2006 16
Clementina-Saal Meine Herren Kardinäle,
verehrte Mitbrüder im Bischofs- und im Priesteramt,
liebe Brüder und Schwestern!
Es freut mich, die Kongregation für die Glaubenslehre am Schluß ihrer Vollversammlung zu empfangen. Ich hatte die Freude, ihr über 20 Jahre lang im Auftrag meines Vorgängers, des verehrten Papstes Johannes Paul II., vorzustehen. Eure Gesichter rufen mir auch die Gesichter derer in Erinnerung, die in diesen Jahren mit dem Dikasterium zusammengearbeitet haben. Ich denke an alle voll Dankbarkeit und Zuneigung. Denn ich kann nicht umhin, mit innerer Bewegung an diese so intensive und fruchtbringende Zeit zu denken, die ich in der Kongregation verbracht habe, der die Aufgabe zukommt, die Lehre über den Glauben und die Sitten in der ganzen katholischen Kirche zu fördern und zu schützen (vgl. Pastor Bonus ).
Im Leben der Kirche hat der Glaube eine grundlegende Bedeutung, denn das Geschenk, das Gott von sich selbst in der Offenbarung macht, ist grundlegend, und diese Selbsthingabe Gottes wird im Glauben angenommen. Hier wird die Bedeutung eurer Kongregation deutlich, die in ihrem Dienst an der ganzen Kirche und insbesondere an den Bischöfen, den Glaubenslehrern und Hirten, aufgerufen ist, im Geist der Kollegialität gerade die Zentralität des katholischen Glaubens in seinem authentischen Ausdruck zu fördern und ins Licht zu stellen. Wenn das Verständnis dieser Zentralität schwindet, verliert auch das Gefüge des kirchlichen Lebens seine ursprüngliche Lebendigkeit und verschleißt, weil es in einen sterilen Aktivismus verfällt oder auf eine Art politisches Kalkül mit weltlichem Charakter verkürzt wird. Wenn die Glaubenswahrheit hingegen mit Einfachheit und Entschlossenheit in die Mitte des christlichen Lebens gestellt wird, wird das Leben des Menschen von einer Liebe angeregt und belebt, die keinen Halt und keine Grenzen kennt, wie ich auch in meiner jüngsten Enzyklika Deus caritas est betont habe.
Aus dem Herzen Gottes gießt sich die Liebe durch das Herz Jesu Christi kraft seines Geistes über die Welt aus als Liebe, die alles neu macht. Diese Liebe erwächst aus der Begegnung mit Christus im Glauben: »Am Anfang des Christseins steht nicht ein ethischer Entschluß oder eine große Idee, sondern die Begegnung mit einem Ereignis, mit einer Person, die unserem Leben einen neuen Horizont und damit seine entscheidende Richtung gibt« (Deus caritas est ). Jesus Christus ist die Person gewordene Wahrheit, die die Welt zu sich hinzieht. Das von Jesus ausstrahlende Licht ist Glanz der Wahrheit. Jede andere Wahrheit ist ein Fragment der Wahrheit, die er ist, und weist auf ihn hin. Jesus ist der Polarstern der menschlichen Freiheit; ohne ihn verliert sie ihre Ausrichtung, denn ohne die Erkenntnis der Wahrheit entartet die Freiheit, sie isoliert sich und wird zu steriler Willkür. Mit Jesus findet sich die Freiheit wieder, sie erkennt, daß sie für das Gute gemacht ist, und kommt in Handlungen und Verhaltensweisen der Nächstenliebe zum Ausdruck.
17 Jesus schenkt deshalb dem Menschen die völlige Vertrautheit mit der Wahrheit und lädt ihn ein, ständig in ihr zu leben. Die Wahrheit wird als Wirklichkeit angeboten, die den Menschen erbaut und ihn zugleich übersteigt und überragt; sie wird als Geheimnis angeboten, das den Schwung der menschlichen Fassungskraft aufnimmt und gleichzeitig überschreitet. Nichts vermag die menschliche Intelligenz so auf unerforschte Horizonte hin zu leiten, wie es die Liebe zur Wahrheit tut. Jesus Christus, der die Fülle der Wahrheit ist, zieht das Herz jedes Menschen an sich, läßt es weit werden und erfüllt es mit Freude. Denn nur die Wahrheit ist imstande, den Geist zu durchdringen und ihm vollkommene Freude zu schenken. Diese Freude weitet die Dimensionen des menschlichen Herzens, indem sie es von der Enge des Egoismus befreit und zur wahren Liebe befähigt. Die Erfahrung dieser Freude bewegt und führt den Menschen zur freiwilligen Anbetung, nicht zu einem sklavischen Niederbücken, sondern zur Verneigung des Herzens vor der Wahrheit, die es gefunden hat.
Deshalb ist der Dienst am Glauben, der Zeugnis gibt für Ihn, der die ganze Wahrheit ist, auch Dienst an der Freude, und Christus will diese Freude in der Welt verbreiten: die Freude des Glaubens an ihn, die Freude der Wahrheit, die durch ihn mitgeteilt wird, und des Heils, das von ihm kommt! Diese Freude spürt das Herz, wenn wir uns niederknien, um Jesus im Glauben anzubeten! Diese Liebe zur Wahrheit inspiriert und leitet auch die Hinwendung der Christen zur Welt von heute und den Einsatz der Kirche in der Evangelisierung. Diese Themen habt ihr während der Arbeiten der Vollversammlung eingehend behandelt. Die Kirche begrüßt mit Freude die wahren Errungenschaften des menschlichen Wissens und erkennt, daß die Evangelisierung sich auch den Perspektiven und Herausforderungen stellen muß, die das moderne Wissen eröffnet. In der Tat haben die großen Fortschritte der Wissenschaft, die wir im vergangenen Jahrhundert erlebt haben, auch zum besseren Verständnis des Geheimnisses der Schöpfung verholfen, indem sie das Gewissen der Völker tief beeinflußt haben. Aber die Fortschritte der Wissenschaft entwickelten sich manchmal so rasch, daß es sehr kompliziert war zu erkennen, inwieweit sie mit den Wahrheiten zu vereinbaren sind, die Gott über den Menschen und die Welt geoffenbart hat. In einigen Fällen waren einige Aussagen der Wissenschaft diesen Wahrheiten geradezu entgegengesetzt. Das mag unter den Gläubigen eine gewisse Verwirrung gestiftet und auch zu Schwierigkeiten bei der Verkündigung und Aufnahme des Evangeliums geführt haben. Von entscheidender Bedeutung ist also jedes Forschen, das sich vornimmt, die Erkenntnis der von der Vernunft entdeckten Wahrheiten zu vertiefen, in der Gewißheit, daß es »keinen Konkurrenzkampf zwischen Vernunft und Glaube« gibt (Fides et ratio FR 17).
Wir brauchen keine Angst zu haben, dieser Herausforderung zu begegnen. Denn Jesus Christus ist der Herr der ganzen Schöpfung und Geschichte. Der Glaubende weiß, daß »alles durch ihn und auf ihn hin geschaffen ist … und in ihm alles Bestand hat« (Col 1,16 Col 1,17). Wenn wir Christus, die Mitte des Kosmos und der Geschichte, tiefer erkennen, können wir den Menschen von heute zeigen, daß der Glaube an ihn für die Geschicke der Menschheit von Bedeutung ist. Ja, er ist die Vollendung alles wahrhaft Menschlichen. Nur mit dieser Perspektive werden wir dem suchenden Menschen überzeugende Antworten bieten können. Dieses Bemühen ist entscheidend für die Verkündigung und Verbreitung des Glaubens in der Welt von heute. Ein solcher Einsatz muß im Evangelisierungsauftrag Priorität haben. Der Dialog zwischen Glaube und Vernunft, Religion und Wissenschaft, bietet nicht nur die Möglichkeit, dem Menschen von heute wirksamer und überzeugender die Vernünftigkeit des Glaubens an Gott zu zeigen, sondern auch zu zeigen, daß die endgültige Vollendung jedes wahrhaft menschlichen Bestrebens in Jesus Christus besteht. Jede ernsthafte Evangelisierungsarbeit darf die Fragen, die auch aus den wissenschaftlichen Entdeckungen und philosophischen Instanzen heute erwachsen, in diesem Sinn nicht außer acht lassen.
Die Sehnsucht nach Wahrheit gehört zur Natur des Menschen selbst, und die ganze Schöpfung ist eine großartige Einladung, die Antworten zu suchen, die die menschliche Vernunft für die umfassende Antwort öffnen, die sie schon immer sucht und erwartet: »Die Wahrheit der christlichen Offenbarung, der wir in Jesus von Nazaret begegnen, ermöglicht jedem, das ›Geheimnis‹ des eigenen Lebens anzunehmen, sie achtet zutiefst die Autonomie des Geschöpfes und seine Freiheit, verpflichtet es aber im Namen der Wahrheit, sich der Transzendenz zu öffnen. Hier erreicht das Verhältnis von Freiheit und Wahrheit seinen Höhepunkt, und man versteht voll und ganz das Wort des Herrn: ›Dann werdet ihr die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch befreien‹ (Jn 8,32)« (Fides et ratio FR 15).
Hier findet die Kongregation den Beweggrund für ihren Einsatz und den Horizont ihres Dienstes. Euer Dienst an der Fülle des Glaubens ist ein Dienst an der Wahrheit und damit an der Freude, einer Freude, die aus der Tiefe des Herzens kommt und aus dem Abgrund der Liebe strömt, den Christus durch sein am Kreuz geöffnetes Herz aufgerissen hat und den sein Geist mit unerschöpflicher Großzügigkeit in der Welt verbreitet. Aus dieser Sicht kann euer lehrmäßiger Dienst in treffender Weise »pastoral« genannt werden. Denn euer Dienst ist ein Beitrag zur vollständigen Verbreitung des Lichtes Gottes in der Welt! Möge das Licht des Glaubens, in seiner Fülle und Unversehrtheit ausgedrückt, immer eure Arbeit erhellen und der »Stern« sein, der euch leitet und euch hilft, das Herz der Menschen zu Christus zu führen! Das ist die schwere und reizvolle Aufgabe, die der Sendung des Nachfolgers Petri zusteht, an der mitzuarbeiten ihr berufen seid. Danke für eure Arbeit und für euren Dienst!
Mit diesen Empfindungen erteile ich euch allen meinen Segen.
Liebe Brüder und Schwestern!
Mit großer Freude bin ich zu euch gekommen und danke euch für den herzlichen Empfang, den ihr mir bereitet habt. Ich richte meinen Gruß insbesondere an euch, liebe Kranke, die ihr hier in der Petersbasilika versammelt seid, und möchte ihn ausweiten auf alle Kranken, die unsere Begegnung über Radio und Fernsehen verfolgen, und auf diejenigen, die diese Möglichkeit nicht haben, die aber durch den Glauben und das Gebet mit uns in geistiger Weise eng verbunden und vereint sind. Ich grüße Kardinal Camillo Ruini, der die Eucharistiefeier zelebriert hat, und Kardinal Francesco Marchisano, Erzpriester der Vatikanbasilika. Ich grüße alle weiteren hier anwesenden Bischöfe und Priester. Ich danke der »UNITALSI« und der »Opera Romana Pellegrinaggi«, die diese Begegnung zusammen mit zahlreichen freiwilligen Helfern vorbereitet und organisiert haben. Meine Gedanken gehen auch auf die andere Seite unseres Planeten, nach Australien, wo in der Stadt Adelaide bereits vor einigen Stunden die Eucharistiefeier stattgefunden hat, die der Höhepunkt des Welttages der Kranken war und der mein Sondergesandter, Kardinal Javier Lozano Barragán, Präsident des Päpstlichen Rates für die Pastoral im Krankendienst, vorgestanden hat.
Seit 14 Jahren wird der 11. Februar, der liturgische Gedenktag Unserer Lieben Frau in Lourdes, auch als Welttag der Kranken begangen. Wir alle wissen, daß die selige Jungfrau bei der Grotte von Massabielle Gottes zärtliche Liebe zu den Leidenden offenbart hat. Diese zärtliche und fürsorgliche Liebe ist am Festtag Unserer Lieben Frau in Lourdes in der Welt besonders deutlich spürbar, da an diesem Tag in der Liturgie und besonders in der Eucharistie das Mysterium Christi, des Erlösers der Welt, dessen Erstlingsfrucht die Unbefleckte Jungfrau ist, erneut gegenwärtig wird. Als die allerseligste Jungfrau Maria sich Bernadette als die Unbefleckte Empfängnis offenbarte, da kam sie, um die moderne Welt daran zu erinnern, daß die göttliche Gnade, die stärker ist als Sünde und Tod, den höchsten Stellenwert besitzt, eine Tatsache, die die Welt damals zu vergessen drohte. Und so wurde der Ort ihrer Erscheinung, die Grotte von Massabielle in Lourdes, zu einem Anziehungspunkt für das ganze Gottesvolk und besonders für all jene, die sich belastet fühlen und Leid tragen in Körper und Geist. »Kommt alle zu mir, die ihr euch plagt und schwere Lasten zu tragen habt. Ich werde euch Ruhe verschaffen«, hat Jesus gesagt (Mt 11,28). In Lourdes wiederholt er durch die mütterliche Mittlerschaft Mariens immer wieder diese Einladung, die allen gilt, die sich mit Vertrauen dorthin begeben.
Liebe Brüder und Schwestern, zusammen mit meinen Mitarbeitern vom Päpstlichen Rat für die Pastoral im Krankendienst habe ich in diesem Jahr die Aufmerksamkeit besonders auf die Menschen lenken wollen, die mit psychischen und geistigen Krankheiten behaftet sind. »Geistige Gesundheit und Menschenwürde« war das Thema der Tagung, die in Adelaide stattgefunden hat und auf der gemeinsam wissenschaftliche, ethische und pastorale Aspekte vertieft worden sind. Wir alle wissen, daß Jesus dem Menschen in seinem ganzen Sein gegenübergetreten ist, um ihn vollständig zu heilen, an Körper, Psyche und Geist. Die menschliche Person ist in der Tat ein Ganzes, und ihre verschiedenen Dimensionen können und müssen unterschieden, dürfen aber nicht voneinander getrennt werden. So ist auch die Kirche stets entschlossen, die Personen als solche zu betrachten, und diese Einstellung zeichnet die katholischen Gesundheitseinrichtungen aus, ebenso wie den Arbeitsstil der Mitarbeiter im Krankendienst, die in ihnen tätig sind. In diesem Augenblick denke ich besonders an die Familien, die geistig kranke Menschen unter ihre Angehörigen zählen und die die Not und die verschiedenen Probleme, die diese Tatsache mit sich bringt, selbst erleben. Wir fühlen uns all diesen Situationen nahe, durch das Gebet und die zahllosen Initiativen, die die kirchliche Gemeinschaft überall auf der Welt ins Leben ruft, besonders dort, wo die Gesetzgebung mangelhaft ist, wo die öffentlichen Strukturen nicht ausreichen und wo Naturkatastrophen oder leider auch Kriege und bewaffnete Auseinandersetzungen schwere psychische Traumata bei den Menschen hervorrufen. Dies sind Formen der Armut, die die tätige Liebe Christi, des barmherzigen Samariters, auf den Plan rufen, ebenso wie die der Kirche, die untrennbar mit ihm vereint ist im Dienst an der leidtragenden Menschheit.
18 Allen Ärzten, dem Pflegepersonal und den anderen im Krankendienst Tätigen sowie allen freiwilligen Helfern, die sich in diesem Bereich engagieren, möchte ich heute symbolisch die Enzyklika »Deus caritas est« überreichen, mit dem Wunsch, daß die Liebe Gottes immer in ihren Herzen lebendig sein und ihre tägliche Arbeit beseelen, die Projekten, Initiativen und vor allem ihren Umgang mit den kranken Menschen. Indem ihr, liebe Freunde, im Namen der Liebe und im Stil der Liebe handelt, leistet ihr auch einen wertvollen Beitrag zur Evangelisierung, denn die Verkündigung des Evangeliums braucht glaubwürdige Zeichen zu ihrer Untermauerung. Und diese Zeichen sprechen die Sprache der allumfassenden Liebe, eine Sprache, die alle Menschen verstehen.
Gleich wird die geistliche Atmosphäre von Lourdes geschaffen und die Beleuchtung der Basilika gelöscht werden. Wir werden unsere Kerzen entzünden als Symbol des Glaubens und der innigen Anrufung Gottes. Der Gesang des »Ave Maria« von Lourdes wird uns einladen, uns im Geiste zur Grotte von Massabielle zu begeben, um zu Füßen der Unbefleckten Jungfrau zu verweilen. Ihr wollen wir in tiefem Glauben unser menschliches Dasein darbringen, unsere Krankheiten, die ein Zeichen dafür sind, daß wir alle auf dem irdischen Pilgerweg es nötig haben, von ihrem Sohn Jesus Christus erlöst zu werden. Maria halte unsere Hoffnung wach, damit wir in Treue zur Lehre Christi uns erneut darum bemühen, unseren Brüdern und Schwestern in ihrer Krankheit beizustehen. Möge der Herr gewähren, daß niemand im Augenblick der Not allein und verlassen ist, sondern daß im Gegenteil jeder Mensch auch in Krankheit der menschlichen Würde entsprechend leben kann. Mit diesen Empfindungen erteile ich euch allen, den Kranken, den im Krankendienst Tätigen und den freiwilligen Helfern, von Herzen den Apostolischen Segen. AN DAS AUTORENKOLLEGIUM DER ZEITSCHRIFT
Saal der Päpste
Liebes Autorenkollegium der »Civiltà Cattolica«!
Es ist mir eine Freude, euch und all jene zu empfangen, die in verschiedener Form mit euch zusammenarbeiten. Ich kenne und schätze die Arbeit, die die Zeitschrift seit 1850 für die Kirche leistet, als mein Vorgänger ehrwürdigen Gedenkens, der sel. Pius IX., sie »auf immerwährende Weise« gründete und ihr eigene Statuten gab, in denen eine besondere Verbindung mit dem Heiligen Stuhl festgelegt wurde. Damit wurde von seiten der Päpste, meiner Vorgänger, ein besonderes Vertrauen in die Zeitschrift gesetzt, aber auch an eure Treue zu den Richtlinien des Heiligen Stuhls appelliert. Trotz der stürmischen Wandels der geschichtlichen Umstände hat sich dieses Band nie gelockert, wie es die Zeichen des Wohlwollens beweisen, die von den römischen Päpsten gegenüber der Zeitschrift in den 155 Jahren ihres Bestehens zum Ausdruck gebracht wurden. Aus diesen Dokumenten geht das Interesse hervor, mit dem sie die Arbeit von »Civiltà Cattolica« verfolgten und auch weiterhin verfolgen, weil sie deren Nutzen zum Wohl der Kirche anerkennen und ihre feste Treue zu den Leitlinien des Lehramtes schätzen.
In unserer Zeit, in der Jesus, der Herr, seine Kirche aufruft, die Heilsbotschaft mit neuem Eifer zu verkünden, kann man nicht davon absehen, eine neue Annäherung an die Zeitumstände zu suchen, unter denen die Menschen leben, mit dem Ziel, ihnen die Verkündigung des Evangeliums in wirksamer Form anzubieten. Um ihrer Natur und ihrer Aufgabe treu zu bleiben, wird »Civiltà Cattolica« es deshalb nicht versäumen, sich ständig zu erneuern, indem sie »die Zeichen der Zeit« richtig erkennt. In der Tat setzt sich immer mehr eine Kultur durch, die vom individualistischen Relativismus und vom positivistischen Szientismus geprägt ist: also eine Kultur, die dazu tendiert, sich Gott und seinem Sittengesetz zu verschließen, auch wenn sie nicht immer von vornherein gegen das Christentum eingestellt ist. Die Katholiken sind deshalb aufgerufen, sich mit aller Kraft zu bemühen, den Dialog mit der heutigen Kultur zu entfalten und sie für die ewigen Werte der Transzendenz zu öffnen.
Bei diesem Bemühen bedient sich der Gläubige der Mittel, die ihm vom Glauben und von der Vernunft angeboten werden: Mittel, die auf den ersten Blick wenig angemessen scheinen, aber durch die Kraft Gottes wirksam werden, denn Er verfolgt Wege, die fern von Macht und Erfolg sind. Nicht zu vergessen ist andererseits, daß es heute in der Welt viele Zeichen der Hoffnung gibt, Früchte des Wirkens des Heiligen Geistes in der Geschichte. Da sind zum Beispiel die neue Empfänglichkeit für die religiösen Werte seitens vieler Menschen, das neue Interesse an der Heiligen Schrift, die Achtung der Menschenrechte in viel größerem Maß, als es noch in jüngerer Zeit geschehen ist, und der Wille zum Dialog mit den anderen Religionen. Vielen kann insbesondere der Glaube an Jesus helfen, den Sinn des Lebens und des menschlichen Abenteuers zu erfassen, indem ihnen die Bezugspunkte geboten werden, die in einer so schnellebigen und orientierungslosen Welt oft fehlen.
Hier also muß die Sendung einer kulturellen Zeitschrift, wie es »La Civiltà Cattolica« ist, ansetzen. Sie muß an der gegenwärtigen kulturellen Debatte teilnehmen, um die christlichen Glaubenswahrheiten zugleich überzeugend und gemeinverständlich sowie klar und dem Lehramt der Kirche getreu anzubieten und um ohne Polemik die Wahrheit zu verteidigen, die manchmal auch durch unbegründete Anschuldigungen gegen die kirchliche Gemeinschaft verdreht wird. Als Leuchtturm auf dem Weg, den »La Civiltà Cattolica« zu gehen berufen ist, möchte ich das II. Vatikanische Konzil nennen. Der Reichtum der Lehre und Pastoral, den es enthält, und vor allem die Grundinspiration sind von der christlichen Gemeinschaft noch nicht vollständig verarbeitet worden, obwohl seit seinem Abschluß 40 Jahre vergangen sind. Das Konzil hat der Kirche zweifellos einen Impuls gegeben, der imstande war, sie zu erneuern und zu befähigen, die neuen Probleme, vor welche die zeitgenössische Kultur die Menschen heute stellt, in angemessener Weise anzugehen. Das II. Vaticanum wurde anderseits in zahlreiche Lehr- und Pastoraldokumente aufgenommen, die der Heilige Stuhl und die Bischofskonferenzen vieler Länder über die neuerdings aufgetauchten Probleme veröffentlicht haben. Sie sind eine lebendige, ständige Quelle, aus der »La Civiltà Cattolica« in ihrer Arbeit schöpfen kann. Es geht darum, die Tätigkeit der Kirche in allen Bereichen ihrer Sendung bekanntzumachen und zu unterstützen. Die Zeitschrift muß sich besonders um die Verbreitung der Soziallehre der Kirche bemühen, eines der Themen, das sie während der 155 Jahre ihres Bestehens eingehend behandelt hat.
Ich möchte unsere Begegnung schließen, indem ich das Vertrauen des Heiligen Stuhls in eure Zeitschrift mit der Gewißheit bekräftige, daß alle ihre Redakteure und Mitarbeiter nach dem Beispiel derer, die ihnen vorausgegangen sind, diesem Vertrauen mit froher Treue und im Geist des Dienstes zu entsprechen wissen. Während ich Maria, Sitz der Weisheit, die Tätigkeit von »La Civiltà Cattolica« anvertraue, erteile ich euch Redakteuren und Mitarbeitern der Zeitschrift wie auch ihren treuen Lesern meinen besonderen Apostolischen Segen.
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Liebe römische Diakone!
Ich freue mich ganz besonders über die heutige Begegnung, die am 25. Jahrestag der Wiedereinführung des ständigen Diakonats in der Diözese Rom stattfindet. Ich grüße mit Zuneigung den Kardinalvikar, dem ich für die Worte danke, die er im Namen aller an mich gerichtet hat. Ich grüße auch Bischof Vincenzo Apicella, den ehemaligen Leiter des Diözesanzentrums für das ständige Diakonat, und Msgr. Francesco Peracchi, den Delegaten des Kardinalvikars, der seit Jahren eure Ausbildung begleitet. Ich heiße jeden von euch sowie eure Familien sehr herzlich willkommen.
Der Apostel Paulus sagt in einem berühmten Abschnitt des Briefes an die Philipper: Christus »entäußerte sich und wurde wie ein Sklave« (Ph 2,7). Er, Christus, ist das Vorbild, auf das wir schauen sollen. Im Evangelium hat er zu seinen Jüngern gesagt, daß er nicht gekommen sei, »um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen« (Mt 20,28). Vor allem hat er beim Letzten Abendmahl, nachdem er den Aposteln erneut deutlich gemacht hatte, daß er unter ihnen sei »wie der, der bedient« (Lc 22,27), die demütige Geste vollzogen, die den Sklaven vorbehalten war: Er wusch den Zwölfen die Füße und gab seinen Jüngern so ein Vorbild, das sie im Dienst und in der Liebe zueinander nachahmen sollten. Die Vereinigung mit Christus, die durch das Gebet, das sakramentale Leben und besonders die eucharistische Anbetung aufrechterhalten werden muß, ist sehr wichtig für euren Dienst, damit durch ihn wirklich die Liebe Gottes bezeugt werden kann. In der Enzyklika Deus caritas est habe ich geschrieben: »Liebe kann ›geboten‹ werden, weil sie zuerst geschenkt wird« (). Liebe Diakone, nehmt mit Freude und Dankbarkeit die Liebe an, die der Herr euch gegenüber empfindet und die er in euer Leben ausgießt, und gebt großzügig all das an die Menschen weiter, was ihr umsonst empfangen habt. Die Kirche von Rom blickt auf eine lange Tradition im Dienst an den Armen der Stadt zurück. In den letzten Jahren sind neue Formen der Armut aufgetreten: Viele Menschen haben nämlich den Sinn des Lebens verloren und besitzen keine Wahrheit, auf der sie die eigene Existenz aufbauen könnten; viele Jugendliche haben das Verlangen, Menschen zu begegnen, die es verstehen, ihnen zuzuhören und sie in schwierigen Lebenslagen zu beraten. Neben der materiellen Armut begegnen wir auch geistlicher und kultureller Armut. Unsere Diözese, die sich der Tatsache bewußt ist, daß die Begegnung mit Christus »unserem Leben einen neuen Horizont und damit seine entscheidende Richtung gibt« (Deus caritas est ), schenkt dem Thema der Weitergabe des Glaubens besondere Aufmerksamkeit.
Liebe Diakone, ich danke euch für die Dienste, die ihr so großherzig in vielen Pfarrgemeinden Roms leistet, wobei ihr euch besonders der Tauf- und der Familienpastoral widmet. Indem ihr das Evangelium Christi lehrt, das euch vom Bischof am Tag eurer Weihe übergeben wurde, helft ihr den Eltern, die um die Taufe für ihre Kinder bitten, das Geheimnis des göttlichen Lebens, das uns geschenkt wurde, und das Geheimnis der Kirche, der großen Familie Gottes, zu vertiefen, während ihr den Verlobten, die den Wunsch haben, das Sakrament der Ehe zu empfangen, die Wahrheit über die menschliche Liebe verkündet und ihnen dabei erklärt: »Die auf einer ausschließlichen und endgültigen Liebe beruhende Ehe wird zur Darstellung des Verhältnisses Gottes zu seinem Volk und umgekehrt« (Deus caritas est ). Viele von euch gehen beruflichen Tätigkeiten in Büros, Krankenhäusern und Schulen nach: An diesen Orten seid ihr dazu berufen, Diener der Wahrheit zu sein. Durch eure Verkündigung des Evangeliums werdet ihr das Wort weitergeben können, das die Arbeit des Menschen und das Leiden der Kranken zu erhellen und ihnen Sinn zu verleihen vermag, und ihr werdet den jungen Generationen helfen, die Schönheit des christlichen Glaubens zu entdecken. Ihr werdet auf diese Weise Diakone der Wahrheit sein, die frei macht, und werdet die Bewohner dieser Stadt zur Begegnung mit Jesus Christus führen. Den Erlöser im eigenen Leben aufzunehmen ist für den Menschen Quelle tiefer Freude, einer Freude, die auch in Momenten der Prüfung Frieden schenken kann. Seid daher Diener der Wahrheit, um Boten der Freude zu sein, die Gott jedem Menschen schenken will.
Es genügt jedoch nicht, den Glauben nur mit Worten zu verkünden, denn, wie der Apostel Jakobus in Erinnerung ruft, ist der Glaube »für sich allein tot, wenn er nicht Werke vorzuweisen hat« (Jc 2,17). Es ist daher notwendig, der Verkündigung des Evangeliums das konkrete Zeugnis des Liebesdienstes zur Seite zu stellen, und dieser »ist für die Kirche nicht eine Art Wohlfahrtsaktivität … sondern er gehört zu ihrem Wesen, ist unverzichtbarer Wesensausdruck ihrer selbst« (Deus caritas est ). Der Liebesdienst gehörte von Anfang an zum diakonischen Dienst: die sieben Diakone, von denen die Apostelgeschichte berichtet, wurden gewählt, um sich dem Dienst an den Tischen zu widmen. Ihr seid als Glieder der Kirche von Rom Erben einer langen Tradition, die im Diakon Laurentius eine einzigartig schöne und leuchtende Gestalt besitzt. Viele Arme, die oft aus Ländern kommen, die weit von Italien entfernt liegen, klopfen an die Türen der Pfarrgemeinden, um notwendige Hilfeleistungen zur Überwindung schwieriger Momente zu erbitten. Nehmt diese Brüder und Schwestern mit großer Herzlichkeit und Hilfsbereitschaft auf, versucht, ihnen so weit wie möglich in ihren Bedürfnissen zu helfen, und denkt dabei immer an die Worte des Herrn: »Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan« (Mt 25,40). Ich bringe denjenigen unter euch, die sich tagtäglich im Verborgenen darum bemühen, auf diese Weise die Nächstenliebe zu bezeugen, meine Dankbarkeit zum Ausdruck. Durch euren Dienst spüren nämlich auch die Armen, daß sie zu jener großen Familie der Kinder Gottes gehören, die die Kirche ist.
Liebe römische Diakone, möge euer Dienst, in dem ihr die grenzenlose Liebe Gottes lebt und bezeugt, stets dem Aufbau der Kirche als Gemeinschaft dienen. In eurer Arbeit werdet ihr von der Liebe und vom Gebet eurer Familien getragen. Eure Berufung ist eine besondere Gnade für euer Familienleben, das auf diese Weise berufen ist, sich immer mehr zu öffnen, um dem Willen des Herrn und den Bedürfnissen der Kirche zu entsprechen. Der Herr vergelte auch die Hilfsbereitschaft, mit der eure Ehefrauen und Kinder euch bei eurem Dienst an der ganzen kirchlichen Gemeinschaft zur Seite stehen.
Maria, die demütige Magd des Herrn, die der Welt den Erlöser geschenkt hat, und der Diakon Laurentius, der den Herrn so sehr geliebt hat, daß er sein Leben für ihn hingegeben hat, mögen euch stets durch ihre Fürbitte begleiten. Mit diesen Empfindungen erteile ich von Herzen einem jeden von euch den Apostolischen Segen, den ich gerne ausweite auf alle, die euch nahestehen, und all jene, denen ihr in eurem Dienst begegnet.
Liebe Freunde der Stiftung »Johannes Paul II. für die Sahelzone«!
Mit großer Freude empfange ich euch und alle, die an den verschiedenen Aktivitäten der Stiftung mitarbeiten. Besonders grüße ich Msgr. Jean-Pierre Bassène, Bischof von Kolda im Senegal und Vorsitzender des Verwaltungsrates.
20 Die Stiftung »Johannes Paul II. für die Sahelzone « entstand dank der Solidarität der Gläubigen, vor allem aus Deutschland, die auf den von meinem verehrten Vorgänger in Ouagadougou verlesenen Appell zugunsten der Bevölkerung der Sahelzone großherzig reagierten. Die Menschen dieser Region waren seinerzeit mit den Folgen einer dramatischen Dürre konfrontiert. Die Stiftung, die der Verantwortung der Bischöfe der betroffenen Länder anvertraut ist, hat sich durch ihren Einsatz in der Bekämpfung der Desertifikation in jenem Teil Afrikas voll und ganz als kirchliches Werk entfaltet, und sie zeigt durch die vielen Projekte, die sie seit über 20 Jahren unterstützt und verwirklicht, daß die Nächstenliebe, die ein Auftrag an jeden einzelnen Gläubigen sowie an die gesamte kirchliche Gemeinschaft ist (vgl. Deus caritas est ), in konkreten Gesten zum Ausdruck kommen muß. Ich ermutige euch, dieses Werk christlicher Brüderlichkeit durch die tatkräftige Unterstützung des Päpstlichen Rats »Cor unum« entschlossen fortzusetzen, denn es ist ein Dienst am Menschen in seiner Ganzheit und trägt sowohl zum interreligiösen Dialog als auch zur Offenbarung der Liebe Gottes gegenüber den Bewohnern dieser Erde bei. Es handelt sich somit auch um einen wesentlichen Bestandteil der Evangelisierungstätigkeit.
Während ich euch der Fürsprache der Jungfrau Maria, der Königin Afrikas, anvertraue, erteile ich euch, allen Mitarbeitern der Stiftung und den Völkern der Sahelzone von Herzen meinen besonderen Apostolischen Segen.
Liebe Mitbrüder im Bischofsamt,
Ich freue mich sehr, euch auf eurer Pilgerfahrt zu den Apostelgräbern, die ihr zur Stärkung eurer Gemeinschaft mit dem Nachfolger Petri und zur Festigung der Bande des Glaubens und der Einheit eurer Teilkirchen mit der Kirche von Rom und mit der Gesamtkirche unternommen habt, zu empfangen.
Ich danke dem Vorsitzenden eurer Bischofskonferenz, Msgr. Jean Noël Diouf, Bischof von Tambacounda, für seine Darlegung der Situation der Kirche in eurer Region. Durch euch, Oberhirten der Kirche in Senegal, Mauretanien, Guinea- Bissau und Kap Verde, erreiche ich im Herzen und im Gebet alle Völker, deren Seelsorge euch anvertraut ist. Gott segne die Stifter des Friedens und der Brüderlichkeit, die in euren Ländern Beziehungen des Vertrauens und der gegenseitigen Unterstützung in den weltlichen und religiösen Gemeinschaften aufbauen.
Eure Teilkirchen zeigen höchst vielfältige menschliche und kirchliche Verhältnisse, was eine gegenseitige Anpassung der Arbeit der Hirten zuweilen schwierig macht. Um den Auftrag, den ihr vom Herrn erhalten habt, zu erfüllen und ihm eine immer größere apostolische Fruchtbarkeit zu verleihen, bleiben echte Bande der Gemeinschaft von wesentlicher Bedeutung. So wird euch die Teilnahme an den Treffen eurer Bischofskonferenz nicht nur bei der Ausübung eures bischöflichen Amtes helfen, sondern sie wird auch ganz konkret zeigen, daß der Bischof nicht allein ist, weil er immer und ununterbrochen in Gemeinschaft steht mit demjenigen, den der Herr zum Nachfolger Petri erwählt hat, und mit seinen Brüdern im Bischofsamt.
Auf dem gemeinsamen Weg mit seinem Volk muß der Bischof die Evangelisierungsarbeit anregen, leiten und koordinieren, damit der Glaube wächst und sich unter den Menschen ausbreitet. In dieser Hinsicht muß das Evangelium ganz in der Kultur eurer Völker verwurzelt werden. Die Rückkehr zu gewissen Praktiken der traditionellen Religion, die ihr manchmal bei den Christen feststellen könnt, muß euch veranlassen, nach geeigneten Mitteln zu suchen, um den Glauben im Licht des Evangeliums zu beleben und zu stärken und die theologischen Grundlagen eurer Teilkirchen zu festigen, wobei all das, was das Gute der afrikanischen Identität ausmacht, übernommen werden muß. Durch die Taufe darf der Christ sich nämlich nicht aus dem Leben seines Volkes oder seiner Familie ausgeschlossen fühlen, aber sein Dasein muß in vollem Einklang mit den übernommenen Pflichten stehen; folglich muß er notwendigerweise mit gewissen Sitten und Gebräuchen seines früheren Lebens brechen, denn das Evangelium ist ein Geschenk, das er erhalten hat und das von oben kommt. Um in der Treue zu seinen Taufversprechen zu leben, muß jeder eine solide Ausbildung im Glauben erhalten, damit er sich den neuen Phänomenen des heutigen Lebens stellen kann, wie zum Beispiel der Verstädterung, der hohen Rate der Jugendarbeitslosigkeit, materialistischen Versuchungen aller Art oder auch der Beeinflussung durch Ideen, die aus allen Richtungen kommen. Im Kompendium des Katechismus der Katholischen Kirche besitzen die Gläubigen jetzt eine aktualisierte und gesicherte Darstellung der Glaubenswahrheiten der katholischen Kirche, die es jedem gestattet, deutlich zu erkennen, welche Handlungsweisen der christlichen Pflicht entsprechen.
Liebe Mitbrüder im Bischofsamt, bei dieser schwierigen Evangelisierungsaufgabe sind eure Priester großzügige Mitarbeiter, und ich ermutige sie von Herzen in ihren apostolischen Pflichten. Ich wünsche mir sehr, daß ihre Grundausbildung und ihre beständige Weiterbildung sie zu menschlich und geistlich ausgeglichenen Männern machen möge, die den Herausforderungen, mit denen sie in ihrem persönlichen und seelsorglichen Leben konfrontiert werden, gegenübertreten können. So muß einerseits der menschlichen und intellektuellen Ausbildung angemessener Raum gegeben werden, andererseits muß man auch Sorge tragen, ihnen eine solide geistliche Ausbildung zu geben, um ihre Verbundenheit mit Gott durch Gebet und Betrachtung zu stärken und um es ihnen zu erlauben, die Gegenwart und das Wirken des Herrn in den Menschen, die ihrer Seelsorge anvertraut sind, zu erkennen. In dem Maße wie sie wirklich persönlich Christus erfahren, werden sie auch in der Lage sein, die Forderung nach Selbsthingabe an Gott und an die Mitmenschen hochherzig anzunehmen und sie im demütigen und selbstlosen Liebesdienst umzusetzen. Ich wünsche, daß die Mitglieder der Institute des geweihten Lebens - die ich herzlich grüße, und denen ich meinen Dank ausspreche für den ständigen Dienst, den sie der Mission in euren Diözesen leisten - zur Förderung der Eintracht in der Kirche und als Beitrag zu ihrem missionarischen Eifer Beziehungen des Vertrauens und der Zusammenarbeit mit den Hirten pflegen, indem sie in tiefer Gemeinschaft leben, und zwar nicht nur innerhalb der einzelnen Gemeinschaften, sondern auch mit der Diözese und der Universalkirche. Möge jedes Institut, in Treue zu seiner spezifischen Berufung, stets zeigen, daß seine Werke vor allem ein Ausdruck des Glaubens an die Liebe Gottes sind. Wenn es sie in den Mittelpunkt des Lebens stellt, wird es den Bedürfnissen der Menschen wirklich entsprechen!
Eine der Aufgaben, durch die die Kirche in eurer Region die Nächstenliebe am deutlichsten zum Ausdruck bringt, ist ihr Einsatz für die Entwicklung der Gesellschaft. Zahlreiche kirchliche Einrichtungen ermöglichen es euren Gemeinschaften, sich effizient in den Dienst der Ärmsten zu stellen als Zeichen ihres Bewußtseins, daß die in der Gottesliebe wurzelnde Nächstenliebe grundlegend ist für das christliche Leben, denn »alles Handeln der Kirche ist Ausdruck einer Liebe, die das ganzheitliche Wohl des Menschen anstrebt« (Deus caritas est ). Das Christentum darf deswegen aber nicht auf eine rein menschliche Weisheit reduziert oder mit einem Sozialdienst verwechselt werden, denn es handelt sich auch um einen geistlichen Dienst. Für den Jünger Christi darf die Ausübung der Nächstenliebe jedoch nicht Mittel für den Proselytismus sein, denn die Liebe ist umsonst (vgl. ebd., 31). Ihr übt den Dienst am Menschen oft in Zusammenarbeit mit Männern und Frauen aus, die den christlichen Glauben nicht teilen, insbesondere mit Muslimen. Derartige Bemühungen um eine Begegnung von Gläubigen unterschiedlicher religiöser Traditionen in der Wahrheit tragen zur konkreten Verwirklichung des wahren Wohls sowohl des einzelnen als auch der Gesellschaft bei. Eine fortschreitende Vertiefung der brüderlichen Beziehungen zwischen den Gemeinschaften ist zur Förderung einer harmonischen Entwicklung der Gesellschaft geboten, um die Würde jedes Menschen zu achten und jedem die freie Ausübung seiner Religion zu ermöglichen. [Benedikt XVI. fuhr auf portugiesisch fort:]
Dieser Auftrag zur Unterstützung einer harmonischen Entwicklung der Gesellschaft ist besonders dringend in Guinea-Bissau, wo die Bevölkerung inmitten nicht geringer Spannungen und Spaltungen noch immer auf eine wirkliche Inbetriebnahme von politischen und administrativen Einrichtungen wartet, die ihre Funktionsfähigkeit und ihre Tätigkeit in den Dienst einer Gesellschaft stellen, in der sich alle an dem einen gemeinsamen Projekt beteiligen können. Ich weiß, daß die Ortskirche eine Vorrangstellung einnimmt bei der Förderung des Dialogs und der Zusammenarbeit aller Landesteile; durch das vom Glauben erleuchtete Wort, durch das ständige Zeugnis der Treue zum Evangelium und durch den großherzigen pastoralen Dienst sollt ihr, liebe Hirten, auch weiterhin sichere Bezugsund Orientierungspunkte für alle eure Mitbürger sein.
ANSPRACHE 2006 16