Katechismus KK 1997 1684

II Die Feier des Begräbnisses

1684 Das christliche Begräbnis ist eine liturgische Feier der Kirche (Vgl. SC 81-82). Der Dienst der Kirche will einerseits die wirkkräftige Gemeinschaft mit dem Verstorbenen zum Ausdruck bringen; andererseits will er auch die zur Bestattung versammelte Gemeinde an dieser Feier teilnehmen lassen und ihr das ewige Leben verkünden.

1685 Die verschiedenen Begräbnisriten bringen den österlichen Charakter des christlichen Sterbens zum Ausdruck, entsprechend den Verhältnissen und Überlieferungen jeder Region, auch was die liturgische Farbe anbelangt (Vgl. SC 81).

1686 Der Ordo exsequiarum (OEx) der römischen Liturgie nennt drei Formen der Bestattungsfeier, die den drei Stätten entsprechen, an denen sie stattfindet - dem Haus, der Kirche und dem Friedhof. Sie richten sich auch danach, welches Gewicht die Familie, die örtlichen Bräuche, die Kultur und die Volksfrömmigkeit ihr geben. Der Verlauf ist allen liturgischen Überlieferungen gemeinsam und umfaßt vier Hauptmomente:

1687 Die Begrüßung der Gemeinde. Ein gläubiger Gruß eröffnet die Feier. Die Angehörigen des Verstorbenen werden begrüßt durch ein Wort des "Trostes" (im Sinn des Neuen Testamentes: die Kraft des Heiligen in der Hoffnung)(Vgl. 1Th 4,18). Die sich versammelnde betende Gemeinde erwartet auch "Worte des ewigen Lebens". Der Tod eines Mitglieds der Gemeinde (oder der Jahrestag des Todes, oder auch der siebte oder vierzigste Tag nach dem Tod) ist ein Anlaß, den Blick über den Horizont dieser irdischen Welt hinauszurichten. Er soll die Gläubigen zur wahren Erkenntnis im Glauben an den auferstandenen Christus hinführen.

1688 Der Wortgottesdienst. Die Feier des Wortgottesdienstes bei Begräbnissen bedarf einer besonders sorgfältigen Vorbereitung, da an ihr vielleicht auch Gläubige teilnehmen, die selten einer Liturgie beiwohnen, sowie nichtchristliche Freunde des Verstorbenen. Insbesondere die Homilie soll "die literarische Gattung der Grabrede meiden" (OEx 41) und das Mysterium des christlichen Sterbens im Licht des auferstandenen Christus erhellen.

1689 Das eucharistische Opfer. Wenn die Feier in der Kirche stattfindet, ist die Eucharistie die Mitte der österlichen Wirklichkeit des christlichen Todes (Vgl. OEx 1). In ihr bekundet die Kirche ihre wirkkräftige Gemeinschaft mit dem Verstorbenen: Sie bringt dem Vater im Heiligen Geist das Opfer des Todes und der Auferstehung Christi dar und bittet ihn, sein Kind von seinen Sünden und deren Folgen zu reinigen und es in die österliche Fülle des himmlischen Hochzeitsmahles aufzunehmen (Vgl. OEx 57). Durch die so gefeierte Eucharistie lernt die Gemeinde der Gläubigen, besonders die Familie des Verstorbenen, in Gemeinschaft mit dem zu leben, der "im Herrn entschlafen" ist, indem sie den Leib Christi empfängt, dessen lebendiges Glied er ist, und dann für ihn und mit ihm betet (Vgl. dazu auch CEC 1371 CEC 958).

1690 Die Verabschiedung des Verstorbenen besteht darin, daß die Kirche ihn "Gott anbefiehlt". Sie ist "der letzte Abschiedsgruß der christlichen Gemeinde an eines ihrer Glieder, bevor dessen Leib zu Grabe getragen wird" (OEx 10). Die byzantinische Überlieferung bringt das im Abschiedskuß an den Verstorbenen zum Ausdruck (Vgl. dazu auch CEC 2300):

In diesem letzten Gruß "singt man, weil er aus diesem Leben geschieden und weggegangen ist, aber auch, weil es eine Gemeinschaft und eine Wiedervereinigung gibt. Durch den Tod werden wir ja keineswegs voneinander getrennt, denn wir gehen alle den gleichen Weg und werden uns am gleichen Ort wiederfinden. Wir werden nie voneinander getrennt sein, denn wir leben für Christus und sind jetzt mit Christus vereint; wir gehen ja zu ihm ... Wir werden alle miteinander in Christus beisammen sein" (Symeon v, Thessalonich, sep.).



DAS LEBEN IN CHRISTUS


DRITTER TEIL

Christ, erkenne deine Würde

1691 "Christ, erkenne deine Würde! Du bist der göttlichen Natur teilhaftig geworden, kehre nicht zu der alten Erbärmlichkeit zurück und lebe nicht unter deiner Würde. Denk an das Haupt und den Leib, dem du als Glied angehörst! Bedenke, daß du der Macht der Finsternis entrissen und in das Licht und das Reich Gottes aufgenommen bist" (Leo d. Gr., serm. 21,2-3) (Vgl. dazu auch CEC 790).

1692 Das Glaubensbekenntnis sagt, wie groß die Gaben sind, die Gott in seinem Schöpfungswerk und mehr noch im Werk der Erlösung und Heiligung dem Menschen geschenkt hat. Was der Glaube bekennt, geben die Sakramente weiter. Durch die Sakramente der Wiedergeburt sind die Christen "Kinder Gottes" geworden (Jn 1,12 1Jn 3,1) und haben "an der göttlichen Natur Anteil erhalten" (2P 1,4). Im Glauben ihrer neuen Würde bewußt, sollen die Christen fortan so leben, "wie es dem Evangelium Christi entspricht" (Ph 1,27). Sie werden dazu befähigt durch die Gnade Christi und die Gaben seines Geistes, die sie durch die Sakramente und das Gebet erhalten.



Leben aus Gott, dem Dreifaltigen

1693 Christus Jesus tat stets das, was dem Vater gefiel (Vgl. Jn 8,29). Er lebte in vollkommener Gemeinschaft mit ihm. Auch seine Jünger sind dazu berufen, vor dem Angesicht des Vaters zu leben, "der auch das Verborgene sieht" (Mt 6,6), damit sie "vollkommen werden, wie der himmlische Vater es ist" (Vgl. Mt 5,47).

1694 Die Christen sind "für die Sünde tot, leben aber für Gott in Christus Jesus" (Rm 6,11), weil sie durch die Taufe in Christus eingegliedert (Vgl. Rm 6,5) sind. So haben sie am Leben des Auferstandenen Anteil (Vgl. Col 2,12). In der Nachfolge Christi und in Einheit mit ihm (Vgl. Jn 15,5) sind die Christen fähig, Gott nachzuahmen "als seine geliebten Kinder" (Ep 5,1) und dem Weg der Liebe zu folgen. Sie suchen in ihrem Denken, Reden und Handeln "so gesinnt" zu sein, "wie es dem Leben in Christus Jesus entspricht" (Ph 2,5) und sich an sein Beispiel zu halten (Vgl. Jn 13,12-16) (Vgl. dazu auch CEC 1267).

1695 "Gerecht geworden im Namen Jesu Christi, des Herrn, und im Geist unseres Gottes" (1Co 6,11), "Geheiligte in Christus Jesus" und "berufen als Heilige" (1Co 1,2), sind die Christen "Tempel des Heiligen Geistes" geworden (Vgl. 1Co 6,19). Der "Geist des Sohnes" lehrt sie, zum Vater zu beten (Vgl. Ga 4,6). Und weil er zu ihrem Leben geworden ist, drängt er sie zum Handeln (Vgl. Ga 5,25), damit sie durch tätige Liebe "die Früchte des Geistes" (Ga 5,22) hervorbringen. Der Heilige Geist heilt die Wunden der Sünde und "erneuert" unseren "Geist und Sinn" (Ep 4,23); er erleuchtet und stärkt uns, damit wir durch "Güte, Gerechtigkeit und Wahrheit" (Ep 5,9) in allem als "Kinder des Lichts" leben (Ep 5,8).

Die zwei Wege

1696 Der Weg Christi führt "zum Leben", ein gegenläufiger Weg jedoch führt "ins Verderben" (Mt 7,13-14) (Vgl. Dt 30,15-20). Das Gleichnis des Evangeliums von den zwei Wegen hat in der Katechese der Kirche einen festen Platz. Es zeigt, wie wichtig sittliche Entscheidungen für unser Heil sind. "Der Wege sind zwei: einer des Lebens und einer des Todes. Sie gehen aber weit auseinander" (Didaché 1, 1) (Vgl. dazu auch CEC 1970).



Die Katechese des Lebens in Christus

1697 Die Katechese soll klar aufzeigen, welche Freude auf dem Weg Christi zu finden ist, und welche Forderungen er stellt (Vgl. CTR CTR 29). Die Katechese über das Leben "als neue Menschen" (Rm 6,4) in Christus soll sein:

- Eine Katechese des Heiligen Geistes.Dieser ist der innere Lehrer des christusgemäßen Lebens, der liebende Gast und Freund, der dieses Leben beseelt, es lenkt, berichtigt und stärkt. (Vgl. dazu auch CEC 737-741)

- Eine Katechese der Gnade, denn durch Gnade sind wir gerettet und nur durch Gnade können unsere Werke Frucht für das ewige Leben bringen (Vgl. dazu auch CEC 1987-1995).

- Eine Katechese der Seligpreisungen, denn diese sind der Inbegriff des Weges Christi, der einzige Pfad zum ewigen Glück, nach dem das Herz des Menschen sich sehnt (Vgl. dazu auch CEC 1716-1719)

- Eine Katechese über Sünde und Vergebung.Wenn der Mensch nicht einsieht, daß er Sünder ist, kann er die Wahrheit über sich selbst nicht erkennen; diese Wahrheit aber ist eine Voraussetzung zu gutem Handeln. Ohne das Angebot der Vergebung könnte der Mensch diese Wahrheit nicht ertragen (Vgl. dazu auch CEC 1846-1848).

- Eine Katechese der menschlichen Tugenden, die erfassen läßt, wie schön und erstrebenswert die Fähigkeit und Bereitschaft zum guten Handeln ist (Vgl. dazu auch CEC 1803-1811).

- Eine Katechese der christlichen Tugenden des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe - eine Katechese, die großherzig am Vorbild der Heiligen Maß nimmt (Vgl. dazu auch CEC 1812-1829).

- Eine Katechese des doppelten Gebotes der Liebe, welches im Dekalog entfaltet wird (Vgl. dazu auch CEC 2067).

- Eine kirchliche Katechese, denn im vielfältigen Austausch der "geistlichen Güter" in der "Gemeinschaft der Heiligen" kann das christliche Leben wachsen, sich entfalten und sich mitteilen (Vgl. dazu auch CEC 946-953).

1698 Der erste und letzte Bezugspunkt dieser Katechese wird stets Jesus Christus selbst sein. Er ist "der Weg, die Wahrheit und das Leben" (Jn 14,6). Wenn wir gläubig auf Christus blicken, dürfen wir hoffen, daß er an uns seine Verheißungen erfüllt. Und wenn wir ihn lieben, wie er uns geliebt hat, werden wir so handeln, wie es unserer Würde entspricht (Vgl. dazu auch CEC 426).

"Ich bitte dich, denk daran, daß unser Herr Jesus Christus dein Haupt ist und daß du eines seiner Glieder bist. Er ist für dich, was das Haupt für die Glieder bedeutet. Alles, was sein ist, ist auch dein: Geist, Herz, Leib, Seele und alle Fähigkeiten. Du sollst sie gebrauchen, als gehörten sie dir, um Gott zu dienen, zu loben, zu lieben und zu verherrlichen. Du bist für Christus, was ein Glied für das Haupt ist. Darum wünscht er dringend, alle deine Fähigkeiten, als seien es die seinen, in Dienst zu nehmen, um dem Vater zu dienen und ihn zu verherrlichen" (Johannes Eudes, Cord. 1,5).

"Für mich ist Christus das Leben" (Ph 1,21).




ERSTER ABSCHNITT

DIE BERUFUNG DES MENSCHEN:

DAS LEBEN IM HEILIGEN GEIST




1699 Das Leben im Heiligen Geist vollendet die Berufung des Menschen (erstes Kapitel). Es besteht in der Liebe zu Gott und in der Solidarität mit den Menschen (zweites Kapitel). Es wird zu unserem Heil aus Gnade geschenkt (drittes Kapitel).



ERSTES KAPITEL

DIE WÜRDE DES MENSCHEN



1700 Die Würde des Menschen wurzelt in seiner Erschaffung nach Gottes Bild und Ähnlichkeit (Artikel 1); sie kommt in seiner Berufung zur Seligkeit Gottes zur Vollendung (Artikel 2). Aufgabe des Menschen ist es, in Freiheit auf diese Vollendung zuzugehen (Artikel 3). Durch seine bewußten Handlungen (Artikel 4) richtet sich der Mensch nach dem von Gott versprochenen und durch sein Gewissen bezeugten Guten aus oder wendet sich dagegen (Artikel 5). Der Mensch leistet einen eigenen Beitrag zu seinem inneren Wachstum; er macht sein ganzes Sinnes- und Geistesleben zum Mittel dieses Wachstums (Artikel 6). Mit Hilfe der Gnade wächst er in der Tugend (Artikel 7), meidet die Sünde und gibt sich, wenn er dennoch sündigt, wie der verlorene Sohn (Vgl. Lc 15,11-31) dem Erbarmen des himmlischen Vaters anheim (Artikel 8). So gelangt er zur vollkommenen Liebe (Vgl. dazu auch CEC 356 CEC 1439).



ARTIKEL 1 DER MENSCH: GOTTES EBENBILD



1701 "Christus ... macht in der Offenbarung des Geheimnisses des Vaters und seiner Liebe dem Menschen sein eigenes Wesen voll kund und erschließt ihm seine höchste Berufung" (GS 22,1). In Christus, dem "Ebenbild des unsichtbaren Gottes" (Col 1,15) (Vgl. 2Co 4,4), wurde der Mensch nach dem "Bilde" des Schöpfers, "ihm ähnlich" erschaffen. In Christus, dem Erlöser und Retter, wurde das durch die Ursünde entstellte göttliche Abbild im Menschen in seiner ursprünglichen Schönheit wiederhergestellt und durch die Gnade Gottes veredelt (Vgl. GS 22,2) (Vgl. dazu auch CEC 359).

1702 Das Bild Gottes ist in jedem Menschen gegenwärtig. Es wird in der Gemeinschaft der Menschen, die der Einheit der göttlichen Personen gleicht (Vgl. das zweite Kapitel), sichtbar (Vgl. dazu auch CEC 1878).

1703 Weil er eine "geistige und unsterbliche Seele" besitzt (GS 14), ist "der Mensch ... auf Erden das einzige Geschöpf ... das Gott um seiner selbst willen gewollt hat" (GS 24,3). Schon von seiner Empfängnis an ist er für die ewige Seligkeit bestimmt (Vgl. dazu auch CEC 363 CEC 2258).

1704 Der Mensch hat am Licht und an der Kraft des göttlichen Geistes teil. Durch seine Vernunft ist er fähig, die vom Schöpfer in die Dinge hineingelegte Ordnung zu verstehen. Durch seinen Willen ist er imstande, auf sein wahres Heil zuzugehen. Er findet seine Vollendung in der "Suche und Liebe des Wahren und Guten" (GS 15,2) (Vgl. dazu auch CEC 339 CEC 30).

1705 Dank seiner Seele und seiner geistigen Verstandes- und Willenskraft ist der Mensch mit Freiheit begabt, die "ein erhabenes Kennzeichen des göttlichen Bildes im Menschen" ist (GS 17) (Vgl. dazu auch CEC 1730).

1706 Durch seine Vernunft vernimmt der Mensch die Stimme Gottes, die ihn drängt, "das Gute zu lieben und zu tun und das Böse zu meiden" (GS 16). Jeder Mensch ist zum Gehorsam gegenüber diesem Gesetz verpflichtet, das im Gewissen ertönt und in der Liebe zu Gott und zum Nächsten erfüllt wird. Im sittlichen Handeln zeigt sich die Würde des Menschen (Vgl. dazu auch CEC 1776).

1707 Der Mensch hat "auf Anraten des Bösen gleich von Anfang der Geschichte an seine Freiheit mißbraucht" (GS 13,1). Er ist der Versuchung erlegen und hat das Böse getan. Zwar verlangt er immer noch nach dem Guten, aber seine Natur ist durch die Erbsünde verwundet. Er neigt zum Bösen und ist dem Irrtum unterworfen (Vgl. dazu auch CEC 397).

"So ist der Mensch in sich selbst zwiespältig. Deshalb stellt sich das ganze Leben der Menschen, das einzelne wie das kollektive, als Kampf dar, und zwar als ein dramatischer, zwischen Gut und Böse, zwischen Licht und Finsternis" (GS 13,2).

1708 Christus hat uns durch sein Leiden vom Satan und von der Sünde befreit. Er hat für uns das neue Leben im Heiligen Geist verdient. Seine Gnade stellt wieder her, was die Sünde in uns verdorben hat (Vgl. dazu auch CEC 617).

1709 Wer an Christus glaubt, wird Kind Gottes. Diese Annahme an Kindes Statt gestaltet den Menschen um und läßt ihn dem Vorbild Christi folgen. Sie befähigt ihn, richtig zu handeln und das Gute zu tun. In Vereinigung mit seinem Erlöser gelangt der Jünger zur Vollkommenheit der Liebe, zur Heiligkeit. Das sittliche Leben, in der Gnade gereift, weitet sich in der Herrlichkeit des Himmels zum ewigen Leben (Vgl. dazu auch CEC 1265 CEC 1050).



KURZTEXTE



1710 Christus macht "dem Menschen sein eigenes Wesen voll kund und erschließt ihm seine höchste Berufung" (GS 22 GS 1).

1711 Der Mensch ist schon von seiner Empfängnis an auf Gott hingeordnet und zur ewigen Seligkeit bestimmt, weil er mit einer geistigen Seele, mit Vernunft und Willen begabt ist. Er erstrebt seine Vollendung in der "Suche und Liebe des Wahren und Guten" (GS 15 GS 2).

1712 Die wahre Freiheit ist "ein erhabenes Kennzeichen des göttlichen Bildes im Menschen" (GS 17).

1713 Der Mensch ist verpflichtet, dem natürlichen Sittengesetz zu gehorchen, das ihn anhält, "das Gute zu lieben und zu tun und das Böse zu meiden" (GS 16). Dieses Gesetz ertönt in seinem Gewissen.

1714 Der in seiner Natur durch die Erbsünde verwundete Mensch ist dem Irrtum unterworfen und in der Ausübung seiner Freiheit zum Bösen geneigt.

1715 Wer an Christus glaubt, hat das neue Leben im Heiligen Geist. Das in der Gnade gewachsene und gereifte sittliche Leben soll sich in der Herrlichkeit des Himmels vollenden.






ARTIKEL 2 UNSERE BERUFUNG ZUR SELIGKEIT



I Die Seligpreisungen

1716 Die Seligpreisungen stehen im Herzen der Predigt Jesu. Sie nehmen die Verheißungen wieder auf, die dem auserwählten Volk seit Abraham gemacht wurden. Die Seligpreisungen vollenden die Verheißungen, indem sie diese nicht mehr bloß auf den Besitz eines Landes, sondern auf das Himmelreich ausrichten (Vgl. dazu auch CEC 2546):

Selig, die arm sind im Geiste; denn ihnen gehört das Himmelreich.

Selig die Trauernden; denn sie werden getröstet werden.

Selig, die Sanftmütigen; denn sie werden das Land erben.

Selig, die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit; denn sie werden satt werden.

Selig die Barmherzigen; denn sie werden Erbarmen finden.

Selig, die ein reines Herz haben; denn sie werden Gott schauen.

Selig, die Frieden stiften; denn sie werden Söhne Gottes genannt werden.

Selig, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden; denn ihnen gehört das Himmelreich.

Selig seid ihr, wenn ihr um meinetwillen beschimpft und verfolgt und auf alle mögliche Weise verleumdet werdet.

Freut euch und jubelt: Euer Lohn im Himmel wird groß sein.

(Mt 5,3-12)

1717 Die Seligpreisungen spiegeln das Antlitz Jesu Christi und seine Liebe. Sie zeigen die Berufung der Gläubigen, in die Herrlichkeit seines Leidens und seiner Auferstehung mit hineingenommen zu werden; sie heben die Taten und Haltungen hervor, die das christliche Leben kennzeichnen; sie sind überraschende Verheißungen, die in Bedrängnissen die Hoffnung stärken; sie künden die Segnungen und Belohnungen an, welche die Jünger insgeheim schon besitzen; im Leben der Jungfrau Maria und aller Heiligen sind sie schon eröffnet (Vgl. dazu auch CEC 459 CEC 1820).





II Die Sehnsucht nach Glück

1718 Die Seligpreisungen entsprechen dem natürlichen Verlangen nach Glück. Dieses Verlangen geht auf Gott zurück. Er hat es in das Herz des Menschen gelegt, um ihn an sich zu ziehen, denn Gott allein vermag es zu erfüllen (Vgl. dazu auch CEC 27 CEC 1024):

"Gewiß wollen wir alle glücklich leben, und im Menschengeschlecht gibt es niemand, der diesem Satz nicht zustimmt, noch bevor er voll ausgesprochen ist" (Augustinus, mor. eccl. 1,3,4).

"Auf welche Weise soll ich dich suchen, Herr? Denn wenn ich dich, meinen Gott, suche, suche ich das glückselige Leben. Ich will dich suchen, auf daß meine Seele lebe. Denn mein Leib lebt durch meine Seele, und meine Seele lebt durch dich" (Augustinus, Conf. 10,29) (Vgl. dazu auch CEC 2541).

"Gott allein sättigt" (Thomas v. A., symb. 1)

1719 Die Seligpreisungen enthüllen den Sinn des menschlichen Daseins, das letzte Ziel des menschlichen Handelns: die Seligkeit in Gott. Gott richtet diese Berufung an jeden Menschen persönlich, aber auch an die ganze Kirche, an das neue Volk derer, welche die Verheißung empfangen haben und im Glauben aus ihr leben (Vgl. dazu auch CEC 1950).



III Die christliche Glückseligkeit

1720 Das Neue Testament verwendet mehrere Ausdrücke, um die Glückseligkeit zu bezeichnen, zu der Gott den Menschen beruft: das Kommen des Reiches Gottes (Vgl. Mt 4,17); die Schau Gottes: "Selig, die ein reines Herz haben; denn sie werden Gott schauen" (Mt 5,8) (Vgl. 1Jn 3,2 1Co 13,12); das Eingehen in die Freude des Herrn (Vgl. Mt 25,21 Mt 25,23) und das Eintreten in die Ruhe Gottes (Vgl. He 4,7-11) (Vgl. dazu auch CEC 1027).

"Da werden wir feiern und schauen, schauen und lieben, lieben und preisen. Ja, so wird es am Ende endlos sein. Denn was für ein Ziel haben wir, wenn nicht das, zum Reich zu gelangen, das kein Ende haben wird?" (Augustinus, ).

1721 Gott hat uns ins Dasein gerufen, damit wir ihn erkennen, ihm dienen, ihn lieben und so ins Paradies gelangen. Die Seligkeit gibt uns Anteil "an der göttlichen Natur" (2P 1,4) und am ewigen Leben (Vgl. Jn 17,3). Mit ihr tritt der Mensch in die Herrlichkeit Christi ein (Vgl. Rm 8,18) und in die Wonne des dreifaltigen Lebens (Vgl. dazu auch CEC 260).

1722 Solche Seligkeit übersteigt den Verstand und die Kräfte des Menschen. Sie wird durch die Gnade Gottes geschenkt. Darum nennt man sie übernatürlich, wie die Gnade, die den Menschen auf den Eintritt in die Freude Gottes vorbereitet (Vgl. dazu auch CEC 1028).

",Selig, die ein reines Herz haben; denn sie werden Gott schauen.' In seiner Größe und unaussprechlichen Herrlichkeit wird zwar ,niemand Gott schauen und leben', denn unfaßbar ist der Vater. In seiner Liebe, Menschenfreundlichkeit und Allmacht aber geht er so weit, daß er denen, die ihn lieben, das Vorrecht gewährt, Gott zu schauen ... ,Denn was den Menschen unmöglich ist, ist Gott möglich'" (Irenäus, haer. 4,20,5)(Vgl. dazu auch CEC 294).

1723 Die verheißene Seligkeit stellt uns vor wichtige sittliche Entscheidungen. Sie lädt uns ein, unser Herz von bösen Trieben zu läutern und danach zu streben, Gott über alles zu lieben. Sie lehrt uns: Das wahre Glück liegt nicht in Reichtum und Wohlstand, nicht in Ruhm und Macht, auch nicht in einem menschlichen Werk - mag dieses auch noch so wertvoll sein wie etwa die Wissenschaften, die Technik und die Kunst - und auch in keinem Geschöpf, sondern einzig in Gott, dem Quell alles Guten und aller Liebe (Vgl. dazu auch CEC 2519 CEC 227).

"Vor dem Reichtum beugen alle die Knie; ihm huldigt die Menge, die ganze Masse der Menschen instinktiv. Sie bemessen das Glück nach dem Vermögen, und nach dem Vermögen bemessen sie auch das Ansehen ... All das kommt aus der Überzeugung, daß man mit dem Reichtum alles könne. Reichtum ist eines der heutigen Idole, und die Bekanntheit ein anderes ... Die allgemeine Bekanntheit, die Tatsache, daß man bekannt ist und in der Welt Aufsehen erregt (was man ein Presserenommee nennen könnte), ist nun zu etwas in sich Gutem geworden, zu einem höchsten Gut, zu einem Gegenstand wahrer Verehrung" (J. H. Newman, mix. 5: Über die Heiligkeit).

1724 Der Dekalog, die Bergpredigt und die Lehre der Apostel weisen uns den Weg, der zum Reich des Himmels führt. Wir gehen diesen Weg Schritt für Schritt in den alltäglichen Verrichtungen, gestützt durch die Gnade des Heiligen Geistes. Durch das Wirken des Wortes Christi tragen wir in der Kirche allmählich Früchte zur Ehre Gottes (Vgl. das Gleichnis vom Sämann: Mt 13,3-23).



KURZTEXTE



1725 Die Seligpreisungen übernehmen und erfüllen, was Gott seit Abraham verheißen hat, indem sie die Verheißungen auf das Himmelreich ausrichten. Sie entsprechen dem Verlangen nach Glück, das Gott in das Herz des Menschen gelegt hat.

1726 Die Seligpreisungen weisen uns das letzte Ziel, zu dem Gott uns beruft: das Himmelreich, die Schau Gottes, die Teilhabe an der göttlichen Natur, das ewige Leben, die Gotteskindschaft und die Ruhe in Gott.

1727 Die Seligkeit des ewigen Lebens ist ein Geschenk der Gnade Gottes; sie ist übernatürlich wie die Gnade, die zu ihr führt.

1728 Die Seligpreisungen stellen uns vor wichtige Entscheidungen bezüglich der irdischen Güter. Sie läutern unser Herz und lehren uns, Gott über alles zu lieben.

1729 Die himmlische Seligkeit setzt die Maßstäbe für einen dem Gesetz Gottes entsprechenden Gebrauch der irdischen Güter.






ARTIKEL 3 DIE FREIHEIT DES MENSCHEN



1730 Gott hat den Menschen als vernunftbegabtes Wesen erschaffen und ihm die Würde einer Person verliehen, die aus eigenem Antrieb handelt und über ihre Handlungen Herr ist. "Gott wollte nämlich den Menschen ,der Macht der eigenen Entscheidung überlassen' (Si 15,14), so daß er von sich aus seinen Schöpfer suche und frei zur vollen und seligen Vollendung gelange, indem er ihm anhängt" (GS 17) (Vgl. dazu auch CEC 30).

"Der Mensch ist vernünftig und dadurch das Ebenbild Gottes, geschaffen in Freiheit und Herr seines Tuns" (Irenäus, haer. 4,4,3).



I Freiheit und Verantwortung

1731 Die Freiheit ist die in Verstand und Willen verwurzelte Fähigkeit, zu handeln oder nicht zu handeln, dieses oder jenes zu tun und so von sich aus bewußte Handlungen zu setzen. Durch den freien Willen kann jeder über sich selbst bestimmen. Durch seine Freiheit soll der Mensch in Wahrheit und Güte wachsen und reifen. Die Freiheit erreicht dann ihre Vollendung, wenn sie auf Gott, unsere Seligkeit, ausgerichtet ist (Vgl. dazu auch CEC 1721).

1732 Solange sich die Freiheit nicht endgültig an Gott, ihr höchstes Gut, gebunden hat, liegt in ihr die Möglichkeit, zwischen Gut und Böse zu wählen, also entweder an Vollkommenheit zu wachsen oder zu versagen und zu sündigen. Die Freiheit kennzeichnet die im eigentlichen Sinn menschlichen Handlungen. Sie zieht Lob oder Tadel, Verdienst oder Schuld nach sich (Vgl. dazu auch CEC 396 CEC 1849 CEC 2006).

1733 Je mehr man das Gute tut, desto freier wird man. Wahre Freiheit gibt es nur im Dienst des Guten und der Gerechtigkeit. Die Entscheidung zum Ungehorsam und zum Bösen ist ein Mißbrauch der Freiheit und macht zum Sklaven der Sünde (Vgl. Rm 6,17) (Vgl. dazu auch CEC 1803).

1734 Aufgrund seiner Freiheit ist der Mensch für seine Taten soweit verantwortlich, als sie willentlich sind. Fortschritt in der Tugend, Erkenntnis des Guten und Askese stärken die Herrschaft des Willens über das Tun (Vgl. dazu auch CEC 1036 CEC 1804).

1735 Die Anrechenbarkeit einer Tat und die Verantwortung für sie können durch Unkenntnis, Unachtsamkeit, Gewalt, Furcht, Gewohnheiten, übermäßige Affekte sowie weitere psychische oder gesellschaftliche Faktoren vermindert, ja sogar aufgehoben sein (Vgl. dazu auch CEC 597).

1736 Jede direkt gewollte Tat ist dem Handelnden anzurechnen.

So richtet der Herr an Eva nach dem Sündenfall im Garten die Frage: "Was hast du da getan?" (
Gn 3,13). Die gleiche Frage stellt er Kain (Vgl. Gn 4,10). Der Prophet Natan stellt sie dem König David nach dem Ehebruch mit der Frau des Urija und dessen Ermordung (Vgl. 2S 12,7-15) (Vgl. dazu auch CEC 2568).

Eine Handlung kann indirekt willentlich sein, und zwar dann, wenn sie infolge einer Fahrlässigkeit in bezug auf etwas geschieht, das man hätte wissen oder tun müssen. Ein Beispiel dafür ist ein Unfall aus Unkenntnis der Verkehrsregeln.

1737 Eine Wirkung, die vom Handelnden nicht gewollt ist, kann in Kauf genommen werden, wie etwa eine Mutter übermäßige Erschöpfung in Kauf nimmt, um ihr krankes Kind zu pflegen. Die schlechte Wirkung ist nicht anrechenbar, wenn sie weder als Zweck noch als Mittel gewollt war, so z. B. der eigene Tod, den jemand erleidet, weil er einem Menschen, der in Gefahr ist, zuhilfe kommt. Anrechenbar ist aber die schlechte Wirkung dann, wenn sie vorauszusehen war und der Handelnde sie hätte vermeiden können, wie etwa die Tötung eines Menschen durch einen betrunkenen Fahrzeuglenker (Vgl. dazu auch CEC 2263).

1738 Freiheit wird in zwischenmenschlichen Beziehungen ausgeübt. Jeder Mensch hat das natürliche Recht, als ein freies, verantwortliches Wesen anerkannt zu werden, weil er nach dem Bilde Gottes geschaffen ist. Alle Menschen sind einander diese Achtung schuldig. Das Recht, die Freiheit auszuüben, ist untrennbar mit der Würde des Menschen verbunden, besonders in sittlichen und religiösen Belangen (Vgl. DH 2). Dieses Recht muß durch die staatliche Gesetzgebung anerkannt und innerhalb der Grenzen des Gemeinwohls und der öffentlichen Ordnung geschützt werden (Vgl. DH 7) (Vgl. dazu auch CEC 2106 CEC 2108).





II Die menschliche Freiheit in der Heilsökonomie

1739 Freiheit und Sünde. Die Freiheit des Menschen ist begrenzt und fehlbar. Der Mensch hat sich tatsächlich verfehlt. Er hat freiwillig gesündigt. Indem er den liebevollen Plan Gottes zurückwies, täuschte er sich selbst; er wurde zum Sklaven der Sünde. Diese erste Entfremdung zog viele andere nach sich. Die Geschichte der Menschheit zeugt von Anfang an von schlimmen Geschehnissen und Unterdrückungen, die infolge eines Mißbrauchs der Freiheit aus dem Herzen des Menschen hervorgingen (Vgl. dazu auch CEC 387 CEC 401).

1740 Bedrohungen der Freiheit. Die Freiheit gibt uns nicht das Recht, alles zu sagen und alles zu tun. Es ist falsch zu behaupten, daß der Mensch, das Subjekt der Freiheit ist, das "sich selbst genügt und als Ziel die Befriedigung seines eigenen Interesses im Genuß der irdischen Güter hat" (CDF, Instr. "Libertatis conscientia" 13). Die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen, politischen und kulturellen Voraussetzungen zu einer gerechten Ausübung der Freiheit werden allzu oft verkannt oder verletzt. Solche Verblendung und Ungerechtigkeit belasten das sittliche Leben und bringen Starke und Schwache in Versuchung, gegen die Liebe zu sündigen. Wenn sich der Mensch vom sittlichen Gesetz entfernt, beeinträchtigt er seine Freiheit, kettet sich an sich selbst, zerreißt die Bande der Brüderlichkeit und lehnt sich gegen die göttliche Wahrheit auf (Vgl. dazu auch CEC 2108 CEC 1887).

1741 Befreiung und Heil. Durch sein glorreiches Kreuz hat Christus allen Menschen das Heil erworben. Er hat sie von der Sünde befreit, die sie gefangen hielt. "Zur Freiheit hat uns Christus befreit" (Ga 5,1). In ihm haben wir teil an der "Wahrheit", die frei macht (Jn 8,32). Uns wurde der Heilige Geist geschenkt, und "wo der Geist des Herrn wirkt, da ist Freiheit" (2Co 3,17), lehrt der hl. Paulus. Schon jetzt rühmen wir uns der "Freiheit und Herrlichkeit der Kinder Gottes" (Rm 8,21) (Vgl. dazu auch CEC 872).

1742 Freiheit und Gnade. Die Gnade Christi beeinträchtigt unsere Freiheit keineswegs, falls diese dem Sinn für das Wahre und Gute entspricht, den Gott in das Herz des Menschen gelegt hat. Die christliche Erfahrung bezeugt vor allem im Gebet das Gegenteil: Unsere innere Freiheit und unsere Standhaftigkeit in Prüfungen sowie gegenüber dem Druck und den Zwängen der äußeren Welt nehmen in dem Maß zu, in dem wir den Anregungen der Gnade folgen. Durch das Wirken der Gnade erzieht uns der Heilige Geist zur geistigen Freiheit, um uns zu freien Mitarbeitern seines Werkes in Kirche und Welt zu machen (Vgl. dazu auch CEC 2002 CEC 1784).

"Allmächtiger und barmherziger Gott, ... Halte von uns fern, was uns gefährdet, und nimm weg, was uns an Seele und Leib bedrückt, damit wir freien Herzens deinen Willen tun" (MR, Tagesgebet vom 32. Sonntag).



KURZTEXTE



1743 Gott hat den Menschen der Macht der eigenen Entscheidung überlassen (Si 15 Si 14), damit er seinem Schöpfer in Freiheit anhängen und so zur seligen Vollendung gelangen kann (Vgl. GS 17,1).

1744 Die Freiheit ist die Macht zu handeln oder nicht zu handeln und selbständig willentliche Handlungen zu setzen. Die Ausübung der Freiheit ist vollkommen, wenn sie auf Gott, das höchste Gut, ausgerichtet ist.

1745 Die Freiheit kennzeichnet die eigentlich menschlichen Handlungen. Sie macht den Menschen für willentlich gesetzte Taten verantwortlich. Seine willentlichen Handlungen sind ihm zu eigen.

1746 Unkenntnis, Gewalt, Furcht und weitere psychische oder gesellschaftliche Umstände können die Anrechenbarkeit einer Tat und die Verantwortung für sie vermindern oder aufheben.

1747 Das Recht, seine Freiheit auszuüben, ist eine von der Menschenwürde untrennbare Forderung, besonders in religiösen und sittlichen Belangen. Mit der Ausübung der Freiheit ist aber nicht das Recht gegeben, alles zu sagen oder alles zu tun.

1748 "Zur Freiheit hat uns Christus befreit" (Ga 5,1).






ARTIKEL 4 DER SITTLICHE CHARAKTER DER MENSCHLICHEN HANDLUNGEN



1749 Die Freiheit macht den Menschen zu einem sittlichen Subjekt. Wenn er bewußt handelt, ist der Mensch sozusagen der Vater seiner Handlungen. Die eigentlich menschlichen, das heißt aufgrund eines Gewissensurteils gewählten Handlungen können sittlich bewertet werden. Sie sind entweder gut oder böse (Vgl. dazu auch CEC 1732).



I Die Quellen der Sittlichkeit

1750 Der sittliche Charakter der menschlichen Handlungen hängt ab

- vom gewählten Objekt;

- vom angestrebten Ziel oder von der Absicht;

- von den Umständen der Handlung.

Das Objekt, die Absicht und die Umstände bilden die Quellen oder wesentlichen Elemente der Sittlichkeit menschlicher Handlungen.

1751 Das gewählte Objekt ist ein Gut, auf das sich der Wille bewußt richtet. Es ist der "Stoff" einer menschlichen Handlung. Das gewählte Objekt bestimmt den sittlichen Charakter des Willensaktes, je nachdem, ob es gemäß dem Urteil der Vernunft dem wahren Gut entspricht oder nicht. Die objektiven Regeln der Sittlichkeit drücken die vernunftgemäße Ordnung des Guten und des Bösen aus, die durch das Gewissen bezeugt wird (Vgl. dazu auch CEC 1794).

1752 Im Unterschied zum Objekt steht die Absicht auf der Seite des handelnden Subjekts. Weil die Absicht in der Freiheit wurzelt und die Handlung auf ihr Ziel festlegt, ist sie ein Element, das den sittlichen Charakter einer Handlung wesentlich bestimmt. Das Ziel ist das, worauf sich die Absicht in erster Linie richtet. Es bezeichnet den im Handeln angestrebten Zweck. Die Absicht ist eine auf das Ziel gerichtete Willensbewegung; sie bestimmt, worauf sich das Handeln richtet. Sie richtet den Blick auf das Gut, das von der betreffenden Handlung erwartet wird. Sie beschränkt sich nicht auf die Ausrichtung einzelner Taten, sondern kann eine Vielfalt von Handlungen auf ein und dasselbe Ziel hinordnen; sie kann das ganze Leben auf das letzte Ziel ausrichten. Zum Beispiel hat ein Dienst, den man erweist, das Ziel, dem Mitmenschen zu helfen; er kann aber gleichzeitig von der Liebe zu Gott als dem letzten Ziel all unserer Handlungen beseelt sein. Ein und dieselbe Handlung kann auch von mehreren Absichten getragen sein, etwa, wenn man einen Dienst erweist, um eine Gunst zu erlangen oder um sich damit zu brüsten (Vgl. dazu auch CEC 2520 CEC 1731).

1753 Eine gute Absicht (z. B. die, dem Nächsten zu helfen) macht ein an sich falsches Verhalten (wie Lüge oder Verleumdung) nicht zu etwas Gutem oder Richtigem. Der Zweck rechtfertigt die Mittel nicht. Darum kann man etwa die Verurteilung eines Unschuldigen nicht als ein legitimes Mittel zur Rettung des Volkes rechtfertigen. Hingegen wird eine an sich gute Handlung (z. B. Almosengeben) (Vgl. Mt 6,2-4) zu etwas Schlechtem, wenn eine schlechte Absicht (z. B. Eitelkeit) hinzukommt (Vgl. dazu auch CEC 2479 CEC 596).

1754 Die Umstände, einschließlich der Folgen, sind zweitrangige Elemente einer sittlichen Handlung. Sie tragen dazu bei, die sittliche Güte oder Schlechtigkeit menschlicher Handlungen zu steigern oder abzuschwächen (ein solcher Umstand ist z. B. die Höhe des Betrages eines Diebstahls). Sie können auch die Verantwortung des Handelnden vermindern oder vermehren (z. B. Handeln aus Todesangst). Die Umstände können an sich die sittliche Beschaffenheit der Handlungen selbst nicht ändern; sie können eine in sich schlechte Handlung nicht zu etwas Gutem und Gerechtem machen (Vgl. dazu auch CEC 1735).




Katechismus KK 1997 1684