Katechismus KK 1997 1913

III Verantwortung und Mitarbeit

1913 Die Mitarbeit ist der freiwillige und großmütige Einsatz der Person im gesellschaftlichen Austausch. Ihrem Platz und ihrer Rolle entsprechend, sollen alle an der Förderung des Gemeinwohls mitwirken. Diese Pflicht ist mit der Würde der menschlichen Person untrennbar verbunden.

1914 Diese Mitarbeit besteht zunächst darin, daß der Mensch sich in Bereichen einsetzt, für die er die persönliche Verantwortung übernimmt. Indem der Mensch für die Erziehung seiner Familie sorgt und gewissenhaft arbeitet, trägt er zum Wohl anderer und dem der Gesellschaft bei (Vgl. CA 43) (Vgl. dazu auch CEC 1734).

1915 Die Bürger sollen soweit wie möglich am öffentlichen Leben aktiv teilnehmen. Die Art und Weise dieser Teilnahme kann von Land zu Land, von Kultur zu Kultur verschieden sein. "Lobenswert ist aber die Handlungsweise jener Nationen, in denen ein möglichst großer Teil der Bürger in wahrer Freiheit am Gemeinwesen beteiligt wird" (GS 31,3) (Vgl. dazu auch CEC 2239).

1916 Die Mitarbeit aller an der Förderung des Gemeinwohls verlangt, wie jede ethische Verpflichtung, eine stets erneuerte Bekehrung der Mitglieder der Gesellschaft. Listige Betrügereien, durch die sich manche den Bestimmungen des Gesetzes und den sozialen Pflichten entziehen, sind entschieden zu verurteilen. Sie lassen sich mit den Forderungen der Gerechtigkeit nicht vereinbaren. Institutionen, die die menschlichen Lebensverhältnisse verbessern, sind zu fördern (Vgl. ) (Vgl. dazu auch CEC 1888 CEC 2409).

1917 Wer Autorität auszuüben hat, muß die Werte sichern, die bei den Mitgliedern der Gruppe Vertrauen schaffen und sie anspornen, sich in den Dienst ihrer Mitmenschen zu stellen. Die Mitwirkung beginnt mit der Erziehung und Bildung. "Mit Recht dürfen wir annehmen, daß das künftige Schicksal der Menschheit in den Händen jener ruht, die imstande sind, den kommenden Generationen einen Sinn des Lebens und Grund zur Hoffnung zu vermitteln" (GS 31,3) (Vgl. dazu auch CEC 1818).



KURZTEXTE



1918 "Es gibt keine staatliche Gewalt, die nicht von Gott stammt; jede ist von Gott eingesetzt (Rm 13 Rm 1).

1919 Jede menschliche Gemeinschaft bedarf einer Autorität, um sich erhalten und entwickeln zu können.

1920 "Die politische Gemeinschaft und die öffentliche Autorität sind in der menschlichen Natur begründet und gehören zu der von Gott vorgebildeten Ordnung" (GS 74,3).

1921 Die Autorität wird rechtmäßig ausgeübt, wenn sie darauf bedacht ist, das Gemeinwohl der Gesellschaft zu fordern. Um das zu erreichen, soll sie sittlich annehmbare Mittel anwenden.

l922 Die verschiedenen Regierungsformen sind rechtmäßig, sofern sie zum Wohl der Gemeinschaft beitragen.

1923 Die politische Autorität muß sich innerhalb der Grenzen der sittlichen Ordnung entfalten und die Voraussetzungen zur Ausübung der Freiheit gewährleisten.

1924 Das Gemeinwohl ist "die Gesamtheit jener Bedingungen des gesellschaftlichen Lebens, die sowohl den Gruppen als auch den einzelnen Gliedern ermöglichen, die eigene Vollendung voller und leichter zu erreichen" (GS 26,1).

1925 Zum Gemeinwohl gehören drei wesentliche Elemente: die Achtung und Förderung der Grundrechte der Person; das Gedeihen oder die Entfaltung der geistigen und der zeitlichen Güter der Gesellschaft; der Friede und die Sicherheit der Gruppe und ihrer Glieder.

1926 Zur Würde des Menschen gehört es, das Gemeinwohl anzustreben. Jeder soll darauf bedacht sein, Institutionen anzuregen und zu fördern, welche die menschlichen Lebensbedingungen verbessern.

1927 Der Staat hat die Aufgabe, das Gemeinwohl der Gesellschaft zu verteidigen und zu fördern. Das Gemeinwohl der gesamten Menschheitsfamilie erfordert eine Organisation der internationalen Gesellschaft.






ARTIKEL 11 DIE SOZIALE GERECHTIGKEIT



1928 Die Gesellschaft gewährleistet die soziale Gerechtigkeit, wenn sie dafür sorgt, daß die Verbände und die einzelnen Menschen das erhalten können, was ihnen ihrer Natur und Berufung nach zusteht. Die soziale Gerechtigkeit hängt mit dem Gemeinwohl und der Ausübung der Autorität zusammen (Vgl. dazu auch CEC 2832).



I Die Achtung der menschlichen Person

1929 Die soziale Gerechtigkeit läßt sich nur dann ereichen, wenn die überragende Würde des Menschen geachtet wird. Die Person ist das letzte Ziel der Gesellschaft; die Gesellschaft ist auf die Person hingeordnet (Vgl. dazu auch CEC 1881).

Auf dem Spiel steht "die Würde der menschlichen Person, deren Verteidigung und Förderung uns vom Schöpfer anvertraut ist und deren verantwortliche Schuldner im strengen Sinn alle Männer und Frauen in jeder Lage der Geschichte sind" (SRS 47).

1930 Zur Achtung der menschlichen Person gehört auch die Achtung der Rechte, die sich aus ihrer Würde als Geschöpf ergeben. Diese Rechte leiten sich nicht von der Gesellschaft ab und sind von ihr anzuerkennen. Sie bilden die Grundlage für die sittliche Berechtigung jeder Autorität. Eine Gesellschaft, die diese Rechte mit Füßen tritt oder sich weigert, sie in ihrer positiven Gesetzgebung anzuerkennen, untergräbt ihre eigene sittliche Rechtmäßigkeit (Vgl. PT 65). Wenn eine Autorität die Person nicht achtet, kann sie sich nur auf Macht oder Gewalt stützen, um ihre Untergebenen zum Gehorsam zu bringen. Die Kirche muß die Menschen guten Willens an diese Rechte erinnern und diese von mißbräuchlichen oder falschen Forderungen unterscheiden (Vgl. dazu auch CEC 1700 CEC 1902).

1931 Um die menschliche Person zu achten, muß man sich an den Grundsatz halten, daß "alle ihren Nächsten ohne Ausnahme als ein anderes Ich ansehen müssen, indem sie vor allem auf sein Leben und die notwendigen Mittel, um es würdig zu führen, bedacht sind" (GS 27,1). Keiner Gesetzgebung wird es von sich aus gelingen, die Ängste und Vorurteile, die überheblichen und egoistischen Haltungen zu beseitigen, die das Entstehen wahrhaft brüderlicher Gesellschaften behindern. Solche Verhaltensweisen werden nur durch die christliche Liebe überwunden, die in jedem Menschen einen "Nächsten", einen Bruder oder eine Schwester erblickt (Vgl. dazu auch CEC 2212 CEC 1825).

1932 Je größer die Hilflosigkeit eines Menschen in irgendeinem Lebensbereich ist, desto dringender ist die Pflicht, sich ihm durch tätigen Beistand als Nächster zu erweisen. "Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan" (Mt 25,40) (Vgl. dazu auch CEC 2449).

1933 Diese Pflicht bezieht sich auch auf jene, die anders denken oder handeln als wir. Die Lehre Christi verlangt sogar, Schuld zu verzeihen. Sie dehnt das Gebot der Liebe, das Gebot des neuen Gesetzes, auf alle Feinde aus (Vgl. Mt 5,43-44). Die Befreiung im Geist des Evangeliums ist unvereinbar mit dem Haß des Feindes als Person, nicht aber mit dem Haß auf das Böse, das er als Feind verübt (Vgl. dazu auch CEC 2303).



II Gleichheit und Verschiedenheit der Menschen

1934 Weil alle Menschen nach dem Bilde des einzigen Gottes geschaffen und mit der gleichen vernunftbegabten Seele ausgestattet sind, haben sie die gleiche Natur und den gleichen Ursprung. Da sie durch das Opfer Christi erlöst wurden, sind alle berufen, an der gleichen göttlichen Seligkeit teilzuhaben. Alle Menschen erfreuen sich somit der gleichen Würde (Vgl. dazu auch CEC 225).

1935 Die Gleichheit unter den Menschen bezieht sich wesentlich auf deren Würde als Person und auf die Rechte, die sich daraus ergeben (Vgl. dazu auch CEC 357).

"Jede Form einer Diskriminierung in den gesellschaftlichen und kulturellen Grundrechten der Person, sei es wegen des Geschlechts oder der Rasse, der Farbe, der gesellschaftlichen Stellung, der Sprache oder der Religion, muß überwunden und beseitigt werden, da sie dem Plan Gottes widerspricht" (GS 29,2).

1936 Der Mensch verfügt zu Beginn seines irdischen Daseins noch nicht über alles, was er zur Entwicklung seines leiblichen und geistigen Lebens benötigt. Er bedarf der anderen Menschen. Es treten Unterschiede zutage, die mit dem Alter, den körperlichen Fähigkeiten, den geistigen und sittlichen Anlagen, den im Umgang mit anderen gewonnenen Vorteilen oder mit der Verteilung der Reichtümer zusammenhängen (Vgl. GS 29,2). Die "Talente" sind nicht gleich verteilt (Vgl. Mt 25,14-30 Lc 19,11-27) (Vgl. dazu auch CEC 1879).

1937 Diese Unterschiede entsprechen dem Plane Gottes. Gott will, daß jeder Mensch vom anderen erhält, was er benötigt. Wer über besondere "Talente" verfügt, soll sie zum Vorteil derer anwenden, die ihrer bedürfen. Die Unterschiede ermutigen und verpflichten die Menschen oft zu Großmut, Wohlwollen und zum Teilen; sie regen die Kulturen an, einander zu bereichern (Vgl. dazu auch CEC 340 CEC 791 CEC 1202).

"Ich habe die Tugenden verschieden verteilt, indem ich nicht sämtliche einem Einzelnen verlieh, vielmehr dem einen diese, dem andern jene ... Dem einen schenke ich vor allem die Liebe, einem anderen die Gerechtigkeit oder die Demut, diesem lebendigen Glauben ... Die zum menschlichen Leben notwendigen Dinge habe ich so unterschiedlich verteilt und nicht jedem alle gegeben, damit ihr gezwungen seid, euch gegenseitig Liebe zu erweisen ... Ich wollte, daß der eine auf den andern angewiesen sei, und alle als meine Diener die von mir empfangenen Gnaden und Geschenke mit anderen teilen" (Katharina v. Siena, dial. 1,7).

1938 Es gibt auch ungerechte Unterschiede, die Millionen von Männern und Frauen betreffen. Sie stehen in offenem Widerspruch zum Evangelium (Vgl. dazu auch CEC 2437).

Die gleiche Würde der Personen fordert, "daß man zu humaneren und gerechten Lebensbedingungen gelangt. Allzu große wirtschaftliche und gesellschaftliche Ungleichheiten zwischen den Gliedern oder Völkern der einen menschlichen Familie erregen nämlich Ärgernis und widersprechen der sozialen Gerechtigkeit, der Billigkeit, der Würde der menschlichen Person sowie dem gesellschaftlichen und internationalen Frieden" (GS 29,3) (Vgl. dazu auch CEC 2317).



III Die menschliche Solidarität

1939 Das Prinzip der Solidarität, die man auch als "Freundschaft" oder "soziale Liebe" bezeichnen kann, ist eine Forderung, die sich aus der menschlichen und christlichen Brüderlichkeit direkt ergibt (Vgl. SRS SRS 38-40 CA 10) (Vgl. dazu auch CEC 2213).

"Ein heute weitverbreiteter Irrtum liegt darin, daß man das Gesetz der Solidarität und Liebe zwischen den Menschen in Vergessenheit geraten läßt, jenes Gesetz, das sowohl durch den gemeinsamen Ursprung und durch die nämliche Vernunftnatur aller Menschen, gleichviel welchen Volkes, vorgeschrieben und auferlegt ist, wie auch durch das Opfer der Erlösung, das Jesus Christus am Altar des Kreuzes seinem himmlischen Vater darbrachte der sündigen Menschheit zum Heil" (Pius XII., Enz. "Summi pontificatus") (Vgl. dazu auch CEC 360).

1940 Die Solidarität zeigt sich in erster Linie in der Güterverteilung und in der Entlohnung der Arbeit. Sie setzt auch den Einsatz für eine gerechtere Gesellschaftsordnung voraus, in der die Spannungen sich besser beseitigen und die Konflikte sich leichter auf dem Verhandlungsweg lösen lassen (Vgl. dazu auch CEC 2402).

1941 Die gesellschaftlich-wirtschaftlichen Probleme lassen sich nur mit Hilfe aller Formen von Solidarität lösen: Solidarität der Armen untereinander, der Reichen mit den Armen, der Arbeiter untereinander, der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer im Unternehmen und Solidarität unter den Nationen und Völkern. Die internationale Solidarität ist eine Forderung der sittlichen Ordnung. Der Weltfriede hängt teilweise von ihr ab (Vgl. dazu auch CEC 2317).

1942 Bei der Tugend der Solidarität geht es nicht nur um materielle Güter. Durch die Verbreitung der geistigen Güter des Glaubens begünstigte die Kirche auch die Entwicklung zeitlicher Güter, der sie oft neue Wege bahnte. So erfüllte sich im Verlauf der Jahrhunderte das Wort des Herrn: "Euch aber muß es zuerst um (Gottes) Reich und um seine Gerechtigkeit gehen; dann wird euch alles andere dazugegeben" (Mt 6,33) (Vgl. dazu auch CEC 1887 CEC 2632).

"Seit zweitausend Jahren lebt und verharrt in der Seele der Kirche dieser Sinn, der die Seelen - bis zum Liebesheroismus der das Land bebauenden Mönche, der Sklavenbefreier, der Krankenheiler, der Boten des Glaubens, der Zivilisation, der Wissenschaft - zu allen Generationen und Völkern gedrängt hat und drängt, um Gesellschaftsverhältnisse zu schaffen, die allen ein menschen- und christenwürdiges Leben ermöglichen" (Pius XII., Ansprache vom 1. Juni 1941).



KURZTEXTE



1943 Die Gesellschaft sichert die soziale Gerechtigkeit, indem sie die Bedingungen schafft, die es den Verbänden und jedem einzelnen ermöglichen, das ihnen Zustehende zu erhalten.

1944 Die Achtung vor der menschlichen Person betrachtet den Mitmenschen als ein "anderes Ich". Sie setzt die Achtung der Grundrechte voraus, die sich aus der Würde der Person ergeben.

1945 Die Gleichheit der Menschen betrifft die Würde der Person und die sich daraus ergebenden Rechte.

1946 Die Unterschiede zwischen den Menschen gehören zum Plane Gottes, der will, daß wir aufeinander angewiesen sind. Sie sollen die christliche Liebe fördern.

1947 Die gleiche Würde aller Menschen verpflichtet zum Bemühen, die krassen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Unterschiede zu vermindern und ungerechte Ungleichheiten zu beseitigen.

1948 Die Solidarität ist eine vorzüglich christliche Tugend. Sie drängt dazu, die materiellen und ganz besonders die geistigen Güter zu teilen.




DRITTES KAPITEL


DAS HEIL GOTTES:

DAS GESETZ UND DIE GNADE



1949 Zur Seligkeit berufen, aber durch die Sünde verwundet, bedarf der Mensch des Heiles Gottes. Die göttliche Hilfe wird ihm in Christus durch das Gesetz, das ihn leitet, und in der Gnade, die ihn stärkt, zuteil.

"Müht euch mit Furcht und Zittern um euer Heil! Denn Gott ist es, der in euch das Wollen und Vollbringen bewirkt, nach seinem Wohlgefallen" (
Ph 2,12-13).



ARTIKEL 12 DAS SITTLICHE GESETZ



1950 Das sittliche Gesetz ist Werk der göttlichen Weisheit. Man kann es im biblischen Sinn als eine väterliche Unterweisung, eine Pädagogik Gottes bezeichnen. Es schreibt dem Menschen die Wege und die Verhaltensregeln vor, die zur verheißenen Seligkeit führen; es verbietet die Wege zum Bösen, die von Gott und seiner Liebe wegführen. Es ist zugleich fest in seinen Geboten und liebenswert in seinen Verheißungen (Vgl. dazu auch CEC 53 CEC 1719).

1951 Das Gesetz ist eine von der zuständigen Autorität im Blick auf das Gemeinwohl angeordnete Verhaltensregel. Das sittliche Gesetz setzt die vernunftgemäße Ordnung unter den Geschöpfen voraus, die durch die Macht, Weisheit und Güte des Schöpfers zu ihrem Wohl und im Blick auf ihr Ziel festgelegt worden ist. Jedes Gesetz hat im ewigen Gesetz seine erste und letzte Wahrheit. Das Gesetz wird von der Vernunft ausgesprochen und festgelegt als eine Teilhabe an der Vorsehung des lebendigen Gottes, des Schöpfers und Erlösers aller. "Diese Anordnung der Vernunft nennt man das Gesetz" (Leo XIII., Enz. "Libertas praestantissimum", Thomas v. A., s. th. I-II 90,1 zitierend) (Vgl. dazu auch CEC 295 CEC 306).

"Unter allen beseelten Wesen kann einzig der Mensch sich rühmen, gewürdigt worden zu sein, von Gott ein Gesetz zu empfangen. Als vernunftbegabtes Lebewesen, das zu verstehen und zu unterscheiden fähig ist, soll er das Verhalten seiner Freiheit und seiner Vernunft entsprechend regeln in Unterordnung unter den, der ihm alles übergeben hat" (Tertullian, Marc. 2,4) (Vgl. dazu auch CEC 301).

1952 Die verschiedenen Ausdrucksformen des moralischen Gesetzes sind alle aufeinander abgestimmt: das ewige Gesetz, der göttliche Ursprung aller Gesetze; das natürliche Sittengesetz; das geoffenbarte Gesetz, das aus dem alten Gesetz und dem neuen Gesetz des Evangeliums besteht; schließlich die staatlichen und kirchlichen Gesetze.

1953 Das sittliche Gesetz findet in Christus seine Fülle und Einheit. Jesus Christus ist in Person der Weg zur Vollkommenheit. Er ist das Ende des Gesetzes, denn er allein lehrt und schenkt die Gerechtigkeit Gottes: "Christus ist das Ende des Gesetzes, und jeder, der an ihn glaubt, wird gerecht" (Rm 10,4) (Vgl. dazu auch CEC 578).





I Das natürliche Sittengesetz

1954 Der Mensch hat an der Weisheit und Güte des Schöpfers teil, der ihm die Herrschaft über seine Taten gibt und ihm die Fähigkeit verleiht, sich selbst im Hinblick auf die Wahrheit und das Gute zu leiten. Das natürliche Gesetz bringt das grundlegende sittliche Wissen zum Ausdruck, das dem Menschen ermöglicht, durch die Vernunft zwischen Gut und Böse, Wahrheit und Lüge zu unterscheiden (Vgl. dazu auch CEC 1776).

Das natürliche Sittengesetz ist "das vornehmste von allen, das in die Herzen der einzelnen Menschen geschrieben und eingemeißelt ist, weil es selbst die menschliche Vernunft ist, die recht zu handeln befiehlt und zu sündigen verbietet. Diese Vorschrift der menschlichen Vernunft kann aber nur dann die Kraft eines Gesetzes haben, wenn sie die Stimme und Auslegerin einer höheren Vernunft ist, der unser Geist und unsere Freiheit unterworfen sein müssen" (Leo XIII., Enz. "Libertas praestantissimum").

1955 "Die Kenntnis des göttlichen und natürlichen Sittengesetzes" (GS 89,1) zeigt dem Menschen den Weg, an den er sich halten muß, um das Gute zu tun und sein Ziel zu erreichen. Das natürliche Sittengesetz drückt die ersten, wesentlichen Gebote aus, die das sittliche Leben regeln. Angelpunkt des Sittengesetzes ist das Verlangen nach Gott und die Unterordnung unter ihn, den Quell und Richter alles Guten, sowie der Sinn für den Mitmenschen als ein ebenbürtiges Wesen. In seinen Hauptgeboten wird es im Dekalog vorgelegt. Dieses Gesetz wird nicht in bezug auf die Natur der vernunftlosen Wesen natürlich genannt, sondern weil die Vernunft, die es verkündet, zur menschlichen Natur gehört (Vgl. dazu auch CEC 1787 CEC 396 CEC 2070).

"Wo sind denn diese Regeln verzeichnet, wenn nicht im Buch des Lichtes, das man die Wahrheit nennt? Darin ist jedes gerechte Gesetz verzeichnet. Von da geht es in das Herz des Menschen über, der der Gerechtigkeit nachkommt - nicht, als ob es in dieses auswanderte, aber es prägt in es seinen Abdruck ein, so wie ein Siegel, das von einem Ring in das Wachs übergeht, aber ohne den Ring zu verlassen" (Augustinus, Trin. 14,15,21).

"Das Gesetz der Natur ist nichts anderes als das von Gott in uns hineingelegte Licht der Vernunft. Durch es erkennen wir, was zu tun und was zu meiden ist. Dieses Licht und dieses Gesetz hat Gott dem Menschen in der Schöpfung gegeben" (Thomas v. A., dec. praec. prol.).

1956 Das sittliche Naturgesetz ist im Herzen jedes Menschen zugegen und durch die Vernunft festgesetzt. Es ist in seinen Vorschriften allgemeingültig, und seine Autorität erstreckt sich auf alle Menschen. Es bringt die Würde der Person zum Ausdruck und bestimmt die Grundlage ihrer Grundrechte und -pflichten (Vgl. dazu auch CEC 2261).

"Es gibt ein wahres Gesetz: das der rechten Vernunft. Es stimmt mit der Natur überein, ist bei allen Menschen vorhanden und besteht unveränderlich und ewig. Seine Gebote fordern zur Pflicht auf; seine Verbote verwehren Verfehlungen ... Es durch ein gegenteiliges Gesetz zu ersetzen, ist ein Sakrileg. Man darf es auch nicht teilweise aufheben, und niemand kann es gänzlich abschaffen" (Cicero, rep. 3, 22, 33).

1957 Die Anwendung des natürlichen Sittengesetzes ist vielfältig; sie kann ein Nachdenken erfordern, das die je nach Ort, Zeit und Umständen vielfach verschiedenen Lebensbedingungen berücksichtigt. Dennoch bleibt in der Mannigfaltigkeit der Kulturen das natürliche Gesetz eine Regel, welche die Menschen untereinander verbindet und ihnen über die unvermeidlichen Unterschiede hinaus gemeinsame Grundsätze auferlegt.

1958 Das natürliche Sittengesetz ist unveränderlich (Vgl. GS 10) und überdauert die geschichtlichen Veränderungen; in der Flut der Vorstellungen und der Sitten bleibt es bestehen und unterstützt ihren Fortschritt. Die Regeln, die es wiedergeben, bleiben dem Wesen nach gültig. Selbst wenn man es einschließlich seiner Grundsätze bestreitet, kann man es weder zerstören noch aus dem Herzen des Menschen reißen. Es taucht im Leben der einzelnen Menschen und der Gesellschaften immer wieder auf.

"Jedermann weiß, daß dein Gesetz, Herr, den Diebstahl verbietet, und ebenso das Gesetz, das in die Herzen der Menschen geschrieben ist und das auch die Ungerechtigkeit nicht auszulöschen vermag" (Augustinus, conf. 2,4,9).

1959 Das natürliche Sittengesetz liefert als sehr gutes Werk des Schöpfers das feste Fundament, auf dem der Mensch das Gebäude der moralischen Regeln aufbauen kann, die seine Entscheidungen leiten sollen. Es ist auch die unerläßliche sittliche Grundlage für den Aufbau der menschlichen Gemeinschaft. Es bietet schließlich den notwendigen Boden für das staatliche Gesetz, das an es gebunden bleibt, sei es durch Schlußfolgerungen aus seinen Grundsätzen, sei es durch Zusätze positiv-rechtlicher Art (Vgl. dazu auch CEC 1879).

1960 Die Gebote des natürlichen Gesetzes werden nicht von allen Menschen klar und unmittelbar wahrgenommen. Damit religiöse und moralische Wahrheiten "von allen ohne Schwierigkeit, mit sicherer Gewißheit und ohne Beimischung eines Irrtums erkannt werden" können (Pius XII., Enz. "Humani generis": DS 3876), sind dem sündigen Menschen in seiner jetzigen Verfaßtheit Gnade und Offenbarung notwendig. Das sittliche Naturgesetz verschafft dem geoffenbarten Gesetz und der Gnade eine Grundlage, die von Gott gelegt und dem Wirken des Heiligen Geistes angemessen ist (Vgl. dazu auch CEC 2071 CEC 37).



II Das alte Gesetz

1961 Gott, unser Schöpfer und Erlöser, hat sich Israel zu seinem Volk erwählt und ihm sein Gesetz geoffenbart. So hat er das Kommen Christi vorbereitet. Das mosaische Gesetz bringt mehrere Wahrheiten zum Ausdruck, die der Vernunft von Natur aus einsichtig sind, jedoch innerhalb des Heilsbundes bekanntgemacht und beglaubigt wurden (Vgl. dazu auch CEC 62).

1962 Das alte Gesetz ist die erste Stufe des geoffenbarten Gesetzes. Seine sittlichen Vorschriften sind in den zehn Geboten zusammengefaßt. Die Gebote des Dekalogs legen die Grundlagen der Berufung des Menschen, der nach dem Bilde Gottes geschaffen ist. Sie untersagen, was gegen die Liebe zu Gott und zum Nächsten verstößt, und schreiben vor, was für sie wesentlich ist. Der Dekalog ist ein Licht für das Gewissen jedes Menschen, um ihn auf den Ruf und die Wege Gottes hinzuweisen und ihn vor dem Bösen zu schützen (Vgl. dazu auch CEC 2058).

"Gott hat auf die Gesetzestafeln das geschrieben, was die Menschen nicht in ihren Herzen lasen" (Augustinus, Psal. 57,1).

1963 Gemäß der christlichen Überlieferung ist das heilige (Vgl. Rm 7,12), geistige (Vgl. Rm 7,14) und gute (Vgl. Rm 7,16) Gesetz noch unvollkommen. Wie ein Lehrmeister (Vgl. Ga 3,4) zeigt es uns, was zu tun ist, gibt aber nicht von sich aus die Kraft, die Gnade des Heiligen Geistes, zu seiner Erfüllung. Weil es die Sünde nicht wegnehmen kann, bleibt es ein Gesetz der Knechtschaft. Dem hl. Paulus zufolge hat es insbesondere die Aufgabe, die Sünde anzuklagen und ans Licht zu bringen, die im Herzen des Menschen ein Gesetz der Begierlichkeit bildet (Vgl. Rm 7). Immerhin bleibt das Gesetz auf dem Weg zum Gottesreich die erste Stufe. Es bereitet das auserwählte Volk und jeden Christen auf die Bekehrung und den Glauben an den rettenden Gott vor. Es bietet eine Lehre, die - wie das Wort Gottes - für immer besteht (Vgl. dazu auch CEC 1610 CEC 2542 CEC 2515).

1964 Das alte Gesetz ist eine Vorbereitung auf das Evangelium. "Das Gesetz war eine Pädagogik und eine Weissagung der zukünftigen Güter" (Irenäus, haer. 4,15,1). Es kündigt das Werk der Befreiung von der Sünde an, das mit Christus vollendet wird; es liefert dem Neuen Testament die Bilder, "Typen", Symbole, um das Leben nach dem Geiste zu veranschaulichen. Das Gesetz wird vervollständigt durch die Lehre der Weisheitsbücher und der Propheten, die es auf den Neuen Bund und das Himmelreich ausrichten (Vgl. dazu auch CEC 122 CEC 128).

"Manche, die in der Zeit des Alten Bundes lebten, hatten die Liebe und die Gnade des Heiligen Geistes und erwarteten hauptsächlich geistige und ewige Verheißungen; und insofern gehörten sie zum neuen Gesetz. - Ebenso sind im Neuen Testament manche fleischliche Menschen noch nicht zur Vollkommenheit des neuen Gesetzes gelangt. Diese mußten auch im Neuen Testament durch Furcht vor Strafen und durch gewisse zeitliche Verheißungen zu den Tugendwerken geführt werden. Wenn das alte Gesetz auch die Gebote der Liebe gab, so wurde durch es doch nicht der Heilige Geist verliehen, durch den ,die Liebe in unsere Herzen ausgegossen ist' (Rm 5,5)" (Thomas v. A., s. th. I-II 107,1, ad 2).



III Das neue Gesetz - das Gesetz des Evangeliums

1965 Das neue Gesetz, das Gesetz des Evangeliums, ist die vollendete irdische Gestalt des natürlichen und geoffenbarten göttlichen Gesetzes. Es ist das Werk Christi und kommt vor allem in der Bergpredigt zum Ausdruck. Es ist auch das Werk des Heiligen Geistes und wird durch ihn zum inneren Gesetz der Liebe: Ich werde "mit dem Haus Israel ... einen neuen Bund schließen ... Ich lege meine Gesetze in ihr Inneres hinein und schreibe sie ihnen in ihr Herz. Ich werde ihr Gott sein, und sie werden mein Volk sein" (He 8,8-10) (Vgl. Jr 31,31-34) (Vgl. dazu auch CEC 459 CEC 581).

1966 Das neue Gesetz ist die Gnade des Heiligen Geistes, die den Gläubigen durch den Glauben an Christus geschenkt wird. Es wirkt durch die Liebe; es lehrt uns mit Hilfe der Bergpredigt des Herrn, was wir zu tun haben, und gibt uns durch die Sakramente die Gnade, dies dann auch wirklich zu tun (Vgl. dazu auch CEC 1999).

"Wer die Predigt, die unser Herr auf dem Berg gehalten hat, wie wir sie im Matthäusevangelium lesen, fromm und mit Scharfsinn überdenken will, wird darin zweifellos das vollkommene Grundgesetz des christlichen Lebens finden ... Diese Predigt enthält alle Gebote, die dazu bestimmt sind, das christliche Leben zu leiten" (Augustinus, serm. Dom. 1,1).

1967 Das Gesetz des Evangeliums "erfüllt" (Vgl. Mt 5,17-19), verfeinert, überragt und vervollkommnet das alte Gesetz. In den Seligpreisungen erfüllt es die göttlichen Verheißungen, indem es sie erhebt und auf das Himmelreich hinordnet. Es wendet sich an jene, die bereit sind, diese neue Hoffnung gläubig anzunehmen: an die Armen, Demütigen, Betrübten, die Menschen reinen Herzens und die um Christi willen Verfolgten. So bahnt es die überraschenden Wege des Reiches Gottes (Vgl. dazu auch CEC 577).

1968 Das Gesetz des Evangeliums erfüllt die Gebote des Gesetzes. Die Bergpredigt schafft die sittlichen Vorschriften des alten Gesetzes keineswegs ab und setzt sie nicht außer Kraft, sondern offenbart die in ihm verborgenen Möglichkeiten und läßt aus ihm neue Forderungen hervorgehen; das neue Gesetz offenbart die ganze göttliche und menschliche Wahrheit des alten Gesetzes. Es fügt ihm nicht neue äußere Vorschriften hinzu, sondern erneuert das Herz, die Wurzel der Handlungen; hier wählt der Mensch zwischen Rein und Unrein (Vgl. Mt 15,18-19) und hier bilden sich der Glaube, die Hoffnung und die Liebe und mit ihnen die anderen Tugenden. So bringt das Evangelium das Gesetz zur Vollendung, indem es fordert, vollkommen zu sein wie der himmlische Vater (Vgl. Mt 5,48) und der göttlichen Großmut entsprechend den Feinden zu vergeben und für die Verfolger zu beten (Vgl. Mt 5,44) (Vgl. dazu auch CEC 129 CEC 582).

1969 Das neue Gesetz vollbringt die Akte der Gottesverehrung - wie Almosengeben, Beten und Fasten -, aber im Blick "auf den Vater, der im Verborgenen sieht", statt im Verlangen, dabei "von den Menschen gesehen zu werden" (Vgl. Mt 6,1-6 Mt 16-18). Das Gebet des neuen Gesetzes ist das Vaterunser (Vgl. Mt 6,9-13) (Vgl. dazu auch CEC 1434 CEC 2095).

1970 Das Gesetz des Evangeliums bringt die entscheidende Wahl zwischen den "zwei Wegen" (Vgl. Mt 7 Mt 13-14) mit sich und verlangt, daß man die Worte des Herrn in die Tat umsetzt (Vgl. Mt 7,21-27). Es ist zusammengefaßt in der goldenen Regel: "Alles, was ihr also von anderen erwartet, das tut auch ihnen! Darin besteht das Gesetz und die Propheten" (Mt 7,12) (Vgl. Lc 6 Lc 31) (Vgl. dazu auch CEC 1696 CEC 1789).

Das ganze Gesetz des Evangeliums besteht im neuen Gebot Jesu (Jn 13,34), einander zu lieben, wie er uns geliebt hat (Vgl. Jn 15,12).

1971 Zur Predigt des Herrn kommen die sittlichen Weisungen der Apostel hinzu (Vgl. etwa Rm 12-15 1Co 12-13 Col 3-4 Ep 4-5). Sie geben die Lehre des Herrn mit der Autorität der Apostel weiter, insbesondere durch die Darlegung der Tugenden, die sich aus dem Glauben an Christus ergeben und die durch die Liebe, die Hauptgabe des Heiligen Geistes, beseelt werden. "Eure Liebe sei ohne Heuchelei ... Seid einander in brüderlicher Liebe zugetan ... Seid fröhlich in der Hoffnung, geduldig in der Bedrängnis, beharrlich im Gebet! Helft den Heiligen, wenn sie in Not sind; gewährt jederzeit Gastfreundschaft!" (Rm 12,9-13). Diese Weisungen lehren uns auch, Gewissensfälle im Licht unserer Beziehung zu Christus und zur Kirche zu behandeln (Vgl. Rm 14 1Co 5-10) (Vgl. dazu auch CEC 1789).

1972 Das neue Gesetz wird Gesetz der Liebe genannt, weil es mehr aus Liebe, die der Heilige Geist eingießt, handeln läßt als aus Furcht. Es heißt auch Gesetz der Gnade, denn es schenkt die Gnade, aus der Kraft des Glaubens und der Sakramente zu handeln. Es wird auch als Gesetz der Freiheit bezeichnet (Vgl. Jak Jc 1,25 Jc 2,12), weil es uns von den rituellen und rechtlichen Vorschriften des alten Gesetzes befreit, uns bereit macht, unter dem Antrieb der Liebe spontan zu handeln, und uns aus dem Stand des Knechtes, "der nicht weiß, was sein Herr tut", in den eines Freundes Christi erhebt - "denn ich habe euch alles mitgeteilt, was ich von meinem Vater gehört habe" (Jn 15,15) - und in den Stand des erbberechtigten Sohnes einsetzt (Vgl. Gal4,1-7.21-31; Rm 8,15) (Vgl. dazu auch CEC 782 CEC 1828).

1973 Das neue Gesetz enthält neben seinen Geboten die evangelischen Räte. Die überlieferte Unterscheidung zwischen den Geboten Gottes und den evangelischen Räten wird in bezug auf die Liebe, die Vollkommenheit des christlichen Lebens, getroffen. Die Gebote sollen aus dem Wege räumen, was sich mit der Liebe nicht vereinbaren läßt. Ziel der Räte ist es, zu beheben, was die Entfaltung der Liebe hemmen kann, auch wenn es nicht gegen sie verstößt (Vgl. Thomas v.A., s. th. II-II 184,3) (Vgl. dazu auch CEC 2053 CEC 915).

1974 Die evangelischen Räte bekunden die lebendige Fülle der Liebe, die immer noch mehr schenken möchte. Sie bezeugen ihre Dynamik und fordern uns zu geistiger Verfügbarkeit auf. Die Vollkommenheit des neuen Gesetzes besteht wesentlich in den Geboten der Liebe zu Gott und zum Nächsten. Die Räte geben direktere Wege und tauglichere Mittel dazu an und sollen je nach der Berufung eines jeden in die Tat umgesetzt werden (Vgl. dazu auch CEC 2013).

Gott "will nicht, daß jeder alle Räte befolge, sondern nur jene, die den jeweils verschiedenen Personen, Zeiten, Anlässen und Kräften angemessen sind, so wie die Liebe es erfordert. Denn sie ist die Königin aller Tugenden, aller Gebote, aller Räte, kurz aller christlichen Gesetze und Taten und gibt ihnen allen Rang und Ordnung, Zeit und Wert" (Franz v. Sales, amour 8,6).





KURZTEXTE

1975 Gemäß der Schrift ist das Gesetz eine väterliche Unterweisung Gottes, die dem Menschen die Wege vorschreibt, die zur verheißenen Seligkeit führen, und die Wege zum Bösen verbietet.

1976 Das Gesetz ist nichts anderes als eine Anordnung der Vernunft im Hinblick auf das Gemeinwohl, öffentlich bekanntgegeben von dem, der die Sorge für die Gemeinschaft innehat (Thomas v A s th I-II 90,4).

1977 Christus ist das Ende des Gesetzes (Vgl. Rm 10,4). Er allein lehrt und gewährt die Gerechtigkeit Gottes.

1978 Das natürliche Sittengesetz ist eine Teilhabe des nach dem Bilde seines Schöpfers geschaffenen Menschen an der Weisheit und Güte Gottes. Es bringt die Würde der menschlichen Person zum Ausdruck und bildet die Grundlage ihrer Grundrechte und -pflichten.

1979 Das natürliche Sittengesetz ist unveränderlich und bleibt die ganze Geschichte hindurch bestehen. Die Regeln, die dieses Gesetz zum Ausdruck bringen, bleiben der Substanz nach gültig. Es ist notwendiges Fundament zum Aufbau der sittlichen Regeln und der staatlichen Gesetzgebung.

1980 Das alte Gesetz ist die erste Stufe des geoffenbarten Gesetzes. Seine sittlichen Vorschriften sind in den zehn Geboten zusammengefaßt.

1981 Das mosaische Gesetz enthält Wahrheiten, die der Vernunft von Natur aus zugänglich sind. Gott hat sie geoffenbart, weil die Menschen sie nicht in ihrem Herzen erkannten.

1982 Das alte Gesetz ist eine Vorbereitung auf das Evangelium.

1983 Das neue Gesetz ist die durch den Glauben an Christus empfangene, in der Liebe wirksame Gnade des Heiligen Geistes. Es findet vor allem in der Bergpredigt des Herrn seinen Ausdruck und teilt uns mit Hilfe der Sakramente die Gnade mit.

1984 Das Gesetz des Evangeliums erfüllt, übersteigt und vervollkommnet das alte Gesetz. Dessen Verheißungen werden durch die Seligpreisungen des Himmelreiches erfüllt, und dessen Gebote durch die Erneuerung des Herzens, dem Ursprung aller Handlungen.

1985 Das neue Gesetz ist ein Gesetz der Liebe, der Gnade und der Freiheit.

1986 Das neue Gesetz enthält neben seinen Geboten die evangelischen Räte. "Die Heiligkeit der Kirche wird in besonderer Weise gefördert durch die vielfachen Räte, deren Beobachtung der Herr im Evangelium seinen Jüngern vorlegt" (LG 42).






Katechismus KK 1997 1913