Katechismus KK 1997 2426

IV Wirtschaftsleben und soziale Gerechtigkeit

2426 Die Entfaltung des Wirtschaftslebens und die Steigerung der Produktion haben den Bedürfnissen der Menschen zu dienen. Das wirtschaftliche Leben ist nicht allein dazu da, die Produktionsgüter zu vervielfachen und den Gewinn oder die Macht zu steigern; es soll in erster Linie im Dienst der Menschen stehen: des ganzen Menschen und der gesamten menschlichen Gemeinschaft. Die wirtschaftliche Tätigkeit ist - gemäß ihren eigenen Methoden - im Rahmen der sittlichen Ordnung und der sozialen Gerechtigkeit so auszuüben, daß sie dem entspricht, was Gott mit dem Menschen vorhat (Vgl. GS 64) (Vgl. dazu auch CEC 1928).

2427 Die menschliche Arbeit ist das unmittelbare Werk der nach dem Bilde Gottes geschaffenen Menschen. Diese sind dazu berufen, miteinander das Schöpfungswerk fortzusetzen, indem sie über die Erde herrschen (Vgl. Gn 1,28 GS 34 CA 31). Die Arbeit ist somit eine Pflicht: "Wer nicht arbeiten will, soll auch nicht essen" (2Th 3,10) (Vgl. 1Th 4,11). Die Arbeit ehrt die Gaben des Schöpfers und die empfangenen Talente. Sie kann auch erlösend sein. Indem der Mensch in Vereinigung mit Jesus, dem Handwerker von Nazaret und dem Gekreuzigten von Golgotha, die Mühen der Arbeit (Vgl. Gn 3,14-19) auf sich nimmt, arbeitet er gewissermaßen mit dem Sohn Gottes an dessen Erlösungswerk mit. Er erweist sich als Jünger Christi, indem er bei der Tätigkeit, die er auszuführen hat, Tag für Tag sein Kreuz auf sich nimmt (Vgl. LE 27). Die Arbeit kann ein Mittel der Heiligung sein und die irdische Wirklichkeit mit dem Geiste Christi durchdringen (Vgl. dazu auch CEC 307 CEC 378 CEC 531).

2428 Bei der Arbeit übt und verwirklicht der Mensch einen Teil seiner natürlichen Fähigkeiten. Der Hauptwert der Arbeit kommt vom Menschen selbst, der sie vollzieht und für den sie bestimmt ist. Die Arbeit ist für den Menschen da, und nicht der Mensch für die Arbeit (Vgl. LE 6) (Vgl. dazu auch CEC 2834 CEC 2185).

Jeder soll aus der Arbeit die Mittel gewinnen können, um für sich und die Seinen zu sorgen und sich für die menschliche Gemeinschaft nützlich zu erweisen.

2429 Jeder hat das Recht auf wirtschaftliche Unternehmung; jeder darf und soll seine Talente nutzen, um zu einem Wohlstand beizutragen, der allen zugute kommt, und um die gerechten Früchte seiner Mühe zu ernten. Er soll darauf bedacht sein, sich dabei an die Regelungen zu halten, die rechtmäßigen Autoritäten zugunsten des Gemeinwohls erlassen haben (Vgl. CA 32 CA 34).

2430 Im Wirtschaftsleben sind verschiedene Interessen im Spiel, die einander oft widersprechen. Daraus ergeben sich die Konflikte, die es kennzeichnen (Vgl. LE 11). Man soll sich bemühen, sie auf dem Weg von Verhandlungen zu lösen, die den Rechten und Pflichten jedes Sozialpartners Rechnung tragen: denen der Unternehmensleiter, denen der Lohnempfänger und ihrer Vertreter, z. B. der Gewerkschaften, und gegebenenfalls denen der staatlichen Behörden.

2431 Die Verantwortung des Staates. "Die Wirtschaft, insbesondere die Marktwirtschaft, kann sich nicht in einem institutionellen, rechtlichen und politischen Leerraum abspielen. Im Gegenteil, sie setzt die Sicherheit der individuellen Freiheit und des Eigentums sowie eine stabile Währung und leistungsfähige öffentliche Dienste voraus. Hauptaufgabe des Staates ist es darum, diese Sicherheit zu garantieren, so daß der, der arbeitet und produziert, die Früchte seiner Arbeit genießen kann und sich angespornt fühlt, seine Arbeit effizient und redlich zu vollbringen ... Eine andere Aufgabe des Staates besteht darin, die Ausübung der Menschenrechte im wirtschaftlichen Bereich zu überwachen und zu leiten. Aber die erste Verantwortung auf diesem Gebiet liegt nicht beim Staat, sondern bei den Einzelnen und bei den verschiedenen Gruppen und Vereinigungen, in denen sich die Gesellschaft artikuliert" (CA 48) (Vgl. dazu auch CEC 1908 CEC 1883).

2432 Die Unternehmensleiter sind gegenüber der Gesellschaft für die wirtschaftlichen und ökologischen (Vgl. CA 37) Folgen ihrer Tätigkeiten verantwortlich. Sie sind verpflichtet, auf das Wohl der Menschen und nicht nur auf die Steigerung der Gewinne Bedacht zu nehmen. Gewinne sind jedoch notwendig. Sie ermöglichen Investitionen, die die Zukunft des Unternehmens und die Arbeitsplätze sichern (Vgl. dazu auch CEC 2415).

2433 Ohne ungerechte Zurücksetzung sollen alle, Männer und Frauen, Gesunde und Behinderte, Einheimische und Fremdarbeiter Zugang zur Arbeit und zum Berufsleben haben (Vgl. LE 19 LE 22-23). Die Gesellschaft soll den Umständen entsprechend den Bürgern helfen, sich Arbeit und Anstellung zu verschaffen (Vgl. CA 48).

2434 Der gerechte Lohn ist die rechtmäßige Frucht der Arbeit. Ihn zu verweigern oder zurückzubehalten ist eine schwere Ungerechtigkeit (Vgl. Lv 19,13 Dt 24,14-15 Jc 5,4) Zur Berechnung des gerechten Entgelts sind sowohl die Bedürfnisse als auch die Leistungen eines jeden zu berücksichtigen. Die Arbeit ist "so zu entlohnen, daß dem Arbeiter die Mittel zu Gebote stehen, um sein und der Seinigen materielles, soziales, kulturelles und spirituelles Dasein angemessen zu gestalten - gemäß der Funktion und Leistungsfähigkeit des Einzelnen, der Lage des Unternehmens und unter Rücksicht auf das Gemeinwohl" (GS 67,2). Das Einverständnis der Parteien allein genügt nicht, um die Höhe des Lohns sittlich zu rechtfertigen (Vgl. dazu auch CEC 1867).

2435 Streik ist sittlich berechtigt, wenn er ein unvermeidliches, ja notwendiges Mittel zu einem angemessenen Nutzen darstellt. Er wird sittlich unannehmbar, wenn er von Gewalttätigkeiten begleitet ist oder wenn man mit ihm Ziele verfolgt, die nicht direkt mit den Arbeitsbedingungen zusammenhängen oder die dem Gemeinwohl widersprechen.

2436 Es ist ungerecht, den Institutionen der Sozialversicherung die von den Zuständigen Autoritäten festgesetzten Beiträge nicht zu entrichten.

Arbeitslosigkeit verletzt fast immer die Würde dessen, den sie trifft, und droht, sein Leben aus dem Gleichgewicht zu bringen. Außer dem Schaden, den er persönlich erleidet, bringt sie auch zahlreiche Gefahren für seine Familie mit sich (Vgl.
LE 18).



V Gerechtigkeit und Solidarität zwischen den Nationen

2437 Auf internationaler Ebene sind die wirtschaftlichen Ressourcen und Mittel so ungleich verteilt, daß zwischen den Nationen ein regelrechter "Graben" aufgerissen wird (SRS 14). Auf der einen Seite stehen jene, die Entwicklungsmöglichkeiten haben und nützen, auf der anderen Seite jene, die sich immer tiefer verschulden (Vgl. dazu auch CEC 1938).

2438 Verschiedene Ursachen religiöser, politischer, wirtschaftlicher und finanzieller Natur verleihen heute der sozialen Frage "ein weltweites Ausmaß" (SRS 9). Zwischen den Nationen, die politisch bereits voneinander abhängen, bedarf es der Solidarität. Sie ist noch unerläßlicher, wenn es darum geht, "entarteten Mechanismen" Einhalt zu gebieten, die die Entwicklung der wirtschaftlich schwachen Länder behindern (Vgl. SRS 17 SRS 45). Mißbräuchliche, wenn nicht gar wucherische Finanzsysteme (Vgl. CA 35), ungerechte Handelsbeziehungen zwischen den Nationen und der Rüstungswettlauf sind durch gemeinsame Anstrengungen zu ersetzen, um die Ressourcen für sittliche, kulturelle und wirtschaftliche Entwicklungsziele einsetzen zu können; dabei wird man "die Prioritäten und die Werteskalen ... neu definieren müssen" (CA 28) (Vgl. dazu auch CEC 1911 CEC 2315).

2439 Die reichen Nationen haben eine große sittliche Verantwortung gegenüber denen, welche die Mittel zu ihrer Entwicklung nicht selbst aufbringen können oder durch tragische geschichtliche Ereignisse daran gehindert worden sind. Das ist eine Pflicht der Solidarität und der Liebe, aber auch eine Pflicht der Gerechtigkeit, falls der Wohlstand der reichen Nationen aus Ressourcen stammt, die nicht angemessen bezahlt wurden.

2440 Direkthilfe ist eine entsprechende Reaktion auf unmittelbare, außerordentliche Bedürfnisse, die z. B. durch Naturkatastrophen und Seuchen verursacht werden. Sie genügt aber nicht, um die aus der Not erwachsenden schweren Schäden zu beheben, noch um Bedürfnisse dauernd zu stillen. Man muß auch die internationalen Wirtschafts- und Finanzinstitutionen erneuern, damit sie sich stärker für gerechte Beziehungen zu den weniger entwickelten Ländern einsetzen (Vgl. SRS SRS 16). Die Anstrengungen der armen Länder, die an ihrem Wachstum und ihrer Befreiung arbeiten, sind zu unterstützen (Vgl. CA 26). Dies gilt ganz besonders für den Bereich der Landwirtschaft. Die Bauern stellen, vor allem in der Dritten Welt, die Hauptmasse der Armen dar.

2441 Grundlage ist für jede umfassende Entwicklung der menschlichen Gesellschaft, den Sinn für Gott und die Selbsterkenntnis zu fördern. Diese Entwicklung vervielfacht die materiellen Güter und stellt sie in den Dienst des Menschen und seiner Freiheit. Sie vermindert das Elend und die wirtschaftliche Ausbeutung. Sie läßt die Achtung vor den kulturellen Eigenarten und die Offenheit für das Transzendente wachsen (Vgl. SRS SRS 32 CA 51).

2442 Es ist nicht Sache der Hirten der Kirche, in die politischen Strukturen und die Organisation des Gesellschaftslebens direkt einzugreifen. Diese Aufgabe gehört zur Sendung der gläubigen Laien, die aus eigenem Ansporn mit ihren Mitbürgern zusammenarbeiten. Ihrem sozialen Einsatz steht eine Vielzahl konkreter Wege offen. Er soll stets auf das Gemeinwohl ausgerichtet sein und der Botschaft des Evangeliums und der Lehre der Kirche entsprechen. Es ist Aufgabe der gläubigen Laien, "mit christlichem Engagement die irdischen Bereiche zu durchdringen und sich darin als Zeugen und Mitarbeiter des Friedens und der Gerechtigkeit zu erweisen" (SRS 47) (Vgl. SRS SRS 42).



VI Liebe zu den Armen

(Vgl. dazu auch CEC 2544-2547)

2443 Gott segnet die, die den Armen zuhilfe kommen, und verurteilt jene, die sich von ihnen abwenden: "Wer dich bittet, dem gib, und wer von dir borgen will, den weise nicht ab" (Mt 5,42). "Umsonst habt ihr empfangen, umsonst sollt ihr geben" (Mt 10,8). An dem, was sie für die Armen getan haben, wird Jesus Christus seine Auserwählten erkennen (Vgl. Mt 25,31-36). Wenn "den Armen das Evangelium verkündet" wird (Mt 11,5) (Vgl. Lc 4,18), ist dies ein Zeichen für die Gegenwart Christi (Vgl. dazu auch CEC 786 CEC 525 CEC 544 CEC 853).

2444 Die Kirche läßt sich in ihrer "Liebe zu den Armen, die ... zu ihrer festen Tradition gehört" (CA 57), vom Evangelium der Seligpreisungen (Vgl. Lc 6,20-22), von der Armut Jesu (Vgl. Mt 8,20) und seiner Zuwendung zu den Armen (Vgl. Mc 12,41-44) leiten. Die Liebe zu den Armen ist für den Christen sogar einer der Beweggründe, zu arbeiten und etwas zu "verdienen, damit er den Notleidenden davon geben kann" (Ep 4,28). Dies betrifft nicht nur die materielle Armut, sondern auch zahlreiche Formen kultureller und religiöser Armut (Vgl. CA 57) (Vgl. dazu auch CEC 1716).

2445 Die Liebe zu den Armen ist mit der ungezügelten Liebe zum Reichtum oder mit dessen egoistischem Gebrauch unvereinbar (Vgl. dazu auch CEC 2536):

"Ihr aber, ihr Reichen, weint nur und klagt über das Elend, das euch treffen wird. Euer Reichtum verfault, und eure Kleider werden von Motten zerfressen. Euer Gold und Silber verrostet; ihr Rost wird als Zeuge gegen euch. auftreten und euer Fleisch verzehren wie Feuer. Noch in den letzten Tagen sammelt ihr Schätze. Aber der Lohn der Arbeiter, die eure Felder abgemäht haben, der Lohn, den ihr ihnen vorenthalten habt, schreit zum Himmel; die Klagerufe derer, die eure Ernte eingebracht haben, dringen zu den Ohren des Herrn der himmlischen Heere. Ihr habt auf Erden ein üppiges und ausschweifendes Leben geführt, und noch am Schlachttag habt ihr euer Herz gemästet. Ihr habt den Gerechten verurteilt und umgebracht, er aber leistete euch keinen Widerstand" (Jc 5,1-6). (Vgl. dazu auch CEC 2547).

2446 Der hl. Johannes Chrysostomus erinnert an diese Pflicht mit den eindringlichen Worten: "Die Armen nicht an seinen Gütern teilhaben lassen, heißt sie bestehlen und ihnen das Leben nehmen. Nicht unsere Güter haben wir in Besitz, sondern die ihrigen" (Laz. 1,6). "Zuerst muß man den Forderungen der Gerechtigkeit Genüge tun, und man darf nicht als Liebesgabe anbieten, was schon aus Gerechtigkeit geschuldet ist" (AA 8) (Vgl. dazu auch CEC 2402).

"Wenn wir den Armen das unbedingt Nötige geben, machen wir ihnen nicht freigebige persönliche Spenden, sondern geben wir ihnen zurück, was ihnen gehört. Wir erfüllen damit viel eher eine Pflicht der Gerechtigkeit als daß wir damit eine Tat der Nächstenliebe vollziehen" (Gregor d. Gr., past. 3,21).

2447 Die Werke der Barmherzigkeit sind Liebestaten, durch die wir unserem Nächsten in seinen leiblichen und geistigen Bedürfnissen zuhilfe kommen (Vgl. Is 58,6-7 He 13,3). Belehren, raten, trösten, ermutigen sowie vergeben und geduldig ertragen sind geistliche Werke der Barmherzigkeit. Leibliche Werke der Barmherzigkeit sind vor allem: die Hungrigen speisen, Obdachlose beherbergen, Nackte bekleiden, Kranke und Gefangene besuchen und Tote begraben (Vgl. Mt 25,31-46). Unter diesen Werken ist das Almosenspenden an Arme (Vgl. Tb 4,5-11 Si 17,18) eines der Hauptzeugnisse der Bruderliebe; es ist auch eine Gott wohlgefällige Tat der Gerechtigkeit (Vgl. Mt 6,2-4) (Vgl. dazu auch CEC 1460 CEC 1038 CEC 1969):

"Wer zwei Gewänder hat, der gebe eines davon dem, der keines hat, und wer zu essen hat, der handle ebenso" (Lc 3,11). "Gebt lieber, was in den Schüsseln ist, den Armen, dann ist für euch alles rein" (Lc 11,41). "Wenn ein Bruder oder eine Schwester ohne Kleidung ist und ohne das tägliche Brot und einer von euch zu ihnen sagt: Geht in Frieden, wärmt und sättigt euch!, ihr gebt ihnen aber nicht, was sie zum Leben brauchen - was nützt das?" (Jc 2,15-16) (Vgl. 1Jn 3,17) (Vgl. dazu auch CEC 1004).

2448 "Unter seinen vielfältigen Formen - materielle Not, Unrecht und Unterdrückung, leibliche und seelische Krankheiten und schließlich der Tod - ist das menschliche Elend das offenkundige Zeichen für den Zustand einer angeborenen Schwäche, in dem sich der Mensch nach der Ursünde befindet, sowie für die Notwendigkeit einer Heilung. Darum hat es das Mitleid Christi, des Erlösers, geweckt, der dieses Elend hat auf sich nehmen und sich mit den ,geringsten seiner Brüder' hat identifizieren wollen. Darum richtet sich auf alle, die davon bedrückt sind, auch eine vorrangige Liebe der Kirche, die seit ihren Anfängen, ungeachtet der Schwächen vieler ihrer Glieder, unaufhörlich dafür gewirkt hat, die Bedrückten zu stützen, zu verteidigen und zu befreien. Das hat sie getan durch zahllose Werke der Wohltätigkeit, die immer und überall unentbehrlich bleiben" (CDF, Instr. "Libertatis conscientia" 68) (Vgl. dazu auch CEC 886 CEC 1586).

2449 Schon im Alten Testament entsprechen allerlei gesetzliche Maßnahmen (Schuldenerlaßjahr, Verbot, Zins zu verlangen und ein Pfand zu behalten, Verpflichtung zum Zehnten, tägliche Bezahlung von Tagelöhnern, Recht zur Nachlese in Weinbergen und auf Fruchtfeldern) der Mahnung im Buch Deuteronomium: "Die Armen werden niemals ganz aus deinem Land verschwinden. Darum mache ich dir zur Pflicht: Du sollst deinem notleidenden und armen Bruder, der in deinem Land lebt, deine Hand öffnen" (Dt 15,11). Jesus hat sich dieses Wort zu eigen gemacht: "Die Armen habt ihr immer bei euch, mich aber habt ihr nicht immer bei euch" (Jn 12,8). Damit entkräftet er nicht die früheren heftigen Anklagen der Propheten gegen Leute, die sagten: "Wir wollen mit Geld die Hilflosen kaufen, für ein Paar Sandalen die Armen" (Am 8,6), sondern er fordert uns damit auf, seine Gegenwart in seinen Brüdern, den Armen, zu erkennen (Vgl. Mt 25,40) (Vgl. dazu auch CEC 1397).

Die hl. Rosa antwortete ihrer Mutter, als diese sie tadelte, weil sie zu Hause Arme und Kranke beherbergte: "Wenn wir den Armen und Kranken dienen, dienen wir Jesus. Wir dürfen nicht müde werden, unseren Nächsten zu helfen, denn in ihnen dienen wir Jesus" (vita) (Vgl. dazu auch CEC 786).



KURZTEXTE



2450 "Du sollst nicht stehlen" (Dt 5 Dt 19). Weder "Diebe, noch Habgierige ... keine Räuber werden das Reich Gottes erben" (1Co 6 1Co 10).

2451 Das siebte Gebot gebietet, bei der Verwaltung der irdischen Güter und der Früchte der menschlichen Arbeit Gerechtigkeit und Nächstenliebe zu üben.

2452 Die Güter der Schöpfung sind für das ganze Menschengeschlecht bestimmt. Das Recht auf Privateigentum hebt die Tatsache nicht auf, daß diese Güter für alle bestimmt sind.

2453 Das siebte Gebot verbietet den Diebstahl. Diebstahl besteht darin, daß man fremdes Gut gegen den vernünftigen Willen des Eigentümers widerrechtlich an sich nimmt.

2454 Jede Weise, fremdes Gut entgegen der Gerechtigkeit an sich zu nehmen und zu gebrauchen, verstößt gegen das siebte Gebot. Die begangene Ungerechtigkeit erfordert Wiedergutmachung. Die ausgleichende Gerechtigkeit verlangt, das gestohlene Gut zurückzugeben.

2455 Das sittliche Gesetz verbietet, aus Gewinnsucht oder in totalitärer Absicht Menschen auf irgendeine Weise zu knechten und sie wie Waren zu kaufen, zu verkaufen oder zu tauschen.

2456 Der Schöpfer hat dem Menschen das Recht gewährt, über die Rohstoffe, Pflanzen und Tiere der Welt zu verfügen. Dabei muß aber der Mensch die sittlichen Verpflichtungen achten, auch gegenüber den kommenden Generationen.

2457 Die Tiere sind dem Menschen unterstellt, der ihnen Wohlwollen schuldet. Sie können einer gerechten Befriedigung menschlicher Bedürfnisse dienen.

2458 Die Kirche urteilt im wirtschaftlichen und sozialen Bereich, wenn die Grundrechte der Person oder das Heil der Seelen es erfordern. Sie kümmert sich um das irdische Gemeinwohl der Menschen, insofern diese auf das höchste Gut, unser letztes Ziel hingeordnet sind.

2459 Der Mensch selbst ist Urheber, Mitte und Zweck des ganzen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens. Es ist für die soziale Frage entscheidend, daß die von Gott für alle geschaffenen Güter entsprechend der Gerechtigkeit und mit Hilfe der Liebe tatsächlich allen zukommen.

2460 Der vorrangige Wert der Arbeit kommt vom Menschen selbst, der sie verrichtet und für den sie bestimmt ist. Durch seine Arbeit nimmt der Mensch am Schöpfungswerk teil. Mit Christus vereint zu arbeiten, kann erlösend sein.

2461 Wahre Entwicklung betrifft den ganzen Menschen. Es geht darum, die Fähigkeit jedes Menschen zu fördern, seiner Berufung, also dem Ruf Gottes zu entsprechen (Vgl. CA 29).

2462 Armen Almosen zu geben ist ein Zeugnis der brüderlichen Liebe und ein Gott wohlgefälliges Werk der Gerechtigkeit.

2463 Wer erkennt nicht in der großen Zahl von Menschen ohne Brot, Dach und Bleibe, Lazarus, den hungrigen Bettler im Gleichnis Jesu (Vgl. Lc 16,19-31)? Wie kann man die Stimme Jesu überhören: "Das habt ihr auch mir nicht getan" (Mt 25,45)?






ARTIKEL 8 DAS ACHTE GEBOT



"Du sollst nicht falsch gegen deinen Nächsten aussagen" (Ex 20,16).

"Ihr habt gehört, daß zu den Alten gesagt worden ist: Du sollst keinen Meineid schwören, und: Du sollst halten, was du dem Herrn geschworen hast" (Mt 5,33).

2464 Das achte Gebot verbietet, in den Beziehungen zu anderen die Wahrheit zu verdrehen. Diese moralische Vorschrift ergibt sich auch aus der Berufung des heiligen Volkes, Zeuge seines Gottes zu sein, der die Wahrheit ist und sie will. In Worten oder Taten gegen die Wahrheit zu verstoßen, bedeutet eine Weigerung, sich zur moralischen Redlichkeit zu verpflichten; es ist eine tiefgreifende Untreue gegenüber Gott und untergräbt damit die Fundamente des Bundes.



I In der Wahrheit leben

2465 Das Alte Testament bezeugt: Gott ist der Quell aller Wahrheit. Sein Wort ist Wahrheit (Vgl. Pr 8,7 2S 7,28). Sein Gesetz ist Wahrheit (Vgl. Ps 119,142). "Deine Treue währt von Geschlecht zu Geschlecht" (Ps 119,90) (Vgl. Lc 1,50). Weil Gott der "Wahrhaftige" ist (Rm 3,4), sollen die Angehörigen seines Volkes in der Wahrheit leben (Vgl. Ps 119,30) (Vgl. dazu auch CEC 215).

2466 In Jesus Christus hat sich die Wahrheit Gottes voll und ganz gezeigt. Weil "voll Gnade und Wahrheit" (Jn 1,14), ist er "das Licht der Welt" (Jn 8,12), die Wahrheit selbst (Vgl. Jn 14,6) "damit jeder, der an mich glaubt, nicht in der Finsternis bleibt" (Jn 12,46). Wer in Jesu Wort bleibt, ist wahrhaft Jesu Jünger; er wird "die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird (ihn) befreien" (Jn 8,32) und heiligen (Vgl. Jn 17,17). Jesus nachfolgen heißt aus dem "Geist der Wahrheit" (Jn 14,17) leben, den der Vater in seinem Namen sendet (Vgl. Jn 14 Jn 26) und der "in die ganze Wahrheit führen wird" (Jn 16,13). Seine Jünger lehrt Jesus unbedingte Wahrheitsliebe: "Euer Ja sei ein Ja, euer Nein ein Nein" (Mt 5,37) (Vgl. dazu auch CEC 2153).

2467 Der Mensch strebt von Natur aus nach Wahrheit. Er ist verpflichtet, sie in Ehren zu halten und zu bezeugen: Die Menschen "werden alle ihrer Würde gemäß durch ihre eigene Natur gedrängt sowie durch eine moralische Verpflichtung gehalten, die Wahrheit zu suchen, vor allem jene Wahrheit, welche die Religion betrifft. Sie sind auch dazu verpflichtet, an der erkannten Wahrheit festzuhalten und ihr ganzes Leben an den Forderungen der Wahrheit auszurichten" (DH 2) (Vgl. dazu auch CEC 2104).

2468 Die Wahrheit im Sinn des redlichen Handelns und aufrichtigen Sprechens heißt Wahrhaftigkeit, Aufrichtigkeit oder Freimut. Die Tugend der Aufrichtigkeit oder Wahrhaftigkeit besteht darin, daß man sich in seinen Handlungen als wahr erweist, in seinen Worten die Wahrheit sagt und sich vor Doppelzüngigkeit, Verstellung, Vortäuschung und Heuchelei hütet (Vgl. dazu auch CEC 1458).

2469 "Die Menschen könnten nicht in Gemeinschaft miteinander leben, wenn sie sich nicht gegenseitig glaubten, als solche, die einander die Wahrheit offenbaren" (Thomas v. A., s. th. II-II 109,3, ad 1). Die Tugend der Wahrhaftigkeit gibt dem anderen, was ihm zusteht. Sie bewahrt die rechte Mitte zwischen dem, was auszusprechen, und dem Geheimnis, das zu halten ist. Dazu gehören Aufrichtigkeit und Verschwiegenheit. "Ein Mensch schuldet dem anderen aus Ehrenhaftigkeit die Kundgabe der Wahrheit" (Thomas v. A., s. th. II-II 109,3) (Vgl. dazu auch CEC 1807).

2470 Der Jünger Christi ist bereit, "in der Wahrheit zu leben", das heißt in der Einfachheit eines Lebens nach dem Beispiel des Herrn; so bleibt er in der Wahrheit. "Wenn wir sagen, daß wir Gemeinschaft mit ihm haben, und doch in der Finsternis leben, lügen wir und tun nicht die Wahrheit" (1Jn 1,6).



II Für die Wahrheit Zeugnis ablegen

2471 Vor Pilatus erklärt der Herr: "Ich bin dazu geboren und dazu in die Welt gekommen, daß ich für die Wahrheit Zeugnis ablege" (Jn 18,37). Der Christ braucht sich nicht "des Zeugnisses für unseren Herrn" (2Tm 1,8) zu schämen. In Situationen, die ein Glaubenszeugnis verlangen, muß der Christ, wie der hl. Paulus vor seinen Richtern, den Glauben unzweideutig bekennen. Er muß sich bemühen, "vor Gott und den Menschen immer ein reines Gewissen zu haben" (Ac 24,16) (Vgl. dazu auch CEC 1816).

2472 Die Pflicht der Christen, sich am Leben der Kirche zu beteiligen, drängt sie, als Zeugen für das Evangelium und für die sich daraus ergebenden Verpflichtungen zu handeln. Dieses Zeugnis ist Weitergabe des Glaubens in Wort und Tat. Zeugnis abzulegen ist ein Akt der Gerechtigkeit, der die Wahrheit feststellt oder zur Kenntnis bringt (Vgl. Mt 18,16) (Vgl. dazu auch CEC 863 CEC 905 CEC 1807).

"Alle Christgläubigen, wo immer sie leben, müssen durch das Beispiel ihres Lebens und durch das Zeugnis des Wortes den neuen Menschen, den sie durch die Taufe angezogen haben, und die Kraft des Heiligen Geistes, der sie durch die Firmung gestärkt hat ... offenbaren" (AGD 11).

2473 Das Martyrium ist das erhabenste Zeugnis, das man für die Wahrheit des Glaubens ablegen kann; es ist ein Zeugnis bis zum Tod. Der Märtyrer legt Zeugnis ab für Christus, der gestorben und auferstanden ist und mit dem er durch die Liebe verbunden ist. Er legt Zeugnis ab für die Wahrheit des Glaubens und die christliche Glaubenslehre. Er nimmt in christlicher Stärke den Tod auf sich. "Laßt mich ein Fraß der wilden Tiere sein, durch die es möglich ist, zu Gott zu gelangen!" (Ignatius v. Antiochien, Rm 4,1) (Vgl. dazu auch CEC 852 CEC 1808 CEC 1258).

2474 Mit größter Sorgfalt hat die Kirche Erinnerungen an jene, die in ihrer Glaubensbezeugung bis zum äußersten gegangen sind, in den Akten der Märtyrer gesammelt. Sie bilden die mit Blut geschriebenen Archive der Wahrheit.

"Nichts werden mir nützen die Enden der Welt und die Königreiche dieses Äons. Besser ist es für mich, zu sterben auf Christus hin, als König zu sein über die Enden der Erde. Jenen suche ich, der für uns starb; jenen will ich, der unsertwegen auferstand. Das Gebären steht mir bevor" (Ignatius v. Antiochien,
Rm 6,1-2) (Vgl. dazu auch CEC 1011).

"Herr, allmächtiger Gott ... ich preise dich, weil du mich dieses Tages und dieser Stunde gewürdigt hast, zur Zahl deiner Blutzeugen zu gehören ... Du hast dein Versprechen gehalten, Gott der Treue und Wahrheit. Für diese Gnade und für alles lobe ich dich, preise ich dich und verherrliche ich dich durch den ewigen himmlischen Hohenpriester Jesus Christus, deinen geliebten Sohn. Durch ihn, der mit dir und dem Geist ist, sei dir Ehre jetzt und in alle Ewigkeit. Amen" (Polykarp, mart. 14,2-3).



III Verstöße gegen die Wahrheit

2475 Die Jünger Christi haben "den neuen Menschen" angezogen, "der nach dem Bild Gottes geschaffen ist in wahrer Gerechtigkeit und Heiligkeit" (Ep 4,24). Daraus folgen die Ermahnungen: "Legt deshalb die Lüge ab" (Ep 4,25) und: "Legt also alle Bosheit ab, alle Falschheit und Heuchelei, allen Neid und alle Verleumdung" (1P 2,1).

2476 Falsches Zeugnis und Meineid. Eine wahrheitswidrige Aussage ist ganz besonders schwerwiegend, wenn sie öffentlich gemacht wird. Vor einem Gericht wird sie zu einem falschen Zeugnis (Vgl. Pr 19,9), unter Eid wird sie zu einem Meineid. Diese Handlungsweisen tragen dazu bei, daß Unschuldige verurteilt oder Schuldige entlastet werden oder die Strafe, welcher der Angeklagte verfällt (Vgl. Pr 18,5), verschärft wird. Sie beeinträchtigen schwerwiegend das Rechtswesen und die Gerechtigkeit des von den Richtern gefällten Urteils (Vgl. dazu auch CEC 2152).

2477 Die Rücksicht auf den guten Ruf eines Menschen verbietet jede Haltung und jedes Wort, die ihn ungerechterweise schädigen könnten (Vgl. CIC 220). Schuldig macht sich

- des vermessenen Urteils, wer ohne ausreichende Beweise, und sei es auch nur stillschweigend, von einem Mitmenschen annimmt, er habe einen Fehltritt begangen;

- der üblen Nachrede, wer ohne objektiv gültigen Grund Fehler und Vergehen eines Mitmenschen gegenüber Personen aufdeckt, die nichts davon wissen (Vgl. Si 21,28);

- der Verleumdung, wer durch wahrheitswidrige Aussagen dem guten Ruf anderer schadet und zu Fehlurteilen über sie Anlaß gibt.

2478 Um nicht vermessen zu urteilen, soll jeder darauf bedacht sein, die Gedanken, Worte und Handlungen seines Nächsten soweit als möglich günstig zu beurteilen.

"Jeder gute Christ muß mehr dazu bereit sein, die Aussage des Nächsten für glaubwürdig zu halten, als sie zu verurteilen. Vermag er sie nicht zu rechtfertigen, so forsche er nach, wie jener sie versteht; versteht jener sie aber in üblem Sinn, so verbessere er ihn mit Liebe; und wenn das nicht genügt, so suche er nach allen angemessenen Mitteln, damit jener zu ihrem richtigen Verständnis gelange und so sich rette" (Ignatius, ex. spir. 22).

2479 Üble Nachrede und Verleumdung zerstören den guten Ruf und die Ehre des Nächsten. Nun ist aber die Ehre das gesellschaftliche Zeugnis für die Würde eines Menschen, und jeder besitzt das natürliche Recht auf die Ehre seines Namens, auf seinen guten Ruf und auf Achtung. Üble Nachrede und Verleumdung verletzen somit die Tugenden der Gerechtigkeit und der Liebe (Vgl. dazu auch CEC 1753).

2480 Es ist verwerflich, durch Schmeichelei, Lobhudelei oder Gefälligkeit in Worten oder Haltungen andere in ihren schlechten Handlungen und ihrem falschen Verhalten zu bestärken. Lobhudelei ist ein schwerwiegender Fehler, wenn sie sich zum Komplizen von Lastern oder schweren Sünden macht. Der Wunsch, einen Dienst zu leisten, oder Freundschaft rechtfertigt Doppelzüngigkeit nicht. Lobhudelei ist eine läßliche Sünde, wenn sie nur in der Absicht geschieht, angenehm zu sein, ein Übel zu verhüten, einer Not zu begegnen oder berechtigte Vorteile zu erlangen.

2481 Prahlerei oder Aufschneiderei ist eine Verfehlung gegen die Wahrheit. Das gleiche gilt von der Ironie, die jemanden herabzusetzen sucht, indem sie den einen oder anderen Aspekt seines Verhaltens böswillig ins Lächerliche zieht.

2482 "Die Lüge besteht darin, daß man Unwahres sagt in der Absicht zu täuschen" (Augustinus, mend. 4,5). Der Herr prangert die Lüge als Werk des Teufels an: "Ihr habt den Teufel zum Vater ... Es ist keine Wahrheit in ihm. Wenn er lügt, sagt er das, was aus ihm selbst kommt; denn er ist ein Lügner und ist der Vater der Lüge" (Jn 8,44) (Vgl. dazu auch CEC 392).

2483 Die Lüge ist der unmittelbarste Verstoß gegen die Wahrheit. Lügen heißt gegen die Wahrheit reden oder handeln, um jemanden zu täuschen, der ein Recht hat, sie zu kennen. Da die Lüge die Verbindung des Menschen mit der Wahrheit und dem Nächsten verletzt, verstößt sie gegen die grundlegende Beziehung des Menschen und seines Wortes zum Herrn.

2484 Eine Lüge ist mehr oder weniger schwerwiegend gemessen an der Natur der Wahrheit, die sie entstellt, den Umständen, den Absichten dessen, der sie begeht, und den Nachteilen, die den Belogenen daraus erwachsen. Die Lüge ist an sich nur eine läßliche Sünde, wird jedoch zu einer Todsünde, wenn sie gegen die Tugenden der Gerechtigkeit und der Liebe schwer verstößt (Vgl. dazu auch CEC 1750).

2485 Die Lüge ist ihrer Natur nach verwerflich. Sie ist eine Profanierung des Wortes, das dazu bestimmt ist, die Wahrheit, die man kennt, anderen mitzuteilen. Die bewußte Absicht, durch wahrheitswidrige Aussagen den Nächsten zu täuschen, verstößt gegen die Gerechtigkeit und die Liebe. Die Schuld ist noch größer, wenn Gefahr besteht, daß die Täuschungsabsicht für die Getäuschten schlimme Folgen hat (Vgl. dazu auch CEC 1756).

2486 Als ein Verstoß gegen die Tugend der Wahrhaftigkeit ist die Lüge eine Art der Gewalt gegenüber dem Nächsten. Sie trifft ihn in seiner Erkenntnisfähigkeit, die Voraussetzung für jedes Urteil und jede Entscheidung ist. Sie enthält im Keim die Spaltung der Geister und alle Übel, die daraus hervorgehen. Die Lüge ist für jede Gesellschaft unheilvoll; sie untergräbt das Vertrauen zwischen den Menschen und zerreißt das Netz der gesellschaftlichen Beziehungen (Vgl. dazu auch CEC 1607).

2487 Jede Verfehlung gegen die Gerechtigkeit und die Wahrheit bringt die Verpflichtung zur Wiedergutmachung mit sich, selbst dann, wenn ihrem Urheber Vergebung gewährt worden ist. Falls es unmöglich ist, ein Unrecht öffentlich wiedergutzumachen, muß man es insgeheim tun; wenn der Geschädigte nicht direkt entschädigt werden kann, muß man ihm im Namen der Liebe moralische Genugtuung leisten. Die Pflicht zur Wiedergutmachung betrifft auch die Verfehlungen gegen den guten Ruf eines anderen. Diese moralische und zuweilen auch materielle Wiedergutmachung ist nach der Größe des verursachten Schadens zu bemessen. Sie ist eine Gewissenspflicht (Vgl. dazu auch CEC 1459 CEC 2412).



IV Achtung der Wahrheit

2488 Das Recht auf Mitteilung der Wahrheit ist nicht bedingungslos. Das Leben ist nach dem Gebot der Nächstenliebe des Evangeliums auszurichten. Diese Liebe verlangt, daß man in der konkreten Situation abschätzt, ob es angemessen ist oder nicht, die Wahrheit dem zu sagen, der sie wissen will (Vgl. dazu auch CEC 1740).

2489 Eine Bitte um Wissen oder Mitteilung muß stets mit Nächstenliebe und Achtung vor der Wahrheit beantwortet werden. Das Wohl und die Sicherheit anderer, die Achtung des Privatlebens oder die Rücksicht auf das Gemeinwohl sind hinreichende Gründe, etwas, das nicht bekanntwerden soll, zu verschweigen oder sich einer diskreten Sprache zu bedienen. Die Pflicht, Ärgernis zu vermeiden, fordert oft strenge Diskretion. Niemand ist verpflichtet, die Wahrheit Personen zu enthüllen, die kein Recht auf deren Kenntnis haben (Vgl. Si 27,16 Pr 25,9-10) (Vgl. dazu auch CEC 2284).

2490 Das Beichtgeheimnis ist heilig, und es darf aus keinem Grund verletzt werden. "Das Beichtgeheimnis ist unverletzlich; dem Beichtvater ist es daher streng verboten, den Pönitenten durch Worte oder auf irgendeine andere Weise und aus irgendeinem Grund irgendwie zu verraten" (CIC 983, § 1) (Vgl. dazu auch CEC 1467).

2491 Berufsgeheimnisse - die z. B. Politiker, Militärangehörige, Ärzte und Juristen bewahren müssen - oder vertrauliche Mitteilungen, die unter dem Siegel der Verschwiegenheit gemacht wurden, dürfen nicht verraten werden, außer wenn der Sonderfall eintritt, daß die Bewahrung des Geheimnisses dem, der es anvertraut, oder dem, dem es anvertraut wird, oder einem Dritten einen sehr großen Schaden zufügen würde, der sich nur durch die Verbreitung der Wahrheit verhüten läßt. Private Informationen, die für andere nachteilig sind, dürfen selbst dann, wenn sie nicht unter dem Siegel der Verschwiegenheit anvertraut wurden, nicht ohne einen entsprechend wichtigen Grund weiterverbreitet werden.

2492 Jeder muß sich in bezug auf das Privatleben anderer Menschen gebührende Zurückhaltung auferlegen. Jene, die für die Weitergabe von Informationen verantwortlich sind, müssen das Gemeinwohl und die Achtung persönlicher Rechte in ein gerechtes Verhältnis bringen. Informationen über das Privatleben von Personen, die eine politische oder öffentliche Tätigkeit ausüben, sind soweit zu verurteilen, als sie deren Intimsphäre und Freiheit verletzen (Vgl. dazu auch CEC 2522).




Katechismus KK 1997 2426