Generalaudienz 2004 75
Lesung: Offenbarung des Johannes 4,11; 5,9.10.12
11 Würdig bist du, unser Herr und Gott, Herrlichkeit zu empfangen und Ehre und Macht. Denn du bist es, der die Welt erschaffen hat, durch deinen Willen war sie und wurde sie erschaffen.
9 Und sie sangen ein neues Lied : Würdig bist du, das Buch zu nehmen und seine Siegel zu öffnen; denn du wurdest geschlachtet und hast mit deinem Blut Menschen für Gott erworben aus allen Stämmen und Sprachen, aus allen Nationen und Völkern,
10 und du hast sie für unsern Gott zu Königen und Priestern gemacht; und sie werden auf der Erde herrschen.
12 Sie riefen mit lauter Stimme: Würdig ist das Lamm, das geschlachtet wurde, Macht zu empfangen, Reichtum und Weisheit, Kraft und Ehre, Herrlichkeit und Lob.
1. Das soeben vorgetragene Canticum verleiht der Liturgie der Vesper den einfachen und dichten Klang eines gemeinsamen Lobliedes. Es gehört zur feierlichen Eröffnungsvision der Offenbarung, in der eine Art himmlischer Liturgie dargestellt wird, mit der auch wir uns, noch Pilger auf Erden, in unseren kirchlichen Gottesdiensten vereinen.
Das Canticum besteht aus einigen Versen, die der Offenbarung entnommen und für den liturgischen Gebrauch zusammengefaßt wurden, und beruht auf zwei Grundelementen. Das erste, knapp angedeutete ist der Lobpreis des Werkes des Herrn: »Du bist es, der die Welt erschaffen hat, durch deinen Willen war sie und wurde durch ihn erschaffen« (4,11). In der Tat offenbart die Schöpfung die außerordentliche Macht Gottes. So heißt es im Buch der Weisheit, »denn von der Größe und Schönheit der Geschöpfe läßt sich auf den Schöpfer schließen« (13,5). Ähnliches schreibt der Apostel Paulus: »Seit Erschaffung der Welt wird seine unsichtbare Wirklichkeit … mit der Vernunft wahrgenommen« (Rm 1,20). Eine Pflicht ist deshalb das Danklied an den Schöpfer, in dem wir seine Herrlichkeit rühmen.
2. In diesem Zusammenhang mag der Hinweis interessant sein, daß Kaiser Domitian, unter dessen Regierung die Offenbarung vielleicht geschrieben wurde, sich »Dominus et deus noster« nennen ließ und verlangte, daß man ihn nur mit diesem Titel anredete (vgl. Sueton, Domitian, XIII).
76 Die Christen weigerten sich natürlich, einen Menschen, mag er noch so mächtig sein, so zu bezeichnen und richteten ihre Gebetsrufe nur an den wahren »Herrn und Gott«, den Schöpfer der Welt (vgl. Ap 4,11) und an den, der mit Gott »der Erste und der Letzte« ist (vgl. 1,17) und der mit Gott, seinem Vater, auf dem himmlischen Thron sitzt (vgl. 3,21): Es ist der gekreuzigte und auferstandene Christus, der hier symbolisch dargestellt wird als ein aufrecht »stehendes Lamm, das aussah wie geschlachtet« (5,6).
3. Das ist nun das zweite, ausführlich entfaltete Element des Canticum, das wir kommentieren: Christus, das Opferlamm. Die vier Lebewesen und die 24 Ältesten jubeln ihm zu mit einem Lied, das mit der Akklamation beginnt: »Würdig bist du, das Buch zu nehmen und seine Siegel zu öffnen; denn du wurdest geschlachtet« (5,9).
Im Mittelpunkt des Lobes steht also Christus mit seinem geschichtlichen Heilswerk. Er ist deshalb imstande, den Sinn der Geschichte zu entschlüsseln: Er ist würdig, die »Siegel« des geheimen Buches »zu öffnen« (ebd.), das den von Gott gewollten Plan enthält.
4. Aber es ist nicht nur ein Werk der Entschlüsselung des Sinns, sondern auch eine Tat der Erfüllung und Befreiung. Weil er »geschlachtet« wurde, konnte er Menschen verschiedenster Herkunft »erwerben« (ebd.).
Das im Griechischen verwandte Wort verweist nicht ausdrücklich auf die Geschichte des Exodus, in der nie davon die Rede ist, die Israeliten zu »erwerben«; aber der anschließende Satz enthält eine offensichtliche Anspielung auf die bekannte Verheißung, die Gott an Israel am Sinai gemacht hat: »Ihr aber sollt mir als ein Reich von Priestern und als ein heiliges Volk gehören« (Ex 19,6).
5. Jetzt ist diese Verheißung Wirklichkeit geworden: Das Lamm hat die Menschen für Gott tatsächlich »zu Königen und Priestern gemacht; und sie werden auf der Erde herrschen« (Ap 5,10), und dieses Recht steht der ganzen Menschheit zu, die berufen ist, die Gemeinschaft der Kinder Gottes zu bilden, wie Petrus betont: »Ihr aber seid ein auserwähltes Geschlecht, eine königliche Priesterschaft, ein heiliger Stamm, ein Volk, das sein besonderes Eigentum wurde, damit ihr die großen Taten dessen verkündet, der euch aus der Finsternis in sein wunderbares Licht gerufen hat« (1P 2,9).
Das II. Vatikanische Konzil nimmt ausdrücklich Bezug auf diese Texte aus dem Ersten Petrusbrief und dem Buch der Offenbarung, wenn es das »gemeinsame Priestertum« vorstellt, das allen Gläubigen gehört, und die Möglichkeiten beschreibt, wie sie es ausüben: »Die Gläubigen wirken kraft ihres Priestertums an der eucharistischen Darbringung mit und üben ihr Priestertum aus im Empfang der Sakramente, im Gebet, in der Danksagung, im Zeugnis eines heiligen Lebens, durch Selbstverleugnung und tätige Liebe« (Lumen gentium LG 10).
6. Das Lied aus dem Buch der Offenbarung, das wir heute betrachten, endet mit einem Zuruf, der von »zehntausendmal zehntausend« Engeln (vgl. Ap 5,11) kommt. Er gilt »dem geschlachteten Lamm«, dem dieselbe Herrlichkeit zuteil wird wie Gott dem Vater, weil es »würdig« ist, »Macht zu empfangen, Reichtum und Weisheit, Kraft und Ehre« (5,12). Es ist der Augenblick der reinen Betrachtung, des frohen Lobes, des Liebesliedes an Christus in seinem Paschamysterium.
Dieses leuchtende Bild der himmlischen Herrlichkeit wird in der Liturgie der Kirche vorweggenommen. In der Tat ist die Liturgie, wie der Katechismus der Katholischen Kirche lehrt, ein »Tun« des ganzen Christus (»Christus totus«). Diejenigen, die hier Liturgie feiern, leben bereits in irgendeiner Weise jenseits der Zeichen, in der himmlischen Liturgie, die schon auf vollkommene Weise Gemeinschaft und Fest ist. An dieser ewigen Liturgie lassen uns der Geist und die Kirche teilnehmen, wenn wir in den Sakramenten das Heilsmysterium feiern (vgl. CEC 1136 CEC 1139).
Christus ist das Lamm, das am Kreuz geopfert wurde und nun herrscht in Ewigkeit. In ihm erfüllt sich der Heilsplan Gottes für die Menschheit. Er hat uns vom Bösen befreit und uns „zu Königen und Priestern gemacht" (Ap 5,10). Zu dieser neuen Gemeinschaft der Kinder Gottes sind alle Menschen berufen.
Wir preisen freudig Christi Liebe, die im Pascha-Mysterium sichtbar geworden ist. In der Liturgie der Kirche haben wir vorauskostend teil an der Liturgie des Himmels in der nie endenden Festgemeinschaft der Erlösten.
77 Von Herzen grüße ich die Pilger und Besucher aus den Ländern deutscher Sprache. In seinem Sohn ruft Gott alle Menschen zu einem Volk zusammen. Christus hat uns im Kreuzesopfer das neue Leben erworben. Gebt als Kinder Gottes stets Zeugnis für seine Liebe! Ich danke für die guten Wünsche und segne euch.
2 Bei Gott allein kommt meine Seele zur Ruhe, von ihm kommt mir Hilfe.
3 Nur er ist mein Fels, meine Hilfe, meine Burg; darum werde ich nicht wanken.
8 Bei Gott ist mein Heil, meine Ehre; Gott ist mein schützender Fels, meine Zuflucht.
9 Vertrau ihm, Volk (Gottes), zu jeder Zeit! / Schüttet euer Herz vor ihm aus! Denn Gott ist unsere Zuflucht. [Sela]
12 Eines hat Gott gesagt, zweierlei habe ich gehört: Bei Gott ist die Macht;
13 Herr, bei dir ist die Huld. Denn du wirst jedem vergelten, wie es seine Taten verdienen.
1. Soeben sind die milden Worte des Psalms 62 erklungen, der ein Lied des Vertrauens ist, das mit einer Art Antiphon beginnt, die in der Mitte des Textes wiederholt wird. Sie gleicht einem frohen, innigen Stoßgebet, einer Anrufung, die auch ein Lebensprogramm ist: »Bei Gott allein kommt meine Seele zur Ruhe; denn von ihm kommt mir Hilfe. Nur er ist mein Fels, meine Hilfe, meine Burg; darum werde ich nicht wanken« (V. 2-3.6-7).
2. In seinem weiteren Verlauf stellt der Psalm jedoch zwei Arten des Vertrauens einander gegenüber. Es sind zwei Grundentscheidungen, eine gute und eine schlechte, die zwei verschiedene Verhaltensweisen mit sich bringen. Da ist zunächst das Vertrauen auf Gott, das im Anfangsvers gepriesen wird, wo ein Symbol der Festigkeit und Sicherheit angeführt wird, wie der Fels, »die Burg«, das heißt eine Festung, ein Schutzwall.
78 Der Psalmist bekräftigt: »Bei Gott ist mein Heil, meine Ehre; Gott ist mein schützender Fels, meine Zuflucht« (V. 8). Das sagt er, nachdem er auf die feindseligen Pläne seiner Widersacher hingewiesen hat, die versuchen, »ihn von seiner Höhe zu stürzen« (vgl. V. 4-5).
3. Es gibt aber noch ein anderes Vertrauen in Form des Götzendienstes, auf das der Betende nachdrücklich seine kritische Aufmerksamkeit richtet. Es ist ein Vertrauen, das die Sicherheit und Stabilität in der Gewalt, im Raub und im Reichtum suchen läßt.
Da lautet die Mahnung klar und entschieden: »Vertraut nicht auf Gewalt, verlaßt euch nicht auf Raub! Wenn der Reichtum auch wächst, so verliert doch nicht euer Herz an ihn!« (V. 11).
Drei Götzen werden hier genannt und als unvereinbar mit der Menschenwürde und dem sozialen Zusammenleben geächtet.
4. Der erste falsche Gott ist die Gewalt, die leider von der Menschheit auch in unseren blutbefleckten Tagen ständig angewendet wird. Dieser Götze hat unzählige Kriege, Unterdrückungen, Mißbräuche, Folterungen und grauenhafte Tötungen zur Folge, die ohne einen Anflug von Reue verübt werden.
Der zweite falsche Gott ist der Raub, der in Erpressung, in der sozialen Ungerechtigkeit, im Wucher, in der politischen und ökonomischen Korruption zum Ausdruck kommt. Zu viele Leute hegen die »Illusion«, daß sie auf diese Weise ihre Gier befriedigen können.
Der dritte Götze ist der Reichtum, an den »sich das Herz« des Menschen hängt in der trügerischen Hoffnung, dem Tod entkommen zu können (vgl. Ps 49) und sich den Vorrang von Prestige und Macht zu sichern.
5. Während er dieser teuflischen Dreiheit dient, vergißt der Mensch, daß diese Götzen sich als inhaltslos, ja schädlich erweisen. Indem er den Dingen und sich selbst vertraut, vergißt er, daß er »nur ein Hauch, … nur Lug und Trug« ist, ja, wenn er auf der Waage gewogen wird, ist er »leichter als ein Hauch« (Ps 62,10 vgl. Ps 39,6-7).
Wenn wir uns unserer Vergänglichkeit und der Begrenztheit der Geschöpfe mehr bewußt wären, würden wir nicht den Weg des Vertrauens in die Götzen wählen; ebensowenig würden wir unser Leben auf einer Skala von brüchigen und gehaltlosen Pseudowerten aufbauen. Wir würden uns vielmehr nach einem anderen Vertrauen ausrichten, das sein Zentrum im Herrn, in der Quelle der Ewigkeit und des Friedens, hat. Denn nur »bei Gott ist die Macht«; er allein ist Quelle der Gnade; er allein ist Urheber der Gerechtigkeit, »denn er wird jedem vergelten, wie es seine Taten verdienen« (vgl. Ps 62,12-13).
6. Das II. Vatikanische Konzil hat die Priester mit den Worten von Psalm 62 aufgefordert, »das Herz nicht an den Reichtum zu verlieren« (vgl. V. 11b). Das Dekret über Dienst und Leben der Priester mahnt: »Die Priester sollen … ihr Herz nicht an Reichtümer hängen, jede Habgier meiden und sich vor aller Art weltlichen Handels sorgfältig hüten« (Presbyterorum ordinis PO 17).
Diese Aufforderung, das falsche Vertrauen abzulehnen und das Vertrauen zu wählen, das uns zu Gott führt, gilt für alle und soll unser Leitstern im täglichen Verhalten, in den moralischen Entscheidungen und im Lebensstil werden.
79 7. Es ist gewiß ein steiniger Weg, der auch Prüfungen für den Gerechten und mutige Entscheidungen mit sich bringt, die aber immer vom Vertrauen auf Gott geprägt sind (vgl. Ps 62,2). In diesem Licht haben die Kirchenväter in dem Beter des Psalms 62 die Präfiguration Christi gesehen und haben ihm das anfängliche Gebet des vollen Vertrauens und der Zustimmung zu Gott in den Mund gelegt.
Der hl. Ambrosius merkt in seinem Kommentar zu Psalm 62 (61) an: »Was hätte unser Herr Jesus, als er menschliches Fleisch annahm, um es in seiner Person zu reinigen, anderes tun sollen, als zuerst den schädlichen Einfluß der Ursünde auszulöschen? Die Sünde hatte sich durch den Ungehorsam, das heißt durch die Verletzung der göttlichen Vorschriften eingeschlichen. Jesus mußte also vor allem den Gehorsam wiederherstellen, um den Sündenherd zu löschen … Er hat den Gehorsam auf sich genommen, um ihn uns einzugießen« (Commento a dodici Salmi 61,4: SAEMO, VIII, Milano-Roma 1980, S. 283).
„Bei Gott allein kommt meine Seele zur Ruhe... Er ist meine Zuflucht" (vgl. Ps 62,6 Ps 62,8). Dieses Psalmwort ist zugleich Stoßgebet und Lebensprogramm: Denen, die es verinnerlichen, schenkt es gläubige Gelassenheit und Kraft in den Höhen und Tiefen des Daseins.
Das innere Ruhen in Gott ist der Gegenentwurf zu einem Leben in falscher Anhänglichkeit an Reichtum, Macht und Prestige. Nicht wer sich an vergänglichen Werten orientiert, sondern der Mensch, der sein Heil und seine Ehre bei Gott sucht, wird in den Stürmen des Lebens „nicht wanken". Denn beim Herrn ist die Macht, bei ihm ist die Huld (vgl. V. 12-13).
***
Mit Freude heiße ich die Pilger und Besucher deutscher Sprache willkommen. Vertraut Gott zu jeder Zeit. „Schüttet euer Herz vor ihm aus!" (Ps 62,9). Dann wird der Herr euch in allen Lebenslagen stützen. Dazu begleite euch mein Segen!
2 Gott sei uns gnädig und segne uns. Er lasse über uns sein Angesicht leuchten, [Sela]
3 damit auf Erden sein Weg erkannt wird und unter allen Völkern sein Heil.
4 Die Völker sollen dir danken, o Gott, danken sollen dir die Völker alle.
80 7 Das Land gab seinen Ertrag. Es segne uns Gott, unser Gott.
8 Es segne uns Gott. Alle Welt fürchte und ehre ihn.
1. »Das Land gab seinen Ertrag«, heißt es in dem soeben verkündeten Psalm 67, einem der Texte, die in die Liturgie der Vesper aufgenommen sind. Der Satz läßt uns an ein Danklied denken, das an den Schöpfer für die Früchte der Erde, die Zeichen des göttlichen Segens, gerichtet wird. Aber dieses natürliche Element ist eng mit dem geschichtlichen verbunden: Die Früchte der Natur werden als Gelegenheit genutzt, Gott wiederholt zu bitten, er möge sein Volk segnen (vgl. V. 2.7.8), so daß alle Nationen der Erde sich an Israel wenden und versuchen, mit seiner Hilfe zu Gott, dem Erlöser, zu gelangen.
In dem Text findet man also eine universale und missionarische Perspektive angesichts der göttlichen Verheißung an Abraham: »Durch dich sollen alle Geschlechter der Erde Segen erlangen« (Gn 12,3 vgl. Gn 18,18 Gn 28,14).
2. Der für Israel erbetene göttliche Segen wird konkret offenbar in der Ergiebigkeit der Felder und in der Fruchtbarkeit, das heißt im Geschenk des Lebens. Der Psalm beginnt deshalb mit einem Vers (vgl. Ps 67,2), der auf den bekannten Priestersegen aus dem Buch Numeri verweist: »Der Herr segne dich und behüte dich. Der Herr lasse sein Angesicht über dich leuchten und sei dir gnädig. Der Herr wende sein Angesicht dir zu und schenke dir Heil« (Nb 6,24-26).
Das Thema des Segens wird am Ende des Psalms, wo die Früchte der Erde erwähnt werden (vgl. Ps 67,7-8), wieder aufgegriffen. Aber dort begegnen wir dem universalistischen Thema, das der geistlichen Substanz des ganzen Hymnus eine überraschende Horizonterweiterung verleiht. Es ist eine Offenheit, die die Sensibilität Israels widerspiegelt, das nun bereit ist, sich mit allen Völkern der Erde zu messen. Die Komposition des Psalms ist zeitlich vielleicht nach der Erfahrung des babylonischen Exils anzusiedeln, als das Volk sein Leben in der Diaspora unter fremden Nationen und in neuen Ländern begann.
3. Dank des von Israel erflehten Segens sollte die Menschheit »den Weg« und »das Heil« des Herrn kennenlernen (vgl. V. 3), das heißt seinen Heilsplan. Allen Kulturen und allen Gesellschaften wird geoffenbart, daß Gott die Völker und Nationen in allen Teilen der Welt richtet und regiert, indem er jedes einzelne zu Horizonten der Gerechtigkeit und des Friedens führt (vgl. V. 5).
Es ist das große Ideal, nach dem wir streben, es ist die ergreifendste Botschaft, die aus Psalm 67 und aus vielen prophetischen Seiten hervorgeht (vgl. Is 2,1-5 Is 60,1-22; Jon 4,1-11 So 3,9-10 Ml 1,11).
Das soll auch die christliche Verkündigung sein, die der Apostel Paulus schildert, wenn er daran erinnert, daß das Heil aller Völker den Kern des »Geheimnisses« bildet, das heißt des göttlichen Heilsplans, und daß »die Heiden Miterben sind, zu demselben Leib gehören und an derselben Verheißung in Christus Jesus teilhaben durch das Evangelium« (Ep 3,6).
4. Israel kann Gott nun bitten, daß alle Nationen in seinen Lobpreis eingeschlossen werden; es wird ein universaler Chor sein: »Die Völker sollen dir danken, o Gott, danken sollen dir die Völker alle«, wird im Psalm wiederholt (vgl. Ps 67,4 Ps 67,6).
Dieser Wunsch des Psalms deutet auf das Ereignis hin, das im Brief an die Epheser beschrieben wird, wo er vielleicht auf die Wand anspielt, die im Tempel in Jerusalem die Juden von den Heiden trennte: »Jetzt aber seid ihr, die ihr einst in der Ferne wart, durch Christus Jesus, nämlich durch sein Blut, in die Nähe gekommen. Denn er ist unser Friede. Er vereinigte die beiden Teile (Juden und Heiden) und riß durch sein Sterben die trennende Wand der Feindschaft nieder … Ihr seid also jetzt nicht mehr Fremde ohne Bürgerrecht, sondern Mitbürger der Heiligen und Hausgenossen Gottes« (Ep 2,13-14 Ep 2,19).
81 Daraus folgt eine Botschaft für uns: Wir müssen die Mauern der Trennung, der Feindschaft und des Hasses niederreißen, damit die Familie der Kinder Gottes sich im Einklang zu dem einen Mahl zusammenfindet, um den Schöpfer für die Gaben zu preisen und zu loben, die er unterschiedslos an alle ausspendet (vgl. Mt 5,43-48).
5. Die christliche Tradition hat Psalm 67 nach christologischem und mariologischem Schlüssel ausgelegt. Für die Kirchenväter ist die Jungfrau Maria, die Christus, den Herrn, zur Welt bringt, »das Land, das seinen Ertrag gab«.
Gregor der Große kommentiert in seiner Exposition über das erste Buch der Könige diesen Vers so, daß er ihn mit vielen anderen Schriftstellen verknüpft: »Maria wird zu Recht ›der Berg, reich an Früchten‹, genannt, weil aus ihr eine ausgezeichnete Frucht geboren ist, das heißt ein neuer Mensch. Als der Prophet sieht, wie schön sie ist, geschmückt in der Herrlichkeit ihrer Fruchtbarkeit, ruft er aus: ›Aus dem Baumstumpf Jesajas wächst ein Reis hervor, ein junger Trieb aus seinen Wurzeln bringt Frucht‹ (Is 11,1). David frohlockt über die Frucht dieses Berges und sagt zu Gott: ›Die Völker sollen dir danken, o Gott, danken sollen dir die Völker alle. Das Land gab seinen Ertrag.‹ Ja, das Land gab seinen Ertrag, weil die Jungfrau ihn, den sie geboren hat, nicht durch einen Mann empfangen hat, sondern der Heilige Geist ist auf sie herabgekommen. Deshalb sagt der Herr zum König und Propheten David: ›Einen Sproß aus deinem Geschlecht will ich setzen auf deinen Thron‹ (Ps 131,11). Jesaja bekräftigt: ›Die Früchte des Landes sind ihr Stolz und Ruhm‹ (Is 4,2). Denn er, den die Jungfrau geboren hat, war nicht nur ein heiliger Mensch, sondern auch der »starke Gott« (Is 9,5)« (Testi mariani del primo millennio, III, Roma 1990, S. 625).
Dankbarkeit steht im Leben des Christen ganz oben. Sie muß vor allem unsere Beziehung zu Gott prägen. Darum wissend, daß die Gaben der Erde Zeichen des göttlichen Segens sind, betet der Psalmist: „Das Land gab seinen Ertrag. Es segne uns Gott, unser Gott" (Ps 67,7).
Alle Menschen sollen in den Dank einstimmen: „Die Völker sollen Dir danken, o Gott" (Ps 67,4). Das dankbare Bekenntnis zum Schöpfer, der „seine Sonne über Bösen und Guten aufgehen läßt" (Mt 5,45) hat einende Kraft: Es beseitigt Mauern der Feindseligkeit und des Hasses. Die Familie der Gotteskinder ist aufgerufen, das Lob des Herrn mit geeinter Stimme zu singen.
***
Gerne heiße ich die Pilger und Besucher aus den deutschsprachigen Ländern willkommen. Gott läßt sein Angesicht über uns leuchten, „damit auf Erden sein Weg erkannt wird" (Ps 67,3). Seid dankbar für die Gaben, mit denen der Herr euch beschenkt. Preist gemeinsam seinen Namen! Nur Mut!
3 Wir danken Gott, dem Vater Jesu Christi, unseres Herrn, jedesmal, wenn wir für euch beten.
12 Dankt dem Vater mit Freude! Er hat euch fähig gemacht, Anteil zu haben am Los der Heiligen, die im Licht sind.
82 15 Er ist das Ebenbild des unsichtbaren Gottes, der Erstgeborene der ganzen Schöpfung.
16 Denn in ihm wurde alles erschaffen im Himmel und auf Erden, das Sichtbare und das Unsichtbare, Throne und Herrschaften, Mächte und Gewalten; alles ist durch ihn und auf ihn hin geschaffen.
17 Er ist vor aller Schöpfung, in ihm hat alles Bestand.
1. Soeben ist der großartige Christushymnus erklungen, mit dem der Brief an die Kolosser beginnt. In ihm steht die glorreiche Gestalt Christi, Herz der Liturgie und Mitte des ganzen kirchlichen Lebens, im Vordergrund. Der Horizont des Hymnus öffnet sich jedoch sehr bald auf die Schöpfung und Erlösung, indem er jedes Geschöpf und die ganze Geschichte einbezieht.
In diesem Hymnus wird der Atem des Glaubens und Betens der frühen Christengemeinde spürbar, und der Apostel fängt ihre Stimme und ihr Zeugnis ein, drückt aber dem Hymnus sein eigenes Siegel auf.
2. Nach einer Einführung, in der Gott, dem Vater, für die Erlösung gedankt wird (vgl. V. 12-14), folgt der in zwei Strophen untergliederte Hymnus, den die Liturgie der Vesper jede Woche anbietet. Die erste Strophe preist Christus als »Erstgeborenen der ganzen Schöpfung«, das heißt gezeugt vor allen Geschöpfen, und bekräftigt so seine Ewigkeit, die Raum und Zeit übersteigt (vgl. V. 15-18a). Er ist das »Ebenbild«, die sichtbare »Ikone« Gottes, der in seinem Geheimnis unsichtbar bleibt. Das hat Mose erfahren, als er in seinem tiefen Wunsch, einen Blick auf die persönliche Wirklichkeit Gottes zu werfen, die Antwort erhielt: »Du kannst mein Angesicht nicht sehen; denn kein Mensch kann mich sehen und am Leben bleiben« (Ex 33,20 vgl. auch Jn 14,8-9).
Das Antlitz des Vaters, des Schöpfers der Welt, wird hingegen in Christus zugänglich, dem Urheber der geschaffenen Wirklichkeit: »Denn in ihm wurde alles erschaffen … in ihm hat alles Bestand« (Col 1,16-17). Christus ist also den geschaffenen Wirklichkeiten einerseits überlegen, aber anderseits auch in ihre Schöpfung einbezogen. Darum kann er von uns als »Ebenbild des unsichtbaren Gottes« gesehen werden, der uns durch den Schöpfungsakt nahegekommen ist.
3. Der Lobpreis zur Ehre Christi wird in der zweiten Strophe (vgl. V. 18b-20) mit Blick auf einen anderen Horizont fortgesetzt: dem des Heils, der Erlösung, der Wiedergeburt der von Ihm geschaffenen Menschheit, die aber gesündigt hatte und in den Tod gestürzt war.
Jetzt bewirkt die »Fülle« der Gnade und des Heiligen Geistes, die der Vater in den Sohn gelegt hat, daß er uns durch seinen Tod und seine Auferstehung ein neues Leben schenken kann (vgl. V. 19-20).
4. Er wird deshalb als »der Erstgeborene der Toten« (1,18b) gefeiert. Durch seine göttliche »Fülle«, aber auch durch sein am Kreuz vergossenes Blut »versöhnt« er alle himmlischen und irdischen Wirklichkeiten und »stiftet Frieden«. Er versetzt sie wieder in ihre ursprüngliche Lage, indem er die ursprüngliche Harmonie wiederherstellt, die Gott entsprechend seinem Plan der Liebe und des Lebens gewollt hat. Schöpfung und Erlösung sind deshalb als Etappen ein und desselben Heilsplans miteinander verbunden.
5. Wie gewohnt geben wir jetzt der Meditation der großen Glaubenslehrer, der Kirchenväter, Raum. Einer von ihnen wird uns beim Nachdenken über das von Christus in seinem Opferblut vollbrachte Heilswerk führen.
83 In dem ihm zugeschriebenen Kommentar zu den Briefen des Apostel Paulus schreibt Johannes von Damaskus, als er unseren Hymnus kommentiert, wie folgt: »Der hl. Paulus spricht von ›Erlösung durch sein Blut‹ (vgl. Ep 1,7). In der Tat wird als Lösegeld das Blut des Herrn gegeben, der die Gefangenen vom Tod zum Leben führt. Für diejenigen, die dem Reich des Todes unterworfen waren, war es einfach nicht möglich, auf eine andere Weise gerettet zu werden als durch den, der mit uns den Tod geteilt hat … An dem Vorgang seines Kommens haben wir das Wesen Gottes erkannt, das vor seinem Kommen war. Denn es ist Werk Gottes, daß der Tod ausgelöscht, das Leben zurückgegeben und die Welt zu Gott zurückgeführt wurden. Deshalb sagt er: ›Er ist das Ebenbild des unsichtbaren Gottes‹ (Col 1,15), um offenbar zu machen, daß er Gott ist, auch wenn er nicht der Vater, sondern das Ebenbild des Vaters ist und mit ihm die gleiche Identität hat, obwohl er nicht der Vater ist« (I libri della Bibbia interpretati dalla grande tradizione, Bologna 2000, Ss. 18.23).
Johannes von Damaskus schließt dann mit einem Überblick über das Heilswerk Christi: »Der Tod Christi hat den Menschen erlöst und erneuert; und er hat die Engel zur ursprünglichen Freude zurückgeführt auf Grund der Erlösten, und er hat die niedrigeren mit den höheren Wirklichkeiten verbunden … Denn er schloß Frieden und beseitigte die Feindschaft. Deshalb sangen die Engel: ›Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden‹« (ebd., S. 37).
Im Mittelpunkt des Lebens und der Liturgie der Kirche steht Jesus Christus. Der Christushymnus des Kolosserbriefes gibt Zeugnis vom Glauben der ersten Christen und von ihrem Beten zum Herrn Jesus: Er ist der Erstgeborene der ganzen Schöpfung und derer, die von den Toten auferstehen (vgl. Kol Col 1,15 Kol Col 1,18).
Mit der Fülle seiner Gottheit und durch sein am Kreuz vergossenes Blut hat Christus alles im Himmel und auf Erden versöhnt und Frieden gestiftet. So stellt er die ursprüngliche Ordnung wieder her, wie Gott sie in seinem Plan der Liebe und des Lebens gewollt hat.
***
Herzlich grüße ich die deutschsprachigen Pilger und Besucher. Jesus Christus ist die Mitte und das Ziel unseres Lebens. Denn „in ihm hat alles Bestand" (Col 1,17). Übereignet dem Herrn euer ganzes Leben! Sein Friede sei immer mit euch.
1 [Von Salomo.] Verleih dein Richteramt, o Gott, dem König, dem Königssohn gib dein gerechtes Walten!
2 Er regiere dein Volk in Gerechtigkeit und deine Armen durch rechtes Urteil.
3 Dann tragen die Berge Frieden für das Volk und die Höhen Gerechtigkeit.
84 7 Die Gerechtigkeit blühe auf in seinen Tagen und großer Friede, bis der Mond nicht mehr da ist. 10 Die Könige von Tarschisch und von den Inseln bringen Geschenke, die Könige von Saba und Seba kommen mit Gaben.
11 Alle Könige müssen ihm huldigen, alle Völker ihm dienen.
1. Die Liturgie der Vesper, deren Psalmen und Cantica wir nach und nach kommentieren, stellt in zwei Teilen einen in der jüdischen und christlichen Tradition sehr beliebten Psalm vor: Psalm 72, ein Königslied, das die Kirchenväter im Hinblick auf den Messias betrachtet und gedeutet haben.
Wir haben soeben den ersten Teil dieses feierlichen Gebets gehört (vgl. V. 1-11). Er beginnt mit einem gemeinsamen eindringlichen Bittruf zu Gott, er möge dem Herrscher jene Gabe gewähren, die für eine gute Regierung grundlegend ist: die Gerechtigkeit. Sie wird vor allem gegenüber den Armen geübt, die ja sonst häufig Opfer der Macht sind.
Bemerkenswert ist der besondere Nachdruck, mit dem der Psalmist die moralische Pflicht hervorhebt, das Volk nach Recht und Gerechtigkeit zu regieren: »Verleih dein Richteramt, o Gott, dem König, dem Königssohn gib dein gerechtes Walten! Er regiere dein Volk in Gerechtigkeit und deine Armen durch rechtes Urteil. Er wird Recht verschaffen den Gebeugten im Volk« (V. 1-2.4).
Wie der Herr die Welt in Gerechtigkeit regiert (vgl. Ps 36,7), so soll der König, der nach alttestamentlichem Verständnis sein sichtbarer Vertreter auf Erden ist, sich dem Handeln seines Gottes angleichen.
2. Wenn die Rechte der Armen verletzt werden, verübt man nicht nur eine politisch unkorrekte und moralisch verwerfliche Tat. Der Bibel zufolge verübt man auch eine gegen Gott gerichtete Tat, ein religiöses Verbrechen, denn der Herr ist Hüter und Anwalt der Elenden und Unterdrückten, der Witwen und Waisen (vgl. Ps 68,6), das heißt derer, die keinen menschlichen Beschützer haben.
Es ist leicht verständlich, daß die Tradition die oft enttäuschende Gestalt des davidischen Königs - schon vom Untergang des Reiches Juda an (6. Jahrhundert v. Chr.) - durch die strahlende und glorreiche Gestalt des Messias ersetzt hat, wie sie in der hoffnungsvollen Prophetie von Jesaja erscheint: »Er richtet die Hilflosen gerecht und entscheidet für die Armen des Landes, wie es recht ist« (11,4). Oder wie es der Prophet Jeremia ankündigt: »Seht, es kommen Tage - Spruch des Herrn -, da werde ich für David einen gerechten Sproß erwecken. Er wird als König herrschen und weise handeln, für Recht und Gerechtigkeit wird er sorgen im Land« (23,5).
3. Nach dieser lebhaften und nachdrücklichen Bitte um das Geschenk der Gerechtigkeit weitet der Psalm den Blick und betrachtet das Reich des messianischen Königs, wie es sich entlang der beiden Koordinaten Zeit und Raum entfaltet. Denn erstens wird sein Fortdauern in der Geschichte betont (vgl. Ps 72,5 Ps 72,7). Die Vergleiche mit dem Kosmos sprechen eine deutliche Sprache: Der Ablauf der Tage wird vom Rhythmus der Sonne und des Mondes und der Ablauf der Jahreszeiten durch den Regen und die Blütezeit bestimmt.
Ein fruchtbares und friedvolles Reich also, das aber immer unter dem Zeichen der grundlegenden Werte Gerechtigkeit und Frieden (vgl. V. 7) steht. Es sind die Zeichen des Eintritts des Messias in unsere Geschichte. In dieser Hinsicht ist der Kommentar der Kirchenväter erhellend, die in dem messianischen König das Antlitz Christi, des ewigen und universalen Königs, erblicken.
4. So schreibt der hl. Cyrill von Alexandrien in seiner Explanatio in Psalmos, daß die Einsicht, die Gott dem König gibt, jener Beschluß ist, von dem Paulus spricht: »das heißt der Beschluß, die Fülle der Zeiten heraufzuführen, in Christus alles zu vereinen« (Ep 1,10). Denn »in seinen Tagen wird die Gerechtigkeit aufblühen und großer Friede«, was bedeutet, daß »in den Tagen Christi für uns durch den Glauben die Gerechtigkeit aufgehen und in unserer Hinwendung zu Gott für uns die Fülle des Friedens anbrechen wird«. Im übrigen sind gerade wir die »Gebeugten« und die »Kinder der Armen«, denen dieser König zu Hilfe eilt und die er rettet. Und wenn er insbesondere »die heiligen Apostel ›Arme‹ nennt, weil sie arm sind im Geiste, hat er uns deshalb gerettet, weil wir ›Kinder der Armen‹ sind, und hat uns durch den Heiligen Geist im Glauben gerecht gemacht und geheiligt« (PG LXIX, 1180).
85 5. Zweitens beschreibt der Psalmist auch den räumlichen Bereich, den das Reich der Gerechtigkeit und des Friedens des messianischen Königs umfaßt (vgl. Ps 72,8-11). Hier zeigt sich eine universale Dimension, die vom Roten Meer oder vom Toten Meer bis zum Mittelmeer, vom Eufrat, dem großen »Strom« des Orients, bis ans Ende der Erde reicht (vgl. V. 8), das auch durch Tarsus und die Inseln - also die für die damalige alttestamentliche Geographie am weitesten westlich gelegenen Länder - bezeichnet wird (vgl. V. 10). Dieser Blick schweift über die ganze damals bekannte Welt, die Araber und Nomaden, Herrscher weit entfernter Staaten und sogar die Feinde in eine universale Gemeinschaft einbezieht, die mehrmals von den Psalmen (vgl. Ps 47,10 86,1-7) und den Propheten (vgl. Is 2,1-5 Is 60,1-22 Ml 1,11) besungen wird.
Diese Vision könnte daher mit den Worten eines Propheten, Sacharja, besiegelt werden, mit Worten, die die Evangelien auf Christus anwenden: »Juble laut, Tochter Zion! Jauchze, Tochter Jerusalem! Siehe, dein König kommt zu dir. Er ist gerecht … [Er] vernichtet die Streitwagen aus Efraim und die Rosse aus Jerusalem, vernichtet wird der Kriegsbogen. Er verkündet für die Völker den Frieden; seine Herrschaft reicht von Meer zu Meer und vom Eufrat bis an die Enden der Erde« (Za 9,9-10; vgl. Mt 21,5).
Die Königspsalmen sind in der alttestamentlichen wie in der christlichen Tradition ein wertvoller Gebetsschatz. Psalm 72 hebt den moralischen Anspruch des Herrschers hervor, nach Recht und in Redlichkeit zu regieren. Wie Gott die Welt in Wahrheit und Gerechtigkeit lenkt, so soll Israels König als Statthalter des Höchsten in Übereinstimmung mit dem göttlichen Wirken seinen Herrscherdienst vollziehen.
Die christliche Überlieferung erkennt in diesem Psalm eine Prophetie des Kommens Christi, des von Alters her verheißenen Messias. In den Psalmversen erblickt sie Wesenszüge seines ewigen und universalen Reiches.
***
Von Herzen grüße ich die Pilger und Besucher aus den Ländern deutscher Sprache. Niemand, der auf den Herrn hofft, geht zugrunde (vgl. Ps 25,3). Die Gemeinschaft mit Christus mache euch zu jedem guten Werk bereit. Gottes Geist geleite euch auf allen Wegen!
Generalaudienz 2004 75