Generalaudienzen 2005-2013 51207
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Liebe Brüder und Schwestern!
In den letzten beiden Katechesen haben wir eine Reise zu den Kirchen des Ostens semitischer Sprache unternommen und über den Perser Aphrahat und den hl. Ephräm den Syrer nachgedacht; heute kehren wir mit dem hl. Chromatius von Aquileia in die lateinische Welt zurück, in den Norden des Römischen Reiches. Dieser Bischof übte seinen Dienst in der alten Kirche von Aquileia aus, einem blühenden Zentrum christlichen Lebens, das in der »Zehnten Region« des Römischen Reiches lag, der Region »Venetia et Histria«. Als Chromatius im Jahr 388 den Bischofsstuhl der Stadt bestieg, war in der christlichen Ortsgemeinde bereits eine ruhmreiche Geschichte der Treue zum Evangelium herangereift. Zwischen der Mitte des dritten und den ersten Jahren des vierten Jahrhunderts hatten die Verfolgungen unter Decius, Valerian und Diokletian eine große Zahl von Märtyrern gefordert. Darüber hinaus hatte sich die Kirche von Aquileia, wie viele andere Kirchen der damaligen Zeit, der Bedrohung durch die arianische Irrlehre gestellt. Athanasius selbst - der Vorkämpfer der nizänischen Rechtgläubigkeit, den die Arianer ins Exil verbannt hatten -, fand einige Zeit Zuflucht in Aquileia. Unter der Führung ihrer Bischöfe widerstand die christliche Gemeinde den Gefahren der Irrlehre und stärkte ihr Festhalten am katholischen Glauben.
Im September 381 war Aquileia Sitz einer Synode, zu der ungefähr 35 Bischöfe aus den Küstengebieten Nordafrikas, aus dem Rhônetal und aus der ganzen »Zehnten Region« zusammenkamen. Die Synode nahm sich vor, die letzten Reste des Arianismus im Westen zu beseitigen. An dem Konzil nahm auch der Priester Chromatius teil als Experte Valerians, des Bischofs von Aquileia (370/1-387/8). Die Jahre um die Synode von 381 waren »das goldene Zeitalter« der Gemeinde von Aquileia. Der aus Dalmatien stammende hl. Hieronymus und Rufinus von Concordia sprechen voll Nostalgie von ihrem Aufenthalt in Aquileia (370-373), in jener Art von theologischem Kreis, den Hieronymus, ohne zu zögern, »tamquam chorus beatorum« - »einen Chor der Seligen« -, nennt (Chronikon, PL XXVII, 697-698). Aus diesem Kreis - der in gewisser Hinsicht an die Gemeinschaftserfahrungen erinnert, die Eusebius von Vercelli und Augustinus gemacht hatten - erwuchsen die namhaftesten Persönlichkeiten der Kirchen nördlich der Adria.
Chromatius hatte aber schon in seiner Familie Christus kennen und lieben gelernt. Mit Worten voller Bewunderung spricht darüber Hieronymus selbst, der die Mutter des Chromatius mit der Prophetin Hanna, seine zwei Schwestern mit den klugen Jungfrauen im Gleichnis des Evangeliums, Chromatius selbst und seinen Bruder Eusebius mit dem jungen Samuel vergleicht (vgl. Ep. VII: PL XXII, 341). Von Chromatius und Eusebius schreibt Hieronymus noch: »Der selige Chromatius und der heilige Eusebius waren Brüder durch Blutsverwandtschaft, aber nicht weniger durch die Übereinstimmung in ihren Idealen« (Ep. VIII: PL XXII, 342).
Chromatius wurde um das Jahr 345 in Aquileia geboren. Er wurde zum Diakon und dann zum Priester geweiht; schließlich wurde er zum Bischof dieser Kirche gewählt (im Jahr 388). Nach Empfang der Bischofsweihe durch Bischof Ambrosius widmete er sich voll Mut und Tatkraft einer Aufgabe, die angesichts der Ausdehnung der seiner Hirtensorge anvertrauten Gebiete gewaltig war: Das kirchliche Jurisdiktionsgebiet von Aquileia erstreckte sich nämlich von den Gebieten der heutigen Schweiz über Bayern, Österreich und Slowenien bis nach Ungarn. Wie sehr Chromatius in der Kirche seiner Zeit bekannt war und geschätzt wurde, kann man einer Episode aus dem Leben des hl. Johannes Chrysostomus entnehmen. Als der Bischof von Konstantinopel von seinem Sitz verbannt wurde, schrieb er drei Briefe an diejenigen, die er für die bedeutendsten Bischöfe des Westens hielt, um deren Unterstützung bei den Kaisern zu erwirken: Einen Brief schrieb er an den Bischof von Rom, den zweiten an den Bischof von Mailand und den dritten an den Bischof von Aquileia, eben Chromatius (Ep. CLV: PG LII, 702). Auch für diesen waren es wegen der prekären politischen Situation schwierige Zeiten. Chromatius starb sehr wahrscheinlich 407 im Exil in Grado, während er versuchte, den Angriffen der Barbaren zu entkommen, im selben Jahr, in dem auch Chrysostomus starb.
Dem Ansehen und der Bedeutung nach war Aquileia die vierte Stadt der italienischen Halbinsel und die neunte des Römischen Reiches: Auch aus diesem Grund war sie ein verlockendes Ziel der Goten und der Hunnen. Abgesehen davon, daß die Invasionen dieser Völker schwere Opfer forderten und Zerstörungen verursachten, gefährdeten sie ernstlich die Überlieferung der Werke der Väter, die in der an Codices reichen bischöflichen Bibliothek aufbewahrt waren. Auch die Schriften des hl. Chromatius wurden an andere Orte zerstreut und oft anderen Autoren zugeschrieben: Johannes Chrysostomus (auch wegen des gleichen Beginns der beiden Namen: Chromatius wie Chrysostomus); oder Ambrosius und Augustinus; und auch Hieronymus, dem Chromatius sehr bei der Revision des Textes und bei der lateinischen Übersetzung der Bibel geholfen hatte. Die Wiederentdeckung des Großteils der Werke des Chromatius ist glücklichen und zufälligen Umständen zu verdanken, die es erst in jüngster Zeit ermöglicht haben, ein ziemlich reiches »Corpus« von Schriften zu rekonstruieren: mehr als vierzig Predigten, von denen ungefähr zehn als Fragmente erhalten sind, und sechzig kommentierende Abhandlungen zum Matthäusevangelium.
Chromatius war ein weiser Lehrer und eifriger Hirt. Sein erstes und vornehmliches Bemühen war es, auf das Wort zu hören, um fähig zu sein, dann zu dessen Verkünder zu werden: In seiner Lehre geht er stets vom Wort Gottes aus und kehrt immer wieder zu ihm zurück. Einige Themen sind ihm besonders wichtig: vor allem das Geheimnis der Dreifaltigkeit, das er in seiner Offenbarung durch die ganze Heilsgeschichte hindurch betrachtet. Dann das Thema des Heiligen Geistes: Chromatius weist die Gläubigen ständig auf die Gegenwart und das Wirken der dritten Person der Allerheiligsten Dreifaltigkeit im Leben der Kirche hin. Aber mit besonderer Beharrlichkeit kehrt der heilige Bischof zum Geheimnis Christi zurück. Das fleischgewordene Wort ist wahrer Gott und wahrer Mensch: Es hat die Menschheit ganz angenommen, um ihr seine Göttlichkeit zu schenken. Diese Wahrheiten, die auch gegen den Arianismus beharrlich hervorgehoben wurden, werden ungefähr fünfzig Jahre später zur Definition des Konzils von Chalzedon führen. Die starke Hervorhebung der menschlichen Natur Christi führt Chromatius dazu, von der Jungfrau Maria zu sprechen. Seine mariologische Lehre ist klar und genau. Ihm verdanken wir einige beeindruckende Beschreibungen der allerseligsten Jungfrau: Maria ist die »Jungfrau des Evangeliums, die fähig ist, Gott aufzunehmen«; sie ist das »unbefleckte und unversehrte Schaf«, das das »in Purpur gekleidete Lamm« gezeugt hat (vgl. Sermo XXIII,3: »Scrittori dell’area santambrosiana«, 3/1, S. 134). Der Bischof von Aquileia setzt häufig die Jungfrau in Beziehung zur Kirche. Beide sind nämlich »Jungfrauen« und »Mütter«. Die Ekklesiologie des Chromatius wird vor allem im Kommentar zu Matthäus entwickelt. Hier einige wiederkehrende Begriffe: Die Kirche ist eine, sie ist aus dem Blut Christi entstanden; sie ist wertvolles Gewand, durchwoben vom Heiligen Geist; die Kirche ist dort, wo verkündet wird, daß Christus von der Jungfrau Maria geboren wurde, wo Brüderlichkeit und Eintracht blühen. Ein Bild, dem Chromatius besonders innig zugetan ist, ist das Bild des Schiffes auf der stürmischen See - und seine Zeiten waren, wie wir gehört haben, Zeiten des Sturms -: »Es besteht kein Zweifel«, sagt der heilige Bischof, »daß dieses Schiff die Kirche darstellt« (vgl. Tract. XLII,5: a.a.O., 3/2, S. 260).
Als eifriger Hirt, der er ist, weiß Chromatius mit frischer, farbiger und einprägsamer Sprache zu seinen Leuten zu sprechen. Obwohl er die lateinische Sprache vollkommen beherrscht, zieht er es vor, auf die Volkssprache zurückzugreifen, die reich an leicht verständlichen Bildern ist. Indem er sich so zum Beispiel vom Meer anregen läßt, vergleicht er einerseits den natürlichen Fang von Fischen, die sterben, sobald sie ans Ufer gezogen worden sind, und andererseits die Verkündigung des Evangeliums, dank der die Menschen aus den schlammigen Wassern des Todes gerettet und in das wahre Leben eingeführt werden (vgl. Tract.XVI,3: a.a.O., 3,2, S. 106). Während er immer den Guten Hirten im Blick hat, versteht er es, sich in einer stürmischen, von den Übergriffen der Barbaren heimgesuchten Zeit wie der seinigen auf die Seite der Gläubigen zu stellen, um sie zu trösten und ihre Seele für das Vertrauen in Gott zu öffnen, der seine Kinder nie verläßt.
Nehmen wir zum Abschluß dieser Überlegungen eine Ermahnung des Chromatius auf, die noch heute voll gültig ist: »Bitten wir den Herrn aus ganzem Herzen und mit ganzem Glauben«, empfiehlt der Bischof von Aquileia in einer seiner Predigten, »bitten wir ihn, uns von jedem Übergriff der Feinde, von aller Furcht vor den Gegnern zu befreien. Er schaue nicht auf unsere Verdienste, sondern auf seine Barmherzigkeit, er, der sich auch in der Vergangenheit herabließ, die Kinder Israels nicht wegen ihrer Verdienste, sondern wegen seiner Barmherzigkeit zu befreien. Er behüte uns mit seiner barmherzigen Liebe und wirke für uns, was der heilige Mose den Kindern Israels sagte: ›Der Herr wird zu eurer Verteidigung kämpfen, und ihr werdet still sein.‹ Er ist es, der kämpft, er ist es, der den Sieg davonträgt… Und damit er sich herablasse, das zu tun, müssen wir soviel wie möglich beten. Er sagt nämlich selbst durch den Mund des Propheten: ›Rufe mich am Tag des Leidens an; ich werde dich befreien, und du wirst mir Herrlichkeit geben‹« (Sermo XVI,4: a.a.O., 3/1, S.100-102).
So erinnert uns der hl. Chromatius gerade zu Beginn der Adventszeit daran, daß der Advent eine Zeit des Gebetes ist, in der wir mit Gott in Berührung treten müssen. Gott kennt uns, er kennt mich, er kennt einen jeden von uns, er hat mich lieb, er verläßt mich nicht. Schreiten wir mit diesem Vertrauen voran in dieser liturgischen Zeit, die soeben begonnen hat.
In der Reihe der großen Gestalten der christlichen Antike wenden wir uns heute dem heiligen Chromatius von Aquileia zu, der in dieser einst bedeutenden Stadt Venetiens um 345 geboren wurde. Chromatius wuchs in einer christlichen Familie auf. Hieronymus, der einige Jugendjahre in Aquileia verbrachte, berichtet mit Bewunderung vom starken Glauben und tugendhaften Leben der Mutter und der Geschwister. Chromatius selbst wurde später zum Diakon und zum Priester geweiht. Er nahm auch an der bedeutenden Synode des Jahres 381 in Aquileia teil, die der Abwehr der Irrlehre des Arius galt, dessen Anhänger die Gottheit Christi leugneten. Schließlich wurde Chromatius im Jahre 388 zum Bischof von Aquileia gewählt, eine wegen der Weitläufigkeit dieses Bistums ungeheure Aufgabe, der er sich mit Mut und großem Eifer zuwandte. Gestorben ist Chromatius im Jahre 407 wahrscheinlich im Exil in Grado an der Adria, wo er sich vor den Streifzügen der Goten und der Hunnen zurückziehen mußte. Von seinen Werken blieben ungefähr 40 Predigten und etwa 60 Traktate eines Kommentars zum Matthäusevangelium erhalten. Sein Grundanliegen ist es, das Vertrauen der Gläubigen auf Gottes Güte zu wecken, die sich im Schoß der Kirche offenbart. Kirche ist dort, wo verkündet wird, daß Christus von der Jungfrau Maria geboren wird. Die Predigt des Evangeliums ist für Chromatius wie ein Fischzug, der aber nicht tötet, sondern die Menschen aus den Fluten des Todes errettet.
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Ein herzliches "Grüß Gott" sage ich allen deutschsprachigen Pilgern und Besuchern. Besonders heiße ich heute die Wallfahrer aus der Schönstattbewegung willkommen. Lassen wir uns vom heiligen Bischof Chromatius anleiten: Beten wir zum Herrn, wie er in der wirren Zeit gebetet hat, daß er uns die Furcht nehme und daß er uns Vertrauen schenkt, daß er uns die Gewißheit schenkt, daß Gott mit seinem Erbarmen einem jeden von uns nahe ist, daß er uns zum Guten führt und das Gute zum Sieg führt. Euch allen wünsche eine gesegnete Adventszeit!
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Liebe Brüder und Schwestern!
Der Kirchenvater, auf den wir heute unsere Aufmerksamkeit richten, ist der hl. Paulinus von Nola. Paulinus, ein Zeitgenosse des hl. Augustinus, mit dem ihn eine tiefe Freundschaft verband, übte seinen Dienst in Nola in Kampanien aus, wo er Mönch, dann Priester und Bischof war. Er stammte jedoch aus Aquitanien in Südfrankreich, genauer aus Bordeaux, wo er in einer vornehmen Familie geboren wurde. Dort erhielt er eine erlesene literarische Ausbildung, da der Dichter Ausonius sein Lehrer war. Seine Heimat verließ er ein erstes Mal, um frühzeitig die politische Laufbahn einzuschlagen, die ihn noch in jungen Jahren zum Amt des Statthalters von Kampanien aufsteigen ließ. In diesem öffentlichen Amt erregten seine Gaben der Weisheit und Milde Bewunderung. In dieser Zeit ließ die Gnade in seinem Herzen das Samenkorn der Bekehrung aufkeimen. Der Ansporn dazu kam von dem schlichten und innigen Glauben, mit dem das Volk das Grab eines Heiligen, des Märtyrers Felix, im Heiligtum des heutigen Cimitile verehrte. Als staatlicher Verantwortlicher kümmerte sich Paulinus um dieses Heiligtum und ließ ein Hospiz für die Armen und eine Straße bauen, um den vielen Pilgern den Zugang zum Heiligtum zu erleichtern.
Während er sich darum bemühte, die irdische Stadt zu errichten, entdeckte er den Weg zur himmlischen Stadt. Die Begegnung mit Christus war der Ankunftsort eines beschwerlichen, mit Prüfungen übersäten Weges. Schmerzliche Umstände, angefangen beim Verlust der Gunst der öffentlichen Autorität, ließen ihn die Hinfälligkeit der Dinge deutlich erfahren. Einmal zum Glauben gelangt wird er schreiben: »Der Mensch ohne Christus ist Staub und Schatten« (Carmen X, 289). Mit dem Wunsch, Licht in den Sinn des Daseins zu bringen, ging er nach Mailand, um sich in die Schule des Ambrosius zu begeben. Er vervollständigte dann seine christliche Bildung in seiner Heimat, wo er aus den Händen des Bischofs Delphinus von Bordeaux die Taufe empfing. Zu seinem Glaubensweg gehörte auch die Ehe. Er heiratete nämlich Therasia, eine fromme adelige Frau aus Barcelona, von der er einen Sohn hatte. Er hätte wohl weiter als guter christlicher Laie gelebt, wenn ihn nicht der Tod des Kindes wenige Tage nach der Geburt erschüttert und ihm gezeigt hätte, daß Gottes Plan für sein Leben ein anderer war. Er fühlte sich in der Tat dazu berufen, sich Christus in einem streng asketischen Leben zu weihen.
In voller Übereinstimmung mit seiner Frau Therasia verkaufte er seinen Besitz zugunsten der Armen, verließ zusammen mit ihr Aquitanien und ging nach Nola, wo sich die beiden Eheleute neben der Basilika des heiligen Schutzpatrons Felix niederließen und von da an in keuscher Geschwisterlichkeit lebten, einer Lebensform entsprechend, der sich auch andere anschlossen. Der gemeinschaftliche Lebensrhythmus war typisch monastisch, aber Paulinus, der in Barcelona zum Priester geweiht worden war, begann sich auch im priesterlichen Dienst um die Pilger zu kümmern. Das brachte ihm die Sympathie und das Vertrauen der christlichen Gemeinde ein, die ihn nach dem Tod des Bischofs um das Jahr 409 zum Nachfolger auf den Bischofsstuhl von Nola wählte. Sein pastorales Wirken verstärkte sich, wobei er sich durch eine besondere Aufmerksamkeit gegenüber den Armen auszeichnete. Er hinterließ das Bild eines echten Hirten der Nächstenliebe, wie ihn der hl. Gregor der Große im III. Kapitel seiner Dialoge beschrieb, wo Paulinus in der heroischen Geste geschildert wird, als er sich anstelle des Sohnes einer Witwe als Gefangener anbot. Die Episode ist zwar historisch umstritten, es bleibt jedoch die Gestalt eines Bischofs mit weitem Herzen, der es verstand, seinem Volk in den traurigen Umständen der Barbareneinfälle nahezustehen.
Die Bekehrung des Paulinus beeindruckte die Zeitgenossen. Sein Lehrer Ausonius, ein heidnischer Dichter, fühlte sich »verraten« und richtete bittere Worte an ihn, wobei er ihm einerseits die - von ihm für unsinnig gehaltene - »Verachtung« der materiellen Güter, andererseits die Abkehr von der Berufung zum Literaten vorwarf. Paulinus erwiderte, daß sein Beschenken der Armen keine Verachtung für die irdischen Güter bedeute, sondern vielmehr ihre Aufwertung zum höchsten Zweck der Nächstenliebe. Was die literarischen Anstrengungen betrifft, so hatte sich Paulinus nicht von seiner dichterischen Begabung verabschiedet, die er weiterhin pflegte, sondern von den poetischen Vorlagen, die sich an der Mythologie und den heidnischen Idealen inspirierten. Eine neue Ästhetik beherrschte nunmehr seine Empfindsamkeit: Es war die Schönheit des fleischgewordenen, gekreuzigten und auferstandenen Gottes, zu deren Sänger er sich jetzt machte. Er hatte in Wirklichkeit nicht die Dichtung aufgegeben, sondern schöpfte jetzt seine Inspiration aus dem Evangelium, wie er in folgendem Vers sagt: »Die einzige Kunst für mich ist der Glaube, und Christus ist meine Dichtung (»At nobis ars una fides, et musica Christus«: Carmen XX, 32).
Seine Carmina sind Lieder des Glaubens und der Liebe, in denen die alltägliche Geschichte der kleinen und großen Ereignisse als Heilsgeschichte, als Geschichte Gottes mit uns erfaßt wird. Viele dieser Lieder, die sogenannten Carmina natalicia, sind mit dem jährlichen Fest des Märtyrers Felix verbunden, den er zum himmlischen Schutzherrn erwählt hatte. Durch das Gedenken an den hl. Felix wollte er Christus selbst verherrlichen, da er überzeugt war, daß die Fürsprache des Heiligen für ihn die Gnade der Bekehrung erwirkt hätte: »In deinem Licht, Glücklicher, habe ich Christus geliebt« (Carmen XXI, 373). Diesen selben Gedanken wollte er dadurch zum Ausdruck bringen, daß er das Heiligtum mit einer neuen Basilika erweiterte, die er so ausgestalten ließ, daß die mit entsprechenden erklärenden Titeln versehenen Gemälde für die Pilger eine visuell erfaßbare Katechese darstellten. So erklärte er sein Vorhaben in einem Gedicht, das er einem anderen großen Katecheten, dem hl. Niketas von Remesiana, gewidmet hat, während er ihn beim Besuch seiner Basiliken begleitete: »Jetzt will ich, daß du die Bilder betrachtest, die sich in einer langen Reihe an den Wänden der ausgemalten Säulengänge aneinanderfügen… Uns erschien es ein nützliches Werk zu sein, mit der Malerei heilige Inhalte im ganzen Haus des Felix darzustellen, in der Hoffnung, daß beim Anblick dieser Bilder die gemalte Gestalt das Interesse der erstaunten Seelen der Bauern wecke« (Carmen XXVII, VV. 511.580-583). Noch heute kann man die Reste dieser Werke bewundern, die den Heiligen von Nola zu Recht zu den Hauptgestalten der christlichen Archäologie zählen.
Im Asketerium von Cimitile verlief das Leben in Armut, Gebet und ganz vertieft in die »lectio divina«. Die gelesene, betrachtete und aufgenommene Heilige Schrift war das Licht, unter dessen Strahlen der Heilige von Nola seine Seele in ihrem Streben nach der Vollendung erforschte. Diejenigen, die seine Entscheidung bewunderten, auf die materiellen Güter zu verzichten, erinnerte er daran, daß diese Geste noch weit davon entfernt war, bereits die volle Umkehr zu sein: »Die Preisgabe oder der Verkauf der in dieser Welt besessenen zeitlichen Güter ist nicht die Erfüllung, sondern nur der Beginn des Laufes im Stadion; es ist sozusagen nicht das Ziel, sondern nur der Start. Der Athlet siegt nämlich nicht in dem Augenblick, in dem er sich entkleidet, denn er legt seine Kleider ab, um den Kampf zu beginnen, während er nur dann würdig ist, als Sieger gekrönt zu werden, wenn er gebührlich gekämpft hat« (vgl. Epist. XXIV, 7 an Sulpicius Severus).
Neben der Askese und dem Wort Gottes steht die Nächstenliebe: In der monastischen Gemeinschaft gehörten die Armen zum Haus. Paulinus beschränkte sich nicht darauf, ihnen Almosen zu geben: Er nahm sie auf, als seien sie Christus selbst. Er hatte für sie einen Teil des Klosters reserviert und es schien ihm, dadurch nicht viel zu geben, sondern vielmehr zu empfangen, im Austausch der Gaben zwischen der angebotenen Aufnahme und dem Dankgebet derjenigen, die Hilfe erhielten. Er nannte die Armen seine »Schutzpatrone« (vgl. Epist. XIII, 11 an Pammachius), und indem er vermerkte, daß sie im Erdgeschoß beherbergt wurden, liebte er es zu sagen, daß ihr Gebet das Fundament für sein Haus bildete (vgl. Carmen XXI, 393-394).
Der hl. Paulinus schrieb keine theologischen Abhandlungen, doch seine Carmina und sein umfangreicher Briefwechsel sind reich an gelebter Theologie, die vom Wort Gottes durchtränkt ist, stets erforscht als Licht für das Leben. Insbesondere tritt der Sinn der Kirche als Geheimnis der Einheit hervor. Die Gemeinschaft wurde von ihm vor allem durch eine ausgeprägte Praxis der geistlichen Freundschaft gelebt. Darin war Paulinus ein wahrer Meister, indem er sein Leben zu einem Treffpunkt erwählter Geister machte: von Martin von Tours bis Hieronymus, von Ambrosius bis Augustinus, von Delphinus von Bordeaux bis Niketas von Remesiana, von Victricius von Rouen bis Rufinus von Aquileia, von Pammachius bis Sulpicius Severus und noch vielen anderen, mehr oder weniger bekannten Gestalten. In dieser Atmosphäre entstehen die eindringlichen Seiten, die er an Augustinus schrieb. Abgesehen vom Inhalt der einzelnen Briefe beeindruckt die Wärme, mit der der Heilige von Nola die Freundschaft selbst als Offenbarwerden des einzigen, vom Heiligen Geist beseelten Leibes Christi besingt. Hier ein bedeutsamer Abschnitt zu Beginn des Briefwechsels zwischen den beiden Freunden: »Es ist nicht verwunderlich, wenn wir, obwohl räumlich entfernt, einander nahe sind und uns kennen, ohne uns kennengelernt zu haben, denn wir sind Glieder des einen Leibes, wir haben ein einziges Haupt, wir werden von einer einzigen Gnade überflutet, wir leben von einem Brot, wir gehen auf einer einzigen Straße, wir wohnen in demselben Haus« (Epist. 6, 2). Wie man sieht: eine sehr schöne Beschreibung dessen, was es heißt, Christ zu sein, Leib Christi zu sein, in der Gemeinschaft der Kirche zu leben. Die Theologie unserer Zeit hat gerade im Begriff der communio - Gemeinschaft - den Schlüssel zur Annäherung an das Geheimnis der Kirche gefunden. Das Zeugnis des hl. Paulinus von Nola hilft uns, die Kirche, wie sie uns das II. Vatikanische Konzil vorstellt, als Sakrament der innigen Vereinigung mit Gott und so der Einheit unter uns allen und schließlich des ganzen Menschengeschlechts wahrzunehmen (vgl. Lumen gentium LG 1). In dieser Perspektive wünsche ich euch allen eine gute Adventszeit.
Im Mittelpunkt unserer heutigen Betrachtung steht der heilige Paulinus von Nola, ein Zeitgenosse und Freund des heiligen Augustinus. Paulinus entstammte einer vornehmen Familie aus Bordeaux und erhielt eine gute literarische Ausbildung. Früh schlug er die politische Laufbahn ein und wurde Statthalter in Kampanien. Dort wurde die Verehrung des Märtyrers Felix für ihn zu einem Schlüsselerlebnis auf seinem Weg zu einem echt christlichen Leben. Paulinus begab sich zunächst in die Schule des Ambrosius von Mailand, ehe er in seiner Heimat die Taufe empfing. Von mehreren Heimsuchungen getroffen beschlossen Paulinus und seine Frau Therasia, ihren Besitz zugunsten der Bedürftigen zu verkaufen und in Nola ein mönchisches Leben in Armut, Gebet und in der Betrachtung der Heiligen Schrift zu führen. Paulinus wurde Priester, kümmerte sich um Arme und Pilger und sorgte auch für die Erweiterung und Ausgestaltung des Heiligtums seines Schutzpatrons Felix. Um 409 wurde er schließlich zum Bischof von Nola gewählt, wo er bis zu seinem Tod im Jahre 431 wirkte. Mit seiner Bekehrung zum Mönchstum hat Paulinus sein Leben, besonders auch sein dichterisches Talent, ganz in den Dienst Christi gestellt. Die von ihm überlieferten Dichtungen sind Gesänge des Glaubens und der Liebe und zeugen ebenso wie sein umfangreiches Briefkorpus von einer gelebten, vom Wort Gottes durchtränkten Theologie. Gerade in seinen Briefen, durch die er wichtigen Gestalten seiner Zeit in geistlicher Freundschaft verbunden war, tritt die Kirche als Geheimnis der Einheit und Gemeinschaft zutage.
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Mit Freude grüße ich alle deutschsprachigen Pilger und Besucher. "Der Mensch ohne Christus ist nur Staub und Schatten" (Carm. X, 289), schreibt Paulinus von Nola in einem seiner Gedichte im Rückblick auf die Zeit, in der er reich gewesen war. Durch den Glauben und in der Gemeinschaft der Kirche erfahren auch wir, daß Christus das Leben eines jeden von uns ist und daß er uns in der großen Freundesgemeinschaft der Kirche zusammenschließt, in der wir uns kennen, ehe wir uns begegnet sind. Christus ist die Hoffnung, die nicht trügt, sondern heilt und rettet. Er begleite unseren Weg auf Weihnachten zu, euch allen gesegnete Zeit des Advent.
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Liebe Brüder und Schwestern!
In diesen Tagen, in denen wir uns immer mehr dem großen Fest der Geburt Christi nähern, regt uns die Liturgie an, unsere Vorbereitung zu vertiefen. Sie legt uns viele biblische Texte des Alten und des Neuen Testaments vor, die uns dazu anspornen, uns den Sinn und den Wert dieses jährlich wiederkehrenden Ereignisses gut zu vergegenwärtigen. Wenn das Weihnachtsfest uns einerseits des unglaublichen Wunders der Geburt des eingeborenen Sohnes Gottes aus der Jungfrau Maria in der Grotte von Betlehem gedenken läßt, so ermahnt es uns andererseits auch, wachend und betend unseren Erlöser zu erwarten, denn am letzten Tag »wird er kommen, zu richten die Lebenden und die Toten«. Vielleicht warten wir heute, auch wir Gläubigen, wirklich auf den Richter; wir alle warten jedoch auf Gerechtigkeit. Wir sehen soviel Ungerechtigkeit in der Welt, in unserer kleinen Welt, zu Hause, in unserem Stadtviertel, aber auch in der großen Welt der Staaten, der Gesellschaften. Und wir warten darauf, daß Gerechtigkeit geschaffen wird. Die Gerechtigkeit ist ein abstrakter Begriff: Gerechtigkeit wird hergestellt. Wir warten darauf, daß derjenige, der Gerechtigkeit herstellen kann, wirklich kommen möge. Und in diesem Sinne beten wir: Komm, Herr Jesus Christus, als Richter, komm auf deine Weise. Der Herr weiß, wie er in die Welt eintreten und Gerechtigkeit schaffen soll. Wir beten darum, daß der Herr, der Richter, uns antworten möge, daß er wirklich Gerechtigkeit in der Welt schaffen möge. Wir warten auf Gerechtigkeit, aber das kann nicht nur Ausdruck eines Anspruchs sein, den wir an die anderen stellen. Auf Gerechtigkeit zu warten bedeutet im christlichen Sinne vor allem, daß wir selbst beginnen, vor dem Angesicht des Richters und nach den Maßstäben des Richters zu leben. Es bedeutet, daß wir beginnen, in seiner Gegenwart zu leben, indem wir die Gerechtigkeit in unserem Leben verwirklichen. So nämlich - wenn wir die Gerechtigkeit verwirklichen und uns in die Gegenwart des Richters stellen - warten wir in der Wirklichkeit auf die Gerechtigkeit. Das ist der Sinn des Advents, der Wachsamkeit. Adventliches Wachen heißt, vor dem Angesicht des Richters zu leben und so uns selbst und die Welt für die Gerechtigkeit bereit zu machen. Auf diese Weise also, wenn wir vor dem Angesicht Gottes, des Richters, leben, können wir die Welt öffnen für das Kommen seines Sohnes, können wir das Herz bereiten, um den »Herrn, der kommt«, aufzunehmen. Das Kind, das die Hirten vor nunmehr 2000 Jahren in der Nacht von Betlehem in einer Grotte anbeteten, wird nicht müde, im täglichen Leben zu uns zu kommen, während wir als Pilger auf dem Weg zum Reich Gottes sind. In seinem Warten bringt der Gläubige also die Hoffnungen der ganzen Menschheit zum Ausdruck. Die Menschheit sehnt sich nach Gerechtigkeit, und so wartet sie, wenn auch oft unbewußt, auf Gott, sie wartet auf das Heil, das nur Gott uns schenken kann. Für uns Christen ist dieses Warten geprägt vom unablässigen Gebet: Das wird sehr deutlich in den besonders eindrucksvollen Anrufungen, die uns in diesen Tagen der Weihnachtsnovene sowohl in der Messe, im Ruf vor dem Evangelium, als auch in der Feier der Vesper, vor dem Gesang des »Magnifikat«, vorgelegt werden.
Jede der Anrufungen, die um das Kommen der Weisheit, der Sonne der Gerechtigkeit, des Gottmit- uns flehen, enthält ein Gebet, das an den von den Völker Erwarteten gerichtet ist, auf daß er bald komme. Um das Geschenk der Geburt des verheißenen Erlösers zu bitten, bedeutet jedoch auch, daß man sich bemüht, ihm den Weg zu bereiten und ihm eine würdige Wohnstatt zu schaffen - nicht nur in unserer Umgebung, sondern vor allem in unserer Seele. Indem wir uns vom Evangelisten Johannes leiten lassen, wollen wir daher versuchen, in diesen Tagen den Sinn und das Herz dem ewigen Wort zuzuwenden, dem »Logos«, dem Wort, das Fleisch geworden ist und aus dessen Fülle wir Gnade über Gnade empfangen haben (vgl. 1,14.16). Dieser Glaube an den »Schöpfer-Logos«, an das Wort, das die Welt erschaffen hat, an den, der als Kind gekommen ist - dieser Glaube und seine große Hoffnung erscheinen heute leider weit entfernt von der Wirklichkeit des täglichen Lebens, sowohl des öffentlichen als auch des privaten. Diese Wahrheit scheint zu groß zu sein. Wir behelfen uns selbst nach den Möglichkeiten, die wir finden - wenigstens scheint es so. Aber auf diese Weise wird die Welt immer chaotischer und auch gewalttätiger: wir sehen es jeden Tag. Und das Licht Gottes, das Licht der Wahrheit, erlischt. Das Leben wird finster und richtungslos.
Wie wichtig ist es daher, daß wir wirklich Gläubige sind und daß wir als Gläubige mit Nachdruck, mit unserem Leben, das Heilsgeheimnis bekräftigen, das die Feier der Geburt Christi in sich birgt! In Betlehem ist der Welt das Licht erschienen, das unser Leben erleuchtet, uns ist der Weg offenbart worden, der uns zur Fülle unseres Menschseins führt. Wenn man nicht erkennt, daß Gott Mensch geworden ist, welchen Sinn hat es dann, Weihnachten zu feiern? Die Feier wird leer. Vor allem wir Christen müssen mit tiefempfundener Überzeugung die Wahrheit der Geburt Christi wieder bekräftigen, um vor allen Menschen das Bewußtsein eines unglaublichen Geschenks zu bezeugen, das ein Reichtum nicht nur für uns, sondern für alle ist. Hier entspringt die Pflicht zur Evangelisierung, zur Weitergabe dieses »eu-angelion«, dieser »guten Nachricht«. Das wurde kürzlich durch das Dokument der Kongregation für die Glaubenslehre mit dem Titel Lehrmäßige Note zu einigen Aspekten der Evangelisierung in Erinnerung gerufen, das ich euch zur Reflexion und zur persönlichen und gemeinschaftlichen Vertiefung übergeben möchte.
Liebe Freunde, in dieser nunmehr unmittelbaren Vorbereitung auf das Christfest wird das Gebet der Kirche inniger, damit die Hoffnung auf Frieden, Heil und Gerechtigkeit, die die Welt heute dringend braucht, Wirklichkeit werden möge. Bitten wir Gott, daß die Gewalt durch die Kraft der Liebe überwunden werden möge, daß an die Stelle der Gegensätze die Versöhnung trete, daß der Wille zur Unterdrückung verwandelt werde in das Verlangen nach Vergebung, Gerechtigkeit und Frieden. Das Gute und die Liebe, die wir einander in diesen Tagen wünschen, mögen alle Bereiche unseres täglichen Lebens erreichen. Der Friede sei in unseren Herzen, damit diese sich für das Wirken der Gnade Gottes öffnen. Der Friede wohne in den Familien, und diese mögen das Weihnachtsfest vereint vor der Krippe und dem mit Lichtern geschmückten Baum verbringen. Die Botschaft der Solidarität und der Annahme des Nächsten, die aus dem Weihnachtsfest kommt, möge dazu beitragen, ein tiefere Sensibilität gegenüber den alten und neuen Formen der Armut zu schaffen, gegenüber dem Gemeinwohl, an dem wir alle teilhaben sollen. Alle Glieder der Gemeinschaft der Familie, vor allem die Kinder sowie die alten und die schwachen Menschen, mögen die Wärme dieses Festes spüren können, die sich dann auf alle Tage des Jahres ausdehne.
Weihnachten möge für alle ein Fest des Friedens und der Freude sein: der Freude über die Geburt des Heilands, des Friedensfürsten. Wie die Hirten, so wollen auch wir schon jetzt unseren Schritt beschleunigen und nach Betlehem eilen. Im Herzen der Heiligen Nacht werden auch wir dann das »Kind, das, in Windeln gewickelt, in einer Krippe liegt«, betrachten können, zusammen mit Maria und Josef (Lc 2,12 Lc 2,16). Wir bitten den Herrn, unser Herz zu öffnen, damit wir in das Geheimnis seiner Geburt eintreten können. Maria, die ihren jungfräulichen Schoß dem Wort Gottes geschenkt hat, die es als Kind in ihren mütterlichen Armen betrachtet hat und es auch weiterhin allen als Erlöser der Welt darbietet, möge uns helfen, aus dem bevorstehenden Weihnachtsfest eine Gelegenheit zu machen, um in der Erkenntnis und in der Liebe Christi zu wachsen. Das wünsche ich euch allen von Herzen: den Anwesenden, euren Familien und allen, die euch lieb sind.
Euch allen frohe Weihnachten!
Wachsame Erwartung und Vorbereitung prägen die letzten Tage vor dem Weihnachtsfest, und auch die Liturgie der Kirche stimmt uns mit besonders schönen Texten auf die Feier des großen Geheimnisses der Menschwerdung Gottes ein. Dazu gehören die bekannten O-Antiphonen. Diese Anrufungen greifen verschiedene Titel aus dem Alten Testaments auf und bringen damit die Erwartungshaltung des Volkes Gottes zum Ausdruck: O Weisheit hervorgegangen aus dem Mund des Höchsten; O Adonai, Herr und Führer des Hauses Israel; O Sproß aus Isais Wurzel; O Schlüssel Davids; O Morgenstern; O König aller Völker; O Emmanuel, „Gott-mit-uns“. Die Antwort auf dieses sehnsüchtige Rufen bringt uns das Evangelium: „Das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt.“ Der Sohn Gottes von Ewigkeit ist nun Sohn Mariens geworden.
Unseren Zeitgenossen fällt es zuweilen schwer, einen Bezug zu diesem zentralen Heilsgeheimnis zu finden. Aber welchen Sinn hat das Weihnachtsfest, wenn wir nicht glauben und bekennen, daß im Kind von Bethlehem Gott Mensch geworden ist? Darum sollen wir Christen gerade in diesen Tagen mutig die Wahrheit unseres Glaubens verkünden und unseren Mitmenschen die Frohe Botschaft des Evangeliums bringen.
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Ganz herzlich heiße ich alle Pilger und Besucher deutscher Sprache willkommen. Zugleich grüße ich auch all jene, die Woche für Woche über Radio oder Fernsehen mit uns verbunden sind. Das nahe Weihnachtsfest sei für uns alle eine Gelegenheit, Christus tiefer zu erkennen und in der Liebe zu ihm und zueinander zu wachsen. Der Segen des menschgewordenen Gottes begleite und stärke euch alle! Euch allen gesegnete Weihnachten!
Generalaudienzen 2005-2013 51207