Generalaudienzen 2005-2013 18029

Mittwoch, 18. Februar 2009: Der Hl. Beda Venerabilis

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Liebe Brüder und Schwestern!

Der Heilige, mit dem wir uns heute befassen, heißt Beda und wurde im Jahr 672/673 im Nordosten Englands, genau in Northumber, geboren. Er selbst berichtet, daß ihn seine Eltern im Alter von sieben Jahren dem Abt des nahegelegenen Benediktinerklosters zur Erziehung anvertraut hatten: »In diesem Kloster«, so erinnert er sich, »habe ich von da an immer gelebt, wobei ich mich intensiv dem Studium der Heiligen Schrift widmete, und während ich die Disziplin der Ordensregel und die Verpflichtung, täglich in der Kirche zu singen, einhielt, war es für mich immer wohltuend, entweder zu lernen oder zu lehren oder zu schreiben« (Historia eccl. Anglorum, V, 24). In der Tat wurde Beda zu einer der berühmtesten Gelehrtengestalten des frühen Mittelalters, konnte er doch von den vielen kostbaren Handschriften Gebrauch machen, die ihm seine Äbte nach ihrer Rückkehr von den häufigen Reisen auf den Kontinent und nach Rom mitbrachten. Die Lehre und der Ruhm der Schriften verschafften ihm viele Freundschaften mit den wichtigsten Persönlichkeiten seiner Zeit, die ihn zur Fortsetzung seiner Arbeit ermutigten, aus der viele Nutzen zogen. Auch als er schon krank war, hörte er nicht zu arbeiten auf und bewahrte stets eine innere Freude, die im Gebet und im Gesang zum Ausdruck kam. Sein bedeutendstes Werk, die Historia ecclesiastica gentis Anglorum [Kirchengeschichte des englischen Volkes], schloß er mit der Anrufung: »Ich bitte dich, guter Jesus, der du mich wohlwollend die süßen Worte deiner Weisheit schöpfen ließest, laß mich in deiner Güte eines Tages zu dir, Quelle aller Weisheit, gelangen und für immer vor deinem Angesicht verweilen«. Der Tod ereilte ihn am 26. Mai 735: Es war das Fest Christi Himmelfahrt.

Die Heilige Schrift ist die ständige Quelle der theologischen Reflexion Bedas. Nach einem sorgfältigen kritischen Studium des Textes (eine Abschrift des monumentalen »Codex Amiatinus« der Vulgata, über den Beda arbeitete, ist uns überliefert) kommentiert er die Bibel, indem er sie mit einem christologischen Schlüssel liest, das heißt zwei Dinge vereint: Einerseits hört er, was der Text genau sagt - er will wirklich hören, den Text selbst verstehen; andererseits ist er überzeugt, daß der Schlüssel zum Verstehen der Heiligen Schrift als einziges Wort Gottes Christus ist und daß mit Christus, in seinem Licht, das Alte und das Neue Testament als »eine« Heilige Schrift zu verstehen sind. Die Ereignisse des Alten und des Neuen Testaments gehören zusammen, sie sind der Weg zu Christus, auch wenn sie in verschiedenen Zeichen und Einrichtungen ausgedrückt werden (er nennt das »concordia sacramentorum«). So sind zum Beispiel das Bundeszelt, das Mose in der Wüste errichtete, und der erste und zweite Tempel Jerusalems Bilder für die Kirche, den neuen Tempel, der auf Christus und den Aposteln aus lebendigen Steinen erbaut worden ist, die fest zusammengefügt sind durch die Liebe des Heiligen Geistes. Und wie zur Errichtung des alten Tempels auch Heidenvölker dadurch beigetragen haben, indem sie hochwertige Materialien und die technische Erfahrung ihrer Maurermeister zur Verfügung stellten, so tragen zum Aufbau der Kirche Apostel und Lehrer bei, die nicht nur aus den alten jüdischen, griechischen und lateinischen Stämmen kommen, sondern auch aus neuen Völkern, zu denen Beda gern die irischen Kelten und die Angelsachsen zählt. Der hl. Beda sieht die Universalität der Kirche wachsen, die nicht auf eine bestimmte Kultur beschränkt ist, sondern sich aus allen Kulturen der Welt zusammensetzt, die sich Christus öffnen und in ihm ihren Ankunftspunkt sehen sollen.

Ein anderes Lieblingsthema Bedas ist die Geschichte der Kirche. Nachdem er sich mit der in der Apostelgeschichte beschriebenen Epoche befaßt hat, läßt er die Geschichte der Kirchenväter und der Konzilien an uns vorüberziehen, da er überzeugt ist, daß das Wirken des Heiligen Geistes in der Geschichte weitergeht. In den Chronica Maiora entwirft Beda eine Chronologie, die zur Grundlage des universalen Kalenders »ab incarnatione Domini« werden sollte. Damals berechnete man die Zeit noch ab der Gründung der Stadt Rom. Beda, der sieht, daß der wahre Bezugspunkt, das Zentrum der Geschichte die Geburt Christi ist, hat uns diesen Kalender geschenkt, der die Geschichte von der Menschwerdung des Herrn her liest. Er führt die ersten sechs Ökumenischen Konzilien und ihre Entwicklungen an, legt die christologische, mariologische und soteriologische Lehre getreu dar und prangert die Häresien des Monophysitismus und Monotheletismus, des Ikonoklasmus und Neopelagianismus an. Schließlich verfaßt er mit dokumentarischer Strenge und literarischer Fertigkeit das bereits erwähnte Werk Kirchengeschichte des englischen Volkes, für das er als »Vater der englischen Geschichtsschreibung« anerkannt wird. Die charakteristischen Wesenszüge der Kirche, die Beda gern hervorhebt, sind folgende: a) Die Katholizität als Treue zur Überlieferung und zugleich Offenheit für die geschichtlichen Entwicklungen sowie als Suche nach der Einheit in der Vielfalt, in der Verschiedenheit der Geschichte und der Kulturen, gemäß den Weisungen, die Papst Gregor der Große dem Apostel Englands, Augustinus von Canterbury, gegeben hatte; b) die Apostolizität und die Verbundenheit mit Rom: Diesbezüglich hält er es für höchst bedeutsam, alle irisch-keltischen Kirchen sowie die Kirchen der Pikten zu überzeugen, das Osterfest gemeinsam nach dem römischen Kalender zu feiern. Der »Computus«, das heißt die von ihm wissenschaftlich vorgenommene Berechnung zur Festlegung des genauen Datums für die Feier von Ostern und damit des ganzen Zyklus des Kirchenjahres, ist zum Referenztext für die ganze katholische Kirche geworden.

Beda war auch ein hervorragender Lehrer der liturgischen Theologie. In den Homilien zu den Evangelien der Sonn- und Festtage entfaltet er eine echte Mystagogie, wodurch er die Gläubigen dazu erzieht, die Geheimnisse des Glaubens freudig zu feiern und sie kohärent in ihrem Leben nachzuahmen, in Erwartung ihrer vollen Offenbarung bei der Wiederkehr Christi, wenn wir mit unseren verherrlichten Leibern in der Gabenprozession zur ewigen Liturgie Gottes im Himmel zugelassen werden. Dem »Realismus« der Katechesen des Kyrill, Ambrosius und Augustinus folgend lehrt Beda, daß die Sakramente der christlichen Initiation jeden Gläubigen »nicht nur zum Christen, sondern zu Christus« machen. Denn jedes Mal, wenn eine treue Seele das Wort Gottes mit Liebe aufnimmt und bewahrt, empfängt und zeugt sie, in Nachahmung Mariens, Christus von neuem. Und jedes Mal, wenn eine Gruppe von Neugetauften die österlichen Sakramente empfängt, »zeugt« die Kirche »sich selbst«, oder, mit einer noch gewagteren Formulierung: die Kirche wird »Mutter Gottes«, indem sie durch das Wirken des Heiligen Geistes an der Zeugung ihrer Kinder teilhat.

Dank dieser seiner Art, Theologie zu betreiben, indem er die Bibel, die Liturgie und die Geschichte miteinander verflechtet, hat Beda eine aktuelle Botschaft für die verschiedenen »Lebensstände «: a) Die Gelehrten (»doctores ac doctrices«) erinnert er an zwei wesentliche Aufgaben: die Wunder des Wortes Gottes zu erforschen, um sie in ansprechender Form den Gläubigen vorzulegen; die dogmatischen Wahrheiten darzulegen, wobei es gilt, häretische Verwirrungen zu vermeiden und sich an die »katholische Einfachheit« zu halten, und das mit der Haltung der Geringen und Demütigen, denen die Geheimnisse des Reiches zu offenbaren, Gott gefällig ist; b) die Hirten müssen ihrerseits der Predigt den Vorrang geben, nicht nur durch eine verbale oder hagiographische Sprache, sondern indem sie auch den Wert von Ikonen, Prozessionen und Wallfahrten zur Geltung bringen. Ihnen empfiehlt Beda den Gebrauch der Volkssprache, wie er selbst es tut, wenn er in Northumber das »Vaterunser« und das »Credo« erklärt und bis zum letzten Tag seines Lebens den Kommentar zum Johannesevangelium in der Volkssprache voranbringt; c) den geweihten Personen, die sich dem Gottesdienst widmen, während sie in der Freude der brüderlichen Gemeinschaft leben und im geistlichen Leben durch Askese und Kontemplation voranschreiten, empfiehlt Beda, sich um das Apostolat zu kümmern - keiner hat das Evangelium allein für sich, sondern muß es als ein Geschenk auch für die anderen empfinden -, indem sie entweder mit den Bischöfen in verschiedenen pastoralen Aktivitäten zugunsten der jungen christlichen Gemeinschaften zusammenarbeiten oder sich für die Mission der Evangelisierung bei den Heiden außerhalb des eigenen Landes als »peregrini pro amore Dei« zur Verfügung stellen.

Aus dieser Perspektive stellt Beda im Kommentar zum Hohenlied die Synagoge und die Kirche als Mitarbeiterinnen bei der Verbreitung des Wortes Gottes vor. Christus, der Bräutigam, will eine arbeitsame Kirche, »gebräunt von den Mühen der Evangelisierung« - die Andeutung des Wortes aus dem Hohenlied (1,5), wo die Braut sagt: »Nigra sum sed formosa« (»Braun bin ich, doch schön«), liegt auf der Hand -, in der Absicht, weitere Äcker oder Weinberge urbar zu machen und unter den neuen Völkern »nicht eine provisorische Hütte, sondern eine feste Wohnstatt« zu errichten, das heißt, das Evangelium in das soziale Gefüge und die kulturellen Institutionen einzupflanzen. In dieser Hinsicht ermahnt der heilige Lehrer die gläubigen Laien, eifrig um die religiöse Bildung bemüht zu sein, indem sie jene »unersättlichen Scharen im Evangelium« nachahmen, »die den Aposteln nicht einmal Zeit ließen, einen Bissen Essen zu sich zu nehmen«. Er lehrt sie, wie man ununterbrochen betet, »indem sie das, was sie in der Liturgie feiern, im Leben nachahmen« und alle Handlungen, vereint mit Christus, als geistliches Opfer darbringen. Den Eltern erklärt er, daß sie auch in ihrem kleinen häuslichen Bereich »das priesterliche Amt als Hirten und Führer« ausüben können, indem sie die Kinder christlich erziehen, und er beteuert, viele Gläubige (Männer und Frauen, Verheiratete oder Ledige) zu kennen, die »zu einem untadeligen Verhalten fähig sind, so daß sie, wenn sie angemessen begleitet werden, täglich zur eucharistischen Kommunion gehen könnten« (Epist. ad Ecgberctum, ed. Plummer, S. 419).

Der Ruf der Heiligkeit und der Weisheit, den Beda schon zu Lebzeiten genoß, brachte ihm den Titel »Venerabilis«, »der Ehrwürdige«, ein. So nennt ihn auch Papst Sergius I., als er im Jahr 701 an seinen Abt schreibt mit der Bitte, ihn zur Beratung über Fragen von universalem Interesse für eine gewisse Zeit nach Rom kommen zu lassen. Nach seinem Tod fanden seine Schriften in der Heimat und auf dem europäischen Kontinent weite Verbreitung. Der große Missionar Deutschlands, der hl. Bischof Bonifatius († 754) bat den Erzbischof von York und den Abt von Wearmouth mehrmals, einige seiner Werke abschreiben zu lassen und sie ihm zu schicken, damit auch er und seine Gefährten das geistliche Licht genießen könnten, das von ihnen ausstrahlte. Ein Jahrhundert später nahm Notker Balbulus, Abt von Sankt Gallen († 912), von Bedas außerordentlichem Einfluß Kenntnis und verglich ihn mit einer neuen Sonne, die Gott nicht aus dem Osten, sondern aus dem Westen hatte aufgehen lassen, um die Welt zu erleuchten. Abgesehen vom rhetorischen Pathos ist es eine Tatsache, daß Beda wirksam zum Aufbau eines christlichen Europa beitrug, in dem sich die verschiedenen Völker und Kulturen untereinander verbunden und ihm ein einheitliches Erscheinungsbild gegeben haben, das am christlichen Glauben inspiriert ist. Beten wir, daß es auch heute Persönlichkeiten von der Statur eines Beda gibt, um den ganzen Kontinent geeint zu halten; beten wir, damit wir alle bereit sind, unsere gemeinsamen Wurzeln wiederzuentdecken, um Erbauer eines zutiefst menschlichen und echt christlichen Europa zu sein.

In der heutigen Katechese möchte ich den heiligen Beda Venerabilis und sein umfangreiches Werk vorstellen. Dieser englische Benediktinermönch lebte von 672/673 bis 735, und sein Einfluß dehnte sich bis nach Rom und über weite Teile des europäischen Kontinents aus. So hat dieser Mönch, der sich in seiner Abtei dem Lob Gottes widmete und auch den einfachen Leuten in Nordengland in ihrer Volkssprache den Glauben erklärte, zur Formung des christlichen Europas beigetragen. Die Werke Bedas kreisen vorwiegend um drei Schwerpunkte: die Heilige Schrift, die Kirchengeschichte und die Liturgie. In der Exegese bevorzugt Beda nach einer sorgfältigen Analyse des Schrifttextes meist eine christologische Auslegung auf Christus und die Kirche hin. In der Kirchengeschichte befaßt er sich zum einen mit der Zeit der Apostel und den ersten Konzilien. Dank des großen Werkes der „Historia ecclesiastica gentis Anglorum“ gilt er zudem als „Vater der englischen Geschichtsschreibung“. Die Kirche ist für Beda wesentlich „katholisch“, also eine umfassende und vielfältige Einheit, und „apostolisch“ bzw. „römisch“; dies kommt unter anderem in seinem Bemühen um ein gemeinsames Datum für das Osterfest zum Ausdruck. In der liturgischen Theologie unterstreicht Beda den Realismus der Sakramente, durch die die Gläubigen „nicht nur Christen, sondern Christus“ werden.
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Einen herzlichen Gruß richte ich an die deutschsprachigen Pilger und Besucher hier auf dem Petersplatz. Der heilige Beda soll uns durch das Studium der Heiligen Schrift und die Teilnahme an der Liturgie eine immer lebendigere Freude am Glauben finden helfen. Ebenso soll, wie es bei ihm war, unser Gebet und unser Leben Lob Gottes und Dienst für unsere Brüder und Schwestern sein. Der Herr segne euch und eure Familien.



Mittwoch, 11. März 2009: Der Hl. Bonifatius

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Liebe Brüder und Schwestern!

Heute verweilen wir bei einem großen Missionar des 8. Jahrhunderts, der das Christentum in Mitteleuropa, also auch in meiner Heimat, verbreitet hat: dem hl. Bonifatius, der als »Apostel der Deutschen« in die Geschichte eingegangen ist. Dank der Gründlichkeit seiner Biographen besitzen wir viele Nachrichten über sein Leben: Er wurde um das Jahr 675 in einer angelsächsischen Familie in Wessex geboren und auf den Namen Winfrid getauft. Er fühlte sich vom monastischen Ideal angezogen und trat sehr jung in ein Kloster ein. Da er bemerkenswerte intellektuelle Fähigkeiten besaß, schien für ihn eine ruhige und glänzende Gelehrtenlaufbahn vorgezeichnet zu sein: Er wurde Lehrer für lateinische Grammatik, schrieb einige Traktate und verfaßte auch Dichtungen in lateinischer Sprache. Nachdem er im Alter von ungefähr 30 Jahren zum Priester geweiht worden war, fühlte er sich zum Apostolat unter den Heiden auf dem europäischen Festland berufen. Seine Heimat Britannien, die hundert Jahre zuvor von den Benediktinern unter der Führung des hl. Augustinus von Canterbury evangelisiert worden war, bewies einen so gefestigten Glauben und eine so glühende Liebe, daß sie Missionare nach Mitteleuropa entsandte, um dort das Evangelium zu verkünden. Im Jahr 716 begab sich Winfrid mit einigen Gefährten nach Friesland (dem heutigen Holland), stieß aber auf den Widerstand des lokalen Stammesführers und scheiterte mit seinem Evangelisierungsversuch. Er kehrte in die Heimat zurück, verlor aber nicht den Mut und reiste zwei Jahre später nach Rom, um mit Papst Gregor II. zu reden und von ihm Weisungen zu erhalten. Der Papst - so erzählt ein Biograph - empfing ihn »mit lächelndem Gesicht und einem Blick voller Güte« und führte in den folgenden Tagen mit ihm »wichtige Gespräche« (Willibald, Vita S. Bonifatii, ed. Levison, S. 13-14), und nachdem er ihm den neuen Namen Bonifatius gegeben hatte, übertrug er ihm mit offiziellem Schreiben die Mission, unter den Völkern Germaniens das Evangelium zu verkünden.

Getröstet und gestärkt durch die Unterstützung seitens des Papstes, setzte sich Bonifatius in der Verkündigung des Evangeliums in jenen Regionen ein, kämpfte gegen die heidnischen Kulte und stärkte die Grundlagen der menschlichen und christlichen Sittlichkeit. Mit großem Pflichtgefühl schrieb er in einem seiner Briefe: »Bleiben wir fest im Kampf am Tag des Herrn, da Tage voll Trübsal und Not gekommen sind… Seien wir weder stumme Hunde noch schweigende Beobachter noch Söldner, die vor den Wölfen fliehen! Seien wir hingegen eifrige Hirten, die über die Herde Christi wachen, die den wichtigen Personen und den gewöhnlichen, den Reichen und den Armen den Willen Gottes verkünden … zu gelegenen und ungelegenen Zeiten…« (Epistulae, 3,352.354: MGH). Mit seiner unermüdlichen Tätigkeit, mit seinem Organisationstalent, mit seinem bei aller Festigkeit anpassungsfähigen und liebenswerten Charakter erreichte Bonifatius großartige Ergebnisse. Nun erklärte der Papst, »daß er ihm die Bischofswürde verleihen wollte, damit er so mit größerer Entschlossenheit die Irrenden berichtigen und wieder auf den Weg der Wahrheit bringen könnte, sich von der größeren Autorität der apostolischen Würde getragen fühlen und im Amt der Verkündigung allen um so willkommener sein würde, je klarer zutage trat, daß er eben aus diesem Grund vom apostolischen Bischof geweiht worden war« (Otloh, Vita S. Bonifatii, ed. Levison, lib.
1S 127).

Es war der Papst selbst, der Bonifatius zum »Regionalbischof« - nämlich für ganz Germanien - weihte; danach nahm Bonifatius seine apostolischen Anstrengungen in den ihm anvertrauten Gebieten wieder auf und weitete seine Tätigkeit auch auf die Kirche von Gallien aus. Mit großer Klugheit stellte er dort die kirchliche Disziplin wieder her, berief verschiedene Synoden ein, um die Autorität der heiligen Canones zu gewährleisten, stärkte die notwendige Gemeinschaft mit dem Römischen Papst: Das lag ihm ganz besonders am Herzen. Auch die Nachfolger von Papst Gregor II. schenkten ihm höchste Beachtung: Gregor III. ernannte ihn zum Erzbischof aller germanischen Stämme, übersandte ihm das Pallium und erteilte ihm die Befugnis, die kirchliche Hierarchie in jenen Regionen aufzubauen (vgl. Epist.28: S. Bonifatii Epistulae, ed. Tangl, Berolini 1916); Papst Zacharias bestätigte ihn im Amt und lobte seinen Einsatz (vgl. Epist. 51, 57, 58, 60, 68, 77, 80, 86, 87, 89: op. cit.); Papst Stephan III. erhielt gleich nach seiner Wahl von ihm einen Brief, mit dem er ihm seinen kindlichen Gehorsam zum Ausdruck brachte (vgl. Epist. 108, op. cit.).

Außer dieser Arbeit zur Evangelisierung und organisatorischen Ordnung der Kirche durch die Gründung von Diözesen und die Abhaltung von Synoden versäumte es der große Bischof nicht, die Gründung verschiedener Männer- und Frauenklöster zu fördern, die gleichsam ein Leuchtturm für die Ausstrahlung des Glaubens und der menschlichen und christlichen Kultur in diesen Gebieten sein sollten. Von den Benediktinerklöstern seiner Heimat hatte er Mönche und Nonnen gerufen, die ihm bei der Aufgabe, das Evangelium zu verkünden und die Humanwissenschaften und Künste unter der Bevölkerung zu verbreiten, sehr wertvolle Hilfe leisteten. Er war nämlich mit Recht der Meinung, die Arbeit für das Evangelium sollte auch Arbeit für eine echte menschliche Kultur sein. Vor allem das um das Jahr 743 gegründete Kloster von Fulda war das Herz und Ausstrahlungszentrum der Spiritualität und religiösen Kultur: Die Mönche dort bemühten sich in Gebet, Arbeit und Buße zur Heiligkeit zu gelangen, sie bildeten sich im Studium der sakralen und profanen Wissensdisziplinen, bereiteten sich auf die Verkündigung des Evangeliums vor, um Missionare zu sein. Durch das Verdienst des Bonifatius und seiner Mönche und Nonnen - auch die Frauen hatten einen sehr wichtigen Anteil an dieser Evangelisierungsarbeit - blühte auch jene menschliche Kultur, die nicht vom Glauben zu trennen ist und dessen Schönheit enthüllt. Bonifatius selber hat uns bedeutende intellektuelle Werke hinterlassen. Vor allem seine umfangreiche Briefsammlung, in der sich abwechselnd Hirtenbriefe, offizielle Schreiben und Briefe privaten Charakters finden, die soziale Verhältnisse und vor allem seine reiche menschliche Willensstärke und seinen tiefen Glauben enthüllen. Er verfaßte auch den Traktat »Ars grammatica«, in dem er die Deklinationen, die Verben und die Syntax der lateinischen Sprache erklärte, der aber für ihn auch ein Werkzeug zur Verteidigung des Glaubens und der Kultur wurde. Hinzukamen auch eine »Ars metrica«, also eine Anleitung zum Verfassen von Gedichten, und verschiedene Dichtungen und schließlich eine Sammlung von fünfzehn Predigten.

Obwohl er bereits fortgeschrittenen Alters - fast 80 jährig - war, bereitete er sich auf eine neue Evangelisierungsmission vor: Mit etwa fünfzig Mönchen begab er sich wieder nach Friesland, wo er einst seine Arbeit begonnen hatte. Gleichsam in Vorausahnung seines bevorstehenden Todes schrieb er unter Anspielung auf die Lebensreise an seinen Schüler und Nachfolger auf dem Mainzer Bischofsstuhl, Bischof Lullus: »Ich möchte das Vorhaben dieser Reise zu Ende führen; ich kann keinesfalls auf den Wunsch abzureisen verzichten. Der Tag meines Endes ist nahe, und der Zeitpunkt meines Todes rückt näher; sobald der Leichnam begraben ist, werde ich aufsteigen, um den ewigen Lohn zu empfangen. Aber du, geliebter Sohn, rufe unermüdlich das Volk aus dem Wespennest des Irrtums zurück, vollende den Bau der bereits begonnenen Basilika von Fulda und bestatte dort meinen in langen Lebensjahren alt gewordenen Leib« (Willibald, Vita S. Bonifatii, ed. cit., S. 46). Während er am 5. Juni 754 in Dokkum (im heutigen Nordholland) die heilige Messe zelebrierte, wurde er von einer Gruppe von Heiden ermordet. Nachdem er mit freundlichem Gesicht vorgetreten war, »verbat er den Seinen zu kämpfen und sagte: ›Laßt ab, liebe Söhne, von den Kämpfen, gebt den Krieg auf, denn das Zeugnis der Schrift ermahnt uns, nicht Böses mit Bösem, sondern Böses mit Gutem zu vergelten. Nun ist der seit langem ersehnte Tag, der Zeitpunkt unseres Endes gekommen; habt Mut im Herrn!‹« (ebd., S. 49-50). Das waren seine letzten Worte, bevor er unter den Schlägen der Angreifer zusammenbrach. Die sterblichen Überreste des Märtyrerbischofs wurden dann in das Kloster nach Fulda gebracht, wo sie würdig bestattet wurden. Bereits einer seiner ersten Biographen äußerte sich über ihn mit folgendem Urteil: »Der heilige Bischof Bonifatius kann sich Vater aller Bewohner Germaniens nennen, weil er als erster sie durch das Wort seiner heiligen Verkündigung für Christus gewonnen, sie durch sein Vorbild gestärkt und schließlich sein Leben für sie hingegeben hat - eine größere Liebe kann es nicht geben« (Otloh, Vita S. Bonifatii, ed. cit., lib. 1S 158).

Welche Botschaft können wir heute, nach Jahrhunderten, aus der Lehre und dem wunderbaren Wirken dieses großen Missionars und Märtyrers gewinnen? Für den, der sich Bonifatius nähert, zeichnet sich als ein erstes offenkundiges Merkmal ab: die zentrale Stellung des Wortes Gottes, wie es im Glauben der Kirche gelebt und ausgelegt wird, des Wortes, das er gelebt, verkündet und bis zur letzten Selbsthingabe im Martyrium bezeugt hat. Er war vom Wort Gottes derart begeistert, daß er die dringende Verpflichtung spürte, es den anderen zu bringen, auch wenn er selbst dabei in Gefahr geriet. Auf dieses Wort stützte sich jener Glaube, zu dessen Verbreitung er sich bei seiner Bischofsweihe feierlich verpflichtet hatte: »Ich bekenne voll und ganz die Reinheit des heiligen katholischen Glaubens und will mit Gottes Hilfe in der Einheit dieses Glaubens bleiben, auf dem ohne jeden Zweifel das ganze Heil der Christen beruht« (Epist. 12, in S. Bonifatii Epistolae, ed.cit., S. 29). Das zweite sehr wichtige Merkmal, das aus dem Leben des Bonifatius zutage tritt, ist seine treue Gemeinschaft mit dem Apostolischen Stuhl, die ein zentraler Fixpunkt seiner Arbeit als Missionar war; er bewahrte diese Gemeinschaft immer als Regel seiner Mission und hinterließ sie gleichsam als sein Testament. In einem Brief an Papst Zacharias versicherte er: »Ich höre niemals auf, diejenigen, die im katholischen Glauben und in der Einheit der römischen Kirche bleiben wollen, und alle, die mir Gott in meiner Sendung als Zuhörer und Schüler gibt, zum Gehorsam gegenüber dem Apostolischen Stuhl aufzufordern« (Epist. 50, ebd.). Frucht dieses Engagements war der unerschütterliche Geist des Zusammenhalts rund um den Nachfolger Petri, den Bonifatius an die Kirchen seines Missionsgebiets weitergab, wodurch er England, Germanien und Frankreich mit Rom verband und so maßgeblich dazu beitrug, jene christlichen Wurzeln Europas zu legen, die in den nachfolgenden Jahrhunderten reiche Früchte hervorbringen sollten. Und noch durch ein drittes Merkmal weckt Bonifatius unsere Aufmerksamkeit: Er förderte die Begegnung zwischen der römisch-christlichen und der germanischen Kultur.Er wußte nämlich, daß die Humanisierung und Evangelisierung der Kultur integrierender Bestandteil seiner Sendung als Bischof war. Indem er das alte Erbe an christlichen Werten weitervermittelte, pflanzte er in die germanischen Völker einen neuen, menschlicheren Lebensstil ein, dank dessen die unveräußerlichen Rechte der Person besser geachtet wurden. Als echter geistlicher Sohn des hl. Benedikt wußte er Gebet und Arbeit (sowohl manuelle als auch geistige), Feder und Pflug zu verbinden.

Das mutige Zeugnis des Bonifatius ist für uns alle eine Einladung, das Wort Gottes als wesentlichen Bezugspunkt in unser Leben aufzunehmen, die Kirche leidenschaftlich zu lieben, uns für ihre Zukunft mitverantwortlich zu fühlen, ihre Einheit um den Nachfolger Petri zu suchen. Gleichzeitig erinnert er uns daran, daß das Christentum durch die Förderung der Verbreitung der Kultur den Fortschritt des Menschen fördert. Es liegt nun an uns, einem so bedeutenden Erbe gewachsen zu sein und es zum Vorteil der kommenden Generationen Früchte tragen zu lassen.

Mich beeindruckt immer wieder sein glühender Eifer für das Evangelium: Mit vierzig Jahren verläßt er ein schönes und fruchtbares klösterliches Leben, ein Leben als Mönch und Professor, um den einfachen Leuten, den Barbaren das Evangelium zu verkünden; als Achtzigjähriger geht er noch einmal in eine Gegend, wo er sein Martyrium voraussieht. Wenn wir diesen seinen glühenden Glauben, diesen Eifer für das Evangelium mit unserem oft so lauen und bürokratisierten Glauben vergleichen, sehen wir, was wir tun und wie wir unseren Glauben erneuern müssen, um unserer Zeit die kostbare Perle des Evangeliums zu schenken.

Die heutige Katechese möchte ich einer großen Glaubensgestalt widmen, einem Missionar, Bischof und Martyrer, der für das christliche Fundament Europas Bedeutendes geleistet hat: dem heiligen Bonifatius. Winfrid - so hieß er mit seinem Taufnamen - wurde um 675 in Wessex im heutigen England geboren und trat schon im Knabenalter in ein Kloster ein. Ein Jahr nach seiner Priesterweihe mit etwa 30 Jahren verspürte er die Berufung, den Heiden auf dem Kontinent das Evangelium zu bringen. Von den britischen Inseln, die gerade hundert Jahre zuvor eine rege Missionstätigkeit der Benediktiner erlebt hatten, machte sich eine große Zahl von Mönchen nach Mitteleuropa auf, um Christus im Dienste der Mission nachzufolgen. Im Jahr 716 zog auch Winfrid mit einigen Gefährten nach Friesland. Er traf aber auf den Widerstand der lokalen Stammesfürsten und mußte unverrichteter Dinge wieder abziehen. Daraufhin begab er sich nach Rom, um von Papst Gregor II. Rat und Segen für seinen weiteren Einsatz zu erbitten. Der Papst gab ihm den geistlichen Namen Bonifatius und betraute ihn mit einem unmittelbaren Missionsauftrag. Gestärkt durch die Worte und den Segen des Nachfolgers Petri wurde Bonifatius ein unermüdlicher und sehr erfolgreicher Missionar unter den Völkern Germaniens. Bei einem zweiten Besuch in Rom verlieh ihm der Papst die Bischofswürde. In diesem Amt konnte er die Kirche in seinem Missionsgebiet auch organisatorisch ordnen und festigen. Bonifatius gründete eine Reihe von Klöstern, die zu Zentren des Glaubens und der Kultur wurden. Im Alter von 80 Jahren machte Bonifatius sich erneut auf, um die Friesen zu missionieren. Hier erlitt er am 5. Juni 754, während er die Messe zelebrierte, den Martyrertod. In seiner Lieblingsgründung Fulda hat der Apostel Germaniens seine letzte Ruhestätte gefunden.
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Ganz herzlich grüße ich die Pilger und Besucher deutscher Sprache. Das Vorbild des heiligen Bonifatius will uns anregen, daß auch wir leidenschaftlich die Kirche lieben und die Einheit mit dem Nachfolger Petri für die Verbreitung von Gottes Reich auf Erden suchen. Der Herr schenke euch und euren Familien Freude des Glaubens und seinen Frieden.




Mittwoch, 1. April 2009: Apostolische Reise nach Kamerun und Angola

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Liebe Brüder und Schwestern!

Wie ich am vergangenen Sonntag beim Angelusgebet angekündigt habe, werde ich heute über die jüngste Apostolische Reise nach Afrika sprechen, die erste Reise meines Pontifikats auf jenen Kontinent. Sie beschränkte sich auf Kamerun und Angola, aber im Geiste habe ich alle afrikanischen Völker umarmen und sie im Namen des Herrn segnen wollen. Ich habe die traditionelle herzliche afrikanische Gastfreundschaft erlebt, die mir überall zuteil wurde, und nehme gern diese Gelegenheit wahr, um den Bischöfen der beiden Länder, den Staatsoberhäuptern, allen Autoritäten und allen, die sich auf verschiedene Weise für das Gelingen meines Pastoralbesuches aufgeopfert haben, noch einmal meinen herzlichen Dank auszusprechen.

Mein Aufenthalt auf afrikanischem Boden begann am 17. März in Yaoundé, der Hauptstadt Kameruns, wo ich mich unmittelbar, und das nicht nur geographisch, im Herzen Afrikas befunden habe. Dieses Land faßt nämlich in sich viele Wesensmerkmale jenes großen Kontinents zusammen, vor allem seine tief religiöse Seele, die alle so zahlreichen ethnischen Gruppen, die ihn bevölkern, verbindet. In Kamerun ist mehr als ein Viertel der Einwohner katholisch, und sie leben mit den anderen Religionsgemeinschaften friedlich zusammen. Deshalb hat mein geliebter Vorgänger Johannes Paul II. im Jahr 1995 eben die Hauptstadt dieser Nation gewählt, um das Apostolische Schreiben Ecclesia in Africa nach der ersten Synode, die dem afrikanischen Kontinent gewidmet war, zu promulgieren. Nun ist der Papst erneut dort gewesen, um diesmal das »Instrumentum laboris« der Zweiten Sondersynode für Afrika zu überreichen, die für den kommenden Oktober in Rom geplant ist und sich mit dem Thema befassen wird: »Die Kirche in Afrika im Dienst der Versöhnung, der Gerechtigkeit und des Friedens: ›Ihr seid das Salz der Erde… Ihr seid das Licht der Welt‹ (
Mt 5,13-14)«.

Bei den Begegnungen, die ich im Abstand von zwei Tagen mit den Bischöfen von Kamerun wie auch von Angola, São Tomé und Príncipe hatte, wollte ich - um so mehr in diesem Paulusjahr - auf die Dringlichkeit der Evangelisierung hinweisen, die an erster Stelle Sache der Bischöfe ist, und unterstrich dabei die kollegiale Dimension, die sich auf die sakramentale Gemeinschaft gründet. Ich habe sie ermahnt, stets Vorbild für ihre Priester und alle Gläubigen zu sein und sorgfältig die Ausbildung der Seminaristen, die Gott sei Dank sehr zahlreich sind, und der Katechisten zu verfolgen, die für das Leben der Kirche in Afrika immer dringender gebraucht werden. Ich habe die Bischöfe ermutigt, die Ehe- und Familienpastoral, aber ebenso die Pastoral der Liturgie und der Kultur zu fördern, um auch die Laien in die Lage zu versetzen, dem Angriff der Sekten und esoterischen Gruppen zu widerstehen. Ich wollte sie in der Ausübung der Nächstenliebe und in der Verteidigung der Rechte der Armen voll Zuneigung bestärken.

Sodann denke ich an die Feier der Vesper, die in Yaoundé in der Kirche Maria Königin der Apostel, Schutzpatronin Kameruns, stattfand, einem großen und modernen Gotteshaus, das sich an der Stelle erhebt, wo die ersten Glaubensverkünder in Kamerun, die Spiritaner-Missionare, wirkten. Am Vorabend des Festes des hl. Josef, dessen fürsorglicher Obhut Gott seine kostbarsten Schätze, Maria und Jesus, anvertraut hat, haben wir zusammen mit den Vertretern der anderen Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften dem einen Vater im Himmel unseren Lobpreis dargebracht. In der Betrachtung der geistlichen Gestalt des hl. Josef, der sein Dasein Christus und der Jungfrau Maria geweiht hat, habe ich die Priester, die Personen des geweihten Lebens und die Mitglieder der kirchlichen Bewegungen aufgefordert, ihrer Berufung immer treu zu bleiben, indem sie in der Gegenwart Gottes und im freudigen Gehorsam gegenüber seinem Wort leben.

In der Apostolischen Nuntiatur von Yaoundé hatte ich Gelegenheit, auch mit den Vertretern der muslimischen Gemeinschaft in Kamerun zusammenzutreffen, wobei ich die Bedeutung des interreligiösen Dialogs und der Zusammenarbeit zwischen Christen und Muslimen betonte, um der Welt zu helfen, sich Gott zu öffnen. Es war wirklich eine sehr herzliche Begegnung.

Einer der Höhepunkte der Reise war gewiß die Übergabe des »Instrumentum laboris« der Zweiten Synode für Afrika, die am 19. März - dem Tag des hl. Josef und meinem Namenstag - im Stadion von Yaoundé am Ende des festlichen Gottesdienstes zu Ehren des hl. Josef stattfand. Das ist in der Einstimmigkeit des Gottesvolkes geschehen, »mit Jubel und Dank in feiernder Menge«, wie es im Psalm heißt (42,5), wovon wir eine konkrete Erfahrung gemacht haben. Die Synode wird in Rom stattfinden, doch in einem gewissen Sinn hat sie schon im Herzen des afrikanischen Kontinents begonnen, im Herzen der christlichen Familie, die dort lebt, leidet und hofft. Deshalb schien mir das Zusammentreffen der Veröffentlichung des Arbeitsdokuments mit dem Fest des hl. Josef, Vorbild von Glaube und Hoffnung wie der erste Patriarch Abraham, ein glückliches Ereignis zu sein. Der Glaube an den »nahen Gott«, der uns in Jesus sein Antlitz der Liebe gezeigt hat, ist die Gewähr für eine zuverlässige Hoffnung für Afrika und für die ganze Welt, die Gewähr für eine Zukunft der Versöhnung, der Gerechtigkeit und des Friedens.

Nach dem feierlichen Gottesdienst und der in festlichem Rahmen vorgenommenen Vorstellung des Arbeitsdokuments konnte ich in der Apostolischen Nuntiatur von Yaoundé mit den Mitgliedern des Sonderrates der Bischofssynode für Afrika zusammentreffen und mit ihnen einen Augenblick intensiver Gemeinschaft erleben: Wir haben gemeinsam über die Geschichte Afrikas in einer theologischen und pastoralen Perspektive nachgedacht. Es war gleichsam wie eine erste Sitzung der Synode selbst in einer brüderlichen Debatte zwischen den verschiedenen Episkopaten und dem Papst über die Perspektiven der Synode hinsichtlich Versöhnung und Frieden in Afrika. Das Christentum hat nämlich - und das konnte man sehen - von Anfang an tiefe Wurzeln im afrikanischen Boden gefaßt, wie die zahlreichen Märtyrer und Heiligen, Hirten, Kirchenlehrer und Katechisten bezeugen, die zuerst im Norden und dann in späteren Epochen auf dem übrigen Kontinent eine Blütezeit erfahren haben: denken wir an Cyprian, an Augustinus, an seine Mutter Monika, an Athanasius; und dann an die Märtyrer von Uganda, an Joséphine Bakhita und viele andere. In der jetzigen Zeit, wo Afrika darum bemüht ist, die politische Unabhängigkeit und den Aufbau der nationalen Identitäten in einem nunmehr globalisierten Umfeld zu konsolidieren, begleitet die Kirche die Afrikaner und erinnert sie an die große Botschaft des Zweiten Vatikanischen Konzils, die durch die erste und jetzt durch die zweite Sonderversammlung der Synode zur Anwendung kommt. Inmitten der leider zahlreichen und dramatischen Konflikte, die noch immer verschiedene Regionen jenes Kontinents quälen, weiß die Kirche, daß sie Zeichen und Werkzeug der Einheit und der Versöhnung sein muß, damit ganz Afrika gemeinsam eine Zukunft der Gerechtigkeit, der Solidarität und des Friedens aufbauen kann, indem es die Lehren des Evangeliums verwirklicht.

Ein starkes Zeichen der humanisierenden Umsetzung der Botschaft Christi ist zweifellos das Kardinal-Léger-Zentrum in Yaoundé, das für die Rehabilitation behinderter Menschen bestimmt ist. Dessen Gründer war der kanadische Kardinal Paul Émil Léger, der sich nach dem Konzil im Jahr 1968 dorthin begeben hat, um unter den Armen zu arbeiten. In jenem Zentrum, das inzwischen dem Staat überlassen wurde, bin ich zahlreichen Brüdern und Schwestern begegnet, die sich in leidvollen Situationen befinden, und habe mit ihnen die Hoffnung geteilt - sie aber auch aus ihnen geschöpft -, die auch in Situationen des Leidens aus dem Glauben, kommt.

Die zweite Etappe - und der zweite Teil meiner Reise - war Angola; auch dies ein Land, das unter gewissen Gesichtspunkten emblematisch ist: Nachdem es nämlich aus einem langen Bürgerkrieg herausgekommen ist, ist es jetzt im Werk der Versöhnung und des nationalen Wiederaufbaus engagiert. Aber wie könnten diese Versöhnung und dieser Wiederaufbau echt sein, wenn sie auf Kosten der Ärmsten stattfänden, die wie alle das Recht haben, an den Ressourcen ihres Landes Anteil zu erhalten? Genau deshalb wollte ich mit diesem meinem Besuch, dessen erstes Ziel natürlich darin bestand, die Kirche im Glauben zu stärken, auch den in Entwicklung begriffenen sozialen Prozeß ermutigen. In Angola ist wirklich mit Händen zu greifen, was meine verehrten Vorgänger mehrmals wiederholt haben: Mit dem Krieg ist alles verloren, mit dem Frieden kann alles neu entstehen. Um aber eine Nation wiederaufzubauen, bedarf es großer moralischer Energien. Und hier erweist sich neuerlich die Rolle der Kirche als wichtig, die dazu berufen ist, eine erzieherische Funktion zu erfüllen, indem sie in der Tiefe arbeitet, um die Gewissen zu erneuern und zu bilden.

Der Schutzpatron von Luanda, der Hauptstadt von Angola, ist der hl. Paulus: Ich habe deshalb die Wahl getroffen, die Eucharistie mit den Priestern, den Ordensleuten, den Katechisten und den anderen in der Seelsorge tätigen Personen am Samstag, 21. März, in der dem Apostel geweihten Kirche zu feiern. Wieder einmal hat die persönliche Erfahrung des hl. Paulus zu uns von der Begegnung mit dem auferstandenen Christus gesprochen, die imstande ist, die Menschen und die Gesellschaft zu verwandeln. Die geschichtlichen Zusammenhänge ändern sich - und dem muß man Rechnung tragen -, aber Christus bleibt die wahre Kraft radikaler Erneuerung des Menschen und der menschlichen Gemeinschaft. Deshalb bedeutet die Rückkehr zu Gott, die Umkehr zu Christus, das Voranschreiten hin zur Fülle des Lebens.

Um die Nähe der Kirche zu den Anstrengungen für den Wiederaufbau Angolas und so vieler anderer afrikanischer Regionen zum Ausdruck zu bringen, wollte ich in Luanda zwei besondere Begegnungen den Jugendlichen bzw. den Frauen widmen. Mit den Jugendlichen gab es im Stadion ein Fest der Freude und der Hoffnung, das leider durch den Tod zweier Mädchen getrübt wurde, die im Gedränge vor dem Eingang erdrückt worden sind. Afrika ist ein sehr junger Kontinent, aber zu viele seiner Kinder und Jugendlichen haben schon schwere Verletzungen erlitten, die nur Jesus Christus, der Gekreuzigte und Auferstandene, heilen kann, indem er ihnen mit seinem Geist die Kraft gibt, zu lieben und sich für die Gerechtigkeit und den Frieden einzusetzen. Den Frauen habe ich dann Hochachtung bezeugt für den Dienst, den viele von ihnen für den Glauben, für die Menschenwürde, für das Leben und für die Familie leisten. Ich habe ihr volles Recht darauf bekräftigt, sich im öffentlichen Leben zu engagieren, ohne daß jedoch dadurch ihre Rolle in der Familie geringgeschätzt werde: diese grundlegende Sendung muß immer in gemeinsamer Verantwortung mit den anderen Teilen der Gesellschaft, vor allem den Ehemännern und Vätern, erfüllt werden. Das ist also die Botschaft, die ich den jungen Generationen und den Frauen hinterlassen habe, und diese habe ich dann - in der großen Eucharistiefeier am Sonntag, den 22. März, die ich mit den Bischöfen der Länder des südlichen Afrika und unter Teilnahme einer Million Gläubiger gefeiert habe - auf alle ausgeweitet. Wenn die afrikanischen Völker - so habe ich zu ihnen gesagt - wie das alte Israel ihre Hoffnung auf das Wort Gottes gründen, können sie aus dem Reichtum ihres religiösen und kulturellen Erbes wirklich eine Zukunft der Versöhnung und der stabilen Befriedung für alle aufbauen.

Liebe Brüder und Schwestern, wie viele andere Überlegungen habe ich im Herzen und wie viele Erinnerungen kommen mir wieder in den Sinn, wenn ich an diese Reise denke! Ich bitte euch, dem Herrn für die Wunder zu danken, die er in Afrika vollbracht hat und weiter vollbringt - dank des hochherzigen Wirkens der Missionare, der Ordensmänner und Ordensfrauen, der freiwilligen Helfer, der Priester, der Katechisten in jungen Gemeinden, die voller Begeisterung und Glauben sind. Ich bitte euch auch, für die mir sehr teuren afrikanischen Völker zu beten, daß sie sich mutig den großen sozialen, wirtschaftlichen und geistlichen Herausforderungen des gegenwärtigen Augenblicks stellen. Alles und alle vertrauen wir der mütterlichen Fürsprache Mariens, Königin Afrikas, und den afrikanischen Heiligen und Seligen an.

Bei der heutigen Audienz möchte ich Rückschau halten auf meine jüngste Reise nach Afrika. Die Stationen dieser Reise waren Kamerun und Angola, aber symbolisch galt mein Besuch allen Völkern des Kontinents. Überall durfte ich die für Afrika typische herzliche Aufnahme erfahren, und ich danke allen, die zum Gelingen der Reise beigetragen haben.

In Yaoundé, der Hauptstadt Kameruns, konnte ich den Bischöfen das Arbeitsdokument für die zweite Afrikasynode überreichen, die im Oktober hier in Rom stattfinden wird. Von Anfang an hat das Christentum seine Wurzeln in afrikanischen Boden eingesenkt. Der Glaube an Gott, der uns in Jesus Christus nahe ist und sein liebendes Angesicht gezeigt hat, gibt Afrika und der ganzen Welt sichere Hoffnung. Inmitten der leider zahlreichen Konflikte in Afrika ist es daher Aufgabe der Kirche, ein Werkzeug der Einheit und der Versöhnung zu sein, um vom Evangelium her gemeinsam eine Zukunft der Gerechtigkeit, der Solidarität und des Friedens aufzubauen. In Angola, das lange von Krieg heimgesucht war, wollte ich daran erinnern, daß Versöhnung und echter Wiederaufbau nur mit sozialer Gerechtigkeit einhergehen können. Zwei besondere Momente waren die Begegnungen mit den Frauen und mit den Jugendlichen. Afrika ist ein junger Kontinent, und das Treffen mit den jungen Menschen war ein Fest der Freude und Hoffnung. Im Dank für alles, was Gott in Afrika an Großem gewirkt hat und durch den Einsatz glaubensbegeisterter Gemeinden weiterhin wirkt, wollen wir die Menschen dieses Kontinents mit unserem Gebet unterstützen, daß sie die gegenwärtigen Herausforderungen mutig zu meistern vermögen.
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Mit Freude heiße ich alle deutschsprachigen Besucher willkommen. Besonders begrüße ich natürlich die Priester aus meinem heimatlichen Erzbistum München und Freising in Begleitung von Weihbischof Siebler. Christus hat uns in seiner Kirche geeint. An uns liegt es - wie das Motto der Synode lautet -, Salz der Erde und Licht der Welt sein, um seine Botschaft des Heils heute wirksam zu verkünden. Der Herr segne euch alle und schenke euch eine gesegnete Karwoche und gesegnete Osterzeit.




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