ANSPRACHE 2008 Januar 2008 8
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Herr Kardinal,
liebe Obere und Alumnen des »Almo Collegio Capranica«!
Auch in diesem Jahr habe ich die Freude, euch anläßlich des Gedenktages der hl. Agnes, eurer himmlischen Schutzpatronin, zu begrüßen. Ich heiße jeden von euch herzlich willkommen. Zunächst begrüße ich Herrn Kardinal Camillo Ruini und danke ihm für die freundlichen Worte, mit denen er eure Empfindungen zum Ausdruck gebracht hat. Ich begrüße den Rektor und all jene, die ihm bei der Leitung der Gemeinschaft zur Seite stehen. Einen besonderen Gruß richte ich an euch, liebe Alumnen, sowie an alle Anwesenden, und ich schließe in meinen Gruß auch die ehemaligen Alumnen des »Collegio Capranica« ein, die in verschiedenen Teilen der Welt ihr Amt im Dienst der Kirche und der Seelen ausüben.
Nachdem das »Almo Collegio«, das auf eine jahrhundertewährende Geschichte und eine lange Tradition der Treue zur Kirche und zu ihrem obersten Hirten zurückblicken kann, im Jahr 2007 seinen 550. Gründungstag gefeiert hat, wird es im kommenden August den ebenfalls 550. Todestag von Kardinal Domenico Capranica (14. August 1458) begehen. Er hat sehr viel getan für die Entstehung des »Collegium pauperum scholarium« zur Vorbereitung gut ausgebildeter Männer auf das Priesteramt. Da nun dieser Gedenktag näherrückt, erinnere ich gern an die vorbildliche und weitblickende Persönlichkeit dieses Kardinals, der nachdrücklich und konkret das Reformstreben zu unterstützen wußte, das auch innerhalb der römischen Wirklichkeit spürbar zu werden begann und das ein Jahrhundert später dazu beitragen sollte, die Auffassungen und Entscheidungen des Konzils von Trient zu bestimmen. Er hatte die Gabe, ohne jede Unsicherheit intuitiv zu erfassen, daß die erhoffte Reform nicht nur die kirchlichen Strukturen betreffen mußte, sondern in erster Linie das Leben und die Entscheidungen derer, die in der Kirche auf jedweder Ebene berufen waren, Leiter und Hirten des Gottesvolkes zu sein.
In der Überzeugung, daß die geistliche Dimension in der Ausbildung der künftigen Diener des Altars und in der Sendung der Kirche große Bedeutung besitzt, setzte sich Kardinal Capranica nicht nur für die Errichtung des Kollegs ein, sondern gab ihm auch die »Constitutiones«, die die verschiedenen Aspekte der Ausbildung der jungen Alumnen vollständig regeln. Auf diese Weise zeigte er seine Aufmerksamkeit für den Vorrang der geistlichen Dimension und sein Bewußtsein, daß die Tiefe und die daraus folgende Dauerhaftigkeit einer soliden Priesterausbildung entscheidend von der Vollständigkeit und Geschlossenheit des Ausbildungsangebotes abhängen. Diese Entscheidungen erhalten heute noch größere Bedeutung in Anbetracht der vielfältigen Herausforderungen, an denen sich die Sendung der Priester und der Künder des Evangeliums messen muß. In diesem Zusammenhang habe ich bei mehreren Gelegenheiten die Seminaristen und Priester an die dringende Notwendigkeit erinnert, ein tiefes inneres Leben, die persönliche und ständige Begegnung mit Christus im Gebet und in der Betrachtung sowie ein aufrichtiges Streben nach Heiligkeit zu pflegen. Ohne eine wahre Freundschaft mit Christus ist es nämlich für einen Christen und erst recht für einen Priester unmöglich, die Sendung zu erfüllen, die der Herr ihm anvertraut. Für den Priester setzt diese Sendung natürlich auch eine gute kulturelle und theologische Ausbildung voraus, die ihr, liebe Alumnen, in diesen Studienjahren in Rom erwerbt.
Ich würde sogar sagen, daß euer Ausbildungsweg gerade durch den Aufenthalt in dieser Stadt einen entscheidenden Impuls erhalten kann. Die Erfahrungsebenen und die Kontakte, die hier gelebt werden können, sind in der Tat ein Geschenk der Vorsehung und ein einzigartiger Ansporn. Die Gegenwart der Kathedra Petri, die Arbeit von Menschen und Körperschaften, die dem Bischof von Rom helfen, den Vorsitz in der Liebe zu führen, ein unmittelbareres Kennenlernen einiger Teilkirchen, besonders der Diözese von Rom, sind wichtige Elemente, um einem jungen Mann, der zum Priestertum berufen ist, zu helfen, sich auf seinen künftigen Dienst vorzubereiten. Im übrigen haben eure Hirten euch in die Stadt des Nachfolgers Petri gesandt in der Hoffnung, daß ihr später bereichert mit einem ausgeprägt katholischen Geist und mit einer vollkommeneren kirchlichen Gesinnung von universaler Weite zurückkehrt. Allein schon durch die Erfahrung des Gemeinschaftslebens im »Collegio Capranica« zwischen Alumnen aus verschiedenen Regionen Italiens und aus Ländern der ganzen Welt, kann jeder von euch, liebe Freunde, die Verflechtung der Kulturen und Mentalitäten, die das heutige Leben kennzeichnet, gut kennenlernen. Die Anwesenheit von Alumnen, die der orthodoxen Kirche Rußlands angehören, verleiht darüber hinaus dem Dialog und der Brüderlichkeit weiteren Antrieb und nährt die ökumenische Hoffnung.
Liebe Alumnen, nutzt die Möglichkeiten, die die Vorsehung euch in diesen Jahren des Aufenthalts in Rom bietet. Pflegt vor allem eine innige Beziehung zum geopferten Lamm, in Nachahmung der hl. Agnes, die ihm treu nachfolgte bis zur Hingabe des Lebens. Durch die Fürsprache dieser heiligen Jungfrau und Märtyrerin und vor allem durch die ständige Hinwendung zum mütterlichen Schutz Marias, »Virgo Sapiens«, möge der Herr euch helfen, euch mit steter Sorgfalt auf den zukünftigen Dienst vorzubereiten. Ich danke euch noch einmal für euren Besuch und erteile gern allen Anwesenden und denen, die euch nahestehen, meinen besonderen Apostolischen Segen.
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Liebe, verehrte Mitbrüder im bischöflichen Dienst!
Es ist mir eine Freude, euch zu empfangen, während ihr an der Versammlung des Ordentlichen Rats des Generalsekretariats der Bischofssynode zur Vorbereitung der Ordentlichen Vollversammlung teilnehmt, die vom 5. bis 26. Oktober dieses Jahres einberufen ist. Ich grüße den Generalsekretär, Erzbischof Níkola Eterovic, und danke ihm für seine freundlichen Worte; mein Dank gilt auch allen Mitgliedern des Generalsekretariats der Synode und des Ordentlichen Rats des Generalsekretariats. Ich grüße alle und jeden mit aufrichtiger Zuneigung.
In der jüngsten Enzyklika Spe salvi über die christliche Hoffnung wollte ich den »gemeinschaftlichen Charakter der Hoffnung« hervorheben (). »Das Mitsein mit Jesus Christus«, so schrieb ich, »nimmt uns in sein ›Für alle‹ hinein, macht uns zu unserer Seinsweise. Es verpflichtet uns für die anderen, aber im Mitsein mit ihm wird es auch überhaupt erst möglich, wirklich für die anderen, fürs Ganze da zu sein«, denn es besteht ein »Zusammenhang von Gottesliebe und Verantwortung für die Menschen« (ebd., ), der erlaubt, daß wir nicht in den Individualismus des Heils und der Hoffnung zurückfallen. Ich glaube, daß man dieses fruchtbringende Prinzip gerade in der synodalen Erfahrung wirksam angewandt sehen kann, wo die Begegnung zur Gemeinschaft wird und die Sorge für die Kirchen (vgl. 2Co 11,28) in der Sorge für alle aufscheint.
Die kommende Generalversammlung der Bischofssynode wird über »Das Wort Gottes im Leben und in der Sendung der Kirche« nachdenken. Die großen Aufgaben der kirchlichen Gemeinschaft in der Welt von heute - ich möchte an dieser Stelle u.a. auf die Evangelisierung und den Ökumenismus hinweisen - drehen sich um das Wort Gottes und finden zugleich von ihm her ihre Berechtigung und Unterstützung. Wie die Missionstätigkeit der Kirche mit ihrem Werk der Evangelisierung Inspiration und Zielsetzung in der barmherzigen Offenbarung des Herrn findet, so darf der ökumenische Dialog sich nicht auf Worte der menschlichen Weisheit (vgl. 1Co 2,13) oder auf kluge strategische Lösungen gründen, sondern muß allein von der ständigen Bezugnahme auf das ursprüngliche Wort beseelt werden, das Gott seiner Kirche anvertraut hat, damit es in ihrer Gemeinschaft gelesen, ausgelegt und gelebt wird. In diesem Bereich zeigt die Lehre des Apostel Paulus eine ganz besondere Kraft, die augenscheinlich auf der göttlichen Offenbarung beruht, aber auch auf seiner persönlichen apostolischen Erfahrung, die in ihm immer wieder das Bewußtsein gefestigt hat, daß nicht menschliche Weisheit und Rede, sondern nur die Kraft des Heiligen Geistes die Kirche im Glauben aufbaut (vgl. 1Co 1,22-24 1Co 2,4 f.).
Durch einen glücklichen Umstand wird der hl. Paulus in diesem Jahr dank der Feier des Paulus- Jahres besonders geehrt. Im Verlauf der kommenden Synode über das Wort Gottes wird deshalb der Kirche und hauptsächlich ihren Hirten auch das Zeugnis dieses großen Apostels und Boten des Wortes Gottes als Betrachtungsgegenstand angeboten. Paulus blieb dem Herrn, den er zuerst verfolgt hatte und dem er dann sein ganzes Leben geweiht hat, treu bis in den Tod: Sein Beispiel möge alle ermutigen, das Wort des Heils aufzunehmen und es im täglichen Leben in der Nachfolge Christi umzusetzen. Viele kirchliche Organismen, die im Hinblick auf die Versammlung im kommenden Oktober konsultiert wurden, haben das Wort Gottes in den Mittelpunkt gestellt. Auf dieses werden die Synodenväter ihre Herzen ausrichten, nachdem sie die vorbereitenden Dokumente, die »Lineamenta« und das »Instrumentum laboris«, zur Kenntnis genommen haben, zu dessen Erstellung ihr im Generalsekretariat der Bischofssynode beigetragen habt. So werden die Väter Gelegenheit haben, sich miteinander auszutauschen, aber vor allem sich in kollegialer Gemeinschaft zu vereinen, um das Wort des Lebens zu hören, das Gott der liebevollen Sorge seiner Kirche anvertraut hat, damit sie es durch die »parresia« der Apostel den Nahen und den Fernen mutig und überzeugt verkündet. Denn allen muß die Möglichkeit gegeben werden, durch die Gnade des Heiligen Geistes dem lebendigen Wort zu begegnen, das Jesus Christus ist.
Liebe, verehrte Mitbrüder, als Mitglieder des Ordentlichen Rats des Generalsekretariats der Bischofssynode leistet ihr der Kirche einen wertvollen Dienst, denn der synodale Organismus ist eine qualifizierte Einrichtung, um die Wahrheit und die Einheit des pastoralen Dialogs im Innern des mystischen Leibes Christi zu fördern. Danke für alles, was ihr nicht ohne Opferbereitschaft tut: Gott lohne es euch! Laßt uns den Herrn weiter darum bitten, daß er die Synodenversammlung für die ganze Kirche fruchtbar macht. Mit diesem Wunsch erteile ich euch und den eurer Hirtensorge anvertrauten Gemeinschaften einen besonderen Apostolischen Segen, wobei ich die Fürsprache der heiligen Mutter des Herrn und der heiligen Apostel Petrus und Paulus anrufe, die wir mit den anderen Aposteln in der Liturgie »Säule und Fundament der Stadt Gottes« nennen.
Liebe, verehrte Mitbrüder im bischöflichen Dienst!
Es ist mir eine Freude, euch zu empfangen, während ihr an der Versammlung des Ordentlichen Rats des Generalsekretariats der Bischofssynode zur Vorbereitung der Ordentlichen Vollversammlung teilnehmt, die vom 5. bis 26. Oktober dieses Jahres einberufen ist. Ich grüße den Generalsekretär, Erzbischof Níkola Eterovic, und danke ihm für seine freundlichen Worte; mein Dank gilt auch allen Mitgliedern des Generalsekretariats der Synode und des Ordentlichen Rats des Generalsekretariats. Ich grüße alle und jeden mit aufrichtiger Zuneigung.
In der jüngsten Enzyklika Spe salvi über die christliche Hoffnung wollte ich den »gemeinschaftlichen Charakter der Hoffnung« hervorheben (). »Das Mitsein mit Jesus Christus«, so schrieb ich, »nimmt uns in sein ›Für alle‹ hinein, macht uns zu unserer Seinsweise. Es verpflichtet uns für die anderen, aber im Mitsein mit ihm wird es auch überhaupt erst möglich, wirklich für die anderen, fürs Ganze da zu sein«, denn es besteht ein »Zusammenhang von Gottesliebe und Verantwortung für die Menschen« (ebd., 28), der erlaubt, daß wir nicht in den Individualismus des Heils und der Hoffnung zurückfallen. Ich glaube, daß man dieses fruchtbringende Prinzip gerade in der synodalen Erfahrung wirksam angewandt sehen kann, wo die Begegnung zur Gemeinschaft wird und die Sorge für die Kirchen (vgl. 2Co 11,28) in der Sorge für alle aufscheint.
Die kommende Generalversammlung der Bischofssynode wird über »Das Wort Gottes im Leben und in der Sendung der Kirche« nachdenken. Die großen Aufgaben der kirchlichen Gemeinschaft in der Welt von heute - ich möchte an dieser Stelle u.a. auf die Evangelisierung und den Ökumenismus hinweisen - drehen sich um das Wort Gottes und finden zugleich von ihm her ihre Berechtigung und Unterstützung. Wie die Missionstätigkeit der Kirche mit ihrem Werk der Evangelisierung Inspiration und Zielsetzung in der barmherzigen Offenbarung des Herrn findet, so darf der ökumenische Dialog sich nicht auf Worte der menschlichen Weisheit (vgl. 1Co 2,13) oder auf kluge strategische Lösungen gründen, sondern muß allein von der ständigen Bezugnahme auf das ursprüngliche Wort beseelt werden, das Gott seiner Kirche anvertraut hat, damit es in ihrer Gemeinschaft gelesen, ausgelegt und gelebt wird. In diesem Bereich zeigt die Lehre des Apostel Paulus eine ganz besondere Kraft, die augenscheinlich auf der göttlichen Offenbarung beruht, aber auch auf seiner persönlichen apostolischen Erfahrung, die in ihm immer wieder das Bewußtsein gefestigt hat, daß nicht menschliche Weisheit und Rede, sondern nur die Kraft des Heiligen Geistes die Kirche im Glauben aufbaut (vgl. 1Co 1,22-24 1Co 2,4 f.).
Durch einen glücklichen Umstand wird der hl. Paulus in diesem Jahr dank der Feier des Paulus- Jahres besonders geehrt. Im Verlauf der kommenden Synode über das Wort Gottes wird deshalb der Kirche und hauptsächlich ihren Hirten auch das Zeugnis dieses großen Apostels und Boten des Wortes Gottes als Betrachtungsgegenstand angeboten. Paulus blieb dem Herrn, den er zuerst verfolgt hatte und dem er dann sein ganzes Leben geweiht hat, treu bis in den Tod: Sein Beispiel möge alle ermutigen, das Wort des Heils aufzunehmen und es im täglichen Leben in der Nachfolge Christi umzusetzen. Viele kirchliche Organismen, die im Hinblick auf die Versammlung im kommenden Oktober konsultiert wurden, haben das Wort Gottes in den Mittelpunkt gestellt. Auf dieses werden die Synodenväter ihre Herzen ausrichten, nachdem sie die vorbereitenden Dokumente, die »Lineamenta« und das »Instrumentum laboris«, zur Kenntnis genommen haben, zu dessen Erstellung ihr im Generalsekretariat der Bischofssynode beigetragen habt. So werden die Väter Gelegenheit haben, sich miteinander auszutauschen, aber vor allem sich in kollegialer Gemeinschaft zu vereinen, um das Wort des Lebens zu hören, das Gott der liebevollen Sorge seiner Kirche anvertraut hat, damit sie es durch die »parresia« der Apostel den Nahen und den Fernen mutig und überzeugt verkündet. Denn allen muß die Möglichkeit gegeben werden, durch die Gnade des Heiligen Geistes dem lebendigen Wort zu begegnen, das Jesus Christus ist.
Liebe, verehrte Mitbrüder, als Mitglieder des Ordentlichen Rats des Generalsekretariats der Bischofssynode leistet ihr der Kirche einen wertvollen Dienst, denn der synodale Organismus ist eine qualifizierte Einrichtung, um die Wahrheit und die Einheit des pastoralen Dialogs im Innern des mystischen Leibes Christi zu fördern. Danke für alles, was ihr nicht ohne Opferbereitschaft tut: Gott lohne es euch! Laßt uns den Herrn weiter darum bitten, daß er die Synodenversammlung für die ganze Kirche fruchtbar macht. Mit diesem Wunsch erteile ich euch und den eurer Hirtensorge anvertrauten Gemeinschaften einen besonderen Apostolischen Segen, wobei ich die Fürsprache der heiligen Mutter des Herrn und der heiligen Apostel Petrus und Paulus anrufe, die wir mit den anderen Aposteln in der Liturgie »Säule und Fundament der Stadt Gottes« nennen.
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Meine Herren Kardinäle,
verehrte Mitbrüder im bischöflichen und im priesterlichen Dienst,
liebe Brüder und Schwestern!
Danke für euren Besuch, den ihr anläßlich der Vollversammlung der Kongregation für das katholische Bildungswesen abstattet: Jedem von euch entbiete ich meinen herzlichen Gruß. Ich grüße an erster Stelle den Präfekten eurer Kongregation, Herrn Kardinal Zenon Grocholewski, und mit ihm den neuen Sekretär und die übrigen Offiziale und Mitarbeiter. Ihnen, Herr Kardinal, danke ich besonders für die Worte, die Sie an mich gerichtet und mit denen Sie die verschiedenen Themen vorgestellt haben, über die die Kongregation in diesen Tagen nachdenken will. Es handelt sich um wichtige, aktuelle Fragen, auf die die Kirche in diesem geschichtlichen Augenblick ihre besondere Aufmerksamkeit richtet.
Der Bereich der Bildung liegt der Kirche schon immer am Herzen, denn sie ist berufen, sich die Sorge Christi zu eigen zu machen, der - so berichtet der Evangelist -, als er die vielen Menschen sah, »Mitleid mit ihnen hatte; denn sie waren wie Schafe, die keinen Hirten haben. Und er lehrte sie lange« (Mc 6,34). Das griechische Wort, das verwendet wird, um diese Haltung des »Mitleids« auszudrücken, erinnert an das herzliche Erbarmen und verweist auf die tiefe Liebe, die der himmlische Vater für den Menschen empfindet. Die Tradition hat in Lehre und Bildung eine konkrete Manifestation der geistlichen Barmherzigkeit gesehen, die eines der ersten Liebeswerke ist, das die Kirche ihrer Sendung gemäß der Menschheit anbieten soll. Und es ist in unserer Zeit wirklich angebracht, daß man darüber nachdenkt, wie diese apostolische Aufgabe der kirchlichen Gemeinschaft, die den katholischen Universitäten und insbesondere den kirchlichen Fakultäten anvertraut ist, wirksam und zeitgemäß durchgeführt werden kann. Deshalb freue ich mich mit euch, für eure Vollversammlung eine so hochinteressante Thematik gewählt zu haben. Ich glaube, daß es auch nützlich sein wird, die Reformpläne aufmerksam zu prüfen, die eurem Dikasterium vorgelegt wurden und die die genannten katholischen Universitäten und kirchlichen Fakultäten betreffen.
An erster Stelle beziehe ich mich auf die Reform der kirchlichen Studien der Philosophie, ein Projekt, das bereits vollständig ausgearbeitet worden ist und in dem sicher auch die metaphysische sowie die Weisheitsdimension der Philosophie hervorgehoben wird, auf die Johannes Paul II. in der Enzyklika Fides et ratio hingewiesen hat (vgl. FR 81). Ebenso nützlich ist es, die Angemessenheit einer Reform der von meinem verehrungswürdigen Vorgänger 1979 gewollten Apostolischen Konstitution Sapientia christiana zu prüfen. Sie stellt die »Magna Charta« der kirchlichen Fakultäten dar und dient als Grundlage, um die Kriterien für die Bewertung der Qualität dieser Einrichtungen festzusetzen, eine Bewertung, die vom Prozeß von Bologna verlangt wird, dessen Mitglied der Heilige Stuhl seit dem Jahr 2003 ist. Die kirchlichen Disziplinen, vor allem die Theologie, werden heute neu hinterfragt; in einer Welt, die einerseits vom Rationalismus versucht wird, der einer in falscher Weise »freien« Rationalität folgt, losgelöst von jeder religiösen Beziehung, und anderseits von Fundamentalismen, die durch ihren Antrieb zu Gewalt und Fanatismus das wahre Wesen der Religion verfälschen.
Auch die Schule muß sich Fragen stellen hinsichtlich ihrer Sendung, die sie im heutigen sozialen Kontext durchzuführen hat, der von einer augenscheinlichen Erziehungs- und Bildungskrise gekennzeichnet ist. Die katholische Schule, die den erstrangigen Auftrag hat, den Schüler entsprechend einer ganzheitlichen anthropologischen Vision zu formen, wobei sie für alle offen ist und die Identität des einzelnen achtet, kann nicht umhin, ihre eigene menschliche und christliche Sicht der Erziehung und Bildung anzubieten. Daraus entsteht eine neue Herausforderung, die von der Globalisierung und dem wachsenden Pluralismus noch verstärkt wird: das heißt die Herausforderung der Begegnung der Kulturen und der Religionen in der gemeinsamen Suche nach der Wahrheit. Die Anerkennung der kulturellen Pluralität der Schüler und der Eltern muß notwendigerweise zwei Voraussetzungen erfüllen: Niemand darf aufgrund seiner kulturellen oder religiösen Zugehörigkeit ausgeschlossen werden. Wenn diese kulturelle und religiöse Unterschiedlichkeit einmal anerkannt und angenommen ist, darf es andererseits nicht bei der reinen Feststellung bleiben. Das würde bedeuten zu verneinen, daß die Kulturen einander wirklich achten, wenn sie einander begegnen, denn alle echten Kulturen zielen auf die Wahrheit des Menschen und auf sein Wohl. Deshalb können die aus verschiedenen Kulturen stammenden Menschen über räumliche und zeitliche Entfernungen hinaus miteinander sprechen und einander verstehen, denn im Herzen jedes Menschen wohnt dasselbe tiefe Streben nach dem Guten, nach der Gerechtigkeit und Wahrheit, nach dem Leben und der Liebe.
Ein weiteres Thema, mit dem sich eure Vollversammlung befaßt, ist die Frage der Reform der »Ratio fundamentalis institutionis sacerdotalis« für die Priesterseminare. Das 1970 erlassene grundlegende Dokument wurde 1985 vor allem infolge der Promulgation des Codex des kanonischen Rechtes von 1983 verbessert. In den folgenden Jahrzehnten wurden mehrere bedeutsame Texte erlassen, in erster Linie das nachsynodale Apostolische Schreiben Pastores dabo vobis (1992). Heute hat sich das Klima in der Gesellschaft durch den nachhaltigen Einfluß der Medien und das verbreitete Phänomen der Globalisierung tiefgehend verändert. Es ist deshalb notwendig, über eine angemessene Reform der »Ratio fundamentalis« nachzudenken, die die Wichtigkeit einer korrekten Gliederung der einzelnen Dimensionen der Priesterbildung im Hinblick auf die Kirche als Gemeinschaft gemäß den Weisungen des II. Vatikanischen Konzils unterstreichen muß. Das setzt eine solide Bildung im Glauben der Kirche voraus, eine echte Vertrautheit mit dem offenbarten Wort, das Gott seiner Kirche geschenkt hat. Die Ausbildung der zukünftigen Priester wird außerdem Orientierungen und Zielsetzungen anbieten müssen, die für einen Dialog mit den zeitgenössischen Kulturen nützlich sind. Die menschliche und kulturelle Bildung ist deshalb wesentlich zu verstärken und zu unterstützen, auch mit Hilfe der modernen Wissenschaften, weil manche destabilisierende soziale Faktoren in der Welt von heute (z. B. die Situation vieler zerrütteter Familien, die Erziehungs- und Bildungskrise, die verbreitete Gewalt usw.) die jungen Generationen schwächen. Zugleich ist eine angemessene Hinführung zum geistlichen Leben erforderlich, die den christlichen Gemeinschaften, vor allem den Pfarrgemeinden, ihre Berufung stärker bewußt macht und sie befähigt, die Suche nach Spiritualität, insbesondere der Jugendlichen, in entsprechender Weise zu beantworten. Das erfordert, daß es in der Kirche nicht an qualifizierten und verantwortlichen Aposteln und Verkündern des Evangeliums fehlt. Daraus ergibt sich die Frage der Berufungen, vor allem zum Priestertum und zum geweihten Leben. Während in manchen Teilen der Welt ein Erblühen von Berufungen zu beobachten ist, verringert sich ihre Zahl an anderen Orten, vor allem im Westen. Die Sorge um die Berufungen bezieht die ganze kirchliche Gemeinschaft mit ein: die Bischöfe, die Priester, die geweihten Personen, aber auch die Familien und die Pfarreien. Hilfreich für euer pastorales Wirken in diesem Bereich wird auch die Veröffentlichung des Dokuments über die Berufung zum Priesteramt sein, das ihr zur Zeit vorbereitet.
Liebe Brüder und Schwestern! Ich erinnerte zuvor daran, daß das Lehren Ausdruck der Liebe Christi ist und das erste unter den Werken der geistlichen Barmherzigkeit, welche die Kirche zu vollbringen berufen ist. Wer den Sitz der Kongregation für das katholische Bildungswesen betritt, wird von einer Ikone empfangen, die Jesus zeigt, der seinen Jüngern beim Letzten Abendmahl die Füße wäscht. Er, der »seine Liebe bis zur Vollendung« bewiesen hat (Jn 13,1), segne eure Arbeit im Dienst des Bildungswesens und mache sie durch die Kraft seines Geistes wirksam. Ich meinerseits danke euch für das, was ihr täglich mit Kompetenz und Hingabe tut. Während ich euch dem mütterlichen Schutz Marias, der weisen Jungfrau und Mutter der Liebe, anvertraue, erteile ich allen von Herzen den Apostolischen Segen.
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Verehrte Mitbrüder im bischöflichen Dienst!
Es ist für mich eine große Freude, euch, liebe Hirten der Kirche in Slowenien, zum Abschluß eures Besuches »ad limina Apostolorum« zu empfangen. Ich grüße euch voll Zuneigung und danke dem Metropolitan-Erzbischof von Ljubljana und Vorsitzenden eurer Bischofskonferenz, Alojzij Uran, für die freundlichen Worte, die er soeben an mich gerichtet hat.
Seit dem letzten »Ad-limina«-Besuch, der im April 2001 stattfand, hat euer Land tiefgreifende Veränderungen auf Ebene der bürgerlichen Institutionen erfahren. Seit dem 1. Mai 2004 gehört Slowenien zur Europäischen Union, und aus diesem Anlaß haben die Bischöfe einen Hirtenbrief an alle Gläubigen gerichtet. Am 1. Januar 2007 wurde dann in dem Land die europäische Einheitswährung eingeführt, und zum Jahresende wurde es Mitglied des Schengener Abkommens für den freien Verkehr. Um diese Entwicklung gleichsam zu krönen, wurde Slowenien in diesem Halbjahr der turnusmäßige Vorsitz in der Europäischen Union anvertraut.
Diese wichtigen Ereignisse, an die ich erinnern wollte, stehen nicht direkt mit der Kirche in Verbindung, aber sie sind doch für diese von Interesse, denn sie betreffen das Leben der Menschen, insbesondere den Wertemaßstab in Europa, wie in dem genannten Hirtenbrief vom 23. April 2004 auch betont wird. Dieser Brief mag heute etwas zu optimistisch erscheinen. Er sollte offensichtlich die positiven Aspekte hervorheben, ohne jedoch die Probleme und Gefahren zu verschweigen. Mir scheint, daß fast vier Jahre nach dem Beitritt Sloweniens in die Europäische Union noch das gilt, was ihr damals bekräftigt habt: Wenn Europa ein Land des Friedens bleiben und immer mehr werden will, indem es den Respekt vor der Würde der menschlichen Person als einen Grundwert bewahrt, darf es die hauptsächliche Eigenschaft - auf geistlicher und ethischer Ebene - dieses Grundwertes, das Christliche, nicht außer acht lassen. Die Humanismen sind nicht alle gleich, ebensowenig sind sie es in moralischer Hinsicht. Ich beziehe mich hier nicht auf die religiösen, sondern ich beschränke mich auf die sozialen und ethischen Aspekte. Denn entsprechend dem Menschenbild, das man übernimmt, ergeben sich unterschiedliche Folgen für das bürgerliche Zusammenleben. Wenn man zum Beispiel den Menschen nach einer heute verbreiteten Tendenz in individualistischer Weise versteht, wie kann man dann die Bemühungen rechtfertigen, die notwendig sind, um eine gerechte und solidarische Gemeinschaft aufzubauen? Dazu möchte ich aus eurem schon genannten Hirtenbrief folgendes zitieren: »Das Christentum ist die Religion der Hoffnung: Hoffnung auf Leben, auf Glück ohne Ende, in der Erfüllung der Brüderlichkeit unter den Menschen.« Das gilt für jeden Erdteil, auch für ein Europa, wo viele Intellektuelle noch zögern, die Tatsache anzunehmen, daß »Vernunft und Glaube sich gegenseitig brauchen, um ihr wahres Wesen und ihre Sendung zu erfüllen« (Spe salvi, ).
Hier erkennen wir die große Herausforderung, an der sich die Kirche in Slowenien heute messen muß. Der westliche Säkularismus, der sich von dem marxistischen unterscheidet und vielleicht subtiler ist, weist Zeichen auf, die uns Sorge machen. Man denke zum Beispiel an die unaufhaltsame Suche nach materiellen Gütern, an die abnehmende Geburtenzahl und an den Schwund der religiösen Praxis mit der spürbaren Abnahme der Berufungen zum Priestertum und zum geweihten Leben. Die kirchliche Gemeinschaft in Slowenien bemüht sich schon seit längerer Zeit, die Herausforderungen des Säkularismus auf vielen Ebenen und in vielen Richtungen abzuwehren. Gerne möchte ich vor allem an die nationale Konzilsversammlung erinnern, die ihr von 1999 bis 2000 abgehalten habt und deren Thema die Worte waren, die Mose an das Volk Israel richtete, bevor es das verheißene Land betrat: »Wähle das Leben« (Dt 30,19). Jede Generation wird aufgefordert, sich zu entscheiden für »das Leben und das Gute oder für den Tod und das Böse« (vgl. Dt 30,15). Und wir Hirten haben die Pflicht, den Christen den Weg des Lebens zu weisen, damit sie ihrerseits Salz und Licht in der Gesellschaft seien. Deshalb ermutige ich die Kirche in Slowenien, der materialistischen und egoistischen Kultur durch eine tiefgehende Evangelisierungstätigkeit entgegenzutreten, die von den Pfarreien ausgeht. Denn die Initiativen und konkreten christlichen Zeugnisse müssen vermehrt von den Pfarrgemeinden und nicht von anderen Strukturen kommen. Dieser notwendige pastorale Einsatz wird auch durch die Erneuerung der Kirchenbezirke erleichtert, die ich im Jahr 2006 verfügt habe. Es wurden drei neue Diözesen geschaffen und Maribor zum Metropolitansitz erhoben, damit die Bischöfe ihren Priestern und Gläubigen näher kommen und sie auf dem Glaubensweg und im Apostolat besser begleiten können.
Liebe, verehrte Mitbrüder, für das Frühjahr 2009 habt ihr den Eucharistischen Nationalkongreß einberufen und mich eingeladen, euer Land aus diesem Anlaß zu besuchen. Ich danke euch für diese freundliche Geste und vertraue dieses Vorhaben dem Herrn an; ich muß euch schon jetzt für diese Initiative loben, die ganze Gemeinschaft um das eucharistische Mysterium zu versammeln, das »Quelle und Höhepunkt des Lebens und der Sendung der Kirche ist« (Dogm. Konstitution Lumen gentium LG 11). Mein verehrungswürdiger Vorgänger Johannes Paul II. hat uns am Ende seines langen Pontifikats aufgefordert, das Herz auf die Eucharistie auszurichten. Ich habe seine Einladung aufgegriffen und nach der Synodenversammlung über die Eucharistie vom Oktober 2005 das Apostolische Schreiben Sacramentum caritatis verfaßt. Ihr habt also einen großen Reichtum an Weisungen, aus denen ihr für die Vorbereitung eures Kongresses Anregungen schöpfen könnt. Er ist ein kirchliches Ereignis, das - dessen bin ich mir gewiß - für eure Gemeinden eine günstige Gelegenheit sein wird, die Beschlüsse der jüngsten slowenischen Konzilsversammlung wieder aufzunehmen und zu verwirklichen.
Die Eucharistie und das Wort Gottes - dem die kommende ordentliche Versammlung der Bischofssynode gewidmet ist - bilden den wahren Schatz der Kirche. Der Lehre Jesu getreu, soll jede Gemeinschaft die irdischen Güter einfach als Dienst am Evangelium und entsprechend den Geboten des Evangeliums nutzen. In dieser Hinsicht ist das Neue Testament reich an Lehren und Vorbildern, so daß die Hirten zu jeder Zeit das heikle Problem der zeitlichen Güter und ihres angemessenen Gebrauchs angehen können. Das Zeugnis der evangeliumgemäßen Armut war in jeder Zeit der Kirche ein wesentlicher Bestandteil der Evangelisierung, wie dies auch im Leben Christi der Fall war. Deshalb ist es notwendig, daß alle, Hirten und Gläubige, sich um eine persönliche und gemeinschaftliche Umkehr bemühen, damit eine immer größere Treue zum Evangelium in der Verwaltung der Güter der Kirche allen das Zeugnis eines christlichen Volkes anbietet, das sich bemüht, in Übereinstimmung mit der Lehre Christi zu leben.
Liebe, verehrte Mitbrüder, ich danke dem Herrn, der uns in diesen Tagen erlaubt hat, die Bande der Gemeinschaft von euch und euren Kirchen mit dem Stuhl Petri neu zu beleben. Der sel. Anton Martin Slomsek und die übrigen Heiligen, die in euren Gemeinden besonders verehrt werden, mögen euch schützen und unterstützen. Maria, die Mutter der Kirche, wache immer über euren Dienst und erbitte euch reiche himmlische Gnaden. Ich meinerseits versichere euch, eurer im Gebet zu gedenken. Von Herzen erteile ich euch den Apostolischen Segen, in den auch alle eurer Hirtensorge anvertrauten Gläubigen eingeschlossen sind.
ANSPRACHE 2008 Januar 2008 8