Bostschaft 2005-2010 21
21. Juni 2008
Liebe Jugendliche!
Ich bin froh darüber, euch aus Rom zu grüßen und euch meines Gebets zu versichern, während ihr beim 49. Internationalen Eucharistischen Kongreß in Québec versammelt seid. Ich freue mich, eure Aufmerksamkeit zu sehen für das Geheimnis der Eucharistie, »Gabe Gottes für das Leben der Welt«, wie das Thema des Kongresses hervorhebt. Ich lade euch ein, unablässig über dieses »große Geheimnis des Glaubens« nachzudenken, wie wir es bei jeder Messe nach der Wandlung verkünden. Vor allem erleben wir in der Eucharistie das Opfer des Herrn am Abend seines Lebens nach, durch das er alle Menschen rettet. So bleiben wir ihm nahe und empfangen in Fülle die Gnaden, die für unser tägliches Leben und unser Heil nötig sind. Die Eucharistie ist schlechthin die Geste der Liebe Gottes uns gegenüber. Was kann größer sein, als sein Leben aus Liebe hinzugeben? Dabei ist Jesus das Vorbild der Ganzhingabe, der Weg, auf dem wir ihm gleichermaßen folgen sollen.
Die Eucharistie ist auch ein Modell des christlichen Weges, das unsere ganze Existenz formen soll. Christus ruft uns zusammen, damit wir uns versammeln, damit wir die Kirche bilden, seinen Leib inmitten der Welt. Um zu den beiden Tischen des Wortes und des Brotes Zugang zu erhalten, müssen wir zuerst die Vergebung Gottes empfangen, diese Gabe, die uns auf unserem täglichen Weg wieder aufrichtet, die in uns das göttliche Ebenbild wiederherstellt und die uns zeigt, wie sehr wir geliebt werden. Danach wendet sich Jesus – wie an den Pharisäer Simon im Lukasevangelium – immer wieder durch die Schrift an uns: »Ich möchte dir etwas sagen« (Lc 7,40). Denn jedes Wort der Heiligen Schrift ist für uns ein Wort des Lebens, das wir mit viel Aufmerksamkeit hören sollen. In ganz besonderer Weise bildet das Evangelium das Herz der christlichen Botschaft, die ganze Offenbarung der göttlichen Geheimnisse. In seinem Sohn, dem menschgewordenen Wort, hat uns Gott alles gesagt. In seinem Sohn hat uns Gott sein väterliches Angesicht enthüllt, ein Antlitz der Liebe, der Hoffnung. Er hat uns den Weg zum Glück und zur Freude gezeigt. Während der Wandlung, einem besonders eindringlichen Augenblick der Eucharistie, weil wir des Opfers Christi gedenken, seid ihr aufgerufen, Jesus, den Herrn, zu betrachten, wie der hl. Thomas: »Mein Herr und mein Gott« (Jn 20,28). Nachdem ihr das Wort Gottes empfangen und euch von seinem Leib gespeist habt, laßt euch innerlich verwandeln und von ihm eure Sendung empfangen. Er sendet euch nämlich in die Welt, damit ihr Träger seines Friedens und Zeugen seiner Liebesbotschaft seid. Habt keine Angst, den Jugendlichen eures Alters Christus zu verkünden! Zeigt ihnen, daß Christus weder euer Leben noch eure Freiheit beeinträchtigt; im Gegenteil, zeigt ihnen, daß er euch das wahre Leben schenkt, daß er euch frei macht, um gegen das Böse zu kämpfen und aus eurem Leben etwas Schönes zu machen.
... auf englisch: Vergeßt nicht, daß die sonntägliche Eucharistiefeier eine von Liebe erfüllte Begegnung mit dem Herrn ist, ohne den wir nichts tun können. Wenn ihr ihn wie die Emmausjünger »am Brechen des Brotes« erkennt, werdet ihr seine Gefährten werden. Er wird euch helfen, zu wachsen und euer Bestes zu geben. Denkt daran, daß im Brot der Eucharistie Christus wirklich, vollständig und substantiell gegenwärtig ist. Ihr werdet ihm daher im Geheimnis der Eucharistie, bei der Messe und während der stillen Anbetung vor dem Allerheiligsten Altarsakrament in einer privilegierten Weise begegnen. Durch die Öffnung eures Seins und eures ganzen Lebens unter dem Blick Christi werdet ihr nicht zerbrechen – im Gegenteil: ihr werdet entdecken, daß ihr unendlich geliebt werdet. Ihr werdet die Kraft erhalten, die ihr braucht, um euer Leben aufzubauen und die Entscheidungen zu treffen, die sich euch täglich stellen. Vor dem Herrn, in der Stille des Herzens mögen sich manche von euch dazu gerufen fühlen, ihm auf eine radikalere Weise, im Priesteramt oder im geweihten Leben, zu folgen. Habt keine Angst, diesem Ruf zu folgen und ihn voll Freude zu erwidern. Wie ich zu Beginn meines Pontifikats sagte, nimmt Gott denen, die sich ihm schenken, nichts weg. Im Gegenteil, er gibt ihnen alles. Er holt das Beste, das in jedem von uns vorhanden ist, hervor, so daß unser Leben wirklich blühen kann.
... auf französisch: An euch, liebe Jugendliche, und an alle Teilnehmer am Internationalen Eucharistischen Kongreß in Quebec sende ich einen herzlichen Apostolischen Segen.
Meine Herren Kardinäle,
22 Herr Vorsitzender der Bischofskonferenz von Kolumbien,
liebe Mitbrüder im Bischofsamt!
Ich grüße euch sehr herzlich mit den Worten des hl. Paulus: »Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus« (Ph 1,2). Mit ihm sage ich euch auch: »Ich danke meinem Gott jedesmal, wenn ich an euch denke; immer, wenn ich für euch alle bete, tue ich es mit Freude und danke Gott dafür, daß ihr euch gemeinsam für das Evangelium eingesetzt habt« ().
Ihr seid zur 85. Vollversammlung eurer Bischofskonferenz zusammengekommen und feiert in Dankbarkeit gegenüber dem Herrn den 100. Gründungstag dieser ehrwürdigen Einrichtung, welche die kollegiale Zuneigung fördert und euch hilft, einige seelsorgliche Aufgaben einvernehmlich und wohlkoordiniert durchzuführen und so dem christlichen Leben im ganzen Land auf harmonische Weise Antrieb zu verleihen.
Ich schließe mich von ganzem Herzen dieser bedeutsamen Gedenkfeier an, im Wissen, daß die Bischofskonferenz von Kolumbien, die 1908 auf Anordnung des Plenarkonzils von Lateinamerika entstanden ist, der Evangelisierungssendung der Kirche in dieser geliebten Nation stets Impulse gegeben hat, indem sie nach geeigneten Wegen und Methoden suchte, um das kirchliche Leben in diesem Land zu stärken und die Getauften zu ermutigen, großherzig auf ihre Berufung zur Heiligkeit zu antworten.
In diesem Augenblick ist es angebracht, an die bedeutenden Hirten zu erinnern, die dieser Bischofskonferenz in den 100 Jahren ihrer Existenz angehörten, und Gott für sie zu danken. Sie sind für alle ein beredtes Zeugnis apostolischen Eifers und vortrefflicher Tugenden und laden dazu ein, sich auch weiterhin mit eifriger Hingabe, festem Glauben und stets neuer Leidenschaft den Herausforderungen zu stellen, denen die Kirche in eurer Heimat heute gegenübersteht.
Liebe Brüder im bischöflichen Dienst, der gegenwärtige Augenblick ist eine von der Vorsehung geschenkte Gelegenheit, das Zeugnis derer, die uns vorangegangen sind, anzunehmen und unseren Brüdern zu helfen, die Freundschaft mit Jesus zu festigen, sein Wort mit reinem Herzen aufzunehmen, freudig die Sakramente zu feiern und allen, besonders den am meisten Benachteiligten, mit Begeisterung zu dienen und ihnen eine Botschaft des Friedens, der Gerechtigkeit und der Versöhnung zu bringen. Als Hirten der Kirche müssen wir vorangehen, um das Gottesvolk auf dem rechten Weg zu führen. Es muß uns als wahre Männer Gottes sehen und wissen, daß wir jeden Tag für seine Sorgen, sein Leid, seine Mühen und seinen Kummer beten. Als Jünger hören wir auf den Meister, lernen von ihm und folgen ihm; als Apostel und Gesandte helfen wir allen in unserer Nähe und auch den Fernstehenden, in Christus die Fülle des Lebens zu finden, nach der sie so sehr verlangen.
Ich möchte euch sagen, daß ihr bei dieser Aufgabe nicht allein seid. Ich begleite euch mit meinem Gebet und meiner geistlichen Nähe in euren Bemühungen, das Evangelium überall in Kolumbien durch eure Initiativen im Bereich der Erziehungs- und Universitätspastoral und durch die Fürsorge gegenüber den Häftlingen, den Kranken, den alten Menschen, der indigenen Bevölkerung, den Arbeitern, den Vertriebenen, den Jugendlichen und den Familien zu verkündigen.
In der Gewißheit, daß ihr für eine vielversprechende Zukunft und für das Wohl der ganzen Kirche feste Grundlagen schafft, möchte ich euch auch ermutigen, den Priestern, den Seminaristen, den Missionaren sowie den Ordensmännern und Ordensfrauen noch größere Aufmerksamkeit zu widmen und den verschiedenen Ausbildungsprogrammen für Katecheten, Laien und Pastoralarbeitern neue Impulse zu verleihen.
Ich will auch nicht die Sorgfalt vergessen, die ihr darauf verwendet, Männer der Eintracht zu sein, ebensowenig wie eure ständigen Ermahnungen, der Gewalt, den Entführungen und der Erpressung, unter denen viele Söhne und Töchter dieses geliebten Landes leiden, ein Ende zu setzen. Ich bete inständig zu Gott, daß diese Situationen, die schon so viel Schmerz verursacht haben, möglichst bald ein Ende finden und in Kolumbien ein dauerhafter und gerechter Friede herrschen möge, in einer Atmosphäre der Hoffnung und des Wohlergehens.
Laßt mich den emeritierten Bischöfen einen besonderen Gruß aussprechen. Ich bitte euch, ihnen meine Wertschätzung und Anerkennung zu übermitteln. In dieselben Empfindungen schließe ich sehr gern die Priester, Ordensleute und Laien ein, die auf verschiedene Weise mit euch zusammen in der Bischofskonferenz tätig sind.
23 Ich stelle die verschiedenen Aktivitäten, die ihr vorbereitet habt, um dieses Gedenkjahr hervorzuheben, unter den mütterlichen Schutz Unserer Lieben Frau von Chiquinquirá, vor allem den Vierten Nationalen Versöhnungskongreß und die »Expocatólica«, die im kommenden August stattfinden werden. Ihrem Unbefleckten Herzen vertraue ich auch eure Anliegen sowie die eurer Diözesangemeinschaften und des ganzen geliebten kolumbianischen Volkes an. Mit diesen Empfindungen und Wünschen und als Unterpfand reicher himmlischer Gaben erteile ich allen einen besonderen Apostolischen Segen.
Aus dem Vatikan, am 30. Juni 2008
"»Ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen, der auf euch herabkommen wird, und ihr werdet meine Zeugen sein« (Ac 1,8).
An das geliebte australische Volk und
die jungen Pilger, die am Weltjugendtag 2008 teilnehmen
Gnade und Friede von Gott unserem Vater und dem Herrn Jesus Christus sei mit Euch allen! In wenigen Tagen werde ich meine Apostolische Reise in Euer Land zur Feier des XXIII. Weltjugendtages in Sydney beginnen. Ich blicke mit großer Erwartung auf die Tage, die ich mit Euch verbringen werde, vor allem auf die Gelegenheiten zum gemeinsamen Beten und Nachdenken mit jungen Menschen aus der ganzen Welt.
Zunächst möchte ich all jenen meine Anerkennung aussprechen, die viel von ihrer Zeit, ihren Kräften und ihren Gebeten aufgewandt haben, um diese Feier möglich zu machen. Die australische Regierung und die Regierung des Staates New South Wales, die Organisatoren aller Veranstaltungen, die Mitglieder der Geschäftswelt, die sich als Sponsoren zur Verfügung gestellt haben: Ihr alle habt großzügig dieses Ereignis unterstützt, und im Namen aller Jugendlichen, die am Weltjugendtag teilnehmen, danke ich Euch aufrichtig.
Viele der Jugendlichen haben große Opfer gebracht, um nach Australien reisen zu können, und ich bete, daß sie dafür reich entlohnt werden mögen. Die Pfarreien, Schulen und Gastfamilien sind bei der Aufnahme dieser jungen Besucher sehr großzügig gewesen, und sie verdienen ebenfalls unseren Dank und unsere Anerkennung.
»Ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen, der auf euch herabkommen wird, und ihr werdet meine Zeugen sein« (Ac 1,8). So lautet das Thema des XXIII. Weltjugendtages. Wie sehr bedarf unsere Welt einer neuen Ausgießung des Heiligen Geistes! Viele haben die Frohe Botschaft Jesu Christi noch nicht gehört, während viele andere, aus welchem Grund auch immer, die erlösende Wahrheit in dieser Frohen Botschaft nicht erkannt haben, die allein die tiefste Sehnsucht ihrer Herzen erfüllen kann. Der Psalmist betet: »Sendest du deinen Geist aus, so werden sie alle erschaffen, und du erneuerst das Antlitz der Erde« (Ps 104,30). Es ist meine feste Überzeugung, daß die jungen Menschen dazu aufgerufen sind, Werkzeug dieser Erneuerung zu sein, indem sie ihresgleichen die Freude vermitteln, die sie durch das Kennenlernen und die Nachfolge Christi erfahren haben, und mit den anderen die Liebe teilen, die der Geist in ihre Herzen ausgießt, so daß auch sie mit Hoffnung und Dankbarkeit für all das Gute erfüllt werden, das sie von Gott, unserem himmlischen Vater, empfangen haben.
Vielen jungen Menschen fehlt es heute an Hoffnung. Sie sind voller Zweifel angesichts der Fragen, die sich in einer verwirrenden Welt immer dringender stellen, und oft sind sie unsicher, welchen Weg sie einschlagen sollen, um Antworten zu finden. Sie sehen Armut und Ungerechtigkeit und drängen darauf, Lösungen zu finden. Sie werden durch die Argumente derjenigen herausgefordert, welche die Existenz Gottes leugnen, und sie fragen sich, wie sie darauf antworten können. Sie sehen, daß der natürlichen Umwelt durch menschliche Habgier großer Schaden zugefügt wird, und sie kämpfen dafür, Wege zu finden, um in größerem Einklang mit der Natur sowie untereinander zu leben.
Wo können wir nach Antworten suchen? Der Geist richtet uns auf den Weg aus, der zum Leben, zur Liebe und zur Wahrheit führt. Der Geist richtet uns auf Jesus Christus aus. Es gibt ein Wort, das dem hl. Augustinus zugeschrieben wird: »Wenn du jung bleiben willst, dann suche Christus.« In ihm finden wir die Antworten, nach denen wir suchen, in ihm finden wir die Ziele, für die es sich wirklich zu leben lohnt, in ihm finden wir die Kraft, den Weg weiter zu verfolgen, der zu einer besseren Welt führen wird. Unsere Herzen sind unruhig, solange sie nicht im Herrn ruhen, wie der hl. Augustinus zu Beginn seiner »Bekenntnisse« sagt, dem berühmten Bericht über seine eigene Jugend. Ich bete dafür, daß die Herzen der jungen Menschen, die in Sydney zur Feier des Weltjugendtags zusammenkommen, wirklich Ruhe im Herrn finden und sie mit Freude und Eifer erfüllt werden, die Frohe Botschaft unter all ihren Freunden, in ihren Familien und bei allen, denen sie begegnen, zu verbreiten.
24 Liebe australische Freunde, obwohl ich nur einige Tage in eurem Land verbringen und nicht außerhalb von Sydney reisen werde, erreicht mein Herz doch Euch alle, einschließlich diejenigen, die krank sind oder sich in Schwierigkeiten unterschiedlichster Art befinden. Im Namen aller Jugendlichen danke ich Euch nochmals für Eure Unterstützung meiner Sendung und bitte Euch, weiterhin besonders für sie zu beten. Es bleibt mir nur noch, meine Einladung an die Jugendlichen auf der ganzen Welt zu wiederholen, in Australien, dem großen »Land des Heiligen Geistes im Süden«, mit mir zusammenzukommen. Ich freue mich darauf, Euch dort zu treffen! Gott segne Euch alle!
Aus dem Vatikan, am 4. Juli 2008
Seiner Exzellenz Herrn
Bischof Francesco Lambiasi
Bischof von Rimini
Exzellenz! Hochwürdigster Herr Bischof!
Anläßlich des 29. »Meetings für die Freundschaft unter den Völkern« freue ich mich, Ihnen, den Veranstaltern und allen Teilnehmern an diesem bedeutsamen Ereignis den herzlichen Gruß Seiner Heiligkeit Benedikt XVI. zukommen zu lassen.
Das provokatorische Thema der Begegnung, »Entweder Protagonist oder niemand«, erweckt sofort Aufmerksamkeit. In Wahrheit ist genau das die Absicht der Veranstalter: Man soll »über den Begriff der Person nachdenken«. Was bedeutet es, Protagonisten des eigenen Lebens und des Lebens der Welt zu sein? Diese Frage stellt sich heute mit großer Dringlichkeit, denn als Alternative zum Protagonismus scheint es oft nur ein Leben ohne Sinn zu geben, die graue Anonymität der vielen »Niemande«, die in einer unförmigen Masse untergehen und leider unfähig sind, ein eigenes, beachtenswertes Gesicht zu zeigen. Man sollte die Frage also etwas präzisieren und könnte sie auch so formulieren: Was verleiht dem Menschen ein Gesicht, was macht ihn unverwechselbar und schenkt seinem Dasein die volle Würde?
Die Gesellschaft und Kultur, in der wir leben und deren mächtigen Resonanzkörper die Kommunikationsmittel bilden, sind weithin von der Überzeugung beherrscht, daß ein hoher Bekanntheitsgrad ein wesentliches Element für die eigene persönliche Verwirklichung ist. Viele verfolgen das Ziel, aus der Anonymität herauszutreten und mit jedem Mittel und Vorwand die öffentliche Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Die politische oder wirtschaftliche Macht, das berufliche Ansehen, das Prahlen mit Reichtum, die Anerkennung der eigenen Leistungen, ja sogar die Zurschaustellung der eigenen Exzesse – all das wird bedenkenlos als »Erfolg« betrachtet, als »Gelingen « des eigenen Lebens. Die jungen Generationen streben daher immer mehr Berufe oder Karrieren an, die idealisiert werden, weil sie eine Plattform bieten, auf der sie »erscheinen«, sich als »jemand« fühlen können. Das angestrebte Ideal wird verkörpert durch Filmschauspieler, Persönlichkeiten und Stars aus Fernsehen und Showgeschäft, Sportler, Fußballer und so weiter.
Was aber ist mit jenen, die nicht so sehr im Rampenlicht der Gesellschaft stehen? Was ist mit jenen, die von den Dynamiken des weltlichen Erfolgs, die der Gesellschaft, in der sie leben, zugrundeliegen, übersehen wurden oder sogar daran zerbrochen sind? Was ist mit den Armen, den Schwachen, den Kranken, den alten oder behinderten Menschen, mit denen, die kein Talent haben, sich gegen andere durchzusetzen, oder keine Mittel, um es zu fördern? Was ist mit jenen, die keine Stimme haben, um ihre Ideen und Überzeugungen zum Ausdruck zu bringen? Wie sollen jene Beachtung finden, die ein unauffälliges Leben führen, das für Presse und Fernsehen scheinbar belanglos ist? Der Mensch strebt heute ebenso wie in der Vergangenheit nach seinem Glück und sucht es dort, wo er es zu finden glaubt. Unter dem Wort »Protagonismus«, das das diesjährige »Meeting« uns zur Reflexion unterbreitet, verbirgt sich also in Wirklichkeit folgende Frage: Worin besteht das Glück? Was kann den Menschen wirklich dazu führen, es zu erlangen?
Papst Benedikt XVI. hat in diesem Jahr ein besonderes Jubiläumsjahr ausgerufen, das einem »Lehrmeister« der Christenheit aller Zeiten gewidmet ist, dem Pharisäer aus Tarsus mit Namen Saulus, der die Kirche der Anfänge erbittert verfolgte und sich dann bekehrte, als er plötzlich die Stimme des Herrn vernahm. Von jenem Augenblick an diente er dem Evangelium mit völliger Hingabe. Er bereiste unermüdlich die damals bekannte Welt und trug dazu bei, die Grundlagen zu schaffen für das, was später die europäische Kultur werden sollte, die vom Christentum geprägt ist.
25 Nur selten findet sich ein Geist, der ein so umfassendes Wissen und soviel Scharfsinn zeigt wie der seine. Seine Briefe offenbaren das heftige Temperament seiner leidenschaftlichen Persönlichkeit. Sie haben Millionen von Lesern angezogen und auf viele Generationen von Menschen, auf ganze Völker und Nationen einen einzigartigen Einfluß ausgeübt. Durch seine Schriften zeigt Paulus uns auch heute noch Christus als die wahre Quelle der Achtung unter den Menschen, des Friedens unter den Nationen, der Gerechtigkeit im Zusammenleben. Auch heute noch, nach 2000 Jahren, können wir alle uns als »Kinder« seiner Verkündigung betrachten, und unsere Zivilisation weiß, wieviel sie diesem Mann gerade in Anbetracht der Werte schuldet, auf denen sie gründet.
Dennoch stand der hl. Paulus in seinem Leben durchaus nicht im Rampenlicht und war von jeglicher öffentlichen Anerkennung weit entfernt. Als er starb, war die Kirche, zu deren Verbreitung er beigetragen hatte, noch ein kleines Samenkorn. Die höchsten Autoritäten des Römischen Reiches konnten es sich erlauben, diese Gruppe unbeachtet zu lassen oder zu versuchen, sie blutig zu unterdrücken. Wenn man das tägliche Leben des Paulus betrachtet, so sieht man überdies, daß es mit großen Leiden verbunden und Feindseligkeiten und Gefahren ausgesetzt war, daß er zwar Trost und Freude erfahren durfte, sein Leben aber in erster Linie voller Schwierigkeiten war, die er auf sich nehmen mußte. Er selbst gibt davon an vielen Stellen seiner Schriften Zeugnis. Im Zweiten Brief an die Korinther sagt er zum Beispiel: »Fünfmal erhielt ich von Juden die neununddreißig Hiebe; dreimal wurde ich ausgepeitscht, einmal gesteinigt, dreimal erlitt ich Schiffbruch, eine Nacht und einen Tag trieb ich auf hoher See. Ich war oft auf Reisen, gefährdet durch Flüsse, gefährdet durch Räuber, gefährdet durch das eigene Volk, gefährdet durch Heiden, gefährdet in der Stadt, gefährdet in der Wüste, gefährdet auf dem Meer, gefährdet durch falsche Brüder. Ich erduldete Mühsal und Plage, durchwachte viele Nächte, ertrug Hunger und Durst, häufiges Fasten, Kälte und Blöße. Um von allem andern zu schweigen, weise ich noch auf den täglichen Andrang zu mir und die Sorge für alle Gemeinden hin. Wer leidet unter seiner Schwachheit, ohne daß ich mit ihm leide? Wer kommt zu Fall, ohne daß ich von Sorge verzehrt werde?« (11,24–29). Diesen Hindernislauf – so könnte man ihn bezeichnen –, den er mit der Kraft und im Namen seines Erlösers durchführte, beendete Paulus in Rom, wo er zum Tode verurteilt und geköpft wurde. Während der Verfolgung unter Kaiser Nero, die damals wütete, starben zusammen mit ihm noch viele andere Christen, unter ihnen auch Petrus, der Fischer aus Galiläa und Oberhaupt der Kirche.
Kann man das Leben des Paulus wirklich als »gelungen« bezeichnen? Wir stehen hier vor dem Paradox des christlichen Lebens als solchem. Was bedeutet für den Christen ein »gelungenes« Leben? Was sagt uns die Geschichte vieler Heiliger, die in den Klöstern ein zurückgezogenes Leben geführt haben? Was sagen uns das Leben und der Tod zahlloser christlicher Märtyrer, deren Namen meist unbekannt sind und die am Ende ihres Lebens nicht umjubelt wurden, sondern von Verachtung, Haß und Gleichgültigkeit umgeben waren? Worin besteht die »Größe« ihres Lebens, ihr strahlendes Zeugnis, ihr »Erfolg«?
Auch jüngst hat der Heilige Vater Benedikt XVI. wieder daran erinnert, daß der Mensch für die ewige Erfüllung seines Daseins geschaffen ist. Das übersteigt den rein weltlichen Erfolg bei weitem und steht nicht im Widerspruch zur Niedrigkeit der Umstände, unter denen die irdische Pilgerreise stattfindet. Die Erfüllung des Mensch- seins ist die Erkenntnis Gottes, der jede Person erschaffen hat und zu dem sie mit jeder Faser ihres Seins hinstrebt. Um das zu erreichen, bedarf es weder der Berühmtheit noch des Erfolgs bei der Menge. Das ist der Protagonismus, den das Thema des gegenwärtigen »Meetings von Rimini« zur Reflexion anbieten möchte. Protagonist seines Lebens ist derjenige, der sein Leben Gott schenkt – dem Gott, der ihn beruft, um am universalen Heilsplan mitzuarbeiten.
Das »Meeting« möchte hervorheben, daß nur Christus dem Menschen seine wahre Würde offenbaren und ihm den wirklichen Sinn seines Lebens vermitteln kann. Wenn der Gläubige ihm fügsam folgt, dann ist er in der Lage, eine bleibende Spur in der Geschichte zu hinterlassen. Es ist die Spur der göttlichen Liebe, deren Zeuge er wird, eben weil er von dieser Liebe ergriffen ist. Dann wird das, was dem hl. Paulus möglich war, auch einem jeden von uns möglich. Es ist nicht wichtig, ob der Plan Gottes für uns einen beschränkten Handlungsradius vorsieht; es ist nicht wichtig, ob wir innerhalb der Mauern eines Klausurklosters leben oder in viele verschiedene weltliche Tätigkeiten eingebunden sind; es ist nicht wichtig, ob wir Väter oder Mütter in unserer Familie sind oder geweihte Personen oder Priester. Gott macht so von uns Gebrauch, wie es seinem Liebesplan entspricht. Er setzt dabei die Bedingungen fest und bittet uns, dem Wirken seines Geistes zu entsprechen. Er will, daß wir zusammen mit ihm an der Verwirklichung seines Reiches arbeiten. Zu einem jeden sagt er: »Komm und folge mir nach« (Lc 18,22). Und nur in seiner Nachfolge erfährt der Mensch die wahre Erhöhung seines Selbst.
Das lehrt uns die Erfahrung der Heiligen, Männer und Frauen, die ihre Treue zu Gott sehr oft auf bescheidene und alltägliche Weise gelebt haben. Und unter ihnen finden wir viele wahre Protagonisten der Geschichte, Menschen, die ihre volle Verwirklichung gefunden haben, lebendige Vorbilder der Hoffnung und Zeugen einer Liebe, die nichts fürchtet, nicht einmal den Tod.
Der Heilige Vater wünscht, daß diese Reflexionen den Teilnehmern am »Meeting« helfen mögen, Christus zu begegnen, um den Wert des christlichen Lebens besser zu verstehen und seinen Sinn im demütigen Protagonismus des Dienstes an der Sendung der Kirche umzusetzen, in Italien und in der ganzen Welt. Er versichert Sie daher seines Gebets für ein gutes Gelingen des »Meetings« und sendet Ihnen, den Veranstaltern und allen Anwesenden einen besonderen Segen.
Sehr gern schließe ich mich mit meinen besten Wünschen für ein fruchtbares Gelingen der Veranstaltung an und nehme gern diese Gelegenheit wahr, Eure Exzellenz meiner Empfindungen der Ergebenheit im Herrn zu versichern.
Kard. Tarcisio Bertone
Staatssekretär
Seiner Exzellenz Bischof
26 Heinz Josef Algermissen
Bischof von Fulda Fulda
Papst Benedikt XVI. hat davon Kenntnis erhalten, daß das Forum Deutscher Katholiken vom 12. bis zum 14. September in Fulda den diesjährigen Kongreß »Freude am Glauben« veranstaltet. Gerne verbindet sich der Heilige Vater geistlich mit den Teilnehmern und versichert sie seines Gebets. Das Thema des Kongresses »Mit der Kirche die Zukunft gestalten« steht in Zusammenhang mit dem Missionsauftrag, den die Kirche von Christus erhalten hat. In Erfüllung dieses Auftrags soll sie zu allen Zeiten die Menschen einladen, Wege zu einem geglückten Leben im Einklang mit dem Willen des Schöpfers zu finden. Schon der Prophet Jeremia verkündet im Namen Gottes: »Fragt, wo der Weg zum Guten liegt, geht auf ihm, so werdet ihr Ruhe finden für eure Seele« (Jr 6,16). So tritt die Kirche an die Menschen heran, um sie zu ermutigen, ihr Leben auf Gott auszurichten. Denn Zukunft, hoffnungsfrohe Zukunft, kann es nur mit Gott geben, der uns das »wirkliche« Leben schenkt. Dabei kommt den Gläubigen die Aufgabe zu, die Gesellschaft auf der Grundlage des Evangeliums wirksam mitzugestalten und dort ihre Stimme zu erheben, wo die Würde des Menschen von der Empfängnis bis zum natürlichen Tod, die Rechte sozial Schwacher und die Prinzipien der Gerechtigkeit in Frage gestellt werden. Mögen alle Kongreßteilnehmer durch die Vorträge und im persönlichen Austausch gestärkt werden, durch ihren konkreten Einsatz dazu beitragen, daß die Kirche auch in Zukunft ihre gestalterische Kraft zum Wohl der Menschen entfalten kann. Dazu erteilt Seine Heiligkeit Papst Benedikt XVI. den Veranstaltern und den Gästen der Tagung auf die Fürsprache der allerseligsten Jungfrau Maria und des hl. Bonifatius von Herzen den erbetenen Apostolischen Segen.
10. September 2008
Tarcisio Kardinal Bertone
Staatssekretär Seiner Heiligkeit
An Seine Heiligkeit Aleksij II.
Patriarch von Moskau und ganz Rußland
Der Besuch Seiner Eminenz Kardinal Crescenzio Sepe, Erzbischof von Neapel, bietet mir die Gelegenheit, Eurer Heiligkeit meine herzlichen und brüderlichen Grüße im Herrn zu übermitteln. Ich empfinde tiefe Zuneigung zu allen orthodoxen Brüdern und bin ihnen in diesen Tagen, in denen der Konflikt Völkern, die mir so sehr am Herzen liegen, großes Leid verursacht, besonders nahe. Ich höre niemals auf, täglich für den Frieden zu beten und den Herrn zu bitten, daß die Aufrufe Eurer Heiligkeit, alle Feindseligkeiten zum Wohle der Nationen beizulegen, befolgt werden mögen. Der Glaube an unseren Herrn Jesus Christus ist ein Band, das die Herzen zutiefst vereint und uns alle einlädt, uns stärker dafür einzusetzen, der Welt ein gemeinsames Zeugnis respektvollen und friedlichen Zusammenlebens zu geben.
In unserer Zeit, die so oft von Konflikt und Trauer gezeichnet ist, ist es dringend notwendig, den Weg zur vollen Einheit aller Jünger Christi zu beschleunigen, um die Frohbotschaft des Heils der ganzen Menschheit zu verkündigen.
Indem ich auf Eure Heiligkeit den mütterlichen Schutz der Gottesmutter Maria herabrufe, auf daß sie Sie auch weiterhin in voller Gesundheit bewahren und Ihnen in Ihrem täglichen Dienst beistehen möge, versichere ich Sie erneut meiner aufrichtigen brüderlichen Hochachtung.
27 Aus dem Vatikan, am 22. September 2008
An Msgr. Livio Melina
Dekan des Päpstlichen Instituts »Johannes Paul II.«
für Studien über Ehe und Familie
Mit Freude habe ich erfahren, daß das Päpstliche Institut, dessen Dekan Sie sind, zusammen mit der Katholischen Universität »Sacro Cuore« einen Internationalen Kongreß anläßlich des 40. Jahrestages der Veröffentlichung der Enzyklika Humanae vitae veranstaltet hat. Es handelt sich dabei um ein wichtiges Dokument, das sich mit einem der wesentlichen Aspekte der ehelichen Berufung und dem aus ihr hervorgehenden spezifischen Weg der Heiligkeit auseinandersetzt. Da die Eheleute das Geschenk der Liebe empfangen haben, sind sie dazu berufen, sich ihrerseits vorbehaltlos einander zu schenken. Nur so sind die den Ehegatten eigenen und ausschließlich ihnen vorbehaltenen Akte wirklich Akte der Liebe, die eine echte personale Gemeinschaft bilden, während sie sie ein Fleisch werden lassen. Somit formt die Logik der Totalität der Hingabe die eheliche Liebe in ihrem Innern und wird dank der sakramentalen Ausgießung des Heiligen Geistes das Mittel, um im eigenen Leben eine wahre eheliche Liebe zu verwirklichen.
Die Möglichkeit, neues menschliches Leben zu zeugen, ist in der ganzheitlichen Selbstschenkung der Eheleute inbegriffen. Wenn nämlich jede Form der Liebe darauf ausgerichtet ist, die Fülle zu verbreiten, aus der sie lebt, so hat die eheliche Liebe eine eigene Art, sich mitzuteilen: die Zeugung von Kindern. Demgemäß ähnelt sie nicht nur der Liebe Gottes, die sich mitteilen will, indem sie Menschen ins Leben ruft, sondern hat Anteil an ihr. Diese kommunikative Dimension durch eine auf die Verhinderung der Fortpflanzung ausgerichtete Handlung auszuschließen heißt, die innere Wahrheit der ehelichen Liebe zu leugnen, durch die das göttliche Geschenk mitgeteilt wird: »Will man nicht den Dienst an der Weitergabe des Lebens menschlicher Willkür überlassen, dann muß man für die Verfügungsmacht des Menschen über den eigenen Körper und seine natürlichen Funktionen unüberschreitbare Grenzen anerkennen, die von niemand, sei es Privatperson oder öffentliche Autorität, verletzt werden dürfen« (Humanae vitae HV 17). Dies ist der wesentliche Kern der Lehre, die mein verehrter Vorgänger Paul VI. an die Eheleute richtete und die der Diener Gottes Johannes Paul II. seinerseits zu vielen Anlässen bekräftigt hat, indem er deren anthropologisches und moralisches Fundament erhellte.
Im Abstand von 40 Jahren seit der Veröffentlichung der Enzyklika können wir besser verstehen, wie entscheidend dieses Licht für das Verständnis des großen »Ja« ist, das die eheliche Liebe einschließt. In diesem Licht sind die Kinder nicht mehr Gegenstand einer menschlichen Planung, sondern sie werden als eine wahre Gabe anerkannt, die in einer Haltung verantwortlicher Großherzigkeit Gott gegenüber anzunehmen ist, der ersten Quelle des menschlichen Lebens. Dieses große »Ja« zur Schönheit der Liebe bringt gewiß die Dankbarkeit mit sich, sowohl der Eltern, wenn sie das Geschenk eines Kindes empfangen, als auch des Kindes in dem Wissen, daß sein Leben einer so großen und Geborgenheit schenkenden Liebe entspringt.
Anderseits ist es wahr, daß es auf dem Weg des Ehepaares zu schwerwiegenden Umständen kommen kann, die es anraten lassen, die Abstände zwischen den Geburten der Kinder zu vergrößern oder diese gar auszusetzen. Und an dem Punkt wird die Kenntnis der natürlichen Fruchtbarkeitsrhythmen der Frau für das Leben der Eheleute wichtig. Die Beobachtungsmethoden, die es dem Ehepaar erlauben, die Perioden der Fruchtbarkeit zu bestimmen, gestatten es ihm, das zu verwalten, was der Schöpfer in seiner Weisheit in die Natur des Menschen eingeschrieben hat, ohne den unversehrten Sinn der sexuellen Hingabe zu stören. Auf diese Weise werden die Eheleute in Achtung der vollen Wahrheit ihrer Liebe deren Ausdrucksform in Einklang mit diesen Rhythmen abstimmen können, ohne der Ganzheit der Selbsthingabe etwas zu nehmen, welche die fleischliche Vereinigung zum Ausdruck bringt. Dies erfordert offensichtlich eine Reife der Liebe, die nicht unmittelbar ist, sondern einen Dialog und ein gegenseitiges Aufeinanderhören sowie eine einzigartige Beherrschung des Sexualtriebes auf einem Weg des Wachstums in der Tugend mit sich bringt.
In dieser Perspektive und im Wissen, daß der Kongreß auch auf Initiative der Katholischen Universität »Sacro Cuore« hin stattfindet, liegt es mir daran, besondere Wertschätzung dafür zum Ausdruck zu bringen, was diese universitäre Einrichtung zur Unterstützung des Internationalen Instituts »Paolo VI« zur Forschung über die menschliche Fruchtbarkeit und Unfruchtbarkeit und für eine verantwortliche Fortpflanzung (ISI) tut. Die Universität stiftete es meinem unvergeßlichen Vorgänger Papst Johannes Paul II. und wollte auf diese Weise eine sozusagen institutionalisierte Antwort auf den Appell geben, den Papst Paul VI. unter Nummer 24 der Enzyklika an die »Männer der Wissenschaft« gerichtet hatte. Es ist nämlich Aufgabe des ISI, die Kenntnis der Methoden sowohl zur »natürlichen« Regulierung der menschlichen Fruchtbarkeit als auch für eine »natürliche« Überwindung einer eventuellen Unfruchtbarkeit fortschreiten zu lassen. Heute kann »dank des Fortschritts der biologischen und medizinischen Wissenschaften […] der Mensch über immer wirksamere therapeutische Mittel verfügen, aber er kann auch neue Macht erwerben, mit unvorhersehbaren Folgen für das menschliche Leben an seinem Beginn selbst und in seinen ersten Stadien« (Instruktion Donum vitae, 1). In dieser Perspektive haben sich »viele Forscher […] im Kampf gegen die Unfruchtbarkeit eingesetzt. Einige sind, unter vollständiger Wahrung der Würde der menschlichen Fortpflanzung, zu Ergebnissen gelangt, die vorher unerreichbar schienen. Die Wissenschaftler müssen also ermutigt werden, mit ihren Forschungen fortzufahren, um den Ursachen der Sterilität vorzubeugen und ihnen abhelfen zu können, so daß die unfruchtbaren Ehepaare in Achtung ihrer personalen Würde und der des Ungeborenen zur Fortpflanzung gelangen« (Instruktion Donum vitae, 8). Gerade dies ist das Ziel, das sich das ISI »Paolo VI« und weitere ähnliche Zentren, ermuntert von der kirchlichen Autorität, gesetzt haben.
Wir können uns fragen: Warum finden es die Welt und auch viele Gläubige heute so schwer, die Botschaft der Kirche zu verstehen, welche die Schönheit der ehelichen Liebe in ihrem natürlichen Offenbarwerden erhellt und verteidigt? Gewiß, die technische Lösung erscheint auch bei den großen menschlichen Fragen oft als die leichteste, aber sie verbirgt in Wirklichkeit die Grundfrage, welche den Sinn der menschlichen Sexualität und die Notwendigkeit einer verantwortlichen Beherrschung betrifft, damit ihre Ausübung Ausdruck personaler Liebe werden kann. Die Technik kann die Reifung der Freiheit nicht ersetzen, wenn die Liebe im Spiel ist. Im Gegenteil, wie wir wohl wissen, ist nicht einmal die Vernunft ausreichend: Es muß das Herz sein, das sieht. Nur die Augen des Herzens können die Erfordernisse einer großen Liebe erfassen, die fähig ist, die Ganzheit des Menschseins zu umfassen. Deshalb wird der Dienst, den die Kirche in ihrer Ehe- und Familienseelsorge bietet, immer die Ehepaare dahin führen, daß sie mit dem Herzen den wunderbaren Plan verstehen, den Gott in den Leib des Menschen eingeschrieben hat, wobei sie ihnen bei der Annahme dessen hilft, was ein wahrer Weg der Reife mit sich bringt.
Der Kongreß, an dem ihr teilnehmt, stellt daher ein wichtiges Moment der Reflexion und der Sorge für die Ehepaare und die Familien dar; er bietet dabei die Frucht jahrelanger Forschungsarbeit sowohl innerhalb des anthropologischen und ethischen als auch des rein wissenschaftlichen Bereichs hinsichtlich der wirklich verantwortlichen Fortpflanzung. In diesem Licht kann ich euch nur beglückwünschen und der Hoffnung Ausdruck verleihen, daß diese Arbeit reiche Frucht bringe und dazu beitrage, die Eheleute mit immer größerer Weisheit und Klarheit auf ihrem Weg zu stützen; so sollen sie in ihrer Sendung ermuntert werden, in der Welt glaubhafte Zeugen der Schönheit der Liebe zu sein. Während ich die Hilfe des Herrn auf den Verlauf der Kongreßarbeiten herabrufe, übermittle ich mit diesen Wünschen allen einen besonderen Apostolischen Segen.
Bostschaft 2005-2010 21