(Contra Haereses) 522

22. Kapitel: Gott ist der alleinige Herr über alles in der Welt

522 1.

Deutlich zeigt also der Herr, daß der Herr der wahre und einzige Gott ist, der vom Gesetze verkündigt war. Den das Gesetz verkündigt hatte, den zeigte Christus als den Vater, dem seine Jünger allein dienen dürfen. Auch die Aussprüche des Gesetzes widerlegen unsere Gegner, denn das Gesetz befiehlt uns, den Weltenschöpfer als Gott zu loben und ihm allein zu dienen. Also darf man keinen andern Vater außer diesem, noch über diesem suchen; denn „einer ist Gott, der die Beschneidung aus dem Glauben und die Vorhaut durch den Glauben rechtfertigt“ (
Rm 3,30). Wäre nämlich über diesem ein anderer vollkommener Vater, dann hätte er nicht durch dessen Worte und Gebote den Satan niedergeworfen. Kann doch eine Unwissenheit nicht durch eine andere aufgehoben werden, ebensowenig wie ein Fehltritt durch den andern wieder gutgemacht werden kann. Wäre also das Gesetz aus der Unwissenheit und dem Fehltritt hervorgegangen, wie hätten seine Aussprüche die Unwissenheit des Teufels aufheben und den Starken besiegen können? Denn nicht von einem Schwächeren oder einem Gleichstarken kann der Starke besiegt werden, sondern nur von dem Stärkeren. Mehr aber als alles vermag das Wort Gottes, das sich im Gesetze vernehmen läßt: „Höre, Israel, der Herr, dein Gott, ist der einzige Gott“ (Dt 6,4). Und: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, aus deiner ganzen Seele lieben“ (Ebd. 6,5). Und: „Diesen sollst du anbeten und ihm allein dienen“ (Ebd. 6,13). Durch ebendieselben Aussprüche streckt er im Evangelium den Abfall nieder, besiegt mit des Vaters Stimme den Starken und tut kund, daß seine Aussprüche das Gebot des Gesetzes sind, indem er spricht: „Du sollst den Herrn deinen Gott nicht versuchen“ (Mt 4,7). Nicht durch einen fremden, sondern durch den eigenen Ausspruch seines Vaters streckte er den Gegner nieder und besiegte den Starken.



2.

Uns aber, die Erlösten, hat er durch dasselbe Gebot gelehrt, wenn wir hungern, die Speise zu nehmen, die Gott uns gibt; wenn wir aber auf den Gipfel der gesamten Charismen gestellt sind, sei es in anbetracht unserer guten Werke oder der hervorragenden Stellung im Dienste, uns niemals zu erheben, noch Gott zu versuchen, sondern in allem bescheiden zu denken und sein Wort bei der Hand zu haben: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht versuchen.“ So lehrte ja auch der Apostel, „nicht Hohes zu sinnen, sondern mit den Demütigen übereinzustimmen“ (Rm 12,16). Nicht von dem Reichtum oder dem Ruhm der Welt oder einer augenblicklichen Vorstellung sollen wir uns fangen lassen, sondern wissen, daß nur nötig ist, Gott den Herrn anzubeten und ihm allein zu dienen, aber dem nicht zu glauben, der fälschlich das versprach, was er nicht besaß, indem er sagte: „Dies alles will ich dir geben, wenn du niederfällst und mich anbetest.“ Gesteht er selbst doch, daß ihn anbeten und seinen Willen tun, den Abfall von der Herrlichkeit Gottes bedeutet. Welches Schöne oder Gute aber kann dem Gefallenen zuteil werden? Oder was kann ein solcher anders hoffen und erwarten als den Tod? Denn dem Gefallenen ist der Tod ganz nahe. Also wird er ihm auch das Versprochene nicht geben; denn wie kann er es ihm geben, wenn er gefallen ist? Ferner herrscht über die Menschen wie über ihn Gott, und „ohne den Willen unseres Vaters, der im Himmel ist, fällt nicht einmal ein Sperling auf die Erde“ (Mt 10,29). Das Wort also: „Dies alles ist mir übergeben, und wem ich will, gebe ich es“ (Lc 4,6), beweist nur seinen Hochmut. Die Schöpfung steht nicht unter seiner Gewalt, ist er doch selbst nur eins von den Geschöpfen. Ebensowenig wird er die Herrschaft über die Menschen den Menschen verleihen, sondern alles und auch das, was den Menschen betrifft, wird nach dem Willen Gottes des Vaters angeordnet. Der Herr sagt aber, daß der Teufel ein Lügner von Anbeginn ist und in der Wahrheit nicht bestanden ist (Jn 8,44) . Wenn er aber ein Lügner ist und in der Wahrheit nicht besteht, dann ist auch unwahr sein Wort: „Dies alles ist mir übergeben und wem ich will, gebe ich es“, und er ist ein Lügner.





23. Kapitel: Der Teufel ist ein Lügner, Gott ist die Wahrheit

523 1.

Hatte er sich doch schon bei der Verführung des Menschen daran gewöhnt, gegen Gott zu lügen. Im Anfang hatte ja Gott dem Menschen viele Speise gegeben und ihm nur verboten, von einem Baume zu essen, wie nach der Schrift Gott zu Adam sprach: „Von jedem Baum im Paradiese sollst du Speise essen, von dem Baume der Erkenntnis des Guten und des Bösen aber, von ihm sollt ihr nicht essen; an welchem Tage ihr esset von ihm, werdet ihr des Todes sterben“ (
Gn 2,16 f.). Da log jener gegen den Herrn, um den Menschen zu versuchen, und die Schlange sprach nach der Schrift zu dem Weibe: „Was hat doch Gott euch gesagt? Nicht sollt ihr essen von jedem Baume des Paradieses?“ (Ebd. 3,1) Da wies jene die Lüge zurück und gab einfach das Gebot wieder, indem sie sprach: „Von jedem Baume des Paradieses werden wir essen, von der Frucht des Baumes aber, der in der Mitte des Paradieses ist, hat Gott gesagt, von der sollt ihr nicht essen, noch sie anrühren, damit ihr nicht sterbet“ (Ebd. 3,2 f.). Als er nun von dem Weibe das Gebot Gottes vernommen hatte, da nahm er zur List seine Zuflucht und täuschte sie abermals, indem er sprach: „Nicht werdet ihr des Todes sterben. Es wußte Gott nämlich, daß, an welchem Tage ihr davon essen werdet, eure Augen sich öffnen werden und ihr sein werdet wie die Götter, indem ihr das Gute und Böse wisset“ (Ebd. 3,4 f.). Erstlich also sprach er in Gottes Paradiese von Gott, als ob er nicht zugegen wäre, denn er kannte ja nicht die Größe Gottes. Und zweitens: Als er von Eva gehört hatte, daß Gott gesagt hatte, daß sie sterben würden, wenn sie von dem genannten Baume gekostet hätten, sprach er die dritte Lüge, indem er sagte: „Ihr werdet nicht des Todes sterben.“ Daß aber Gott wahr ist und die Schlange ein Lügner, zeigte die Wirkung, indem der Tod denen folgte, die gegessen hatten. Denn zugleich mit der Speise zogen sie sich auch den Tod zu, da sie im Ungehorsam aßen. Ungehorsam nämlich gegen Gott bringt den Tod. Deshalb stehen sie seitdem unter dem Tode und wurden seine Schuldner.



2.

Gerade an dem Tage also, an welchem sie aßen, sind sie gestorben und Schuldner des Todes geworden, da es derselbe Schöpfungstag war. „Denn“, heißt es, „es wurde Abend, und es wurde Morgen, ein Tag“ (Gn 1,5). An diesem Tage aßen sie, und an ebendiesem sind sie auch gestorben. Will aber jemand genau wissen, an welchem von den sieben Wochentagen nach dem Kreislauf der Tage Adam gestorben ist, so ergibt sich das aus dem Heilsplan des Herrn. Indem er nämlich den ganzen Menschen von Anfang bis zu Ende in sich rekapitulierte, rekapitulierte er auch seinen Tod, Offenbar also nahm er an jenem Tage in Gehorsam gegen den Vater den Tod auf sich, an welchem Adam im Ungehorsam gegen Gott gestorben ist. An dem Tage aber, da er starb, hatte er auch gegessen. Denn der Herr sprach: „An dem Tage, an welchem ihr davon essen werdet, an dem werdet ihr des Todes sterben.“ Indem also der Herr diesen Tag in sich rekapitulierte, kam er zur Passion an dem Tage, der dem Sabbat vorausgeht, d. i. der sechste Schöpfungstag, an dem auch der Mensch erschaffen wurde, indem er ihm durch sein Leiden die zweite Erschaffung, die ihn vom Tode erlöste, schenkte. Einige aber verlegen den Tod des Adam auf das tausendste Jahr, da ja „der Tag des Herrn wie tausend Jahre“ (2P 3 2P 8). Diese tausend Jahre hat Adam nicht überschritten, sondern ist innerhalb derselben gestorben, indem er gemäß dem über seinen Ungehorsam gefällten Urteilsspruche starb. Mag man also den Ungehorsam schon als den Tod betrachten, oder annehmen, daß sie seitdem dem Tode überliefert und Schuldner des Todes wurden, oder daß sie an demselben Schöpfungstage, an dem sie gegessen hatten, auch gestorben sind, oder daß sie an demselben Wochentage« an dem sie aßen, auch starben, d. h. an dem Freitag der Parasceve, auf deutsch das reine Mahl, auf den auch der Herr durch sein Leiden hinwies, oder auch, daß er tausend Jahre nicht überschritten hat, sondern innerhalb derselben gestorben ist, in jedem Falle ist Gott wahrhaft; denn gestorben sind, die vom Baume kosteten, die Schlange aber ist als Lügner und Menschenmörder entlarvt, wie der Herr von ihr sagte, „daß sie von Anbeginn ein Menschenmörder ist und in der Wahrheit nicht bestanden ist“ (Jn 8,44).





24. Kapitel: Gott und der Teufel in ihrem Verhältnis zu den Reichen dieser Welt

524 1.

Wie er also im Anfange gelogen hat, so log er auch am Ende, indem er sprach: „Dies alles ist mir übergeben, und wem ich will, gebe ich es“ (
Lc 4,6). Denn nicht er verteilte die Königreiche dieser Welt, sondern Gott. „Das Herz des Königs nämlich ist in der Hand Gottes“ (Pr 21,1). Und durch Salomon spricht er das Wort: „Durch mich herrschen die Könige, und die Mächtigen halten die Gerechtigkeit. Durch mich werden die Fürsten erhöht werden, und die Tyrannen regieren durch mich die Erde“ (Ebd. 8,15). Auch Paulus sagt mit Bezug hierauf: „Allen höheren Gewalten seid Untertan, denn es ist keine Gewalt außer von Gott. Die aber sind, sind von Gott angeordnet“ (Rm 13,1). Und weiter heißt es: „Denn nicht ohne Grund trägt sie das Schwert; Gottes Dienerin nämlich ist sie, Rächerin zum Zorn dem, der Böses tut“ (Ebd. 13,4). Daß er aber dies nicht von den Gewalten der Engel, noch von den unsichtbaren Fürsten sagt, wie es einige zu erklären wagen, sondern von den menschlichen, spricht er: „Deswegen entrichtet ihr auch Abgaben, denn sie sind Gottes Diener, hierzu dienend“ (Rm 13,6). Das hat auch der Herr bestätigt, indem er nicht tat, was ihm vom Teufel geraten wurde; vielmehr ließ er den Steuereinnehmern für sich und den Petrus die Steuer geben (Mt 17,23 ff.) , denn „Diener Gottes sind sie, hierzu dienend“.



2.

Da nämlich der von Gott abtrünnige Mensch so verwilderte, daß er selbst seinen Blutsverwandten als Feind betrachtete und in allerlei Unruhe und Menschenmord und Geiz ohne Scheu sich erging, so legte Gott ihm die Furcht vor den Menschen auf, da er die Furcht vor Gott nicht kannte. Menschlicher Gewalt unterworfen und menschlichem Gesetze verbunden, sollten sie in etwa wenigstens zur Gerechtigkeit gelangen und sich gegenseitig zügeln, indem sie das Schwert vor ihren Augen fürchteten, wie der Apostel sagt: „Denn nicht ohne Grund trägt sie das Schwert; Gottes Dienerin nämlich ist sie, Rächerin zum Zorn dem, der Böses tut.“ Deswegen werden auch die Obrigkeiten, die die Gesetze als Gewand der Gerechtigkeit haben, über das nicht gefragt, was immer sie gerecht und gesetzlich tun, noch bestraft. Was sie aber zur Unterdrückung des Gerechten ungerecht, gottlos, gegen das Gesetz und nach Tyrannenart verüben, das bringt ihnen Verderben ein; denn alle erreicht das gerechte Gericht Gottes gleichmäßig und macht vor keinem Halt. Also sind die irdischen Reiche zum Nutzen der Völker von Gott auf gestellt, und nicht vom Teufel, der doch niemals ruhig ist und demgemäß auch nicht will, daß die Völker in Ruhe leben. Die irdische Herrschaft fürchtend, sollen die Menschen sich nicht nach Art der Fische gegenseitig verschlingen, sondern durch die Bestimmungen der Gesetze die vielfache Ungerechtigkeit der Heiden hinten anhalten. Und in diesem Sinne sind die, welche von uns Steuern fordern, Diener Gottes, indem sie hier zudienen.



3.

Die Gewalten, die bestehen, sind von Gott angeordnet. Offenbar lügt also der Teufel, wenn er sagt: “Mir ist es übergeben, und wem ich will, gebe ich es.“ Denn auf wessen Befehl die Menschen geboren werden, auf dessen Befehl werden auch die Könige eingesetzt, passend zu den Menschen, die in der betreffenden Zeit von ihnen regiert werden. Einige sollen dienen zur Besserung und zum Nutzen ihrer Untergebenen and zur Bewahrung der Gerechtigkeit, andere sollen Furcht einflößen, strafen und tadeln, andere verhöhnen, beschimpfen und unterdrücken, wie es jene auch verdienen, indem über alle, wie wir gesagt haben, in gleicher Weise das gerechte Gericht Gottes einherschreitet. Der Teufel aber, der doch nur ein abtrünniger Engel ist, kann, wie er im Anfange offenbart hat, weiter nichts als den Sinn des Menschen ablenken und ihn verführen, die Gebote Gottes zu überschreiten, und die Herzen derer, die sich einließen, ihm zu dienen, allmählich so verblenden, daß sie den wahren Gott vergessen, ihn aber als ihren Gott anbeten.



4.

Wie wenn ein Rebell ein Land erobert und seine Einwohner so verwirrt, daß sie ihm königliche Ehre erweisen, ohne zu ahnen, daß er nur ein Rebell und Räuber ist, so hat auch der Teufel, einer von den Engeln, die über den Geist der Luft gesetzt waren, wie der Apostel Paulus im Briefe an die Epheser (Ep 2,2) kundtut, in Neid gegen den Menschen das göttliche Gesetz übertreten; denn der Neid entfremdet von Gott. Und weil durch einen Menschen seine Apostasie aufgedeckt wurde und der Mensch der Prüfstein seiner Absicht wurde, deswegen stellte er sich immer mehr dem Menschen entgegen, da er ihn um sein Leben beneidete und ihn mit der Macht seines Abfalls umstricken wollte. Das Wort Gottes aber, das alles vermag, besiegte ihn durch den Menschen und stellte ihn als Apostaten bloß, ja unterwarf ihn sogar dem Menschen. „Siehe“, sprach es, „ich gebe euch die Gewalt, über Schlangen und Skorpionen und über alle Gewalt des Feindes zu wandeln“ (Lc 10,19). Wie er durch seine Apostasie über den Menschen herrschte, so sollte durch den Menschen, der sich zu Gott zurückwandte, wiederum seine Apostasie vernichtet werden.





25. Kapitel: Von dem Wirken des Antichrist nach Daniel und Paulus

525 1.

Weiterhin erweist sich auch aus dem, was unter dem Antichrist geschehen soll, daß der Apostat und Räuber als Gott verehrt werden und als König ausgerufen werden will, obwohl er doch ein Sklave ist. Indem nämlich jener alle Kraft des Teufels annehmen wird, wird er nicht als gerechter König kommen, nicht als gesetzmäßiger in der Unterwerfung unter Gott, sondern als ein ungerechter, gesetzloser, gottloser, als Apostat, Übeltäter, Menschenmörder und Räuber, der die Apostasie des Teufels in sich rekapituliert. Die Götzen wird er abtun und sich selbst als Gott ausgeben, sich als den einzigen Götzen erheben, der in sich den mannigfachen Irrtum der übrigen Götzenbilder enthält, damit die, welche in mancherlei Greueln den Teufel anbeten, ihm in dem einen Götzen dienen. Von ihm spricht der Apostel in dem zweiten Thessalonicherbriefe, wenn er sagt: „Zuerst muß der Abfall kommen und der Mensch der Sünde, der Sohn des Verderbens, offenbar werden, der bekämpft und sich erhebt über alles, was Gott heißt oder als Gott verehrt wird, so daß er sitzet im Tempel Gottes, indem er sich selbst zeigt, gleich als ob er Gott sei“ (
2Th 2,3 f.). Deutlich also hat der Apostel seine Apostasie kundgetan und verkündet, dass er sich über alles, was Gott heißt, erheben wird, oder was als Gott verehrt wird, d. h. über alle Götzenbilder — denn diese werden von den Menschen so genannt, sind es aber nicht —, und daß er nach Tyrannenart versuchen wird, sich als Gott zu zeigen.



2.

Ferner lehrt er auch offenkundig, was wir schon vielfach gezeigt haben, daß der Tempel zu Jerusalem auf Anordnung des wahren Gottes erbaut wurde. Denn der Apostel nennt für seine Person ihn ausdrücklich den Tempel Gottes. Wir haben aber im dritten Buche gezeigt, daß die Apostel für ihre Person niemand Gott nennen als den, welcher in Wahrheit Gott ist, den Vater unseres Herrn, auf dessen Befehl der Tempel in Jerusalem aus den angegebenen Gründen gebaut worden ist. Hier wird der Feind sitzen und versuchen, sich als Christus auszugeben, wie der Herr spricht: „Wenn ihr aber sehen werdet den Greuel der Verwüstung, welcher durch den Propheten Daniel verkündet ist, der auf dem heiligen Orte steht, wer es liest, verstehe es, dann mögen fliehen, die in Judäa sind, auf die Berge, und wer auf dem Dache ist, steige nicht herab, etwas aus dem Hause zu holen. Es wird nämlich dann eine große Angst sein, wie sie nicht geschehen ist vom Anfang der Welt bis jetzt, noch geschehen wird“ (Mt 24,15 ff.).



3.

Indem Daniel aber auf das Ende des letzten Reiches hinschaut, d. h. auf die letzten zehn Könige, unter die das Reich derer geteilt wird, über die der Sohn des Verderbens kommen wird, läßt er dem Tiere zehn Hörner wachsen und in ihrer Mitte noch ein Horn, und drei Hörner von den vorigen ausreißen von seiner Stirne. „Und siehe“, sagt er, „Augen wie Menschenaugen waren in diesem Horne und ein großsprechender Mund, und sein Anblick größer als der der übrigen. Ich schaute, und jenes Horn führte Krieg gegen die Heiligen, und es war stark gegen sie, bis daß kam der Alte der Tage und Recht schaffte den Heiligen des höchsten Gottes und die Zeit ankam und das Reich erhielten die Heiligen“ (Da 7,8 Da 20 ff. ). Später bei der Erklärung der Gesichte wurde ihm gesagt: „Das vierte Tier wird das vierte Reich auf der Erde sein, das die anderen Reiche überragen wird, und es wird die ganze Erde verschlingen, und sie zertreten und zermalmen. Und als die zehn Hörner desselben werden zehn Könige aufstehen, und nach ihnen wird ein anderer sich erheben, der an Übel alle übertreffen wird, die vor ihm gewesen sind, und drei Könige wird er entthronen und Worte gegen den höchsten Gott reden, und die Heiligen des höchsten Gottes wird er vernichten und sinnen, die Zeit und das Gesetz abzuändern, und es wird gegeben werden in seine Hand bis zur Zeit der Zeiten und die Hälfte der Zeit“ (Da 7,23 f.), d. h. drei Jahre und sechs Monate, die er bei seiner Ankunft über die Erde herrschen wird. Von ihm spricht der Apostel Paulus wiederum im zweiten Thessalonicherbriefe, indem er zugleich die Ursache seiner Ankunft verkündet, wenn er sagt: „Und dann wird der Gottlose offenbar werden, den der Herr Jesus durch den Hauch seines Mundes töten wird und vernichten durch die Gegenwart seiner Ankunft. Und dessen Ankunft ist gemäß dem Wirken des Satans in aller Kraft und in Zeichen und in Lügenwundern und in allerlei boshafter Verführung für die, welche untergehen, weil sie die Liebe zur Wahrheit nicht aufnahmen, um selig zu werden. Und deshalb wird der Herr ihnen das Wirken des Irrtums senden, damit sie der Lüge glauben und alle gerichtet werden, die der Wahrheit nicht glaubten, sondern der Ungerechtigkeit beistimmten“ (2Th 2,8 ff.).



4.

Zu denen aber, die ihm dies nicht glaubten, sprach der Herr: „Ich bin im Namen meines Vaters gekommen, und ihr habt mich nicht aufgenommen; wenn aber ein anderer in seinem Namen kommen wird, werdet ihr jenen aufnehmen“ (Jn 5,43). Das andere ist hier der Antichrist, der von Gott fern ist, er ist der ungerechte Richter, von dem der Herr sagt, daß er „weder Gott fürchtete, noch die Menschen scheute“ (Lc 18,2 f.), zu dem die Witwe flüchtete, die ihren Gott vergessen hatte, d. h. das irdische Jerusalem, um sich an ihrem Feinde zu rächen. Das wird er auch tun zur Zeit seines Reiches: Er wird sein Reich dorthin verlegen und in dem Tempel Gottes sitzen, indem er die verführt, die ihn anbeten, als ob er selber der Christus wäre. Deshalb spricht Daniel wiederum: „Und das Heilige wird verwüstet werden, und als Opfer wird die Sünde dargebracht, und verworfen ist auf Erden die Gerechtigkeit, und er tut's und es gelingt ihm“ (Da 8,12). Und indem der Engel Gabriel ihm dies Gesicht erklärt, spricht er: „Und es wird am Ende ihres Reiches aufstehen ein König sehr gottlosen Angesichts und die Fragen verstehend, und stark ist seine Kraft und bewunderungswürdig, und er wird verderben und lenken, und er wird es tun, und er wird vernichten die Starken und das heilige Volk, und das Joch seiner Halsfessel wird sich richten; die Arglist in seiner Hand und in seinem Herzen wird emporsteigen, und mit List wird er viele zerstreuen, und zum Verderben vieler wird er stehen, und wie Eier wird er mit der Hand sie zerdrücken“ (Da 8,23 ff.). Alsdann bezeichnet er das Ende seiner Tyrannis, in welcher Zeit die Heiligen in die Flucht getrieben werden, die ein reines Opfer dem Herrn darbringen werden. „Und in der Mitte der Woche“, sagt er, „da wird abgeschafft werden das Opfer und die Libation, und im Tempel wird der Greuel der Verwüstung sein und bis zur Vollendung der Zeit wird Vollendung gegeben werden über dem Greuel“ (Ebd. 9,27). Die Mitte der Woche aber sind drei Jahre und sechs Monate.



5.

Diese Zeichen alle beziehen sich offenkundig auf die Apostasie und den, der allen teuflischen Irrtum in sich rekapitulierte, bezeugen aber auch, daß ein und derselbe Gott Vater von den Propheten verkündet und von Christus offenbart worden ist. Denn wenn das, was Daniel über das Ende verkündet hat, der Herr bestätigt, indem er sagt: „Wenn ihr den Greuel der Verwüstung sehen werdet, der von dem Propheten Daniel verkündet ist“, — dem Daniel aber erklärte der Engel Gabriel die Visionen, derselbe Erzengel des Weltenschöpfers, der auch Maria die offenkundige Ankunft und Fleischwerdung Christi meldete, — dann ist es ganz handgreiflich ein und derselbe Gott, der die Propheten geschickt, seinen Sohn gesandt und uns zu seiner Erkenntnis berufen hat.





26. Kapitel: Die Bildsäule des Daniel und das Erscheinen des Antichrist

526 1.

Noch deutlicher wies Johannes, der Schüler des Herrn, in der Apokalypse auf das Ende der Zeiten mit seinen zehn Königen hin, an die das jetzt herrschende Imperium verteilt werden soll. Indem er erörtert, was die zehn Hörner des Daniel bedeuten, sagt er, daß ihm verkündet sei: „Und die zehn Hörner, die du gesehen hast, sind die zehn Könige, die das Reich noch nicht empfangen haben, aber Gewalt wie Könige in einer Stunde empfangen werden mit dem Tiere. Diese haben einen Sinn und geben ihre Macht und Gewalt dem Tiere. Diese werden mit dem Lamme kämpfen, und das Lamm wird sie besiegen, da es der Herr der Herren ist und der König der Könige“ (
Ap 17,12 ff.). Es ist also offenbar, dass der, welcher kommen soll, drei von ihnen töten wird, und daß die anderen sich ihm unterwerfen werden und er der achte unter ihnen ist, und sie werden Babylon verwüsten und einäschern, und sie werden sein Reich dem Tiere geben und die Kirche hinausjagen, dann aber werden sie durch die Ankunft unseres Herrn niedergeworfen werden. Daß nämlich das Reich geteilt werden und so zugrunde gehen muß, verkündet der Herr, indem er sagt: „Jedes Reich, das in sich geteilt ist, wird verwüstet werden, und jede Stadt oder Haus, das in sich geteilt ist, hat keinen Bestand“ (Mt 12,25). Gezehnteilt also muß das Reich, die Stadt und das Haus werden, und deswegen hat er die Teilung und Trennung schon im voraus angezeigt. Und David bezeichnet sorgfältig als das Ende des vierten Reiches die Zehen jenes Bildes, das Nabuchodonosor sah, auf welche der ohne Hände losgehauene Stein sich stürzte. Er sagt nämlich: „Die Füße, zum Teil eisern und zum Teil tönern, bis ein Stein ohne Hände losgerissen ist und das Bild an den eisernen und tönernen Füßen zertrümmerte und sie bis zum Ende zermalmte“ (Da 2,33 f.). Alsdann erklärt er: „Und da du sahst die Füße und Zehen teils tönern, teils eisern, so wird das Reich geteilt werden, und an seiner eisernen Wurzel wird es sein, wie du gesehen hast, Eisen, vermischt mit Ton. Und die Zehen werden teils eisern, teils tönern sein“ (Ebd. 2,41 f.). Die zehn Zehen also sind die zehn Könige, unter die das Reich verteilt werden wird, die teils tapfer, geschickt und energisch, teils träge, teils unbrauchbar und unentschlossen sein werden, wie wiederum David sagt: „Ein Teil des Reiches wird tapfer sein und ein Teil von ihm schwach. Da du sahest Eisen, vermischt mit Ton, so werden Mischungen sein im Samen der Menschen, und nicht werden sie sich miteinander verbinden, wie das Eisen sich nicht mischt mit Ton“ (Da 2,42 f.). Und das wird das Ende werden: „Und in den Tagen jener Könige wird der Gott des Himmels ein Reich aufrichten, das in Ewigkeit nicht zerstört werden wird, und sein Reich wird keinem andern Volke überlassen werden. Zerstören und fortblasen wird er alle Reiche, jenes aber wird in Ewigkeit erhöht werden, wie du sahst, daß sich von dem Berge ein Stein ohne Hände loslöste und die Scherbe zerbrach und das Eisen und das Erz und das Silber und das Gold. Der große Gott aber verkündet dem König das, was hiernach kommen wird. Und wahr ist der Traum und treu seine Auslegung“ (Ebd. 2,44 f.).



2.

Wenn also der große Gott durch Daniel die Zukunft verkündete und durch seinen Sohn bekräftigte, und Christus der Stein ist, der ohne Hände sich loslöste, und der die zeitlichen Reiche zerstören, ein ewiges aber aufrichten wird, welches in der Auferstehung der Gerechten besteht — „aufrichten wird der Gott des Himmels ein Reich, das in Ewigkeit nicht zerstört werden wird“ — dann mögen beschämt zu Verstande kommen, die den Demiurgen schmähen und leugnen, daß von demselben Vater die Propheten gesandt sind, von dem auch der Herr kam, und die behaupten, daß die Prophetien von verschiedenen Kräften herstammen. Was nämlich von dem Demiurgen in ähnlicher Weise durch alle Propheten verkündet wurde, das hat am Ende Christus vollendet, indem er dem Willen seines Vaters diente und seinen Heilsplan in Bezug auf das menschliche Geschlecht erfüllte. Die also den Demiurgen lästern, sei es durch klare Worte wie die Markioniten, oder durch Umdeutung der Lehre wie die Valentinianer und alle fälschlich so genannten Gnostiker, die mögen als Werkzeuge des Teufels von allen, die Gott verehren, erkannt werden. Nun und nicht früher sieht man, wie Satan durch diese Gott lästert, der das ewige Feuer für alle Apostasie bereitet hat. Denn offenkundig wagt er selbst nicht, seinen Herrn zu lästern, wie er auch im Anfang durch die Schlange den Menschen verführt hat, gleich als ob er Gott verborgen blieb. Treffend sagte Justinus, daß niemals vor der Ankunft des Herrn Satan gewagt hat, Gott zu lästern, da ihm seine Verdammnis noch nicht bekannt war, weil dies nur in Parabeln und Allegorien von den Propheten über ihn so verkündet var. Nach der Ankunft des Herrn aber erfuhr er aus den Worten Christi und der Apostel deutlich, daß das ewige Feuer dem bereitet ist, der mit freiem Willen von Gott sich abwendet, und allen, die ohne Buße in der Apostasie verharren. Durch solche Menschen nun lästert er den Gott, dem das Gericht zusteht, da er ja schon verdammt ist, und die Sünde seines Abfalls rechnet er seinem Schöpfer zu und nicht seinem eigenen Entschluß und Willen, wie die, welche die Gesetze übertreten und bestraft werden, nicht sich, sondern die Gesetzgeber anklagen. So schleudern auch die, welche voll des teuflischen Geistes sind, zahllose Anklagen gegen unsern Schöpfer, der den Geist des Lebens uns geschenkt hat und allen das passende Gesetz gegeben hat. Sie wollen das Gericht Gottes nicht als gerecht anerkennen. Deswegen erdenken sie sich auch einen andern Vater, der sich weder um unsere Angelegenheiten kümmert, noch sie leitet, ja sogar allen Sünden zustimmt.





27. Kapitel: Vom jüngsten Gericht; die einen werden von Gott getrennt, die andern mit ihm vereint

527 1.

Wenn nämlich der Vater nicht richtet, so geht ihn das, was geschieht, entweder nichts an, oder er stimmt dem allem zu. Wenn er aber nicht richtet, dann werden alle gleich sein und in demselben Zustand verharren. Dann aber wird die Ankunft Christi überflüssig sein, und er widerspricht sich, wenn er nicht richtet. „Ist er doch gekommen, den Menschen gegen seinen Vater und die Tochter gegen ihre Mutter und die Schnur gegen die Schwiegermutter zu entzweien“ (
Mt 10,35), und wenn zwei in einem Bette sind, den einen aufzunehmen, den andern zurückzulassen (Lc 17,34 f) , und „wenn zwei Frauen eine Mühle mahlen, die eine aufzunehmen, die andere zurückzulassen, und am Ende den Schnittern zu befehlen, zuerst das Unkraut zu sammeln und es in Bündel zu binden und es in unauslöschlichem Feuer zu verbrennen, den Weizen aber in die Scheune zu sammeln (Mt 13,30 Mt 12) ; die Schafe in das Reich zu rufen, das ihnen bereitet ist, die Böcke aber in das ewige Feuer zu senden, das sein Vater dem Teufel und seinen Engeln bereitet hat[101] - Und wie denn? Das Wort kam „zum Sturz und zur Auferstehung vieler!“ (Lc 2,34) Zum Sturz derer, die an ihn nicht glauben, denen er eine noch schwerere Verdammnis als Sodoma und Gomorrha (Ebd. 10,12) im Gerichte angedroht hat. Zur Auferstehung aber derer, die an ihn glauben und den Willen seines Vaters tun, der im Himmel ist. Wenn also die Ankunft des Sohnes über alle in gleicher Weise erfolgt, die Gläubigen und Ungläubigen aber richtend er scheidet, indem die einen aus eigenem Entschlusse seinen Willen tun und glauben, die andern aber in ihrem freiwilligen Ungehorsam zu seiner Lehre nicht gelangen, so ist es klar, daß auch der Vater alle in gleicher Weise erschaffen hat, indem jeder seine eigene Erkenntnis und seinen freien Sinn hat, und daß er auf alles acht hat und für alles sorgt, indem er „die Sonne aufgehen läßt über Böse und Gute und regnen läßt über Gerechte und Ungerechte“ (Mt 5,45).



2.

Und wer immer die Liebe zu ihm bewahrt, dem schenkt er seine Gemeinschaft. Die Gemeinschaft mit Gott aber ist Licht und Leben und der Genuß der Güter, die bei ihm sind. Welche nun immer aus eigenem Entschluß von ihm sich abwenden, die führt er in die von ihnen erwählte Trennung. Die Trennung von Gott aber ist der Tod, und die Trennung von dem Licht ist die Finsternis, und die Trennung von Gott ist der Verlust aller Güter, die in ihm sind. Die aber wegen ihrer Apostasie die genannten Güter verloren haben — aller Güter sind sie ja verlustig gegangen —, die verfallen jeglicher Strafe, ohne daß Gott die Bestrafung im voraus in die Hand nimmt; auf dem Fuße folgt ihnen die Strafe, indem sie aller Güter beraubt werden. Weil aber die Güter bei Gott ewig und ohne Ende sind, deswegen ist auch ihre Strafe ewig und ohne Ende, wie ja auch bei der Unermeßlichkeit des Lichtes die, welche sich selbst blenden oder von andern geblendet werden, endlos des Genusses des Lichtes beraubt sind, ohne daß das Licht sie mit Blindheit bestraft. Denn gerade ihre Blindheit ist ihr Unglück. Deswegen sprach auch der Herr: „Wer an mich glaubt« wird nicht gerichtet“ (Jn 3,18), d. h., wird nicht von Gott getrennt, denn immer ist er mit Gott durch den Glauben vereinigt. „Wer aber nicht glaubt“, spricht er, „der ist schon gerichtet, da er an den Namen des eingeborenen Sohnes nicht geglaubt hat“, d. h., sich selbst durch freiwilligen Entschluß von Gott getrennt hat. „Das ist nämlich das Gericht, daß das Licht in diese Welt gekommen ist, und die Menschen die Finsternis mehr liebten als das Licht. Denn jeder, der Böses tut, haßt das Licht und kommt nicht an das Licht, damit seine Werke nicht gerügt werden. Wer aber den Willen tut, kommt ans Licht, damit seine Werke offenbar werden, die er in Gott gewirkt hat“ (Jn 3,18 f.).





28. Kapitel: Von der Trennung der Guten und Bösen, dem Abfall zum Antichrist und dem Ende der Welt

528 1.

Da nun in dieser Welt einige dem Lichte zueilen und durch den Glauben sich mit Gott vereinen, die andern aber sich vom Lichte abwenden und von Gott sich absondern, so kam das Wort Gottes, um allen die passende Wohnung zu bereiten: Die da im Lichte sind, sollten das Licht genießen und alle Güter, die darinnen sind; die aber in der Finsternis sind, sollten ihren Teil haben an all dem Übel, das in dieser ist. Und deswegen sagt er, daß die zur Rechten in das Reich des Vaters gerufen würden, daß er die zur Linken aber in das ewige Feuer senden werde (
Mt 25,34 Mt 41) . Denn diese beraubten sich selber aller Güter.



2.

[102] Daher sagt auch der Apostel: „Weil sie die Liebe Gottes nicht aufnahmen, um gerettet zu werden, deshalb wird sie Gott auch in das Wirken der Lüge schicken, daß sie der Lüge glauben, damit alle gerichtet werden, die der Wahrheit nicht glaubten, sondern der Ungerechtigkeit beistimmten“ (2Th 2,10 ff.). Das wird nämlich geschehen, wenn jener kommt und aus eigenem Entschluß in sich die Apostasie rekapituliert und aus freiem Willen und Gutdünken all das wirkt, was er wirken wird, und in dem Tempel Gottes sitzt, um sich von den von ihm Verführten als den Christus anbeten zu lassen, weshalb sie auch gerechter Weise in den Feuerpfuhl geworfen werden (Ap 19,20) , wohingegen Gott in seiner Vorsehung alles vorausweiß und zur rechten Zeit den schickte, der ein solcher sein mußte, damit sie dem Falschen glaubten und alle gerichtet würden, die „der Wahrheit nicht glaubten, sondern der Ungerechtigkeit beistimmten.“ Seine Ankunft verkündete Johannes in der Apokalypse mit den Worten: „Und das Tier, das ich sah, war einem Pardel ähnlich, und seine Füße waren wie die eines Bären, und sein Mund wie der Mund eines Löwen, und es gab ihm der Drache seine Kraft und seinen Thron und seine große Macht. Und eins von seinen Häuptern war getroffen wie zum Tode, und seine Todeswunde wurde geheilt, und alle Welt staunte dem Tiere nach. Und sie beteten den Drachen an, weil er Gewalt gab dem Tiere, und sie verehrten das Tier, indem sie sprachen: Wer ist ähnlich jenem Tiere, und wer kann kämpfen mit ihm? Und es wurde ihm gegeben ein Mund, der Großes redete und Gotteslästerung, und gegeben wurde ihm die Gewalt auf vierzig Monate und zwei. Und er tat auf seinen gotteslästerlichen Mund gegen Gott, seinen Namen zu lästern, und sein Zelt und die, welche im Himmel wohnen. Und es wurde ihm Macht gegeben über jeden Stamm und jedes Volk und jede Zunge und jede Nation. Und es beteten ihn alle an, die auf der Erde wohnen, und sein Name ist nicht geschrieben in dem Lebensbuche des Lammes, das getötet ist vor Erschaffung der Welt. Wenn einer Ohren hat, höre er! Wer in die Gefangenschaft geführt hat, wird in die Gefangenschaft gehen. Wer mit dem Schwerte getötet hat, muß mit dem Schwerte getötet werden. Hier ist die Ausdauer und der Glaube der Heiligen“ (Ap 13,2 ff.). Alsdann heißt es von seinem Waffenträger, den er auch den Pseudopropheten nennt: „Er sprach wie der Drache, und alle Gewalt des ersten Tieres tat er vor seinem Angesichte; und er machte, daß die Erde und die auf ihr wohnen, das erste Tier anbeteten, dessen Todeswunde geheilt wurde. Und er wird große Zeichen tun, daß er Feuer vom Himmel auf die Erde vor dem Angesicht des Menschen herabsteigen läßt, und er wird verführen, die auf der Erde wohnen“ (Ebd. 13,11 ff.). So soll niemand glauben, daß er mit göttlicher Macht die Zeichen tue, sondern durch Zauberei. Kein Wunder, wenn er, wo Dämonen und apostatische Geister ihm dienen, durch sie diese Zeichen wirkt, um die Erdenbewohner zu verführen. „Und ein Bild“, heißt es weiter, „wird er von dem Tiere machen lassen, und dem Bild wird er Odem geben, so daß das Bild redet, und die, welche das Bild nicht anbeten werden, wird er töten lassen. Aber auch ein Kennzeichen“, heißt es, „wird er auf der Stirne und der rechten Hand machen lassen, so daß niemand kaufen, noch verkaufen kann, wenn er nicht das Kennzeichen des Tiernamens hat oder die Zahl seines Namens . . . Die Zahl sei aber sechshundert sechs und sechzig“ (Ebd. 13,14 ff.), d.h. sechs Zehner, sechs Hunderter und sechs Einer. Das ist die Rekapitulation der gesamten Apostasie, die in sechstausend Jahren stattgefunden hat.



3.

Wie viel Jahrtausende nämlich die Erschaffung der Welt gedauert hat, in so viel Jahrtausenden wird sie auch vollendet werden. Und deshalb heißt es in der Genesis: „Und vollendet wurden Himmel und Erde und all ihr Schmuck. Und es vollendete Gott am sechsten Tage alle seine Werke, die er gemacht hat, und am siebenten Tage ruhte er von allen seinen Werken, die er gemacht hatte“ (Gn 2,1 f.). Das ist eine Erzählung des Geschehenen und eine Prophetie des Zukünftigen. Wenn nämlich die Tage des Herrn wie tausend Jahre sind (2P 3,8) , die Schöpfung aber in sechs Tagen vollzogen ist, dann ist offenbar auch ihre Vollendung das Jahr 6000.



4.

Deshalb wird der im Anfang von Gottes Händen, d. h. von dem Sohne und dem Geiste, erschaffene Mensch zu jeder Zeit nach dem Bild und Gleichnis Gottes, indem die Spreu, d. h. die Apostasie, verworfen, das Getreide aber, das sind die, welche durch den Glauben für Gott Frucht bringen, in die Scheune gesammelt wird (Lc 3,17) . Und daher ist auch Trübsal für die notwendig, welche gerettet werden, damit sie gleichsam gedroschen und gemahlen und mit dem Worte Gottes durch die Geduld zusammengeknetet, und ans Feuer gebracht, geeignet werden zum Gastmahle des Königs (Mt 22,2 ff.) . So sprach einer von den Unsrigen, der wegen seines Bekenntnisses für Gott zu den wilden Tieren verurteilt wurde: „Getreide Gottes bin ich, und von den Zähnen der Tiere werde ich zermahlen, damit ich als reines Brot Gottes erfunden werde“[103] .






(Contra Haereses) 522