ANSPRACHE 2005 63
Köln, Flughafen
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Verehrter Herr Bundespräsident,
liebe junge Freunde,
verehrte Damen und Herren!
Verehrter Herr Bundespräsident, liebe junge Freunde, verehrte Damen und Herren! Am Ende meines ersten Deutschland- Besuchs als Bischof von Rom und Nachfolger Petri ist es mir noch einmal ein Bedürfnis, meinen herzlichen Dank auszudrücken für die freundliche Aufnahme, die ich selbst und meine Mitarbeiter und besonders die zahlreichen jungen Menschen erfahren durften, die anläßlich des Weltjugendtages aus allen Kontinenten in Köln zusammengekommen sind. Der Herr hat mich berufen, die Nachfolge des geliebten Papstes Johannes Paul II. anzutreten, des genialen Initiators der Weltjugendtage. Ich habe dieses Erbe mit Scheu, aber doch auch mit Freude aufgegriffen und danke Gott, daß er mir diese Gelegenheit gegeben hat, gemeinsam mit so vielen Jugendlichen diese weitere Etappe ihres geistlichen Pilgerweges zu erleben, der sie von Kontinent zu Kontinent dem Kreuz Christi folgen läßt.
Ich danke allen, die sich tatkräftig dafür eingesetzt haben, daß jede Phase und jeder Moment dieses außerordentlichen Treffens geordnet und entspannt ablaufen konnte. Die gemeinsam verbrachten Tage haben vielen jungen Leuten aus aller Welt ermöglicht, Deutschland besser kennenzulernen: Wir wissen alle um das Böse, das im 20. Jahrhundert von unserem Vaterland ausgegangen ist, und bekennen es mit Scham und Trauer. Aber in diesen Tagen ist gottlob weithin sichtbar geworden, daß es auch das andere Deutschland gab und gibt - ein Land einzigartiger menschlicher, kultureller und spiritueller Werte. Ich wünsche mir, daß diese Werte auch dank des Ereignisses dieser Tage neu in die Welt ausstrahlen mögen. Nun können die jungen Menschen aus aller Welt bereichert durch die Kontakte und durch die Erfahrung des Dialogs und der Geschwisterlichkeit, die sie in verschiedenen Gegenden unseres Vaterlandes gemacht haben, wieder in ihre Heimat zurückkehren. Ich bin gewiß, daß ihr von dem für ihre Altersstufe typischen Enthusiasmus gekennzeichneter Aufenthalt bei den Menschen, die sie großzügig beherbergt haben, eine gute Erinnerung zurückläßt und so auch für Deutschland ein Zeichen der Hoffnung ist. Man kann nämlich sagen, daß Deutschland in diesen Tagen der Mittelpunkt der katholischen Welt war. Die Jugendlichen aller Kontinente und Kulturen haben, indem sie sich voller Glauben um ihre Hirten und um den Nachfolger Petri scharten, eine junge Kirche sichtbar gemacht, die mit Phantasie und Mut das Gesicht einer gerechteren und solidarischeren Menschheit entwerfen will. Nach dem Beispiel der Heiligen Drei Könige haben sich die jungen Menschen auf den Weg gemacht, um Christus zu begegnen. Nun reisen sie wieder zurück in ihre Regionen und Städte, um das Licht, die Schönheit und die Kraft des Evangeliums zu bezeugen, die sie hier erfahren haben.
Es ist mir vor meiner Abreise ein Bedürfnis, all denen zu danken, die diesen zahlreichen jugendlichen Pilgern ihre Herzen und ihre Häuser geöffnet haben. Ich danke den Regierungsvertretern, den Verantwortlichen aus der Politik und den verschiedenen Zivil- und Militärverwaltungen sowie den Sicherheitsdiensten und den vielen Organisationen des Volontariats, die mit großer Hingabe für die Vorbereitung und für den positiven Verlauf aller Initiativen und Kundgebungen dieses Weltjugendtages gearbeitet haben. Ich danke denen, die die Meditations- und Gebetstreffen betreut und die liturgischen Feiern gestaltet haben, in denen uns aussagekräftige Beispiele der freudigen Vitalität des Glaubens dargeboten wurden, die die Jugendlichen unserer Zeit beseelt. Außerdem möchte ich in meinen Dank auch die Verantwortlichen der anderen Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften sowie die Vertreter der anderen Religionen einbeziehen, die bei diesem wichtigen Treffen zugegen sein wollten. Ich wünsche mir, daß sich der gemeinsame Einsatz verstärkt, die jungen Generationen in jenen menschlichen und geistigen Werten zu erziehen, die zur Gestaltung einer Zukunft in wahrer Freiheit und in Frieden unverzichtbar sind.
Mein tief empfundener Dank gilt Kardinal Joachim Meisner, dem Erzbischof von Köln, der Diözese, die dieses weltweite Treffen beherbergt hat, ferner dem deutschen Episkopat mit seinem Vorsitzenden, Kardinal Karl Lehmann, sowie den Priestern und Ordensleuten, den Pfarrgemeinden, den Laienverbänden und den Bewegungen, die sich darum bemüht haben, den Aufenthalt der Jugendlichen so zu gestalten, daß er für sie ein geistlicher Gewinn sein konnte. Einen von Herzen kommenden Dank richte ich an die deutschen Jugendlichen, die sich auf verschiedene Weise zur Aufnahme ihrer Altersgenossen bereitgefunden und gemeinsam mit ihnen Augenblicke des Glaubens erlebt haben, die wir als unvergeßlich bezeichnen können. Mein Wunsch ist, daß dieses kirchliche Ereignis in das Leben der Katholiken Deutschlands eingeschrieben bleibe und sie zu neuem geistlichen und apostolischen Schwung motiviere! Möge das Evangelium von allen Jüngern Christi unverkürzt aufgenommen sowie mit aller Kraft bezeugt werden und sich so als ein Ferment echter Erneuerung der gesamten Gesellschaft in Deutschland erweisen, auch dank des Dialogs mit den verschiedenen christlichen Gemeinschaften und den Anhängern anderer Religionen!
Mein ehrerbietiger und dankbarer Gruß richtet sich schließlich an die politischen, zivilen und diplomatischen Vertreter, die bei dieser Verabschiedung zugegen sein wollten. Im besonderen danke ich Ihnen, Herr Bundespräsident, für Ihre Geste der Aufmerksamkeit, mich zu Beginn meines Besuches persönlich zu empfangen und auch noch an dieser Abschiedszeremonie teilzunehmen. Herzlichen Dank! In Ihrer Person danke ich den Regierungsmitgliedern und dem ganzen deutschen Volk, dessen zahlreiche Vertreter mir in diesen intensiven Stunden der Gemeinsamkeit so große Sympathie entgegengebracht haben. Das Herz erfüllt von den Erlebnissen und Erinnerungen dieser Tage, trete ich die Rückreise nach Rom an und rufe auf alle die Fülle des göttlichen Segens herab für eine Zukunft sorgenfreien Wohlstands in Frieden und Eintracht.
Herr Botschafter!
65 1. Mit Freude nehme ich das Beglaubigungsschreiben entgegen, durch das Sie als Botschafter der Bolivarischen Republik Venezuela beim Heiligen Stuhl akkreditiert werden. Diese Amtshandlung bietet mir zugleich die glückliche Gelegenheit, Sie bei der Übernahme des Amtes, das Ihnen durch Ihre Regierung übertragen worden ist, sehr herzlich willkommen zu heißen.
Ich möchte Ihnen zudem meinen aufrichtigen Dank für Ihre freundlichen Worte aussprechen sowie für den ehrerbietigen Gruß des Herrn Präsidenten Hugo Rafael Chávez Frías, zu dessen Sprecher Sie sich gemacht haben. Zugleich bitte ich Sie, ihm meine Wertschätzung zu übermitteln, zusammen mit meinen aufrichtigen Gefühlen der Nähe und Zuneigung zum venezolanischen Volk. Ich bete zum Allmächtigen, daß es angesichts der gegenwärtigen Lage seines sozialen und wirtschaftlichen Lebens beharrlich nach jenen Lösungen suche, die am besten geeignet sind, die immer höheren Ziele der Gerechtigkeit, der Solidarität und des Fortschrittes zu erreichen, gemäß dem christlichen Geist, der so viel zur Ausformung seiner nationalen Identität beigetragen hat.
2. Wie Sie in Ihren Worten in Erinnerung gerufen haben, rühmt sich Ihr Land einer alten und tief verwurzelten katholischen Tradition - wie dies mit Nachdruck der Befreier Simón Bolívar gesagt hat -, und es zeichnet sich durch eine herzliche Wertschätzung und Verehrung des Nachfolgers Petri aus. Es ist daher nicht verwunderlich, daß die Regierung ihre Trauer über das Ableben meines verehrten Vorgängers, Papst Johannes Pauls II., auf so eindrucksvolle Weise bekundet und aus diesem Grund wie auch aus Anlaß des feierlichen Beginns meines Pontifikates hochrangige Delegationen entsandt hat.
Seinerseits verfolgt der Heilige Stuhl aus nächster Nähe die Ereignisse in diesem geliebten »Land der Gnade«, und er hat dies bei zahlreichen Gelegenheiten offen gezeigt.
Daher spreche ich Ihnen meine besten Wünsche dafür aus, daß bei der Ausübung Ihrer wichtigen Mission die schon traditionellen und historischen Beziehungen zwischen Venezuela und dem Heiligen Stuhl durch den Geist loyaler und konstruktiver Zusammenarbeit sichtbar gestärkt werden.
3. Die venezolanische Erde wurde vom Schöpfer reich mit natürlichen Ressourcen ausgestattet. Daher trägt das Land die hohe Verantwortung, die erhaltenen Gaben zu bewahren und zu pflegen (vgl. Gn 2,15), damit alle seine Bewohner die Möglichkeit haben, ein Leben zu führen, das der Würde des Menschen entspricht.
Bei dieser Aufgabe kann sich niemand von der aktiven Mitarbeit ausgenommen fühlen, besonders angesichts des Phänomens der Armut oder der sozialen Ausgrenzung. Die unermüdliche Arbeit der Kirche in Venezuela, die manchmal unter Mangel an menschlichen und materiellen Ressourcen ausgeführt wird, nimmt konkret Gestalt an in zahlreichen Aktivitäten zum Schutz des menschlichen Lebens von der Empfängnis an und zugunsten der Familie; sie verwirklicht sich in Hilfsprojekten zur Konsolidierung grundlegender gesellschaftlicher Einrichtungen wie Bildung, Krankenfürsorge und Wohlfahrtsstrukturen, sowohl in städtischen Gebieten, mit einem bemerkenswerten Engagement zugunsten der Ärmsten, als auch in den entlegensten Gebieten des nationalen Territoriums unter der indigenen Bevölkerung.
Darum dient der Einsatz der Kirche im Erziehungswesen und in der Sozialarbeit stets dem Wohl der ganzen Gesellschaft. Dies wird besonders deutlich im Falle der katholischen Schulen, die immer einen großen Beitrag zur Erziehung der venezolanischen Kinder und Jugendlichen geleistet haben und leisten, indem sie sich von menschlichen und spirituellen Werten leiten lassen und so dem Wunsch und der freien Wahl der Eltern entsprechen, welche die ersten Erzieher ihrer Kinder sind und denen das natürliche und gesetzliche Recht zusteht, die Erziehungsform zu wählen, die sie für ihre Kinder wünschen.
In diesem Sinne bin ich mir der Bedeutung bewußt, die die zivilen Autoritäten Venezuelas diesen Aspekten, die für eine harmonische Entwicklung des Landes lebenswichtig sind, mittels der verschiedenen Programme der Alphabetisierung, Erziehung oder der Gesundheitsversorgung beimessen. Es handelt sich um Aktivitäten, die den großherzigen und gut koordinierten Beitrag aller Mitbürger und der verschiedenen Institutionen fordern und so eine allgemeine Haltung der Solidarität wachsen lassen, die zusammen mit einer gerechten und ausgewogenen Gesellschaftsordnung die beste Garantie für dauerhafte Ergebnisse bietet und die Aktivitäten nicht als partielle oder schnell vergängliche Initiativen enden läßt.
Darum ist der loyale und respektvolle Dialog zwischen allen Teilen der Gesellschaft als Mittel zur Konsensfindung hinsichtlich der das Gemeinwohl betreffenden Aspekte unentbehrlich.
4. Die katholische Kirche, die dem venezolanischen Volk in allen Etappen seiner Geschichte zur Seite stand und es begleitet hat, teilt auch jetzt seine Sorgen und seine Hoffnungen auf eine bessere Zukunft.
66 Bei der Durchführung ihrer Mission verkündet sie das Evangelium und ruft zur Vergebung und Versöhnung auf, die, wenn sie von Herzen angeboten und angenommen wird, die einzige Weise ist, zu einer stabilen Eintracht zu gelangen, ohne daß sich legitime Meinungsverschiedenheiten in aggressive Auseinandersetzungen verwandeln.
Die Kirche lädt dazu ein, die grundlegenden Werte der ganzen Gesellschaft zu fördern, wie die Wahrheitsliebe, den Respekt vor der Gerechtigkeit, die Rechtschaffenheit bei der Wahrnehmung der eigenen Verantwortlichkeiten oder die großzügige Bereitschaft, dem Wohl aller Mitbürger vor den Einzelinteressen zu dienen.
Darüber hinaus ist es wohlbekannt, daß sich die soziale Situation nicht durch die Anwendung ausschließlich technischer Maßnahmen bessert, sondern daß vor allem auf die Anhebung der Werte zu achten ist, wobei die der Person, der Familie und dem gesellschaftlichen Leben eigene ethische Dimension respektiert werden muß. Auf diese Weise wird es leichter sein, allen Mitgliedern der nationalen Gemeinschaft eine ganzheitliche Entwicklung zuzusichern, die auf den Respekt ihrer fundamentalen Rechte und Freiheiten gegründet ist, wie es einem Rechtsstaat entspricht.
Die Kirche, die ohne Unterlaß die Würde der menschlichen Person in ihrer Unversehrtheit und ihrer Offenheit gegenüber der göttlichen Transzendenz verkündet und verteidigt, fordert, auf dauerhafte Weise über den unentbehrlichen Raum und die notwendigen Mittel für ihre Mission und ihren Dienst am Menschen verfügen zu können.
In diesem Sinne gibt es, unter Wahrung der entsprechenden Kompetenzen, zahlreiche Bereiche, in denen es vorteilhaft ist, verschiedene Formen der fruchtbaren Zusammenarbeit zwischen Staat und Kirche einzurichten, mit dem Ziel, einen besseren Dienst an der Entwicklung der Menschen zu leisten und einen Geist des Zusammenlebens in Freiheit und Solidarität zu fördern, was dem Wohl aller dienen wird.
5. Sie, Herr Botschafter, haben an den unbestreitbaren Wert der Freiheit erinnert, die ein großes Gut ist, das es dem Menschen erlaubt, sich vollkommen zu verwirklichen. Die Kirche braucht diese Freiheit, um ihre Mission zu erfüllen, ihre Hirten auszuwählen und ihre Gläubigen zu leiten. Die Nachfolger Petri haben sich immer bemüht, diese Freiheit zu verteidigen. Andererseits haben die Regierungen der Staaten nichts zu befürchten von der Tätigkeit der Kirche, die bei der Ausübung ihrer Freiheit nur versucht, die ihr eigene religiöse Mission durchzuführen und zum geistlichen Fortschritt jedes Landes beizutragen.
Johannes Paul II. sagte in seiner Ansprache an das Diplomatische Korps beim Heiligen Stuhl Anfang dieses Jahres: »Es besteht kein Grund zur Sorge, daß die legitime Religionsfreiheit andere Freiheiten einschränken oder das zivile Zusammenleben bedrohen könnte. Im Gegenteil, dank der Religionsfreiheit entwickelt und entfaltet sich auch jede andere Freiheit, denn die Freiheit ist ein unteilbares Gut, das der menschlichen Person und ihrer Würde eigen ist. […]
Wie es ihre Pflicht ist, weiß die Kirche wohl zu unterscheiden zwischen dem, was des Kaisers, und dem, was Gottes ist (vgl. Mt 22,21); sie arbeitet aktiv mit für das Gemeinwohl der Gesellschaft, da sie die Lüge zurückweist und zur Wahrheit erzieht; sie verurteilt Haß und Verachtung und lädt zur Brüderlichkeit ein; wie man aus der Geschichte leicht erkennen kann, fördert sie überall und immer die Werke der Liebe, der Wissenschaften und der Künste. Sie erhebt lediglich Anspruch auf Freiheit, um so allen öffentlichen und privaten Institutionen, die sich um das Wohl des Menschen kümmern, ihren wertvollen Dienst der Zusammenarbeit anbieten zu können« (in O.R. dt., Nr. 4, 28.1.2005, S. 8).
Indem ich mir diese Worte zu eigen mache, hoffe ich lebhaft, daß die aktuellen Schwierigkeiten in den Beziehungen Kirche-Staat überwunden werden und daß man zu einer fruchtbaren Zusammenarbeit in Kontinuität mit der edlen venezolanischen Tradition zurückkehre.
6. Herr Botschafter, zum Abschluß dieses Treffens erneuere ich Ihnen meinen herzlichen Willkommensgruß, mit den besten Wünschen für die Wahrnehmung der Ihnen anvertrauten hohen Mission, in der lebhaften Hoffnung, daß die Beziehungen Venezuelas zum Heiligen Stuhl gestärkt werden und fortschreiten mögen. Sie können darauf zählen, daß Ihnen bei der Verwirklichung dieses so wichtigen Vorhabens von unserer Seite die nötige Aufnahme und Unterstützung entgegengebracht wird.
Ich wünsche Ihnen auch, daß Ihr Aufenthalt in Rom für Sie und Ihre Familie bereichernd sein möge und so dazu beitrage, die Sensibilität vieler Venezolaner, die ihr Vaterland von Herzen lieben und die sich zugleich als Weltbürger und sehr geliebte Kinder der Kirche fühlen können, zu vergrößern.
67 Ich vertraue alle diese Gefühle und Hoffnungen Unserer Lieben Frau von Coromoto an, die ich inständig bitte, sie möge bei ihrem göttlichen Sohn Fürsprache einlegen für das venezolanische Volk, auf das ich den reichen Segen des allmächtigen Gottes herabrufe.
Herr Botschafter!
1. Gern heiße ich Sie bei diesem feierlichen Anlaß willkommen, bei dem Sie mir das Beglaubigungsschreiben als außerordentlicher und bevollmächtigter Botschafter der Republik Paraguay beim Heiligen Stuhl überreichen.
Ich danke Ihnen für die freundlichen Worte, die Sie an mich gerichtet haben, sowie für den freundlichen Gruß des Herrn Präsidenten der Republik, Dr. Nicanor Duarte Frutos, den Sie mir überbracht haben. Zugleich bitte ich Sie, ihm meine besten Wünsche für Frieden und persönliches Wohlergehen sowie meine Wünsche für das Gedeihen und die Entwicklung der geliebten paraguayischen Nation zu übermitteln.
Außerdem bitte ich Sie, ihm meinen aufrichtigen Dank zukommen zu lassen für die Geste tiefempfundener Hochachtung und Nähe, die er meinem verehrten Vorgänger erwiesen hat, als er hochrangige Repräsentanten staatlicher Institutionen zu dessen Begräbnisfeierlichkeiten entsandte, und auch mir gegenüber durch seine Anwesenheit als Staatschef bei dem Gottesdienst, mit dem mein Pontifikat als Nachfolger Petri seinen feierlichen Anfang nahm.
2. Wenige Jahre nach der Zweihundertjahrfeier der Unabhängigkeit und der Entstehung Paraguays als souveräne Nation erhält das Land heute - wie Sie soeben in Ihren Worten betont haben - die große Chance, im Dialog und im friedlichen Zusammenleben zwischen allen Bürgern und mit den anderen Ländern voranzukommen, um jede Form von Konflikt und Spannung zu überwinden. Könnte es denn einen besseren Zeitpunkt dafür geben als den jetzigen, nachdem man mit der Wiederherstellung der obersten Gerichtsbarkeit und der Verwaltungsbehörden des Staates - wie es bei den letzten allgemeinen Wahlen geschehen ist - die Grundlagen geschaffen hat, die auf eine größere institutionelle Stabilität hoffen lassen?
Darum ermutige ich Sie zur Ausübung einer echten Demokratie, das heißt jener Demokratie, die durch Mitwirkung des Volkes die Regierung einer Nation durchführt, wenn sie sich an den höchsten und unvergänglichen Werten inspiriert und es möglich macht, daß das kulturelle Erbe der Menschen und die fortschrittliche Entwicklung der Gesellschaft den Anforderungen der Menschenwürde entspricht. Diesbezüglich gilt es noch einmal zu bekräftigen, daß der Friede »das erste und höchste Gut einer Gesellschaft ist; er setzt die Gerechtigkeit, die Freiheit, die Ordnung voraus und macht jedes andere Gut des menschlichen Lebens möglich« (Paul VI., Weihnachtsbotschaft, 25. Dezember 1965).
In diesem Sinne verwies Johannes Paul II. in der Enzyklika Centesimus annus darauf, daß »eine Demokratie ohne Werte sich, wie die Geschichte beweist, leicht in einen offenen oder hinterhältigen Totalitarismus verwandelt« (CA 46), denn ohne eine letzte Wahrheit, die das politische Handeln leitet und ihm Orientierung gibt, »können die Ideen und Überzeugungen leicht für Machtzwecke mißbraucht werden« (ebd.).
3. Wie ich in der Ansprache an das Diplomatische Korps am 12. Mai darlegte, verkündet und verteidigt die Kirche unaufhörlich die menschlichen Grundrechte, die leider in verschiedenen Teilen der Welt noch immer verletzt werden, und setzt sich dafür ein, daß die Rechte jedes Menschen auf Leben von der Empfängnis an, auf Nahrung, auf Wohnung, auf Arbeit, auf medizinische Betreuung, auf Schutz der Familie und auf Förderung der sozialen Entwicklung anerkannt werden - unter voller Achtung der Würde jedes Mannes und jeder Frau, da sie nach dem Abbild Gottes geschaffen sind.
Die Regierenden, die den Auftrag erhalten haben, eben diese Rechte zu schützen und zu verbreiten, dürfen in ihrem Bemühen um deren Umsetzung nicht nachlassen, mögen die Schwierigkeiten auch noch so groß sein. Das verlangt jedes Mitglied ihrer Nation.
68 4. Durch meine Brüder im Bischofsamt ist sich die Kirche in Paraguay der Anforderung bewußt, treu auf den Ruf Christi zu antworten, damit alle in einem Klima der Hoffnung und des Friedens die Erfahrung der Liebe Gottes als Merkmal jeder gläubigen Gemeinde erleben können.
Zu diesem Zweck wird eine nationale Befragung zum Thema: »Sprich, Herr, denn deine Kirche hört« mit der Absicht durchgeführt, einige allgemeine Richtlinien für die Pastoraltätigkeit festzulegen sowie bewußt zu machen, daß der Aufbau des Vaterlandes eine Pflicht jedes Bürgers ist. Alle sollen sich eingebunden fühlen in dieses wunderbare Vorhaben der Umgestaltung und des Aufbaus ihres Landes zu einem Volk von Brüdern.
Ohne zu versuchen, sich in irgendeiner Weise in die Politik der Staaten einzumischen, geht es der Kirche mit ihrer Erkenntnis über den Menschen daher »nur um dies eine: unter Führung des Geistes, des Trösters, das Werk Christi selbst weiterzuführen, der in die Welt kam, um von der Wahrheit Zeugnis zu geben; zu retten, nicht zu richten; zu dienen, nicht sich bedienen zu lassen« (Pastoralkonstitution Gaudium et spes GS 3).
5. Lassen Sie mich zum Abschluß dieser willkommenen Begegnung Ihnen, Herr Botschafter, gratulieren und Ihnen meine besten Wünsche ausdrücken, auf daß Ihr Aufenthalt in Rom sich angenehm gestalten möge und Ihre diplomatische Mission reiche Früchte gegenseitigen Verständnisses und enger Zusammenarbeit bringe und so die zwischen Ihrem Land und dem Heiligen Stuhl bereits bestehenden Beziehungen eine weitere Intensivierung erfahren.
Mit diesen Wünschen, die ich auf Ihre verehrte Familie und Ihre Mitarbeiter ausweite, bitte ich Sie, der Regierung von Paraguay, besonders Ihrem Präsidenten, meine herzlichen Grüße zu übermitteln und sich zum Sprecher meiner Nähe und Liebe zum paraguayischen Volk zu machen, für das ich den mütterlichen Schutz Unserer Lieben Frau von Caacupé erflehe, während ich auf alle den reichen Segen Gottes herabrufe. AN DEN NEUEN BOTSCHAFTER DER REPUBLIK ECUADOR
Herr Botschafter!
1. Mit Freude nehme ich aus Ihren Händen das Schreiben entgegen, das Sie zum außerordentlichen und bevollmächtigten Botschafter der Republik Ecuador beim Heiligen Stuhl akkredidiert. Während ich Ihnen aufrichtig für die freundlichen Worte danke, die Sie soeben an mich gerichtet haben, heiße ich Sie herzlich willkommen bei diesem feierlichen Akt zum Beginn der Ihnen von Ihrer Regierung übertragenen Mission, die Sie ja schon einmal, von 1984 bis 1988, sehr erfolgreich ausgeübt haben.
Besonders zu schätzen weiß ich das vom Herrn Präsidenten der Republik, Dr. Alfredo Palacio González, in Sie gesetzte Vertrauen, und ich bitte Sie, ihm meine besten Wünsche für Frieden, Wohlergehen und Gedeihen im Hinblick auf die gesamte Entwicklung dieser geliebten Nation zukommen zu lassen.
2. Beim Empfang für Sie kann ich nicht umhin, an den angenehmen Besuch zu erinnern, den ich im Jahr 1978 - damals war ich Erzbischof von München und Freising - Ihrem Land abstattete, um als Sondergesandter den III . Nationalen Marianischen Kongreß in Guayaquil zu leiten. Bei dieser Gelegenheit konnte ich auch die Kirchenbezirke Cuenca, Ambato und, wenn auch nur kurz, Quito besuchen. Es war eine sehr positive Erfahrung, die mir eine Einschätzung des Glaubensgutes und der Verbundenheit mit der katholischen Kirche erlaubte, die für das ecuadorianische Volk kennzeichnend sind, das mich mit beeindruckenden Gunst- und Achtungsbeweisen als Vertreter des Papstes empfing.
3. Wie viele andere Länder sieht sich auch Ecuador mit wirtschaftlichen, sozialen und politischen Problemen konfrontiert. Die Suche nach Mitteln zu ihrer Lösung ist eine schwierige Aufgabe, die stets den guten Willen und die Zusammenarbeit aller Bürger der verschiedenen sozialen Schichten, vor allem der Verantwortlichen der verschiedenen politischen und sozioökonomischen Instanzen, erfordert.
69 Dringend geboten ist daher die Übereinstimmung zwischen Absicht und Durchsetzungswillen, um angesichts der Herausforderungen einer globalisierten Welt, denen man sich mit echter Solidarität stellen muß, eine unablässige Tätigkeit der Regierenden zu ermöglichen.
Diese Tugend der Solidarität muß, wie mein Vorgänger Johannes Paul II. seligen Angedenkens sagte, das Handeln der einzelnen, der Regierungen, der internationalen Organisationen und Einrichtungen sowie aller Glieder der bürgerlichen Gesellschaft dahingehend inspirieren, daß sie sich verpflichten, für ein gerechtes Wachstum der Völker und Nationen zu arbeiten, wobei sie das Wohl aller und jedes einzelnen zum Ziel haben (vgl. Enzyklika Sollicitudo Rei Socialis SRS 40).
4. In Ihren Worten haben Sie, Herr Botschafter, auf die Absicht Ihrer Regierung hingewiesen, die Korruption in allen ihren Formen zu bekämpfen, die Ungleichheit zwischen denen, die alles haben, und jenen, denen es an grundlegenden Gütern, wie Erziehung, Gesundheit und Wohnung, fehlt, abzubauen und durch Bündelung von Initiativen weiter am Aufbau einer besseren Nation zu arbeiten.
Tatsächlich fördern Transparenz und Aufrichtigkeit in der öffentlichen Verwaltung ein Klima der Glaubwürdigkeit und des Vertrauens der Bürger in ihre Obrigkeiten und bilden die Grundlage für eine angemessene und gerechte Entwicklung.
Ich weiß auch um die Initiativen, die, ausgehend von den Weisungen der Soziallehre der Kirche, ergriffen werden; diese fordert von den Verwaltungsinstanzen als wirksames Mittel zur Bewältigung der vielen konkreten Notsituationen die Umsetzung des Subsidiaritätsprinzips.
In der Kirche in Ecuador, die zwar nur über bescheidene wirtschaftliche Mittel, jedoch über die Kraft ihrer festen Überzeugungen verfügt, werden die Verantwortlichen der staatlichen Behörden bei diesen Aufgaben die angemessene Mitwirkung bei der Suche nach gerechten Lösungen finden und ihre Bemühungen anerkennen, das Gewissen und Verantwortungsbewußtsein der Bürger zu entwickeln und die Beteiligung aller zu fördern.
Dem Bemühen, sich um die Bedürfnisse der Ärmsten zu kümmern, muß unbedingter Vorrang eingeräumt werden. Von denen, die am meisten leiden, gehören viele den indigenen Volksstämmen an, die großenteils in die Armut und Ausgrenzung abgedrängt wurden.
5. Sie, Herr Botschafter, wissen gut, daß die katholische Kirche angesichts des bedauerlichen Emigrationsproblems vorbehaltlos ihre stetige Mitarbeit anbietet. Dankbar anzuerkennen sind das Verständnis und der Respekt, die ihr die Regierung auf diesem Gebiet entgegenbringt.
Denn im Zuge des legitimen Wunsches, bessere Lebensbedingungen zu finden, bringt das Verlassen der Heimat eine ganze Folge von Ungewißheiten, Schwierigkeiten und Schmerz für die Familien mit sich, besonders wenn minderjährige Kinder zurückgelassen werden.
Darum ist es, außer der Hilfeleistung zur Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Situation, notwendig, die reichen kulturellen und religiösen Werte zu bewahren und zu vermehren, die zu dem »Gepäck« gehören, mit dem die Emigranten eines Tages weggefahren sind.
Unter diesen Werten ist im Herzen der ecuadorianischen Gläubigen die Verehrung der Muttergottes tief verwurzelt. Wie Sie erwähnt haben, wird gerade im nächsten Jahr der 100. Jahrestag des Wunders des Gnadenbildes der Schmerzensmutter vom Kolleg in Quito feierlich begangen werden. Im Laufe der Jahre haben verschiedene Persönlichkeiten aus Politik, Kultur und Kunst öffentlich ihre Verehrung für die allerseligste Jungfrau unter dieser Anrufung bekundet.
70 Erwähnen möchte ich hier auch die Liebe Ihrer Landsleute zu Mariana von Jesus, der ersten ecuadorianischen Heiligen, deren Marmorstatue demnächst an einem bereits festgelegten Platz an der Petersbasilika aufgestellt werden wird - als Ausdruck der unerschütterlichen Verbundenheit Ecuadors mit diesem Apostolischen Stuhl.
6. Herr Botschafter, zum Abschluß dieser Amtshandlung möchte ich Ihnen meine besten Wünsche für die erfolgreiche Erfüllung Ihrer Aufgaben aussprechen. Ich bitte Sie, dem Herrn Präsidenten der Republik meinen Gruß zu übermitteln und dem ganzen ecuadorianischen Volk die Versicherung meines Gebetes für seinen ruhigen und friedlichen Fortschritt.
Ich bitte Gott, daß er Ihnen bei der Mission, die heute beginnt, immer beistehe, und rufe zugleich reichen Segen auf Sie, Ihre verehrte Familie und Ihre Mitarbeiter sowie auf die Regierenden und die Bürger Ecuadors herab.
Saal der Schweizergarde (Castelgandolfo) Liebe Mitbrüder im Bischofsamt!
Ich freue mich sehr, euch aus Anlaß des »Ad-limina«-Besuches zu empfangen, bei dem ihr die Gräber der Apostel Petrus und Paulus verehrt und die Bande der Gemeinschaft mit dem Nachfolger Petri festigt. Ich danke für die Worte, die Msgr. José Fernández Arteaga, Erzbischof von Chihuahua, im Namen von Euch allen, den Oberhirten der Kirchenprovinzen Chihuahua, Durango, Guadalajara und Hermosillo, an mich gerichtet hat. Ich möchte mich nun einigen Punkten widmen, die für die Kirche, die sich in Mexiko auf dem Pilgerweg befindet, von besonderem Interesse sind.
Die Momente der Begegnung unter den Bischöfen sind eine wertvolle Gelegenheit, die Einheit zu leben und zu vertiefen. In diesem Sinne ist die mexikanische Bischofskonferenz auch dazu aufgerufen, ein lebendiges Zeichen der kirchlichen Gemeinschaft zu sein, darauf ausgerichtet, den Bischöfen ihren Dienst zu erleichtern und die Kollegialität zu stärken. Es ist heute notwendiger denn je, die Kräfte zu einen und Erfahrungen auszutauschen, denn, wie das Zweite Vatikanische Konzil hervorgehoben hat, »können die Bischöfe ihr Amt oft nur dann angemessen und fruchtbar ausüben, wenn sie ihr einträchtiges Wirken mit den anderen Bischöfen immer enger und straffer gestalten« (Christus Dominus CD 37). Ich ermutige euch daher, diesen Weg der Gemeinschaft im Hinblick auf eine erfolgund ertragreichere Aktivität weiterzugehen.
Die mexikanische Nation ist aus der Begegnung von Völkern und Kulturen entstanden, deren Physiognomie nachhaltig geprägt worden ist von der lebendigen Gegenwart Jesu Christi und der Mittlerschaft Marias »Mutter des wahren Gottes, durch den man lebt« (Nican Mopohua). Der Reichtum des »Ereignisses von Guadalupe« hat unterschiedliche Personen, Geschichten und Kulturen, durch welche die Identität und Mission Mexikos herangereift sind, zu einer neuen Realität vereint.
Heute lebt Mexiko in einem Übergangsprozeß, der dadurch gekennzeichnet ist, daß Gruppen in Erscheinung treten, die, manchmal auf mehr, manchmal auf weniger geordnete Art und Weise, nach neuen Räumen suchen, in denen sie mitwirken und sich einbringen können. Viele von ihnen stellen mit besonderem Nachdruck Forderungen zugunsten der Armen und der von der Entwicklung Ausgeschlossenen, insbesondere der indigenen Bevölkerung. Der brennende Wunsch nach Konsolidierung einer Kultur und demokratischer, wirtschaftlicher und sozialer Einrichtungen, die die Menschenrechte und die kulturellen Werte des Volkes anerkennen, muß ein Echo und eine klärende Antwort in der Pastoralarbeit der Kirche finden.
71 Die Vorbereitung auf das Große Jubiläum hat den mexikanischen Katholiken dabei geholfen, ihre Geschichte als Volk und als Glaubensgemeinschaft kennenzulernen, zu akzeptieren und zu lieben. Ich möchte hier an die mahnenden Worte meines Vorgängers erinnern: »Für die einzelnen und für die Völker bedarf es einer Art ›Reinigung des Gedächtnisses‹, damit die Übel von gestern sich nicht wiederholen. Es geht nicht darum, das Geschehene zu vergessen, sondern es mit neuen Gefühlen noch einmal zu lesen und dabei gerade aus den erlittenen Erfahrungen zu lernen, daß allein die Liebe aufbaut, während der Haß Zerstörung und Verfall hervorruft.« (Johannes Paul II., Botschaft zur Feier des 30. Weltfriedenstages, 3, 1. Januar 1997; in O.R. dt., Nr. 51/52, 20.12.1996, S. 4).
Es handelt sich um eine Herausforderung, die eine ganzheitliche Ausbildung in allen Bereichen der Kirche fordert, die jedem Gläubigen helfen soll, in den verschiedenen Dimensionen des Lebens das Evangelium zu leben. Nur so kann man Rede und Antwort stehen in bezug auf die eigene Hoffnung (vgl. 1P 3,15). Die traditionellen Formen des Glaubenslebens, die auf aufrichtige und natürliche Weise durch Bräuche und Unterweisungen innerhalb der Familie weitergegeben werden, müssen zu einer persönlichen und gemeinschaftlichen Entscheidung heranreifen. Diese Ausbildung ist besonders für die Jugendlichen notwendig, die, wenn sie nach dem Empfang der Sakramente der Initiation aufhören, regelmäßig die kirchliche Gemeinschaft zu besuchen, mit einer Gesellschaft konfrontiert werden, die durch einen wachsenden kulturellen und religiösen Pluralismus geprägt ist. Darüber hinaus stehen sie manchmal sehr allein und beinahe desorientiert Denkrichtungen gegenüber, denen zufolge der Mensch, ohne Gott nötig zu haben oder sogar gegen Gott, durch technologische, politische und wirtschaftliche Macht seine Vollendung erreicht. Daher ist es notwendig, die Jugendlichen zu begleiten und sie mit Begeisterung einzuladen, damit sie wieder in die kirchliche Gemeinschaft integriert werden und als grundlegende Forderung der Nachfolge Christi die Verpflichtung übernehmen, die Gesellschaft umzugestalten.
Ebenso müssen auch die Familien auf eine angemessene Weise begleitet werden, um ihre Dimension als »Hauskirche« entdecken und leben zu können. Der Vater und die Mutter müssen eine Ausbildung erhalten, die ihnen dabei hilft, die »ersten Evangelisierer« ihrer Kinder zu sein; nur so können sie wirklich die erste Schule des Lebens und des Glaubens werden. Die bloße Kenntnis der Glaubensinhalte ersetzt jedoch niemals die Erfahrung der persönlichen Begegnung mit dem Herrn. Diese Erfahrung, Christus kennenzulernen und ihm zu begegnen, muß unterstützt werden durch die Katechese in den Gemeinden und durch den Religions- und Ethikunterricht in den Schulen christlicher Prägung sowie durch das lebendige Zeugnis derer, die ihm begegnet sind und die ihn weitergeben, da sie den Wunsch wecken wollen, ihm nachzufolgen und ihm mit ganzem Herzen und aus ganzer Seele zu dienen.
Der Reichtum der Kirche zeigt sich unter anderem in der Präsenz von mehr als 400 Instituten des geweihten Lebens, vor allem für Frauen, von denen viele in Mexiko gegründet worden sind und die im ganzen Land in verschiedenen Umgebungen, unter verschiedenen Kulturen und an verschiedenen Orten evangelisieren. Viele von ihnen widmen sich der Bildung auf allen Ebenen, besonders in einigen Universitäten. Andere arbeiten unter den Ärmsten und verbinden so die Evangelisierung mit der Förderung des Menschen; wieder andere arbeiten in Krankenhäusern, in den Medien, im Bereich der Kunst und der Geisteswissenschaften; wieder andere begleiten in Wirtschaft und Unternehmen Tätige in ihrer spirituellen und beruflichen Formation. Hinzu kommt eine große Beteiligung der Laien durch verschiedene Initiativen, die ihre Berufung und ihre Mission in der Gesellschaft deutlich machen. Es gibt außerdem eine wachsende Anzahl nationaler und internationaler Laienbewegungen, die die Erneuerung des Ehe- und Familienlebens sowie eine verstärkte Gemeinschaftserfahrung fördern.
Die Kirche in Mexiko spiegelt den Pluralismus der Gesellschaft wider, einer Gesellschaft, die sich aus vielen unterschiedlichen Realitäten zusammensetzt, von denen einige sehr gut und vielversprechend sind, andere dagegen etwas komplexer. Im Hinblick auf diese Tatsache und mit Respekt gegenüber den örtlichen und regionalen Realitäten müssen die Bischöfe organische Pastoralpläne unterstützen, die den Erscheinungsformen, die aus einer bloßen Tradition oder einem Brauch heraus entstanden sind, einen tieferen Sinn geben. Diese Pläne müssen vor allem versuchen, die Weisungen des Konzils in die pastoralen Herausforderungen, die sich in Form der verschiedenen konkreten Situationen bieten, einzubinden.
Die gegenwärtige Gesellschaft hinterfragt und beobachtet die Kirche und verlangt von ihr Kohärenz und Furchtlosigkeit im Glauben. Sichtbare Zeichen der Glaubwürdigkeit werden das gelebte Zeugnis, die Einheit der Gläubigen, der Dienst an den Armen und der unermüdliche Einsatz für ihre Menschenwürde sein. Bei der Evangelisierung muß man kreativ sein und immer die Treue zur Tradition der Kirche und ihrem Lehramt wahren. Wir leben in einer neuen Kultur, die durch die Massenmedien geprägt ist. Daher muß sich die Kirche in Mexiko diesbezüglich die Mitarbeit ihrer Gläubigen, das Wissen vieler gebildeter Menschen und die Möglichkeiten, die die öffentlichen Einrichtungen in Hinblick auf die Medien bieten, zunutze machen (vgl. Johannes Paul II. , Ecclesia in America ). Um das Antlitz Christi in der Medienwelt sichtbar werden zu lassen, bedarf es ernsthafter Anstrengungen in Ausbildung und Apostolat, die keinen Aufschub dulden und die den Beitrag aller verlangen.
Liebe Mitbrüder, wir feiern heute das Fest der Geburt der allerseligsten Jungfrau Maria. Vereint in einem Herzen und einer Seele vertraue ich euch zusammen mit den Priestern, Ordensgemeinschaften und Gläubigen eurer Diözesen ihrer mütterlichen Fürsorge an. Überbringt allen den Gruß und die Liebe des Papstes. Ich meinerseits erteile euch mit Zuneigung meinen Apostolischen Segen.
ANSPRACHE 2005 63