ANSPRACHE 2006 21

21 Wenn ich nun den Blick auf die anderen Länder ausweite, sehe ich, daß die christliche Familie eine der seelsorglichen Prioritäten eurer Diözesen darstellt, und das zu recht! Ohne sie würde das Grundelement für das Leben und den Aufbau jener »Familie Gottes« fehlen, in der sich die Kirche eures Kontinents bei der Synodenversammlung im Jahr 1994 wiedererkannt hat und die zu sein sie sich vorgenommen hat. Sie kann nicht als tatsächlich integriert oder verwirklicht betrachtet werden, solange das christliche Familienideal nicht im Schoß des afrikanischen Volkes Wurzeln geschlagen hat. Der Weg dorthin führt nicht über Veränderungen, die den Kern der kirchlichen Sakramentenlehre und der Lehre über die Familie umzustürzen trachten, sondern über eine radikale Treue der Eheleute zum neuen Leben, das sie in der Taufe empfangen haben und über eine Rückführung der traditionellen afrikanischen Ehe als wesentliches Element der lokalen Kulturen zum Evangelium Jesu Christi. Um ihre volle Größe erreichen zu können, brauchen diese Kulturen die Begegnung mit Christus, aber auch er wartet auf diese Begegnung, damit das Ereignis der Menschwerdung zu seiner Vollendung gelangen und dem Leib Christi, der die Kirche ist, seine »vollendete Gestalt« (Ep 4,13) geben kann. Die Kirche selbst wird durch die Annahme der Werte der verschiedenen Kulturen zur geschmückten Braut mit ihrem Geschmeide, von der der Prophet Jesaja spricht (vgl. Is 61,10). So möchte ich euch gerne sehen, liebe Diözesen dieser Bischofskonferenz: Schmückt euch mit eurem schönsten Geschmeide für Christus, den Herrn! [Abschließend sagte der Papst wieder auf französisch:]

Liebe Mitbrüder im Bischofsamt, zum Abschluß unserer Begegnung vertraue ich jede eurer Diözesangemeinschaften der Jungfrau Maria, Königin von Afrika, an. Bringt den herzlichen Gruß des Papstes und seine Ermutigung den Priestern, Ordensleuten, Katechisten und allen Laien eurer Diözesen. Gott gewähre ihnen allen, treue Zeugen seiner Liebe zu den Menschen zu sein! Von ganzem Herzen erteile ich euch allen mit Zuneigung den Apostolischen Segen.

AN DIE BISCHÖFE AUS BOSNIEN UND HERZEGOWINA ANLÄSSLICH IHRES "AD-LIMINA"-BESUCHES

Freitag, 24. Februar 2006



Liebe Brüder im Bischofsamt!

»Selig, die Frieden stiften!« (Mt 5,9). Mit diesen Worten Jesu begrüße ich euch herzlich zum Abschluß eures Besuches »ad limina Apostolorum«. Durch euch möchte ich auch den Gläubigen, die der göttliche Meister eurer Hirtensorge anvertraut hat, einen Gruß zukommen lassen. Ich danke Herrn Kardinal Vinko Puljic´ für die Worte, die er auch im Namen der anderen Bischöfe von Bosnien und Herzegowina an mich gerichtet und mit denen er die Empfindungen ihrer Gemeinschaften zum Ausdruck gebracht hat.

Ihr habt mich über die Situation eurer Gläubigen informiert und neben den problematischen Aspekten ihres Alltagslebens die Elemente der Hoffnung hervorgehoben, zu der ihr Engagement Anlaß gibt, sowie die von euch entwickelten Pastoralprogramme. In den Einzelbegegnungen habe ich bei euch den dringenden Wunsch wahrgenommen, die Gemeinsamkeit der Absichten lebendig zu erhalten, um euch vereint den aktuellen Herausforderungen zu stellen, die euer Volk bewältigen muß. Gewiß, Schwierigkeiten sind in großer Zahl vorhanden, aber groß ist auch das Vertrauen in die göttliche Vorsehung eurerseits und ebenso von seiten eurer Priester und Gläubigen. Nach den traurigen Jahren des letzten Krieges seid ihr als Friedensstifter heute dazu aufgerufen, sowohl innerhalb der christlichen Gemeinden als auch im gesamten gesellschaftlichen Gefüge von Bosnien und Herzegowina die Gemeinschaft zu festigen und Barmherzigkeit, Verständnis und Vergebung im Namen Christi zu verbreiten. Ich weiß wohl, daß euer Auftrag nicht leicht ist, aber ich weiß auch, daß euer Blick ständig auf Christus gerichtet ist, der, da er alle bis zuletzt geliebt hat, seinen Jüngern eine grundsätzliche Aufgabe zugewiesen hat, die alle anderen zusammenfaßt: den Auftrag, zu lieben. Um geistlich fruchtbar zu sein, darf die Liebe nicht bloß den irdischen Gesetzen folgen, sondern muß sich von der Wahrheit, die Gott ist, erleuchten lassen und sich in jenem höheren Maß der Gerechtigkeit zeigen, das die Barmherzigkeit ist. Wenn ihr in diesem Geist tätig seid, werdet ihr die euch übertragene Sendung dadurch glücklich voranbringen können, daß ihr dazu beitragt, noch immer offene Wunden zu heilen und Gegensätze und Spaltungen, die Erblast der vergangenen Jahre sind, zu überwinden.

Von der Liebe Christi bewegt, seid ihr entschlossen, selbst angesichts der euch bedrängenden quälenden Probleme nicht das Vertrauen zu verlieren. Das gilt vor allem im Hinblick auf die Situation der Exilanten, für die ich den Abschluß angemessener Vereinbarungen wünsche, die die Rechte aller sicherstellen sollen. Ich denke insbesondere an die notwendige Gleichheit zwischen den Bürgern verschiedener Religionszugehörigkeit, an die Dringlichkeit von Maßnahmen im Zusammenhang mit der wachsenden Arbeitslosigkeit unter den Jugendlichen und der drohenden Verschärfung ethnischer Spannungen, eine schwere Bürde der komplexen geschichtlichen Ereignisse, die eure Länder durchgemacht haben. Der Apostolische Stuhl ist euch nahe; davon zeugt auch die kürzlich erfolgte Ernennung eines residierenden Nuntius, der künftig ständigen Kontakt mit den verschiedenen Instanzen des Landes halten kann. Liebe und verehrte Brüder, fühlt euch als lebendiger Teil des mystischen Leibes Christi! Ihr könnt auf die betende, konkrete und liebevolle Solidarität des Heiligen Stuhls und der ganzen katholischen Kirche zählen.

Während ich euch für euren gewissenhaften Dienst danke, möchte ich einige Sorgen bezüglich mancher Aspekte des Lebens in euren Diözesen ansprechen, die ihr selbst zu erkennen gegeben habt. Das Erste und Wichtigste ist, daß alle Anstrengungen unternommen werden, damit die Einheit der Herde Christi stetig wachse: Einheit zwischen euch, den rechtmäßigen Bischöfen, und den Ordensleuten, besonders jenen, die in der Diözese einen pastoralen Dienst ausüben; Einheit zwischen dem Diözesanklerus und den gottgeweihten Personen; schließlich Einheit zwischen allen, die im Dienst des christlichen Volkes stehen - wenn nötig, durch Überwindung von Mißverständnissen und Schwierigkeiten, die mit den Geschehnissen der Vergangenheit zusammenhängen. Die Kirche verfolgt überall ein einziges Ziel, nämlich den Aufbau des Reiches Gottes in jedem Land und im Herzen jedes Menschen. Den Nachfolgern der Apostel und ihren Mitarbeitern im pastoralen Dienst ist der Auftrag anvertraut, durch die Treue zum gesamten lehrmäßigen und geistlichen Gut der Kirche das Vermächtnis des Herrn unversehrt zu bewahren.

Selig die Friedensstifter! Diese Worte lassen sich nicht nur auf die Sendung der Kirche nach außen gut anwenden, sondern auch auf die Beziehungen zwischen ihren Mitgliedern innerhalb der Kirche. Die verschiedenen kirchlichen Instanzen mit ihren legitimen Strukturen werden durch kirchenrechtliche Normen geregelt, die Ausdruck jahrhundertealter, nicht ohne himmlischen Beistand gereifter Erfahrung sind. Dem Bischof als Vater der ihm von Christus anvertrauten Gemeinde obliegt es zu erkennen, was zum Aufbau der Kirche Christi beiträgt. In diesem Sinn ist der Bischof »Pontifex«, also Brückenbauer, zwischen den verschiedenen Anforderungen der kirchlichen Gemeinschaft. Und das ist ein besonders wichtiger Aspekt des Bischofsamtes in dem gegenwärtigen geschichtlichen Augenblick, wo Bosnien und Herzegowina den Weg der Zusammenarbeit wiederaufnimmt, um seine Zukunft der sozialen Entwicklung und des Friedens aufzubauen.

Liebe Brüder, der Nachfolger Petri steht euch zur Seite und versichert euch seiner ständigen Unterstützung. In diesen Tagen eures Aufenthaltes in Rom, durch die Begegnungen mit mir und mit meinen Mitarbeitern der Römischen Kurie habt ihr erfahren, wie aufrichtig und brüderlich unsere geistliche Verbundenheit ist. Ich bitte den Herrn, daß er über euch, über eure Priester, über die Ordensmänner und Ordensfrauen sowie über das ganze Volk eures Landes die Fülle seiner Gnaden ausgießen möge. Ich vertraue diese Bitte der Fürsprache Mariens, der Gottesmutter und Mutter der Kirche, an, damit sie für alle ihre Kinder fürbittend eintrete. Mit diesen Gedanken erteile ich euch meinen Segen, den ich aus ganzem Herzen auf eure Gemeinden, auf die katholischen Gläubigen und auf alle Menschen guten Willens in dem geliebten Land Bosnien und Herzegowina ausweite.

AN DEN "CIRCOLO SAN PIETRO"


Saal der Päpste

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Samstag, 25. Februar 2006



Liebe Freunde!

Es freut mich, euch zu empfangen, und ich begrüße jeden einzelnen von euch sehr herzlich. Ich grüße alle Mitglieder des Generalpräsidiums des »Circolo San Pietro« und insbesondere den Präsidenten Don Leopoldo dei Duchi Torlonia, dem ich für die freundlichen Worte danke, mit denen er unsere Begegnung eingeleitet hat. Dieses traditionelle Treffen, das gleich nach dem Fest Kathedra Petri stattfindet, ist ein besonders bedeutsamer Augenblick, in dem euer wohlverdienter Verein dem Papst den Peterspfennig überreicht, der im vergangenen Jahr in der Diözese Rom gesammelt wurde. Es ist also für mich eine gute Gelegenheit, euch meinen herzlichen Dank auszusprechen, wobei ich an das Engagement denke, mit dem ihr dieses Werk durchführt, und noch mehr an den Geist des Glaubens und der Liebe zur Kirche, mit dem ihr es vollbringt.

Der »Peterspfennig« ist der bezeichnendste Ausdruck der Teilhabe aller Gläubigen an den wohltätigen Initiativen des Bischofs von Rom für die Weltkirche. Diese Geste hat nicht nur einen praktischen, sondern auch einen deutlichen symbolischen Wert als Zeichen der Einheit mit dem Papst und der Sorge für die Bedürfnisse der Brüder und Schwestern, und deshalb besitzt euer Dienst einen vornehmlich kirchlichen Wert. Das alles wird noch deutlicher im Licht meiner Enzyklika über die christliche Liebe, Deus caritas est, wo der zweite Teil, wie ihr wißt, eben dem Liebestun der Kirche als einer »Gemeinschaft der Liebe« gewidmet ist. Ich möchte euch deshalb, liebe Verantwortliche des »Circolo San Pietro«, die Enzyklika ideell überreichen, denn als gläubige Laien, die auch viel Einsatz zeigen in karitativen Aktivitäten, gehört ihr zu denen, an die sich die Enzyklika in erster Linie richtet. Ich habe nämlich gerade im Hinblick auf diejenigen, die wie ihr in dem Dienst mitarbeiten, den wir als Liebesdienst der christlichen Gemeinschaft bezeichnen können, ein Profil gezeichnet, dessen Wiederaufnahme euch sowohl auf persönlicher Ebene als auch in der Gruppe von Nutzen sein kann (vgl. ). Ich habe darauf hingewiesen, daß der Hauptbeweggrund des Handelns immer die Liebe Christi sein muß, daß die Liebe mehr ist als bloßes Handeln und Selbsthingabe erfordert, daß diese Hingabe demütig sein muß, frei von jeder Überheblichkeit, und daß ihre Kraft aus dem Gebet kommt, wie es das Vorbild der Heiligen zeigt.

Den Heiligen der Liebestätigkeit, an denen - angefangen bei dem Diakon Laurentius - die römische Kirchengeschichte reich ist, möchte ich den »Circolo San Pietro« anvertrauen. Liebe Freunde, ich danke euch noch einmal für euren Besuch und für den Dienst, den ihr seit vielen Jahren für den Papst mit Hingabe ausübt. Auf jeden von euch rufe ich den Schutz der allerseligsten Jungfrau Maria herab, damit sie euch immer begleiten und stützen möge. Ich meinerseits versichere euch meines Gebetsgedenkens, während ich euch, alle Mitglieder und eure Familien von Herzen segne.

AN DIE MITGLIEDER DER XVII. ABTEILUNG DES KORPS DER RÖMISCHEN STADTPOLIZEI


Clementina-Saal

Samstag, 25. Februar 2006



Liebe Freunde!

Herzlich willkommen und vielen Dank für euren freundlichen Besuch. Ich weiß, daß ihr euch diese Begegnung sehr gewünscht habt, und auch mir ist es eine Freude, euch zu empfangen. In den langen Jahren meines Romaufenthaltes, als ich in der Nähe des Vatikans wohnte, habe ich euch oft bei der Arbeit gesehen, wenn ihr pflichtbewußt und freundlich den Verkehr geordnet habt, der nicht immer leicht zu bewältigen ist, besonders bei den Anlässen, die große Pilgerströme auf den Petersplatz und in die Petersbasilika führen. Heute habe ich die Freude, euch als Nachfolger des Apostels Petrus in Sonderaudienz zu empfangen, und ich nutze gern diese Gelegenheit, um euch für den Dienst zu danken, den ihr verrichtet. Deshalb richte ich an jeden von euch mit Zuneigung meinen aufrichtigen und herzlichen Gruß und bitte euch, ihn an eure Familien und an alle euch nahestehenden Menschen weiterzugeben. Besonders möchte ich den Generalkommandeur des Städtischen Polizeikorps, Dr. Aldo Zanetti, und den Kommandanten eurer Abteilung, Dr. Rolando Marinelli, grüßen.

Eure tägliche Arbeit erfordert ständigen Einsatz, weil das Gebiet um den Vatikan herum von vielen Leuten besucht wird und starker Verkehr herrscht. Zum normalen Leben in diesem Stadtteil kommt der ständige Personenstrom hinzu, der den Vatikan betritt oder verläßt, die Besucherschlangen vor den Vatikanischen Museen, der Zustrom der Gruppen, die jeden Mittwoch von überallher zu den Generalaudienzen kommen, die Pilger und Römer, die am Sonntag und an anderen Festtagen zum Petersplatz strömen, um am Angelusgebet teilzunehmen, das Kommen und Gehen von Gläubigen und Touristen auf dem Platz und in der Basilika und nicht selten die offiziellen Besuche der Botschafter und anderer Persönlichkeiten. Ihr versucht immer, allen Menschen eure Hilfe anzubieten; und ich danke euch, denn ich bin sicher, daß ihr euch bemüht, das mit Professionalität und Hingabe zu tun. Eure Professionalität und Hingabe habt ihr besonders während der denkwürdigen und bewegten Tage der Krankheit, des Todes und des Begräbnisses des geliebten Papstes Johannes Paul II. wie auch anläßlich meiner Wahl zum Oberhirten im April vergangenen Jahres bewiesen. Auch dafür bin ich euch aufrichtig dankbar.

Liebe Freunde, ihr übt einen Beruf aus, der euch mit vielen Menschen in Kontakt bringt, von denen die meisten einen der Orte besuchen, die den Katholiken der ganzen Welt sehr teuer sind, das Grab des Apostels Petrus, über dem Michelangelo die Basilika erbaut hat. Außerdem trifft es sich oft, daß ihr, wenn auch von weitem, an den Begegnungen des Papstes mit den Gläubigen oder an den liturgischen Feiern auf dem Petersplatz teilnehmt. Ich spreche den herzlichen Wunsch aus, daß euch das helfen möge, geistlich zu wachsen und die Gegenwart Christi stets an eurer Seite zu spüren. Mit seiner Hilfe könnt ihr in innerer Ausgeglichenheit eurer Tätigkeit nachgehen, im Bewußtsein, der Allgemeinheit zu dienen. Er möge gütig über euch und eure Familien wachen und alle euren guten Wünsche zur Erfüllung bringen. Ich rufe seine Hilfe an durch die Fürsprache Mariens, die euch als fürsorgliche Mutter stets schützen und begleiten möge. Mit diesen Gefühlen danke ich noch einmal für euren Besuch und segne von Herzen euch und alle, die euch nahestehen.

BESUCH IM GROSSEN RÖMISCHEN PRIESTERSEMINAR

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Samstag, 25. Februar 2006

Liebe Mitbrüder im Bischofs- und Priesteramt,

liebe Seminaristen,
Brüder und Schwestern!

Es erfüllt mich mit großer Freude, am heutigen Abend bei euch im Großen Römischen Priesterseminar zu sein, aus einem so bedeutsamen Anlaß wie dem Fest eurer Patronin, der Muttergottes vom Vertrauen. Ich grüße euch alle voll Zuneigung und danke euch, daß ihr mir einen so herzlichen Empfang bereitet habt. Ich grüße besonders den Kardinalvikar und die hier anwesenden Bischöfe; ich grüße den Rektor, Msgr. Giovanni Tani, und danke ihm für die Worte, die er im Namen der anderen Priester und aller Seminaristen, auf die ich gern meinen Gruß ausweite, an mich gerichtet hat. Ferner gilt mein Gruß den Jugendlichen und denjenigen, die aus den verschiedenen römischen Pfarreien gekommen sind, um gemeinsam mit uns diese frohen Momente zu verbringen.

Ich habe mich seit langem auf die Gelegenheit gefreut, eure Seminargemeinschaft, einen der wichtigsten Orte der Diözese, persönlich zu besuchen. In Rom gibt es mehrere Seminare, aber dieses ist im eigentlichen Sinn das Diözesanseminar, was auch durch seine Lage hier im Lateran neben der Bischofskirche St. Johann, der Kathedrale von Rom, zum Ausdruck kommt. Daher bin ich einer Tradition gefolgt, die dem geliebten Papst Johannes Paul II. sehr am Herzen lag, und habe die Gelegenheit wahrgenommen, euch am heutigen Festtag hier zu besuchen, wo ihr betet, studiert, in brüderlicher Gemeinschaft lebt und euch so auf den zukünftigen Pastoraldienst vorbereitet.

Es ist wirklich sehr schön und bedeutungsvoll, daß die Jungfrau Maria, die Mutter der Priester, von euch unter dem außergewöhnlichen Titel »Muttergottes vom Vertrauen« verehrt wird. Das läßt an eine zweifache Bedeutung denken: an das Vertrauen der Seminaristen, die mit ihrer Hilfe den Weg der Antwort auf Christus, der sie gerufen hat, gehen, und an das Vertrauen der Kirche von Rom und besonders ihres Bischofs, der den Schutz Mariens, der Mutter jeder Berufung, auf diese priesterliche Bildungsstätte herabruft. Mit ihrer Hilfe könnt ihr, liebe Seminaristen, euch heute auf eure Sendung als Priester im Dienst der Kirche vorbereiten. Als ich mich gerade eben vor dem verehrten Bild der Muttergottes vom Vertrauen in eurer Kappelle, die das Herzstück des Seminars ist, im Gebet gesammelt habe, habe ich für jeden von euch gebetet. Ich habe dabei an die vielen Seminaristen zurückgedacht, die im Römischen Seminar gelebt und dann liebevoll der Kirche Christi gedient haben - ich denke dabei neben anderen an Don Andrea Santoro, der kürzlich in der Türkei ermordet wurde, während er betete. Und so habe ich die Mutter des Erlösers angerufen, damit sie auch für euch das Geschenk der Heiligkeit erbitte. Möge der Heilige Geist, der das priesterliche Herz Jesu im Schoß der Jungfrau und dann im Haus von Nazaret geformt hat, mit seiner Gnade in euch wirken und euch vorbereiten auf die zukünftigen Aufgaben, die man euch anvertrauen wird.

Es ist ebenso schön und passend, daß wir heute zusammen mit der Jungfrau und Gottesmutter vom Vertrauen in besonderer Weise ihren Bräutigam, den hl. Josef, verehren, von dem sich Msgr. Marco Frisina in diesem Jahr zu seinem Oratorium hat inspirieren lassen. Ich danke ihm für das Feingefühl, das er durch die Ehrung meines Namenspatrons gezeigt hat, und beglückwünsche ihn zu diesem Werk. Gleichzeitig danke ich herzlich den Solisten, dem Chor, dem Organisten und allen Orchestermitgliedern. Dieses Oratorium, das den vielsagenden Titel »Schatten des Vaters« trägt, bietet mir Gelegenheit, die Tatsache hervorzuheben, daß das Vorbild des hl. Josef, des »gerechten Mannes« - sagt der Evangelist -, der in voller Verantwortung vor Gott und vor Maria gehandelt hat, für alle eine Ermutigung auf dem Weg zum Priestertum darstellt. Wir finden ihn immer aufmerksam gegenüber der Stimme des Herrn, der die geschichtlichen Ereignisse lenkt, und bereit, seinen Weisungen zu folgen, immer treu, großzügig und selbstlos im Dienst, vorbildlicher Lehrer des Gebets und der Arbeit in der Zurückgezogenheit in Nazaret. Ich kann euch versichern, liebe Seminaristen, daß ihr, je weiter ihr durch Gottes Gnade auf dem Weg des Priestertums fortschreitet, immer stärker erfahren werdet, daß es reiche geistliche Früchte hervorbringt, wenn man sich auf den hl. Josef beruft und bei der Ausübung der täglichen Pflichten um seine Hilfe bittet.

Liebe Seminaristen, nehmt meine herzlichsten Wünsche für die Gegenwart und für die Zukunft entgegen. Ich lege sie in die Hände der allerseligsten Jungfrau Maria, der Muttergottes vom Vertrauen. All jene, die im Großen Römischen Seminar ausgebildet werden, lernen, immer wieder die schöne Anrufung »Mater mea, fiducia mea« zu wiederholen, die mein verehrter Vorgänger Benedikt XV. als ihren Wahlspruch bezeichnete. Ich bete dafür, daß diese Worte sich im Herzen eines jeden von euch einprägen und euch in eurem Leben und in eurem priesterlichen Dienst stets begleiten mögen. So werdet ihr, wo immer ihr auch sein werdet, um euch herum den Duft des Vertrauens Mariens verbreiten, des Vertrauens auf die fürsorgliche und treue Liebe Gottes. Ich versichere euch, daß ich euch jeden Tag in mein Gebet einschließen werde, da ihr ja die Hoffnung der Kirche von Rom seid. Und jetzt erteile ich mit Freude euch und allen Anwesenden sowie euren Familienangehörigen und denjenigen, die euch auf dem Weg zum Priestertum begleiten, von Herzen den Apostolischen Segen.



AN EINE GRUPPE STUDENTEN UND PRIESTER DES THEOLOGISCHEN KOLLEGS DER "APOSTOLIKI DIAKONIA" DER ORTHODOXEN KIRCHE GRIECHENLANDS

Montag, 27. Februar 2006



Exzellenz,
24 Hochwürdigste Archimandriten,
Priester, Seminaristen und alle Teilnehmer
am »Studienbesuch« in Rom!

Während ich euch anläßlich der Initiative dieses Rombesuches mit Freude und Dankbarkeit empfange, möchte ich eine Aufforderung in Erinnerung rufen, die der hl. Ignatius, der große Bischof von Antiochien, an die Epheser richtete: »Sorgt dafür, häufiger zusammenzukommen, um Gott zu danken und seinen Lobpreis zu singen. Denn wenn ihr euch oft versammelt, werden von der Eintracht eures Glaubens die Kräfte des Bösen besiegt und dessen Todeswerk vernichtet werden

Für uns Christen im Osten und im Westen haben sich zu Beginn des zweiten Jahrtausends die »Kräfte des Bösen« auch in den Spaltungen ausgewirkt, die immer noch unter uns andauern. In den letzten vierzig Jahren haben uns jedoch viele tröstliche und hoffnungsvolle Zeichen eine neue Morgenröte erblicken lassen, die Morgenröte des Tages, an dem wir ganz verstehen werden, daß das Verwurzelt- und Gegründetsein in der Liebe Christi bedeutet, konkret einen Weg zu finden, um durch persönliche und gemeinschaftliche Umkehr, durch das Hören aufeinander und durch das gemeinsame Gebet für unsere Einheit unsere Spaltungen zu überwinden.

Unter den tröstlichen Zeichen dieses Weges, der Einsatz erfordert und unverzichtbar ist, möchte ich die jüngste und positive Entwicklung der Beziehungen zwischen der Kirche von Rom und der orthodoxen Kirche in Griechenland erwähnen. Nach der denkwürdigen Begegnung zwischen meinem geliebten Vorgänger, Papst Johannes Paul II., und Seiner Seligkeit Christodoulos, Erzbischof von Athen und ganz Griechenland, auf dem Areopag von Athen folgten verschiedene gemeinsame Arbeiten, und es sind Initiativen ins Leben gerufen worden, die nützlich sind, um uns näher kennenzulernen und die Ausbildung der jungen Generationen zu fördern. Der Austausch von Besuchen und Stipendien sowie die Zusammenarbeit im Verlagswesen haben sich als wirksame Mittel erwiesen, um den Dialog zu fördern und die Liebe zu vertiefen, die die Vollendung des Lebens ist - wie gleichfalls der hl. Ignatius sagt - und die, wenn sie mit dem Anfang, dem Glauben, verbunden wird, über die Uneinigkeiten dieser Welt siegen wird.

Ich danke der »Apostoliki Diakonia« von Herzen für diesen Besuch in Rom und für die Ausbildungsprojekte, die sie gemeinsam mit dem »Katholischen Komitee für die kulturelle Zusammenarbeit« mit den orthodoxen Kirchen im Rahmen des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen entwickelt. Ich bin sicher, daß die gegenseitige Liebe unseren Erfindungsreichtum weiter zu nähren vermag und uns neue Wege gehen lassen wird. Wir müssen uns den Herausforderungen stellen, die den Glauben bedrohen, und müssen den geistlichen Nährboden pflegen, der durch Jahrhunderte hindurch Europa gespeist hat, die christlichen Werte neu bestätigen, den Frieden und die Begegnung auch in den schwierigsten Situationen fördern sowie jene Elemente des Glaubens und des kirchlichen Lebens vertiefen, die uns zum Ziel der vollen Gemeinschaft in der Wahrheit und in der Liebe führen können, vor allem jetzt, wo der offizielle theologische Dialog zwischen der katholischen Kirche und der orthodoxen Kirche in ihrer Gesamtheit mit neuer Kraft wiederaufgenommen wird.

Glaube, Hoffnung und Liebe gehören im christlichen Leben zusammen. Um wieviel wahrer und wirksamer wäre unser Zeugnis in der heutigen Welt, wenn wir begreifen würden, daß der Weg zur Einheit von uns allen einen lebendigeren Glauben, eine unerschütterliche Hoffnung und eine Liebe erfordert, die wirklich die tiefste Inspiration ist, die unsere gegenseitigen Beziehungen nährt! Die Hoffnung übt sich dennoch in der Geduld, in der Demut und im Vertrauen auf denjenigen, der uns führt. Das Ziel der Einheit unter den Jüngern Christi, wenn es auch nicht in greifbarer Nähe zu liegen scheint, hindert uns nicht daran, untereinander auf allen Ebenen schon jetzt in der Liebe zu leben. Es gibt weder Ort noch Zeit, wo die Liebe, die derjenigen unseres Meisters Christus nachgebildet ist, überflüssig wäre; sie wird den Weg zur vollen Gemeinschaft verkürzen.

Ich vertraue euch den Auftrag an, Seiner Seligkeit Christodoulos den Ausdruck meiner Gefühle aufrichtiger brüderlicher Liebe zu überbringen. Er war hier in Rom an unserer Seite, um Papst Johannes II. das letzte Geleit zu geben. Der Herr wird uns die Umstände und den Zeitpunkt zeigen, um unser Treffen in der freudigen Atmosphäre einer Begegnung unter Brüdern zu erneuern.

Möge euer Besuch ganz den erhofften Erfolg haben. Mein Segen begleitet euch.

AN DIE TEILNEHMER DER VOLLVERSAMMLUNG DER PÄPSTLICHEN AKADEMIE FÜR DAS LEBEN UND AM INTERNATIONALEN KONGRESS ÜBER DAS THEMA "DER MENSCHLICHE EMBRYO IN DER PHASE VOR DER IMPLANTATION"

Clementina-Saal

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Montag, 27. Februar 2006



Liebe Brüder im Bischofs- und Priesteramt,
sehr geehrte Damen und Herren!

Anläßlich der Vollversammlung der Päpstlichen Akademie für das Leben und des eben begonnenen internationalen Kongresses zum Thema »Der menschliche Embryo in der Phase vor der Implantation« richte ich an alle meinen ehrerbietigen und herzlichen Gruß. Besonders begrüße ich Kardinal Javier Lozano Barragán, Präsident des Päpstlichen Rates für die Pastoral im Krankendienst, sowie Bischof Elio Sgreccia, Präsident der Päpstlichen Akademie für das Leben, dem ich für die freundlichen Worte danke, mit denen er die besondere Bedeutung der Thematik, mit der man sich bei diesem Kongreß auseinandersetzen will, deutlich gemacht hat; zudem begrüße ich den ernannten Kardinal und langjährigen Freund Carlo Caffarra. Das für eure Versammlung gewählte Arbeitsthema: »Der menschliche Embryo in der Phase vor der Implantation«, das heißt in den allerersten Tagen nach der Empfängnis, ist in der Tat heutzutage eine äußerst wichtige Frage, sowohl wegen der offenkundigen Auswirkungen auf die philosophisch- anthropologische und ethische Reflexion als auch wegen der Anwendungsmöglichkeiten im Bereich der Biomedizin und der Rechtswissenschaft. Es handelt sich zweifellos um ein faszinierendes, aber schwieriges und anspruchsvolles Thema angesichts des heiklen Charakters des zu untersuchenden Gegenstandes und der Vielschichtigkeit der erkenntnistheoretischen Probleme in bezug auf den Zusammenhang zwischen der experimentalwissenschaftlichen Erhebung der Daten und dem anschließend einsetzenden und notwendigen Nachdenkprozeß über die Werte auf anthropologischer Ebene.

Wie man wohl verstehen mag, können weder die Heilige Schrift noch die älteste christliche Überlieferung ausdrückliche Behandlungen eures Themas enthalten. Dessen ungeachtet gibt der hl. Lukas in seinem Bericht von der Begegnung der Mutter Jesu, die diesen erst wenige Tage vorher in ihrem jungfräulichen Schoß empfangen hatte, mit der Mutter Johannes des Täufers, die bereits im sechsten Monat schwanger war, Zeugnis von der, gleichwohl verborgenen, aktiven Gegenwart der beiden Kinder: »Als Elisabet den Gruß Marias hörte, hüpfte das Kind in ihrem Leib« (Lc 1,41). Der hl. Ambrosius kommentiert diese Stelle: Elisabet »nahm die Ankunft Marias wahr, er [Johannes] die Ankunft des Herrn; die Frau die Ankunft der Frau, das Kind die Ankunft des Kindes« (Kommentar zum Lukasevangelium, 2,19.22-26). Aber trotz des Fehlens ausdrücklicher Lehren über die allerersten Lebenstage des Ungeborenen ist es dennoch möglich, in der Heiligen Schrift wertvolle Hinweise zu finden, die besonders bei denen, die sich - wie ihr es tut - das Ziel setzen, das Geheimnis der Entstehung des Menschen zu erforschen, Gefühle der Bewunderung und Achtung gegenüber dem gerade erst empfangenen Menschen hervorrufen. Die Heilige Schrift will nämlich die Liebe Gottes zu jedem menschlichen Leben zeigen, noch ehe es im Mutterleib Gestalt annimmt. »Noch ehe ich dich im Mutterleib formte, habe ich dich ausersehen, noch ehe du aus dem Mutterschoß hervorkamst, habe ich dich geheiligt« (Jr 1,5), sagt Gott zum Propheten Jeremia. Und der Psalmist anerkennt voll Dankbarkeit: »Denn du hast mein Inneres geschaffen, mich gewoben im Schoß meiner Mutter. Ich danke dir, daß du mich so wunderbar gestaltet hast. Ich weiß: Staunenswert sind deine Werke« (Ps 139,13-14). Das sind Worte, die ihren ganzen Bedeutungsreichtum gewinnen, wenn man bedenkt, daß Gott bei der Schaffung der Seele jedes neuen Menschen direkt eingreift.

Die Liebe Gottes macht keinen Unterschied zwischen dem neu empfangenen Kind, das sich noch im Leib seiner Mutter befindet, und dem Kleinkind oder dem Jugendlichen oder dem Erwachsenen oder dem alten Menschen. Sie macht keinen Unterschied, weil sie in jedem von ihnen die Spur seines Bildes und der Ähnlichkeit mit ihm sieht (vgl. Gn 1,26). Sie macht keinen Unterschied, weil sie in allen als Widerschein das Antlitz des eingeborenen Sohnes Gottes erkennt, in dem »er uns erwählt hat vor der Erschaffung der Welt…; er hat uns aus Liebe im voraus dazu bestimmt, seine Söhne zu werden … nach seinem gnädigen Willen« (Ep 1,4-6). Diese unermeßliche und fast unbegreifliche Liebe zum Menschen offenbart, bis zu welchem Grad die menschliche Person würdig ist, um ihrer selbst willen geliebt zu werden, unabhängig von jeder anderen Voraussetzung - Intelligenz, Schönheit, Gesundheit, Jugendlichkeit, Integrität und so weiter. Schließlich ist das menschliche Leben immer ein Gut, denn »es ist in der Welt Offenbarung Gottes, Zeichen seiner Gegenwart, Spur seiner Herrlichkeit« (Johannes Paul II., Enzyklika Evangelium vitae EV 34). Dem Menschen wird nämlich eine sehr hohe Würde geschenkt, die ihre Wurzeln in dem engen Band hat, das ihn mit seinem Schöpfer verbindet: Im Menschen, in jedem Menschen, und zwar in jeder Phase und auch in jedem Zustand seines Lebens, leuchtet ein Widerschein der Wirklichkeit Gottes selbst auf. Deshalb hat das Lehramt der Kirche ständig den heiligen und unantastbaren Charakter jedes Menschenlebens von der Empfängnis bis zu seinem natürlichen Ende verkündet (vgl. ebd., 57). Dieses moralische Urteil gilt bereits vom Beginn des Lebens eines Embryos an, noch vor dessen Einnistung im mütterlichen Schoß, der ihn neun Monate lang bis zum Augenblick der Geburt schützen und nähren wird: »Das menschliche Leben ist in jedem Augenblick seiner Existenz, auch in jenem Anfangsstadium, das der Geburt vorausgeht, heilig und unantastbar« (ebd., 61).

Meine lieben Wissenschaftler, ich weiß gut, mit welchen Gefühlen des Staunens und tiefer Achtung für den Menschen ihr eure anspruchsvolle und fruchtbare Forschungsarbeit über den Ursprung des menschlichen Lebens voranbringt: ein Geheimnis, dessen Bedeutung die Wissenschaft immer mehr zu beleuchten vermag, auch wenn es ihr kaum gelingen wird, es gänzlich zu enträtseln. Denn sobald es der Vernunft gelingt, eine für unüberwindlich gehaltene Grenze zu überschreiten, fordern sie weitere, bisher unbekannte Grenzen heraus. Der Mensch wird immer ein tiefes und unergründliches Rätsel bleiben. Bereits im 4. Jahrhundert legte der heilige Cyrill von Jerusalem den Katechumenen, die sich auf den Empfang der Taufe vorbereiteten, die folgende Überlegung vor: »Wer hat die Gebärmutterhöhlung für die Zeugung der Kinder vorbereitet? Wer hat in ihr den unbelebten Fötus belebt? Wer hat uns mit Nerven und Knochen ausgestattet und uns dann mit Haut und Fleisch umkleidet (vgl. Ijob Jb 10,11) und läßt, sobald das Kind geboren ist, aus der Mutterbrust reichlich Milch fließen? Auf welche Weise wird das Kleinkind, indem es wächst, zum Heranwachsenden, wandelt sich vom Heranwachsenden zum Jugendlichen, danach zum Erwachsenen und schließlich zum alten Menschen, ohne daß es jemandem gelänge, den genauen Tag, an dem sich die Wandlung vollzieht, zu erfassen?« Und er schließt mit dem Satz: »O Mensch, du siehst jetzt den Urheber; du siehst den weisen Schöpfer« (Taufkatechese, 9,15-16). Diese Überlegungen, die nicht so sehr das physische oder physiologische Phänomen, als vielmehr dessen anthropologische und metaphysische Bedeutung im Auge haben, bleiben auch am Beginn des dritten Jahrtausends noch immer gültig. Wir haben unsere Kenntnisse enorm verbessert und die Grenzen unserer Unwissenheit zutreffender festgestellt; aber für den menschlichen Verstand scheint es zu schwierig geworden zu sein, sich klarzumachen, daß man beim Anblick der Schöpfung auf die Spur des Schöpfers trifft. Eigentlich müßte, wer wie ihr, liebe Gelehrte, die Wahrheit liebt, merken, daß uns die Forschung über so tiefgründige Themen in die Lage versetzt, die Hand Gottes zu sehen, ja beinahe zu berühren. Jenseits der Grenzen der experimentellen Methode, an der Grenze des Bereichs, den manche »Meta-Analyse« nennen, dort, wo die bloße Sinneswahrnehmung und die wissenschaftliche Überprüfung nicht mehr ausreichen oder gar nicht möglich sind, beginnt das Abenteuer der Transzendenz, die verpflichtende Aufgabe, »weiter hinaus zu gehen«.

Liebe Forscher und Gelehrte, ich wünsche euch, daß es euch immer besser gelingen möge, die Wirklichkeit nicht nur als Gegenstand eurer Arbeiten zu untersuchen, sondern sie auch so zu betrachten, daß zusammen mit euren Entdeckungen die Fragen auftauchen, die euch dahin führen, in der Schönheit der Geschöpfe den Widerschein des Schöpfers zu entdecken. In diesem Zusammenhang ist es mir ein Anliegen, der Päpstlichen Akademie für das Leben Anerkennung und Dank auszusprechen für ihre wertvolle Arbeit in »Forschung, Bildung und Information«, die den Dikasterien des Heiligen Stuhls, den Ortskirchen und den Wissenschaftlern zugute kommt, die alles aufmerksam verfolgen, was die Kirche auf dem Gebiet der wissenschaftlichen Forschung und hinsichtlich des menschlichen Lebens in seiner Beziehung zu Ethik und Recht vorlegt. Wegen der Dringlichkeit und Bedeutung dieser Probleme halte ich die Gründung dieser Einrichtung durch meinen verehrten Vorgänger Johannes Paul II. für providentiell. Euch allen, dem Präsidium, dem Personal und den Mitgliedern der Päpstlichen Akademie für das Leben will ich daher aufrichtig und herzlich meine Nähe und meine Unterstützung ausdrücken. Mit diesen Empfindungen vertraue ich eure Arbeit dem Schutz Mariens an und erteile euch allen den Apostolischen Segen.

März 2006



BEGEGNUNG MIT DEN PRIESTERN DER DIÖZESE ROM

Benediktionsaula

Donnerstag, 2. März 2006

Ich ergreife sofort das Wort, denn wenn ich warte, bis alle Wortmeldungen beendet sind, wird mein Monolog zu lang. Ich möchte vor allem meine Freude zum Ausdruck bringen, daß ich hier mit euch, liebe Priester von Rom, zusammen sein kann. Es ist wirklich eine Freude, so viele gute Hirten im Dienst des »Guten Hirten« hier zu sehen, am ersten Sitz der Christenheit, in der Kirche, die »den Vorsitz in der Liebe führt« und die den anderen Ortskirchen ein Vorbild sein soll. Danke für euren Dienst!



ANSPRACHE 2006 21