Die Eschatologie vom 2. Vatikanischen Konzil bis heute

P. Jean Galot, S.I.

Die Lehre des 2. Vatikanischen Konzils

Im Hinblick auf das Kirchenleben, enthielt die eschatologische Lehre des 2. Vatikanische Konzils eine Aufforderung, den Traktat De Novissimis („Zu den jüngsten Dingen") zu überarbeiten.

In der Dogmatischen Konstitution Lumen Gentium betonte das Konzil, daß die Kirche in der himmlischen Herrlichkeit vollendet ist, und daß diese Vollendung impliziert, daß alles Menschliche und Irdische in Christus wiederhergestellt werden. Diese Wiederherstellung, „die uns verheißen ist und die wir erwarten, hat in Christus schon begonnen, nimmt ihren Fortgang in der Sendung des Heiligen Geistes und geht durch ihn weiter in der Kirche" (48). Die Welterneuerung steht also fest, und wird gar durch die irdische Kirche antizipiert. Wir genießen somit die ersten Erscheinungen des Geistes, aber sehnen uns nach der endgültigen Zusammenkunft mit Christus. Bevor wir neben Christus herrschen dürfen, werden wir allerdings dem Jüngsten Gericht unterzogen, vor dem uns Jesus warnte.

Das Konzil betont die Kommunion der Wohltätigkeit zwischen den lebenden und den verstorbenen Anhängern Christi, die eine einzige Kirche bilden. „Die Einheit der Erdenpilger mit den Brüdern, die im Frieden Christi entschlafen sind, hört keineswegs auf, sie wird vielmehr nach dem beständigen Glauben der Kirche gestärkt durch die Mitteilung geistlicher Güter" (49). Die Seligen im Himmel legen weiterhin beim Vater Fürbitte für uns ein. Durch den Heiligenkult wendet sich die pilgernde Kirche an die Vermittlung der Seligen und folgt ihrem Vorbild.

In der Dogmatischen Konstitution Gaudium et Spes konzentriert sich das 2. Vatikanische Konzil auf das Mysterium des Todes, und, vom Glauben erleuchtet, betrachtet es das Konzil in philosophischer Hinsicht (18). Es hebt ebenfalls den kosmischen Aspekt der Eschatologie hervor, indem es auf die Erwartung der neuen Erde und des neuen Himmels hinweist (39), bzw. auf die Erwartung des ewigen und universellen Reiches, welches von Christus dem Vater übergeben wird.

Unter diesen Voraussetzungen möchten wir weiter den Weg der eschatologischen Reflexion begehen. Dabei ziehen wir einen Brief der Kongregation für die Glaubenslehre vom 17. Mai 1979 sowie eine Studie der Internationalen Theologischen Kommission aus dem Jahr 1992 zu Rate.

1- Die Parusie

Die Eschatologie ist vornehmlich Christologie, denn sie erschließt die letztendliche Entwicklung der Christologie im Menschenleben. Wesentlich ist, daß Christus dabei eine zentrale Rolle behält, welche wir am deutlichsten erkennen, wenn wir uns zur Parusie bekennen und nach der Zukunft Ausschau halten. Parusie bedeutet Ankunft. Jesus hat Seine Ankunft als das große Ereignis verkündet, welches das Mysterium Seiner Anwesenheit den Menschen bringen würde.

Viele nahmen an, Jesus würde leibhaftig auf die Erde zurückkommen. Wir wissen, daß die frühere Kirche diese Hoffnung hegte und enttäuscht wurde. (1)

Wir müssen uns an die Worte erinnern, die Jesus vor dem Synedrion aussprach. Als der Hohepriester Jesus fragte, ob er Christus, Sohn Gottes sei, beschränkte sich Jesus nicht bloß darauf, diese Frage zu bejahen, sondern er fügte hinzu, daß er einen Beweis hierfür liefern würde, den Seine Gegner deutlich sehen könnten: „Von nun an werdet ihr den Menschensohn zur Rechten der Macht sitzen und auf den Wolken des Himmels kommen sehen" (Mt 26,64). Mit diesen Worten verkündet Jesus, daß Seine Ankunft nicht nur mit dem Ende der Welt zusammenfallen wird, sondern unmittelbar bevorsteht: „Von nun an" (vgl. Lk 22,69). Seine Ankunft steht bevor und wird lange dauern.

Es handelt sich hierbei um die Ankunft des Menschensohnes, der rechts vom Vater sitzen wird, bzw. des zum Himmel aufgefahrenen Christus, der die Macht Seines Vaters teilt. Er wird „auf den Wolken des Himmels" ankommen, wobei die „Wolken" nicht wörtlich verstanden werden sollten: Die Wolke ist ein Symbol der Theophanie und bedeutet göttliche Ankunft. Auf die Ankunft Christi in der Gestalt eines Menschen wird die Ankunft Seiner göttlichen Macht folgen.

Letzere offenbarte sich beim Pfingsten und wurde von Petrus wie folgt ausgelegt: „Nun" der von den Toten auferstandene Jesus „durch die Rechte Gottes erhöht ist und empfangen hat die Verheißung des Heiligen Geistes vom Vater, hat er ausgegossen dies, das ihr sehet und höret." (Apostelgeschichte 2,33). Peter ist Zeuge der Verwirklichung der Verkündigung vor dem Synedrion. Die Ankunft auf den Wolken fing mit Pfingsten an und stellt die Ankunft des Heiligen Geistes dar, welche Christus damit in die künftige Entwicklung der Kirche einbindet. (2)

Diese Ankunft ist die von Jesus verkündete Parusie, welche sich auf die im Laufe der Jahrhunderte und der Jahrtausende – bis zum Ende der Welt – vorangetriebene Evangelisierung erstreckt: „Und es wird gepredigt werden das Evangelium vom Reich in der ganzen Welt zu einem Zeugnis über alle Völker, und dann wird das Ende kommen" (Mt 24,14). Ist die spirituelle Ankunft Christi auf Erden durch die Vollendung der universellen Evangelisation vollbracht, so wird sich auch die Parusie vollbracht haben und die irdische Welt wird vor dem Universum des Jenseits verschwinden. (3)

2- Der Tod

Der Tod gehört zum menschlichen Leben: Der Mensch ist sterblich, weil sein Körper früher oder später eine biologisch notwendige Lebensgrenze erreicht. Der Tod ist eine höhere Notwendigkeit, denn er gehört zum göttlichen Heilsplan, wodurch selbst der Tod zum Mysterium wird. Unser Tod erhält durch den Tod Christi eine höhere Bedeutung, die eng mit der Tragik der Sünde verbunden ist. Im Tod erkennt man eine Folge der Sünde: Der Tod wäre sogar die höchste Strafe für das Sündigen, hätte ihn der Sohn Gottes nicht selbst als Weg der Erlösung auserkoren. (4) Der unschuldige Christus wandelte den Tod und opferte sich aus Liebe durch den Tod auf, um die Menschheit zu retten. Der Tod ist uns deshalb als ein göttliches Geschenk gegeben, welches uns an dem Opfer Christi sowie an seinen Schmerzen und seinem Leid, und damit an der Erlösung teilhaben läßt. Der Tod macht das Ende der menschlichen Existenz fruchtbar.

Christus hat von den vielen Früchten des gestorbenen Weizenkorns gesprochen (Jo 12,24). Er geht engagiert und liebevoll Seinem Todesschicksal entgegen, um den Willen des Vaters zu vollziehen, und Er wirft Petrus, der Ihn vor seinen Qualen schützen möchte, vor: „Soll ich den Kelch nicht trinken, den mir mein Vater gegeben hat?" (Jo 18,11) Es ist ein Geschenk der väterlichen Liebe: Dieses Geschenk nimmt er vertrauensvoll an: „Vater, ich befehle meinen Geist in deine Hände!" (Lk 23,46)

Der Vater verfügt über unser Leben und über die Stunde unseres Todes, um uns in Sein Reich aufzunehmen. Wir selbst dürfen diese Stunde nicht eigenhändig bestimmen. (5)

Einige Theologen haben vorgeschlagen, daß eine Endoption bestehen könnte: In der Stunde des Todes könnten wir spirituell erleuchtet werden, was uns ermöglichte, frei und richtig zu entscheiden, denn der letzte Augenblick des körperlichen Lebens soll auch der erste Augenblick des engelhaften Lebens sein. (6) In der Tat ist der einziger Augenblick, der unser materielles Leben beendet, nicht engelhaft. Die Endoption ergibt sich durch den Einfluß der Gnade und findet auf irdischer Ebene statt. Die Bekehrung des guten Schächers ist ein Beispiel für eine Endoption, die das vorangegangene Leben korrigiert und den Sterbenden auf den Eintritt in das ewige Leben vorbereitet. (Lk 23,42)

Jesus selbst hat uns ans Herz gelegt, auf der Erde immer wachsam zu bleiben, im Hinblick auf Seine oft unerwartete Ankunft im Augenblick des Todes. (7) „Selig sind die Knechte, die der Herr, so er kommt, wachend findet. Wahrlich, ich sage euch: Er wird sich aufschürzen und wird sie zu Tische setzen und vor ihnen gehen und ihnen dienen." (Lk 12,35-37) Das Gleichnis der zehn Jungfrauen, in welchem fünf von ihnen vor verschlossener Tür stehen und nicht mit ihrem Angetrauten hereingehen können, will uns dasselbe lehren: „Darum wachet; denn ihr wisset weder Tag noch Stunde, in welcher des Menschen Sohn kommen wird." (Mt 25,13)

3- Das Gericht

Unmittelbar auf den Tod folgt das Gericht. Oft wird Jesus als der höchste Richter dargestellt. In der Allianz wurde Gott als einziger Richter anerkannt. Als der Vater Seinen Sohn auf die Erde entsandte, hat Er Ihn mit dieser Macht versehen, denn er ist „Menschensohn." (Jo 5,27) (8) Der Fleischgewordene hat das Menschenleben persönlich erlebt und kennt aus eigener Erfahrung seine Probleme, deshalb weiß er die individuellen Verdienste besser zu schätzen. Indem er eine entscheidende Rolle im Heilswerk einnimmt, kann er großzügig und liebevoll unterscheiden, wer des Heils würdig ist und wer nicht. Er fällt Seine Urteile als „Bräutigam" der Menschheit, und zwar mit der Absicht, der Welt durch Seine Justiz Seine Liebe für die ganze Menschheit zu zeigen. Daß Seine Liebe hindert ihn nicht daran, gerecht zu urteilen. Diese Gerechtigkeit ist von Seinem Werk der Liebe nicht loszulösen. Als Christus die Menschen vor ihrem unendlichen Leiden gerettet hat, hat Er sich außerdem in vielen rührenden Episoden sehr barmherzig gezeigt, wie der Vater ihn geschaffen hat. (9) Jesus als Richter macht das Gericht wohlwollender: Er verfügt zwar über absolute Macht und will die Wahrheit erkennen, aber er übt eine mitfühlende und verständnisvolle Gerechtigkeit.

Das Gericht wird in Mt 25(31-46) eingehender und apokalyptisch beschrieben. Dieses Bild soll nicht wörtlich gedeutet werden, sondern im Lichte der Wahrheit der Lehre. Das Jüngste Gericht besitzt universelle Geltung: Alle Menschen müssen sich vor diesem Gericht verantworten, welches Zugang in den Himmel gewährt oder in die Hölle verdammt. Sie werden jedoch alle nicht gleichzeitig geprüft, denn dies geschieht im Augenblick ihres Todes. Andererseits besitzt das Gericht auch individuelle Merkmale, weil jeder nach seinem eigenen Verhalten geprüft wird und Belohnung oder Strafe erhält. Das Jüngste Gericht ist deshalb zugleich universell und partikulär.

Es ist einzig und endgültig. Es ist für jeden endgültig, aber läßt nicht bis zum Ende der Zeit warten.

Es prüft jede Verhaltensweise. In Mt 25 geht es um die Rettung der Unseligen. In anderen evangelischen Texten werden andere Aspekte des Gerichts beschrieben: beispielsweise das Glaubensbekenntnis (Lk 9,26; etc.), oder das Gleichnis der Zentner. (Mt 25,14-30)

Es darf nicht vergessen werden, daß das Gericht grundsätzlich retten will: „Denn Gott hat seinen Sohn nicht gesandt in die Welt, daß er die Welt richte, sondern daß die Welt durch ihn selig werde." (Jo 3,17) Christus ist grundsätzlich der Retter und darf im Rahmen des Gerichts nicht ausschließlich als Verdammender dargestellt werden. (10)

Das Gericht bezweckt nicht, die Sünden der Menschen zu entblößen, die durch die göttliche Vergebung aufgehoben werden, sondern die Wunder der Gnade und des Sieges über die Mächte des Bösen aufzuzeigen. (11)

4- Schicksale der unsterblichen Seele

Was ist nun das Schicksal des Menschen im Anschluß an das Gericht? Vor nicht all zu langer Zeit entwickelte sich eine gewisse Tendenz, hauptsächlich die Wiederauferstehung des Menschen zu betonen, wobei das Konzept der Unsterblichkeit der Seele vernachlässigt wurde. (12)

Manche wiedersprachen der Unterscheidung der Seele vom Körper, denn das sogenannte semitische Konzept eines einheitlichen Lebewesens wurde als griechisch betrachtet. Die Unterscheidung von Seele und Körper wird jedoch in der Bibel erwähnt und von Jesus ausdrücklich bestätigt. (Mt 10,28) (13)

Die Unsterblichkeit der Seele, die schon im Buch der Weisheit (3,l; 5,15) betont wird, steht einem Fortbestehen durch Christi Wiederauferstehung nicht entgegen. Diese Wiederauferstehung überträgt sich auf die Menschen und bewirkt zweierlei: die Spiritualisierung der Seele und die Wiederbelebung des Körpers.

Wie die Kongregation der Glaubenslehre (AAS 71(1979) 941) bekräftigt, „betrifft die Wiederauferstehung den ganzen Menschen", wobei nach dem Tod auch ein spirituelles Element überlebt und fortbesteht, welches Gewissen und Freiheit besitzt (14), ein „menschliches Ich", das ohne Körper fortbesteht. Die Kirche bezeichnet dieses Element als „Seele". Die Existenz dieser „rationalen und intellektiven" Seele wurde schon vom Konzil von Wien beschrieben (DH 902).

Das Problem der Belohnung der Totenseelen, welche vor der endgültigen Wiederauferstehung der Körper eintreten soll, verursachte im Mittelalter eine Glaubenskrise. Papst Johannes XXII. behauptete in verschiedenen Predigten von 1331 bis 1334, daß vor dem Ende der Welt die Seelen der Heiligen das göttliche Wesen nicht sehen und die Verdammten nicht in die Hölle gehen werden. Vor seinem Tod wiederrief seine Stellungnahme. Sein Nachfolger Benedikt XII. veröffentlichte 1336 die Konstitution Benedictus Deus, welche die Glaubenslehre definierte: Die Seelen aller Heiligen gehen unmittelbar nach dem Tod – und der Reinigung, wenn notwendig – in den Himmel und nach dem Leiden und Tod Christi schauen sie das göttliche Wesen sowohl intuitiv als auch direkt: „in einer unmittelbaren Schau und auch von Angesicht zu Angesicht" und „ohne Vermittlung eines Geschöpfes" (DH 1000). Es ist so, daß die vom Körper getrennte Seele durch die beseligende Gottesschau das Leben im wiederauferstandenen Christus erhält.

5- Das ewige Leben: der Himmel

Nach der Konstitution von Benedictus XII. zeichnet sich das selige Leben des Jensseits durch diese unmittelbare Gottesschau aus: „Im Himmel sein" bedeutet also die Fähigkeit, das göttliche Wesen zu schauen. Diese Gottesschau stellt die vollkommene Vertrautheit dar: Gott verbirgt nichts von Seinem Wesen, sondern er läßt die Seelen der Heiligen bis ins Innerste Seines göttlichen Mysteriums vordringen. Die Beschreibung „unmittelbar, von Angesicht zu Angesicht" und „ohne Vermittlung eines Geschöpfes" drückt eine absolute Transparenz aus. In unserem irdischen Leben vermögen wir den Wert einer solchen Gottesschau nicht zu verstehen, denn wir können Gott nur durch seine Geschöpfe kennenlernen, und wir kennen die Bedeutung einer unvermittelteten Gottesschau nicht. Deshalb ist der Zugang zur beseligenden Schau Gottes für die wenigen Auserwählten immer eine große Überraschung.

Die intuitive Gottesschau verändert die Seele grundlegend. So Johannes: „Wir wissen aber, wenn es erscheinen wird, daß wir ihm gleich sein werden; denn wir werden ihn sehen, wie er ist." (1 Jo 3,2)

Paulus betont, wie sehr sich der Glauben und die direkte Gottesschau unterscheiden: „Wir sehen jetzt durch einen Spiegel in einem dunkeln Wort; dann aber von Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkenne ich's stückweise; dann aber werde ich erkennen, gleichwie ich erkannt bin." (1 Kor 13,12). Es handelt sich um eine vollkommene und der göttlichen sehr ähnliche Erkenntnis.

Jesus hatte aufgezeigt, daß ein Verhältnis zwischen Reinheit des Herzens und Gottesschau besteht: „Selig sind, die reines Herzens sind; denn sie werden Gott schauen." (Mt 5,8). Ein reines Herz macht den Blick ungetrübt.

Die Kontemplation ist nicht das einzige Merkmal des himmlischen Lebens. (15)

Unlängst haben einige Theologen beobachtet, daß weitere Aspekte zu beachten sind. Der Himmel bedeutet vorrangig ein neues Leben, welches aus dem wiederauferstandenen Christus entsteht. Jesus bekräftigt, daß dieses Leben aus dem Glauben auf der Erde entsteht und sich im Jenseits voll entwickelt: „Wer an den Sohn glaubt, der hat das ewige Leben." (Jo 3,36) Insbesondere die Eucharistie schenkt dieses neue Leben: „Wer mein Fleisch isset und trinket mein Blut, der hat das ewige Leben, und ich werde ihn am Jüngsten Tage auferwecken." (Jo 6,54)

Ein weiterer wichtiger Aspekt besteht in der Verbindung mit Christus. Jesus verspricht seinen Jüngern ein Leben mit ihm: „ ... so will ich wiederkommen und euch zu mir nehmen, auf daß ihr seid, wo ich bin." (Jo 14, 3). Er bietet diese Union auch dem guten Schächer: „Heute wirst du mit mir im Paradiese sein." (Lk 23,43) Sehr bedeutend sind in diesem Zusammenhang die Worte Paulus’: „und werden also bei dem Herrn sein allezeit." (1 Ts 4,17) Paulus beschreibt auch den höchsten Wunsch: „Ich habe Lust, abzuscheiden und bei Christo zu sein ..." (Phil 1,23)

Die Worte „in meines Vaters Hause sind viele Wohnungen" (Jo 14,2) sind eine Einladung für die Jünger, in eine vollkommene Verbindung mit dem Vater zu treten. Im Himmel geht es nicht nur darum, den Vater zu sehen, sondern auch darum, mit Ihm in ununterbrochener Verbindung zu sein und die Sohnesliebe Jesu zu Ihm zu teilen.

Das Bild des Hochzeitsmahls zeigt, daß das ewige Leben ein Fest der Liebe ist. Der Bräutigam ist Christus (Mt 22,1-14; 25,1-13). Er ist Quelle des Glücks, verbreitet das Glück seines Herzens und schafft eine Atmosphäre brüderlicher Liebe.

Zum Hochzeitsmahl „sind viele gerufen worden", bzw. sind viele eingeladen worden, nachdem einige „Auserwählte" die Einladung abgelehnt haben. Auf diese Ablehnung hat der Vater mit universeller Großzügigkeit reagiert und hat alle eingeladen. (16)

Diese Großzügigkeit zeigt sich auch darin, daß das Haus „viele Wohnungen" hat: Viele verschiedene Wege der Heiligkeit führen zum Hause des Vaters, und alle können einen Platz finden, der ihrer eigenen Seelenlage entspricht. Dies erklärt, warum jeder Heilige anders als alle anderen ist, und wie es möglich ist, daß die Schau und die perfekte Kenntnis Gottes unterschiedliche Erscheinungsformen umfassen können.

Daß die beseligende Gottesschau verschiedene Stufen erfassen kann, wurde auch vom Konzil von Florenz bekräftigt (1439), selbst wenn sich der Gegenstand der Schau nicht ändert: Die reinen oder gereinigten Seelen werden „sofort in den Himmel aufgenommen und schauen unmittelbar Gott wie er ist, dreieinig, allerdings ist die Anschauung des einen vollkommener als die des anderen, je nach den eigenen Verdiensten" (DH 1305)* . Die Vollkommenheit der Gottesschau steht deshalb in Verhältnis zu den Verdiensten.

Die Annahme eines solchen Verhältnisses darf allerdings nicht eine grundlegendere Wahrheit in den Hintergrund stellen. Die göttliche Großzügigkeit bringt allen ein viel größeres Glück als die eigenen Verdienste, wie die Worte des Herrn an den Diener beweisen, der die fünf Talente vermehrte: „Ei, du frommer und getreuer Knecht, du bist über wenigem getreu gewesen, ich will dich über viel setzen; gehe ein zu deines Herrn Freude!" (Mt 25, 21). (17)

6- Die Hölle: der ewige Tod

In Gegensatz zu Himmel und ewigem Leben stehen die Hölle und der ewige Tod. Das Konzept der Hölle kommt aus dem hebräischen sheol, das ursprünglich den Ort bezeichnete, wo sich alle Toten befinden. Dieser Begriff wurde dann auf den Ort bezogen, in dem sich die Strafe der Sündiger vollzieht. Das Bild eines ewigen Feuers wird auch durch das Wort geènna ausgedrückt. Jesus betont die Trennung zwischen den Guten und den Bösen und deutet auf die ewige Strafe hin: „Die Engel werden ausgehen und die Bösen von den Gerechten scheiden und werden sie in den Feuerofen werfen; da wird Heulen und Zähneklappen sein." (Mt 13,49).

Die Konstitution Benedictus Deus formuliert über die Hölle eine ähnliche Glaubenslehre, wie über den Himmel: „Wir erklären noch, daß die Seelen derer, die im Zustand der persönlichen schweren Sünde, sterben, nach dem großen göttlichen Plan in die Hölle eingehen, wo sie mit höllischen Strafen gepeinigt werden." (DH 1002)* Um welche Strafen es dabei geht, wird nicht weiter beschrieben. Einige haben sie als materielle Strafen verstanden, die anders als die Trennung von Gott sein sollen. Diese schmerzhafte Trennung ist allerdings die einzige Strafe, von der ausdrücklich die Rede ist: Dies ist die Strafe der Hölle. (18)

Im Laufe der Jahrhunderte wurde oft versucht, das bedrohliche Bild der Hölle zu meiden. Schon im dritten Jahrhundert hatte Origenes vorgeschlagen, die Hölle sei nicht als etwas Ewiges mit pädagogischen Strafen aufzufassen. Dieser Lehre zufolge kann der reumündige und bereinigte Verdammte an der vollkommenen Wiederherstellung aller Dinge in Gott teilhaben. Das Konzil von Kostantinopel vom Jahr 543 hat diese Auslegung allerdings ausgeschlossen (DH 411).

In letzter Zeit sind weitere ähnliche Versuche unternommen worden, beispielsweise die Auffassung, daß die Hölle ein Mittel des Sieges Gottes über die bösen Mächte sei. (19)

Diese Auslegung wurde abgelehnt, und diejenigen, die behaupten oder denken, daß „die Strafe der Dämone und der Sündiger nur vorübergehend ist und eines Tages ein Ende haben wird" (DH 411)* wurden angeprangert.

Um die sich aus dem Begriff der Hölle ergebenden Engpässe zu umgehen, wurde auch vorgeschlagen, die Hölle könne potentiell existieren, aber in der Tat sei niemand wirklich verdammt worden. Nach dieser Theorie existieren auch Dämonen, aber dadurch würden die wiederholten Warnungen Jesu im Evangelium entwertet. Diese Warnungen müssen ernst genommen werden.

7- Endgültige Reinigung bzw. Fegefeuer

Unter denjenigen, die in der Gnade Gottes sterben, benötigen einige nach ihrem Tod eine Reinigung, damit sie Zugang zum himmlischen Glück haben dürfen. Sie haben vom wiederauferstandenen Christus das Geschenk des Heils und des göttlichen Lebens erhalten, müssen allerdings heiliger werden, denn aufgrund ihrer persönlichen Seelenlage sind sie noch unreif, eine vollkommene Verbindung mit Christus und Gott einzugehen.

Die Lehre der Reinigung bzw. des Fegefeuers wurde vom Konzil von Florenz dargelegt. Die Auseinandersetzung mit den Orthodoxen trug wesentlich zur Beseitigung zweier imaginären Elemente bei: Als Folge der Kritik der östlichen Kirche, macht die Lehre keine Aussage über den „Ort" und das „Feuer". Genauso wie Himmel und Hölle ist das Fegefeuer kein Ort, sondern ein Zustand, und es ist kein materielles Feuer.

Es handelt sich dabei um die Reinigung derjenigen, die in der Gnade Gottes sterben, bevor sie ihre Sünden der Begehung und ihre Unterlassungssünden büßen konnten: „Ihre Seelen werden nach dem Tod durch die Strafen des Fegefeuers gereinigt, und diese Strafen werden ihnen durch die Gebete der lebenden Gläubigen erlassen." (DH 1304)*

Manchmal wird der Zustand des Fegefeuer als eine Art Hölle aufgefasst, wobei hier die Meinungen grundlegend auseinander gehen: geheilt und heilig sind die Seelen, die gereinigt werden. Es handelt sich nicht um eine Bestrafung, sondern um einen schmerzhaften Zustand, weil die Reinigung eine tiefgehende Veränderung der Person erfordert.

Es wird keine Strafe verhängt, denn die zu reinigende Seele wurde geheilt und befindet sich in einem Zustand der Gnade. Ihre Sünden wurden ihr vergeben, und die göttliche Vergebung ist allumfassend und schließt jede Bestrafung aus. Diese Seele beschäftigt sich mit der Knüpfung eines Freundschaftsverhältnisses mit Gott. Die Tatsache, daß sie wirksam durch Gebete und die Eucharistie geheilt werden kann, beweist, daß das göttliche Wohlwollen sie schützt, und daß die Gläubigen für den Zustand dieser Seele verantwortlich sind.

8- Die Wiederauferstehung der Körper

Im Hinblick auf die vom Vater an den Sohn übertragene Macht, mit welcher Er leben und Gerechtigkeit erteilen konnte, verkündete Jesus die allgemeine Wiederauferstehung der Körper als Ausdruck Seiner absoluten Macht: „Verwundert euch des nicht, denn es kommt die Stunde, in welcher alle, die in den Gräbern sind, werden seine Stimme hören und werden hervorgehen, die da Gutes getan haben, zur Auferstehung des Lebens, die aber Übles getan haben, zur Auferstehung des Gerichts." (Jo 5,28-29). Daher kann die Stimme des Sohnes Gottes die Toten wiederauferstehen lassen.

An anderen Stellen, wo Er die Eucharistie verkündet, stellt sich Jesus als Schöpfer der Wiederauferstehung des letzten Tages vor (Jo 6,54). Dabei wird derjenige wiederauferstehen, der an dem eucharistischen Mahl teilgenommen hat, aber nicht alle Guten und Bösen.

Eine solche allgemeine Wiederauferstehung drückt die göttliche Absicht aus, den Körper an dem Schicksal jedes Einzelnen teilnehmen zu lassen, einem Schicksal des Glücks oder der Verdammnis. Der Körper hat im Guten und im Bösen des irdischen Lebens mitgewirkt und wird jetzt, im Augenblick der Wiederauferstehung des letzten Tages, auch mitwirken.

Nach dem göttlichen Vorhaben stimmt der wiederauferstandene Körper mit dem irdischen Körper überein. Diese Übereinstimmung ist problemlos, wenn es um den Körper der wiederauferstandenen Jesus oder Maria geht, denn beide sind nach dem Tod wiederauferstanden. Wenn von anderen Körpern die Rede ist, ist diese Übereinstimmung nicht einfach zu erklären. Die göttliche Macht agiert hier auf geheimnisvolle Art und Weise.

Mit der Wiederauferstehung der Körper wird das Überleben der materiellen Welt gesichert, welches wiederum grundsätzlich an die spirituelle Welt der Seele gebunden ist.

In letzter Zeit wächst die Zahl derjenigen, die den Glauben an die Wiederauferstehung durch eine Lehre der Reinkarnation ersetzen wollen. Nach dieser Lehre soll sich der Mensch an seinem Lebensende in einem anderen menschlichen oder tierischen Wesen wiederverleiblichen, um sich von der Last der eigenen Sünden zu befreien und ein besseres Leben anzufangen (21). Diese Lehre mindert den Wert des irdischen Lebens und sucht nach einer anderen Identität, während die Wahrheit der Wiederauferstehung diese Identität bekräftigt, indem sie diese durch das Leben vom wiederauferstandenen Christus erfüllt.

(1) Zu den Menschen, die enttäuscht wurden, gehört St. Paulus. Er hat umsonst auf die körperliche Wiederkehr Christi auf Erden gewartet. Aus dieser Enttäuschung hat er allerdings gelernt, daß er auf eine andere Art der Zusammenkunft mit Christus warten mußte, und zwar auf seinen eigenen Tod. Viele Kommentatoren beschränken sich darauf, die Parusie in 1 Ts 4,14-18 zu beschreiben, aber diese Sichtweise wurde von Paulus allmählich aufgegeben: vgl. J.GALOT, La parusia nell'epistolario paolino (Die Parusie in Paulus’ Briefen), in Civiltà Cattolica 151(2000) IV 431-443.

(2) Es handelt sich also nicht um eine körperliche Wiederkehr auf Erden. Jesus spricht nicht von Wiederkehr, sondern von Ankunft, und im Augenblick der Himmelfahrt lassen die Engel die Apostel verstehen, daß diese Wiederkehr ausgeschlossen ist und daß die Ankunft Christi ebenso eine Fahrt in den Himmel sein wird bzw. eine Reise in den himmlischen Zustand (Apostelgeschichten 1,11). Christus verschwindet, um Geist zu werden.

(3) Als spirituelle Ankunft („auf den Wolken") ist die Parusie immer da und unterstützt die Entwicklung der Kirche. Am Ende der Evangelisation bzw. am Ende der Zeit wird die Parusie ihren endgültigen Höhepunkt erreichen. Dabei ist anzumerken, daß die Parusie keine „theatralische" Erscheinung anläßlich des Endes der Welt ist, sondern vielmehr eine große spirituelle Kraft, welche die Menschheit verändern und sie durch den Geist des Lebens Christi erfüllen will.

(4) Nicht die Sünde, sondern der Heilsplan Gottes verleiht dem Tod eine Bedeutung. Jesus hat sich deutlich der Auslegung des Todes als Bestrafung der Sünden widersetzt. Den Judäern, die in einem Massaker von Galiläern das Zeichen einer göttlichen Bestrafung sehen wollten, antwortete er kategorisch: „Meinet ihr, daß diese Galiläer vor allen Galiläern Sünder gewesen sind, dieweil sie das erlitten haben? Ich sage: Nein ..." (Lk 13,2).

(5) Der Selbstmord stellt an sich den Anspruch dar, die Stunde des Todes selbst bestimmen zu können, sowie auf das menschliche Leben eine absolute Macht ausüben zu wollen, die nur Gott gehört. Abgesehen vom Selbstmord, bedeutet der Wille, über die Stunde des Todes zu verfügen, mit Gott konkurrieren zu wollen. Im Augenblick des Todes bleibt Christus für uns ein Vorbild von Demut und vertrauensvoller Hingabe.

(6) Im XVI. Jahrhundert hat Gaetano eine Theorie erarbeitet, die einen letzten Augenblick mit zwei Komponenten, einer irdischen und einer engelhaften, vorsah. Diese Theorie wurde im XIX. Jahrhundert von H. Klee und im XX. Jahrhundert von P. Glorieux wiederaufgenommen. Die Werke von L. Boros haben zur Verbreitung dieser Theorie beigetragen. Für eingehendere Details, vgl. POZO, Teologia nell’aldilà (Theologie des Jenseits), Rom 1983, 446-458.

(7) Diese Warnungen beziehen sich auf die Ankunft Christi und den Eintritt in das Jenseits. Neben der Ankunft des Sohnes auf der Erde durch die Menschwerdung und der Ankunft des Menschensohnes auf den Wolken – die Seine Anwesenheit in der Entwicklung der Kirche symbolisiert –, vollzieht sich die Ankunft Christi auch beim Tod jedes Menschen. Vgl. Cf. J.GALOT, Cristo viene nel mondo? Introduzione all'Avvento (Kommt Christus in die Welt? Einführung in den Advent), 137(1986) IV 323-337.

(8) Die Begründung der Ernennung Christi zum Richter – „Weil er Sohn eines Menschen ist" – zeigt, daß der Vater die Menschen von einem Menschen prüfen lassen möchte. Der menschliche Zustand ermöglicht die am meisten solidarische und mitfühlende Gerechtigkeit. Gott erteilt Gerechtigkeit, aber Er prüft als Mensch. Wichtig ist dabei nicht die Unnachgiebigkeit, sondern das Verständnis.

(9) Jesus definiert die Barmherzigkeit als das Seinem Heilswerk zugrundeliegende Prinzip: „Denn ich habe Lust an der Liebe, und nicht am Opfer" (Hos 6,6). „Ich bin gekommen, die Sünder zur Buße zu rufen, und nicht die Gerechten." (Mt 9,13). Dies beweist, daß das Gericht nicht nur gerecht ist, sondern auch barmherzig. In anderen Anlässen bezeichnte Jesus den Vater als höchste Quelle der Barmherzigkeit, insbesondere im Gleichnis des verschwenderischen Sohnes (Lk 15,11-32).

(10) Christus nur als verdammenden Richter darzustellen, wie es Michelangelo in seinem Meisterwerk der Sixtinischen Kapelle tat, entspricht nicht dem durch das Evangelium offenbarten Christus.

(11) Die von Jesus angesichts der Verfolgungen ausgesprochenen Worte sollten innerhalb ihres Kontextes interpretiert werden, denn auch unter schwierigen Umständen wird sich die Wahrheit des Evangeliums erkennen lassen: „So fürchtet euch denn nicht vor ihnen. Es ist nichts verborgen, das es nicht offenbar werde, und ist nichts heimlich, das man nicht wissen werde. Was ich euch sage in der Finsternis, das redet im Licht; und was ihr hört in das Ohr, das predigt auf den Dächern." (Mt 10,26-27). Keine bösen Geheimnisse sollen dabei enthüllt werden, sondern Wahrheiten der christlichen Botschaft sollen an das Licht der Öffentlichkeit gebracht werden.

(12) Mißtrauen gegenüber der Unsterblichkeit der Seele trat schon im 1956 veröffentlichten Werk des protestantischen Theologen Oscar Cullmann zutage, Immortality of the Soul or Resurrection of the Dead? (Unsterblichkeit der Seele oder Wiederauferstehung der Toten?) Schon der Buchtitel an sich war sehr tendenziös, indem es dazu aufforderte, zwischen Unsterblichkeit und Wiederauferstehung zu wählen, als ob sich die Option stellte. Zu diesem Problem vgl. POZO, Teologia dell’aldilà (Theologie des Jenseits), 166-307.

(13) „Und fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten, und die Seele nicht können töten; fürchtet euch aber vielmehr vor dem, der Leib und Seele verderben kann in der Hölle." Gott soll gefürchtet werden, der einzig über die Seele und den Körper verfügen kann. Der Unterschied zwischen Seele und Körper wird in diesen Zeilen deutlich hervorgehoben.

(14) Das Fortbestehen dieses spirituellen Elements versichert die Existenz dessen, was als intermediäre Eschatologie bezeichnet wird, nämlich der Eschatologie der Zeitspanne zwischen Tod und Wiederauferstehung der Körper. Es ist die Eschatologie der unsterblichen Seele.

(15) Gewöhnlich wird das himmlische Leben als beseligende Anschauung aufgefaßt, wobei man meinen könnte, dieses Leben bestünde einfach in der Anschauung. Das himmlische Leben ist allerdings viel mehr als die Anschauung oder die Gabe der Anschauung. Hier sind verschiedene Ausdrücke notwendig, um alle Aspekte des Glücks der vollkommenen Lebenskommunion mit Gott zu beschreiben, welche die Kenntnis Gottes und Seiner spirituellen Vielfalt erfasst. Die Innigkeit mit einem unendlichen Gott tief zu begreifen ist nicht möglich für ein endliches Wesen. Das Licht, das diesem von oben gegeben wird, erlaubt ihm, in das Mysterium einzudringen.

(16) Der Ausdruck „viele sind berufen, aber wenige sind auserwählt" (Mt 22,14) wurde all zu oft so ausgedeutet, daß wenige geheilt werden können. In der Tat bedeutet das Gleichnis, daß die Auserwählten, die die Einladung auf die Hochzeit ablehnen, die Judäer bzw. das auserwählte Volk sind. Da sie nicht der Kirche beitreten wollen, lädt der Vater alle anderen auf das Hochzeitsmahl ein. So geschieht es, daß viele „berufene" bzw. eingeladene aus aller Herren Länder im Festsaal sind, aber nur wenig Judäer.

(17) Die Lehre der Verdienste kann erklären, warum das Glück der Geheilten in verschiedenen Stufen eintreten kann; sie kann allerdings nicht verbergen, daß die göttlichen Gaben großzügig an jedermanns Verdiensten gemessen werden. Die begrenzten Anstrengungen der Menschen werden von der unendlichen göttlichen Großzügigkeit übertroffen.

(18) Die Hauptstrafe für die Verdammten besteht in ihrer Trennung von Gott. Es ist eine sehr schmerzhafte Strafe, denn sie betrifft ihre ganze Person sowie – nach der universellen Wiederauferstehung – ihren Körper.

(19) Ein solcher Begriff von Hölle wurde in letzter Zeit von Jean Elluin in seinem Buch Quel enfer? (Welche Hölle?) vorgeschlagen, welches er mit der Unterstützung zweier Theologen, Y. Congar und G. Martelet, veröffentlicht hat. Nach dieser Auffassung erläßt die göttliche Barmherzigkeit alle Sünden und reinigt den Menschen gänzlich. Das Konzept der Hölle wird somit ein für allemal beseitigt, wobei diese neue Hölle, der an sich eher ein Fegefeuer ist, weder der Offenbarung Christi im Evangelium noch der Glaubenslehre der Konstitution von Benedikt XII. entspricht.

(20) H. Urs von Balthasar hat diesen Weg unternommen, der hoffen läßt, daß es keine Verdammten gibt. Wir können durchaus verstehen, daß man versucht zu behaupten, daß alle Menschen geheilt werden, denn wir hoffen dies auch. Wir dürfen allerdings nicht die Warnungen Jesu davor ignorieren, daß die Dämonen und die Menschen, welche die göttliche Gnade ablehnen, ewig gestraft werden. Wir dürfen die Wichtigkeit dieser Warnungen nicht mindern, denn sie sind ausdrücklich; wir müssen sie uns als wahr zu eigen machen und die Gefahr ernst nehmen. Eine leere Hölle wäre keine Bedrohung, vor der zu warnen damit nicht erforderlich wäre. Wir müssen zwar in unser Leben das Versprechen des ewigen Glücks aufnehmen und in dieser Hoffnung leben; jedes Wort Jesu ist allerdings endgültig.

(21) Der Buddhismus lehrt die Reinkarnation, welche den Menschen vollständig von der Last der begangenen Sünden befreien soll, und ist damit auch in der westlichen Welt sehr erfolgreich.

 

Literatur

Kongregation für die Glaubenslehre, Lettera su alcune questioni concernenti l'escatologia (Brief über einige Fragen zur Eschatologie), AAS 71 (1979) 939-943.

Internationale Theologische Kommission, Alcune questioni attuali riguardanti l’escatologia, (Einige aktuellen Fragen zur Eschatologie) in Civiltà Cattolica 143(1992), q.3401, 458-494.

Àlliance mondiale des religions, La survie après la mort, (Das Leben nach dem Tod), Colloque 1967, Paris 1967.

Associazione Teologica Italiana (Verband der italienischer Theologen), L'escatologia contemporanea (Die zeitgenössische Eschatologie), Padua 1995.

H.U. von Balthasar, Eschatologie im Umriss, in Pneuma und Institution. Skizzen zur Theologie, 4, Einsiedeln 1974, 410-455.

Sperare per tutti (Für alle hoffen), Mailand 1989; Breve discorso sull'inferno (Kurze Ausführung über die Hölle), Brescia 1988.

M. Bordoni, Dimensioni antropologiche della morte. Saggio sulle ultime realtà cristiane (Antropologische Dimensionen des Todes. Abhandlung zu den letzten christlichen Realitäten), Rom 1969.

L. Boros, Mysterium mortis. Der Mensch in der letzten Entscheidung, Olten 1962.

J. Brinktrine, Die Lehre von den letzten Dingen, Paderborn 1963. Il cristiano e la fine del mondo (Der Christe und das Ende der Welt), Rom, Ed. Paoline, 1969.

Chr. Chabanis, La mort un terme ou un commencement (Der Tod als Ende oder Anfang), Paris 1982.

J.M. Dufort, A la rencontre du Christ Jésus. Précis d'Eschatologie chrétienne (Die Zusammenkunft mit Jesus Christus. Kompendium christlicher Eschatologie), Paris-Tournai-Montréal 1974.

J.Elluin, Quel enfer? (Welche Hölle?), Paris 1994.

L.-J. Frahier, Le jugement dernier. Implications éthiques pour le bonheur de l'Homme (Das Endgericht. Ethische Implikationen für die Solidarität des Menschen), Paris 1992.

J. Galot, Eschatologie in Dictionnaire de Spiritualité (Wörterbuch der Spiritualität), 4, 1020-1059.

G. Gozzelino, Nell'attesa della beata speranza. Saggio di escatologia cristiana (Und warten auf die selige Hoffnung. Abhandlung christlicher Eschatologie), Turin 1993.

P. Grelot, De la mort a la vie éternelle (Vom Tod zum ewigen Leben), Paris 1971.

G. Greshake, Auferstehung der Toten, Essen 1969.

P. Hofmann, Die Toten in Christus, Munster 1966.

J. Le Goff, La naissance du Purgatoire (Die Entstehung des Fegefeuers), Paris 1981.

I. Lepp, La mort et ses mystères (Der Tod und seine Geheimnisse), Paris 1966.

À. Manaranche, Celui qui vient (Der kommt) Paris 1976.

G. Martelet, L'aldilà ritrovato (Das wiederentdeckte Jenseits), Brescia 1977.

G. Moioli, L’"Escatologico" cristiano. Proposta sistematica (Das cristliche „Eschatologische". Ein systematischer Vorschlag), Mailand 1994.

D. Mollat, Jugement in Dictionnaire de la Bible (Supplément) (Gericht im Wörterbuch der Bibel, Nachschlag), 4,1321-1394.

G. Pala, La risurrezione dei corpi nella Teologia moderna (Die Wiederauferstehung der Körper in der modernen Theologie), Neapel 1963.

J. Pieper, Tod und Unsterblichkeit, München 1968.

C. Pozo, Teologia dell’aldilà (Theologie des Jenseits), Rom 1983.

K. Rahner, La resurrezione della carne in Saggi di antropologia soprannaturale (Die Wiederauferstehung des Körpers in Abhandlungen übernatürlicher Anthropologie), Rom 1965, 443-465; Sulla teologia della morte (Zur Theologie des Todes), Brescia 1972.

J. Ratzinger, Escatologia, morte e vita eterna (Eschatologie, Tod und ewiges Leben), Assisi 1979.

Resurrexit. Atti del Simposio Internazionale sulla risurrezione di Gesù (Akte des Internationalen Symposiums zur Wiederauferstehung Jesu), Rom 1970, herausgegeben von E. Dhanis, Vatikan 1974.

H. Rondet, Fins de l'homme et fin du monde (Ende des Menschen und Ende der Welt), Paris 1966

A. Rudoni, Escatologia (Eschatologie), Turin 1972.

J. L. Ruiz de la Peña, L’altra dimensione. Escatologia cristiana (Die andere Dimension. Christliche Eschatologie), Rom 1981.

R. Stackhouse, The End of the World? A New Look at an Old Belief (Das Ende der Welt? Ein neuer Blick auf einen alten Glauben), Mahwah 1997.

Temps et eschatologie.Données bibliques et problématiques contemporaines (Zeiten und Eschatologie. Biblische Daten und zeitgenössiche Problematiken), herausgegeben von H. Leuba, Paris 1994.

The End of the World and the Ends of God (Das Ende der Welt und die Ziele Gottes) herausgegeben von J. Pokinhorne - M.M.Walker, Harrisburgh 2000.

Universität zu Angers, Le jugement, le ciel et l'enfer dans l’histoire du christianisme (Das Gericht, der Himmel und die Hölle in der Geschichte des Christentums), Angers 1989.

H.Vorgrimler, Hoffnung auf Vollendung. Aufriss der Eschatologie, Freiburg – Basel – Wien 1980; Storia dell’inferno. Il sorgere e il fiorire dell’idea dell’aldilà dall’antica Babilonia ai nostri giorni (Geschichte der Hölle. Die Entstehung und die Blütezeit des Begriffs des Jenseits vom alten Babilon bis zu unseren Tagen), Casale Monferrato 1995.

D.Wiederkehr, Prospettive dell'escatologia (Perspektiven der Eschatologie), Brescia 1978.

S. Zedda, L’escatologia biblica (Die biblische Eschatologie), Brescia 1972-1975.