NEW YORK

Irrtümer der zeitgenössischen Eschatologie

Michael F. Hull

Das II. Vatikanische Konzil hat nicht die Eschatologie einzeln behandelt. Da allerdings die Eschatologie untrennbar mit der Christologie, der Sotheriologie und der Ekklesiologie verbunden ist, mussten die Väter einige eschatologischen Lehren erarbeiten, insbesondere im Rahmen der Diskussion zur Kirche in Lumen gentium (Nr. 48-51) und Gaudium et spes (Nr. 38-39) sowie in den Grundlagen von Nostra aetate, Dignitatis humanae und Ad gentes divinitus.

Der römische Katholizismus sprach traditionell von De novissimis, einer Definition, die allmählich durch das Wort „Eschatologie" ersetzt wurde, welches soviel bedeutet wie „die letzten Dinge" (ta eschata): Tod, Gericht, Himmel und Hölle. Sicherlich haben sich in den Jahren nach dem Konzil viele Unklarheiten und Mißverständnisse in Verbindung mit den eschatologischen Fragen ergeben, und viele stellen sich noch heute. Auf diese Fragen einzeln einzugehen, würde den Rahmen dieser Ausführungen sprengen. 1979 bekräftigte die Kongregation für die Glaubenslehre auf wenigen Seiten die grundlegenden Lehren der Kirche über die letzten Dinge. Diese Korrektur hat betont, wie wichtig die Eschatologie im Rahmen der zeitgenössischen theologichen Studien ist, besonders am Anfang des neuen Jahrtausends.

Die Christen sind ständig – und richtigerweise – besorgt um die letzten Dinge. Durch diese letzten Dinge werden die Verheißungen Christi vollbracht. Es sollte deshalb nicht verwundern, daß es in diesem Zusammenhang zu Unklarheiten und Mißverständnissen kommt, obwohl die Kirche eine eindeutige und überzeugende Lehre der offenbarten Wahrheiten über den Tod, das Gericht, den Himmel und die Hölle vermittelt.

Wie zu erwarten, dreht sich die Eschatologie um diese vier Realitäten und ihr gegenseitiges Verhältnis. Zwei von ihnen, nämlich der Tod und der Himmel, sind nicht sehr schwierig zu klären. Der Tod ist eine sehr eindeutige Realität: Jeder von uns wird mit der Immanenz des eigenen Todes und des Todes nahestehender Menschen konfrontiert. Obwohl wir uns immer die Frage nach dem „wie" und „warum" stellen, so können wir die Realität und Unvermeidlichkeit des Todes nicht in Frage stellen. Was uns über die Grausamkeit und die Finsternis des Todes hinaus erwartet, ist die Verheißung des ewigen Lebens und des nächsten Lebens. Der Himmel ist sowohl eine intuitive Hoffnung als auch eine offenbarte Tatsache: Jeder von uns möchte die bedrohende Vernichtung von sich selbst und der eigenen Familie besiegen. Der Himmel ist der Sieg über den Tod. „Nach einem kurzen Schlaf werden wir ewig wachen. Und der Tod wird nicht mehr sein; Tod, du wirst sterben". In einem gewissen Sinne gehen Tod und Himmel miteinander einher. Die in Johannes 14 beschriebene Perspektive des Himmels sowie die von St. Paulus erläuterte Wiederauferstehung (1 Thessaloniker 4, 13; 5, 11; und Korinther, 15) sind relativ einfache Themen im Rahmen der zeitgenössischen Eschatologie.

Das Gericht und die Hölle sind hingegen heikle Fragen. Wir bringen in das einundzwanzigste Jahrhundert das große Erbe des neunzehnsten und des zwanzigsten mit uns. Vor allen Dingen müssen wir uns des Angriffs der religiösen Gleichgültigkeit erwehren, welche die Gestalt des religiösen Pluralismus annimmt. Nicht nur behaupten einige, daß die religiöse Affiliation, insbesondere die Taufe in Christus, unbedeutend sei, sondern einige beteuern sogar, daß die Justifikation durch andere Mittel und Wege als Jesus Christus und Seine Kirche möglich ist. Eng an dieser Weltanschauung ist die Berufung auf deterministische Theorien psychologischer und soziobiologischer Art gekoppelt, welche die menschliche Verantwortung mindern. Diese Theorien behaupten, daß die Menschen grundsätzlich nicht für die eigenen Entscheidungen verantwortlich sind. Üble Taten oder Sünden – wenn wir überhaupt noch von Sünde reden dürfen – wären demnach das Ergebnis einer aus dem Gleichgewicht geratenen Persönlichkeit, ungünstiger Umstände oder des genetischen Erbes. Der Begriff eines nicht ärztlichen oder irdischen Gerichts ist heute für viele ein Anathema. Daraus ergäbe sich somit, daß es keine Hölle geben dürfe, oder, selbst wenn es einen solchen Ort gäbe, daß er leer wäre. In einem gewissen Sinne gehen Gericht und Hölle auch miteinander einher. Der Hauptirrtum der Eschatologie besteht deshalb in der Verleugnung des Gerichts oder seiner Konsequenzen, wenn solche Konsequenzen nicht das Fegefeuer oder die Entlohnung sind d.h. in der Verleugnung der Hölle. Um die eschatologische Terminologie zu benutzen, betrifft das erste Problem den Zustand der nicht Getauften im Augenblick des Gerichts.

Trotz aller baptisma sanguinis und flaminis beruft sich die Kirchenlehre auf die Worte des Herrn an Nikodemus: „Wahrlich, wahrlich ich sage dir: Es sei denn, daß jemand geboren werde aus Wasser und Geist, so kann er nicht in das Reich Gottes kommen." (Johannes 3, 5) Die Lehre der Kirche besagt, daß wir das Schicksal der nicht Getauften nach dem Tod nicht kennen. Obwohl wir uns in solchen Fällen auf die Barmherzigkeit Gottes verlassen, so können wir nicht vom Heil für die nicht Getauften ausgehen. Ein zweites Problem betrifft weiterhin den Zustand der Schuldigen im Augenblick des Gerichts. Selbst wenn wir davon ausgingen, daß Christen und Nichtchristen nebeneinander vor dem göttlichen Gericht stünden, so könnten wir nicht behaupten, daß dem unbußfertigen Sündiger seine Sünden vergeben werden. Auch in diesem Fall verlassen wir uns auf die Barmherzigkeit Gottes.

Sind alle Christen? Ist das wichtig?

Einige der modernen theologischen Theorien, die unzweifelhaft von den politischen Ideen der Gleichheit und Demokratie sowie von einer fehlerhaften Interpretation von Dignitatis humanae beeinflußt sind, legen in der Frage des Heils eher Wert auf die Gleichbehandlung als auf die Chanchengleichheit. Einige sind nämlich nicht damit zufrieden, daß alle Menschen in ihrer menschlichen Freiheit vor Gott gleich sind; sie möchten vielmehr, daß alle Menschen vor Gott gleich zu rechtfertigen seien. Indem sie die Konsequenzen der menschlichen Freiheit ablehnen, mit der jeder den Heiler akzeptieren kann und zum eigenen Heil beitragen kann, leugnen sie die Folgen der Taufe ab und behaupten, alle Menschen, getauft oder nicht, können an den Verheißungen Christi an die Getauften teilhaben. In anderen Worten, selbst wenn jemand im Leben Christus abgelehnt hat, wird er trotzdem im Himmelsreich bei Ihm sein. In dem Bewußtsein, daß solche Gedanken den Schriften und der Tradition zuwiderlaufen, versucht man dabei das Problem der Union mit Christus und Seiner Kirche auf zweierlei Art zu lösen. Einerseits geht man davon aus, daß alle Menschen Christen seien, ob sie das wollen oder nicht, ob sie das wissen oder nicht. Andererseits leugnet man die Grundlagen des Christentums, indem man behauptet, sie würden für die einen aber nicht für die anderen gelten, und es gebe andere Heilswege außer Christus.

Der Begriff des „anonymen Christen" hängt mit dem Werk Karl Rahners zusammen. Zusammenfassend kann man sagen, daß Rahner theorisiert hat, einige Menschen, die nicht getauft wurden und die nicht an das Christentum gebunden sind oder das Christentum nicht kennen, irgendwie anonyme Christen sind. Da alle Menschen sind von Natur aus zu Gott berufen und in der Lage seien, Seine heilende und ihnen innewohnende Gnade zu empfangen, so drückten alle, die existentiell diese Gnade akzeptieren, den impliziten Wunsch aus, in Christus und in Seine Kirche aufgenommen zu werden. Da sie gerecht und gewissenhaft lebten, seien sie faktisch Christen, also erlöste Menschen. Obgleich Rahner zum Glück noch präzisiert hat, daß nicht alle Nichtchristen anonyme Christen seien, und daß jeder, der geheilt werde, durch das Ostermysterium Christi geheilt werde, nahmen viele an, daß jeder Mensch, der grundsätzlich guten Willens und Christus zugeneigt ist, auch geheilt werde: In der Tat sollen alle in ihren Herzen Christen sein.

Obwohl sich manche von diesem anonymen Christentum getröstet fühlen könnten, sehen es andere mit Abscheu an, denn sie sind zum Schluß gekommen, daß das anonyme Christentum ungebührlich triumphalistisch sei, da er auf der Annahme beruht, das Christentum sei allen anderen Religionen überlegen. Grundsätzlich möchten die Theorien des anonymen Christentums die Tragweite der Kirche beibehalten, aber zugleich auch so viele Menschen wie möglich durch ihre (un)sichtbaren Grenzen hineinströmen lassen. Allerdings ist es nur ein kleiner Schritt vom anonymen Christentum als Heilsweg zur Anerkennung nichtchristlicher Religionen als Heilwege. Warum sollte Christus der einzige Vermittler des Heils sein? Wenn es um das Heil geht, ist es wichigt, Christe zu sein oder nicht? Es ist deshalb nicht verwunderlich, daß dieser kleine Schritt schnell von denjenigen getan wird, die das Christentum zu einer Art von primus inter pares unter den Religionen machen möchten, wie Jacques Dupuis. Das Buch Dupuis’ wurde schon von der Kongregation für die Glaubenslehre behandelt, und wir werden hier nicht weiter darauf eingehen, insbesondere angesichts der Tatsache, daß eine Antwort auf die wichtigsten offenstehenden Frage in der Erklärung Dominus Iesus der Kongregation zu finden ist.

In der Tat sind nicht alle Menschen implizit oder explizit Christen. Das Christentum, die Inkorporation in Christus und in Seine Kirche durch das Sakrament der Taufe werden schließlich und am Ende der Zeit wichtig sein. Anders darüber zu denken, ist ein Irrtum. Wie weit darf man ein solcher Irrtum gehen? Wie sehr kann er die missionarischen Anstrengungen der Kirche beeinflussen? Ein amerikanischer Missionarpriester in Bangladesh bemerkte einmal gegenüber den Menschen, denen er diente: „Mich interessiert nicht, daß sie Christen werden. Mir liegt es daran, daß sie die bestmöglichen Muslime sind". Diese Denkweise ist nicht mit dem Gebot des Herrn vereinbar: „Darum gehet hin und lehret alle Völker und taufet sie im Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes, und lehret sie halten alles, was ich euch befohlen habe. Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende." (Matthäus 28, 19-20)

Werden alle geheilt?

Selbst wenn wir diskussionshalber annähmen, alle Menschen, Christen und Nichtchristen, seien gerechtfertigt, so würde sich doch noch die Frage der Verdammten stellen. Wenngleich die jeweiligen deterministischen Denkrichtungen jede Idee von Schuld ausschließen, würden uns die Stalins des vergangenen Jahrhunderts und die Domitiane des ersten Jahrhunderts einige Probleme bereiten. Und doch ist die Theorie des Universalheils, nach der alle Menschen am Ende in den Genuß der beseligenden Anschauung kommen werden, sehr beliebt. Diese Annahme basiert auf dem Konzept der apokatastasis pantoon (Wiederherstellung aller Dinge) am Ende der Zeit. Es handelt sich um eine von St. Clemens von Alexandria eingeführte Ketzerei, oft auch auf Origenes zurückgeführt. Kurz gesagt, besagt die Theorie der apokatastasis, daß alle Menschen und alle Dinge am Ende in Christus wiederhergestellt werden; selbst die gefallenen Engel werden wiederaufgenommen sein und die Hölle wird selbstverständlich verschwinden. Aus naheliegenden Gründen wurde die apokatastasis von der ursprünglichen Kirche scharf kritisiert.

Im Moment wird die Theorie des Universalheils in den Werken von Hans Urs von Balthasar vetreten, dessen Universalismus nach wie vor für rege Debatten sorgt. Wenngleich er sich von der apokatastasis distanziert hat, so ähnelt die Denkweise Balthasars ihr sehr. Ihm zufolge, zwingt uns die Barmherzigkeit Gottes zu hoffen, daß alle geheilt werden, und daß in die Hölle nur gefallene Engel kommen. Was die Menschen angeht, die anders als in der Schöpfung eine besondere Stellung einnehmen und nicht in der Lage sind, wie Engel endgültige Entscheidungen zu treffen, so behauptet Balthasar, die Hölle sei nur eine theoretische Möglichkeit (die allerdings beibehalten werden soll, weil sie den Menschen zum Guten anspornt). Balthasar behauptet: „Die barmherzige Liebe kann auf alle niederkommen. Wir denken, daß sie dies tut. Und können wir davon ausgehen, daß es Seelen gibt, die dieser Liebe ewig verschlossen bleiben? Es handelt sich um eine Möglichkeit, die nicht prinzipiell abgewiesen werden kann. In der Realität kann sie aber infinitesimal werden – eben dank dessen, was die vorbereitende Gnade in der Seele realisieren kann". Mit anderen Worten, die Gnade wirkt weiterhin in der Seele, im gegenwärtigen und künftigen Leben, bis die Seele bereit für die Erlösung ist. Da die Barmherzigkeit und die Liebe Gottes keine Grenzen kennen, so kann auch unsere Hoffnung auf das Heil aller Seelen grenzenlos sein. Laut Balthasar ist es unsere Pflicht, weiter die theologische Hoffnung zu hegen, daß keine Seele verdammt wird. In einfachen Worten: Wir können eine menschliche Hoffnung hegen, daß alle Seelen geheilt werden, aber die theologische Hoffnung wird von der göttlichen Offenbarung ausgeschlossen. Wie C. S. Lewis einmal fragte: „Ich würde jede Summe bezahlen, um ehrlich sagen zu können, daß ‚alle geheilt werden’. Aber meine Vernunft fragt: ‚Mit ihrem Willen oder ohne?’. Wenn ich ‚ohne’ sage, so sehe ich sofort einen Widerspruch: wie kann der höchste Willensakt der Hingabe unwillentlich sein? Wenn ich ‚mit ihrem Willen’ sage, erwidert meine Vernunft: ‚und was, wenn sie sich nicht ergeben?’".

Im Grunde glaubt Balthasar an die Hölle, aber er lehnt ab, daß Menschen auch dann in sie absteigen, indem er behauptet, dies sei eine infinitesimale Möglichkeit. Das kommt einer Verleugnung der Lehre der Hölle sowie des freien Willens des Menschen gleich. Balthasar umgeht die Frage der Existenz der Hölle und läßt sie für gefallene Engel bestehen. Zum Problem des freien Willens des Menschen spricht er vom Gegensatz zwischen dem göttlichen Willen, der alle heilen kann, und dem freien Willen des Menschen. Sein Argumentation ist allerdings nicht zufriedenstellend. Balthasar behauptet: „Die Freiheit des Menschen kann nicht von der göttlichen Freiheit zerstört oder neutralisiert werden. Sie mag allerdings ohne weiteres sozusagen überlistet werden". Überlistet? Eine solche Aussage mag vielleicht intelligent erscheinen, ist jedoch weder erläuternd noch erleuchtend. Es scheint, daß Balthasars Auffassung der göttlichen Barmherzigkeit und Liebe die göttliche Gerechtigkeit und die menschliche Freiheit mit Füßen tritt. Es hat keinen Sinn, von menschlicher Freiheit zu sprechen, wenn das höchste Ziele jedermanns schon von vornherein festgelegt ist, aber es kommt einem göttlichen Betrug gleich, wenn die wichtigsten Entscheidungen der Menschen geschickt manövriert werden (wenngleich durch eine Art ewiger göttlicher Reinigung). Außerdem ignoriert Balthasars These, was John Henry Newman sehr aussagekräftig in seinem Kommentar zum Brief an die Hebräer 12, 14 erläutert hat: „Selbst wenn man akzeptiert, daß ein Mensch, der kein heiliges Leben geführt hat, in den Himmel kommt, so wäre er dort nicht glücklich; es wäre also nicht ein Akt der Barmherzigkeit, ihm das zu erlauben". Die göttliche Barmherzigkeit, so wie sie Balthasar beschreibt, scheint entwender eine Vernichtung der menschlichen Freiheit oder eine Nichtbeachtung seines Willens. So Newman weiter: „Ich würde sogar weiter gehen – es ist beängstigend, aber es muß gesagt werden: Wenn wir an eine Strafe für eine unselige, verdammte Seele denken wollten, dann könnten wir uns keine höhere Strafe vorstellen, als diese Seele in den Himmel zu rufen".

Es gibt tatsächlich eine Hölle – nicht nur für gefallene Engel, sondern auch für die unbußfertigen Sündiger, Christen und Nichtchristen, die ihre Entscheidungen in diesem Leben treffen – und einige werden dort hinabsteigen. Das Gleichnis Jesu über Lazarus und Epulo (Lukas 16, 19-31) warnt vor der Hölle, und die Bemerkungen Jesu über die enge Tür (Matthäus 7, 13-14) machen die Hölle noch wahrscheinlicher. Balthasar und alle Verfechter der Theorie des Universalheils weisen zu Recht darauf hin, die Kirche habe niemals offiziell von einem einzigen Menschen gesprochen, die in der Hölle ist, während sie oft im Rahmen der Heiligsprechung Menschen nennt, die im Himmel sind. Aber zu behaupten, in der Hölle sei niemand, ist etwas völlig anders. Der „zweite Tod" (Apokalypse 2, 11; 20, 6, 14; 21, 8) ist eine reale Möglichkeit. Um den Heiligen Vater zu zitieren, „sind die Worte Christi unmißverständlich. Im Evangelium von Matthäus spricht Er deutlich von denjenigen, die in die ewige Pein gehen (cfr. Matthäus 25, 46). Anders darüber zu denken wäre ein Irrtum. Wie weit darf ein solcher Irrtum gehen? Wie sehr kann er das seelsorgerische Amt der Kirche beeinflussen? Man denke nur an die vielen Predigten, die oft auf christlichen Bestattungen vorgetragen werden, und nach denen der Tote direkt von dieser Welt in den Himmel gegangen ist, ohne die Sünde, das individuelle Gericht, die Hölle oder gar das Fegefeuer zu erwähnen. Diese Weltanschauung ist nicht mit den Worten des Herrn über die Bösen vereinbar: „Und sie werden in die ewige Pein gehen, aber die Gerechten in das ewige Leben." (Matthäus 25, 46).

Schlußfolgerung

Die Worte unseres Herrn, nach denen diejenigen, die Gutes getan haben, mit der Auferstehung des Lebens belohnt und diejenigen, die Übles getan haben, mit der Auferstehung des Gerichts bestraft werden (Johannes 5, 29), sind ein Glaubensartikel. Er erinnert uns daran, daß unsere Religion eine Religion der göttlichen Offenbarung ist und nicht der menschlichen Rationalisierung. Während es uns vielleicht schwer fallen mag, die Barmherzigkeit mit der Justiz Gottes zu vereinbare, ist dies für Ihn nicht der Fall. Da die Kirche das „Sakrament des Heils" ist, darf sie nicht vor ihrer Mission zurückschrecken, die Welt durch die Verkündung der Wahrheit über Jesus Christus als einzigen und universellen Erlöser und Richter der Menschheit zu heilen. Viele Mißverständnisse bestehen über das Ende der Zeit, aber keines ist gefährlicher und irreführender als die Verleugnung der Taufe als Mittel des Heils und die Behauptung des Heils für alle. Diese Verleugnung schadet den missionarischen Anstrengungen der Kirche; diese Behauptung schadet dem seelsorgerischen Amt der Kirche. Wir dürfen niemals vergessen, daß der Glaube an Christus und das moralische Verhalten in diesem Leben unzertrennlich an dem künftigen Leben und an dem eschaton gebunden sind. Wir dürfen niemals vergessen, daß das, was wir glauben und tun, am Ende zählen wird. Anderfalls laufen wir die Gefahr, den Glauben in einen solchen Pluralismus und Wahrheitsanspruch zu verwässern, daß nur eine negative Antwort auf die Frage des Herrn in Lukas 18, 8 gegeben werden kann: „Doch wenn des Menschen Sohn kommen wird, meinst du, daß er auch werde Glauben finden auf Erden?"